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Document 52008DC0866

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Rechnungshof - Überlegungen zu einem gemeinsamen Konzept des tolerierbaren Fehlerrisikos {SEK(2008) 3054}

/* KOM/2008/0866 endg. */

52008DC0866

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Rechnungshof - Überlegungen zu einem gemeinsamen Konzept des tolerierbaren Fehlerrisikos {SEK(2008) 3054} /* KOM/2008/0866 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 16.12.2008

KOM(2008) 866 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN RECHNUNGSHOF

Überlegungen zu einem gemeinsamen Konzept des tolerierbaren Fehlerrisikos

{SEK(2008) 3054}

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT UND DEN EUROPÄISCHEN RECHNUNGSHOF

Überlegungen zu einem gemeinsamen Konzept des tolerierbaren Fehlerrisikos

1. Hintergrund

Bei der Vorlage seines Jahresberichts für das Haushaltsjahr 2007 erklärte der Europäische Rechnungshof, dass er in Bereichen, die zusammen 54 % des EU-Haushalts ausmachen, eine „wesentliche Fehlerquote“ festgestellt habe. So ermittelte der Rechnungshof über der Wesentlichkeitsschwelle von 2 % liegende Fehlerquoten in den Bereichen Entwicklung des ländlichen Raums, Umwelt, Kohäsion, Forschung, Energie, Verkehr, Außenhilfe, Entwicklungshilfe, Erweiterung, Bildung und Unionsbürgerschaft.

Die Haushaltsbehörde und die Öffentlichkeit müssen daher den Eindruck gewinnen, dass die EU nicht in der Lage ist, einen Großteil ihrer wichtigsten Politikbereiche angemessen zu verwalten. Der Rechnungshof zeigt mit seinem Bericht in Bezug auf einige Bereiche, die zu den künftigen Ausgabenprioritäten des EU-Haushalts zählen dürften, gewissermaßen die „gelbe“ und die „rote Karte“ – und das vor dem Hintergrund der Haushaltsüberprüfung und einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Kommission hat große Anstrengungen unternommen, um der Lage Herr zu werden, und in den letzten vier Jahren wurden dabei auch erhebliche, greifbare Fortschritte erzielt.

Natürlich würde es helfen, auf allen Ebenen mehr und besser zu kontrollieren. Auch durch eine Vereinfachung der Rechtsvorschriften kann der hohen Fehlerquote begegnet werden, die darauf zurückzuführen ist, dass Endbegünstigte zu hohe Kosten abrechnen, weil sie die oftmals komplizierten Vorschriften und Regelungen bei der Verwendung von EU-Mitteln nicht richtig verstehen oder fehlerhaft anwenden.

Der Rechnungshof weist aber auch darauf hin, dass schon die Art und Weise, in der EU-Mittel auf der Grundlage von Eigenangaben der Begünstigten an Millionen von Empfängern in der gesamten Union verteilt werden, mit einem inhärenten Risiko behaftet ist. Und die Europäische Union ist ja auch jenseits ihrer Grenzen in der Entwicklungszusammenarbeit sowie im Rahmen humanitärer Bemühungen und anderer globaler Herausforderungen – häufig unter schwierigen und risikoträchtigen Bedingungen – aktiv, wofür sie allerdings breite Unterstützung in der europäischen Öffentlichkeit genießt.

Angesichts dieser politischen Erfordernisse muss die Union handeln und dabei kosteneffizient Ergebnisse erzielen. Auch wenn bei Betrug „null Toleranz“ gilt, sind sich die politischen Entscheidungsträger darüber im Klaren, dass einige Regelungen ein inhärentes Risiko bergen. Sie sind es gewohnt, derartige Risiken zu beurteilen und mit ihnen umzugehen, und sie akzeptieren dabei, dass Fehler vorkommen, die erst nach ihrer Aufdeckung zu korrigieren sind.

Derzeit wendet der Europäische Rechnungshof, wie viele andere Rechnungshöfe auch, bei Rechnungsabschlüssen eine Wesentlichkeitsschwelle von 2 % an. Dieser einheitliche Richtwert, der die unterschiedlichen Risikoprofile der Politikbereiche nicht berücksichtigt, wird vom Rechnungshof auch zur Feststellung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Vorgänge angewandt. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Haushaltsbehörde unter Berücksichtigung der politischen Erfordernisse, des Nutzens (auch nicht-finanzieller Art) einer Politik, des inhärenten Risikos, des Potenzials für weitere Vereinfachungen und der zusätzlichen Kosten einer Senkung der Fehlerquoten durch mehr Kontrollen einen anderen Schwellenwert ansetzt.

Das Konzept des „tolerierbaren Fehlerrisikos“ stellt die praktische Anwendung dieses politischen Ansatzes in der Rechnungsprüfung dar und hätte schon längst in Bezug auf den EU-Haushalt erörtert werden müssen.

Auf EU-Ebene wurde das Konzept des tolerierbaren Fehlerrisikos erstmals vom Europäischen Rechnungshof in seiner Stellungnahme 2/2004[1] zum Modell der „Einzigen Prüfung“ angesprochen. Nach Auffassung des Rechnungshofs ist „jedes Kontrollsystem […] ein Kompromiss zwischen den aus der vorgesehenen Kontrollintensität entstehenden Kosten und dem aus diesen Verfahren erzielten Nutzen. Im Gemeinschaftsumfeld zählen zum Nutzen sowohl die Verringerung des Risikos der Mittelverschwendung als auch die Eindämmung des Fehlerrisikos auf ein akzeptables Niveau.“

Der Rechnungshof stellt im Einklang mit internationalen Prüfungsstandards weiter fest, dass zugrunde liegende Vorgänge nur selten völlig fehlerfrei sein könnten und daher ein gewisses Maß an Toleranz in Bezug auf ihre Richtigkeit zulässig sei.[2] Diese Toleranz spiegelt sich in der Wesentlichkeitsschwelle von 2 % wider, die der Rechnungshof bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Vorgänge in allen Politikbereichen anwendet.[3] Dementsprechend hat eine auf der Grundlage der vom Rechnungshof geprüften Stichprobe extrapolierte Fehlerquote von mehr als 2 % nur eine eingeschränkt positive oder gar eine negative Stellungnahme zur Folge.

In seiner Stellungnahme führte der Rechnungshof weiter aus: „Das hinnehmbare Risiko in Bezug auf Fehler oder Unregelmäßigkeiten wird von Haushaltsbereich zu Haushaltsbereich verschieden sein und hängt sowohl von den Kontrollkosten als auch vom inhärenten Risiko […] ab.“ Zur Abwägung von Kosten und Nutzen der Prüfung hat der Rechnungshof festgestellt, dass die 2-%-Schwelle in einigen Haushaltsbereichen nicht unbedingt ein geeigneter Richtwert für die Beurteilung des Risikomanagements der Kommission ist. Er verlangte daher die Festlegung von Quoten für das hinnehmbare Fehlerrisiko, die von der Kommission vorzuschlagen und auf politischer Ebene zu beschließen wären. Die Kommission nahm die Anregungen des Rechnungshofs zum hinnehmbaren Risiko in ihren 2006 vorgelegten Aktionsplan für einen Integrierten Internen Kontrollrahmen auf (Maßnahme 4) und leitete eine Datensammlung zu den Kontrollkosten ein (Maßnahme 10).[4]

Im Anschluss an die Stellungnahme des Rechnungshofs zur „Einzigen Prüfung“ gelangte der Rat im November 2005 zu dem Schluss, dass „er sich mit dem Europäischen Parlament darüber verständigen sollte, welche Risiken bei den zugrunde liegenden Vorgängen in Anbetracht der Kosten und Nutzen der Kontrollen in den verschiedenen Politikbereichen und der Höhe der betreffenden Ausgaben hinnehmbar sind.“[5] Dieser Linie entsprach auch die Erklärung des slowenischen Ratsvorsitzes vom Juni 2008, dass sich nach seiner Überzeugung und in Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates von 2005 das Europäische Parlament und der Rat darüber verständigen sollten, welches Restrisiko bei den zugrunde liegenden Vorgängen in Anbetracht der Kosten und des Nutzens von Kontrollen in den einzelnen Politikbereichen sowie der Höhe der betreffenden Ausgaben tolerierbar sei.[6]

Das Europäische Parlament hat ebenfalls die Umsetzung eines Konzepts des tolerierbaren Fehlerrisikos stets unterstützt (namentlich in seinen Entlastungsbeschlüssen für die Haushaltsjahre 2003 bis 2006), und im April 2008 befasste sich ein Arbeitsdokument[7] des Vorsitzenden des Haushaltskontrollausschusses des Parlaments mit diesem Thema. Darin wurde vorgeschlagen, „die politische Anerkennung der kalkulierten Risiken, die mit EU-Maßnahmen verbunden sind, zu fördern“ und „genaue und verlässliche Informationen zur aktuellen Lage zur Verfügung zu stellen“ .

In seinem Jahresbericht 2007[8] empfahl der Rechnungshof den gesetzgebenden Instanzen und der Kommission, das Konzept des hinnehmbaren Risikos zunehmend zu berücksichtigen. Im Lichte dieser Stellungnahmen vertritt die Kommission die Auffassung, dass zwischen den Organen unstreitig ist, dass ein Konzept des tolerierbaren Risikos angestrebt werden müsse, das die Risiken in den einzelnen EU-Politikbereichen und die Kosten der Eindämmung des Risikos auf ein bestimmtes Niveau transparent macht. Jegliche Entscheidung über ein tolerierbares Risikoniveau muss auf einer Gesamtabwägung der politischen Erfordernisse, des Nutzens (auch nicht-finanzieller Art) einer Politik, des inhärenten Risikos, des Potenzials für weitere Vereinfachung und der zusätzlichen Kosten in Verbindung mit einer Senkung der Fehlerquoten durch verstärkte Kontrolle beruhen.

Diese Mitteilung definiert das tolerierbare Risiko und beschreibt den Ansatz zur Darstellung des Konzepts (Abschnitt 2), Abschnitt 3 beschreibt Beispielfälle in wichtigen Ausgabenbereichen (dem Rechnungshof zufolge „rote Bereiche“ in den Jahren 2007 und 2008), die auf den Ergebnissen der Datensammlung für eine erste Schätzung der Kontrollkosten beruhen, und in Abschnitt 4 schließlich wird eine Vorgehensweise zur förmlichen Festsetzung von tolerierbaren Risikoniveaus vorgeschlagen.

2. Definition des tolerierbaren Risikos und Darstellung des Konzepts in dieser Mitteilung

2.1. Begriffsbestimmungen

Das tolerierbare Risiko ist die akzeptierte oder tolerierte Quote nicht erkannter Fehler nach Minderung des inhärenten Risikos durch kosteneffiziente Kontrollen:

Tolerierbares Risiko = Inhärentes Risiko – durch kosteneffiziente Kontrollen gemindertes Risiko |

In dieser Gleichung ist das inhärente Risiko das mit der Tätigkeit selbst verbundene Risiko. Indikatoren für das inhärente Risiko von Kommissionstätigkeiten sind u.a. die Komplexität der Rechtsvorschriften, der Verwaltungsrahmen – etwa Agenturen, nationale Verwaltungen (z.B. bei geteilter Verwaltung) oder nationale Durchführungsstellen –, die Stabilität der politischen Rahmenbedingungen, Anzahl und Art der Begünstigten sowie die Art der Maßnahmen. Manchmal sind komplizierte Regelungen und Auswahlkriterien unerlässlich, um bestimmte, als erstrebenswert angesehene Ergebnisse zu erzielen, selbst wenn die Vorgänge dadurch fehleranfällig werden. Gut gestaltete Regelungen und Vorschriften, die eindeutig auszulegen und einfach anzuwenden sind, mindern also das Fehlerrisiko.

Interne Kontrollsysteme werden eingerichtet, um das inhärente Fehlerrisiko auf ein akzeptables Niveau zu mindern. Kontrollbestimmungen in Rechtsvorschriften, beispielsweise Mindestkontrollquoten in der Landwirtschaft oder bei den Strukturfonds, haben Einfluss darauf, mit welcher Wahrscheinlichkeit Fehler vermieden und aufgedeckt werden. Die Entscheidungen des Gesetzgebers in Bezug auf Kontrollstrategien und deren Umsetzung durch die Kommission und die Mitgliedstaaten sowie der Grad der Erfüllung der vorgeschriebenen Kontrollanforderungen durch die Behörden der Mitgliedstaaten (bei geteilter Verwaltung) wirken sich unmittelbar auf die Höhe des Risikos aus.

Der Rechnungshof definiert zwei Arten von finanziellen Fehlern: solche, die unmittelbare Auswirkungen auf den zu zahlenden Betrag haben, und solche, die sich nicht unmittelbar auf die Zahlung auswirken, sondern ein finanzielles Risiko beinhalten und/oder Anlass zu finanziellen Korrekturen geben könnten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber, dass keiner dieser Fehler ein Indikator für Betrug ist.

Die wahrscheinliche Fehlerquote kann durch mehr und/oder bessere Kontrollen gemindert werden, aber entsprechende Aufwendungen müssen gegen den sich daraus ergebenden Nutzen aufgewogen werden, der weitgehend daran gemessen wird, in welchem Umfang finanzielle Fehler wahrscheinlich aufgedeckt und korrigiert werden. Ausgehend von der o.a. Gleichung kann das Restrisiko nach der Durchführung von Kontrollen als akzeptabel oder tolerierbar angesehen werden, wenn aufgezeigt werden kann, dass alle Maßnahmen getroffen wurden, um das inhärente Risiko unter Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung zu begrenzen. Wenn nach dem Konzept des „tolerierbaren Risikos“ verfahren werden soll, müsste definiert werden, bis zu welchem Grade eine Reduzierung der Fehlerquote vernünftigerweise zu erwarten ist, wenn die Kommission und ihre Durchführungspartner einschließlich der Mitgliedstaaten Kontrollressourcen kosteneffizient einsetzen. Diese Entscheidung ist auf politischer Ebene zu treffen.

In dieser Mitteilung wird das Konzept des tolerierbaren Risikos anhand verfügbarer Daten über Fehlerarten und Fehlerquoten sowie aktueller Kontrollkosten und Kontrollpopulationen erläutert. Die Fehlerdaten stammen aus der Zuverlässigkeitserklärung (DAS) 2006 des Rechnungshofs oder aus Ergebnissen von Kontrollen der Mitgliedstaaten. Die Daten über die Kontrollkosten und die Kontrollpopulationen beruhen zum Teil auf Erhebungen und zum Teil auf Schätzungen.

2.2. Erläuterung des tolerierbaren Fehlerrisikos

2.2.1. Das Konzept

Die Kommission erkennt an, dass es bei der Vorschriftentreue und der Kontrollqualität noch weiterer Verbesserungen bedarf, zum Beispiel in der Weise, dass Kommission und Mitgliedstaaten den Verwaltungsstellen auf allen Ebenen (national, regional, sektoral usw.) und den Begünstigten weitere Anleitungen und Schulungen anbieten, die sich auf besonders fehlerträchtige Bereiche konzentrieren. Inwieweit Verbesserungen möglich sind, hängt davon ab, wie wirksam die Kommission und ihre Durchführungspartner, beispielsweise in den Mitgliedstaaten, das einschlägige Instrumentarium[9] anwenden und welche Ressourcen sie für die Kontrollen bereitstellen.

Wenn vorhandene Kontrollverfahren einmal in dieser Weise unter geringem Kostenaufwand verbessert worden sind, dürfte eine weitere Reduzierung der Fehlerquote nur durch intensivere Verwaltungskontrollen auf der ersten Ebene erreichbar sein, die sowohl Prüfungen von Unterlagen als auch Prüfungen vor Ort umfassen. Zusätzliche Prüfungen vor Ort dürften angesichts der großen Zahl der zu prüfenden Begünstigten von Gemeinschaftsprogrammen recht hohe Kosten verursachen.

Die Abwägung zwischen den Kosten von Kontrollen und ihrem Nutzen kann anhand eines einfachen Modells erläutert werden. Dieses Modell dient der Ermittlung des theoretischen Niveaus des tolerierbaren Risikos („Punkt des tolerierbaren Risikos“), bei dem die Grenzkosten einer zusätzlichen Kontrolle gleich dem Grenznutzen eben dieser Kontrolle sind.

Das Modell beruht auf zwei Punkten in einem Koordinatensystem:

- Punkt A markiert die aktuelle Fehlerquote bei aktuellen (geschätzten) Kontrollkosten.[10]

- Punkt B markiert den Punkt, an dem der Kontrollaufwand, ausgedrückt in geschätzten aktuellen Kontrollkosten plus geschätzten Kosten für die jährliche Vor-Ort-Prüfung sämtlicher Projekte, theoretisch eine Fehlerquote von Null bewirkt.

Zwischen den Punkten A und B wurde eine Trendgerade gezogen.

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Dieser Ansatz ist insofern vereinfacht, als unterstellt wird, dass jedes Element der Population dieselben Risikomerkmale aufweist, was bei Gemeinschaftsprogrammen tatsächlich aber kaum der Fall sein dürfte. Das Modell kommt den tatsächlichen Verhältnissen näher, wenn von der Geraden eine Kurve abgeleitet wird, die eine Population aus Elementen mit verschiedenen Merkmalen repräsentiert.

Wird eine Tangente im Winkel von 135° an die Kurve gelegt, so berührt sie diese an dem Punkt, an dem die Grenzkosten der Kontrollen gleich dem Grenznutzen sind. Dies ist der Punkt des tolerierbaren Risikos. Jegliche Kontrolle, die aufgrund ihrer Kosten auf der Kurve vor diesem Punkt liegt, dürfte zur Aufdeckung und Korrektur von Fehlern führen, deren „Wert“ die durch die zusätzliche Kontrolle verursachten Kosten übersteigt. Über diesen Punkt hinaus mehr Kontrollen durchzuführen, würde mehr Kosten verursachen, als die Aufdeckung von Fehlern wieder einbringen würde, weshalb bei einer kosteneffizienten Kontrollstrategie dieser Punkt eine tolerierbare Fehlerquote markieren würde.

Weitere Einzelheiten dieses Ansatzes werden in der beigefügten Arbeitsunterlage erläutert.

2.2.2. Hypothesen

Dem Ansatz liegen bestimmte Hypothesen zugrunde, da bisher nur tatsächlich verfügbare und leicht quantifizierbare Daten analysiert werden konnten. Aufgrund der folgenden Hypothesen und Vereinfachungen könnte das tolerierbare Risiko zu hoch angesetzt werden:

- Kontrollen haben eine abschreckende Wirkung[11], die jedoch schwer zu messen ist: In diesem Modell sind Kosten und Nutzen von Kontrollen ausschließlich in quantifizierbaren finanziellen Größen ausgedrückt.

- Um eine Fehlerquote von 0 % zu erzielen, müssen alljährlich sämtliche Projekte vor Ort geprüft werden: dieses Modell berücksichtigt nicht die Auswirkungen zusätzlicher Schulungsmaßnahmen und Anleitungen sowie die Extrapolation von Fehlern im Wege der Korrektur systematischer Fehler bei nichtgeprüften Projekten.

- Die Kosten einer jeden Kontrolle sind gleich, und aus der gleichzeitigen Prüfung mehrerer Projekte desselben Begünstigten oder der Prüfung von in mehreren Jahren getätigten Ausgaben im Rahmen einer einzigen Kontrolle erwachsen keine Skaleneffekte.

- Die Projekte bilden ihrer Größe und dem Fehlerrisiko nach eine homogene Population – in der Realität hingegen würden Kontrollen eher in Bereichen mit hohem Risiko durchgeführt, wodurch das Risiko nicht aufgedeckter Fehler bei niedrigeren Kosten verringert wird.

- Der vorhandene mehrjährige Korrekturmechanismus (z.B. für die Kohäsionspolitik) hat Auswirkungen auf die Fehlerquote, da viele der im Rahmen der jährlichen Stichprobe des Rechnungshofs geprüften Projekte nicht dem gesamten Spektrum an Kontrollen unterzogen worden sind, die nach den Rechtsvorschriften während der Programmlaufzeit erforderlich sind.[12] Der Punkt des tolerierbaren Risikos (für ein bestimmtes Jahr) in dem gewählten Beispiel ist daher völlig unabhängig von der Fehlerquote bei Abschluss der einzelnen (Mehrjahres-) Programme und von den Zuverlässigkeitserklärungen in den Jahrestätigkeitsberichten der Kommissionsdienststellen, die auf einer Bewertung der Fähigkeit der Systeme zur Aufdeckung und Korrektur von Fehlern über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg beruhen.

Aufgrund der folgenden Hypothesen könnte das tolerierbare Risiko zu niedrig angesetzt werden:

- Es entstehen keine oder nur unerhebliche Kosten für die Verbesserung bestehender Ex-ante-Kontrollen, um diese – beispielsweise durch bessere Anleitungen und Schulungsmaßnahmen der Kommission für die Mitgliedstaaten oder von diesen für die Behörden und Begünstigten in ihrem jeweiligen Land – auf die vom Rechnungshof 2006 gemeldete Mindestfehlerquote auszurichten.

- Prüfungsrisiken werden nicht berücksichtigt: es wird unterstellt, dass durchgeführte Kontrollen sämtliche Fehler in einem Projekt aufdecken und korrigieren.

Außerdem wurden die gewählten Beispiele auf ein einziges Jahr bezogen, das als repräsentativ angesehen wird. Die kombinierten Wirkungen (nach oben und nach unten) dieser Hypothesen können sich gegenseitig aufheben. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass mit ausgefeilteren mathematischen Ansätzen (unter Verwendung von parabolischen und logarithmischen Funktionen sowie des Konzepts der Opportunitätskosten) vergleichbare Ergebnisse erzielt werden, weshalb die gewählte Methode als hinreichend zuverlässig angesehen wird (siehe Anhang).

Einige der vorstehenden Hypothesen gehen recht weit – bei einer umfassenden Analyse der finanziellen Vorgänge und der Fehlerquoten[13] in Verbindung mit einer umfassenden Sammlung und Analyse von detaillierten Daten auf Projektebene könnte das Modell weiterentwickelt werden, um folgenden Aspekten Rechnung zu tragen:

- Art der Projekte, um die inhärenten Risiken der einzelnen Projektarten zu ermitteln;

- unterschiedliche Risikoniveaus bei unterschiedlichen Tätigkeiten und Arten von Begünstigten, damit die mit dem höchsten Risiko behafteten Tätigkeiten bzw. Begünstigten zuerst kontrolliert werden;

- Umfang der Projekte, damit auf einem bestimmten Risikoniveau die größten Projekte vorrangig kontrolliert werden, um so die Kontrollressourcen effizient einzusetzen;

- Laufzeit der Projekte, damit die Kontrollen zu einem Zeitpunkt vorgenommen werden können, zu dem möglichst hohe Beträge kontrolliert werden.

Da die Entwicklung dieses erweiterten Modells jedoch mit einer zeit- und kostenaufwendigen Datensammlung in den Mitgliedstaaten verbunden wäre, wird diese Option derzeit nicht weiter verfolgt.

3. Beispielfälle für Kontrollkosten und Fehlerrisiken

Im folgenden Abschnitt werden unter Verwendung des vorstehend erläuterten einfachen Modells bestimmte Teile von zwei Politikbereichen untersucht, in denen der Rechnungshof in seinen Jahresberichten 2006 und 2007 eine hohe Fehlerquote festgestellt hat.[14] Auf der Grundlage einfacher Hypothesen werden Ergebnisse mit einer gewissen Aussagekraft erzielt. In beiden Fällen wird das Grundmodell angepasst, um den Besonderheiten der zu den einzelnen Bereichen vorliegenden Daten Rechnung zu tragen. Die Ergebnisse für die beiden Bereiche sind daher nicht miteinander vergleichbar. In beiden Fällen wurden Beträge und Prozentzahlen gerundet, da sie ohnehin nur Näherungswerte darstellen.

3.1. Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

Im Programmplanungszeitraum 2000-2006 wurden ungefähr 700 000 Einzelvorhaben vom EFRE kofinanziert. Der Fonds wird im Wege der geteilten Mittelverwaltung durchgeführt, wobei die Aufgaben, darunter auch die Kontrolle der Mittelempfänger, auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene an die Mitgliedstaaten delegiert werden. Die sektoralen Rechtsvorschriften legen Kontrollstrukturen und Mindestkontrollniveaus für Verwaltungsbehörden, Zahlungs-, Zertifizierungs- und Auditstellen fest und bestimmen außerdem, dass Fehler und Unregelmäßigkeiten in erster Linie durch die Mitgliedstaaten zu vermeiden, aufzudecken und zu korrigieren sind.[15] Die Kommission überwacht diese Verwaltungs- und Kontrollsysteme, und die Generaldirektionen ziehen in ihren Jahrestätigkeitsberichten die Schlussfolgerungen hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Systeme. Im Februar 2008 nahm die Kommission einen Aktionsplan zur Stärkung ihrer Aufsichtsfunktion bei der geteilten Verwaltung von Strukturmaßnahmen an.[16]

Bei den Kontrollstrategien und -praktiken der Kommission selbst wird ein mehrjähriger Ansatz verfolgt.[17] Die Kontroll- und Korrekturmechanismen der Mitgliedstaaten sind ebenfalls mehrjährig angelegt und umfassen Überprüfungen auf der ersten Ebene (Unterlagenprüfungen und Prüfungen vor Ort) vor der Ausgabenmeldung an die Kommission, Ex-post-Kontrollen von Vorgängen vor Ort nach der Ausgabenmeldung an die Kommission, Systemprüfungen und eine Abschlusserklärung durch eine unabhängige Stelle.

Da die Zuverlässigkeitserklärung nach dem EG-Vertrag alljährlich zu erstellen ist, bezieht sich auch die folgende Ermittlung eines möglichen Punktes des tolerierbaren Risikos auf ein Jahr; dabei werden die Zuverlässigkeitserklärung 2006 des Rechnungshofs sowie die Fehlerdefinitionen und die Feststellungen des Rechnungshofs zugrunde gelegt.

In den Jahren 2006 und 2007 wurden Strukturmaßnahmen (auch solche im Rahmen des EFRE)[18] vom Rechnungshof negativ beurteilt – dieser hatte bei den Erstattungen für sämtliche Strukturfonds anhand seiner Stichprobe eine Fehlerquote von 12 % bzw. 11 % ermittelt.

Anhand der vom Rechnungshof festgestellten aktuellen Mindestfehlerquote, die auf 9 % reduziert wurde, um den erwarteten Nutzen der Verbesserung der bestehenden Ex-ante-Kontrollen bei geringen oder unerheblichen Zusatzkosten zu berücksichtigen, hat die Kommission die jährlichen Kontrollkosten sowie den Punkt des tolerierbaren Risikos gemäß Abschnitt 2.2.1 ermittelt.

Anhand von Daten der Mitgliedstaaten hat die Kommission die Gesamtkontrollkosten für den EFRE im Jahr 2006 vorläufig auf ungefähr 215 Mio. EUR geschätzt, was etwa 0,7 % der gesamten öffentlichen Ausgaben für Tätigkeiten ausmacht, die in dem genannten Jahr aus EFRE-Mitteln kofinanziert wurden.

Die folgende Kurve macht die theoretische Beziehung zwischen Fehlerquoten und EFRE-Kontrollkosten deutlich (Details siehe Anhang):

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Auf der Grundlage der Schätzungen der Ausgaben und der Anzahl der kontrollierten Projekte im Jahr 2006 betragen die Kosten für eine theoretische Fehlerquote von Null, die durch Vor-Ort-Kontrollen sämtlicher Ausgaben und Projekte erreicht würde, pro Jahr 2,25 Mrd. EUR (d.h. 8 % der gesamten öffentlichen Ausgaben für Tätigkeiten, die aus EFRE-Mitteln kofinanziert wurden). Daraus wurde eine Kurve abgeleitet, die die mögliche Beziehung zwischen Fehlerquoten und Kontrollkosten deutlich macht.[19]

Dann wurde der Punkt auf der Kurve berechnet, an dem jedem zusätzlich für Kontrollen ausgegebenen Euro genau ein Euro mehr an erwarteten Einnahmen aufgrund aufgedeckter Fehler entspricht, um den Punkt des tolerierbaren Fehlerrisikos zu bestimmen (d.h. der Punkt, an dem die Grenzkosten der Kontrollen gleich dem Grenznutzen sind). Dieser Punkt könnte bei einer Fehlerquote von rund 4 % liegen, die mit Kontrollkosten von 996 Mio. EUR (etwa 3,5% der gesamten öffentlichen Ausgaben) verbunden wäre. Daraus ließe sich ableiten, dass Mehrausgaben für die EFRE-Kontrolle bis zu dem Punkt kosteneffizient wären, an dem eine Fehlerquote von rund 4 % erreicht wird. Mit einer diesbezüglichen politischen Entscheidung, bei der berücksichtigt werden müsste, inwieweit die Kontrollausgaben überhaupt gesteigert werden können, könnte ein Zielniveau für das tolerierbare Risiko festgelegt werden, das zwischen der auf 9 % korrigierten aktuellen Mindestfehlerquote des Rechnungshofs und der hier ermittelten theoretischen Zielquote von 4 % liegt (die vom Rechnungshof ermittelte Mindestfehlerquote wurde korrigiert, um den erwarteten Nutzen verbesserter Ex-ante-Kontrollen bei geringen oder unerheblichen Zusatzkosten zu berücksichtigen).

Da die von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellten Daten nicht immer vollständig und konsistent waren[20], schätzte die Kommission ab, inwieweit die Berechnung beeinträchtigt würde, wenn die Kontrollkosten zu niedrig angesetzt würden. Wären diese Kosten 50 % höher als von den Mitgliedstaaten veranschlagt, würde das tolerierbare Risiko um einen Prozentpunkt auf 5 % ansteigen, d.h. der Punkt des tolerierbaren Risikos würde sich entsprechend verschieben. Daran zeigt sich, dass sich der Punkt des tolerierbaren Risikos nur in begrenztem Maße verschiebt, was auch durch die Ergebnisse einer Sensitivitätsanalyse anhand der gleichen Daten, aber unter Verwendung ausgefeilterer statistischer Verfahren, bestätigt wird (siehe Anhang).

Außerdem ist zu bedenken, dass sich die hier verwendeten Daten auf Ausgaben der Strukturfonds beziehen, die den Rechtsvorschriften für den Programmplanungszeitraum 2000-2006 unterlagen. Die Regelungen für den Programmplanungszeitraum 2007-2013 enthalten strengere und klarer formulierte Vorschriften für die nationalen Behörden, um die Fehlerquote zu senken. Die Wirkung dieser neuen Vorschriften dürfte durch die vorbeugenden Maßnahmen in Bezug auf den Zeitraum 2007-2013 verstärkt werden, die im Rahmen des Aktionsplans durchgeführt werden.

Kürzlich wurden der gesetzgebenden Instanz weitere Vereinfachungen vorgeschlagen, die sich ebenfalls auf die Fehlerquote und damit auf den Punkt des tolerierbaren Risikos auswirken dürften. Bis 2010 wird der Großteil der Strukturfondsausgaben jedoch nicht von den Rechtsvorschriften für den Zeitraum 2007-2013 erfasst. Bis dahin werden für die meisten Ausgaben, die die Mitgliedstaaten der Kommission melden, die Rechtsvorschriften für den Zeitraum 2000-2006 gelten.[21] Für eine detailliertere Analyse des tolerierbaren Risikos müssten die Auswirkungen der Rechtsvorschriften für den Zeitraum 2007-2013 und des Aktionsplans berücksichtigt werden, wobei die Durchführungsdaten des Jahres 2010 zugrunde gelegt werden müssten, die allerdings erst ab 2011 vorliegen werden (s.u. Abschnitt 4.1).

Wichtige Feststellungen Das tolerierbare Risikoniveau liegt über 2 % und könnte einer einfachen theoretischen Kosten-/Nutzen-Abwägung zufolge bei rund 4 % liegen. Dazu müssten die derzeitigen Ausgaben für Kontrollen verfünffacht werden – von 0,7 % auf etwa 3,5 % der gesamten öffentlichen Ausgaben. Dementsprechend würden unter Zugrundelegung der hier verwendeten Zahlen 100 Mio. EUR an zusätzlichen Ausgaben für Kontrollen einen Netto-Nutzen von etwa 285 Mio. EUR aufgrund aufgedeckter Fehler bewirken. Eine Fehlerquote von 2 % würde unter Zugrundelegung der hier verwendeten Zahlen das Achtfache an Ausgaben für Kontrollen erfordern, d.h. beinahe 6 % der gesamten öffentlichen Ausgaben im Rahmen des Fonds. Angesichts der zum Erreichen des Punktes des theoretisch tolerierbaren Risikos notwendigen zusätzlichen Kontrollkosten, die von den Mitgliedstaaten aufzubringen wären, könnte als mittelfristiges Ziel festgelegt werden, von der vom Rechnungshof ermittelten Mindestfehlerquote zu einer solchen von rund 5 % zu gelangen. |

- 3.2. Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)

Etwa 20 % der gesamten Agrarausgaben im Zeitraum 2007-2013 werden über den ELER abgewickelt. Die Kontrollvorschriften dieses Fonds sind denjenigen für Ausgaben im Rahmen des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) sehr ähnlich. Der Rechnungshof stellt fest, dass die Entwicklung des ländlichen Raums einen unverhältnismäßig hohen Anteil an der Gesamtfehlerquote von 2 % bis 5 % im Bereich der Landwirtschaft hat, während bei den EGFL-Ausgaben die Fehlerquote auf etwas unter 2% veranschlagt wird.[22] Die höhere Fehlerquote bei der Entwicklung des ländlichen Raums ist hauptsächlich auf die hohe Inzidenz von Fehlern bei Agrarumweltmaßnahmen zurückzuführen. In seinem Sonderbericht Nr. 3/2005 zur Überprüfung der Agrarumweltausgaben stellt der Rechnungshof fest, dass diese Ausgaben nicht nur von ihrer Art her risikobehaftet sind, sondern dass die Kontrolltätigkeit in diesem Bereich selten hinreichende Gewähr zu angemessenen Kosten liefert.

Der folgende Beispielfall befasst sich daher eigens mit diesen Maßnahmen. Damit reagiert die Kommission auch auf den Entlastungsbeschluss vom 22. April 2008.[23]

Da auf der Grundlage der Arbeiten des Rechnungshofs für die Zuverlässigkeitserklärung keine Fehlerquote bei Agrarumweltmaßnahmen ermittelt werden kann, hat die Kommission die Mitgliedstaaten gebeten, Statistiken über die Ergebnisse von Vor-Ort-Kontrollen im Haushaltsjahr 2007 in Bezug auf mehrere Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums, darunter auch Agrarumweltmaßnahmen, zur Verfügung zu stellen. Die von den Mitgliedstaaten daraufhin vorgelegten Daten waren jedoch von den Zertifizierungsstellen weder überprüft noch validiert worden und waren überdies in einigen Fällen unvollständig. Dennoch bestätigten die Daten, dass die Fehlerquoten bei den Agrarumweltmaßnahmen im Jahr 2007 mit rund 4 % höher lagen als bei anderen Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums.

Die Kommission bat die Mitgliedstaaten außerdem um Angaben zu ihren Kontrollkosten bei Agrarumweltmaßnahmen. Aufgrund der vorgelegten Angaben werden die Kontrollkosten bei Agrarumweltmaßnahmen auf etwa 360 Mio. EUR geschätzt, d.h. 13 % der gesamten öffentlichen Ausgaben für derartige Maßnahmen im Jahr 2005. Dies ist drei Mal so viel wie bei Agrarmaßnahmen allgemein (rund 4 % der gesamten öffentlichen Ausgaben). Kontrollen bei Agrarumweltmaßnahmen sind auch ein Beitrag zum Erreichen des politischen Ziels des Schutzes und der Verbesserung der Umwelt. Dieser Nutzen in umweltpolitischer Hinsicht wurde bei dieser Untersuchung jedoch nicht quantifiziert.

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Die Kosten für die jährliche Kontrolle sämtlicher Empfänger werden auf etwa 1,4 Mrd. EUR geschätzt. Aus diesen Daten wurde eine Kurve abgeleitet, die die mögliche Beziehung zwischen Fehlerquoten und Kontrollkosten deutlich macht.[24]

Wichtige Feststellungen Eine Steigerung der Kontrollkosten über das derzeitige Niveau von 13 % wäre nicht kosteneffizient, da eine marginale Erhöhung der Anzahl der Vor-Ort-Kontrollen bei den Empfängern um 1 % bei den nicht ordnungsgemäßen Ausgaben nur Einsparungen in Höhe von rund 10 % der Kosten für diese zusätzlichen Kontrollen bewirken würde. Bei einer Reduzierung der Fehlerquote von derzeit 4 % auf die Wesentlichkeitsschwelle des Rechnungshofs von 2 %[25] würden die Kontrollkosten von ungefähr 13 % auf fast 30 % der gesamten öffentlichen Ausgaben für diese Maßnahmen steigen und nicht kosteneffizient sein. Agrarumweltmaßnahmen tragen in erheblichem Maße zu der Gesamtfehlerquote im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raums bei. Da eine Steigerung des Kontrollvolumens nicht kosteneffizient wäre, liegt das tolerierbare Risikoniveau bei Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums eindeutig über 2 % und möglicherweise sogar über 5 %. |

- 4. WEITERES VORGEHEN

4.1. Vorläufige Schlussfolgerungen

Eine Einigung auf ein tolerierbares Fehlerrisiko würde natürlich nicht bedeuten, dass damit zugleich unangemessene Verwaltungs- und Kontrollsysteme der Kommission oder in den Mitgliedstaaten akzeptiert werden. In allen Politikbereichen müssten die Kommission und ihre Durchführungspartner auch künftig wachsam sein und mit den vorhandenen Ressourcen für die bestmögliche Kontrolle sorgen. Wo Mängel festgestellt werden, sind diese aufzugreifen und die Ursachen zu analysieren, um Maßnahmen zur Vermeidung, Aufdeckung und Behebung dieser Mängel zu treffen.

Die Kommission erkennt auch an, dass in einigen Bereichen die Kontrollsysteme für Gemeinschaftsprogramme, auch solche, die von den Mitgliedstaaten betrieben werden, innerhalb des derzeitigen Kostenrahmens bessere Ergebnisse bei der Vermeidung, Aufdeckung und Behebung von Mängeln hervorbringen könnten, und bemüht sich um entsprechende Verbesserungen.[26]

Bei höheren Investitionen in Kontrollen als bisher würden mehr Fehler aufgedeckt und korrigiert. Jegliche Erhöhung des Kontrollaufwands würde zusätzliche Ressourcen vonseiten der Kommission und/oder der Mitgliedstaaten erfordern; Entscheidungen über das Ausmaß der Erhöhung müsste der erwartete Nutzen in Form geringerer Fehlerquoten zugrunde gelegt werden.

Die Bewertungen durch den Rechnungshof zeigen, dass sich die Fehlerquoten in den einzelnen Politikbereichen deutlich unterscheiden. Die vorstehende Analyse bestätigt die Einschätzung, dass die bei der Zuverlässigkeitserklärung (DAS) zugrunde gelegte Wesentlichkeitsschwelle von 2 % für eine kosteneffiziente Kontrollstrategie in einigen Politikbereichen keinen geeigneten Maßstab darstellt. Deshalb müsste das tolerierbare Fehlerrisiko getrennt nach Politikbereichen auf Gemeinschaftsebene beschlossen werden.

Dieses auf politischer Ebene festgesetzte Niveau des tolerierbaren Risikos würde zwischen dem Punkt des theoretisch tolerierbaren Risikos und der aktuellen, zur Berücksichtigung etwaiger Verbesserungen der Kontrollverfahren entsprechend korrigierten Fehlerquote liegen. Das in dieser Mitteilung erläuterte einfache Modell auf der Grundlage der vorliegenden Daten und Schätzungen ermöglicht erste Hinweise auf diese Niveaus:

- Im Bereich der Kohäsionspolitik könnte die Haushaltsbehörde für Zwecke des jährlichen DAS-Verfahrens als ersten Näherungswert ein tolerierbares Risikoniveau von ungefähr 5 % auf Jahresbasis in Erwägung ziehen.

- Im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raums könnte die Haushaltsbehörde zu dem Schluss kommen, dass über den derzeitigen Umfang hinausgehende Kontrollen nicht kosteneffizient wären. Die Kommission veranschlagt das tolerierbare Risiko in diesem Bereich nach einer ersten Analyse mit rund 5 %.

Im Mittelpunkt dieser Mitteilung stehen zwar zwei Bereiche, die der Rechnungshof 2007 negativ beurteilt hat, das Konzept könnte aber auch auf andere Politikbereiche, darunter auch interne Politikbereiche, angewandt werden. Dies gilt insbesondere für die Forschung, wo intensiveres Auditing genaue Fehlerdaten geliefert hat und die Kontrollkosten problemlos zu messen sind, und für die Maßnahmen im Außenbereich, die zwar erhebliche politische und öffentliche Unterstützung genießen, häufig aber unter risikoträchtigen und schwierigen Bedingungen durchgeführt werden. In beiden Bereichen wäre zu berücksichtigen, inwieweit sich Vereinfachungsmaßnahmen auf das Fehlerrisiko und die Kontrollkosten auswirken. Die Analyse des tolerierbaren Risikos ist auch für Bereiche relevant, die der Rechnungshof bereits positiv bewertet hat. Bei den Verwaltungsausgaben wird die Kommission beispielsweise untersuchen, ob das geringe inhärente Risiko und die bereits vorhandenen wirksamen Kontrollen nicht ein tolerierbares Fehlerrisiko unter der derzeitigen Wesentlichkeitsschwelle von 2 % rechtfertigen.

Bei der Kohäsionspolitik könnte das Modell flexibler gestaltet werden, um den unterschiedlichen Risiken bei den einzelnen Elemente der Population Rechnung zu tragen. Dazu müsste eine weiter reichende, kostspielige Analyse durchgeführt werden, die frühestens Ende 2010 abgeschlossen werden könnte. Dies ist nach Auffassung der Kommission weder notwendig noch kosteneffizient, da dieser Analyse noch die Rechtsvorschriften für den Zeitraum 2000-2006 zugrunde liegen würden. Als nützlich könnten sich hingegen überarbeitete Daten für den Bereich der Kohäsionspolitik auf der Grundlage der neuen Rechtsvorschriften für den Zeitraum 2007-2013 erweisen, in die vorgeschlagene Vereinfachungen bereits eingeflossen sind. Dabei müssten die Daten für 2010 zugrunde gelegt werden, da bis dahin die neuen Programme bereits einige Zeit laufen. Die Ergebnisse, die 2011 vorliegen würden, könnten dann zur Überprüfung und Justierung des Punktes des tolerierbaren Risikos in diesem Bereich herangezogen werden.

4.2. Mögliche Schritte auf dem Weg zu einer Vereinbarung über ein Konzept des tolerierbaren Risikos

Die Umsetzung eines Konzepts des tolerierbaren Risikos wäre nach Auffassung der Kommission eine solide Investition und würde der Entlastungsbehörde eine stabile Grundlage für die Beurteilung der Qualität des Risikomanagements der Kommission vermitteln. Als „geprüfte Stelle“ kann die Kommission natürlich die Niveaus des tolerierbaren Risikos nicht selbst festlegen.

Die folgenden Schritte dürften auf dem Weg zu einem Konzept des tolerierbaren Risikos besonders wichtig sein:

- Wiederaufnahme der interinstitutionellen Erörterungen mit dem Rat, dem Parlament und dem Rechnungshof auf der Grundlage der vorliegenden Mitteilung und des Standpunkts der Haushaltsbehörde zu den Risikoniveaus, die unter Zugrundelegung der vorstehenden Analyse in den Bereichen Kohäsionspolitik und Entwicklung des ländlichen Raums tolerierbar sein sollen.

- Sofern es die Schlussfolgerungen aus dieser Erörterung erlauben, wird die Kommission bis Mitte 2010 weitere Analysen des tolerierbaren Risikos vorlegen, insbesondere für die Bereiche Forschung, Energie und Verkehr sowie für die Bereiche Außenhilfe, Entwicklung und Erweiterung.

[1] Stellungnahme Nr. 2/2004 des Rechnungshofs der Europäischen Gemeinschaften zum Modell der „Einzigen Prüfung“ (und Vorschlag für einen Internen Kontrollrahmen der Gemeinschaft), ABl. C 107 vom 30.4.2004, S. 1.

[2] Europäischer Rechnungshof, „Die DAS-Methode“, 7.10.2008, siehe: http://eca.europa.eu/portal/page/portal/audit/StatementofAssurance.

[3] Die 2 %-Schwelle ist aus den Prüfungsstandards für Finanzaudits im Privatsektor abgeleitet und wurde ursprünglich mangels eines vergleichbaren internationalen Standards für die Prüfung von zugrunde liegenden Vorgängen oder gegenteiliger Hinweise auf politischer Ebene vom Rechnungshof selbst als Richtwert festgesetzt. Auch einige Rechnungshöfe der Mitgliedstaaten wenden eine Wesentlichkeitsschwelle von 2 % an.

[4] Aktionsplan der Kommission für einen Integrierten Internen Kontrollrahmen (KOM(2006) 9 vom 17.1.2006).

[5] Pressemitteilung zur 2688. Tagung des Rates (Wirtschaft und Finanzen) vom 8.11.2005, Nummer 17.

[6] Rat der Europäischen Union, Vermerk des Vorsitzes für die Delegationen, „An improved sound financial management of EU funds“, Dok. 10284/08 FIN 217 vom 3.6.2008.

[7] Arbeitsdokument Nr. 2 zur Überprüfung des Haushalts, „Hinnehmbares Fehlerrisiko“, MdEP Herbert Bösch, 8.4.2008.

[8] Jahresbericht des Rechnungshofs über die Ausführung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2007 (ABl. C 286 vom 10.11.2008, S. 1).

[9] Beispiel: Eine von der Verwaltungsbehörde eines Mitgliedstaates vor Ort auf der ersten Ebene durchgeführte Prüfung eines Vorgangs im Rahmen eines Strukturfonds-Programms hätte besser verlaufen können, wenn das Kontrollinstrumentarium (d.h. einschlägige Anleitungen und entsprechende Checklists) verfügbar gewesen und bei der Prüfung eingesetzt worden wäre.

[10] Beim EFRE (siehe Abschnitt 3.1) ist die Fehlerquote an Punkt A die untere Fehlergrenze in der vom Rechnungshof für seine Zuverlässigkeitserklärung 2006 verwendeten Stichprobe nach Korrektur dieser Grenze nach Maßgabe der geschätzten Auswirkungen verbesserter Ex-ante-Kontrollen. Bei Agrarumweltmaßnahmen (siehe Abschnitt 3.2) markiert Punkt A die von den Zahlstellen der Mitgliedstaaten gemeldete durchschnittliche Fehlerquote.

[11] Diese Wirkung kann darauf beruhen, dass mit Kontrollen gerechnet wird und dass laufende Verbesserungen des Systems vorbeugend wirken. So kann beispielsweise die Wirksamkeit des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der GAP zum Teil durch die abschreckende Wirkung von Sanktionen in Verbindung mit einer vernünftigerweise anzunehmenden Wahrscheinlichkeit einer Kontrolle durch die nationalen Behörden erklärt werden.

[12] Die Programmdurchführung kann sich über neun Jahre erstrecken, sodass die Abschlusserklärung, in der die Rechtmäßigkeit und die Ordnungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Vorgänge oder etwaige Bewertungen derselben bestätigt bzw. vorgenommen werden, möglicherweise erst zehn Jahre nach Programmbeginn vorliegt.

[13] Dabei könnte eine Unterstützung vonseiten des Rechnungshofs bei der Fehlerdefinition und hinsichtlich der Methode der Stichprobenziehung vonnutzen sein.

[14] Strukturmaßnahmen (EFRE) und Landwirtschaft (Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums/Agrarumweltmaßnahmen).

[15] Artikel 39 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates.

[16] KOM(2008) 97 endg.

[17] Dieser mehrjährige Ansatz spiegelt sich in den Zuverlässigkeitserklärungen in den Jahrestätigkeitsberichten der Kommissionsdienststellen wider.

[18] Im Jahr 2006 wurden Strukturmaßnahmen von den Generaldirektionen REGIO, EMPL, AGRI (EAGFL Abteilung Ausrichtung) und MARE (FIAF) durchgeführt.

[19] Zur Erleichterung der Analyse wurde ursprünglich sowohl für die x-Achse als auch für die y-Achse derselbe Maßstab (Mio. EUR) verwendet – die Angabe der Fehlerquoten in Prozent soll die Bezugnahme erleichtern.

[20] Einige Mitgliedstaaten stellten nur Daten zu einigen Kontrollarten zur Verfügung. Da die Daten in den Mitgliedstaaten häufig dezentral erhoben wurden, wurde die von der Kommission festgelegte Methode zur Schätzung der Kontrollkosten nicht überall in gleicher Weise angewandt.

[21] Wie sich der Aktionsplan auf die Fehlerquote bei den Programmen des Zeitraums 2000-2006 auswirkt, dürfte erst bei deren Abschluss erkennbar sein.

[22] Nach Auffassung der Kommission ergibt sich aus den Feststellungen des Rechnungshofs für das Jahr 2007, dass die Fehlerquote im Bereich der Entwicklung des ländlichen Raums über 5 % beträgt. Einige Mitgliedstaaten weisen auch auf die höhere Inzidenz der Fehler bei den ELER-Ausgaben hin.

[23] „[…] ersucht die Kommission, die möglichen Kosten und den Nutzen im Bereich der Agrarumweltmaßnahmen sowie die Verbindung zu anderen Ausgabenbereichen sorgfältig zu prüfen und zu bewerten und diese Analyse dem Rat, dem Parlament und dem Rechnungshof als Mindestgrundlage für die Erörterung des […] Reformbedarfs zu übermitteln“ . Die beigefügte Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen enthält eine erste grobe Schätzung der Kosten für die Kontrolle der Agrarumweltmaßnahmen sowie einen Überblick über ihren weithin anerkannten Nutzen.

[24] Zur Erleichterung der Analyse wurde ursprünglich sowohl für die x-Achse als auch für die y-Achse derselbe Maßstab (Mio. EUR) verwendet – die Angabe der Fehlerquoten in Prozent soll die Bezugnahme erleichtern.

[25] Dies ergibt sich aus einer Berechnung, die von der Hypothese ausgeht, dass die Fehlerquote linear sinkt, wenn die Kontrollquote zunimmt und etwaige weitere abschreckende Wirkungen aufgrund zusätzlicher Kontrollen außer Acht gelassen werden.

[26] Beispielsweise mit dem „Aktionsplan der Kommission für einen Integrierten Internen Kontrollrahmen“ (KOM(2006) 9) und einem „Aktionsplan zur Stärkung der Aufsichtsfunktion der Kommission bei der geteilten Verwaltung von Strukturmaßnahmen“ (KOM(2008) 97).

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