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Document EESC-2024-00050-AS

Paket zur Mobilität von Fachkräften

EESC-2024-00050-AS

DE

SOC/786

Paket zur Mobilität von Fachkräften

STELLUNGNAHME

Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft

Paket zur Mobilität von Fachkräften

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über Kompetenz- und Fachkräftemobilität

[COM(2023) 715 final]

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung eines EU-Talentpools

[COM(2023) 716 final – 2023/0404 (COD)]

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates „Europa in Bewegung“ – Lernmobilität für alle

[COM(2023) 719 final]

Empfehlung der Kommission zur Anerkennung der Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen

[C(2023) 7700 final]

Kontakt

soc@eesc.europa.eu

Verwaltungsrätin

Triin AASMAA GOMES

Datum des Dokuments

16/4/2024

Berichterstatterin: Tatjana BABRAUSKIENĖ

Ko-Berichterstatterin: Mariya MINCHEVA

Befassung

Rat der Europäischen Union, 24/01/2024

Europäische Kommission, 21/12/2023

Rechtsgrundlage

Artikel 165, Artikel 166 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständiges Arbeitsorgan

Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft

Annahme im Arbeitsorgan

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

12/4/2024

Ergebnis der Abstimmung
(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

75/0/0

Verabschiedung im Plenum

DD/MM/YYYY

Plenartagung Nr.

...

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

…/…/…



1.Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) betont, dass der Arbeitskräftemangel, der auf verschiedene Faktoren, einschließlich demografischer Herausforderungen sowie des grünen und des digitalen Wandels, zurückzuführen ist, erhebliche Probleme für die Geschäftstätigkeit und das Wachstum der Unternehmen mit sich bringt. Das gilt insbesondere für benachteiligte Regionen. 1 Der EU-Talentpool muss ein praktisches, zuverlässiges und leicht zu nutzendes sowie für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktives Instrument sein und eine faire und ethische legale Arbeitsmigration in die EU fördern.

1.2Der EWSA fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern wirksam gegen den Arbeitskräftemangel in der EU vorzugehen, dafür zu sorgen, dass hochwertige Arbeitsplätze und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU durch aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gefördert werden, und diese Arbeitsplätze für alle Arbeitnehmer attraktiv zu machen. Dabei ist der EU‑Aktionsplan zur Behebung des Arbeits- und Fachkräftemangels zu berücksichtigen. Der Arbeitskräftemangel in bestimmten Berufen und die Ermittlung von Mangelberufen müssen mit den sektoralen und nationalen Sozialpartnern erörtert und dabei die Abstimmung von Kompetenzen und Arbeitsplätzen, angemessene Löhne, gute Arbeitsbedingungen und Wohlergehen der Beschäftigten sowie der gleichberechtigte Zugang zur beruflichen Entwicklung als Schlüsselfaktoren für attraktivere Berufe berücksichtigt werden.

1.3Der EWSA weist darauf hin, dass Drittstaatsangehörige, die sich bereits im Hoheitsgebiet der EU aufhalten und bereit sind, dort zu arbeiten (Asylbewerber, Personen ohne Arbeitserlaubnis, Personen, die zum Zweck der Familienzusammenführung in die EU eingereist sind) ein unzureichend genutztes Reservoir potenzieller Arbeitskräfte darstellen, das zur Deckung des Bedarfs auf dem Arbeitsmarkt beitragen kann. Diese Menschen müssen unterstützt werden, um ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.

1.4Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten auf, in allen Mitgliedstaaten ein einladendes Umfeld für Wanderarbeitnehmer und Flüchtlinge mit Arbeitserlaubnis zu gewährleisten und mit den Sozialpartnern und Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten, um die zumeist durch rechtsextreme Bewegungen verbreiteten Diskurse und Narrative zur legalen Migration zu ändern, der feindseligen Haltung gegenüber Migranten Einhalt zu gebieten und die Rolle anzuerkennen, die legale Migration bei der Bekämpfung des Arbeitskräftemangels und der regionalen Ungleichheiten spielen kann.

1.5Der EWSA empfiehlt, die Initiative für einen EU-Talentpool mit der Initiative zur Talenterschließung in den Regionen Europas 2 zu verknüpfen, um eine Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte – innerhalb und außerhalb der EU – aus Mangelberufen zu vermeiden. Hierfür kann auch die zirkuläre Migration ein nützliches Instrument sein.

Zum Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung eines EU-Talentpools

1.6Nach Ansicht des EWSA sollte der EU-Talentpool die bestehenden Instrumente und Verfahren der EU und der Mitgliedstaaten zur Unterstützung von Drittstaatsangehörigen bei der Suche nach guten Arbeitsplätzen in der EU und von Arbeitgebern bei der Einstellung dieser Arbeitskräfte wirksam und effizient ergänzen. Wanderarbeitnehmer und Arbeitgeber in der EU sollten über den Talentpool Informationen über die einzuhaltenden Rechtsvorschriften sowie über ihre Rechte und Pflichten erhalten, z. B. über die Auswirkungen eines Arbeitsplatzverlusts nach einem kürzeren Zeitraum. Die Europäische Kommission sollte in Zusammenarbeit mit der Europäischen Arbeitsbehörde sicherstellen, dass geeignete Vorkehrungen für die Bereitstellung dieser Informationen getroffen werden.

1.7Der EWSA betont, dass über den EU-Talentpool gute Arbeitsplätze vermittelt werden sollten, die den Fähigkeiten und Kompetenzen von Migranten entsprechen. Wanderarbeitnehmer sollten von den Volkswirtschaften der EU nicht als Notlösung betrachtet werden, sondern müssen genauso behandelt werden wie Unionsbürger. Sie sollten – sofern sie dies wünschen – die gleichen Karriere- sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten erhalten und in der EU bleiben können.

1.8Der EWSA weist darauf hin, dass transparente und verlässliche Informationen über den Zugang zu Arbeitsplätzen in den EU-Mitgliedstaaten und über die Anforderungen, darunter die Anerkennung von Qualifikationen, auf einem einzigen EU-Internetportal für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bereitgestellt werden müssen. Bei dem derzeit von der Europäischen Arbeitsbehörde entwickelten neuen „Webtool“ zur Arbeitskräftemobilität handelt es sich um ein digitales Instrument zur Konsolidierung nationaler und europäischer Informationsquellen, beispielsweise der Europäischen Kommission und der EU-Agenturen. Der Abgleichalgorithmus sollte für eine Tätigkeit irrelevante personenbezogene Daten, wie Name, Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit oder Wohnsitzland, nicht berücksichtigen. Bei der Einstellung von Drittstaatsangehörigen müssen Unternehmen auf Unterstützung aus dem EU-Talentpool zurückgreifen können.

1.9Der EWSA hebt hervor, dass bei der Einrichtung des EU-Talentpools auf den Arbeiten zur Überarbeitung der Richtlinie über die kombinierte Erlaubnis 3 und der Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige 4 aufgebaut werden sollte, um den effizienten und zeitnahen Zugang zu einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Wanderarbeitnehmer zu gewährleisten und Arbeitsstandards in der EU durchzusetzen. Die Mitgliedstaaten, die sich am Talentpool beteiligen, werden zudem aufgefordert, den auf nationaler und sektoraler Ebene von den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern vereinbarten Vorschlägen in der Empfehlung der Kommission zur Anerkennung von Qualifikationen aus Drittländern zu folgen.

1.10Der EWSA begrüßt die Bestimmungen des Verordnungsvorschlags, betont jedoch, dass besonderes Augenmerk betrugsanfälligen Wirtschaftszweigen gelten muss, in denen Wanderarbeitnehmer besonders schutzbedürftig und einem hohen Risiko der Ausbeutung und des Missbrauchs ihrer Arbeitskraft ausgesetzt sind.

1.11Nach Auffassung des EWSA sollte die Rolle von Vermittlern und Agenturen, einschließlich der Unterauftragsvergabe, geklärt werden, da derzeit viele Arbeitgeber deren Dienste auf nationaler Ebene in Anspruch nehmen.

1.12Die Initiative sollte keinen höheren Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber verursachen, die die nationale Kontaktstelle des EU-Talentpools im Mitgliedstaat ihres Firmensitzes um Übertragung ihrer Stellenangebote auf die IT-Plattform des Talentpools ersuchen. Für die Übertragung von Stellenangeboten von den nationalen öffentlichen Arbeitsverwaltungen auf den EU-Talentpool sollte es eine einfache Zusatzfunktion geben. Auch eine mögliche Rolle privater Arbeitsvermittlungen sollte erwogen werden.

1.13Die Aussetzung des Zugangs eines Arbeitgebers, der seinen Pflichten nicht nachkommt, sollte in einem angemessenen Verhältnis zu dem Verstoß stehen und befristet sein. Ähnliche Beschränkungen sollten für Drittstaatsangehörige in Betracht gezogen werden, die das Recht, sich legal in der EU aufzuhalten und zu arbeiten, missbrauchen.

1.13.1Eine demokratische Regierungsführung ist wesentlich, damit Maßnahmen und Instrumente im Bereich der Arbeitsmigration für Arbeitnehmer und Arbeitgeber konzipiert und entsprechend deren Anregungen weiterentwickelt werden. Der EWSA begrüßt, dass die für die Umsetzung zuständige Lenkungsgruppe auch europäische branchenübergreifende Sozialpartner umfassen wird. Die Initiative soll die Mitgliedstaaten dazu bewegen, die Sozialpartner auf branchenübergreifender und sektoraler Ebene, einschlägige zivilgesellschaftliche Organisationen, die mit Migranten und Flüchtlingen arbeiten, sowie Akteure der allgemeinen und beruflichen Bildung in Beratungen und Entscheidungen auf nationaler Ebene einzubeziehen. Das gilt insbesondere für die Ermittlung von Mangelberufen sowie die regelmäßige Rückmeldung zur Bewertung der Funktionsweise des Talentpools.

Zur Empfehlung der Kommission zur Anerkennung der Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen

1.14Der EWSA betont, dass die Fähigkeiten und Kompetenzen von Arbeitnehmern aus Drittländern bewertet und rasch validiert werden müssen, damit ihre Kompetenzen zertifiziert werden und sie erforderlichenfalls (z. B. bei reglementierten Berufen) die entsprechenden Qualifikationen erwerben können. Die Verfahren sollten den Verwaltungsaufwand für Antragsteller möglichst verringern, insbesondere wenn Dokumente möglicherweise zurückgelassen wurden oder während der Migration verloren gegangen sind.

1.14.1Der EWSA begrüßt, dass die Mitgliedstaaten in der Mitteilung daran erinnert werden, dass die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen auch für die Anerkennung von Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen und von in der EU erworbenen Qualifikationen gelten kann, wenn in bestimmten, von den Mitgliedstaaten definierten Berufen („vorrangige reglementierte Berufe“) ein Arbeitskräftemangel herrscht. Der EWSA fordert, dass der Zugang für Personen, die in den EU-Mitgliedstaaten in reglementierten Berufen arbeiten möchten, erforderlichenfalls durch zügige und transparente Validierungs- und Anerkennungsverfahren unterstützt wird. Zugleich kann die Qualität von Arbeitsplätzen und Dienstleistungen nur durch die Erfüllung von Qualifikations- und Kompetenzanforderungen gewährleistet werden. Deshalb müssen potenzielle Arbeitnehmer die Mindestqualifikationsanforderungen der Mitgliedstaaten erfüllen, um bestimmte reglementierte Mangelberufe ausüben zu können.

1.14.2Der EWSA betont die Möglichkeit, den Zugang zu Berufen durch vereinbarte gemeinsame Ausbildungsrahmen in mindestens neun Ländern zu vereinfachen. Dies kann zur automatischen Anerkennung von Qualifikationen in bestimmten reglementierten Berufen auf EU-Ebene beitragen. Dadurch ließe sich die Anerkennung der Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen in allen EU-Mitgliedstaaten ein Stück weit vereinheitlichen.

1.15Nach Ansicht des EWSA müssen vertrauenswürdige Informationen für Drittstaatsangehörige darüber bereitgestellt werden, welche Agenturen, Sozialpartner und Interessenträger sie beim Eintritt in den Arbeitsmarkt und bei der Suche nach einem guten Arbeitsplatz unterstützen können.

1.16 Der EWSA unterstreicht, dass die Arbeitgeber und die öffentlichen Arbeitsverwaltungen bei der Einstellung von Fachkräften aus Drittländern, die über nicht reglementierte Qualifikationen verfügen, maßgeblich zur Gleichbehandlung beitragen können, wenn es um die Frage geht, ob die Lern- und Arbeitserfahrung des Drittstaatsangehörigen für den Arbeitsplatz relevant ist. In diesem Fall kann auf die Bewertung ihrer Kompetenzen und den „Skills-first”-Ansatz zurückgegriffen werden.

1.17Der EWSA fordert, dass die Mitgliedstaaten den gerechten Zugang von Drittstaatsangehörigen zu reglementierten Berufen durch eine angemessene Unterstützung während des Anerkennungs- und Ausbildungszeitraums sicherstellen. Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass allen Drittstaatsangehörigen – nicht nur denjenigen, die einen vorrangigen reglementierten Beruf anstreben – Schulungen zur Verfügung stehen, da diese ein soziales Recht sind und den Weg zu hochwertiger Beschäftigung, beruflicher Entwicklung und sozialer Inklusion ebnen.

Zum Vorschlag für eine Empfehlung des Rates „Europa in Bewegung“ – Lernmobilität für alle

1.18Nach Ansicht des EWSA sollte die Lernmobilität in der EU auf die Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls zur EU abzielen. Der EWSA bedauert, dass nur 15 % der Unionsbürger an einem Studium, einer Ausbildung oder Lehrlingsausbildung in einem anderen EU-Land teilgenommen haben, und betont, dass alle Studierenden und Lehrkräfte in allen Bildungsbereichen, insbesondere in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einen stärker gleichberechtigten Zugang zur Mobilität haben sollten.

1.19Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten auf, öffentliche Investitionen in Schulen und Bildungseinrichtungen zu gewährleisten, damit diese hochwertige und vertrauenswürdige Orientierungshilfe und Beratung zu Lernmobilitätsmöglichkeiten anbieten können, die die berufliche Entwicklung und das lebenslange Lernen fördern. Hilfe und Beratung müssen kostenlos sein, um die Lernenden zu motivieren, sich für ein Angebot zur Lernmobilität in einem anderen EU-Land zu bewerben. Der EWSA ruft die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Koordinatoren für die Lernmobilität in Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu einem kontinuierlichen Dialog mit den Sozialpartnern und sonstigen maßgeblichen Interessenträgern zu verpflichten.

1.19.1Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten auf, die Lernmobilität von Lehrkräften sicherzustellen, indem sie Probleme im Zusammenhang mit dem Ersatz von und dem Mangel an Lehrkräften beheben. Um hochwertige Bildung zu gewährleisten, muss der Beruf durch gute Arbeitsbedingungen, gerechte Gehälter sowie Zugang zu hochwertiger Erstausbildung, beruflicher Weiterbildung und Laufbahnentwicklung attraktiv gemacht werden.

1.19.2Der EWSA ersucht die Kommission, für die Bereitstellung angemessener Mittel zu sorgen, um den tatsächlichen Kosten der Teilnahme an Erasmus-Mobilitätsprogrammen für Lernende, Lehr- und Ausbildungskräfte Rechnung zu tragen, und die Übertragbarkeit von Gehältern und anderen Leistungen, darunter Renten, für erwachsene Lernende und Lehrkräfte zu gewährleisten, die über ihre berufliche Weiterbildung an internationalen Mobilitätsprogrammen teilnehmen. Die Einbeziehung der Sozialpartner in die Überwachung dieser Probleme und in die Entscheidungen zu ihrer Lösung ist hier unabdingbar.

1.20Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, die europäischen Sozialpartner und einschlägigen Interessenträger wieder in den Erasmus+-Ausschuss, der die jährlichen Prioritäten des Programms Erasmus+ festlegt, einzubinden. Der EWSA ruft die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre nationalen Aktionspläne für die Initiative in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Interessenträgern und Sozialpartnern zu entwickeln.

2.Allgemeine Bemerkungen

2.1Das Paket zur Mobilität von Fachkräften umfasst mehrere politische Initiativen für die Mobilität und Migration von Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen zu Bildungs- und Beschäftigungszwecken. Das Paket wird sich auf die nationale Politik in den Bereichen Migration, Beschäftigung, Qualifikationen und internationale Mobilität im Bildungswesen auswirken, da darin mögliche Lösungen für die Entwicklung von Maßnahmen im derzeitigen Kontext des Arbeits- und Fachkräftemangels vorgeschlagen werden.

2.2Im Rahmen dieser verschiedenen Initiativen, insbesondere hinsichtlich der Migration aus Drittländern, müssen die Menschenrechte als Priorität erachtet und durch die Gleichstellung der Arbeitnehmer sowie klare Arbeitsmarktziele unterstützt werden.

2.3In den EU-Ländern gibt es viele Mangelberufe, auch unter den reglementierten Berufen. Bei der Verknüpfung der Mobilität von Fachkräften mit der beruflichen Mobilität stellt sich die Frage, wie bei diesen Initiativen eine Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte – innerhalb der EU und weltweit – aus Mangelberufen vermieden werden soll. Hierfür sollte das vorliegende Paket mit der EU-Initiative zur Talenterschließung kombiniert werden.

3.Besondere Bemerkungen

3.1Vorschlag für eine Verordnung zur Einrichtung eines EU-Talentpools

3.1.1Der EU-Talentpool wird das erste freiwillige Vermittlungsinstrument auf EU-Ebene für interessierte Mitgliedstaaten bilden und „arbeitssuchenden Personen mit geringer, mittlerer und hoher Qualifikation“ offenstehen. Nur in diesen Mitgliedstaaten ansässige Arbeitgeber können dort ihre Stellenangebote veröffentlichen. Hierdurch wird auch die Umsetzung der Fachkräftepartnerschaften mit Marokko, Tunesien, Ägypten, Pakistan und Bangladesch unterstützt. Die Abstimmungs-Funktion sollte so aufgebaut sein, dass zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern Übereinstimmungen angezeigt werden, die den Kompetenzen und Qualifikationen des Arbeitnehmers und dem Bedarf des Arbeitgebers entsprechen.

3.1.2Der Talentpool bietet zwar keine spezifische Einreisemöglichkeit in die EU für den Erwerb einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, doch sollten Arbeitnehmer, die den Pool in Anspruch nehmen, beim Zugang zu Gesundheitsversorgung, Wohnraum und Weiterbildung im Aufnahmemitgliedstaat beraten und unterstützt werden. Darüber hinaus muss der Talentpool die Information der Wanderarbeitnehmer und Arbeitgeber über die geltenden Gesetze sowie über ihre Rechte und Pflichten gewährleisten. Die Europäische Kommission sollte hier Impulse für die Annahme gemeinsamer Standards für die Bereitstellung von Informationen geben.

3.1.3Bei der Weiterentwicklung des EU-Talentpools sollte auf den Arbeiten zur Überarbeitung der Richtlinie über die kombinierte Erlaubnis und der Richtlinie über langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige aufgebaut werden, um den Zugang zu einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Wanderarbeitnehmer zu verbessern und Arbeitsstandards in der EU durchzusetzen. Drittstaatsangehörige, die sich bereits im Hoheitsgebiet der EU aufhalten und bereit sind, dort zu arbeiten (Asylbewerber, Personen ohne Arbeitserlaubnis, Personen, die zum Zweck der Familienzusammenführung in die EU eingereist sind) stellen ein unzureichend genutztes Reservoir potenzieller Arbeitskräfte dar, das zur Deckung des Bedarfs auf dem Arbeitsmarkt beitragen kann.

3.1.4Die Talentpool muss zu einem verlässlichen und vertrauenswürdigen Instrument mit aktuellen Profilen werden, die Arbeitgebern und Arbeitnehmern zumindest auf Englisch zugänglich sind, damit Wanderarbeitnehmer und Beschäftigungsmöglichkeiten in der EU besser miteinander abgeglichen werden können. Demensprechend müssen auch angemessene Übereinstimmungen hinsichtlich der Kompetenzen und Qualifikationen einer arbeitssuchenden Person für eine ausgeschriebene Stelle vorgeschlagen werden. Daher gilt es in diesem Zusammenhang auch verstärkt auf die Anerkennung von Qualifikationen und Kompetenzen hinzuarbeiten, die im Ausland und/oder in nichtformalen und informellen Lernumgebungen erworben wurden.

3.1.5Besonderes Augenmerk muss betrugsanfälligen Wirtschaftszweigen gelten, in denen Wanderarbeitnehmer besonders schutzbedürftig und einem hohen Risiko der Ausbeutung und des Missbrauchs ihrer Arbeitskraft ausgesetzt sind. Der Talentpool muss faire und ethische Einstellungsstandards gewährleisten und unter anderem ein Verbot von missbräuchlichen Praktiken, Einstellungsgebühren und Vergünstigungen umfassen. Die Rolle von Vermittlern und Agenturen, einschließlich der Unterauftragsvergabe, sollte geklärt werden, da derzeit viele Arbeitgeber deren Dienste auf nationaler Ebene in Anspruch nehmen.

3.1.6Eine demokratische Regierungsführung ist wesentlich, damit Maßnahmen und Instrumente im Bereich der Arbeitsmigration für Arbeitnehmer und Arbeitgeber konzipiert und entsprechend deren Anregungen weiterentwickelt werden. Der für die Umsetzung zuständigen Lenkungsgruppe werden auch europäische branchenübergreifende Sozialpartner angehören. Die Mitgliedstaaten müssen die Sozialpartner und einschlägigen Interessenträger in Beratungen und Entscheidungen auf nationaler Ebene einbeziehen. Das gilt insbesondere für die Ermittlung von Mangelberufen sowie die regelmäßige Rückmeldung zur Bewertung der Funktionsweise des Talentpools.

3.1.7Die Umsetzung des Talentpools und der Fachkräftepartnerschaften hängt auch von bilateralen Arbeitsmigrationsabkommen und Partnerschaften mit Drittländern als Mittel der Steuerung der Arbeitsmigration ab. Der EWSA betont, dass diese Partnerschaften den Schutz und die Rechte der in die EU einwandernden Arbeitnehmer sowie die Definition der Rolle der Arbeitgeber gemäß den EU-Richtlinien zur Arbeitsmigration gewährleisten müssen.

3.1.8Die Initiative sollte keinen höheren Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber verursachen, die die nationale Kontaktstelle des EU-Talentpools im Mitgliedstaat ihres Firmensitzes um Übertragung ihrer Stellenangebote auf die IT-Plattform des Talentpools ersuchen.

3.1.9Der Talentpool und die Fachkräftepartnerschaften sollten dem Erfordernis der Transparenz Rechnung tragen, indem Informationen über bestehende EU-Rechtsvorschriften, wie die Zuständigkeiten für die Wahrung ihrer sozialen Rechte, die Erstattung von Reisekosten und die Bereitstellung einer hochwertigen Unterkunft, Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte sowie Beschwerde- und Rechtsbehelfsmechanismen, bereitgestellt werden. Nach Möglichkeit sollten Übersetzungsprogramme integriert werden, um die Arbeitnehmer in ihrer Muttersprache über den betreffenden Arbeitsplatz und die von den Sozialpartnern und Organisationen der Zivilgesellschaft bereitgestellte Unterstützung zu informieren.

3.1.10Die Aussetzung des Zugangs eines Arbeitgebers zum EU-Talentpool im Falle eines Verstoßes gegen seine arbeits- oder sozialrechtlichen Pflichten sollte verhältnismäßig und zeitlich begrenzt sein. Um illegale Praktiken zu vermeiden, sollten vergleichbare Sanktionen für Drittstaatsangehörige vorgesehen werden, deren Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis aufgrund eines Verstoßes gegen die Einreiseanforderungen widerrufen wurden.

3.1.11Gemäß dem Vorschlag der Kommission kann die Liste der Mangelberufe in Anhang 1 geändert werden, wenn eine erhebliche Zahl von Mitgliedstaaten dies beantragt. Um Rechtsunsicherheit in Bezug auf Mangelberufe zu vermeiden, könnte die Kommission die Liste auf Antrag zweier Mitgliedstaaten ändern.

3.2Empfehlung der Kommission zur Anerkennung der Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen

3.2.1Der EWSA begrüßt, dass in der Empfehlung mögliche Lösungen für den erleichterten Zugang von Drittstaatsangehörigen zur Beschäftigung vorgelegt werden. Hierfür sollen Fähigkeiten und Kompetenzen validiert und die Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen anerkannt werden, was in der Praxis Hindernisse für Wanderarbeitnehmer mit sich bringt. Die Verfahren sollten den Verwaltungsaufwand für Antragsteller möglichst verringern, insbesondere in einem Kontext, in dem Dokumente möglicherweise zurückgelassen wurden oder während der Migration verloren gegangen sind.

3.2.2Eine faire Behandlung während des Einstellungsverfahrens ist von zentraler Bedeutung. Bei der Einstellung von Fachkräften aus Drittländern, die über nicht reglementierte Qualifikationen verfügen, können die Arbeitgeber und die öffentlichen Arbeitsverwaltungen maßgeblich dazu beitragen, bei der Beurteilung der Frage, ob die Lern- und Arbeitserfahrung des Drittstaatsangehörigen für den Arbeitsplatz relevant ist, Gleichbehandlung zu erreichen. In diesem Fall kann auf die Bewertung ihrer Kompetenzen und den „Skills-first”-Ansatz zurückgegriffen werden. Zugleich begrüßt der EWSA, dass die Mitgliedstaaten in der Empfehlung zu Überlegungen aufgefordert werden, ob und wie Arbeitsmarktprüfungen durchgeführt werden, um sie, auch über den sozialen Dialog, so effizient wie möglich zu gestalten.

3.2.3Bei vorrangigen reglementierten Berufen ist eine faire und zügige Bewertung und Anerkennung der Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen für die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes äußerst wichtig. Die Mitgliedstaaten müssen sowohl sicherstellen, dass Drittstaatsangehörige, die einen vorrangigen reglementierten Beruf ausüben wollen, während des Anerkennungs- und Ausbildungszeitraums angemessene Unterstützung erhalten, als auch befristete Arbeitsverträge, einen niedrigeren Status und niedrigere Gehälter verhindern. Schulungen sollten allen Drittstaatsangehörigen zur Verfügung stehen und nicht nur denjenigen, die einen vorrangigen reglementierten Beruf anstreben.

3.2.4Ein besserer Informationsaustausch über Qualifikationen in reglementierten Berufen zwischen der EU und Drittländern, z. B. durch Kommunikation zwischen Ministerien und Sozialpartnern, ist von entscheidender Bedeutung. Der EWSA begrüßt, dass die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, mit Drittstaaten zusammenzuarbeiten, um sich über die Qualifikationen und Anforderungen von Drittländern zu informieren und Datenbanken zur Vergleichbarkeit zu erstellen. Der EWSA weist darauf hin, dass dies insbesondere bei reglementierten Berufen wesentlich ist und die Datenbank in Zusammenarbeit von Gruppen von Ministerien, Sozialpartnern und Interessenträgern in der Beratenden Gruppe für den Europäischen Qualifikationsrahmen in Absprache mit dem Ausschuss für die Anerkennung von Berufsqualifikationen eingerichtet werden sollte.

3.2.5Die Anerkennung von Qualifikationen erfordert eine Vereinfachung und Transparenz und ist für die Verringerung der Spannungen auf dem EU-Arbeitsmarkt von zentraler Bedeutung. Das Antragsverfahren gemäß der Richtlinie 2005/36/EG kann nicht nur zeitaufwändig und belastend für die Antragsteller sein, sondern auch Kosten für die Einreichung von Anträgen und die Erfüllung der Kompetenzanforderungen durch Schulungen mit sich bringen. Während der Bearbeitungszeit erhalten die Antragsteller weder einen Lohnausgleich noch Arbeitslosenleistungen. Der EWSA begrüßt, dass eine Gleichbehandlung der Arbeitnehmer sichergestellt werden soll, indem die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die Kosten, die Drittstaatsangehörigen 5 durch die Beantragung der Anerkennung von Qualifikationen entstehen, den Kosten für Unionsbürger entsprechen. Zugleich sollten die Bewerber aus Drittstaaten darüber informiert werden, wie sie finanzielle und administrative Unterstützung im Aufnahmeland beantragen können. Verfügt ein Bewerber über ein höheres Qualifikations- und Kompetenzniveau als das für den Zugang zum reglementierten Beruf seines Heimatlandes erforderliche, sollte der Arbeitnehmer dabei unterstützt werden, einen seinem Qualifikationsniveau entsprechenden Arbeitsplatz zu finden.

3.3Vorschlag für eine Empfehlung des Rates „Europa in Bewegung“ – Lernmobilität für alle

3.3.1Der EWSA begrüßt die größere Möglichkeit zur Teilnahme an den im Rahmen des Erasmus-Programms unterstützten Lernerfahrungen im Ausland. Der EWSA verweist auf seine Ausführungen in der Stellungnahme „Europabildung“ 6 , dass die Vitalität der EU erheblich von einer starken europäischen Identität und von der Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger mit der EU abhängt; zudem wird darin eine Aufstockung der Finanzmittel für Erasmus+ empfohlen, um durch die Lernmobilität für alle, insbesondere für Menschen mit unterschiedlichem sozioökonomischem Hintergrund, das Zugehörigkeitsgefühl zur EU zu fördern. Des Weiteren wird in der Stellungnahme dafür plädiert, dass bei allen künftigen Projekten ein Schwerpunkt auf Europabildung, Schaffung einer europäischen Identität und Förderung generationenübergreifenden Lernens über die EU sowie das Erlernen von Sprachen und den zivilen Dialog für alle Altersgruppen, einschließlich der Erwachsenen, gelegt wird.

3.3.2Der EWSA begrüßt die neuen sektorspezifischen Benchmarks für die Teilnahme an der Lernmobilität. Für die Erreichung der neuen Zielvorgaben fehlt es jedoch an entsprechenden Mitteln. Zudem wurden einige der ehrgeizigeren Zielvorgaben verwässert. So wurde z. B. die Zielvorgabe im Bereich Hochschulbildung erhöht, aber die Mobilität kann auch dann anerkannt werden, wenn sie nur drei Leistungspunkten des ECTS (Europäisches System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen) und nicht wie zuvor 15 entspricht. Zugleich könnten auch Benchmarks für die Lernmobilität erwachsener Lernender zur Teilnahme an einer anerkannten beruflichen Weiterbildung in einem anderen EU-Land festgelegt werden. Der EWSA begrüßt die Maßnahmen für Förderer von Lernmobilitätsprojekten wie Koordinatoren, Kontaktstellen, Botschaftern und speziellen Informationszentren für Lernmobilität.

3.3.3Der EWSA stellt fest, dass eine demokratische Steuerung der Lernmobilität innerhalb der EU zur Erreichung der Ziele der Initiative wesentlich ist. Der EWSA begrüßt die vorgeschlagene „strukturelle Zusammenarbeit mit Interessenträgern im Bereich Lernmobilität [...], um diese Empfehlung umzusetzen“ und weist darauf hin, dass Bildungseinrichtungen zur Umsetzung dieser Mobilität mit Netzen zusammenarbeiten müssten, die über Fachwissen und Erfahrung in diesem Bereich verfügen.

3.3.4Der EWSA begrüßt das Ziel der Initiative, die Lernmobilität für Lehr- und Ausbildungskräfte auszuweiten. Es bestehen viele Hindernisse für die Förderung der Lernmobilität von Lehrkräften, insbesondere fehlende integrierte Mobilitätszeiten in den Lehrplänen, unterschiedliche Schuljahresstrukturen in den einzelnen Mitgliedstaaten, mangelnde Sprachkenntnisse, familiäre Verpflichtungen der Lehrkräfte und Schwierigkeiten bei der Organisation eines angemessenen Ersatzes für Lehr- und Ausbildungskräfte. Darüber hinaus waren unangemessene finanzielle Mittel und unzureichende Erasmus-Stipendien die größten Hindernisse für die Teilnahme an früheren Erasmus-Austauschprogrammen. Der Hauptgrund ist jedoch der Lehrermangel in vielen EU-Ländern; ein gleichberechtigter Zugang zur Lernmobilität kann erreicht werden, indem für genügend Lehrkräfte als Ersatz für die an Mobilitätsprogrammen teilnehmenden Lehrkräfte gesorgt wird; dies ist für eine hochwertige Bildung äußerst wichtig.

Brüssel, den 12. April 2024

Cinzia DEL RIO

Vorsitzender der Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft

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(1)     Talenterschließung in den Regionen Europas | EWSA (europa.eu) .
(2)     COM(2023) 32 final .
(3)     COM(2022) 655 final .
(4)     COM(2022) 650 final .
(5)      Infolge der Empfehlung vom April 2022 zur Anerkennung der Qualifikationen von Menschen, die vor der Invasion Russlands in der Ukraine fliehen, haben die Mitgliedstaaten eine Reihe innovativer Vorgehensweisen eingeführt, um die Anerkennung von Qualifikationen für Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, zu erleichtern. Einige dieser Vorgehensweisen sind in der Bewertung der Umsetzung der Empfehlung durch die Kommission aufgeführt. So haben beispielsweise Belgien, Portugal und Rumänien Personen, die vorübergehenden Schutz genießen, von der Zahlung von Gebühren für das Anerkennungsverfahren befreit. Die Behörden der meisten Mitgliedstaaten akzeptieren auch alternative Nachweise. Solche Vorgehensweisen können übernommen und ausgeweitet werden.
(6)     ABl. C 228 vom 5.7.2019, S. 68 .
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