EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 31.7.2018
COM(2018) 562 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
FMT:Highlight=7,Boldzur Bewertung der Maßnahmenprogramme der Mitgliedstaaten in Anwendung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
{SWD(2018) 393 final}
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
zur Bewertung der Maßnahmenprogramme der Mitgliedstaaten in Anwendung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
Meereslebewesen und -ressourcen: eine Lebensader für unseren Planeten
Die Bedeutung der Meere und Ozeane für das Wohlergehen unseres Planeten ist mittlerweile eine unbestrittene Tatsache. Die Handlungen des Menschen sind mit Belastungen verbunden, die das Meeresleben und seine Lebensräume sowie die wesentlichen Funktionen unserer Ozeane beeinflussen. Jüngste Initiativen haben das Bewusstsein für die Gesundheit und den Zustand unserer Meere und Ozeane geschärft. Dazu gehören die Annahme des Ziels für nachhaltige Entwicklung Nr. 14 (Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen); die gemeinsame Mitteilung zur internationalen Meerespolitik; die „Meereskonferenz“ zum Ziel für nachhaltige Entwicklung Nr. 14; und die Reihe von Konferenzen „Unser Ozean“, deren letzte im Oktober 2017 von der EU veranstaltet wurde.
In den letzten sechs Jahren haben die EU-Mitgliedstaaten Meeresstrategien zur Einhaltung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie entwickelt. Gemäß der Richtlinie müssen sie den Qualitätszustand der maritimen Umwelt bewerten, einen guten Umweltzustand bestimmen, geeignete Umweltziele festlegen und angemessene Überwachungsprogramme ausarbeiten sowie Maßnahmen ergreifen, um das Hauptziel der Richtlinie, den „guten Umweltzustand“ aller EU-Meeresgewässer bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Der Begriff „guter Umweltzustand“ wird in der Richtlinie durch Deskriptoren definiert, wie die Erhaltung der biologischen Vielfalt oder die Eindämmung anthropogener Belastungen wie Fischerei, Meeresbodenschäden, Abfall im Meer und Kontaminanten. Ein neuer Beschluss der Kommission, der seit Juni 2017 in Kraft ist, verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einhaltung gemeinsamer Kriterien und methodischer Standards bei der quantitativen Definition des Konzepts des „guten Umweltzustands“ für die Meeresgewässer im Rahmen ihrer territorialen Zuständigkeit. Wesentlich ist, dass die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie die Mitgliedstaaten ausdrücklich dazu verpflichtet, mit ihren Nachbarn in jeder Meeresregion oder -unterregion zusammenzuarbeiten.
Dieser Bericht baut auf der Bewertung der Meeresstrategien der Mitgliedstaaten durch die Kommission in den Jahren 2014 und 2017 auf und bewertet die Maßnahmenprogramme, über die alle Mitgliedstaaten der Kommission bis zum 31. März 2016 Bericht erstatten mussten. Allgemein gültige Leitlinien für Änderungen, die zur Verbesserung der Kohärenz und Wirksamkeit ihrer Maßnahmen erforderlich sind, sind als Empfehlungen an die Mitgliedstaaten am Ende dieser Bewertung enthalten. Die länderspezifischen Empfehlungen sind in der diesem Bericht beigefügten Arbeitsunterlage enthalten.
Bedauerlicherweise haben nur sechs Mitgliedstaaten ihr nationales Maßnahmenprogramm rechtzeitig eingereicht. Daraufhin leitete die Kommission die entsprechenden Vertragsverletzungsverfahren ein. Bis zum Stichtag im Februar 2017 hatten schließlich 16 der 23 maritimen EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Programme eingereicht. Die von den anderen sieben Mitgliedstaaten nach diesem Stichtag eingereichten Programme konnten nicht mehr rechtzeitig für den vorliegenden Bericht bewertet werden.
Die Bewertung der Kommission im Jahr 2014 hatte ergeben, dass die Definitionen und Ziele im Zusammenhang mit dem Ziel „guter Umweltzustand“ sich in den einzelnen Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden. Daher wird in der vorliegenden Bewertung auch untersucht, inwieweit für die Maßnahmen der Mitgliedstaaten eine bessere Vergleichbarkeit ihrer Anstrengungen zur Verringerung der relevanten Belastungen der Meeresumwelt möglich ist. Außerdem wird für jeden relevanten Deskriptor untersucht, inwieweit die Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand erreichen können, so wie in der Richtlinie gefordert.
Welche Maßnahmen haben die Mitgliedstaaten bisher ergriffen, um einen guten Umweltzustand zu erreichen?
In ihren Maßnahmenprogrammen stellen die Mitgliedstaaten häufig bestehende Initiativen oder die laufende politische Umsetzung als Maßnahmen dar. Dazu gehören beispielsweise Maßnahmen im Rahmen der EU-Umweltvorschriften oder anderer Gesetze wie der Abfallrahmenrichtlinie, der Wasserrahmenrichtlinie, der Vogelschutzrichtlinie, der Habitat-Richtlinie, der Richtlinie über die Aufbereitung von städtischem Abwasser oder der Verordnung über die Gemeinsame Fischereipolitik. Bestehende internationale Verpflichtungen, wie jene im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, wurden ebenfalls in die Programme der Mitgliedstaaten aufgenommen. Darüber hinaus verweisen die Mitgliedstaaten häufig auf Initiativen, die im Rahmen des regionalen Übereinkommens zum Schutz der Meere ergriffen wurden. Es ist positiv zu bewerten, dass die Mitgliedstaaten in einigen wenigen Fällen auf Maßnahmen verweisen, die gezielt mit den Nachbarn innerhalb einer EU-Meeresregion vereinbart wurden, insbesondere im Rahmen der einschlägigen regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere, oder innerhalb einer Unterregion. Etwa 25 % der Maßnahmen wurden als „neue“ Maßnahmen definiert, d. h. sie wurden eigens für die Zwecke der Richtlinie eingeführt. Es ist außerdem positiv zu bewerten, dass die Mitgliedstaaten dank der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie schrittweise von einem uneinheitlichen Ansatz zum Schutz der Meeresumwelt zu einem strategischeren Ansatz übergegangen sind, indem verschiedene Arbeitsbereiche zusammengeführt wurden.
Ausnahmen
Die Richtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten ferner, unter genau festgelegten Umständen Ausnahmen von der Erreichung der geplanten Umweltziele oder des guten Umweltzustands in jeder Hinsicht oder innerhalb einer entsprechenden Frist anzuwenden. Zu diesen genau definierten Umständen gehören die Tatsache, dass die Erreichung dieser Ziele mit Handlungen oder Unterlassungen, die außerhalb ihrer Verantwortung liegen, Ereignissen höherer Gewalt oder der Tatsache, dass die natürlichen Bedingungen eine rechtzeitige Verbesserung des Zustands ihrer Meeresgewässer nicht zulassen, zusammenhängt. Acht der 16 betroffenen Mitgliedstaaten haben Ausnahmen vorgebracht. Andere Mitgliedstaaten erklärten, keine Ausnahmen angewandt zu haben, da sie aufgrund fehlender Kenntnisse und Daten nicht feststellen konnten, ob in diesem Stadium der Umsetzung eine Ausnahme erforderlich sei oder nicht.
Arten von Maßnahmen
Die Mitgliedstaaten haben hauptsächlich Maßnahmen ausgearbeitet, die durch eine rechtliche oder technische Intervention direkt zur Verringerung der Belastungen beitragen (in Abbildung 1 als „direkte Maßnahmen“ bezeichnet). Diese beinhalten beispielsweise technische Lösungen (z. B. leisere Schiffsmotoren) oder Einschränkungen des räumlichen Umfangs bestimmter Tätigkeiten (z. B. durch Genehmigungsverfahren). Einige Mitgliedstaaten haben jedoch auch Maßnahmen ausgearbeitet, die indirekt dazu beitragen würden, den jeweiligen Belastungen zu begegnen (in Abbildung 1 als „indirekte Maßnahmen“ bezeichnet). Dazu gehören politische Maßnahmen sowie Sensibilisierungs- oder Kommunikationskampagnen (z. B. zur Reduzierung von Vermüllung). In den Fällen, in denen die Mitgliedstaaten nicht über ausreichende Kenntnisse bezüglich einer bestimmten Belastung verfügen (z. B. bei gebietsfremden Arten, Unterwasserlärm), haben sie den Bedarf an weiterer Forschung festgestellt, um für künftige Maßnahmen besser mit Informationen ausgestattet zu sein und/oder weitere Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Solche Maßnahmen wären zweckmäßiger im Rahmen ihrer Überwachungsprogramme berichtet worden.
In Übereinstimmung mit den Anforderungen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie berichten alle Mitgliedstaaten in ihren Maßnahmenprogrammen über den Einsatz von räumlichen Schutzmaßnahmen. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen zur Schaffung zusammenhängender und repräsentativer Verbünde geschützter Meeresgebiete, wie beispielsweise besondere Erhaltungsgebiete gemäß der Habitat-Richtlinie, besondere Schutzgebiete gemäß den Vogelschutzrichtlinien oder andere im Rahmen regionaler oder internationaler Übereinkommen vereinbarte Schutzgebiete. Solche räumlichen Maßnahmen wurden oft im Zusammenhang mit der Fischerei oder dem Schutz bestimmter Lebensräume berichtet; sie werden in den entsprechenden Abschnitten im Folgenden erläutert und in den technischen Bewertungen näher beschrieben. Während zwei Mitgliedstaaten eindeutig neue geschützte Meeresgebiete anführen, berichteten weitere acht Mitgliedstaaten, dass sie neue geschützte Meeresgebiete als Maßnahmen planen oder einrichten wollen. Die Gesamtreichweite hat sich durch die Vogel- und Habitat-Vorschriften und durch internationale Konventionen deutlich erhöht.
Abbildung 1 Anteil der direkten und indirekten Maßnahmen an den Maßnahmenprogrammen in der EU
Maßnahmen gegen die Belastungen der Meeresumwelt
Dieser Abschnitt befasst sich mit den Maßnahmen, die getroffen wurden, um die Deskriptoren der Richtlinie anzugehen, die sich speziell mit solchen anthropogenen Belastungen befassen.
Gebietsfremde Arten
Gebietsfremde Arten können die biologische Vielfalt der Meere bedrohen, wenn sie „invasiv“ werden. In Bezug auf die Gewässer der EU bezeichnen die Mitgliedstaaten die Schifffahrt und die Aquakultur als die beiden Hauptgründe, die zur Einführung und Verbreitung gebietsfremder Arten führen können.
In 13 Mitgliedstaaten wird das Ballastwasser-Management eingesetzt, um das Problem der durch die Schifffahrt eingeschleppten Arten anzupacken. Zusätzliche Maßnahmen, wie z. B. die Einhaltung der Biofouling-Richtlinien der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, können jedoch den Belastungen besser entgegenwirken, da sie die Verschmutzung durch den Schiffsrumpf begrenzen. Die von den 16 Mitgliedstaaten in ihren Maßnahmenprogrammen genannten Maßnahmen stützen sich häufig auf die regionale Arbeit und das bestehende EU-Recht, wie die EU-Verordnungen über invasive gebietsfremde Arten und gebietsfremde Arten in der Aquakultur. Einige Mitgliedstaaten haben bereits gezielte Maßnahmen ergriffen, um das Risiko der Einschleppung gebietsfremder Arten durch Aquakulturanlagen zu verringern, während einige andere berichten, dass sie noch weitere Untersuchungen durchführen müssen, um die Belastung besser zu verstehen.
Die neu eingeführten Maßnahmen reichen von der direkten Ausrichtung der Fischer auf gebietsfremde Arten bis hin zur Schaffung von Anreizen für „umweltfreundliche“ Schiffe und/oder der Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen, vor allem im Bereich der Freizeitaktivitäten.
Ob die Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand für die Belastung durch gebietsfremde Arten erreichen werden, wie in der Richtlinie gefordert, kann nicht beantwortet werden, da die Mitgliedstaaten entweder nicht darüber berichten konnten oder nicht berichtet haben. Polen, Zypern und Malta haben begründete Ausnahmen von der Erreichung eines guten Umweltzustands gemeldet, wonach die Einschleppung gebietsfremder Arten auf Situationen zurückzuführen ist, die sich ihrer Kontrolle entziehen (im Falle des Mittelmeers können diese Arten z. B. durch den Suezkanal eindringen).
Maßnahme → Schweden: Nationales Warn- und Reaktionssystem zur Früherkennung, Behandlung und Notfallplanung
Schweden hat in seinen Gewässern ein nationales Warn- und Reaktionssystem eingerichtet, das die Behörden sofort alarmiert, wenn eine neue nicht einheimische Art entdeckt wird. Dadurch werden Sofortmaßnahmen für ihre Bekämpfung, Kontrolle oder andere als angemessen erachtete Maßnahmen in Verbindung mit Notfallplänen ausgelöst. Das System wird an das schwedische Überwachungsprogramm angebunden werden.
Ausbeutung von kommerziell befischten Fisch- und Schalentierbeständen
Überfischung kann schwerwiegende Folgen haben, die zu einer schrittweisen Dezimierung und schließlich zum Zusammenbruch der Bestände führen können. Alle 16 Mitgliedstaaten, deren Programme in diesem Bericht bewertet werden, haben Maßnahmen zur Minimierung der Belastungen durch die kommerzielle Fischerei eingeführt. Vierzehn Mitgliedstaaten nahmen auch spezifische Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen der Freizeitfischerei auf.
Die Belastung durch die Fischerei betrifft alle Meeresregionen der EU, wenngleich sie im Mittelmeer besonders ausgeprägt ist. In ihren nationalen Programmen verweisen die Mitgliedstaaten konsequent auf die Maßnahmen, die sie zur Einhaltung der Gemeinsamen Fischereipolitik ergriffen haben, die verlangt, dass bis zum Jahr 2020 ein maximal nachhaltiger Ertrag für die Fischereibestände erzielt wird, was zur Erreichung des in der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie festgelegten Ziels eines guten Umweltzustands beiträgt. Zu diesen nationalen Maßnahmen gehören die Verkleinerung der Fischereiflotte, die Verringerung der Gesamtfangmenge, das Verbot der Fischerei oder bestimmter Fangmethoden (z. B. Schleppnetzfischerei) in bestimmten Gebieten.
Die meisten Mitgliedstaaten haben ferner neue Maßnahmen eingeführt, um die Belastung für überfischte Bestände zu verringern, z. B. durch die Pflicht zum Einsatz spezifischer Fischfanggeräte oder durch die Einführung gezielter zeitlicher/räumlicher Beschränkungen oder Verbote. Die meisten Mitgliedstaaten haben räumliche Schutzmaßnahmen entweder im Rahmen des Natura-2000-Netzes oder durch Stärkung der Bewirtschaftungspläne für bestehende Meeresschutzgebiete eingeführt. Mehrere Mitgliedstaaten haben außerdem Maßnahmen ergriffen, um das Bewusstsein für schädliche Fischereipraktiken zu schärfen. Viele von ihnen verknüpfen die getroffenen Maßnahmen explizit mit Abkommen auf regionaler und internationaler Ebene, etwa im Rahmen der Regionalen Fischereiorganisationen im Mittelmeer oder der Internationalen Kommission zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik. Maßnahmen im Rahmen der regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere, insbesondere HELCOM und das Übereinkommen von Barcelona, sind ebenfalls Bestandteil der Programme.
Obwohl die Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand in Bezug auf die Belastung durch die Fischerei zu erreichen, müssen ihre nationalen Programme auch eine gute Synergie mit den Anforderungen der Gemeinsamen Fischereipolitik aufweisen, und die meisten Mitgliedstaaten haben noch nicht festgelegt, wann ein solches Ziel erreicht werden wird. Drei Mitgliedstaaten haben Ausnahmen vorgebracht und gerechtfertigterweise erklärt, dass ein guter Umweltzustand erst nach dem Jahr 2020 erreicht werden wird: Finnland und das Vereinigte Königreich erklären, dass ein guter Umweltzustand für die Nutzung kommerziell befischter Fisch- und Schalentierbestände aufgrund der natürlichen Bedingungen nicht erreicht werden kann, während Malta die Notwendigkeit grenzübergreifender und regionaler Anstrengungen zur Erreichung dieses Ziels anführt.
Maßnahme → Belgien: bessere Kontrolle und Überwachung der Freizeitfischerei
Belgien hat kürzlich eine Rechtsvorschrift eingeführt, die die Überwachung der Freizeitfischerei erleichtert, eine Tätigkeit, die erhebliche Auswirkungen auf die Meeresumwelt haben kann, von den Mitgliedstaaten jedoch häufig nicht geregelt wird. Diese nationale Maßnahme, die über die Anforderungen der Gemeinsamen Fischereipolitik hinausgeht, wird die Datenerhebung verbessern, was nicht nur für das Verständnis des Zustands der Fischbestände von entscheidender Bedeutung ist, sondern auch, falls erforderlich, für eine gezieltere Regulierung bestimmter Fischereitätigkeiten.
Nährstoffeintrag
Übermäßiger Eintrag von Nährstoffen und organischen Substanzen ins Meer fördert die Algenblüte und führt zur Eutrophierung. Diese Belastung kann die Tier- und Pflanzenwelt des Meeres ersticken, vor allem im Küstenbereich und in tieferen Gewässern. Sie betrifft zwar alle Meeresgewässer in der EU in gewissem Umfang, doch sind ihre Auswirkungen in der Ostsee am deutlichsten. Die Nährstoffanreicherung wurde hauptsächlich der Landwirtschaft, der Industrie, den städtischen Abwässern, der Aquakultur und in geringerem Maße der Schifffahrt zugeschrieben. Das Problem wird durch die Anreicherung derartiger Nährstoffe im Meeresboden noch verschärft.
Alle Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Programmen auf Maßnahmen verwiesen, die in ihren Bewirtschaftungsplänen der Flussgebiete zur Erreichung des in der Wasserrahmenrichtlinie festgelegten Ziels des „guten Umweltzustands“ und zur Einhaltung der in anderen wasserbezogenen Rechtsvorschriften festgelegten Parameter getroffen wurden. Einige Mitgliedstaaten haben auch spezifischere Maßnahmen in ihre Meeresstrategien aufgenommen, wie die Förderung einer nachhaltigen Aquakultur und landwirtschaftlicher Praktiken, die Einrichtung von Stickoxid-Emissionskontrollgebieten (NOx) für die Schifffahrt, den Bau einer geeigneten Hafeninfrastruktur für verflüssigtes Erdgas und die Kontrolle der Ableitung von unbehandeltem Abwasser aus Schiffen.
Die Aussichten für die Mitgliedstaaten, bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand für die Bewirtschaftung der Nährstoffeinträge zu erreichen, sind innerhalb der einzelnen Meeresregionen kohärent. Beispielsweise erwarten die meisten Mitgliedstaaten im Ostseeraum nicht, dass dies bis zum Jahr 2020 erreicht werden kann, während die meisten Mitgliedstaaten des Mittelmeerraums angegeben haben, dass dies bereits verwirklicht worden sei.
Gleich fünf Mitgliedstaaten haben Ausnahmen für die Belastung durch Nährstoffeinträge geltend gemacht. Es wurden jedoch verschiedene Gründe angeführt, die trotz des grenzübergreifenden Charakters der Belastung einen weniger einheitlichen regionalen Ansatz zeigen. In Bezug auf die Ostsee verwiesen Finnland, Lettland und Polen auf begründete Situationen, die sich ihrer Kontrolle entzögen, wobei Polen und Schweden die natürlichen Bedingungen als zusätzliche Rechtfertigung anführten. In Bezug auf den Nordostatlantik haben Schweden und die Niederlande ähnliche Argumente vorgebracht, wie sie auch für Ausnahmen in der Ostsee geltend gemacht wurden.
Maßnahme → Finnland: Verringerung des Nährstoffeintrags in die Umwelt
Diese direkte Maßnahme zielt durch Ausbringung von Gips auf Felder darauf ab, die Konzentration von Phosphor im Boden zu reduzieren — ein Nährstoff, der in der Landwirtschaft verwendet wird und zur Eutrophierung führen kann. Durch die Verwendung von Gips wird die Auswaschung von Phosphor in Frischwassersysteme und damit in die Meeresumwelt reduziert. Dies hat den Vorteil, die Eigenschaften des Bodens zu verbessern und somit Erosion zu verringern.
Hydrografische Veränderungen
Eingriffe des Menschen, wie die Entwicklung der Küsteninfrastruktur, Baggerarbeiten, Sandgewinnung und Entsalzung, können sich auf die physikalischen Eigenschaften der Meeresgewässer auswirken. Die Auswirkungen können sich in Veränderungen der Meeresströmungen oder der Wellentätigkeit, der Gezeiten, der Temperatur, des pH-Wertes, des Salzgehalts oder der Trübung äußern und können sich nachteilig auf Meereslebewesen und ihre Lebensräume auswirken. Die meisten der von den Mitgliedstaaten gemeldeten Maßnahmen beziehen sich auf bestehende Rechtsrahmen wie die Wasserrahmenrichtlinie, die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung sowie auf Genehmigungsverfahren, die generell alle denkbaren Belastungen und Auswirkungen abdecken sollen. Es ist jedoch nicht immer ersichtlich, wie die Mitgliedstaaten die im Rahmen dieser Richtlinien getroffenen Maßnahmen in Bezug auf das Meer anzuwenden gedenken. Einige Mitgliedstaaten haben ferner berichtet, dass sie dabei seien, im Rahmen ihrer Maßnahmen Leitlinien für entsprechende Infrastrukturprojekte zu entwickeln. Es befassen sich jedoch lediglich zwei Mitgliedstaaten eindeutig mit den kumulativen Auswirkungen solcher Infrastrukturen.
In Bezug auf die anthropogenen Belastungen, die zu hydrografischen Veränderungen führen, haben die Mitgliedstaaten keine der Ausnahmen zur Erreichung eines guten Umweltzustands nach Artikel 14 geltend gemacht. Von den 16 Mitgliedstaaten, deren nationale Programme in diesem Bericht bewertet werden, haben vier Mitgliedstaaten erklärt, dass ein guter Umweltzustand bereits erreicht worden sei, während zwei Mitgliedstaaten angaben, er werde bis zum Jahr 2020 erreicht werden. Die anderen Mitgliedstaaten haben entweder nicht angegeben, wann ein guter Umweltzustand erreicht wird, oder können dies nicht abschätzen.
Maßnahme → Frankreich: Bewertung der kumulativen Auswirkungen
Frankreich arbeitet derzeit an einem Leitfaden, der den zuständigen Behörden und Interessengruppen helfen soll, die kumulativen Auswirkungen menschlicher Eingriffe zu bewerten, insbesondere für Projekte, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine strategische Umweltprüfung erfordern. Dies wird insbesondere für hydrologische Belastungen relevant sein, für die kumulative Auswirkungen bisher nur selten erörtert wurden.
Schadstoffe im Meer und in Meeresfrüchten
Die meisten Schadstoffe, hauptsächlich aus landwirtschaftlichen Pestiziden, Bewuchshemmer für Schiffe, Pharmazeutika, Industrie und kommunalen Abwässern, einschließlich Schwermetallen, landen im Meer. Durch die Einleitung dieser Stoffe werden Meere und Ozeane zu einer Umgebung, die Meereslebewesen schädigen und letztendlich Meeresfrüchte für den menschlichen Verzehr verseuchen kann. Daher ist es sowohl für die Umwelt als auch für die menschliche Gesundheit wichtig, sicherzustellen, dass der Gehalt an Schadstoffen in der Meeresumwelt niedrig und innerhalb der sicheren Grenzen bleibt.
Von allen Schadstoffquellen ist die atmosphärische Deposition in der Meeresumwelt die am wenigsten behandelte Quelle in den von den Mitgliedstaaten gemeldeten nationalen Programmen.
Ihre Programme enthalten auch sehr wenige Maßnahmen, die gezielt auf Schadstoffe in für den menschlichen Verzehr bestimmten Meeresfrüchten abzielen, da Maßnahmen, die für Schadstoffe im Allgemeinen getroffen werden, wahrscheinlich auch die negativen Auswirkungen auf Meeresfrüchte verringern. Unter den in diesem Zusammenhang berichteten Maßnahmen verweisen die Mitgliedstaaten auf die Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Einhaltung des EU-Lebensmittelrechts und anderer für Fischerei- und Aquakulturerzeugnisse geltender Regulierungsstandards sicherzustellen, insbesondere in Bezug auf Rückverfolgbarkeit, gesundheitliche Qualitätsanforderungen, Zucht- und Haltungsbedingungen, Risikobewertungen und Bewirtschaftungsmaßnahmen.
Für Maßnahmen, die allgemein darauf abzielen, das Vorhandensein von Schadstoffen im Meer zu verringern, berichten eine Reihe von Mitgliedstaaten über mehrere Maßnahmen, die sich aus den EU-Anforderungen ergeben, wie z. B. die zur Einhaltung der Richtlinien über Nitrate, kommunale Abwässer, Luftemissionen, Verschmutzung durch Schiffe, und die REACH-Verordnung.,. Es wird auch auf internationale Verpflichtungen im Rahmen des MARPOL-Übereinkommens oder der regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere verwiesen, wobei die nationalen Programme oft nicht eindeutig erkennen lassen, welche konkreten Maßnahmen speziell für derartige internationale Verpflichtungen vorgesehen sind. Zusätzlich zu diesen bestehenden Anforderungen in der EU oder auf internationaler Ebene haben zehn Mitgliedstaaten einige direkte Maßnahmen eingeführt, wie die verstärkte Regulierung der Einleitung von Schadstoffen, die Verringerung des Einsatzes von Pestiziden, die Verbesserung der Aquakultur- und Baggerpraktiken und einige indirekte Maßnahmen wie Sensibilisierungs- und Forschungstätigkeiten.
Ausnahmen zur Erreichung eines guten Umweltzustands für Schadstoffe wurden von Polen und Schweden für die Ostsee sowie von den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Schweden für den Nordostatlantik beantragt. Die geltend gemachten Rechtfertigungen für solche Ausnahmen erscheinen technisch nicht immer überzeugend, beispielsweise wenn unverhältnismäßige Kosten ohne ausreichende Begründung und ohne eine Kosten-Nutzen-Analyse sowie eine Analyse der Vor- und Nachteile alternativer Korrekturmaßnahmen angeführt werden. Darüber hinaus sind die Fristen für die Erreichung eines guten Umweltzustands in den einzelnen Regionen unterschiedlich, was für eine derartige gut belegte Belastung Besorgnis erregend ist, da sie einer langen Liste von Gesetzen und politischen Initiativen auf EU-Ebene und internationaler Ebene unterliegt.
Zwei Mitgliedstaaten begründen ihre Ausnahmen zur Erreichung eines guten Umweltzustands in Bezug auf Schadstoffe in Meeresfrüchten damit, dass die betreffenden Schadstoffquellen auch außerhalb ihrer Meeresgewässer vorkommen. Die meisten Mitgliedstaaten des Nordostatlantiks scheinen sich darin einig zu sein, dass bis zum Jahr 2020 ein guter Umweltzustand erreicht werden wird, während dies in den anderen drei regionalen Seegebieten entweder nicht abgeschätzt oder erst nach dem Jahr 2020 erwartet werden kann.
Maßnahme → Polen: Bekämpfung verschiedener Schadstoffquellen
Polen hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um verschiedene Schadstoffe zu bekämpfen, die ihren Weg in polnische Meeresgewässer finden. Sein Programm umfasst Maßnahmen zur Regulierung von Schadstoffen wie Baggergut, Paraffin und deren Derivaten. Es beginnt auch mit dem Wiederaufbau ihrer Niederschlagswasser- und Abwassersysteme und führen Maßnahmen zur Reduzierung von Schadstoffen aus dem Wasser ein, das aus den Abgasnachbehandlungssystemen austritt. Außerdem werden neue Maßnahmen zur Verringerung der Risiken durch Ölverschmutzung und andere schädliche Stoffe gemeldet. Weitere Maßnahmen sind die Modernisierung der Binnenschifffahrtsflotte, Bestimmungen für die Einleitung von Industrieabwässern und die Verbesserung des Wassermanagements in sieben Flussgebieten.
Abfälle im Meer
Abfall ist eine Belastung für die Meeresumwelt und landet irgendwann auf dem Meeresboden und an den Stränden. Die Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie hat zu einem besseren Verständnis von Makro- und Mikroabfall, insbesondere von Kunststoffen, geführt. Als Quellen für Abfälle im Meer werden vor allem die folgenden menschlichen Aktivitäten genannt: Tourismus und Freizeitaktivitäten, städtische Abfälle, Industrietätigkeiten, Schifffahrt und kommerzielle Fischerei. Zur Bekämpfung von Abfällen im Meer stützen sich die Mitgliedstaaten auf eine Reihe bestehender europäischer Rechtsvorschriften, insbesondere über die Abfallwirtschaft, kommunale Abwässer oder Hafenauffangeinrichtungen, sowie auf internationale Abkommen und die Aktionspläne der regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere. Auf der Grundlage ihrer nationalen Programme scheinen alle 16 Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Verbesserung der Abfallwirtschaft im Fischereisektor zu ergreifen oder zu planen. Die am häufigsten genannten Maßnahmen sind Strandsäuberungen, „Fishing for Litter“ (Müll fischen) sowie Kommunikationsmaßnahmen. Diese haben zwar einen mäßigen Einfluss auf die Verringerung der Belastung, tragen aber dazu bei, das Bewusstsein zu schärfen und somit zukünftige Umweltverschmutzung zu vermeiden. Gezielte Maßnahmen gegen Müll am Strand, wie die Begrenzung der Verbreitung von Einwegkunststoffen oder die Reduzierung von Mikrokunststoffen und Abfällen aus der Aquakultur, scheinen jedoch unzureichend entwickelt zu sein. So haben beispielsweise nur fünf Mitgliedstaaten gezielt die Aquakultur einbezogen.
Maßnahme → Frankreich: Reduzierung von Abfällen im Meer & Muschelzucht
In Frankreich existieren zwei bedeutende Maßnahmen gegen Abfälle im Meer. Die erste ist Teil des nationalen Abfallvermeidungsprogramms und umfasst vier Aktionen: (1) Ausweitung der Verantwortung der Hersteller; (2) Beschränkung bestimmter Produkte, z. B. Einweg-Plastiktüten; (3) Förderung freiwilliger Maßnahmen zur Verringerung und Wiederverwertung von Abfällen im Meer; und (4) Anpassung der regionalen Abfallvermeidungs- und -bewirtschaftungspläne an die wasser- und meerespolitischen Instrumente, die Hafenabfallaufnahme- und -behandlungspläne. Die zweite Maßnahme betrifft die Muschelzucht in Aquakultur, eine Tätigkeit, die eine bedeutende Abfallquelle darstellen kann, die jedoch in den Maßnahmenprogrammen anderer Mitgliedstaaten nur selten behandelt wird. Frankreich plant, die Beeinträchtigung der betroffenen Lebensräume zu begrenzen, indem es den Zugang zu den entsprechenden Meereskulturflächen in den Gezeitengebieten beschränkt und die von ihnen erzeugten Abfälle sammelt und recycelt.
Die Maßnahmenprogramme für Abfälle im Meer sind im weiteren Kontext der Entwicklungen auf EU-Ebene zu sehen, die zur Verabschiedung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft, der Europäischen Strategie für Kunststoffe und einer Gesetzesvorlage für Abfälle im Meer und Einweg-Kunststoffe führten.
Von den 16 Mitgliedstaaten erwarten nur sechs, bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand für Abfälle erreichen zu können. Malta ist der einzige Mitgliedstaat, der eine Ausnahme mit der Begründung beantragt hat, dass Maßnahmen von Nachbarländern seine Bemühungen behindern würden; eine derartige Begründung scheint jedoch nicht vollständig gerechtfertigt zu sein, und es wurde keine alternative Frist angegeben.
Energie, einschließlich Unterwasserlärm
Auch der Energieverbrauch, zum Beispiel in Form von Systemen zur Erzeugung von Wärme und Elektrizität, Lärm, elektromagnetischer Strahlung, Radiowellen oder Vibrationen, kann die Meeresumwelt belasten. Bisher haben die meisten Mitgliedstaaten ihre Anstrengungen auf den Unterwasserlärm beschränkt, dessen Auswirkungen komplex und noch nicht vollständig erforscht sind. Lärm kann beispielsweise Meereslebewesen aus ihren Brutstätten vertreiben, ihr Gehör beeinträchtigen und sie dadurch anfälliger machen. Die Wirkung ist auch abhängig von der Art des Lärms, Impuls- oder Dauerlärm, und der Frequenz. Lärm kann durch Schifffahrt, Meeresforschung, Offshore-Energieplattformen, Bauarbeiten und Verteidigungsmaßnahmen verursacht werden. Die Mitgliedstaaten haben sich erneut auf europäische Rechtsvorschriften wie die Habitat-Richtlinie und die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung gestützt. In ihren Maßnahmenprogrammen sind wiederum internationale Abkommen und Initiativen enthalten, die im Rahmen der regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere getroffen wurden. Zu den Maßnahmen gehören der Schutz bestimmter Gebiete vor Impuls- und Dauerlärm, die Entwicklung „umweltfreundlicher“ Schiffe, die Einschränkung des Einsatzes bestimmter Arten von Lampen auf Öl- und Gasförderplattformen sowie die Sensibilisierung, die Durchführung von Forschungsarbeiten und die Entwicklung von Leitlinien für die Lärmbeurteilung. Die meisten Belastungen werden zwar angegangen, jedoch häufig indirekt durch Untersuchungen abgedeckt, die die Mitgliedstaaten zusammen mit ihren Maßnahmen gemeldet haben.
Sechs Mitgliedstaaten, überwiegend aus der Region des Nordostatlantiks, erwarten die Erreichung eines guten Umweltzustands bis zum Jahr 2020. Aufgrund der derzeitigen Wissenslücken können einige Mitgliedstaaten jedoch nicht abschätzen, wann das Ziel erreicht wird oder haben kein Datum für die Erreichung festgelegt. Kein Mitgliedstaat hat eine Ausnahme beantragt.
Maßnahme → Zypern: Lärm durch Kohlenwasserstoffexploration
Zypern meldet eine Maßnahme, die sich mit Impulslärm unter Wasser befasst, indem bei der Exploration und Förderung von Kohlenwasserstoffen „Sanftanlauf- und Langsamstartbedingungen“ vorgeschrieben werden. Dazu gehören seismische Untersuchungen auf See, wie sie in den Richtlinien über die strategische Umweltprüfung und die Umweltverträglichkeitsprüfung sowie im Offshore-Protokoll des Übereinkommens von Barcelona definiert sind.
Maßnahmen bezüglich des Zustands der marinen biologischen Vielfalt
Die Eindämmung der negativen Auswirkungen der Belastungen auf die Meeresumwelt sollte die Bedingungen für Meereslebewesen und ihre Lebensräume verbessern. Die in den vorangegangenen Abschnitten beschriebenen Maßnahmen sollen daher dazu beitragen, den Zustand der marinen biologischen Vielfalt zu erhalten oder zu verbessern. Die meisten Mitgliedstaaten stellen jedoch keine ausreichenden Verbindungen zwischen beidem her, was die Wirksamkeit der Programme einschränkt. Die Mitgliedstaaten haben nichtsdestotrotz Maßnahmen vorgesehen, die sich mit verschiedenen marinen Lebensräumen befassen, wie z. B. räumlichen Schutzmaßnahmen, obwohl diese räumlich begrenzt sind und möglicherweise nicht auf Gebiete abzielen, in denen die Belastungen am größten sind (z. B. Schleppnetzfischerei außerhalb von geschützten Gebieten).
Vögel
Die Mitgliedstaaten berichteten, dass zufällige Beifänge aus der kommerziellen Fischerei die vorherrschende Belastung für die Vogelwelt darstellten. Andere von ihnen gemeldete Belastungen umfassten Abfälle im Meer, gebietsfremde Arten, Ölverschmutzung und Störungen durch sichtbares Licht. Trotz der Häufigkeit von Habitatverlusten durch menschliches Handeln, Schadstoffe im Meer und Jagd, wurden sie von den Mitgliedstaaten seltener als Belastung genannt. Es ist nicht verwunderlich, dass sich die meisten Maßnahmen auf die Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie und der Habitat-Richtlinie und damit auf die Schaffung von besonderen Schutzgebieten und besonderen Erhaltungsgebieten zum Schutz von Lebensräumen für Vögel, Brut-, Nist- und Futterplätzen beziehen. Die Mitgliedstaaten berichten auch, dass sie die Regeln der Gemeinsamen Fischereipolitik anwenden, um den Beifang zu reduzieren, was die Einschränkung des Einsatzes bestimmter Fanggeräte bedeutet, um beispielsweise die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass Vögel gefangen werden, oder die Förderung nachhaltiger Fanggeräte und -techniken. Die Mitgliedstaaten beziehen sich nur gelegentlich auf die Richtlinie über die maritime Raumplanung, die dazu beitragen könnte, Fischfanggebiete auszuweisen und gleichzeitig die Auswirkungen auf die Vogelwelt zu verringern.
Alle Mitgliedstaaten des Nordostatlantiks verbinden ihre Maßnahmen auch mit den OSPAR-Empfehlungen zur Bestandserhaltung, während einige der Mitgliedstaaten des Ostseeraums auf den „Aktionsplan für den Schutz der Ostsee“ der HELCOM verweisen. Im Mittelmeerraum verweisen die meisten Mitgliedstaaten generell auf die Aktionspläne des Barcelona-Übereinkommens für Vogelarten und Meeresschutzgebiete.
Zehn Mitgliedstaaten geben nicht an, wann sie einen guten Umweltzustand erreichen werden und geben entweder Wissenslücken als Grund an oder liefern keinerlei weitere Begründung. Es wurden keine Ausnahmen gemeldet.
Maßnahme → Malta: Schutz der Vögel vor Raubtieren
Malta wendet eine Maßnahme an, um den Mittelmeer-Sturmtaucher (Puffinus yelkouan) vor räuberischen Ratten zu schützen. Lebensmittelabfälle aus menschlichen Freizeitaktivitäten in einem besonderen Schutzgebiet haben zu einer erhöhten Präsenz von Ratten geführt, die einen erheblichen Prädationsdruck auf Vögel verursachen. Um die Vogelarten und ihre Lebensräume besser zu schützen, zielt das Projekt darauf ab, das Bewusstsein der Menschen für das Problem zu schärfen und damit ihr Verhalten in geschützten Gebieten zu ändern, um die Vermüllung und das Auftreten von Schädlingen zu reduzieren. Die Maßnahme geht über das hinaus, was bereits in der Vogelschutzrichtlinie festgelegt ist.
Fische und Kopffüßer
Neben der offensichtlichen Belastung durch die Fischerei von kommerziell befischten Arten ist der Beifang eine der größten Belastungen, gefolgt von Schadstoffen. Habitatverlust und schäden, Abfall und Unterwasserlärm werden von den Mitgliedstaaten in ihren Programmen seltener angesprochen. Kommerziell befischte Arten werden im Allgemeinen durch die oben beschriebenen Maßnahmen für kommerziell befischte Fisch- und Schalentierbestände ausreichend berücksichtigt. Diese Maßnahmen umfassen ein Fangverbot in bestimmten Gebieten und/oder ein Verbot von Fangmethoden wie Schleppnetzfischerei. Nicht kommerziell befischte Arten sind jedoch nicht immer erfasst. Dreizehn Mitgliedstaaten schränken auch den Einsatz bestimmter Fangtechniken ein und nehmen somit auch den Beifang ins Visier. Die meisten Mitgliedstaaten berichten, dass sie räumliche Schutzmaßnahmen auf der Grundlage des Natura-2000-Netzes der Habitat-Richtlinie zum Schutz einiger Fischarten anwenden sowie in geringerem Maße die Wasserrahmenrichtlinie zum Schutz der Fisch-Wanderrouten. Räumliche Maßnahmen wurden auch zum Schutz bestimmter Lebensräume des Meeresbodens eingesetzt, die als Brut- und Aufzuchtgebiete für Fische dienen. Neben der Verknüpfung ihrer Maßnahmen mit regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere, wie im Falle der Vögel, verweisen insbesondere die Mitgliedstaaten des Mittelmeerraums auch auf Initiativen mit regionalen Fischereiorganisationen. Sensibilisierungskampagnen, wie die Information der Verbraucher über nachhaltige Fischereipraktiken oder die gezielte Ansprache von Berufs- und Freizeitfischern, bieten einen Mehrwert für die anderen, direkteren Maßnahmen. Einige Mitgliedstaaten erwähnen die Notwendigkeit von weiteren Forschungsarbeiten, insbesondere um zu verstehen, welche Auswirkungen die Belastungen für diese Artengruppe haben.
Polen hat eine Ausnahme vom Erreichen eines guten Umweltzustands geltend gemacht, da andere Umweltfaktoren, wie der Klimawandel und der Salzgehalt, die Erreichung verhindern würden. Dies ist mit den zur Verfügung gestellten Informationen nur teilweise zu rechtfertigen (ohne Belege für veränderte Entwicklungen der Indikatoren im Zusammenhang mit vorhersehbaren Temperatur- und Salzgehaltsänderungen). Das Vereinigte Königreich meldet eine gerechtfertigte Ausnahme, da die Fischpopulationen (Biomasse) in Verbindung mit anderen biologischen und klimatischen Bedingungen Zeit benötigen, um auf Veränderungen der Fangraten zu reagieren. Drei Mitgliedstaaten berichten, dass sie bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand erreichen werden.
Maßnahme → Deutschland: Sensibilisierung der Verbraucher für nachhaltige Fischerei
Eine neue Maßnahme in Deutschland umfasst eine Informationskampagne, die sich an verschiedene Konsumenten von Meeresfrüchten richtet, um sie für eine „nachhaltige und umweltverträgliche Fischerei“ zu sensibilisieren. Im Rahmen der Kampagne werden Lehr- und Informationsmaterialien entwickelt, die auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und dem aktuellen Stand der Forschung basieren. Ziel ist ein umweltfreundlicheres Verbraucherverhalten, das nachhaltige Fangtechniken unterstützt. Sie zielt indirekt darauf ab, die Verbrauchernachfrage als Anreiz für die Fischereiindustrie zu nutzen, um nachhaltigere Fangmethoden einzuführen.
Säugetiere und Reptilien
Meeressäuger und -reptilien, wie Wale, Robben und Schildkröten, werden durch unbeabsichtigte Beifänge aus der kommerziellen Fischerei, durch Habitatverlust, Schadstoffe, Abfälle im Meer, Kollisionen mit Schiffen und Unterwasserlärm beeinträchtigt. Die meisten Mitgliedstaaten berichten, dass sie im Rahmen der Habitat-Richtlinie Maßnahmen zum Schutz von Lebensräumen, einschließlich Brut-, Futter- und Nistplätzen, ergriffen haben. Tatsächlich konzentrieren sich die meisten neuen Maßnahmen auf den räumlichen Schutz, einschließlich derer zur Reduzierung des Unterwasserlärms. Die Beifänge werden durch die Gemeinsame Fischereipolitik in Form neuer Maßnahmen zur Verwendung selektiverer Fanggeräte geregelt. Allerdings stellen nur wenige Mitgliedstaaten die Verbindung zwischen Abfällen im Meer und Säugetieren und Schildkröten her, obwohl diese Arten sehr wahrscheinlich Abfälle aufnehmen oder sich in verlorenen oder zurückgelassenen Fanggeräten verfangen. Mehrere Mitgliedstaaten haben ferner Maßnahmen mit der Richtlinie über die maritime Raumplanung und der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung verknüpft. Die meisten Mitgliedstaaten verknüpfen ihre Maßnahmen nicht nur mit den regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere, sondern auch mit dem Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee (ASCOBANS) und dem Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale im Schwarzen Meer, im Mittelmeer und angrenzenden Gebiet des Atlantiks (ASCOBAMS). Weitere Maßnahmen sind die Verringerung der Auswirkungen von verloren gegangenem Fanggerät und Maßnahmen zur Eindämmung im Falle von Ölverschmutzungen. Auch Sensibilisierungsmaßnahmen wie die Information der Fischer über die Auswirkungen aggressiver Fangtechniken auf Säugetiere und Schildkröten oder die Anregung von Touristen, sich für nachhaltige touristische Aktivitäten zu entscheiden, gehören zu den genannten Maßnahmen.
Nur eine Handvoll Mitgliedstaaten geben an, bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand erreichen zu können. Polen meldete eine Ausnahme, wonach es für Schweinswale bis zum Jahr 2020 keinen guten Umweltzustand erreichen werde, und zwar aufgrund des Wanderverhaltens dieser Art und da die meisten Beifänge außerhalb seiner Meeresgewässer erfolgen würden - eine Rechtfertigung, die nicht begründet erscheint, da die Problematik der Beifänge außerhalb seiner Gewässer durch grenzübergreifende Partnerschaftsprozesse angemessen kontrolliert werden könnte.
Maßnahme → Italien: Verringerung der Kollisionen mit Schiffen
Schiffe sind für den Tod einer beträchtlichen Anzahl von Walen im Mittelmeer verantwortlich. Im Rahmen des REPCET-Projektswill Italien eine Software an Bord aller Schiffe installieren, um die Gegenwart und den Standort von Walen und Delfinen unter Wasser zu ermitteln und so die Zahl der Kollisionen und die Sterblichkeitsrate zu verringern. Im Rahmen der Maßnahme sollen zudem Schiffsbetreiber im Umgang mit dieser Software geschult werden.
Lebensräume der Wassersäule
Arten, die in den Lebensräumen der Wassersäule leben, sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt, wie Schadstoffen, Eutrophierung, gebietsfremden Arten, Fischfang, Beifang und Abfällen. Die Programme der Mitgliedstaaten verknüpfen die Maßnahmen gegen diese Belastungen nur selten mit den Lebensräumen der Wassersäule, so dass es für die Mitgliedstaaten schwierig ist festzustellen, wie ein guter Umweltzustand für diese Lebensräume erreicht werden kann. Es wurden daher nur sehr wenige konkrete Maßnahmen gemeldet.
Bewirtschaftungspläne für Meeresschutzgebiete, die Umsetzung des Natura-2000-Netzes der Habitat-Richtlinie und die Annahme anderer nationaler räumlicher Schutzmaßnahmen tragen dennoch auch zum Wohlergehen dieser Lebensräume bei. Ferner trägt die Wasserrahmenrichtlinie dazu bei, die Konzentration von Nährstoffen und Schadstoffen zu verringern und die hydrologischen Bedingungen zu verbessern, wodurch die eutrophen Bedingungen und die Verschmutzung der Meeresgewässer verbessert werden. Auch für andere Lebensräume wurden regionale Vernetzungen geschaffen. Es berichten wiederum nur drei Mitgliedstaaten, dass sie bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand erreichen können, es hat jedoch kein Mitgliedstaat eine Ausnahme beantragt.
Maßnahme → Schweden: Beziehungen der Belastungen zum Zustand der Lebensräume der Wassersäule
Schweden hat seine Maßnahmen zur Erhaltung der biologischen Vielfalt eng mit Maßnahmen zur Bewältigung der spezifischen Belastungen in den Lebensräumen der Wassersäule verknüpft und untersucht somit die kumulativen Belastungen zum Schutz der biologischen Vielfalt der Meere. Dieser umfassende Ansatz zur Erreichung eines guten Umweltzustands für die biologische Vielfalt folgt auch der Grundidee des Beschlusses 2017/848/EU. Diese Maßnahmen betreffen:
•kommerziell befischte Fisch- und Schalentierbestände durch Fischereivorschriften und -management, Meeresschutzgebiete und saisonale Sperrgebiete;
•Eutrophierung durch Reduzierung der langfristigen Nährstoffbelastung vor Ort in eutrophierten Buchten und in der Ostsee;
•Schadstoffe durch die Kontrolle der Ableitung gefährlicher Stoffe, wie z. B. Bewuchshemmer und Abwässer;
•gebietsfremde Arten durch indirekte Maßnahmen wie Sensibilisierungsmaßnahmen, Bewirtschaftungspläne und Maßnahmen zur Risikominderung.
Lebensräume am Meeresboden
Es gibt verschiedene menschliche Handlungen, die sich auf den Meeresboden auswirken, insbesondere physische Störungen, wobei die kommerzielle Fischerei mit Grundschleppnetzen am weitesten verbreitet ist. Dies hat im Laufe der Zeit zu einem erheblichen Rückgang der sensiblen Lebensräume des Meeresbodens geführt und lang anhaltende, großflächige Schäden an den Lebensräumen des Meeresbodens verursacht. Weitere potenziell schädliche Aktivitäten sind Landgewinnung, Hafenbetrieb, Entsorgung von Feststoffabfall (einschließlich Baggergut), Meeresbergbau von Sand und Kies, Verlegung von Seekabeln und Pipelines sowie Verfahren erneuerbarer Energien. Für die meisten dieser Aktivitäten wurden Regulierungsansätze in die Maßnahmenprogramme aufgenommen. So sind beispielsweise räumliche Schutzmaßnahmen das wichtigste Instrument der Wahl, auch im Rahmen der Habitat-Richtlinie. Alle 16 Mitgliedstaaten berichteten über Initiativen zum Schutz gefährdeter Lebensräume vor Fischereitätigkeiten, die mit Maßnahmen für eine nachhaltige Fischerei in Einklang stehen (vor allem auf der Grundlage der Gemeinsamen Fischereipolitik, wie das Verbot bestimmter Fangmethoden, einschließlich der Grundschleppnetzfischerei, und die Einführung weniger destruktiver Fanggeräte für den Meeresboden). Zu den weiteren genannten Regulierungsinstrumenten gehören Umweltverträglichkeitsprüfungen für andere Belastungen, wie z. B. Nährstoffgehalte aus der Aquakultur. In Bezug auf andere Verschmutzungsauswirkungen nennen die Mitgliedstaaten Maßnahmen im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie. Auch für andere Lebensräume wurden regionale Vernetzungen geschaffen. Schäden am Meeresboden können auch durch Freizeitaktivitäten wie das Ankern von Sportbooten oder die Freizeitfischerei entstehen, für die vier Mitgliedstaaten Maßnahmen gemeldet haben. Diese Maßnahmen waren jedoch oft auf einzelne Bereiche beschränkt. Infolgedessen wird ein wesentlicher Teil der Lebensräume des Meeresbodens, die außerhalb von räumlichen Schutzgebieten liegen und von menschlichen Aktivitäten betroffen sind, wahrscheinlich von den Mitgliedstaaten weitgehend nicht berücksichtigt werden.
Mehrere Mitgliedstaaten setzten auch Maßnahmen zur Sensibilisierung für die Zerstörungskraft bestimmter kommerzieller Fangmethoden an den Lebensräumen des Meeresbodens um und führten Forschungsarbeiten durch, die beispielsweise die Kartierung von Lebensräumen am Meeresboden umfassten.
Fünf Mitgliedstaaten berichteten, dass sie bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand erreichen werden, wobei Polen eine Ausnahme beantragte und diese mit natürlichen Bedingungen, wie der langsamen Erholung der Meeresumwelt, gebietsfremden Arten, die sich in polnischen Gewässern stark verbreitet hätten, und Gebieten mit natürlich vorkommendem, saisonal niedrigem Sauerstoffgehalt begründete. Die Begründung rechtfertigt jedoch nur teilweise die Ausnahme, da keine Anstrengungen unternommen werden, um spezifische Lebensräume zu identifizieren, die von den gebietsfremden Arten betroffen sind, und da die Sauerstoffarmut in der Ostsee größtenteils auf die Nährstoffanreicherung zurückzuführen ist.
Maßnahme → Spanien: Leitlinien für Freizeitaktivitäten auf See
Das Ankern von Booten führt zu einer physischen Beschädigung des Meeresbodens und kann aufgrund seines empfindlichen Zustands sogar zur Zerstörung von Lebensräumen am Meeresboden führen. Diese Auswirkungen sind am stärksten für Seegraswiesen (Posidonia oceanica und Cymodocea nodosa) und für bestimmte Arten, die im spanischen Katalog der bedrohten Arten enthalten sind, wie die Edle Steckmuschel (Pinna nobilis) und den Kissenstern (Asterina pancerii). Aus diesem Grund hat Spanien Richtlinien für die Behörden zur Regelung dieser Tätigkeit in geschützten Lebensräumen des Meeresbodens eingeführt. Sie gehen über die Maßnahmen hinaus, die üblicherweise im Rahmen der Habitat-Richtlinie behandelt werden.
Wie sind die Leistungen der Mitgliedstaaten?
Maßnahmen gegen Belastungen
In ihren Maßnahmenprogrammen haben die Mitgliedstaaten zumindest teilweise auf eine Reihe von Belastungen reagiert: die Einschleppung gebietsfremder Arten, kommerzielle Fischerei, Nährstoffeinträge, Belastungen des Meeresbodens, hydrografische Veränderungen, Schadstoffe und Abfälle im Meer. Abbildung 2 zeigt, wie viele der Belastungen, die von den Mitgliedstaaten in ihren Bewertungen nach Artikel 8 gemeldet wurden, durch Maßnahmen in angemessener Weise berücksichtigt wurden.
Abbildung 2 Angemessenheit der Maßnahmen der Mitgliedstaaten gegen Belastungen (die Mitgliedstaaten sind in geografischer Reihenfolge nach Meeresgebieten dargestellt)
Für jeden Mitgliedstaat wurde die Anzahl der Bewertungen der von den Mitgliedstaaten in Artikel 8 angegebenen deskriptorspezifischen Maßnahmen als angemessen berücksichtigt (grün), teilweise berücksichtigt (orange) und nicht berücksichtigt (rot) erfasst (z. B.: 100 % „berücksichtigt“ bedeutet, dass das Programm den gemeldeten Belastungen für alle Deskriptoren Rechnung trägt).
Fristen, Umsetzung der Maßnahmen und deren Wirksamkeit
Die von den Mitgliedstaaten gemeldeten Fristen vermitteln ein gemischtes Bild davon, wann ein guter Umweltzustand erreicht werden wird, wie in den entsprechenden Abschnitten oben erläutert und in Abbildung 3 zusammengefasst. Dies könnte zum Teil daran liegen, dass einige Maßnahmen nach Angaben der Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2016 nicht wie in der Richtlinie gefordert umgesetzt wurden. Zu beachten ist ferner, dass die berichteten Maßnahmen nicht immer in direktem Zusammenhang mit der Bestimmung des guten Umweltzustands und der Umweltziele stehen. Die mangelnde Kohärenz auf (sub)regionaler Ebene bei der Definition ihres guten Umweltzustands und die unterschiedlichen Ambitionen der Mitgliedstaaten erhöhen zudem die Unsicherheit darüber, ob die Maßnahmen ausreichen, um bis zum Jahr 2020 einen guten Umweltzustand zu erreichen. Die vollständige Umsetzung des Beschlusses 2017/848/EU wird voraussichtlich ein vergleichbareres und kohärenteres Konzept für spätere Aktualisierungen dieser Bestimmungen ermöglichen und somit die Bewertung der Angemessenheit der Maßnahmen unterstützen.
Abbildung 3 Von den Mitgliedstaaten gemeldete Fristen für die Erreichung eines guten Umweltzustands
Die zweite Beobachtung bezieht sich auf die Wahrscheinlichkeit, mit der diese Maßnahmen umgesetzt werden, insbesondere die neuen Maßnahmen (da andere Maßnahmen, z. B. durch andere politische Rahmenbedingungen, als noch nicht abgeschlossen gemeldet wurden). Es werden drei Gruppen von Mitgliedstaaten beobachtet.
Sehr wahrscheinlich
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Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich
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Diese Mitgliedstaaten haben bei der Einführung neuer Maßnahmen eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt und die für deren Umsetzung zuständigen Stellen angegeben. Sie berichteten ferner, dass die Umsetzung bereits im Jahr 2016 begonnen habe, wenngleich sich einige Maßnahmen leicht verzögert hätten (2017 oder 2018).
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Wahrscheinlich
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Bulgarien, Lettland, Malta, Niederlande, Polen, Portugal
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Die vorgelegte Kosten-Nutzen-Analyse deckt nicht alle neuen Maßnahmen ab, und diese Mitgliedstaaten haben nicht alle Fristen angegeben. Von den gemeldeten Maßnahmen soll eine große Zahl nach 2018 umgesetzt werden, wobei einige über das Jahr 2020 hinausgehen. Die Mitgliedstaaten haben im Allgemeinen die für die Durchführung dieser Maßnahmen zuständigen Stellen angegeben.
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Keine Schlussfolgerung
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Zypern, Irland
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Die von diesen Mitgliedstaaten übermittelten Informationen lassen keine Schlussfolgerungen zu.
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Tabelle 1 — Wahrscheinlichkeit der Umsetzung neuer Maßnahmen
Die Kosten-Nutzen-Analysen, sofern sie durchgeführt wurden, erzählen jedoch nicht die ganze Geschichte. Außerdem wurden die Durchführungsbehörde, die Finanzierung und die Haushaltsmittel nicht immer angegeben, was Zweifel an der Wahrscheinlichkeit der Durchführung der betreffenden Maßnahmen aufkommen lässt. Ebenso wurden die möglichen Auswirkungen der Maßnahmen nicht beziffert und bestenfalls qualitativ beschrieben.
Eine Berichterstattung mit angemessenem Detaillierungsgrad hätte ein besseres Verständnis dessen ermöglicht, was mit der Maßnahme erreicht werden soll. Darüber hinaus konnten die Auswirkungen der laufenden Maßnahmen auf die Meeresumwelt nicht abgeschätzt werden. Daher war es nicht möglich zu beziffern, wie stark die Belastung reduziert werden kann und ob die Maßnahmen selbst ausreichen, um einen guten Umweltzustand zu erreichen. Zwar wird eingeräumt, dass dies bei einigen Maßnahmen nicht möglich ist, weil z. B. Wissenslücken bestehen, doch hätte es die Bewertungssituation verbessert, wenn die Anstrengungen der Mitgliedstaaten in eine konkrete Bewertung der positiven Auswirkungen auf die Meeresumwelt umgesetzt werden könnten.
Des Weiteren ist zu beobachten, dass die meisten Mitgliedstaaten zwar auf ihre jeweiligen regionalen Übereinkommen zum Schutz der Meere und auf internationale Übereinkommen verweisen, einige Mitgliedstaaten jedoch regionale Aktionspläne und regionale oder internationale Verpflichtungen nur in allgemeiner Form nennen, ohne anzugeben, welche Art von Maßnahmen durchgeführt werden. Erneut konnte nicht festgehalten werden, was mit solchen Maßnahmen erreicht werden soll. In den meisten Fällen beziehen sich die Maßnahmen nicht auf eine Region oder Unterregion, sondern beschränken sich auf einen geografischen Aktionsradius innerhalb der nationalen Gewässer.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Die Mitgliedstaaten haben erhebliche Anstrengungen unternommen, um ihre Maßnahmenprogramme zu entwickeln. Sie haben verschiedene nationale, EU- und internationale Strategien und Verfahren zum Schutz der Meeresumwelt integriert. Die meisten Mitgliedstaaten haben auch neue Maßnahmen eingeführt, um die Belastungen der Meeresumwelt, die ansonsten nicht abgedeckt wären, gezielt zu bekämpfen, was den Mehrwert der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie verdeutlicht. Bei bestimmten grenzübergreifenden Belastungen führt das Fehlen einer regionalen oder EU-weiten Koordinierung jedoch möglicherweise zu einem uneinheitlichen und ineffektiven Ansatz zur Bewältigung der Belastung. Im Falle von Schiffsabfällen aus Kunststoff wird das Problem jetzt durch Maßnahmen auf EU-Ebene angegangen, insbesondere durch die europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft und ihre Folgemaßnahmen.
Die Bewertung zeigt jedoch, dass nicht alle Belastungen der Meeresumwelt durch die von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen angemessen abgedeckt werden. Die Programme selbst haben unterschiedlich starke Ambitionen. Ein guter Umweltzustand in allen europäischen Meeresregionen und für alle 11 Deskriptoren der Richtlinie bis zum Jahr 2020 ist nach wie vor unwahrscheinlich. Auch wenn bekannt ist, dass die Ökosysteme nur langsam auf Veränderungen reagieren, ist dies enttäuschend, da das Hauptziel der Richtlinie — ein guter Umweltzustand — wahrscheinlich nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Im Jahr 2018 sollen die Mitgliedstaaten über den Stand der Umsetzung ihres Maßnahmenprogramms berichten. Dies sollte ein besseres Verständnis dafür vermitteln, wie die Umsetzung all ihrer Maßnahmen verläuft.
Von den Mitgliedstaaten wird außerdem erwartet, dass sie bis Oktober 2018 Aktualisierungen ihrer Bestimmung des guten Umweltzustands, ihrer Ziele und ihrer Bewertung des Umweltzustands melden. Die Kommission wird auf diesen verschiedenen Elementen aufbauen, um im Jahr 2019 einen Bericht über die Durchführung zu erstellen, in dem die Fortschritte zur Erreichung eines guten Umweltzustands vor Ablauf der Frist im Jahr 2020 geprüft werden.
Abschließend kommt die Kommission zu dem Schluss, dass für alle Maßnahmenprogramme Verbesserungen – je nach Land in unterschiedlichem Maße – erforderlich sind, wenn sie als geeigneter Rahmen für die Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie angesehen werden sollen. Anwendbare Leitlinien für notwendige Änderungen sind in der nachstehenden Tabelle als eine Reihe von Empfehlungen enthalten. Die länderspezifischen Leitlinien in Form von Empfehlungen sind in der diesem Bericht beigefügten Arbeitsunterlage enthalten:
Kategorie
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Empfehlungen
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Bewertung der Wirksamkeit:
Internationale & regionale Referenzen
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Bei der Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen sollten die Mitgliedstaaten:
·Maßnahmen für jede betroffene Meeresregion oder -unterregion festlegen, beispielsweise durch regionale Aktionspläne;
·erläutern, welche konkreten Maßnahmen aus regionalen oder internationalen Initiativen im Rahmen ihres Programms durchgeführt werden und sich nicht auf regionale und internationale Aktionspläne im Allgemeinen beziehen;
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Bewertung der Wirksamkeit:
Umsetzungsfristen, Finanzierung und verantwortliche Stelle
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·Festlegung der Fristen für die Umsetzung, der gesicherten Finanzierung und der für die Umsetzung aller Maßnahmen zuständigen Stellen;
·Schätzung der alternativen Zeitpunkte, zu denen ein guter Umweltzustand erreicht werden kann, wenn er nicht bis zum Jahr 2020 erwartet wird;
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Bewertung der Wirksamkeit:
Verknüpfung mit Zielen
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·systematische Nutzung von Zielen als Meilensteine zur Erreichung eines guten Umweltzustandes mithilfe der Maßnahmen;
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Bewertung der Wirksamkeit:
Verknüpfung mit Überwachungsprogrammen
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·Bessere Verknüpfung ihrer Maßnahmen mit ihren Überwachungsprogrammen bei ihrer nächsten Aktualisierung im Jahr 2020, um ihre Auswirkungen und damit ihre Effizienz und Wirksamkeit bei der Erreichung der Ziele und des guten Umweltzustands zu bewerten;
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Bewertung der Wirksamkeit:
Bestimmung der Belastungen und Verknüpfung mit gutem Umweltzustand
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·Bestimmung der in ihren Gewässern herrschenden Belastungen und der zu erwartenden Verringerung infolge der festgelegten Maßnahmen. Dies könnte durch weitere Anstrengungen zur Überwindung von Wissenslücken und zur Festlegung der Methodik für solche Schätzungen auf regionaler oder europäischer Ebene erleichtert werden. Eine solche Quantifizierung wird auch dazu beitragen, die Maßnahmen zur Erreichung eines guten Umweltzustands zu verbinden.
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Belastungen bewältigen:
Belastungen begegnen, die bisher nur unzureichend abgedeckt werden konnten
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Bei der Bewältigung von Belastungen sollten die Mitgliedstaaten:
·die Belastungen und die damit verbundenen menschlichen Handlungen besser abdecken, einschließlich: der Einschleppung gebietsfremder Arten durch die Schifffahrt aufgrund von Biofouling, Freizeitfischerei, Nährstoffanreicherung aus atmosphärischen Quellen, kumulativer Auswirkungen einzelner Projekte auf die hydrografischen Bedingungen, Eintrag von Schadstoffen aus atmosphärischen Quellen, Einführung von Makro- und Mikroabfall in die Meeresumwelt durch Küsten- und Offshore-Aktivitäten sowie der Erzeugung von Unterwasserlärm (sowie von Wärme und Energie, wenn möglich) in der Meeresumwelt durch verschiedene Quellen;
·sicherstellen, dass die in der gleichen Meeresregion oder unterregion herrschenden Belastungen von allen Mitgliedstaaten der Region abgedeckt werden;
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Belastungen bewältigen:
Räumliche Abdeckung von Arten und Lebensräumen
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·Gewährleistung einer breiteren geografischen Abdeckung bei der Bewältigung der Belastungen mariner Arten und Lebensräume, insbesondere im offenen Meer, so dass sich die Maßnahmen nicht nur auf räumlich geschützte Gebiete beschränken;
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Belastungen bewältigen:
Kombination von direkten und indirekten Maßnahmen (Intervention vs. Governance/Bewusstsein)
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·Umsetzung von Maßnahmen, die die Tätigkeiten, die sich auf die Meeresumwelt auswirken, regeln oder lenken, sowie von mehr horizontalen Maßnahmen zur Verbesserung der Verwaltung, Koordinierung und Sensibilisierung;
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Belastungen bewältigen:
Art. 11 vs. Art. 13
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·Berichterstattung über die Datenerhebung und Überwachung im Rahmen ihrer Überwachungsprogramme für die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (Artikel 11) und nicht im Rahmen des Maßnahmenprogramms (Artikel 13). Wenn das Wissen jedoch zu gering ist, um wirksame Maßnahmen zu entwerfen, ist es sinnvoll, auf Maßnahmen hinzuweisen, die mithilfe von Forschungsinitiativen ergriffen werden, um diese Lücken zu schließen;
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Belastungen bewältigen:
Beziehung Belastung-Zustand
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·Verbesserung der Verbindungen zwischen den für Belastungsdeskriptoren gemeldeten Maßnahmengruppen und ihrem potenziellen Nutzen für die Deskriptoren des Zustands, um einen umfassenden Überblick über die Auswirkungen zu ermöglichen;
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Belastungen bewältigen:
Räumlicher Umfang der Maßnahmen
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·Definition des räumlichen Umfangs der Maßnahmen im Detail;
·Ausdehnung des räumlichen Anwendungsbereichs der Maßnahmen auf Meeresgewässer außerhalb der Küstengewässer, sofern entsprechende Belastungen vorliegen;
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Belastungen bewältigen:
Ausnahmen
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·Weitere Begründungen für Ausnahmen nach Artikel 14, die in der Bewertung als technisch unbegründet oder teilweise begründet gelten.
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