Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss
REX/486
Die zentrale Bedeutung von Handel und Investitionen für die Erreichung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele
STELLUNGNAHME
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss
Die zentrale Bedeutung von Handel und Investitionen für die Erreichung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele
Berichterstatter: Jonathan PEEL (UK-I)
Mitberichterstatter: Christophe QUAREZ (FR-II)
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Beschluss des Plenums
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26/01/2017
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Rechtsgrundlage
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Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung
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Initiativstellungnahme
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Zuständige Fachgruppe
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Fachgruppe Außenbeziehungen
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Annahme in der Fachgruppe
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07/11/2017
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Verabschiedung auf der Plenartagung
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07/12/2017
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Plenartagung Nr.
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530
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Ergebnis der Abstimmung
(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)
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163/0/1
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1.Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1Die Erfüllung und Umsetzung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung wird als eine oberste globale Priorität angesehen. Nun gilt es, die Dynamik beizubehalten, wenn der Zieltermin 2030 eingehalten werden soll.
1.1.1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist der Ansicht, dass die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zusammen mit dem Klimaschutzabkommen von Paris (COP 21) die globale Handelsagenda maßgeblich verändern werden, insbesondere im Handel mit Industriegütern und Agrarerzeugnissen. Die Dringlichkeit zur Umsetzung dieser weitreichenden Abkommen muss im Zentrum aller künftigen EU-Handelsverhandlungen stehen.
1.2Die EU ist für die weitere Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung besonders gut aufgestellt. Sie verfügt über die notwendige Glaubwürdigkeit, um eine echte Brückenfunktion zwischen Industrie- und Entwicklungsländern auszuüben. Der Ausarbeitung der in der Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg“ dargelegten Strategien muss höhere Priorität eingeräumt und der Schwerpunkt stärker auf eine vollständige Einbettung der Nachhaltigkeitsziele „in den europäischen Politikrahmen und in die aktuellen Kommissionsprioritäten“ gelegt werden, gegebenenfalls gemeinsam mit den Mitgliedstaaten.
1.2.1Die EU erkennt an, dass sie gemäß dem Vertrag von Lissabon dazu verpflichtet ist. Die Förderung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele und die Propagierung der europäischen Werte in der ganzen Welt sollten zu großen Synergieeffekten führen.
1.3In den Millenniumsentwicklungszielen (MDG) wurde nur einmal auf den Handel eingegangen, aber in den Zielen für nachhaltige Entwicklung wird er neunmal ausdrücklich erwähnt. Der EWSA fordert die EU nachdrücklich auf, neben direkten Maßnahmen zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele eine diesen Zielen förderliche Handels- und Investitionspolitik vorzusehen. Handel und Investitionen können auf vielerlei Weise einen positiven, wenn auch manchmal indirekten Beitrag zu diesen Zielen leisten.
1.4Eine spezifische Zielvorgabe für Ziel 17 (Wiederbelebung der globalen Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung) ist ein universelles, an Regeln gebundenes, offenes, diskriminierungsfreies und gerechtes multilaterales Handelssystem im Rahmen der WTO. Die EU betont seit Langem den Multilateralismus und die Schlüsselrolle der WTO: sie muss auch weiterhin aktive Schritte unternehmen, um dies zu unterstützen.
1.5Da die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung nicht rechtsverbindlich sind und für sie kein Streitbeilegungsmechanismus besteht, stellt der EWSA fest, dass die EU mithilfe eigener Strategien und Aktivitäten ihre Umsetzung vorantreiben muss.
1.5.1Er begrüßt die Absicht der EU, eine jährliche Aktualisierung vorzulegen, ist jedoch nach wie vor besorgt darüber, dass sie häufig scheinbar stärker daran interessiert ist, zu zeigen, wie sich die vorhandenen Strategien mit den Nachhaltigkeitszielen decken und überschneiden, als daran, durch die Bündelung und Anpassung dieser Strategien und Aktivitäten ein Höchstmaß an Synergie zu erreichen. Würde sich die EU stärker darauf konzentrieren, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, würde sie bessere Ergebnisse erzielen.
1.5.2Die EU sollte in einer Vielzahl wesentlicher Politikbereiche daran arbeiten, eine umfassende Synergie mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung sicherzustellen. Dazu gehören die Verlängerung des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens von Cotonou sowie die Interaktion der EU mit diesen Regionen im weiteren Sinne. Dies sollte insbesondere sowohl den gezielten Auf- und Ausbau von Kapazitäten zur Förderung und Unterstützung der Umsetzung des Übereinkommens über Handelserleichterungen als auch die umfassendere gemeinsame Handelshilfestrategie der EU und ihrer Mitgliedstaaten beinhalten, als wesentlichem Beitrag zu und wichtigem Teil der WTO-Initiative für Handelshilfe, mit der die Fähigkeit der Entwicklungsländer zur Nutzung der von Handelsabkommen gebotenen Chancen gestärkt werden soll. Ein auf die Nachhaltigkeitsziele ausgerichteter Beitrag zur sechsten globalen Überprüfung durch die WTO wird von großer Bedeutung sein.
1.5.3Zudem sollte gezieltere Unterstützung geleistet werden, um den Handel als Mittel zur Förderung der regionalen Integration und der Nachhaltigkeitsziele einzusetzen, insbesondere in den Regionen, in denen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen erst noch abzuschließen sind, auch wenn die WPA noch nicht alle anfänglichen Erwartungen erfüllt haben.
1.5.4Darüber hinaus sollte die EU im Rahmen ihrer Kompetenzen nach größeren Synergien zwischen den für ihr APS+-Programm relevanten 27 Kernübereinkommen und den Nachhaltigkeitszielen streben.
1.6Zudem fordert der Ausschuss die EU nachdrücklich auf, die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele soweit möglich im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen zu fördern. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Interaktion mit China in Bezug auf seine Initiative für eine neue Seidenstraße („One Belt, One Road“). In der letzten Sitzung des Diskussionsforums EU/China wurde hervorgehoben, dass ihre Umsetzung zur Verwirklichung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und ihrer Nachhaltigkeitsziele beitragen sollte.
1.7Der EWSA betont die Schlüsselrolle, die dem verantwortungsvollen unternehmerischen Handeln bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele zukommt. Hier wird die Bedeutung des Privatsektors sowohl zentral als auch weitreichend sein: Schätzungen des VN-Ausschusses für Handel und Entwicklung (UNCTAD) zufolge werden pro Jahr zusätzlich 2,5 Billionen US-Dollar benötigt, von denen ein Drittel vom Privatsektor aufzubringen wäre. Viele Unternehmen verfügen bereits über eigene Strategien im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsziele, aber alle müssen dazu angehalten werden, auf der Grundlage einer risikobasierten Sorgfaltspflicht für die Auswirkungen ihres Handelns auf die Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. Der EWSA stellt fest, dass die Mobilisierung von Ressourcen auch durch internationale steuerpolitische Maßnahmen erleichtert wird, die Investitionen zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele fördern.
1.8Ziel 17 besagt auch ausdrücklich, dass für eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklungsagenda Partnerschaften zwischen Regierungen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft erforderlich sind. Deshalb dringt der EWSA darauf, dass alle künftigen Mandate für Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung im Rahmen der EU-Handels- und Partnerschaftsverhandlungen eine spezielle Klausel enthalten müssen, nach der beide Parteien der jeweiligen zivilgesellschaftlichen Überwachungsmechanismen zur Förderung der Nachhaltigkeitsziele zusammenarbeiten und die erzielte Wirkung kontrollieren müssen.
1.8.1Diese Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung müssen (vor allem, da sie die Nachhaltigkeitsziele, das Klimaschutzübereinkommen von Paris und die Einhaltung der ILO-Übereinkommen beinhalten) die gleiche Gewichtung wie die Kapitel über wirtschaftliche, technische oder Zollfragen erhalten.
1.9Abschließend erinnert der EWSA die EU an seine frühere Empfehlung, eine vollständige Folgenabschätzung durchzuführen und zu untersuchen, wie sich die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele und die Umsetzung des Übereinkommens von Paris aller Voraussicht nach auf die EU-Handelspolitik einschließlich der Landwirtschaft auswirken werden. Eine gute Politik beginnt mit einer guten Analyse.
2.Hintergrund: die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung
2.1Die Umsetzung der umfassenden „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen und insbesondere ihres Kernstücks, der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, wird bis zu ihrem Zieldatum eine hohe globale Priorität bleiben. Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung werden durch 169 weitere spezifische Zielvorgaben gestützt.
2.1.1Die Nachhaltigkeitsziele sind globaler Natur, universell anwendbar und miteinander verflochten – alle Länder müssen gemeinsam die Verantwortung für ihre Verwirklichung übernehmen. Sie führen bereits zu einer neuen Art der internationalen Zusammenarbeit – umfassender und stärker auf Mitwirkung und Konsultation ausgerichtet. Mehr als 90 Länder haben andere Staaten, insbesondere die EU, um Hilfe bei der Verwirklichung dieser Ziele ersucht.
2.2Durch das Übereinkommen von Paris, das bereits in Kraft getreten ist, haben die Ziele für nachhaltige Entwicklung massiv an Bedeutung gewonnen. Seitdem ist aufgrund der erklärten Absicht der US-Regierung, aus dem Übereinkommen auszusteigen, und der potentiellen praktischen Auswirkungen eines solchen Schrittes erhebliche Unsicherheit entstanden. Dies bietet der EU die Möglichkeit, eine weltweite Führungsrolle zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass sowohl die Nachhaltigkeitsziele als auch das Übereinkommen von Paris oberste Prioritäten bleiben, indem sie auf dem starken Interesse aufbaut, das China und andere wachsende Volkswirtschaften an diesen Übereinkommen gezeigt haben. Bisher haben viele schnell wachsende Schwellenländer noch keine weiteren nennenswerten Anstrengungen unternommen, um Ländern, die in ihrer Entwicklung weiter zurückliegen, zu helfen.
2.3In der Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft: Europäische Nachhaltigkeitspolitik“ vom November 2016 ist eine vollständige Einbettung der Nachhaltigkeitsziele „in den europäischen Politikrahmen und in die aktuellen Kommissionsprioritäten“ vorgesehen, wozu die EU nach dem Vertrag von Lissabon auch verpflichtet ist. Der Ausschuss begrüßte diese derzeit in Ausarbeitung befindliche Initiative in seiner Stellungnahme zur Landwirtschaft in Handelsverhandlungen, in der er außerdem der EU empfahl, eine vollständige Folgenabschätzung in Bezug auf die wahrscheinlichen Auswirkungen auf die EU-Handelspolitik durchzuführen.
2.3.1In der Mitteilung heißt es, dass die Nachhaltigkeitsziele bei der Umsetzung der globalen Strategie der EU „ein Querschnittsthema darstellen“ werden. Es wird hervorgehoben, dass die EU an dieser Agenda „entscheidend mitgewirkt“ hat. Die Förderung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele und die Propagierung der europäischen Werte in der ganzen Welt sollten zu großen Synergieeffekten führen, auch wenn die Nachhaltigkeitsziele nicht unmittelbar eine verantwortungsvolle Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit fördern.
2.4Die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung und das Übereinkommen von Paris verändern die globale Handelsagenda maßgeblich, insbesondere im Handel mit Industriegütern und Agrarerzeugnissen. Die Dringlichkeit der Umsetzung dieser Übereinkommen muss im Zentrum aller künftigen Handelsverhandlungen der EU stehen.
2.4.1Die EU verfügt über die notwendige Glaubwürdigkeit, um eine echte Brückenfunktion zwischen Industrie- und Entwicklungsländern auszuüben. Der EWSA hat bereits zuvor darauf hingewiesen, dass die EU besonders gut aufgestellt ist, um diese Agenda voranzutreiben:
-sie hat als einer der weltweit größten Exporteure und Importeure Einfluss,
-sie wird im Bereich der Landwirtschaft nicht mehr als hauptsächlich defensiv angesehen,
-sie hat ein nachweisliches anhaltendes Interesse an Handel und Entwicklung und
-sie hat vor allem bei der WTO-Ministerkonferenz 2015 in Nairobi gezeigt, dass sie in der Lage ist, innovativ und ausgewogen zu denken.
3.Ziele für nachhaltige Entwicklung: eine wichtige Rolle für Handel und Investitionen
3.1Am 1. Mai tweetete die Stiftung der Vereinten Nationen: „Ensuring good education, health & governance for all makes conflict less likely.
@UN
has 17
#GlobalGoals
to do this.
http://bit.ly/UN2030
“ (Durch gute Bildung, Gesundheitsversorgung und verantwortungsvolles staatliches Handeln für alle werden Konflikte unwahrscheinlicher. Die Vereinten Nationen haben 17 globale Ziele dafür). Diese sind die Grundvoraussetzung für die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele, während Krieg und Korruption die schwierigsten Herausforderungen bleiben, die dem entgegenstehen.
3.2Dennoch müssen Handel und Investitionen eine sehr bedeutende Rolle spielen, wenn die Ziele für nachhaltige Entwicklung verwirklicht werden sollen. Der Handel wurde in den Millenniumsentwicklungszielen nur einmal erwähnt, in den Nachhaltigkeitszielen jedoch neunmal. Auf der WTO-Website wird insbesondere auf die Ziele 2 (Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern), 3 (Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern), 8 (Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern), 10 (Ungleichheit innerhalb von und zwischen Staaten verringern), 14 (Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen) und 17 (Umsetzungsmittel stärken und die globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wiederbeleben) hingewiesen. Diesen sind die Ziele 7 (Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern) und 9 (Eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen) hinzuzufügen. Zudem müssen sie voll und ganz im Zusammenspiel mit anderen einschlägigen Maßnahmen, insbesondere im Bereich Entwicklung, umgesetzt werden.
3.2.1Der Handel mit Agrarerzeugnissen wird bei der Verwirklichung der meisten Nachhaltigkeitsziele ebenfalls eine zentrale Rolle spielen, insbesondere bei Ziel 12 (Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen) und 15 (Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodenverschlechterung stoppen und umkehren und den Biodiversitätsverlust stoppen) sowie 1 (Armut in jeder Form und überall beenden), 13 (Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen) und 5 (Geschlechtergleichstellung und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen erreichen).
3.2.2Bei den Zielen für nachhaltige Entwicklung werden anders als bei den Millenniumsentwicklungszielen die „Umsetzungsmittel“ durch ihre 169 spezifisch festgelegten Zielvorgaben ausdrücklich bestimmt. Angesichts einer so großen Zahl an Zielen ist es schwieriger, Prioritäten festzulegen oder Unterstützung zu gewinnen. Trotzdem muss eine wesentliche Überlegung darin bestehen, sicherzustellen, dass sie integrativ bleiben und kein Teil der Gesellschaft benachteiligt wird.
3.3Der EWSA stellt mit Sorge fest, dass bislang weder ausreichende Maßnahmen/Strategien effektiv festgelegt noch die wichtigsten zu schließenden Lücken vollständig ermittelt wurden.
3.3.1Eine eingehende Betrachtung, welchen Beitrag der Handel an sich leisten kann, wird entscheidend sein. Neben direkten Maßnahmen sollten Handel und Investitionen berücksichtigt werden, die mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung vereinbar sind, beispielsweise durch den Einsatz umweltfreundlicher Technologie. Handel und Investitionen können auf vielerlei Weise einen positiven, wenn auch indirekten Beitrag leisten. Sie können jedoch nicht immer die wesentliche treibende Kraft für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele sein und auch keinen systematischen Ansatz bieten.
3.4Handel sollte per Definition nachhaltig sein. In der Realität ist dies jedoch keineswegs immer der Fall, insbesondere gemessen an den derzeitigen Nachhaltigkeitskriterien, einschließlich der CO2-Fußabdrücke. In der Vergangenheit wurden innerhalb Europas Lebensmittel und Güter gehandelt, die eine Region nicht selbst erzeugen konnte. Es gab zwei weitere bedeutende Faktoren: die Entwicklung entscheidender, grundlegender Verarbeitungsfähigkeiten über einen langen Zeitraum und die problemlose Beförderung. Der Zugang zu Wasser war von entscheidender Bedeutung, da der Transport auf dem Landweg weitaus kostspieliger und viel unzuverlässiger war.
3.4.1Diese Faktoren sind weiterhin bedeutend. Importsubstitutionsstrategien sind regelmäßig fehlgeschlagen. Das internationale Vertrauen in den Handel ist eine Grundvoraussetzung dafür, unnötige Importbarrieren zu minimieren oder zu verhindern. Dazu ist ein globales Handelssystem unverzichtbar, das durch ein internationales Regulierungs- und Streitbeilegungssystem gestützt wird. Hier spielt die WTO trotz der möglichen Infragestellung durch die US-Regierung nach wie vor eine entscheidende Rolle.
3.4.2Eine spezifische Zielsetzung für Ziel 17 besteht in der Förderung eines universellen, an Regeln gebundenen, offenen, diskriminierungsfreien und gerechten multilateralen Handelssystems im Rahmen der WTO: Die WTO wurde daher mit einer zentralen Rolle beauftragt. Die EU muss dies auch weiterhin fördern und unterstützen.
3.4.3In der WTO-Ministererklärung von Nairobi heißt es, dass der internationale Handel dazu beitragen kann, ein nachhaltiges, stabiles und ausgewogenes Wachstum für alle zu erzielen, und wird betont, dass dies ohne einen wirksamen multilateralen Handelsmechanismus viel schwerer wäre. Außerdem wird darin die Bedeutung der WTO-Initiative für Handelshilfe hervorgehoben, die einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung zahlreicher Nachhaltigkeitsziele leisten sollte.
3.4.4Durch die Verpflichtung der WTO zur Abschaffung der Exportsubventionen für Agrarerzeugnisse, die in Nairobi eingegangen wurde, wird eine wesentliche Zielvorgabe für Ziel 2 (Hunger beenden) erfüllt. Die aktuellen WTO-Verhandlungen über Fischereisubventionen sind für die Zielvorgabe des Nachhaltigkeitsziels 14 (Ozeane, Meere und Meeresressourcen), bis 2020 Fischereisubventionen zu untersagen, die zu Überkapazitäten und Überfischung beitragen, relevant. Der EWSA hofft, dass hierüber auf der kommenden WTO-Ministerkonferenz in Buenos Aires eine Einigung erzielt werden kann.
3.4.5Seit 1947 ging es zunächst im Rahmen des GATT und nun der WTO darum, Hemmnisse zu beseitigen. Neben Lebensmitteln, landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Textilien, Bekleidung, Schuhen und Keramik hat sich der Schwerpunkt nun von der Abschaffung von Zöllen auf den Umgang mit nichttarifären Handelshemmnissen verlagert. Wie der EWSA bereits in einer früheren Stellungnahme festgestellt hat, „[trägt] Handel [...] dazu bei, Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu beseitigen, und ist in der Lage, durch ein höheres Nahrungsmittelangebot die Ernährungssicherheit und die Ernährung bedeutend zu verbessern, Ressourceneffizienz zu fördern, Investitionen zu steigern, Marktchancen zu verbessern und das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln, wodurch er gleichzeitig dafür sorgt, dass Arbeitsplätze, Einkommen und Wohlstand geschaffen werden.“
3.5Mit den globalen Einkommen steigt auch die Nachfrage nach einer nie da gewesenen Auswahl und Vielfalt von Lebensmitteln und Konsumgütern. Dazu gehören Baumwollprodukte, Getreide und Rindfleisch, für deren Erzeugung eine beträchtliche Wassermenge benötigt wird – dabei ist Wasser vielerorts Mangelware. Die nachhaltige Nutzung von Wasser und Boden (und die Verhinderung von Luftverschmutzung) sind für die Verwirklichung vieler Nachhaltigkeitsziele von zentraler Bedeutung. Die Rationalisierung der Produktion wird zunehmend zu einer Schlüsselfrage: So ist beispielsweise Usbekistan (noch kein WTO-Mitglied) stark von der Baumwollproduktion abhängig, es handelt sich jedoch um ein trockenes Land und Baumwolle ist eine besonders viel Wasser benötigende Pflanze, die zudem einen erheblichen Einsatz von Pestiziden erfordert.
3.6Durch das Übereinkommen über Handelserleichterungen, das Anfang 2017 in Kraft trat, dürfte die Nachhaltigkeit des internationalen Handels durch die Beseitigung von Verzögerungen und unnötigen Blockierungen an Grenzen ebenfalls beachtlich steigen. Der EU kommt hier beim Auf- und Ausbau von Kapazitäten eine zentrale Rolle zu.
3.7Handel und Investitionen haben erhebliche Auswirkungen auf den Klimawandel. Die Verhandlungen über ein plurilaterales Abkommen über den Handel mit Umweltschutzgütern (EGA) lassen einen wichtigen Schritt für die Integration des Klimawandels in die multilaterale Handelspolitik erhoffen, doch werden weitere multilaterale Maßnahmen erforderlich sein, um die Kohärenz zu fördern.
3.8Investitionen spielen bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele dank ihres Beitrags zur Bereitstellung einer ausreichenden Infrastruktur (Ziel 9) und von genügend sekundären Verarbeitungsanlagen sowie durch die Erleichterung der Beförderung der hergestellten Erzeugnisse zu Verkehrsknotenpunkten und ihrer Inverkehrbringung ebenfalls eine wichtige Rolle, insbesondere in Afrika.
3.8.1In der Stellungnahme des Ausschusses zu eigenständigen Investitionsabkommen heißt es: „Ein wichtiger Zuständigkeitsbereich der Vertragsparteien eines Investitionsabkommens ist die Erleichterung von Investitionen durch die Bereitstellung der notwendigen nachhaltigen Infrastruktur. Die Regierungen sind dafür verantwortlich, eine stabile Rechtsgrundlage für Infrastrukturen zu bieten [...] oder die Voraussetzungen für die Sicherstellung wirksamer und effizienter Energie-, Wasser- und Verkehrsnetze zu schaffen. Energie- und Wasserversorgungsnetze erfordern eine komplexe Planung und ihre Fertigstellung kann zehn Jahre oder länger dauern“.
4.Die Rolle der EU und ihr Zuständigkeitsbereich
4.1Wie erwähnt, geht es in der Mitteilung der Kommission „Auf dem Weg“ um die vollständige Einbettung der Nachhaltigkeitsziele in den europäischen Politikrahmen und in die aktuellen Kommissionsprioritäten.
4.1.1In ihrer Mitteilung „Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalen Welt“ von 2006 wies die Kommission darauf hin, dass es wichtig ist, dass die Vorteile der Handelsliberalisierung „den Bürgern zugute kommen. Wenn wir zu Hause Kohäsion und soziale Gerechtigkeit anstreben, sollten wir im Übrigen auch versuchen, unsere Werte, und dazu zählen auch unsere Sozial- und Umweltstandards und die kulturelle Vielfalt, weltweit zu befördern“.
4.1.2Dem Vertrag von Lissabon zufolge müssen alle EU-Aktivitäten in den Bereichen Handel, Entwicklung und Auswärtiges auf gegenseitiger Information beruhen. Der EWSA hat bereits seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Nachhaltigkeitsziele in der Mitteilung der Kommission „Handel für alle“, die kurz nach ihrer Verabschiedung durch die VN veröffentlicht wurde, kaum Erwähnung finden. Bei der Umsetzung der Strategie „Handel für alle“ muss die EU besonders darauf achten, sicherzustellen, dass künftige Handels- und Partnerschaftsabkommen mit den ILO-Kernnormen und den COP-21-Verpflichtungen im Einklang stehen und durch sie der Verbraucherschutz sichergestellt wird.
4.1.3Wie jedoch aus dem jüngsten Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Singapur hervorgeht, ist die Zuständigkeit der EU bei Investitionen begrenzt, während sie in Handelsfragen uneingeschränkte Kompetenz besitzt.
4.2Die Nachhaltigkeitsziele selbst sind weder rechtsverbindlich noch werden sie durch einen Streitbeilegungsmechanismus gestützt. Der Erfolg wird von den eigenen Strategien und Programmen der Länder für eine nachhaltige Entwicklung abhängen. Die VN betonen, dass Partnerschaften zwischen Regierungen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft erforderlich sind. Auf ihrer Website werden sogar Maßnahmen aufgeführt, die jeder einzelne ergreifen kann.
4.3Die EU muss auch weiterhin ihre eigenen Strategien und Aktivitäten prüfen, um zu bestimmen, wie sie am besten zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung beitragen kann, nicht zuletzt durch Handel. Der EWSA ist besorgt, dass die EU offenbar eher bereit ist zu zeigen, wie sich ihre vorhandenen Strategien mit den Nachhaltigkeitszielen decken und überschneiden, als bestehende Strategien anzupassen, um ein Höchstmaß an Synergie zu erreichen. Er ist ferner nicht davon überzeugt, dass die Kommission bei den Schlüsselfragen einen vollständig GD-übergreifenden Ansatz entwickelt hat. Mit einer stärkeren Ausrichtung auf die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele ließen sich bessere Ergebnisse erzielen, auch in der Handelspolitik.
4.3.1Zu diesen Bereichen sollten die anstehende Verlängerung des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens von Cotonou sowie die Interaktion der EU mit diesen Regionen im weiteren Sinne gehören. Neben dem gezielten Auf- und Ausbau von Kapazitäten zur Förderung des Übereinkommens über Handelserleichterungen sollte dies auch die laufende Überarbeitung der gemeinsamen Handelshilfestrategie der EU und ihrer Mitgliedstaaten, ein Schlüsselelement der WTO-Initiative für Handelshilfe, unterstützen. Diese Initiative, die dazu dient, die Fähigkeit der Entwicklungsländer zur Nutzung der von Handelsabkommen gebotenen Chancen zu stärken, wird wiederum ausschlaggebend für die Verwirklichung vieler Ziele sein.
4.3.2Zudem sollte gezieltere Unterstützung geleistet werden, um den Handel als Mittel zur Förderung der regionalen Integration und der Nachhaltigkeitsziele einzusetzen, insbesondere in den Regionen, in denen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen erst noch abzuschließen sind, auch wenn der EWSA bedauert, dass die WPA noch nicht alle anfänglichen Erwartungen erfüllt haben.
4.3.3Die EU sollte im Rahmen ihrer Kompetenzen außerdem nach größeren Synergien zwischen den Nachhaltigkeitszielen und den für ihr APS+-Programm relevanten 27 verbindlichen Umwelt- und ILO-Übereinkommen (sowie den Anforderungen des EBA-Abkommens der am wenigsten entwickelten Länder) streben.
4.3.4In der Schlusserklärung des 14. Treffens der wirtschaftlichen und sozialen Interessengruppen AKP-EU im Juli 2015 in Jaunde heißt es, dass im Rahmen einer soliden und transparenten finanzpolitischen Steuerung unter Einbeziehung des Privatsektors alle verfügbaren finanziellen Ressourcen zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele mobilisiert werden müssen.
4.4Zudem ist der Ausschuss der Ansicht, dass die EU die Umsetzung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung soweit möglich im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen fördern sollte. Ein Paradebeispiel hierfür ist die Interaktion mit China in Bezug auf seine Initiative für eine neue Seidenstraße („One Belt, One Road“). In der letzten Sitzung des Diskussionsforums EU/China wurde hervorgehoben, dass ihre Umsetzung zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele und zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens beitragen sollte. Dies spiegelte ähnliche Bemerkungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen aus der jüngsten Vergangenheit wider.
4.4.1Der EWSA bekräftigt jedoch seine feste Überzeugung, dass die Einhaltung der Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) durch China und andere Länder wichtig ist.
4.5Der EWSA ist außerdem der Ansicht, dass die EU die Strategie Europa 2020 in die gemeinsamen Zielsetzungen der Nachhaltigkeitsziele einbeziehen muss, um die Voraussetzungen für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu schaffen.
4.6In seiner Stellungnahme Nachhaltige Entwicklung: Bestandsaufnahme der internen und externen politischen Maßnahmen der EUerklärte der EWSA: „Aus der UN-Agenda 2030 sollte ein proaktives und positives europäisches Narrativ für den Wandel geschaffen werden. Dies erfordert einen starken politischen Willen und die Entschlusskraft, eine nachhaltige Europäische Union zu gestalten, indem unsere Volkswirtschaften auf einen Entwicklungspfad hin zu Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit, Ressourceneffizienz, Klimaneutralität und Inklusion gebracht werden. Dieses zukunftsweisende Narrativ würde auch dazu beitragen, das mehr denn je erschütterte Vertrauen der EU-Bürger in das Projekt Europa wiederherzustellen und vor allem die jungen Leute dafür zu gewinnen. Die EU sollte den Unionsbürgern auf diese Weise über die UN-Agenda 2030 eine neue Vision für Europa eröffnen: den Gesellschaftsvertrag des 21. Jahrhunderts“.
5.Die Rolle des Privatsektors
5.1Die Welthandelskonferenz (UNCTAD) schätzt, dass zum Erreichen der 17 Nachhaltigkeitsziele (und ihrer 169 Zielvorgaben) pro Jahr zusätzliche 2,5 Billionen US-Dollar aufgebracht werden müssen. Mindestens ein Drittel davon wäre vom Privatsektor aufzubringen. Dessen Rolle wird zusammen mit der Rolle der Zivilgesellschaft in Ziel 17 hervorgehoben.
5.2Der Großteil davon entsteht durch verstärkten Handel und Investitionen, insbesondere durch die Notwendigkeit, Städte zu bauen, und die daraus resultierende Bereitstellung von Infrastruktur, Schulen, Krankenhäusern und Straßen. In Chinas Initiative für eine neue Seidenstraße ist dies bereits inbegriffen.
5.3Wie bereits erwähnt, wird insbesondere in Afrika der Bau von Infrastruktur besonders wichtig sein. Der innerafrikanische Handel ist sehr schwach entwickelt und macht nur etwa 10-15 % des gesamten Handels Afrikas aus. Der EWSA stellte bereits fest: „Die Verbesserung der Fähigkeit afrikanischer Länder zur Ausweitung ihres Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Verbindung mit den Nachhaltigkeitszielen im Infrastrukturbereich, die regionale Integration und die Vertiefung der Inlandsmärkte, auch durch einen Ausbau der Sekundärverarbeitung, werden von ausschlaggebender Bedeutung dafür sein, dass Afrika sich im positiven Sinne am Agrarhandel beteiligen und die Ernährungssicherheit erhöhen kann“.
5.4Der EWSA stellte ferner fest: „das Regelungsumfeld ist langfristig zu planen. [...] Auch Unternehmen müssen langfristig planen können, um erfolgreich zu investieren. Niemandem ist damit gedient, wenn diese Voraussetzungen – egal auf welcher Seite – nicht erfüllt werden. Durchsetzungsfähige staatliche und privatwirtschaftliche Akteure müssen neue Synergien entwickeln und neue Formen der Teilhabe erlernen. Hierbei wäre es wichtig, der Zivilgesellschaft die Möglichkeit für Beiträge einzuräumen, insbesondere auf der Ebene der Sozialpartner.“
5.5Eine wirksame Steuerung der globalen Wertschöpfungs- und Lieferketten wird unerlässlich sein, wie der EWSA in seiner Stellungnahme zum Thema Menschenwürdige Arbeit in globalen Lieferketten hervorhob. Globale Wertschöpfungsketten umfassen sämtliche Maßnahmen von der Konzipierung eines Produkts bis zum Endverbraucher. Eine globale Lieferkette ist Teil einer globalen Wertschöpfungskette, in der es um Beschaffung, nicht aber um die Konzipierung oder den Vertrieb geht.
5.5.1Der EWSA erklärte, dass sein Ziel lautet, „eine schrittweise, konsequente und nachhaltige Politik für die verantwortungsvolle Steuerung globaler Lieferketten einzuführen“ und „[es] sollten praktische und angemessene, risikobasierte Ansätze gefördert werden, die der Besonderheit der globalen Wertschöpfungskette und der globalen Lieferkette (linear oder modular, einfach oder komplex, kurze oder lange Organisation) Rechnung tragen“.
5.5.2Der Einfluss des Privatsektors wird weitreichend sein. Er kann ein wesentlicher Katalysator für die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Erneuerung sein, nicht zuletzt durch die Förderung und Entwicklung von Kernkompetenzen und die Ermöglichung einer stärkeren Diversifizierung. Viele Unternehmen verfügen bereits über ihre eigenen Strategien für die Nachhaltigkeitsziele. Dennoch wird verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele leisten, nicht zuletzt indem alle Unternehmen dazu angehalten werden, für die Auswirkungen ihres Handelns auf die Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen. Dies sollte insbesondere in den globalen Wertschöpfungs- und Lieferketten auf einer risikobasierten Sorgfaltspflicht aufbauen, bei der sowohl negative Auswirkungen als auch Risiken berücksichtigt werden, sowie auf der aktiven Förderung von Vorteilen, wodurch sichergestellt wird, dass kein Teil der Gesellschaft benachteiligt wird. Dies wiederum sollte die „Betriebsgenehmigung“ der Unternehmen stärken und zugleich Innovationen und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum maximieren.
5.6Die Sicherstellung größerer Synergien zwischen den Zielen für eine nachhaltige Entwicklung und dem Privatsektor umfasst:
-die Förderung der sozialen Verantwortung von Unternehmen, der Norm ISO 26000 und der Ausarbeitung internationaler Rahmenabkommen zwischen großen multinationalen Unternehmen und den internationalen Gewerkschaftsorganisationen (in allen Sektoren und insbesondere in Industriesektoren);
-die Entwicklung der nicht-finanziellen Bewertung von Unternehmen (in Bezug auf soziale und Umweltaspekte) und die Förderung sozial verantwortungsvoller Investitionen;
-die Einbeziehung der Sozial- und Umweltverantwortung in die Wertschöpfungskette zwischen Auftragnehmer und Unterauftragnehmer.
5.6.1Der EWSA ist der Ansicht, dass bei allen künftigen EU-Handels- oder Partnerschaftsabkommen die Einbeziehung der Förderung der Grundsätze und Normen der sozialen Verantwortung von Unternehmen angestrebt und die Förderung nationaler Rechtsvorschriften in diesem Bereich in den Blick gefasst werden sollte, insbesondere in Bezug auf extrafinanzielle Berichterstattung. In den Abkommen sollte darauf bestanden werden, dass jede unterzeichnende Partei die Einhaltung der Leitsätze der OECD für multinationale Unternehmen und des Globalen Pakts der Vereinten Nationen durch die Unternehmen aktiv fördert, das Recht auf Tarifverhandlungen gewährt und der soziale Dialog fortgesetzt wird.
5.6.2In seinem Informationsbericht über die soziale Verantwortung der Unternehmen betont der EWSA auch die Bedeutung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen in Bezug auf Unternehmen und Menschenrechte von 2011 als wichtiges Ereignis im Zusammenhang mit der Verantwortung von Unternehmen, da der Schwerpunkt im Teilbereich Soziales auf den Menschenrechten liegt. Diese werden nun von den Vereinten Nationen zu einem verbindlichen Vertrag für transnationale Unternehmen und andere Unternehmen in Bezug auf die Menschenrechte weiterentwickelt.
5.6.3Weitere einschlägige Stellungnahmen des EWSA sind diejenige zur Rolle des Privatsektors bei der Entwicklung und diejenige zur Einrichtung der EFSD-Garantie und des EFSD-Garantiefonds.
5.7Die Verwirklichung von Ziel 17 sollte sowohl das öffentliche Beschaffungswesen als auch die Zusammenarbeit von Behörden und Privatwirtschaft umfassen. Die EU sollte mit der UNCTAD und der UNECE, die die Rolle öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) gefördert hat, eng zusammenarbeiten. Während der EWSA ÖPP generell unterstützt, äußerte er bestimmte Bedenken und erklärte, ÖPP „können zu einem wichtigen Instrument für die Realisierung der Entwicklungsstrategien werden, sofern auf die richtige Dosierung und Kommunikation zwischen den interessierten Kreisen geachtet wird“.
5.8Der Ausschuss hat bereits ausdrücklich auf die weitreichenden Möglichkeiten hingewiesen, die KMU, Fachbetrieben und lokalen Unternehmen durch den elektronischen Geschäftsverkehr dabei eröffnet werden, sich bisher unzugängliche Märkte zu erschließen. Da KMU wesentliche Triebkräfte für Innovationen sind, bei der Sicherstellung und Weiterentwicklung von Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle spielen und 70-80 % der Arbeitsplätze stellen, appelliert der EWSA an die Kommission, besonders auf die Unterstützung dieser Unternehmen bei ihrem Beitrag zur Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele zu achten.
6.Die Rolle der Zivilgesellschaft
6.1Ziel 17 bezieht sich ausdrücklich auf die Rolle der Zivilgesellschaft und besagt, dass für eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklungsagenda Partnerschaften zwischen Regierungen, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft erforderlich sind. Diese globalen Partnerschaften würden auf globaler, regionaler, nationaler und lokaler Ebene gebraucht. Anschließend ist von Kontroll- und Überwachungsrahmen die Rede. Erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen besagen die Ziele für nachhaltige Entwicklung, dass die Regierungen gegenüber den Bürgern rechenschaftspflichtig sind. Zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung ist die direkte Einbeziehung der Zivilgesellschaft erforderlich, nicht zuletzt deshalb, weil es die Rechtsstaatlichkeit begünstigen und zur Korruptionsbekämpfung beitragen dürfte. Wenn die Zivilgesellschaft eine Mitwirkung scheut, würde dies das Gegenteil bewirken. In einer offenen Gesellschaft ist ihre Stimme eine starke Kraft für bedeutende Änderungen im Inland, Offenheit und Pluralität.
6.1.1Seit dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Korea von 2011 wurde bei allen Handels- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU darauf abgezielt, Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung mit Kontrollmechanismen der Zivilgesellschaft aufzunehmen. Diese Kapitel werden nun überarbeitet. Sie müssen ausgebaut und soweit möglich angepasst werden, damit sie die Verwirklichung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung unterstützen. Die künftigen EU-Verhandlungsmandate müssen in den Kapiteln über Handel und nachhaltige Entwicklung einen spezifischen Verweis auf die Nachhaltigkeitsziele enthalten.
6.2Diese Mechanismen verfügen über großes Potenzial zur Förderung der Werte der EU, einschließlich der Normen in den Bereichen Soziales und Umwelt. Sie können zu greifbaren Ergebnissen führen. Sie sind ein wichtiges Instrument für die Zusammenarbeit mit und die Teilhabe der Zivilgesellschaft der Partnerländer.
6.2.1Diese gemeinsamen Mechanismen der Zivilgesellschaft müssen genutzt werden können, um die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele zu fördern und Maßnahmen gegen negative Entwicklungen zu ergreifen. Der EWSA ist der Auffassung, dass diese Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung genauso durchsetzbar sein müssen wie andere Handelsklauseln. In diesem Zusammenhang fordert der EWSA die Europäische Kommission auf, bei allen künftigen Vereinbarungen Maßnahmen auszuhandeln, mit denen sich die Umsetzung der Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung uneingeschränkt kontrollieren lässt, und erforderlichenfalls derartige Maßnahmen zu ergreifen.
6.3Der Ausschuss begrüßt außerdem den Nachdruck, der in dem vom Rat im Mai 2015 angenommenen Dokument „Eine neue globale Partnerschaft für Armutsbeseitigung und nachhaltige Entwicklung nach 2015“ auf die Bedeutung der Sozialwirtschaft „für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die nachhaltige Entwicklung“ gelegt wird. Auch sozialwirtschaftliche Unternehmen können bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele eine wichtige Rolle spielen. In seiner jüngsten Stellungnahme zur Sozialwirtschaft weist der EWSA darauf hin, dass die Sozialwirtschaft im täglichen Leben und in der Produktionstätigkeit weiter Teile Afrikas, Amerikas und Asiens stark präsent ist und weltweit entscheidend zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen beiträgt.
Brüssel, den 7. Dezember 2017
Georges DASSIS
Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
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