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Order of the President of the Court of First Instance of 10 November 2004. # Wam SpA v Commission of the European Communities. # State aid - Loans at reduced rates to enable a firm to establish itself in certain third countries - Obligation to recover payment - Application for interim measures - Suspension of operation of a measure - Urgency - Absence. # Case T-316/04 R.
Beschluss des Präsidenten des Gerichts Erster Instanz vom 10. November 2004. Wam SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Staatliche Beihilfen - Zinsverbilligte Darlehen, durch die es einem Unternehmen ermöglicht werden soll, in bestimmten Drittländern Fuß zu fassen - Rückforderungspflicht - Einstweilige Anordnung - Aussetzung des Vollzugs - Keine Dringlichkeit. Rechtssache T-316/04 R.
Beschluss des Präsidenten des Gerichts Erster Instanz vom 10. November 2004. Wam SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Staatliche Beihilfen - Zinsverbilligte Darlehen, durch die es einem Unternehmen ermöglicht werden soll, in bestimmten Drittländern Fuß zu fassen - Rückforderungspflicht - Einstweilige Anordnung - Aussetzung des Vollzugs - Keine Dringlichkeit. Rechtssache T-316/04 R.
„Staatliche Beihilfen – Zinsverbilligte Darlehen, durch die es einem Unternehmen ermöglicht werden soll, in bestimmten Drittländern Fuß zu fassen
– Rückforderungspflicht – Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Keine Dringlichkeit“
Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 10. November 2004
Leitsätze des Beschlusses
Vorläufiger Rechtsschutz – Aussetzung des Vollzugs – Voraussetzungen – Dringlichkeit – Schwerer und nicht wieder gutzumachender
Schaden – Beweislast – Schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden des Antragstellers – Finanzieller Schaden – Situation,
die die Existenz der antragstellenden Gesellschaft gefährden oder ihre Marktposition irreversibel ändern könnte – Entscheidung
der Kommission, mit der die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe angeordnet wird
(Artikel 242 EG, Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 104 § 2)
Die Dringlichkeit eines Antrags auf einstweilige Anordnung bemisst sich nach der Notwendigkeit, vorläufigen Rechtsschutz zu
gewähren, damit der Antragsteller keinen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden erleidet. Der Antragsteller ist
dafür beweispflichtig, dass er den Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht abwarten kann, ohne einen solchen Schaden zu erleiden.
Das unmittelbare Bevorstehen des Schadens braucht nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden, sondern es genügt,
insbesondere wenn die Entstehung des Schadens vom Eintritt einer Reihe von Faktoren abhängt, dass sie mit einem hinreichenden
Grad von Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist. Dem Antragsteller obliegt es jedoch, die Tatsachen zu beweisen, die die Erwartung
eines solchen schweren und irreparablen Schadens begründen sollen.
Außerdem muss der Antragsteller zum Nachweis der Dringlichkeit dartun, dass die Aussetzung des Vollzugs oder die sonstigen
beantragten einstweiligen Anordnungen zum Schutz seiner Interessen erforderlich sind. Dagegen kann der Antragsteller zum Nachweis
der Dringlichkeit nicht die Beeinträchtigung eines Interesses geltend machen, das nicht sein eigenes Interesse ist, wie z. B.
die Beeinträchtigung eines allgemeinen Interesses oder von Rechten Dritter, ob es sich bei diesen nun um Einzelpersonen oder
aber um einen Staat handelt. Derartige Interessen können gegebenenfalls nur bei der Abwägung der betroffenen Belange berücksichtigt
werden.
Ein finanzieller Schaden kann zwar nur unter außergewöhnlichen Umständen als ein nicht oder auch nur schwer wieder gutzumachender
Schaden angesehen werden, da er Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann. Eine einstweilige Anordnung ist
jedoch dann gerechtfertigt, wenn sich der Antragsteller ohne diese Maßnahme in einer Situation befände, die vor dem Erlass
des das Hauptverfahren beendenden Urteils seine Existenz gefährden oder seine Position auf dem Markt irreversibel verändern
könnte.
Eine Beeinträchtigung der Interessen der Personen, denen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen gewährt
worden sind, ist zwangsläufig mit jeder Entscheidung der Kommission, mit der die Rückforderung solcher Beihilfen verlangt
wird, verbunden und kann als solche, unabhängig von einer konkreten Würdigung der Schwere und der Irreparabilität der im Einzelfall
behaupteten spezifischen Beeinträchtigung, keinen schweren und irreparablen Schaden darstellen.
(vgl. Randnrn. 26-29, 33)
BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTS 10. November 2004(1)
In der Rechtssache T-316/04 R
Wam SpA mit Sitz in Cavezzo di Modena (Italien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt E. Giliani,
Antragstellerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und E. Righini als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Antragsgegnerin,
wegen Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung C (2004) 1812 endg. der Kommission vom 19. Mai 2004 über die staatliche Beihilfe
C 4/2003 (ex NN 102/2002)
erlässt
DER PRÄSIDENT DES GERICHTS ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
folgenden
Beschluss
Sachverhalt und Verfahren
1
Am 19. Mai 2004 erließ die Kommission die Entscheidung C (2004) 1812 endg. über die staatliche Beihilfe C 4/2003 (ex NN 102/2002),
die die Italienische Republik der Antragstellerin gewährt hatte (im Folgenden: streitige Entscheidung).
2
Die Kommission stellte in der streitigen Entscheidung fest, dass der Antragstellerin in den Jahren 1995 und 2000 zwei zinsverbilligte
Darlehen nach dem italienischen Gesetz Nr. 394/81 vom 29. Juni 1981 gewährt worden seien, mit denen italienischen Unternehmen
der Zugang zu Märkten außerhalb der Europäischen Union habe erleichtert werden sollen (im Folgenden: streitige Beihilfen).
3
In Artikel 1 der streitigen Entscheidung wird festgestellt, dass die streitigen Beihilfen unter Artikel 87 Absatz 1 EG fielen,
dass sie der Kommission nicht gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG mitgeteilt worden seien und dass sie rechtswidrige Beihilfen darstellten.
4
In Artikel 2 der streitigen Entscheidung wird demzufolge die Rückzahlung von 48 054,41 Euro zuzüglich Zinsen ab 24. April
1996 und von 104 930,65 Euro zuzüglich Zinsen ab Erlass der Entscheidung verfügt.
5
Mit Klageschrift, die am 2. August 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Antragstellerin gemäß Artikel
230 EG Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben.
6
Mit besonderem Schriftsatz, der am 30. September 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Antragstellerin
nach Artikel 242 EG und den Artikeln 104 ff. der Verfahrensordnung des Gerichts den vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung
gestellt, um die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung zu erwirken. Außerdem hat sie beantragt, der Kommission
die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
7
Die Kommission hat zu dem vorliegenden Antrag auf einstweilige Anordnung am 14. Oktober 2004 innerhalb der ihr gemäß Artikel
105 § 1 der Verfahrensordnung gesetzten Frist schriftlich Stellung genommen. Sie beantragt, den Antrag auf Aussetzung des
Vollzugs zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
8
Das Gericht kann gemäß den Artikeln 242 EG und 243 EG in Verbindung mit Artikel 225 Absatz 1 EG, wenn es dies den Umständen
nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Maßnahme aussetzen oder die erforderlichen einstweiligen Anordnungen
treffen.
9
Nach Artikel 104 § 2 der Verfahrensordnung müssen Anträge auf einstweilige Anordnung den Streitgegenstand bezeichnen und die
Umstände anführen, aus denen sich die Dringlichkeit ergibt; ferner ist die Notwendigkeit der beantragten einstweiligen Anordnung
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft zu machen (Fumus boni iuris). Diese Voraussetzungen haben kumulativen
Charakter, so dass der Antrag auf einstweilige Anordnung zurückzuweisen ist, sofern eine von ihnen nicht erfüllt ist (Beschluss
des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1996 in der Rechtssache C‑268/96 P[R], SCK und FNK/Kommission, Slg. 1996,
I‑4971, Randnr. 30). Der Richter der einstweiligen Anordnung nimmt gegebenenfalls auch eine Abwägung der widerstreitenden
Interessen vor (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 29. Juni 1999 in der Rechtssache C‑107/99 R, Italien/Kommission,
Slg. 1999, I‑4011, Randnr. 59).
10
Die beantragten Anordnungen müssen außerdem vorläufig in dem Sinne sein, dass sie den Rechts- oder Tatsachenfragen des Rechtsstreits
nicht vorgreifen und die Folgen der später zur Hauptsache zu treffenden Entscheidung nicht im Voraus neutralisieren (Beschluss
des Präsidenten des Gerichtshofes vom 19. Juli 1995 in der Rechtssache C‑149/95 P[R], Kommission/Atlantic Container Line u. a.,
Slg. 1995, I‑2165, Randnr. 22).
11
Ferner verfügt der Richter der einstweiligen Anordnung im Rahmen dieser Gesamtprüfung über ein weites Ermessen, und er kann
im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls die Art und Weise, in der diese verschiedenen Voraussetzungen zu prüfen
sind, sowie die Reihenfolge dieser Prüfung frei bestimmen, da keine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts ihm ein feststehendes
Prüfungsschema für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer vorläufigen Entscheidung vorschreibt (Beschluss Kommission/Atlantic
Container Line u. a., Randnr. 23).
12
Die Akten enthalten nach Ansicht des Richters der einstweiligen Anordnung alle für die Entscheidung über den vorliegenden
Antrag auf einstweilige Anordnung erforderlichen Informationen, so dass es keiner vorherigen mündlichen Anhörung der Parteien
bedarf.
Vorbringen der Parteien
13
Die Antragstellerin macht geltend, dass im vorliegenden Fall alle Voraussetzungen für den beantragten Erlass der einstweiligen
Anordnung erfüllt seien.
14
Um darzutun, dass die Voraussetzung des Fumus boni iuris erfüllt ist, verweist die Antragstellerin auf die elf mit ihrer Klage
geltend gemachten Klagegründe, die sie auch in ihrem Antrag auf einstweilige Anordnung vorbringt. Diese Klagegründe sind:
Verstoß gegen mehrere allgemeine gemeinschaftsrechtliche Grundsätze und gegen die Artikel 87 EG, 88 EG und 253 EG sowie gegen
Artikel 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87
und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis"-Beihilfen“ (ABl. L 10, S. 30). Die Antragstellerin hat ihrem Antrag mehrere Dokumente und
Angebote auf Beweiserhebung durch Zeugenvernehmung beigefügt, die sich auf den Fumus boni iuris und insbesondere auf die Frage
beziehen, ob die von der Kommission festgestellten staatlichen Beihilfen geeignet sind, den Wettbewerb zu beeinträchtigen.
15
Zur Voraussetzung der Dringlichkeit trägt die Antragstellerin vor, dass die Durchführung der streitigen Entscheidung zu einer
irreversible Lage mit einem nicht wieder gutzumachenden Schaden führen würde. Sie macht hierzu vier Dringlichkeitsgründe geltend.
16
Erstens hätte die Durchführung der streitigen Entscheidung die Nichtanwendung des Gesetzes Nr. 394/81 und demzufolge die Aussetzung
der Finanzierungen zur Folge, mit denen gefördert werden solle, dass italienische Unternehmen in Drittländern Fuß fassten.
Dadurch würden die italienischen Investitionen auf diesen Märkten zurückgehen, und die relative Position der italienischen
Unternehmen, darunter die der Antragstellerin, würde geschwächt.
17
Zweitens würde die Durchführung der streitigen Entscheidung die Italienische Republik zwingen, vor Gericht Klage zu erheben,
um die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 394/81, d. h. seit 1981, gewährten Beihilfen wieder einzuziehen. Dies hätte
einen Schaden aller begünstigten Unternehmen und für die Unternehmen in Italien eine irreversible Veränderung des wirtschaftlichen
Gleichgewichts sowie ein Klima der Unsicherheit und des Misstrauens zur Folge.
18
Drittens macht die Antragstellerin geltend, dass die Durchführung der streitigen Entscheidung dazu führen würde, dass die
sie betreffenden Finanzierungsverträge nichtig wären und sie verpflichtet wäre, 1 480 000 Euro unverzüglich zurückzuzahlen,
wodurch ihre Existenz in Frage gestellt würde. Das Gleiche gelte für die von den anderen Unternehmen geschlossenen Verträge.
Sowohl diesen Unternehmen als auch der nationalen Wirtschaft würde ein nicht wieder gutzumachender Schaden entstehen.
19
Viertens könnte der italienische Gesetzgeber die in der derzeit geltenden Regelung vorgesehenen zinsverbilligten Darlehen
im Wege neuer Regelungen beseitigen, so dass die Antragstellerin die streitigen Beihilfen nicht mehr zurückerhalten könnte,
wenn das Gericht die streitige Entscheidung für nichtig erklären sollte.
20
Bei einer Abwägung der vorliegenden Interessen sei die Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung die ausgewogenste
Lösung, denn der sofortige Vollzug dieser Entscheidung hätte nicht nur für sie, sondern auch für die italienische und die
europäische Wirtschaft schwere und nicht wieder gutzumachende Schäden zur Folge, während die Aussetzung des Vollzugs bei einer
Abweisung der Klage die Wirkung der streitigen Entscheidung keineswegs beeinträchtigen würde.
21
Die Kommission macht zu dem Vorbringen der Antragstellerin über die Voraussetzung des Fumus boni iuris keinerlei Bemerkungen,
da der Antrag in Bezug auf die Dringlichkeit und die Interessenabwägung ihrer Ansicht nach auf jeden Fall offensichtlich unbegründet
ist.
22
In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass die Antragstellerin nichts vorgetragen habe, was die Dringlichkeit der beantragten
Maßnahmen nachweisen könne. Das gesamte Vorbringen zu dem angeblichen Schaden, der der italienischen Wirtschaft und den italienischen
Unternehmen im Allgemeinen entstünde, sei für den nach ständiger Rechtsprechung erforderlichen Nachweis der Dringlichkeit
im Hinblick auf die eigenen Interessen der Antragstellerin nicht stichhaltig. Die Antragstellerin habe nicht nachgewiesen,
dass der angebliche Schaden ihre Existenz auf dem Markt in Frage stellen könnte. Auf jeden Fall sei der behauptete Schaden
rein hypothetisch und nicht durch den geringsten Beweis untermauert.
23
Die Interessenabwägung falle eindeutig zu ihren Gunsten aus, da der angebliche Schaden rein hypothetisch sei, während das
gemeinschaftliche Interesse an der Durchführung der Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung gegenüber dem Interesse des
Beihilfeempfängers Vorrang habe.
24
Schließlich seien die Beweisangebote der Antragstellerin für eine Zeugenvernehmung unerheblich, denn sie beträfen keineswegs
die Voraussetzung der Dringlichkeit oder die Interessenabwägung.
Würdigung durch den Richter der einstweiligen Anordnung
25
Nach Ansicht des Richters der einstweiligen Anordnung ist im vorliegenden Fall zunächst die Voraussetzung der Dringlichkeit
zu prüfen.
26
Dazu ist zu bemerken, dass nach ständiger Rechtsprechung die Dringlichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung danach
zu beurteilen ist, ob die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erforderlich ist, um zu verhindern, dass dem Antragsteller
ein schwerer und nicht wieder gutzumachender Schaden entsteht. Der Antragsteller ist dafür beweispflichtig, dass er die Entscheidung
im Hauptverfahren nicht abwarten kann, ohne einen solchen Schaden zu erleiden (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom
3. Dezember 2002 in der Rechtssache T‑181/02 R, Neue Erba Lautex/Kommission, Slg. 2002, II‑5081, Randnr. 82, und die dort
zitierte Rechtsprechung).
27
Das unmittelbare Bevorstehen des Schadens braucht nicht mit absoluter Sicherheit nachgewiesen zu werden, sondern es genügt,
insbesondere wenn die Entstehung des Schadens vom Eintritt einer Reihe von Faktoren abhängt, dass sie mit einem hinreichenden
Grad von Wahrscheinlichkeit vorhersehbar ist. Dem Antragsteller obliegt es jedoch, die Tatsachen zu beweisen, die die Erwartung
eines solchen schweren und irreparablen Schadens begründen sollen (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 12. Oktober
2000 in der Rechtssache C‑278/00 R, Griechenland/Kommission, Slg. 2000, I‑8787, Randnr. 15, Beschluss Neue Erba Lautex/Kommission,
Randnr. 83, und die dort zitierte Rechtsprechung)
28
Außerdem muss der Antragsteller nach ständiger Rechtsprechung zum Nachweis dafür, dass die Voraussetzung der Dringlichkeit
erfüllt ist, dartun, dass die Aussetzung des Vollzugs oder die sonstigen beantragten einstweiligen Anordnungen zum Schutz
seiner Interessen erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 4. Mai 1964 in der
Rechtssache 12/64 R, Ley/Kommission der EWG, Slg. 1965, 182). Dagegen kann der Antragsteller zum Nachweis der Dringlichkeit
nicht die Beeinträchtigung eines Interesses geltend machen, das nicht sein eigenes Interesse ist, wie z. B. die Beeinträchtigung
eines allgemeinen Interesses oder von Rechten Dritter, ob es sich bei diesen nun um Einzelpersonen oder aber um einen Staat
handelt (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 6. Mai 1988 in der Rechtssache 112/88 R, Enosi
Kitroparagogon Kritis/Kommission, Slg. 1988, 2597, Randnr. 20, und Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 30. Juni 1999
in der Rechtssache T‑13/99 R, Pfizer Animal Health/Rat, Slg. 1999, II‑1961, Randnr. 136). Derartige Interessen können gegebenenfalls
nur bei der Abwägung der betroffenen Belange berücksichtigt werden (Beschluss Pfizer Animal Health/Rat, Randnr. 136).
29
Ein finanzieller Schaden kann zwar nur unter außergewöhnlichen Umständen als ein nicht oder auch nur schwer wieder gutzumachender
Schaden angesehen werden, da er Gegenstand eines späteren finanziellen Ausgleichs sein kann. Eine einstweilige Anordnung ist
jedoch dann gerechtfertigt, wenn sich der Antragsteller ohne diese Maßnahme in einer Situation befände, die vor dem Erlass
des das Hauptverfahren beendenden Urteils seine Existenz gefährden oder seine Position auf dem Markt irreversibel verändern
könnte (Beschluss Neue Erba Lautex/Kommission, Randnr. 84, Beschlüsse des Präsidenten des Gerichts vom 20. Juli 2000 in der
Rechtssache T‑169/00 R, Esedra/Kommission, Slg. 2000, II‑2951, Randnr. 45, und vom 27. Juli 2004 in der Rechtssache T‑148/04 R,
TQ3 Travel Solutions Belgium/Kommission, Slg. 2004, II‑0000, Randnr. 46).
30
Es ist daher zu prüfen, ob die Antragstellerin rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die Durchführung der streitigen
Entscheidung ihre Interessen derart beeinträchtigen könnte, dass vor dem Erlass des Urteils im Hauptverfahren ihr Überleben
gefährdet oder ihre Position auf dem Markt irreversibel verändert würde.
31
Dazu ist festzustellen, dass die Antragstellerin keinerlei Beweis erbracht hat, der den Richter der einstweiligen Anordnung
zu einer solchen Schlussfolgerung veranlassen könnte. Das Vorbringen der Antragstellerin zur Dringlichkeit in ihrem Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist vielmehr von allgemeiner und hypothetischer Art und wird nicht durch die erforderlichen
Beweise gestützt.
32
Zum Vorbringen der Antragstellerin in Bezug auf die Folgen der Nichtanwendung des Gesetzes Nr. 394/81 – d. h. die Aussetzung
der Finanzierungen, die Kündigung aller gemäß diesem Gesetz geschlossenen Finanzierungsverträge und die Maßnahmen zur Wiedereinziehung
der in der Vergangenheit gewährten Beihilfen – für die Unternehmen in Italien, für die italienische und für die europäische
Wirtschaft ist abgesehen davon, dass es die Antragstellerin nicht direkt betrifft und deshalb für die Prüfung der Voraussetzung
der Dringlichkeit unerheblich ist, festzustellen, dass es rein hypothetisch ist und durch keinerlei Beweise gestützt wird.
In Randnummer 125 der streitigen Entscheidung wird vielmehr, wie die Kommission zu Recht bemerkt, ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass die Entscheidung „die Vereinbarkeit des nationalen Rahmens in Form des Gesetzes Nr. 394/81 unberührt lässt“.
33
Des Weiteren ist entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin festzustellen, dass eine Beeinträchtigung der Interessen der
Personen, denen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen gewährt worden sind, zwangsläufig mit jeder Entscheidung
der Kommission, mit der die Rückforderung solcher Beihilfen verlangt wird, verbunden ist und als solche, unabhängig von einer
konkreten Würdigung der Schwere und der Irreparabilität der im Einzelfall behaupteten spezifischen Beeinträchtigung, keinen
schweren und irreparablen Schaden darstellen kann (Beschluss Griechenland/Kommission, Randnr. 21).
34
Zu den konkreten Auswirkungen der Durchführung der streitigen Entscheidung auf die Lage der Antragstellerin, ist festzustellen,
dass diese lediglich allgemein eine irreversible Veränderung des wirtschaftlichen Gleichgewichts und einen nicht wieder gutzumachenden
Schaden für die Position der italienischen Unternehmen, darunter die ihre, auf dem Markt behauptet, ohne auch nur den Versuch
eines Beweises ihrer Behauptungen zu unternehmen.
35
Zu dem Vorbringen der Antragstellerin, dass die Durchführung der streitigen Entscheidung zur Folge hätte, dass die Finanzierungsverträge
nichtig wären und sie gezwungen wäre, 1 480 000 Euro zu zahlen – was die Kommission bestreitet, weil der zurückzuzahlende
Betrag nicht dem entspreche, was in der Entscheidung vorgesehen sei, in der lediglich verlangt werde, 48 054,41 Euro und 104 930,65
Euro zuzüglich Zinsen zurückzufordern –, ist festzustellen, dass die Antragstellerin allgemeine Behauptungen vorträgt, ohne
zu versuchen, diese und den Umstand zu beweisen, dass die Zahlung eines derartigen Betrages ihre Existenz gefährden würde.
36
Das vierte Argument der Antragstellerin schließlich, wonach die Italienische Republik die Beihilferegelung, die die Antragstellerin
in Anspruch genommen hat, in Zukunft ändern könnte, so dass sie bei einer Nichtigerklärung der Entscheidung die streitigen
Beihilfen nicht mehr zurückerhalten könnte, ist ebenfalls hypothetisch und wird durch keinerlei Beweise gestützt. Außerdem
hätte die Antragstellerin, wie die Kommission bemerkt, selbst in diesem Fall die Möglichkeit, gegen die Italienische Republik
oder gegen die Kommission weitere Klagen zu erheben, und trägt im Übrigen kein Argument dafür vor, dass es ihr verwehrt wäre,
derartige Klagen zur Wahrung ihrer Interessen zu erheben.
37
Nach alledem ist also festzustellen, dass die Antragstellerin, da sie ihre Behauptungen keineswegs bewiesen hat, dass die
Durchführung der streitigen Entscheidung einen schweren und nicht wieder gutzumachenden Schaden zur Folge hätte, den Nachweis
nicht erbracht hat, dass ihr ohne die Gewährung einer Aussetzung des Vollzugs der streitigen Entscheidung ein schwerer und
nicht wieder gutzumachender Schaden entstünde.
38
Daraus folgt, dass das Vorliegen der Voraussetzung der Dringlichkeit des Antrags auf Aussetzung des Vollzugs rechtlich nicht
hinreichend nachgewiesen ist. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist daher zurückzuweisen, ohne dass die anderen Voraussetzungen
für den Erlass einer einstweiligen Anordnung geprüft zu werden brauchen.
Aus diesen Gründen
DER PRÄSIDENT DES GERICHTS
beschlossen:
1.
Der Antrag auf einstweilige Anordnung wird zurückgewiesen.