EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 11.8.2022
COM(2022) 394 final
2022/0234(NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union im Europäischen Ausschuss zur Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt und in der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt in Bezug auf die Annahme von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt zu vertreten ist
BEGRÜNDUNG
1.Gegenstand des Vorschlags
Vorgeschlagen wird ein Beschluss zur Festlegung des Standpunkts, der im Namen der Union in der Sitzung des Europäischen Ausschusses zur Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt (Comité Européen pour l’Élaboration de Standards dans le Domaine de Navigation Intérieure, CESNI) am 13. Oktober 2022 und auf der Plenartagung der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) am 8. Dezember 2022 in Bezug auf die geplante Annahme des Europäischen Standards der technischen Vorschriften für Binnenschiffe (European Standard laying down Technical Requirements for Inland Navigation vessels, ES-TRIN) 2023/1 und des Europäischen Standards für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (European Standard for River Information Services, ES-RIS) 2023/1 zu vertreten ist.
2.KONTEXT DES VORSCHLAGS
2.1.ZRK und CESNI
Die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) ist eine internationale Organisation mit Regelungsbefugnissen für die Binnenschifffahrt auf dem Rhein. Zu den Vertragsstaaten der ZKR gehören vier Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande) und die Schweiz.
Die Revidierte Rheinschifffahrtsakte, die am 17. Oktober 1868 in Mannheim unterzeichnet wurde, legt den Rechtsrahmen für die Nutzung des Rheins als Binnenschifffahrtsstraße und die Aufgaben der ZKR fest. Der derzeit geltenden Fassung der Akte liegt das Übereinkommen zur Änderung der Revidierten Rheinschifffahrtsakte zugrunde, das am 20. November 1963 verabschiedet wurde und am 14. April 1967 in Kraft trat. Zweimal jährlich finden Plenartagungen statt. An diesen Tagungen nehmen Vertreter der ZKR-Mitgliedstaaten teil. Die Plenartagung ist das Beschlussfassungsorgan der ZKR. Sie nimmt die Beschlüsse der Zentralkommission an. Jeder Staat hat eine Stimme, Beschlüsse werden einstimmig gefasst. Die Beschlüsse sind rechtsverbindlich. Die EU ist kein Mitglied der ZKR.
Im Jahr 2015 nahm die ZKR einen Beschluss zur Einrichtung des Europäischen Ausschusses zur Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt (Comité Européen pour l’Élaboration de Standards dans le Domaine de Navigation Intérieure, CESNI) an. Zu den Aufgaben dieses Ausschusses zählen die Verabschiedung technischer Standards in verschiedenen Bereichen, namentlich den Bereichen Binnenschiffe, Informationstechnologie und Besatzung, die einheitliche Auslegung dieser Standards und der entsprechenden Verfahren sowie Beratungen über die Sicherheit der Schifffahrt, den Umweltschutz und andere Schifffahrtsthemen.
Der CESNI setzt sich aus Sachverständigen zusammen, die die stimmberechtigten Mitgliedstaaten der ZKR und der EU vertreten, wobei jeder Staat über eine Stimme verfügt. Die EU ist kein Mitglied des CESNI. Sie kann sich jedoch – ebenso wie andere internationale Organisationen, deren Aufgaben sich auf die Zuständigkeitsbereiche des CESNI erstrecken – ohne Stimmrecht an den Arbeiten des CESNI beteiligen.
2.2.Die vorgesehenen Akte des CESNI und der ZKR
Der CESNI wird voraussichtlich in seiner Sitzung am 13. Oktober 2022 den Europäischen Standard der technischen Vorschriften für Binnenschiffe (European Standards laying down Technical Requirements for Inland Navigation vessels, ES-TRIN) 2023/1 und den Europäischen Standard für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (European Standard for River Information Services, ES-RIS) 2023/1 annehmen.
ES-TRIN
Die erste Ausgabe des ES-TRIN (ES-TRIN 2015/1) wurde vom CESNI auf seiner Sitzung vom 28. September 2015 fertiggestellt und auf der Plenartagung des CESNI vom 26. November 2015 förmlich angenommen. Die folgenden Änderungen des ES-TRIN wurden vom CESNI angenommen:
1.ES-TRIN 2017/1 am 6. Juli 2017;
2.ES-TRIN 2019/1 am 8. November 2018;
3.ES-TRIN 2021/1 am 13. Oktober 2020.
Der ES-TRIN wird unter Berücksichtigung der Arbeit der CESNI-Arbeitsgruppen regelmäßig aktualisiert.
Eine regelmäßige Aktualisierung des ES-TRIN ist notwendig, um
·ein hohes Maß an Sicherheit in der Binnenschifffahrt zu gewährleisten;
·mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten (z. B. in Bezug auf Feuerlöschsysteme, Navigationsgeräte);
·die Kompatibilität mit dem Rechtsrahmen der EU sicherzustellen.
In den Jahren 2021 und 2022 haben die Sachverständigen des CESNI die neue Ausgabe des ES-TRIN (ES-TRIN 2023/1) ausgearbeitet.
Der ES-TRIN 2023/1 enthält verschiedene Änderungen, vor allem in Bezug auf
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Brennstoffe mit niedrigem Flammpunkt und Brennstoffzellen,
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Rettungswesten,
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Nachbehandlungssysteme,
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Abwassersammlung,
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Fest installierte Feuerlöschanlagen für den Objektschutz,
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Fahrgastschiffe,
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Sportfahrzeuge,
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Elektrische Antriebsmaschinen hinter dem Achterpiekschott,
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Reparatur von in Betrieb befindlichen Maschinen,
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Höhenverstellbare Steuerhäuser,
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Navigationsradaranlagen und Wendeanzeiger
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Aktualisierung der Bezugnahmen auf den ES-RIS 2023/1,
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Spezialanker mit verminderter Ankermasse.
Auf seiner Sitzung vom 13. April 2022 beschloss der CESNI, die Annahme des ES-TRIN 2023/1 auf die Tagesordnung seiner Sitzung am 13. Oktober 2022 zu setzen. Vor dieser Sitzung am 13. Oktober 2022 werden voraussichtlich nur noch formale und/oder geringfügige Änderungen am Entwurf des Standards vorgenommen. Der ES-TRIN 2023/1 wird auf der Website des CESNI (cesni.eu) veröffentlicht. Alle EU-Mitgliedstaaten haben (geschützten) Zugang zu den Entwürfen der genannten Standards.
Gemäß der Richtlinie (EU) 2016/1629 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 zur Festlegung technischer Vorschriften für Binnenschiffe, zur Änderung der Richtlinie 2009/100/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2006/87/EG wird der ES-TRIN 2023/1 in EU-Recht übertragen.
In Anhang II der Richtlinie (EU) 2016/1629 wird auf die vom CESNI angenommenen Standards Bezug genommen. Nach Artikel 31 Absatz 1 der genannten Richtlinie ist die Kommission befugt, delegierte Rechtsakte zur Anpassung des Anhangs II zu erlassen, um die Bezugnahme unverzüglich im Hinblick auf die neueste Ausgabe des ES-TRIN zu aktualisieren und deren Geltungsbeginn festzulegen.
Die ZKR wird einen Beschluss annehmen, mit dem die ZKR-Verordnungen durch Aufnahme einer Bezugnahme auf den ES-TRIN 2023/1 geändert werden.
Im Interesse der Kohärenz zwischen zwei bestehenden Regelwerken im Bereich der technischen Vorschriften für Binnenschiffe (ZKR und EU) muss gewährleistet sein, dass ihnen dieselben Standards zugrunde liegen. Sowohl im EU-Recht als auch in den ZKR-Verordnungen wird ab dem 1. Januar 2024 auf den ES-TRIN 2023/1 Bezug genommen.
ES-RIS
Die erste Ausgabe des ES-RIS (ES-RIS 2021/1) wurde auf der Plenartagung des CESNI vom 15. April 2021 förmlich angenommen; enthalten sind die folgenden technischen Standards für Binnenschifffahrtsinformationsdienste:
Teil I:
Standard — Elektronisches Kartendarstellungs- und Informationssystem für die Binnenschifffahrt
Teil II:
Standard — Verfolgungs- und -aufspürungssysteme in der Binnenschifffahrt
Teil III:
Standard — Betriebs- und Leistungsanforderungen, Prüfverfahren und geforderte Prüfergebnisse für Inland-AIS-Bordgeräte (Prüfstandard Inland-AIS)
Teil IV:
Standard — Elektronische Meldungen in der Binnenschifffahrt
Teil V:
Standard — Nachrichten für die Binnenschifffahrt
Der ES-RIS wird unter Berücksichtigung der Arbeit der CESNI-Arbeitsgruppen regelmäßig aktualisiert. Eine regelmäßige Aktualisierung des ES-RIS ist notwendig, um
–ein hohes Maß an Sicherheit in der Binnenschifffahrt zu gewährleisten;
–mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten;
–die Kompatibilität mit dem Rechtsrahmen der EU und internationalen Anforderungen sicherzustellen.
In den Jahren 2021 und 2022 haben die Sachverständigen des CESNI die neue Ausgabe des ES-RIS (ES-RIS 2023/1) ausgearbeitet. Im Zuges der Übersetzung und des Korrekturlesens in den Arbeitsgruppen wurden einige redaktionelle Verbesserungen vorgenommen. Auch die Formatierung des ES-RIS 2023/1 wurde geändert, wobei das Layout, die allgemeine Gliederung und die Anhänge vereinheitlicht wurden. Die Nummerierung der Artikel, Kapitel, Tabellen, Diagramme und Grafiken wurde überarbeitet. Auch in Bezug auf die innere Konsistenz und die Kohärenz zwischen den verschiedenen Teilen des Standards wurden einige Verbesserungen vorgenommen, womit der ES-RIS nun eine aktualisierte Gesamtgliederung besitzt:
Teil I:
Elektronisches Kartendarstellungs- und Informationssystem für die Binnenschifffahrt (Inland-ECDIS),
Teil II:
Schiffsverfolgung und -aufspürung in der Binnenschifffahrt
Teil III:
Nachrichten für die Binnenschifffahrt
Teil IV:
Elektronische Meldungen in der Binnenschifffahrt
Teil V:
Betriebs- und Leistungsanforderungen, Prüfverfahren und geforderte Prüfergebnisse für Inland-ECDIS (Prüfteil Inland-ECDIS)
Teil VI:
Betriebs- und Leistungsanforderungen, Prüfverfahren und geforderte Prüfergebnisse für Inland-AIS-Bordgeräte (Prüfstandard Inland-AIS)
Auf seiner Sitzung vom 13. April 2022 beschloss der CESNI, die Annahme des ES-RIS 2023/1 auf die Tagesordnung seiner Sitzung am 13. Oktober 2022 zu setzen. Vor dieser Sitzung am 13. Oktober 2022 werden voraussichtlich nur geringfügige Änderungen am Entwurf des Standards vorgenommen. Der ES-RIS 2023/1 wird auf der Website des CESNI (cesni.eu) veröffentlicht. Alle EU-Mitgliedstaaten haben (geschützten) Zugang zu den Entwürfen der genannten Standards.
Gemäß der Richtlinie 2005/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über harmonisierte Binnenschifffahrtsinformationsdienste (RIS) auf den Binnenwasserstraßen der Gemeinschaft wird der ES-RIS 2023/1 in EU-Recht übertragen. Dies erfolgt im Einklang mit der derzeit laufenden Überarbeitung der Richtlinie 2005/44/EG, deren Annahme für Mitte 2023 vorgesehen ist.
Die ZKR wird einen Beschluss annehmen, mit dem die ZKR-Verordnungen durch Aufnahme einer Bezugnahme auf den ES-RIS 2023/1 geändert werden.
Da der ES-TRIN 2023/1 Bezugnahmen auf den ES-RIS 2023/1 enthält, ist es wichtig, dass beide Standards vom CESNI auf seiner Sitzung am 13. Oktober 2022 angenommen werden.
3.Im Namen der Union zu vertretender Standpunkt
Der Beschluss zur Festlegung des Standpunkts der Union ist erforderlich, da die zu erlassenden Akte Rechtswirkung im Sinne von Artikel 218 Absatz 9 AEUV haben, insbesondere im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf einen Bereich des Unionsrechts, der gemäß Artikel 3 Absatz 2 AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fällt.
Die Aktualisierung des ES-TRIN und des ES-RIS war Gegenstand intensiver Vorbereitungen durch die Sachverständigen auf der Ebene des CESNI. In diesem Zusammenhang wurde ein breites Spektrum an Sachverständigen aus dem öffentlichen und privaten Sektor gehört. Während der Ausarbeitung des Standards haben die nachstehenden Fachsitzungen auf der Ebene des CESNI stattgefunden:
·Arbeitsgruppensitzungen von CESNI/PT (23.-24.6.2020, 22-23.9.2020, 17.-18.11.2020, 2.-3.3.2021, 23.-24.6.2022, 16.-17.11.2021 und 22.-23.2.2022) und CESNI/TI (28.6.-2.7.2021, 8.-10.9.2021, 14.-17.12.2021, 9.-10.3.2022)
·Ausschusssitzung (13.4.2022).
Die Sachverständigen gelangten auf diesen Sitzungen zu einer Einigung über die Standards für die Binnenschifffahrt.
Der vorgeschlagene Standpunkt der Union ist es, den ES-TRIN 2023/1 und den ES-RIS 2023/1 anzunehmen, da sie es ermöglichen, das höchste Sicherheitsniveau in der Binnenschifffahrt zu gewährleisten, den technischen Entwicklungen in diesem Sektor folgen und die Kompatibilität der Vorschriften für Schiffe und die Kompatibilität der Binnenschifffahrtsinformationsdienste in Europa sicherstellen.
4.Rechtsgrundlage
4.1.Verfahrensrechtliche Grundlage
4.1.1.Grundsätze
Artikel 218 Absatz 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht Beschlüsse vor „zur Festlegung der Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen hat“.
Artikel 218 Absatz 9 AEUV gilt unabhängig davon, ob die Union ein Mitglied des betreffenden Gremiums oder Vertragspartei der betreffenden Übereinkunft ist.
Der Begriff „rechtswirksame Akte“ erfasst auch Akte, die kraft völkerrechtlicher Regelungen, denen das betreffende Gremium unterliegt, Rechtswirkung entfalten. Darunter fallen auch Instrumente, die völkerrechtlich nicht bindend, aber geeignet sind, „den Inhalt der vom Unionsgesetzgeber … erlassenen Regelung maßgeblich zu beeinflussen“.
4.1.2.Anwendung auf den vorliegenden Fall
Sowohl der CESNI als auch die ZKR sind Gremien, die im Rahmen einer internationalen Übereinkunft, nämlich der Revidierten Rheinschifffahrtsakte (Mannheimer Akte), eingesetzt wurden.
Die vom CESNI verabschiedeten Regeln sind an sich nicht verbindlich; sie werden jedoch für die Mitglieder der ZKR verbindlich, sobald die ZKR ihr Regelwerk (Rheinschiffsuntersuchungsordnung, Rheinschifffahrtspolizeiverordnung) ändert, um eine Bezugnahme auf die vom CESNI angenommenen Standards darin aufzunehmen, und damit diese Standards im Rahmen der Anwendung der Revidierten Rheinschifffahrtsakte als verbindlich vorschreibt. Der verbindliche Charakter der entsprechenden Vorschriften für die ZKR-Mitglieder ist in der Mannheimer Akte verankert.
Nach Artikel 22 der Mannheimer Akte ist die ZKR befugt, verbindliche technische Vorschriften für Binnenschiffe festzulegen. Somit ist der von der ZKR anzunehmende Beschluss, mit dem die ZKR-Verordnungen durch Aufnahme einer Bezugnahme auf den ES-TRIN 2023/1 geändert werden, ein für die ZKR-Parteien rechtsverbindlicher Akt.
Zugleich kann die ZKR gemäß Artikel 1 der Mannheimer Akte ihr Regelwerk für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (River Information Services, RIS) ändern, um die für Binnenschifffahrtsinformationsdienste geltenden technischen Spezifikationen an den ES-RIS 2023/1 anzugleichen. Der von der ZKR anzunehmende Beschluss, mit dem die ZKR-Verordnungen durch Aufnahme einer Bezugnahme auf den ES-RIS 2023/1 geändert werden, ist ein für die ZKR-Parteien rechtsverbindlicher Akt. Der institutionelle Rahmen der Mannheimer Akte wird dadurch jedoch weder ergänzt noch geändert.
Daher werden die geplanten Akte gemäß den Artikeln 1 und 22 der Mannheimer Akte völkerrechtlich bindend sein.
Darüber hinaus sind der ES-TRIN 2023/1 und der ES-RIS 2023/1 für die Zwecke der Anwendung des Artikels 218 Absatz 9 AEUV rechtswirksame Akte, da sie geeignet sind, den Inhalt des EU-Rechts maßgeblich zu beeinflussen, namentlich die Richtlinie (EU) 2016/1629 und die Richtlinie 2005/44/EG.
In Bezug auf den ES-TRIN ist dies darauf zurückzuführen, dass das im Rahmen der Revidierten Rheinschifffahrtsakte geltende Regelwerk bei allen Änderungen der Richtlinie (EU) 2016/1629 berücksichtigt werden muss und die vom CESNI angenommenen technischen Standards in Anhang II der Richtlinie (EU) 2016/1629 aufgenommen wurden und im Wege von delegierten Rechtsakte aktualisiert werden müssen.
Was die Binnenschifffahrtsinformationsdienste angeht, so wird die Kommission durch Artikel 5 der Richtlinie 2005/44/EG ermächtigt, zur Förderung der Binnenschifffahrtsinformationsdienste und zur Gewährleistung ihrer Interoperabilität technische Leitlinien und Spezifikationen zu erlassen. Nach Erwägungsgrund 3 der genannten Richtlinie sollten aus Gründen der Sicherheit und im Interesse einer europaweiten Harmonisierung derartige gemeinsame Anforderungen und technische Spezifikationen inhaltlich auf der von anerkannten internationalen Organisationen, insbesondere der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE), in diesem Bereich geleisteten Arbeit aufbauen. Der ES-RIS 2023/1 wird technische Spezifikationen enthalten, die im Rahmen des Artikels 5 der Richtlinie 2005/44/EG angenommen werden müssen. Die Annahme wird im Einklang mit der derzeit laufenden Überarbeitung der Richtlinie 2005/44/EG erfolgen, deren Annahme für Mitte 2023 vorgesehen ist.
Daher ist der Standpunkt festzulegen, der im Namen der Union im CESNI und in der ZKR hinsichtlich der Annahme von Standards mit technischen Vorschriften für Binnenschiffe und von Standards für harmonisierte Binnenschifffahrtsinformationsdienste zu vertreten ist.
Somit ist Artikel 218 Absatz 9 AEUV die verfahrensrechtliche Grundlage für den vorgeschlagenen Beschluss.
4.2.Materielle Rechtsgrundlage
4.2.1.Grundsätze
Die materielle Rechtsgrundlage für einen Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV hängt in erster Linie von Zweck und Gegenstand des vorgesehenen Rechtsakts ab, zu dem ein im Namen der Union zu vertretender Standpunkt festgelegt wird. Liegt dem vorgesehenen Rechtsakt ein doppelter Zweck oder Gegenstand zugrunde und ist einer davon der wesentliche und der andere von untergeordneter Bedeutung, so muss der Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV auf eine einzige materielle Rechtsgrundlage gestützt werden, nämlich auf diejenige, die der wesentliche oder vorrangige Zweck oder Gegenstand verlangt.
4.2.2.Anwendung auf den vorliegenden Fall
Hauptzweck und Hauptgegenstand der vorgesehenen Akte ist die gemeinsame Verkehrspolitik.
Somit ist Artikel 91 Absatz 1 AEUV die materielle Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss.
4.3.Schlussfolgerungen
Die Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss sollte Artikel 91 Absatz 1 AEUV in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9 AEUV sein.
2022/0234 (NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den Standpunkt, der im Namen der Europäischen Union im Europäischen Ausschuss zur Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt und in der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt in Bezug auf die Annahme von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt zu vertreten ist
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Die Revidierte Rheinschifffahrtsakte vom 17. Oktober 1868, geändert durch das am 20. November 1963 angenommene Übereinkommen zur Änderung der Revidierten Rheinschifffahrtsakte, trat am 14. April 1967 in Kraft (im Folgenden das „Übereinkommen“).
(2)Nach Artikel 22 des Übereinkommens kann die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) technische Vorschriften für Binnenschiffe erlassen.
(3)Gemäß dem Übereinkommen kann die ZKR ihren Rechtsrahmen für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (River Information Services, RIS) ändern, indem sie auf die vom Europäischen Ausschuss für die Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt (Comité Européen pour l’Élaboration de Standards dans le Domaine de Navigation Intérieure, CESNI) angenommenen Standards Bezug nimmt und diese Standards im Rahmen der Anwendung des Übereinkommens verbindlich vorschreibt.
(4)Der CESNI wurde am 3. Juni 2015 im Rahmen der ZKR eingerichtet und damit beauftragt, in verschiedenen Bereichen technische Standards für die Binnenschifffahrt zu entwickeln, namentlich in den Bereichen Schiffe, Informationstechnologie und Besatzung.
(5)Ein Tätigwerden der Union auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt sollte darauf ausgerichtet sein zu gewährleisten, dass sich die in der Union geltenden technischen Vorschriften und Spezifikationen einheitlich entwickeln, insbesondere in Bezug auf Binnenschiffe und Binnenschifffahrtsinformationsdienste.
(6)Für einen reibungslosen und sicheren Verkehr auf den Binnenwasserstraßen ist es wichtig, dass die technischen Vorschriften für Schiffe und Binnenschifffahrtsinformationsdienste kompatibel und — soweit im Rahmen der unterschiedlichen Rechtsordnungen in Europa möglich — harmonisiert sind. Insbesondere sollten die EU-Mitgliedstaaten, die auch Mitglieder der ZKR sind, Beschlüsse zur Angleichung der ZKR-Vorschriften an die in der Union geltenden Vorschriften unterstützen.
(7)Der CESNI wird voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 13. Oktober 2022 den Europäischen Standard der technischen Vorschriften für Binnenschiffe (European Standard laying down Technical Requirements for Inland Navigation vessels, ES-TRIN) 2023/1 und den Europäischen Standard für Binnenschifffahrtsinformationsdienste (European Standard for River Information Services, ES-RIS) 2023/1 annehmen.
(8)Im ES-TRIN 2023/1 werden einheitliche technische Vorschriften festgelegt, die für die Sicherheit von Binnenschiffen notwendig sind. Der Standard enthält Bestimmungen für den Bau, die Ausrüstung und Einrichtung von Binnenschiffen, besondere Bestimmungen für bestimmte Schiffsarten wie Fahrgastschiffe, Schubverbände und Containerschiffe, Bestimmungen für das automatische Schiffsidentifikationssystem, Bestimmungen für die Schiffskennzeichnung, ein Muster für Zeugnisse und Register, Übergangsbestimmungen sowie Anweisungen für die Anwendung des technischen Standards.
(9)In Anhang II der Richtlinie (EU) 2016/1629 des Europäischen Parlaments und des Rates wird darauf verwiesen, dass es sich bei den technischen Vorschriften für Fahrzeuge um diejenigen handelt, die im ES-TRIN 2021/1 festgelegt sind. Die Kommission ist befugt, diese Bezugnahme in Anhang II im Hinblick auf die neueste Ausgabe des ES-TRIN zu aktualisieren und deren Geltungsbeginn festzulegen. Folglich wird der ES-TRIN 2023/1 Auswirkungen auf die Richtlinie (EU) 2016/1629 haben.
(10)Es ist daher angebracht, den im Namen der Union im CESNI zu vertretenden Standpunkt festzulegen, da der ES-TRIN 2023/1 den Inhalt des Unionsrechts, insbesondere die Richtlinie (EU) 2016/1629 des Europäischen Parlaments und des Rates, maßgeblich beeinflussen kann.
(11)Mit dem ES-RIS 2023/1 werden einheitliche technische Spezifikationen und Standards zur Förderung der Binnenschifffahrtsinformationsdienste und zur Gewährleistung ihrer Interoperabilität festgelegt. Die technischen Spezifikationen und Standards des ES-RIS 2023/1 entsprechen den technischen Spezifikationen und Standards, die gemäß der Richtlinie 2005/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates angenommen werden müssen, insbesondere in folgenden Bereichen: Elektronisches Kartendarstellungs- und Informationssystem für die Binnenschifffahrt, elektronische Meldungen in der Binnenschifffahrt, Nachrichten für die Binnenschifffahrt, Schiffsverfolgungs- und -aufspürungssysteme sowie Kompatibilität der für die Nutzung von Binnenschifffahrtsinformationsdiensten erforderlichen Ausrüstung.
(12)Den technischen Spezifikationen für Binnenschifffahrtsinformationsdienste liegen die technischen Vorgaben des Anhangs II der Richtlinie 2005/44/EG zugrunde; die Arbeit anerkannter internationaler Organisationen in diesem Bereich wird berücksichtigt.
(13)Es ist daher angebracht, den im Namen der Union im CESNI zu vertretenden Standpunkt festzulegen, da der ES-RIS 2023/1 geeignet ist, den Inhalt des Unionsrechts, insbesondere die gemäß der Richtlinie 2005/44/EG angenommenen verbindlichen technischen Spezifikationen, maßgeblich zu beeinflussen.
(14)Die ZKR wird voraussichtlich auf einer der nächsten Plenartagungen Beschlüsse annehmen, mit denen die ZKR-Verordnungen durch Aufnahme einer Bezugnahme auf den ES-TRIN 2023/1 und den ES-RIS 2023/1 geändert werden. Gemäß den Artikeln 1 und 22 des Übereinkommens wird diese Änderung völkerrechtlich bindend sein. Daher ist es auch angebracht, den im Namen der Union in der ZKR zu vertretenden Standpunkt festzulegen.
(15)Die Union ist weder Mitglied der ZKR noch des CESNI. Der Standpunkt der Union sollte von den Mitgliedstaaten der Union, die Mitglieder dieser Gremien sind, einvernehmlich vorgetragen werden.
(16)Der vorgeschlagene Standpunkt der Union ist es, den ES-TRIN 2023/1 und den ES-RIS 2023/1 anzunehmen, da sie es ermöglichen, das höchste Sicherheitsniveau in der Binnenschifffahrt zu gewährleisten, den technischen Entwicklungen in diesem Sektor folgen und die Kompatibilität der Vorschriften für Schiffe und die Kompatibilität der Binnenschifffahrtsinformationsdienste in Europa sicherstellen —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
(1)Der im Namen der Union im CESNI hinsichtlich der Annahme des ES-TRIN 2023/1 und des ES-RIS 2023/1 zu vertretende Standpunkt ist es, ihrer Annahme zuzustimmen.
(2)Der im Namen der Union in der ZKR zu vertretende Standpunkt ist es, alle Vorschläge zur Angleichung der ZKR-Verordnungen an den ES-TRIN 2023/1 und den ES-RIS 2023/1 zu unterstützen.
Artikel 2
(1)Der in Artikel 1 Absatz 1 genannte Standpunkt wird von den Mitgliedstaaten der Union, die Mitglieder des CESNI sind, einvernehmlich vorgetragen.
(2)Der in Artikel 1 Absatz 2 genannte Standpunkt wird von den Mitgliedstaaten der Union, die Mitglieder der ZKR sind, einvernehmlich vorgetragen.
Artikel 3
Geringfügige technische Änderungen der in Artikel 1 genannten Standpunkte können ohne weiteren Beschluss des Rates vereinbart werden.
Artikel 4
Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Artikel 5
Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident/Die Präsidentin