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Document 52025IE0688

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses — Erschwinglicher Wohnraum: Möglicher Beitrag der Kohäsionspolitik, der Städteagenda und der Zivilgesellschaft zu erschwinglichem Wohnraum für alle (Initiativstellungnahme)

EESC 2025/00688

ABl. C, C/2025/5153, 28.10.2025, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2025/5153/oj (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2025/5153/oj

European flag

Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Reihe C


C/2025/5153

28.10.2025

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Erschwinglicher Wohnraum: Möglicher Beitrag der Kohäsionspolitik, der Städteagenda und der Zivilgesellschaft zu erschwinglichem Wohnraum für alle

(Initiativstellungnahme)

(C/2025/5153)

Berichterstatterin:

Elena-Alexandra CALISTRU

Ko-Berichterstatterin:

María del Carmen BARRERA CHAMORRO

Berater

Ioannis GRIGORIADIS (für die Ko-Berichterstatterin)

Maxime STAELENS (für Gruppe I)

Beschluss des Plenums

23.1.2025

Rechtsgrundlage

Artikel 52 Absatz 2 der Geschäftsordnung

Zuständiges Arbeitsorgan

Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

Annahme im Arbeitsorgan

4.7.2025

Verabschiedung im Plenum

17.7.2025

Plenartagung Nr.

598

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

144/0/2

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist der Auffassung, dass die Krise hinsichtlich der Erschwinglichkeit von Wohnraum nicht nur eine soziale Herausforderung, sondern auch eine große wirtschaftliche Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der EU darstellt, da die Unternehmen einem Lohndruck ausgesetzt sind, der ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt und dem Ziel der Kohäsionspolitik zuwiderläuft, wettbewerbsfähige regionale Volkswirtschaften zu schaffen. Durch diese Krise entstehen überdies allgemeinere Beschäftigungshindernisse, da Arbeitskräfte und Anbieter wesentlicher Dienste aus den teuren Wohngegenden verdrängt werden, was zu Personalengpässen in wichtigen Sektoren wie dem Gesundheits- und Bildungswesen und bei öffentlichen Dienstleistungen führt. Letztlich steigt hierdurch die Anfälligkeit für Schocks, wie sich während der Pandemie gezeigt hat, wodurch sich die Widerstandsfähigkeit verringert, die mit der Kohäsionspolitik in regionale Wirtschaftssysteme integriert werden soll.

1.2.

Der EWSA betont, dass für die Bewältigung der Wohnungskrise nicht nur mehr Mittel, sondern auch intelligentere Finanzierungskonzepte vonnöten sind. Angesichts der von der Europäischen Investitionsbank (EIB) ermittelten jährlichen Investitionslücke von 270 Milliarden EUR ist es eindeutig unzureichend, Mittel innerhalb der bestehenden kohäsionspolitischen Zuweisungen lediglich umzuschichten. In dieser Hinsicht ist der EWSA der Ansicht, dass die Kohäsionspolitik als Hauptrahmen für die Koordinierung ergänzender Instrumente dienen sollte, indem öffentliche und private Mittel für Lösungen für erschwinglichen Wohnraum mobilisiert werden. Hierbei sollte die EIB eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Finanzierungsinstrumenten spielen, die auf die unterschiedlichen regionalen Bedürfnisse zugeschnitten sind.

1.3.

Der EWSA begrüßt, dass die Kommission erstmals eine Taskforce für Wohnraum eingerichtet und ein Kommissionsmitglied für Wohnungswesen benannt hat, um einen europäischen Plan für erschwinglichen Wohnraum zu entwickeln. Dieser Arbeitsgruppe müssen jedoch Vertreter der Mitgliedstaaten, der lokalen Behörden, der Sozialpartner, der Selbstständigenverbände und sonstiger Organisationen der Zivilgesellschaft angehören, um sicherzustellen, dass die Ziele des Wohnungsbaus umfassend in die EU-Politik integriert werden. Diese Integration sollte auf zuverlässigen Daten und auf Fakten beruhen, um insbesondere angesichts des dringenden Wohnraumbedarfs in ganz Europa die Wirkung von Maßnahmen zu messen und erfolgreiche Ansätze auszuweiten.

1.4.

Der EWSA befürwortet die Annahme eines umfassenden EU-Rahmens zur Definition aller Arten erschwinglichen Wohnraums (Sozialwohnungen, erschwingliche Miete, erschwingliches Wohneigentum), um für Rechtssicherheit für Investitionen zu sorgen. Er unterstützt ferner den Vorschlag des Ausschusses der Regionen (AdR), die Mittel für den Politikbereich „Soziales“ des InvestEU-Programms aufzustocken, und fordert die Mitgliedstaaten auf, nicht in Anspruch genommene Mittel aus ihren nationalen Aufbau- und Resilienzplänen auf wohnungswirtschaftliche Finanzierungsinstrumente umzuschichten, die von lokalen Gebietskörperschaften verwaltet werden.

1.5.

Der EWSA hält es für wesentlich, dass Investitionen in erschwinglichen und nachhaltigen Wohnraum eine strategische Priorität für die EU-Kohäsionsfonds nach 2027 bilden. Zu diesem Zweck sollte es ein Konzept geben, das neben Sozialwohnungen auch erschwinglichen Wohnraum einbezieht und gleichzeitig dafür sorgt, dass Renovierungsmaßnahmen beibehalten werden. Diese Konzepte müssen an die von der Klimakrise ausgehenden Risiken angepasst werden, und es muss Wohnraum gefördert werden, der den Folgen der Klimakrise standhalten kann, insbesondere in den Regionen und Gebieten, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Die Kohäsionspolitik muss eine zentrale Rolle bei der Verwirklichung der Wohnungsbau-Ziele der EU-Städteagenda einnehmen, insbesondere in Ballungsräumen, in denen die Herausforderungen bezüglich der Erschwinglichkeit am dringlichsten sind.

1.6.

Wie der AdR weiß auch der EWSA um die Bedeutung eines EU-Rechtsrahmens, um die mit der Wohnungskrise einhergehenden Herausforderungen zu bewältigen. Dies bedeutet, dass die EU die regulatorischen Mängel beheben muss, die in den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) hervorgehoben werden, und durch die die Mitgliedstaaten bei der Finanzierung von Initiativen für sozialen und erschwinglichen Wohnraum eingeschränkt wurden.

1.7.

Der EWSA begrüßt die EU-Plattform für erschwinglichen Wohnraum unter Beteiligung der EIB, mit der private Investitionen vor Ort mobilisiert und Beratungsdienste angeboten werden sollen, um die Bauvorhaben von der Planung bis über die Fertigstellung hinaus betreuen zu können. Die Plattform sollte innovative Finanzierungsinstrumente fördern, die sich in verschiedenen regionalen Kontexten als wirksam erwiesen haben, und den Wissenstransfer zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern.

1.8.

Der EWSA unterstützt den im ersten Bericht des Ausschusses für regionale Entwicklung (REGI) des Europäischen Parlaments enthaltenen Vorschlag, dass Darlehen, Bürgschaften und Eigenmittel für erschwinglichen Wohnraum für Staaten im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts und des Europäischen Semesters nicht als Schulden gelten sollten.

1.9.

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Beihilfevorschriften und die Definitionen von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) nur beschränkt öffentliche Investitionen in erschwinglichen Wohnraum zulassen, die über den eng definierten sozialen Wohnungsbau hinausgehen. Der EWSA empfiehlt daher, diese Vorschriften dringend zu überarbeiten, um eine wirksamere öffentliche Intervention durch Kohäsionsinstrumente zu ermöglichen.

1.10.

Der EWSA ist der Auffassung, dass Finanzinstrumente, deren Renditen reinvestiert werden, nachhaltige Finanzierungsmechanismen für den Wohnungsbau schaffen können, die über Programmzyklen hinausgehen. Er unterstützt auch den Vorschlag des AdR, den Rahmen für kohäsionspolitische Finanzinstrumente zu erweitern, um mehr Raum für Investitionen in den Wohnungsbau zu schaffen, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf Fonds für eine nachhaltige Stadtentwicklung liegen sollte.

1.11.

Der EWSA erwartet, dass der Wohnungsbau im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ausdrücklich als Faktor der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit anerkannt und in den Anwendungsbereich des Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit integriert wird, indem Wohnungsbaumaßnahmen mit der Effizienz des Arbeitsmarktes und der Entwicklung von Innovationsökosystemen verknüpft werden.

1.12.

Der EWSA ist der Überzeugung, dass nationale und europäische Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums durch Tourismus oder Immobilienentwicklung die potenziellen Auswirkungen auf die lokalen Wohnungsmärkte berücksichtigen müssen und geeignete Maßnahmen zum Schutz des Rechts auf erschwinglichen und angemessenen Wohnraum ergriffen werden sollten.

1.13.

Der EWSA hält es für sehr wichtig, die Erfahrungen und bewährten Verfahren der nationalen, regionalen und lokalen Behörden zu berücksichtigen, die sich für die Entwicklung erschwinglicher Sozialwohnungen in der gesamten EU einsetzen. Die finnische „Housing First“-Politik ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Obdachlosigkeit reduziert und die Wohnbedingungen für schutzbedürftige Gruppen deutlich verbessert werden können.

1.14.

In diesem Zusammenhang betont der EWSA, dass erschwinglicher Wohnraum als Eckpfeiler des europäischen Sozialmodells gesehen werden muss, bei dem die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten Maßnahmen umsetzen, die Wohnraum erschwinglich, nachhaltig und als soziales Grundrecht für alle zugänglich machen. Dies sollte ein Bezugspunkt für alle wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen und damit ein zunehmend wichtiger Bestandteil der Kohäsionspolitik sein. Im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele der Kohäsionspolitik ist der EWSA der Auffassung, dass sich die EU aktiver auf die Sozialpartner als wichtige Katalysatoren für den Wandel stützen muss, insbesondere angesichts ihrer operativen Präsenz sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene.

2.   Hintergrund

2.1.

Die EU befindet sich hinsichtlich der Erschwinglichkeit von Wohnraum in einer Krise, die weite Kreise der Gesellschaft betrifft. Auch wenn die Zuständigkeit für die Bereitstellung erschwinglichen Wohnraums auf nationaler Ebene bei den Mitgliedstaaten liegt und es auf nationaler Ebene einige Unterschiede gibt, hat diese Krise auf europäischer Ebene tiefgreifende Auswirkungen auf den territorialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Entwicklung. Die Hauspreise und Mieten stiegen zwischen 2015 und 2023 im Durchschnitt um 48 % und damit deutlich stärker als die Einkommen. Im Jahr 2023 mussten 10,6 % der städtischen Haushalte und 7 % der ländlichen Haushalte mehr als 40 % ihres verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgeben (Eurostat, 2024) (1). Laut dem Projekt „House4All“ des Europäischen Beobachtungsnetzes für Raumordnung (ESPON) gibt es auffällige territoriale Unterschiede bei der Erschwinglichkeit von Wohnraum in den verschiedenen Regionen, wobei sowohl Städte als auch Gebiete mit dauerhaften geografischen Nachteilen vor großen Schwierigkeiten stehen (2).

2.2.

Die Erschwinglichkeit von Wohnraum ist ein mehrdimensionales Konzept, das über die Mietkosten bzw. Hypothekenzahlungen hinausgeht. Es geht hierbei um ein breites Spektrum von Faktoren, die sich auf die Fähigkeit eines Haushalts auswirken, dauerhaft Zugang zu angemessenem Wohnraum zu haben. Zu den Faktoren gehören u. a. Energie- und Stromrechnungen, Renovierungs- und Instandhaltungskosten, Barrierefreiheitsaspekte sowie die Verfügbarkeit von Verkehrsmitteln und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Auf der Angebotsseite ergibt sich erschwinglicher Wohnraum aus der Verfügbarkeit von angemessenen Wohnungen. Da diese Kosten in der EU je nach Art des Wohnraums, Energieeffizienz, geografischer Lage und Einkommensniveau sehr unterschiedlich ausfallen, sind die Herausforderungen bezüglich Erschwinglichkeit in der EU nicht einheitlich. Sie spiegeln die unterschiedlichen nationalen Wohnungswesen, die Kluft zwischen Stadt und Land und die lokalen wirtschaftlichen Bedingungen wider und erfordern standortbezogene politische Maßnahmen statt Pauschallösungen.

2.3.

Diese Krise im Zusammenhang mit der Erschwinglichkeit von Wohnraum hat weitreichende wirtschaftliche Folgen, die sich unmittelbar auf die Ziele der Kohäsionspolitik auswirken:

Sie schränkt die Mobilität der Arbeitskräfte ein, die daran gehindert werden, in Regionen mit besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten zu ziehen;

aufgrund der Fehlallokation von Humankapital und der übermäßig langen Fahrzeiten lässt die wirtschaftliche Produktivität nach;

die territoriale Polarisierung zwischen Regionen mit hohem Wachstum und Regionen, die unter demografischem Druck leiden, wird verschärft;

das Einkommen der Haushalte wird von anderen produktiven Wirtschaftstätigkeiten abgezogen, was die lokalen wirtschaftlichen Multiplikatoren schmälert;

der Zugang zu Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten wird insbesondere für junge Menschen erschwert;

die Krise vergrößert das jeweilige soziale Gefälle, da die Zahl der Obdachlosen stark ansteigt und immer mehr Europäerinnen und Europäer sich keinen angemessenen Wohnraum mehr leisten können und unter inakzeptablen Bedingungen leben;

sie trifft insbesondere bestimmte schutzbedürftige soziale Gruppen, die sich nur begrenzt an die sich verändernden Regeln des Wohnungsmarktes anpassen können, sowie Haushalte mit mittlerem Einkommen. Außerdem ist der Wohnungsbestand, der für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen zugänglich ist, nur begrenzt verfügbar.

2.4.

Die Kohäsionspolitik wird seit 2007 zunehmend zur Unterstützung von Wohnungsbaumaßnahmen eingesetzt. Im Programmplanungszeitraum 2021–2027 wurden etwa 6,5 Milliarden EUR für Energieeffizienz im Wohnungsbau bereitgestellt, zusammen mit Investitionen in erneuerbare Energien, die Anpassung an den Klimawandel und sozialen Wohnungsbau im Rahmen verschiedener politischer Ziele. Die derzeitigen Probleme im Wohnungswesen können aber nur mit einem strategischeren und umfassenderen Ansatz angegangen werden.

2.5.

In dieser Stellungnahme soll untersucht werden, wie die Kohäsionspolitik die Herausforderungen hinsichtlich der Erschwinglichkeit von Wohnraum wirksamer angehen kann, um ihren Kernzielen des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts näherzukommen. Es wird der Frage nachgegangen, wie strategische Wohnungsbauinvestitionen die regionale Wirtschaftsentwicklung ankurbeln, die Wettbewerbsfähigkeit steigern, die Arbeitsmarkteffizienz verbessern und territoriale Ungleichheiten verringern können. Die Stellungnahme enthält konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Wirksamkeit der bestehenden Instrumente für den verbleibenden Zeitraum 2021–2027 und zur Entwicklung eines umfassenderen Ansatzes für erschwinglichen Wohnraum im Rahmen der Kohäsionspolitik nach 2027.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA ist überzeugt, dass erschwinglicher und sozialer Wohnraum als ein Eckpfeiler des europäischen Sozialmodells gesehen werden sollte. Die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und Regionen sowie die lokalen Gebietskörperschaften sollten Maßnahmen umsetzen, die Sozialwohnungen bezahlbar, nachhaltig und für all diejenigen zugänglich machen, die auf sie angewiesen sind. Zur Bewältigung dieser Krise ist es desgleichen erforderlich, den Bau erschwinglichen Wohnraums zu beschleunigen und auszuweiten sowie für mehr Mietwohnungen zu sorgen. Der EWSA hält es hierbei für angebracht, Techniken zu erkunden, die nicht nur den schnellen Bau erschwinglicher Wohnungen, sondern auch eine Senkung der Wohnkosten ermöglichen.

3.2.

Der EWSA stellt fest, dass die Erschwinglichkeit von Wohnraum eine wichtige Frage der wirtschaftlichen Infrastruktur ist, und nicht nur ein soziales Anliegen, auch wenn erschwinglicher und nachhaltiger Wohnraum ein soziales Grundrecht ist. Wenn die Wohnkosten stärker steigen als die Einkommen, wird das grundlegende wirtschaftliche Prinzip der Arbeitskräftemobilität — der Eckpfeiler des EU-Binnenmarkts — ausgehebelt, was zu Marktineffizienzen führt, die sich durch die europäische Wirtschaft ziehen. Das Wohnraumproblem ist sowohl eine Ursache als auch eine Folge territorialer Ungleichheiten, und die Erschwinglichkeit lässt geografische Unterschiede erkennen, die das wirtschaftliche Gefälle zwischen den europäischen Regionen verstärken (3).

3.3.

Während die Wohnungsbau- und Mietpolitik nach dem Subsidiaritätsprinzip weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, beeinflusst die EU den Sektor über das Wettbewerbsrecht und seine Ausnahmen (Sozialfürsorgerecht, DAWI). Aufgabe der Europäischen Kommission ist es, einen geeigneten Rahmen zu schaffen, der es den nationalen und regionalen Behörden ermöglicht, die Wohnungskrise wirksam zu bekämpfen und zugleich die Vielfalt der lokalen Bedürfnisse und der demografischen Herausforderungen zu berücksichtigen.

3.4.

Der EWSA betont, dass für die Bewältigung der Wohnungskrise nicht nur mehr Mittel, sondern auch intelligentere Finanzierungskonzepte vonnöten sind. Angesichts der von der EIB ermittelten jährlichen Investitionslücke von 270 Milliarden EUR ist es eindeutig unzureichend, Mittel innerhalb der bestehenden kohäsionspolitischen Zuweisungen lediglich umzuschichten. Die Kohäsionspolitik sollte als Hauptrahmen für die Koordinierung ergänzender Instrumente dienen, indem öffentliche und private Mittel für Lösungen für erschwinglichen Wohnraum mobilisiert werden. Hierbei sollte die EIB eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Finanzierungsinstrumenten spielen, die auf die unterschiedlichen regionalen Bedürfnisse zugeschnitten sind.

3.5.

Der EWSA begrüßt, dass die Kommission erstmals eine Taskforce für Wohnraum eingerichtet und ein Kommissionsmitglied für Wohnungswesen benannt hat, um einen europäischen Plan für erschwinglichen Wohnraum zu entwickeln. Dieser Taskforce müssen jedoch Vertreter der Mitgliedstaaten, der lokalen Behörden, der Sozialpartner, der Selbstständigenverbände und sonstiger Organisationen der Zivilgesellschaft, des EWSA und des AdR angehören, um sicherzustellen, dass die Ziele des Wohnungsbaus umfassend in die EU-Politik integriert werden. Die Kommission sollte eingehend bewerten, wie sich die derzeitigen Kohäsionsausgaben auf die Wohnungsmärkte auswirken. Dabei sollte sie auf der innovativen Überwachungstätigkeit von ESPON aufbauen, um einen umfassenden Erschwinglichkeitsspiegel zur Verfolgung der wirtschaftlichen und territorialen Ergebnisse zu entwickeln.

3.6.

Der EWSA befürwortet die Annahme eines umfassenden EU-Rahmens zur Verdeutlichung des gesamten Spektrums des Wohnungswesens (Sozialwohnungen, erschwingliche Miete, erschwingliches Wohneigentum), um für Rechtssicherheit für Investitionen zu sorgen, auch wenn eine konkrete Definition Raum für Besonderheiten auf der Ebene der Mitgliedstaaten lassen sollte. Er unterstützt ferner den Vorschlag des AdR, die Mittel für den Politikbereich „Soziales“ des InvestEU-Programms aufzustocken, und fordert die Mitgliedstaaten auf, nicht in Anspruch genommene Mittel aus ihren nationalen Aufbau- und Resilienzplänen auf wohnungswirtschaftliche Finanzierungsinstrumente umzuschichten, die von lokalen Gebietskörperschaften verwaltet werden.

3.7.

Der EWSA ist der Auffassung, dass nationale und europäische Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums durch Tourismus oder Immobilienentwicklung die potenziellen Auswirkungen auf die lokalen Wohnungsmärkte berücksichtigen müssen und geeignete Maßnahmen zum Schutz des Rechts auf erschwinglichen und angemessenen Wohnraum ergriffen werden sollten.

4.   Besondere Bemerkungen

Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitskräftemobilität

4.1.

Die Krise bei erschwinglichem Wohnraum ist nicht nur eine soziale Herausforderung, sondern sie stellt — zusätzlich zu demografischen Problemen wie der Überalterung der Bevölkerung — auch eine erhebliche wirtschaftliche Bedrohung für die Wettbewerbsfähigkeit der EU dar. Wie im 9. Kohäsionsbericht (4) hervorgehoben wird, werden die Wohnkosten zu einer zunehmenden Belastung, was wiederum das allgemeine Wirtschaftswachstum und die lokale Entwicklung bremst. Ebenso fehlt es in Regionen, die von der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte betroffen sind, häufig an erschwinglichem Wohnraum für junge Fachkräfte und qualifizierte Arbeitskräfte, was den wirtschaftlichen Niedergang ungeachtet der sonstigen kohäsionspolitischen Maßnahmen zur Umkehr dieses Trends noch zusätzlich verstärkt.

4.2.

Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen leidet, da sie in Gebieten mit teurem Wohnraum einem Lohndruck ausgesetzt sind, der ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verringert und dem Ziel der Kohäsionspolitik zuwiderläuft, für wettbewerbsfähige regionale Volkswirtschaften zu sorgen. Die Produktivität fällt durch lange Anfahrtszeiten aufgrund der mangelnden Erschwinglichkeit von Wohnraum in den Städten weiter zurück. Dies hat messbare negative Auswirkungen auf die regionale Wirtschaftsleistung und verursacht einen erheblichen CO2-Fußabdruck. Die Wohnkosten belaufen sich auf über 40 % des Haushaltseinkommens, wodurch das allgemeine Wirtschaftswachstum und die Entwicklung lokaler Unternehmen gebremst und die Wirksamkeit anderer kohäsionspolitischer Investitionen zur Ankurbelung der Wirtschaftstätigkeit verringert wird.

4.3.

Durch die Wohnungskrise entstehen Beschäftigungshindernisse, da systemrelevante Arbeitskräfte und Dienstleister aus den teuren Wohngegenden verdrängt werden, was zu Personalengpässen in wichtigen Sektoren wie dem Gesundheits- und Bildungswesen, Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und dem öffentlichen Dienst führt. Innovation wird behindert, da Jungunternehmer und Angestellte von Start-ups es sich nicht leisten können, an den Orten zu leben, in denen Innovation stattfindet, was dem Schwerpunkt der Kohäsionspolitik auf Innovation und intelligenter Spezialisierung als Triebkräfte der regionalen Konvergenz zuwiderläuft. Haushalte und regionale Volkswirtschaften werden durch die hohen Wohnkosten anfälliger für wirtschaftliche Schocks, wie sich während der Pandemie gezeigt hat, wodurch die Widerstandsfähigkeit untergraben wird, die dank der Kohäsionspolitik aufgebaut werden soll.

Territorialer Zusammenhalt und regionale Entwicklung

4.4.

Die Wohnungskrise tritt in den einzelnen europäischen Gebieten auf unterschiedliche Weise zu Tage, und die „House4All“-Daten von ESPON zeigen große Unterschiede zwischen städtischen Zentren, Randgebieten und ländlichen Gebieten auf. Diese Unterschiede spiegeln umfassendere Muster der territorialen Ungleichheit wider, die mit der Kohäsionspolitik angegangen werden sollen, und verstärken diese. Die jüngste Krise bei den Lebenshaltungskosten hat das Ausmaß der Herausforderungen im Wohnungswesen über den herkömmlichen sozialen Wohnungsbau hinaus erheblich vergrößert; mittlerweile fehlt erschwinglicher Wohnraum auch für Haushalte mit mittlerem Einkommen, insbesondere in Wirtschaftszentren und Metropolregionen. Die Kohäsionspolitik sollte als Schlüsselinstrument für die Umsetzung dieser Empfehlungen des Pakts von Amsterdam dienen, insbesondere in Bezug auf bessere rechtliche Rahmenbedingungen und die Finanzierungsmodelle für erschwinglichen Wohnraum in städtischen Gebieten.

4.5.

Die wirtschaftliche Konzentration in den Ballungsräumen hat dort zu einem extrem angespannten Wohnungsmarkt geführt, während es in Regionen mit Bevölkerungsrückgang Leerstand gibt, was die territoriale Polarisierung noch verstärkt. Probleme bei der Erschwinglichkeit betreffen mittlerweile Haushalte mit mittlerem Einkommen in Wachstumsgebieten, während ländliche Gebiete trotz niedrigerer Preise mit einer Verschlechterung der Qualität des Wohnraums konfrontiert sind. Inseln, Bergregionen und Gebiete in äußerster Randlage stehen vor besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit begrenzt verfügbarem Land und Druck durch Tourismus. Sie erfordern besondere Aufmerksamkeit gemäß Artikel 174 AEUV, ebenso wie grenzüberschreitende Regionen mit ihrer einzigartigen Dynamik auf dem Wohnungsmarkt.

4.6.

Probleme bei der Erschwinglichkeit von Wohnraum machen vor administrativen Stadtgrenzen nicht halt und betreffen funktionale städtische Gebiete, was koordinierte Konzepte für Ballungsräume erfordert. Der Schwerpunkt der Städteagenda auf der Multi-Level-Governance bildet diesbezüglich einen guten Ansatzpunkt. Mittelgroße Städte bieten potenzielle Lösungen für die Wohnungskrise, wenn sie mit angemessenen Investitionen und Konnektivität sowie Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unterstützt werden. Dort gibt es noch erschwinglichen Wohnraum und wirtschaftliche Möglichkeiten; sie stellen eine ungenutzte Ressource in territorialen Entwicklungsstrategien dar und können die überhitzten großstädtischen Wohnungsmärkte entlasten.

4.7.

Der Mangel an erschwinglichem Wohnraum ist in den wirtschaftlich erfolgreichen Metropolen am akutesten. Paradoxerweise sorgt das Wirtschaftswachstum in diesen Gebieten häufig dafür, dass sich bezahlbarer Wohnraum zusätzlich verknappt. So wird der Wohlstandsgewinn, den das Wachstum eigentlich schaffen sollte, ausgelöscht, da wichtige Arbeitskräfte ausgeschlossen werden und unhaltbare Lebensbedingungen für Haushalte mit mittlerem Einkommen entstehen. In beliebten Fremdenverkehrsgebieten herrscht ein besonderer Druck, der durch Zweitwohnungen und Kurzzeitvermietungen entsteht und den Wohnraum für die lokale Bevölkerung stark verteuert, was den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit untergräbt (5).

4.8.

Die Anziehung von Investitionen im Immobiliensektor im Rahmen von Programmen für „goldene Visa“ hat nachweislich in mehreren Mitgliedstaaten erhebliche nachteilige Auswirkungen auf bestimmte Segmente der Immobilienmärkte gezeitigt (6).

4.9.

Obdachlosigkeit ist zu einem großen sozialen Problem geworden, das zunehmend Arbeitnehmer betrifft, deren Einkommen für den Zugang zu Wohnraum unzureichend ist. Damit sind Arbeitnehmer zur am schnellsten wachsenden Gruppe von Obdachlosen in Europa geworden (7). Der EWSA hat in seiner Stellungnahme im Dezember 2023 verabschiedeten Stellungnahme (8) eine EU-Strategie zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit gefordert, die auch die Einbeziehung der Europäischen Plattform zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit (EPOCH) in das Europäische Semester umfassen würde, und wurde hierin durch eine Empfehlung des Rates unterstützt. Dies erfordert unterschiedliche Wohnverhältnisse, die eine soziale Mischung ermöglichen, sowie wirksamere Tarifverhandlungen, um existenzsichernde Löhne zu gewährleisten.

4.10.

Die Erfahrungen und bewährten Verfahren der nationalen, regionalen und lokalen Behörden, die sich für die Entwicklung erschwinglicher Sozialwohnungen in der gesamten EU einsetzen, um auch langfristig für erschwinglichen Wohnraum zu sorgen, sollten unbedingt berücksichtigt werden. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das französische Modell, bei dem private Mittel von individuellen Sparkonten für langfristige, zinslose Darlehen für den sozialen Wohnungsbau verwendet werden, deren Preis dauerhaft niedrig gehalten wird. Im dänischen Modell werden private Mittel für Umlauffonds für die Instandhaltung und Renovierung von Sozialwohnungen eingesetzt, deren Preis ebenfalls permanent niedrig gehalten wird. Die finnische „Housing First“-Politik ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Obdachlosigkeit reduziert und die Wohnbedingungen für schutzbedürftige Gruppen deutlich verbessert werden können (9). Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten daher nachdrücklich auf, den Verpflichtungen aus der Erklärung von Lissabon nachzukommen und den Grundsatz „Housing First“ in ihre nationalen Strategien aufzunehmen.

Investitions- und Finanzinstrumente

4.11.

Wie in den vorbereitenden Dokumenten hervorgehoben wird, werden im Rahmen der Kohäsionspolitik derzeit rund 7,5 Milliarden EUR für wohnungsbezogene Investitionen bereitgestellt, die sich mit der nationalen Kofinanzierung auf 10,5 Milliarden EUR summieren. Der Vorschlag von Kommissionsmitglied Raffaele Fitto, die kohäsionspolitischen Investitionen in erschwinglichen Wohnraum zu verdoppeln, bietet eine große Chance. Allerdings bedarf es innovativer finanzieller Ansätze und der strategischen Zuweisung von Ressourcen innerhalb des kohäsionspolitischen Rahmens, um die Wirkung zu maximieren. Die Mittel müssen finanziell solide und auch öffentlichen Sozialwohnungsbetrieben und gemeinnützigen Wohnungsanbietern, einschließlich Genossenschaften und Wohnungsbauvereinen, zugänglich sein. Im Investitionsbericht der EIB wird die jährliche Investitionslücke bei erschwinglichem Wohnraum auf 270 Milliarden EUR geschätzt, und es wird festgestellt, dass allein in diesem Jahr eine Million Wohnungen zu wenig gebaut wurden und Europa jährlich 5 Millionen Wohneinheiten renovieren müsste. Die Kohäsionspolitik allein kann diese Lücke zwar nicht schließen, sie sollte jedoch als wichtigster Koordinierungsrahmen für die Mobilisierung zusätzlicher Ressourcen dienen, wobei der EIB und den nationalen Förderbanken als Finanzpartner eine wichtige Rolle zukommt (10).

4.12.

Investitionen in erschwinglichen, barrierefreien und nachhaltigen Wohnraum sollten eine strategische Priorität für die EU-Kohäsionsfonds nach 2027 sein. Zu diesem Zweck sollte es ein Konzept geben, das neben Sozialwohnungen auch erschwinglichen Wohnraum einbezieht und gleichzeitig dafür sorgt, dass Renovierungsmaßnahmen beibehalten werden. Alle Investitionen im Rahmen jeglicher Initiativen im Bereich der Energieeffizienz und anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit von Gebäuden sollten auch die Barrierefreiheit als Voraussetzung für eine Renovierung bzw. einen Neubau umfassen. Die Investitionen sollten zudem darauf abzielen, bestehende Immobilien im Rahmen von Renovierungen möglichst barrierefrei zu gestalten. Außerdem sollten die Kosten für zusätzliches Material unterstützt werden, damit Menschen mit Behinderungen ihre Wohnungen in vollem Umfang nutzen und strukturelle Hindernisse überwinden können. Die Finanzierung im Rahmen der Kohäsionspolitik könnte an Grundeigentum der öffentlichen Hand oder an gemeinnützige Genossenschaften geknüpft werden. Die Kohäsionspolitik könnte auf Landerwerbsgenossenschaften und kostenbasierte Wohnmodelle, die auf nationaler Ebene betrieben werden, ausgeweitet werden. Diese Konzepte sollten an die von der Klimakrise ausgehenden Risiken angepasst werden, und es muss auch Wohnraum gefördert werden, der den Folgen der Klimakrise standhalten kann, insbesondere in den Regionen und Gebieten, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind.

4.13.

Wie der AdR weiß auch der EWSA um die Bedeutung eines EU-Rechtsrahmens, um die mit der Wohnungskrise einhergehenden Herausforderungen zu bewältigen. Dies bedeutet, dass die EU die regulatorischen Mängel beheben muss, die in den Urteilen des EuGH (11) hervorgehoben werden, und durch die die Mitgliedstaaten bei der Finanzierung von Initiativen für sozialen und erschwinglichen Wohnraum eingeschränkt wurden. Ohne klare Rechtsvorschriften nimmt die Spekulation auf den Wohnungsmärkten weiter zu. Parallel dazu muss für die Transparenz von Immobilientransaktionen gesorgt und die Erteilung goldener Visa eingeschränkt werden.

4.14.

Eines der Haupthindernisse für die Finanzierung liegt in der Rechtsunsicherheit in Bezug auf die EU-Beihilfevorschriften für Investitionen in erschwinglichen Wohnraum, da der Begriff „Sozialwohnungen“ eng definiert ist. Der EWSA begrüßt die Zusage der Europäischen Kommission, die Vorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu überarbeiten und eine Definition des Begriffs „erschwinglicher Wohnraum“ aufzunehmen, die den Besonderheiten der Mitgliedstaaten und der Notwendigkeit einer besseren Definition des Begriffs „sozialer Wohnungsbau“ Rechnung trägt (12). Diese Definitionen müssen in den Programmen des EFRE und des Kohäsionsfonds durchgängig verwendet werden. Der EWSA ist der Auffassung, dass ein wichtiges Instrument zur Überwindung der Krise bei erschwinglichem Wohnraum darin besteht, die Synergien und die Kombination von Finanzierungsinstrumenten aus den verschiedenen Fondstypen zu nutzen, die zusammengeführt werden, um der Allgemeinheit erschwinglichen Wohnraum zu verschaffen.

4.15.

Mittel aus dem EFRE, dem Kohäsionsfonds und dem ESF+ könnten auch für erschwinglichen Wohnraum verwendet werden, obwohl eine Überprüfung (13) des EFRE, der Kohäsionsfondsverordnung und der Verordnung zur Einrichtung des Fonds für einen gerechten Übergang, einschließlich des EFRE+, erforderlich ist, um sicherzustellen, dass sie Investitionen stärker unterstützen. Hierbei sollte der Schwerpunkt auf verbesserter Energieeffizienz und erschwinglichem Wohnraum liegen und geprüft werden, wie die Nutzung erneuerbarer Energiequellen bei neuen Bauprojekten und die Grundstückerschließung optimiert werden können.

4.16.

Der EWSA begrüßt die EU-Plattform für erschwinglichen Wohnraum, an der auch die EIB mitwirkt und mit der private Investitionen vor Ort mobilisiert und Beratungsdienste für Bürgerinnen und Bürger sowie für Regionen angeboten werden sollen, um die Bauvorhaben von der Planung bis über die Fertigstellung hinaus in enger Zusammenarbeit mit der EIB und lokalen Behörden betreuen zu können. Dies ist ein Instrument, mit dem die offenkundig mangelnde Wirksamkeit der nationalen Maßnahmen zur Förderung der Finanzierung des Wohnungsmarkts behoben werden kann (14). In diesem Zusammenhang ist der EWSA der Auffassung, dass für EIB-Darlehen für sozialen Wohnungsbau ein Zinssatz von 0 % gelten sollte. In Kombination mit dieser Maßnahme wäre die Wirksamkeit noch größer, wenn Darlehen, Bürgschaften und Eigenmittel für erschwinglichen Wohnraum für Staaten im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts und des Europäischen Semesters nicht als Schulden gelten, wie dies auch in der jüngsten EWSA-Stellungnahme (15) und im ersten Bericht des REGI-Ausschusses des Parlaments gefordert wird.

4.17.

Da für das Wohnungswesen die Mitgliedstaaten zuständig sind, empfiehlt der EWSA einen strategischen Einsatz der Mittel, um den Wirkungsgrad zu erhöhen. In diesem Zusammenhang sollten Mittel der Europäischen Kommission bereitgestellt werden, um die Transparenz zu verbessern und den Bedarf zu ermitteln. Da die aktuellen Informationen sich hauptsächlich auf einzelne Projekte beziehen, anstatt einen Überblick über die Mittelzuweisungen für Wohnraum im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität zu geben, bedarf es klarer Daten über Mittelzuweisungen.

4.18.

Die Wohnungspolitik der EU kann nur funktionieren, wenn sie auf zuverlässigen Daten beruht. Dies erfordert ein statistisches Instrument auf EU-Ebene, das alle wichtigen und operativen Daten enthält, die für die Konzipierung, Umsetzung und Überwachung der Wohnungspolitik benötigt werden. Daher sollte auf EU-Ebene ein statistisches Instrument entwickelt und optimiert werden, um alle relevanten und operativen Daten zu liefern, die für die Konzipierung, Umsetzung und Überwachung wohnungspolitischer Maßnahmen unerlässlich sind, und so die Transparenz zu verbessern und zur Bekämpfung von Spekulation und Geldwäsche auf dem Wohnungsmarkt beizutragen, die sich im letzten Jahrzehnt als Problem erwiesen haben.

4.19.

Viele Regionen, insbesondere diejenigen mit schwachen Finanz- und Verwaltungskapazitäten, tun sich schwer damit, die verfügbaren Kohäsionsmittel für den Wohnungsbau wirksam auszuschöpfen. Hierfür bedarf es spezifischer technischer Hilfe und des Aufbaus von Kapazitäten, und zwar in größerem Ausmaß als bisher. Der von der EIB vorgeschlagene Mischfinanzierungsansatz zur Mobilisierung von Kohäsionsmitteln für Wohnungsbauprojekte stellt eine vielversprechende Lösung dar, erfordert jedoch eine Vereinfachung und Standardisierung, um seine Akzeptanz zu erhöhen.

4.20.

Die Beihilfevorschriften und die Definitionen von DAWI lassen nur beschränkt öffentliche Investitionen in erschwinglichen Wohnraum zu, die über den eng definierten sozialen Wohnungsbau hinausgehen. Diese Vorschriften müssen dringend überarbeitet werden, um eine wirksamere öffentliche Intervention durch Kohäsionsinstrumente zu ermöglichen.

4.21.

Die Wohnungswirtschaft benötigt innovative Finanzprodukte, mit denen begrenzte öffentliche Mittel gehebelt werden können, um privates Kapital anzuziehen und gleichzeitig die langfristige Bezahlbarkeit zu gewährleisten. Die finanztechnischen Möglichkeiten der Kohäsionspolitik, die insbesondere den Finanzinstrumenten innewohnen, bieten ein erhebliches Potenzial zur Deckung des Wohnraumbedarfs. Investitionen in erschwinglichen Wohnraum bringen aufgrund der Schaffung von Arbeitsplätzen, geringerer öffentlicher Ausgaben für Notunterkünfte, besserer Gesundheitsergebnisse und einer höheren Produktivität erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Diese Vorteile sollten bei den kohäsionspolitischen Kosten-Nutzen-Analysen und Programmplanungsentscheidungen berücksichtigt werden.

4.22.

Es ist unerlässlich, leer stehende Wohnungen einer erneuten Nutzung zuzuführen. Wieder auf den Wohnungsmarkt gebracht werden könnten diese Wohnungen durch Instrumente, die sich in einigen Kontexten als effizient erwiesen haben, wie z. B. eine Steuerkategorie für ungenutzte oder leer stehende Wohnungen, raumplanerische Instrumente, die Besteuerung von Umwidmungsgewinnen und die Umwidmung für den gemeinnützigen Wohnbau, oder steuerliche Anreize für die Renovierung leer stehender Wohnungen.

4.23.

Der Grundsatz, dass Wohnraum erschwinglich und nachhaltig sein soll, bedeutet auch, dass die Entwicklung neuen Wohnraums nicht zulasten der natürlichen oder sozialen Umwelt gehen darf. Der Sanierung von veralteten Wohngebäuden oder der Umwidmung alter Gewerbegebäude sollte Vorrang vor dem Bau neuer Wohngebäude eingeräumt werden.

4.24.

Wohnungsbauinvestitionen erfordern geduldiges Kapital und langfristige Finanzierungshorizonte, die der Eigenschaft von Wohnraum als Infrastruktur und nicht als Wirtschaftsgut entsprechen. Dies erfordert Finanzinstrumente mit längeren Laufzeiten als die, die üblicherweise auf gewinnorientierten Märkten verfügbar sind, was die EIB zu einem idealen Partner für die Kohäsionspolitik in diesem Bereich macht. Finanzinstrumente, deren Renditen reinvestiert werden, können nachhaltige Finanzierungsmechanismen für den Wohnungsbau schaffen, die über Programmzyklen hinausgehen. Der Rahmen für kohäsionspolitische Finanzinstrumente sollte erweitert werden, um mehr Raum für Investitionen in den Wohnungsbau zu schaffen, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf Fonds für eine nachhaltige Stadtentwicklung liegen sollte, wie es der Ausschuss der Regionen vorgeschlagen hat.

4.25.

Der Reform- und Investitionsansatz im nächsten MFR bietet vielversprechende Möglichkeiten zur Bewältigung der Krise bezüglich erschwinglichen Wohnraums, insbesondere wenn die Kohäsionsmittel mit den notwendigen Strukturreformen verzahnt werden können. Durch die Verknüpfung von Investitionen in den Wohnungsbau mit der Straffung der Genehmigungsverfahren (16), der Flächen- und Landnutzungsvorschriften (um sicherzustellen, dass es bestimmte Anforderungen in Bezug auf gemeinnützigen Wohnraum gibt) und der Vorschriften über staatliche Beihilfen sowie durch die Bewältigung des Arbeitskräftemangels in der Bau- und Renovierungsbranche (17) könnte die EU gleichzeitig die Angebotsengpässe und die Finanzierungslücken angehen.

4.26.

Die Umsetzung ist jedoch nach wie vor mit erheblichen Problemen verbunden. Wenn die Finanzierung von spezifischen Reformen abhängig gemacht wird, könnte dies zu Engpässen in Regionen führen, in denen es den Behörden an Kapazitäten oder am politischen Willen zur Umsetzung von Änderungen mangelt. Die Wohnungsmärkte und der Wohnungsbedarf sind in der EU und sogar innerhalb der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich, weshalb die Europäische Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und im Einklang mit der im Rahmen des Europäischen Semesters entwickelten Praxis einen maßgeschneiderten Ansatz entwickeln muss, um den Besonderheiten der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Darüber hinaus wirft die Leistungsbasiertheit Fragen nach geeigneten Parametern auf, da sich Ergebnisse im Wohnungsbau oft über längere Zeiträume als Programmzyklen entwickeln, wodurch die Gefahr besteht, dass Anreize für schnelle, jedoch nicht nachhaltige Lösungen geschaffen werden.

4.27.

Im nächsten MFR könnte der Wohnungsbau ausdrücklich als Faktor der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit anerkannt und in den Anwendungsbereich des Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit integriert werden, indem Wohnungsbaumaßnahmen mit der Effizienz des Arbeitsmarktes und der Entwicklung von Innovationsökosystemen verknüpft werden. Investitionen in erschwinglichen Wohnraum für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen sollten hierbei als Priorität betrachtet werden. Ein bestimmter Prozentsatz der Mittel aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) sollte für nationale und regionale Wohnungsbaustrategien zweckgebunden und mit traditionellen kohäsionspolitischen Programmen verknüpft werden.

4.28.

Im besonderen Fall der Kohäsionsregionen muss im Rahmen integrierter territorialer Entwicklungsstrategien der Tatsache Rechnung getragen werden, dass bei Interventionen für erschwinglichen Wohnraum der unmittelbare Bedarf sorgfältig mit langfristigen Entwicklungszielen in Einklang gebracht werden muss. Obwohl die Erschwinglichkeit von Wohnraum für den territorialen Zusammenhalt und die Mobilität der Arbeitskräfte entscheidend ist, besteht die Gefahr, dass der Wohnungsbau zu einem weiteren Bereich wird, für den Mittel von den Hauptprioritäten für die Konvergenz abgezweigt werden. Der Erfolg hängt letztlich davon ab, ob das richtige Gleichgewicht zwischen notwendigen Reformen und flexiblen Investitionsstrategien gefunden wird, bei denen die doppelte Bedeutung von Wohnraum für den sozialen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Entwicklung anerkannt und gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Engpässe auf dem Wohnungsmarkt die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas insgesamt nicht untergraben.

Brüssel, den 17. Juli 2025

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Oliver RÖPKE


(1)   Rising housing costs in the EU: the facts (infographics): https://www.europarl.europa.eu/topics/en/article/20241014STO24542/rising-housing-costs-in-the-eu-the-facts-infographics#:~:text=If%20housing%20costs%20are%20above,40%25%20of%20their%20disposable%20income.

(2)   [HOUSE4ALL] Access to affordable and quality housing for all people : https://www.espon.eu/projects/access-affordable-and-quality-housing-all-people-house4all.

(3)   How many months of salary do you need to buy a house in Europe? : https://www.euronews.com/business/2024/12/27/how-many-months-of-salary-do-you-need-to-buy-a-house-in-europe.

(4)   https://ec.europa.eu/regional_policy/sources/reports/cohesion9/DE_9CR_Highlights.pdf.

(5)   Cities start fighting rental crisis triggered by overtourism : https://www.dw.com/en/cities-start-fighting-rental-crisis-triggered-by-overtourism/a-70228085.

(6)   Greek Real Estate Market Not Happy with Golden Visa Program Changes : https://news.gtp.gr/2024/10/24/greek-real-estate-market-not-happy-with-golden-visa-program-changes/.

(7)   9th Overview of housing exclusion in Europe : https://www.feantsa.org/public/user/Activities/events/2024/9th_overview/Executive_summary.pdf.

(8)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „EU-Rahmen für nationale Strategien zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit auf der Grundlage des Grundsatzes ‚Housing First‘ “ (Initiativstellungnahme) (ABl. C, C/2024/1567, 5.3.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2024/1567/oj).

(9)   Finnland: https://housingfirsteurope.eu/country/finland/.

(10)   Entwurf eines Berichts über die Finanztätigkeit der Europäischen Investitionsbank — Jahresbericht: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/ECON-PR-770192_DE.pdf.

(11)  Rechtssache T-202/10: Klage, eingereicht am 29. April 2010 — Stichting Woonlinie u. a./Kommission ( ABl. C 179 vom 3.7.2010, S. 50).

(12)   Staatliche Beihilfen — Überarbeitung der Vorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, Europäische Kommission –https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/14708-State-aid-revision-of-the-rules-on-services-of-general-economic-interest_en.

(13)   https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10014-2025-INIT/de/pdf.

(14)   EU-Kommission und EIB-Gruppe lancieren europäische Investitionsplattform für bezahlbaren, nachhaltigen Wohnraum: https://www.eib.org/fr/press/all/2025-123-eib-group-and-european-commission-lay-foundations-for-a-new-pan-european-investment-platform-for-affordable-and-sustainable-housing.

(15)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses — Sozialer Wohnungsbau in der EU — menschenwürdiger, nachhaltiger und erschwinglicher Wohnraum (Initiativstellungnahme) (ABl. C, C/2025/771, 11.2.2025, ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2025/771/oj).

(16)  Europäische Investitionsbank, Investitionsbericht 2024-25 Innovation, Integration and Simplification in Europe.

(17)   European Labour Authority, Labour shortages and surpluses in Europe 2023 : https://www.ela.europa.eu/en/publications/labour-shortages-and-surpluses-europe-2023.


ELI: http://data.europa.eu/eli/C/2025/5153/oj

ISSN 1977-088X (electronic edition)


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