Die Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom in der Union ist in der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (im Folgenden die „Energiebesteuerungsrichtlinie“ oder „Richtlinie“) geregelt.
Gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Richtlinie kann der Rat zusätzlich zu den insbesondere in den Artikeln 5, 15 und 17 festgelegten Bestimmungen einstimmig auf Vorschlag der Kommission einen Mitgliedstaat ermächtigen, aufgrund besonderer politischer Erwägungen weitere Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen einzuführen.
Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten, Steuerermäßigungen oder -befreiungen für elektrischen Strom zur Verwendung als Kraftstoff für den Personen- und Gütertransport im Eisenbahn-, U-Bahn-, Straßenbahn- und Oberleitungsbusverkehr zu gewähren. Allerdings gibt es keine Bestimmung, die eine Steuerermäßigung für elektrischen Strom zur Verwendung durch andere Elektrofahrzeuge als Oberleitungsbusse erlauben würde.
Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2016/2266 des Rates wurden die Niederlande bereits ermächtigt, bis zum 31. Dezember 2020 einen ermäßigten Steuersatz auf Strom anzuwenden, der an Ladestationen für Elektrofahrzeuge geliefert wird.
Ziel dieses Vorschlags ist es, den Niederlanden zu ermöglichen, wie beantragt, ab dem 1. Januar 2021 und bis zum 1. Januar 2025 weiterhin einen ermäßigten Steuersatz auf Strom anzuwenden, der an Ladestationen für Elektrofahrzeuge geliefert wird. Damit sollen die Nutzung sauberer Verkehrsmittel weiterhin gefördert sowie die lokale Luftverschmutzung und die verkehrsbedingten CO2-Emissionen gesenkt werden.
Mit Schreiben vom 30. März 2020 und im anschließenden Schriftverkehr teilten die niederländischen Behörden der Kommission gemäß Artikel 19 der Richtlinie mit, dass sie beabsichtigen, auf einen Jahresstromverbrauch von bis zu 10 MWh pro Ladestation für Elektrofahrzeuge einen ermäßigten Steuersatz von 51,64 EUR pro MWh anzuwenden. Ein Verbrauch von 10 bis 50 MWh soll mit einem Steuersatz von 51,64 EUR, ein Verbrauch von 50 bis 10 000 MWh mit einem Steuersatz von 13,75 EUR und ein Jahresverbrauch von über 10 000 MWh mit einem Steuersatz von 0,56 EUR belegt werden. Bei Ladestationen, die nicht den Steuersätzen für eine betriebliche Verwendung unterliegen, soll ein Jahresverbrauch von über 10 000 MWh mit einem Steuersatz von 1,13 EUR belegt werden. Dieser Gesamtsteuersatz liegt über dem in der Richtlinie 2003/96/EG festgelegten Mindeststeuersatz für elektrischen Strom zur betrieblichen Verwendung. Der nationale Steuersatz, der derzeit auf die ersten 10 MWh des Jahresverbrauchs von Strom zum Aufladen von Elektrofahrzeugen erhoben wird, würde sich auf 94,28 EUR pro MWh belaufen; das ist der nationale Steuersatz, der auf diese Stromverbrauchsmenge zur betrieblichen oder privaten Verwendung erhoben wird. Gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2003/96/EG wird Strom in den Niederlanden derzeit je nach der Verbrauchsmenge mit gestaffelten nationalen Steuersätzen belegt.
Am 20. November 2020 hat die Kommission zusätzliche Angaben von den Niederlanden in dieser Angelegenheit erhalten.
In den Niederlanden soll weiterhin der ermäßigte Steuersatz auf Strom zur Aufladung elektrischer Fahrzeuge an speziellen öffentlichen und, in einigen Fällen, privaten oder betrieblichen Ladestationen für Elektrofahrzeuge gelten. Diese Ladestationen haben in der Regel einen direkten Anschluss an das Stromnetz. Die Betreiber der Ladestationen und die zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes berechtigten natürlichen oder juristischen Personen werden zur Abgabe einer Erklärung an den Stromversorger verpflichtet sein, in der sie versichern müssen, dass der Netzanschluss ausschließlich der Aufladung von Elektrofahrzeugen dient. Im Antrag der Niederlande werden Ladestationen, bei denen das Laden mit Austausch der Batterien erfolgt, von der Ermäßigung ausgenommen.
Der Gesamtsteuersatz einschließlich des ermäßigten Steuersatzes für die ersten 10 MWh des Jahresverbrauchs jeder Einheit läge erheblich über dem in Anhang I Tabelle C der Richtlinie 2003/96/EG des Rates festgelegten Mindeststeuerbetrag.
Nach Angaben der niederländischen Behörden wäre der Betreiber einer Ladestation, der einen ermäßigten Steuersatz auf den Strom für seine Ladestationen anwenden möchte, zur Abgabe einer Erklärung beim Energieversorger verpflichtet, in der er erläutert, welche Netzanschlüsse ausschließlich für die Aufladung von Elektrofahrzeugen bestimmt sind. Die Maßnahme würde nur für den Strom gelten, der an die bestimmten Anschlüsse geliefert wird. Darüber hinaus muss der Betreiber einer Ladestation den Energieversorger informieren, wenn er mit finanziellen Problemen kämpft und im Einklang mit den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (2014/C 249/01) eine Beihilfe beantragen könnte. In diesem Fall darf der Versorger den ermäßigten Energiesteuersatz auf Strom nicht mehr anwenden.
Der sich aus dem ermäßigten Energiesteuersatz ergebende Vorteil wird von der Menge der Kilowattstunden abhängen. Wie von den niederländischen Behörden hervorgehoben wird, wird auf der Grundlage einer auf nationaler Ebene in Auftrag gegebenen Studie für das Jahr 2020 eine durchschnittliche Versorgung von 3900 kWh pro Ladestation geschätzt. In diesem Fall wird der maximale Vorteil pro Ladestation im Jahr 2020 auf 289 EUR pro Jahr geschätzt. Dieser Vorteil wird zunehmen, wenn die Standardenergiesteuer steigt. Zudem kann eine Ladestation in der Praxis 12 000 kWh pro Jahr liefern. Dies ergibt einen erwarteten maximalen Gesamtvorteil von 815 EUR im Jahr 2020. Die Anzahl der Ladestationen pro Begünstigtem ist unterschiedlich.
Nach Angaben der niederländischen Behörden gibt es derzeit etwa 40 Betreiber von Ladestationen in den Niederlanden.
Von der Maßnahme können alle EU-Betreiber diskriminierungsfrei Gebrauch machen. Das Herkunftsland des Betreibers der Ladestation ist keine Voraussetzung für den sich aus der Maßnahme ergebenden Anspruch. Auch Transportunternehmen oder Haushalte, die eine Ladestation besitzen, könnten von der Maßnahme profitieren, sofern sie die oben genannten Voraussetzungen erfüllen.
Wie in dem Antrag hervorgehoben wird, hat eine vom niederländischen Verkehrsministerium in Auftrag gegebene Studie gezeigt, dass es derzeit in vielen Fällen noch keinen positiven wirtschaftlichen Anreiz für öffentliche Ladestationen gibt. Dies stellt ein Hindernis für die Entwicklung einer öffentlichen Ladeinfrastruktur und die Nutzung von Elektroautos dar. Ziel der Maßnahme ist es, die Wirtschaftlichkeit öffentlicher Ladestationen weiterhin zu verbessern, was die Nutzung von Elektroautos attraktiver machen würde und der Umwelt förderlich wäre. Ein rascher Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur ist von entscheidender Bedeutung für den Übergang von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, die meist mit fossilen Energieträgern betrieben werden, zu Elektrofahrzeugen. Eine gut entwickelte Infrastruktur ist notwendig, wenn Elektrofahrzeuge eine praktikable Alternative zu traditionellen Straßenverkehrsmitteln werden sollen. Das ist wegen des Nutzens des Übergangs zu Elektrofahrzeugen für die Umwelt wichtig. Elektrofahrzeuge produzieren im Allgemeinen weniger CO2-Emissionen und lokale Luftschadstoffe (PM10, NOx) als Fahrzeuge, die mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden. Nach Angaben der niederländischen Behörden lag der Kohleanteil an der Stromerzeugung im Jahr 2019 bei 14 %. Es wird erwartet, dass dieser Prozentsatz im Jahr 2030 bei 0 % liegen wird. Im Jahr 2019 lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix in den Niederlanden bei 18 %; er soll im Jahr 2025 bei 58 % und im Jahr 2030 bei 75 % liegen.
In dem Antrag wird hervorgehoben, dass der Betreiber der Ladestation entscheiden können soll, ob er den sich aus der Maßnahme ergebenden Vorteil (zum Teil) in Form einer Preissenkung an seine Kunden weitergeben will. In diesem Fall würden die Kosten für Besitzer von Elektrofahrzeugen durch niedrigere Betriebskosten gesenkt. Damit wird für Verbraucher ein Anreiz geschaffen, statt eines mit fossilen Kraftstoffen betriebenen neuen Autos ein neues Elektroauto zu wählen. Ein weiterer positiver Effekt der niedrigeren Ladetarife besteht darin, dass für Besitzer von aufladbaren Hybridfahrzeugen, die sowohl mit Strom als auch mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden können, ein Anreiz geschaffen wird, anstelle von fossilen Kraftstoffen Strom zu tanken.
Die Dauer der Anwendung der Ausnahmeregelung sollte grundsätzlich lang genug sein, um den Stromversorgern sowie natürlichen oder juristischen Personen weiterhin Rechtssicherheit zu bieten. Die Niederlande haben statt der maximal möglichen sechs Jahre eine Verlängerung von vier Jahren beantragt. Unter diesen Umständen erscheint es zweckmäßig, die Ermächtigung dem richtlinienkonformen Antrag der Niederlande entsprechend für vier Jahre zu erteilen.