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Document 32012D0268

2012/268/EU: Beschluss der Kommission vom 29. Juni 2011 über die staatliche Beihilfe C 7/04 der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Gesellschaft für Weinabsatz Pfalz GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2011) 4426)

ABl. L 139 vom 26.5.2012, p. 1–17 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2012/268/oj

26.5.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 139/1


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 29. Juni 2011

über die staatliche Beihilfe C 7/04 der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Gesellschaft für Weinabsatz Pfalz GmbH

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2011) 4426)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(2012/268/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 (1),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem oben genannten Artikel (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Aufgrund einer mit Schreiben vom 10. Mai 2001 eingegangenen Beschwerde übermittelte die Kommission mit Schreiben vom 9. November 2001 der Bundesrepublik Deutschland eine schriftliche Anfrage. Die Maßnahme wurde mit Schreiben vom 5. März 2002, eingegangen am 8. März 2002, aufgrund dieser schriftlichen Anfrage der Kommission angemeldet. Da die Maßnahme zu diesem Zeitpunkt schon durchgeführt worden war, wurde sie in das Verzeichnis der nicht angemeldeten Beihilfen eingetragen (Beihilfe NN 159/02).

(2)

Mit Schreiben vom 20. November 2002, eingegangen am 25. November 2002, mit Schreiben vom 28. April 2003, eingegangen am 2. Mai 2003, mit Schreiben vom 27. Mai 2003, eingegangen am 28. Mai 2003, und mit Fax vom 2. Oktober 2003 hat Deutschland zusätzliche Informationen übermittelt.

(3)

Mit Schreiben vom 19. Februar 2004, SG-Greffe (2004) D/200645, hat die Kommission Deutschland ihren Beschluss mitgeteilt, wegen der Beihilfe das Verfahren gemäß Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuleiten.

(4)

Der Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission hat die Beteiligten aufgefordert, zu der Beihilfe Stellung zu nehmen.

(5)

Die Kommission hat keine Stellungnahme von den Beteiligten erhalten (4).

(6)

Deutschland hat der Kommission mit Schreiben vom 18. März 2004, als eingegangen registriert am 23. März 2004, eine Stellungnahme übermittelt. Weitere Stellungnahmen erfolgten mit Schreiben vom 10. Januar 2006, eingegangen am 10. Januar 2006, und mit Schreiben vom 13. Juli 2007, eingegangen am 16. Juli 2007.

(7)

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2008, SG-Greffe (2008) D/206430, hat die Kommission Deutschland ihren Beschluss mitgeteilt, das nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV wegen der Beihilfe eingeleitete Verfahren auszudehnen.

(8)

Der Beschluss der Kommission zur Ausdehnung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (5) veröffentlicht. Die Kommission hat die Beteiligten aufgefordert, zu der Beihilfe Stellung zu nehmen.

(9)

Die Kommission hat keine Stellungnahme von den Beteiligten erhalten.

(10)

Deutschland hat der Kommission (nach einem Antrag auf Fristverlängerung vom 17. November 2008, der von der Kommission am 21. November 2008 genehmigt wurde) mit Schreiben vom 23. Dezember 2008, eingegangen am 5. Januar 2009, eine Stellungnahme übermittelt.

II.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

II.1.   Titel der Maßnahme

(11)

Kredit an die Gesellschaft für Weinabsatz mit nachfolgendem Forderungsverzicht.

II.2.   Rechtsgrundlage

(12)

Die Maßnahme wurde auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der Wiederaufbaukasse der rheinland-pfälzischen Weinbaugebiete (nachstehend: „WAK“) und der Gesellschaft für Weinabsatz Pfalz GmbH (nachstehend: „GfW“) durchgeführt.

II.3.   Ziel

(13)

Ziel der Maßnahme war die Gewährung eines Kredits an die GfW zum Ankauf von Most von Weinbaubetrieben und Kommissionären. Als Sicherungsmaßnahme räumte die GfW der WAK Sicherungseigentum an den Warenbeständen ein. Die Warenbestände unterlagen auch unterschiedlichen Graden von Eigentumsvorbehalt der Weinbaubetriebe und Kommissionäre in Form von einfachen, erweiterten oder verlängerten Eigentumsvorbehalten. Der Forderungsverzicht fand statt, als die GfW wegen eines Verfalls der Marktpreise in finanzielle Schwierigkeiten geriet.

II.4.   Öffentliche Einrichtung

(14)

Die WAK ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts des Landes Rheinland-Pfalz mit Sitz in Mainz. Sie übt eine bankenähnliche Funktion im Weinbausektor aus. Geschäftszweck der WAK ist normalerweise die Gewährung von Krediten im Rahmen von Flurbereinigungen. Die Finanzierung der WAK erfolgt durch Beiträge, Gebühren, Kredite und Zuwendungen (§ 8 Absatz 1 Weinbergsaufbaugesetz).

II.5.   Begünstigte

(15)

Begünstigte der Maßnahme war die GfW, der von der WAK ein Kredit zu nicht marktkonformen Bedingungen gewährt wurde.

(16)

Die GfW war ein 100 %iges Tochterunternehmen des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd. Sie wurde 1984 zum Zweck der Weinvermarktung gegründet und war im Bereich der Erzeugung und Vermarktung von Sekt, Traubensaft, Traubengelee, Traubenbrand und Weinbrand tätig. Außerdem erbrachte die GfW Dienstleistungen für Weinbaubetriebe im Zusammenhang mit Destillationsmaßnahmen. Diese Destillationsmaßnahmen umfassten unter die Gemeinsame Marktorganisation fallende Maßnahmen (6) und durch staatliche Mittel finanzierte Destillationen, die normalerweise auf der Grundlage von Entscheidungen des Rates durchgeführt werden (7). Die GfW hat in diesem Zusammenhang kleine Weinbaubetriebe beraten und Transporte der zur Destillation bestimmten Weine in die Brennereien organisiert.

(17)

Weitere mögliche Begünstigte sind die Weinbaubetriebe und Kommissionäre. Durch die Kreditgewährung wurde die GfW in die Lage versetzt, Most von diesen anzukaufen. Sie leisteten aber keinen Forderungsverzicht gegenüber der GfW, als die GfW in finanzielle Schwierigkeiten geriet und die WAK einen Forderungsverzicht beschloss.

II.6.   Rechtlicher Rahmen für die Beihilfe

(18)

Im Jahr 1999 hat die GfW unter Verwendung eines Kredits von 15 302 696,25 EUR der WAK und mit Eigenmitteln 44 Mio. Liter Most angekauft. 60 % dieses Mosts wiesen mindestens 60 ° Oechsle und im Durchschnitt 81 ° Oechsle auf. Bei 40 % handelte es sich um einfachen Tafelweinmost mit mindestens 44 ° Oechsle, der angekauft wurde, um die günstigen Bedingungen der vorbeugenden Destillation in Anspruch zu nehmen. Für den gesamten angekauften Most wurde ein durchschnittlicher Preis von 0,38 EUR je Liter gezahlt. Fertiger Wein wurde nicht angekauft. Beim Verkauf behielten sich die Weinbaubetriebe und Kommissionäre das Eigentum in Form von einfachen, erweiterten oder verlängerten Eigentumsvorbehalten vor. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Warenbestände der WAK als Sicherungsmaßnahme sicherungsübereignet würden.

(19)

Nach Auskunft Deutschlands bestand die Geschäftsidee der GfW darin, für 40 % des Mosts die Destillationsmöglichkeiten nach Verordnung (EWG) Nr. 822/87 zu nutzen und die anderen 60 % zu Grundwein für die Sektherstellung zu verarbeiten und diesen an Sektkellereien zu verkaufen. Außerdem beabsichtigte die GfW, 20 % der Grundweinbestände neun Monate bis ein Jahr lang zu lagern, um die EU-Beihilfen für die Lagerhaltung von Wein nach Verordnung (EWG) Nr. 822/87 in Anspruch zu nehmen, bevor er auf dem Markt für Sektgrundwein verkauft würde.

(20)

Am 11. November 1999 erhielten die Weinbaubetriebe und die Kommissionäre eine Anzahlung von 80 % des Ankaufspreises. Im Durchschnitt wurde eine Anzahlung von 0,31 EUR je Liter geleistet.

(21)

1999 führte die GfW 40 % ihrer Bestände der vorbeugenden Destillation zu. Ende 1999 beschloss die GfW angesichts des Preisrückgangs auf dem Grundweinmarkt jedoch, in diesem Jahr keinen Grundwein mehr zu verkaufen, sondern auf eine Markterholung im Jahr 2000 zu warten.

(22)

Im Jahr 2000 kam es aufgrund vergleichsweise hoher Erntemengen und des rückläufigen Absatzes von Sekt zu einer weiteren Verschlechterung des Weißweinmarkts (die Durchschnittspreise fielen teilweise um bis zu 0,20 EUR). Ein Großteil des noch in den Lagerbeständen befindlichen Fassweins musste einer weiteren Destillationsrunde zugeführt werden.

(23)

Infolge der 1999 vorgenommenen und am 1. August 2000 in Kraft getretenen Änderung der gemeinsamen Marktorganisation für Wein wurde die vorbeugende Destillation nach Verordnung (EWG) Nr. 822/87 durch eine Destillation zur Versorgung des Trinkalkoholmarkts nach Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 ersetzt. Die hierfür vorgesehenen Bedingungen waren wesentlich schlechter, es konnte nur noch etwa die Hälfte des früher für die vorbeugende Destillation gezahlten Preises von 0,50-0,55 EUR je Liter erzielt werden.

(24)

Nach dem Preisverfall im Jahr 2000 wurde es für die GfW unmöglich, auf dem Weinmarkt oder bei der Destillation für den Trinkalkoholmarkt die erwarteten Gewinne zu erzielen. Als Folge davon musste der Buchwert der Bestände der GfW erheblich vermindert werden, so dass die Verbindlichkeiten der GfW vom bestehenden Vermögen nicht mehr gedeckt waren.

(25)

Aufgrund der oben beschriebenen wirtschaftlichen Probleme wurde ein Zwischenabschluss per 31. Oktober 2000 erstellt und von einem Wirtschaftsprüfer geprüft. Zum 31. Oktober 2000 überstiegen die Verbindlichkeiten (15 670 155 EUR) das Umlaufvermögen (9 886 856 EUR) der GfW um 5 783 299 EUR, und die Verbindlichkeiten der GfW beliefen sich auf die in der nachstehenden Tabelle ausgewiesenen Beträge. Nach einem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Falk & Co. GmbH hätte die GfW aufgrund der Überschuldung mit einer baldigen Insolvenz rechnen müssen, wenn keine Abhilfemaßnahmen getroffen würden.

(26)

Tabelle 1

(in EUR)

Verbindlichkeiten gegenüber

Betrag

WAK

10 150 959

Kreditinstituten

726 892

Lieferanten

218 460

Weinbaubetrieben und Kommissionären

4 355 581

Sonstigen

218 263

Insgesamt

15 670 155

(27)

Nach § 19 der deutschen Insolvenzordnung (InsO) ist eine Überschuldung ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Deshalb war die Geschäftsführung der GfW gemäß § 64 GmbHG a.F. i. V. m. § 19 InsO verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.

(28)

Aufgrund der drohenden Insolvenz ersuchte die GfW bestimmte Gläubiger (die WAK, die Weinbaubetriebe und rund 130 Kommissionäre, die bei dem in Randnummer18 beschriebenen Ankauf beteiligt waren), auf einen Teil ihrer ausstehenden Forderungen zu verzichten, um den Fortbestand des Geschäftsbetriebs zu ermöglichen. Der Forderungsverzicht sollte im Fall der Weinbaubetriebe und Kommissionäre 90 % der ausstehenden Forderungen abdecken, so dass sie nur weitere 2 % des vereinbarten Ankaufspreises erhalten würden. Der Rest der Überschuldung sollte durch den erforderlichen Rangrücktritt und Forderungsverzicht der WAK beseitigt werden.

(29)

Als Hauptgläubiger (vgl. Tabelle 1) mit einer schlechteren Sicherheitenposition hatte die WAK erhebliches Interesse daran, die drohende Insolvenz abzuwenden. Deshalb versuchte sie, die Weinbaubetriebe und die Kommissionäre davon zu überzeugen, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Außerdem unterzeichnete die WAK am 4. Dezember 2000 eine schriftliche Vereinbarung mit der GfW, in der sie für einen (der Höhe der Überschuldung der GfW entsprechenden) Teil ihrer ausstehenden Forderungen einem Rangrücktritt zugunsten der anderen Gläubiger zustimmte. Die endgültige Höhe der Rangrücktrittsbeträge sollte erst festgesetzt werden, sobald die Forderungsverzichtserklärungen der Weinbaubetriebe und Kommissionäre vorlägen, um den Rangrücktrittsbetrag auf ein Mindestmaß zu beschränken. Außerdem wurde vereinbart, dass die WAK einen Forderungsverzicht in der Höhe der zurückgetretenen Forderungen aussprechen würde, wenn dies zu einem späteren Zeitpunkt zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens erforderlich sein sollte.

(30)

Von den 2 700 Weinbaubetrieben und Kommissionären erklärten sich 1 700 bereit, auf 90 % ihrer Restforderungen zu verzichten; dies entspricht etwa 60 % der ausstehenden Forderungen der Gruppe insgesamt. Die übrigen Weinbaubetriebe und Kommissionäre haben das Angebot entweder ausdrücklich abgelehnt oder das Ersuchen nicht beantwortet. Offenbar hatten einige von ihnen beschlossen, wegen ihrer besseren Sicherheitsposition keinen Forderungsverzicht zu leisten (einige von ihnen verfügten über einen verlängerten Eigentumsvorbehalt und hatten bereits eine Anzahlung von 80 % des vereinbarten Preises erhalten). Dies bedeutete, dass sie im Falle eines Insolvenzverfahrens mehr als die angebotenen 2 % des vereinbarten Ankaufspreises erhalten hätten.

(31)

Außerdem hatten einige Weinbaubetriebe und Kommissionäre gegen die GfW geklagt, und diese Klagen waren vor Gericht verhandelt worden, das eine Vergleichsvereinbarung vorschlug. Nach dieser Vereinbarung sollte die GfW 70 % der Restforderungen bezahlen, auf 30 % der Forderungen sollte verzichtet werden. Ferner beschloss das Gericht, dass die GfW 80 % der Gerichtskosten übernehmen sollte. Ähnliche Vereinbarungen wurden auch von anderen Gerichten vorgeschlagen, weshalb die GfW nicht mehr erwarten konnte, dass die anderen Weinbaubetriebe und Kommissionäre einem Verzicht auf 90 % ihrer Restforderungen zustimmen würden. Ferner erklärten nunmehr mehrere Weinbaubetriebe und Kommissionäre, dass sie die 100 %ige Rückzahlung ihrer 20 %igen Restforderung verlangen würden.

(32)

Nach § 305a InsO gilt der Versuch, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung herbeizuführen, als gescheitert, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem die Verhandlungen über die außergerichtliche Schuldenbereinigung aufgenommen wurden.

(33)

Aus diesem Grund konnte die GfW entgegen ihrer ursprünglichen Absicht die Weinbaubetriebe und Kommissionäre nicht mehr um Forderungsverzicht bitten. Stattdessen unterzeichnete sie mit der WAK am 21. Februar 2001 eine Vereinbarung, der zufolge die WAK die Überschuldung der GfW im Jahr 2000 vollständig ausgleichen würde, indem sie auf eigene Forderungen in Höhe von 5 005 441,60 EUR verzichtet. Auf die Restforderung für den Zeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001 würden keine Zinsen geltend gemacht. Außerdem würden laut dieser Vereinbarung die restlichen Forderungen der Weinbaubetriebe und Kommissionäre in voller Höhe ausgeglichen. Auf diese Weise war die Sicherheit der nicht zurückgetretenen Forderungen der WAK gewährleistet, die Überschuldung behoben und ein Insolvenzverfahren vorerst abgewendet, so dass die GfW ihren Geschäftsbetrieb fortführen konnte.

(34)

Im Zeitraum 1. November 2000 bis 31. Dezember 2000 hat die GfW Kreditforderungen der WAK in Höhe von 1 440 446,92 EUR getilgt. Im Zeitraum 2001-2005 setzte die GfW ihren Geschäftsbetrieb fort und leistete regelmäßige Zahlungen von insgesamt 3 728 969,40 EUR, um den Kredit bei der WAK zu tilgen. Außerdem zahlte die GfW im Jahr 2001 Zinsen von insgesamt 149 757,16 EUR an die WAK.

(35)

Zum 31. Dezember 2004 beschloss die GfW, wegen des Umsatzrückgangs in ihren ursprünglichen Geschäftsfeldern und einer unzureichenden Kapitalausstattung ihren Geschäftsbetrieb einzustellen und die Gesellschaft zu liquidieren. Die gesamten noch lagernden Warenbestände aus den verbliebenen Geschäftsfeldern der Gesellschaft wurden veräußert. Alle hierbei erzielten Erlöse wurden verwendet, um die Forderungen der WAK zu begleichen. Mit dem Käufer (einem Privatmann) wurde vereinbart, dass der gesamte verbliebene Lagerbestand der GfW laut Bestandsliste zum 31. Dezember 2004 Ende 2005 wertmäßig an die WAK abzuführen sei. Als Wert wurde der ursprüngliche Einkaufswert von 79 579,79 EUR zugrunde gelegt.

(36)

Die GfW wurde zum 1. Juni 2005 liquidiert und im Laufe des Jahres 2006 aus dem Handelsregister gelöscht. Es gibt weder einen Rechts- noch einen Unternehmensnachfolger, von dem die Beihilfe zurückgefordert werden könnte.

(37)

Per 31. Dezember 2005 waren 9 897 154,65 EUR des Kredits getilgt und Zinsen in Höhe von 793 994,99 EUR gezahlt worden. Nach der Liquidation des restlichen Vermögens der GfW (87 079,79 EUR) wurden die noch ausstehenden Forderungen der WAK in Höhe von 313 000 EUR für uneinziehbar erklärt und abgeschrieben. Der Teil des Kredits, der nie getilgt wurde, belief sich also auf insgesamt 5 318 441,60 EUR (der ursprüngliche Forderungsverzicht belief sich auf 5 005 441,60 EUR zuzüglich der nach der Liquidation noch ausstehenden Forderungen von 313 000 EUR).

II.7.   Art und Intensität der Beihilfe

(38)

Der Kredit der WAK an die GfW in Höhe von 15 302 696,25 EUR erfolgte in mehreren Tranchen im Jahr 1999 für eine Laufzeit von 12 bis 18 Monaten:

(in EUR)

11.11.1999

5 936 061,62

25.11.1999

6 868 777,04

1.12.1999

585 429,72

13.12.1999

112 110,66

17.12.1999

1 800 317,21

Insgesamt

15 302 696,25

(39)

Es wurden folgende Zinssätze erhoben:

4. Quartal 1999

3,28 %

1. Quartal 2000

3,51 %

2. Quartal 2000

4,15 %

3. Quartal 2000

4,80 %

4. Quartal 2000

5,15 %

2001

4,55 %-5,25 %

(40)

Am 11. November 1999 erhielten die Lieferanten eine Anzahlung von 80 % des vereinbarten Preises. Außerdem wurde aufgrund des verlängerten Eigentumsvorbehalts, der einigen Lieferanten eingeräumt worden war, und der bei Verarbeitung, Vermengung und Vermischung nicht unterging, ein Teil dieses Bestands zur Sicherung der 20 %igen Restforderung dieser Lieferanten verwendet. Als Sicherungsmaßnahme war auch die Sicherungsübereignung der Bestände an die WAK vereinbart worden. Wegen der Eigentumsvorbehalte hatte die WAK aber nur einen nachrangigen Anspruch auf den Bestand, solange die mit verlängertem Eigentumsvorbehalt gesicherten Forderungen nicht beglichen waren. Das größere Risiko der Preisschwankungen trugen demzufolge die GfW und ihre Gläubiger, wobei die WAK der Hauptgläubiger war.

(41)

Zinsen auf den Kredit der WAK an die GfW wurden nur begrenzt gezahlt: vom 11. November 1999 bis zum 31. Dezember 1999 (Zinssatz 3,28 %), vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2000 (Zinssatz 3,51 %-5,15 %) und vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2001 (Zinssatz 4,55 %-5,25 %). Nach dem 31. Dezember 2001 wurden keine Zinsen mehr in Rechnung gestellt.

(42)

Angesichts des Risikos, das die WAK durch die Kreditvergabe an die GfW einging, hätte auf den üblichen Zinssatz eine beträchtliche Risikoprämie aufgeschlagen werden müssen. Da dies nicht erfolgt ist, lag zum Zeitpunkt der Kreditvergabe ein Beihilfeelement vor. Dieses Beihilfeelement lässt sich berechnen als Differenz zwischen dem erhobenen Zinssatz und dem marküblichen Zinssatz zuzüglich der Risikoprämie, die hätte erhoben werden sollen.

(43)

Laut Mitteilung der Kommission über die Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (8), geändert durch die Mitteilung der Kommission über eine technische Anpassung der Methode zur Festsetzung der Referenzzins- und Abzinsungssätze (9), die für den betreffenden Zeitraum anwendbar ist, lag der Basisreferenzsatz für Deutschland zwischen 5,23 % und 6,33 %. Nach dieser Mitteilung ist der festgestellte Referenzsatz ein Mindestsatz, welcher in besonderen Risikofällen erhöht werden kann (z. B. Unternehmen in Schwierigkeiten, Mangel an üblicherweise von Banken geforderten Sicherheiten usw.). In diesem Fall kann der Zuschlag bei 400 Basispunkten und sogar darüber liegen, wenn keine Privatbank zur Gewährung des betreffenden Kredits bereit gewesen wäre.

(44)

Nach Angabe Deutschlands lagen die Zinssätze der deutschen Banken im selben Zeitraum für ähnliche Kredite zwischen 5,25 % und 6,50 % (VR-Bank Südliche Weinstraße eG) bzw. 5,40 % und 6 % (Kreissparkasse Bad Dürkheim).

II.8.   Dauer der Maßnahme

(45)

Einmalige Maßnahme.

II.9.   Gründe für die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

(46)

Die Kommission hat das förmliche Prüfverfahren gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV eingeleitet, weil sie vermutete, dass der Rangrücktritt und der Forderungsverzicht eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV darstellen könnten.

(47)

Die Kommission hatte insbesondere auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der ursprünglichen Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens vorliegenden Informationen untersucht, ob der Rangrücktritt und der Forderungsverzicht in Übereinstimmung mit dem Privatgläubigertest vorgenommen wurden.

(48)

Beim Privatgläubigertest wird beurteilt, ob sich ein privater Gläubiger unter den gleichen Marktbedingungen ebenso verhalten hätte oder hat wie der öffentliche Gläubiger. Im vorliegenden Fall beliefen sich die Forderungen der privaten Gläubiger gegenüber der GfW zum 31. Oktober 2000 auf insgesamt 5,5 Mio. EUR, aber keiner dieser Gläubiger hat auf seine Forderungen verzichtet. Aus dem Gutachten eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers ging anscheinend hervor, dass für die WAK ein Rangrücktritt oder ein Verzicht auf einen Teil ihrer Forderungen wirtschaftlich sinnvoll war; es wurde aber nicht erläutert, weshalb kein anderer Gläubiger zu einem Forderungsverzicht bereit war.

(49)

In der Entscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens kam die Kommission zu dem Schluss, dass zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Rangrücktritt und Forderungsverzicht (in Bezug auf den Kredit an die GfW und künftigen Zinszahlungen auf diesen Kredit) nicht mit dem Privatgläubigertest vereinbar sind, weil sie höher erschienen als unbedingt notwendig und nicht nur die GfW, sondern auch die anderen Gläubiger (hauptsächlich Weinbaubetriebe und Kommissionäre), deren Forderungen in vollem Umfang beglichen wurden, in übermäßiger Weise begünstigt hatten.

(50)

Die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wurde dann auf die Gewährung des Kredits ausgeweitet. Insbesondere wurde bezweifelt, ob die Kreditgewährung zu Marktbedingungen (es wurde keine Risikoprämie erhoben) und mit ausreichenden Sicherheiten erfolgt war.

(51)

Bei der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens wurde erneut die Frage einer möglichen Beihilfe an die Weinbaubetriebe und Kommissionäre gestellt. Die zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Informationen schienen darauf hinzudeuten, dass der für den Most gezahlte Preis über dem maßgeblichen Marktpreis lag, der Zweck des Vorgangs nicht in einem möglichst hohen Gewinn, sondern in einer Unterstützung des Wein- und Mostmarkts lag und die den Weinbaubetrieben und Kommissionären im Kaufvertrag eingeräumte Sicherheitenposition günstiger war als unter marktüblichen Bedingungen.

(52)

Die Zweifel hinsichtlich des Preises wurden erhärtet durch die Unterlagen, die Deutschland nach der ersten Einleitung des Verfahrens bereitgestellt hatte, und die für 1999 für einen Liter Tafelwein aus Pfalz-Rheinhessen Preise (ohne MwSt.) von 0,26 EUR (Oktober/November) bis 0,30 EUR (Juni bis September), 0,35 EUR (April) mit einem Höchststand von 1,10 EUR (Februar, Juni, November/Dezember) auswiesen. Der Mindestmarktpreis, der für Tafelwein zum Zeitpunkt der Kreditgewährung erzielt werden konnte, belief sich demnach auf 0,26 EUR je Liter.

(53)

Der durchschnittliche Ankaufspreis von 0,38 EUR je Liter schien also über dem niedrigsten Marktpreis von 0,26 EUR je Liter zu liegen.

III.   BESCHWERDEN UND INFORMATIONEN VON DRITTEN

(54)

Bei der Kommission sind Informationen eingegangen, aus denen hervorgeht, dass der oben beschriebene Forderungsverzicht aus Mitteln der WAK finanziert wurde. Das Land Rheinland-Pfalz als öffentlicher Geldgeber der WAK soll angesichts der verringerten Kapitalgrundlage der WAK die Möglichkeit einer Kapitalzufuhr geprüft, aber letztlich davon abgesehen haben.

(55)

Die Kommission hat eine Beschwerde wegen einer mutmaßlichen Beihilfe im Zusammenhang mit einem Forderungsverzicht der WAK erhalten. Der Beschwerdeführer erklärte, er stehe mit der GfW beim Verkauf von Destillaten aus Wein im Wettbewerb, und Mitbewerbern entstünden infolge des Forderungsverzichts gegenüber der GfW erhebliche Probleme beim Verkauf der eigenen Produkte. Der Beschwerdeführer legte mehrere Zeitungsartikel mit Informationen über den Forderungsverzicht der WAK zugunsten der GfW vor.

(56)

Derselbe Beschwerdeführer übermittelte auch ein Schreiben der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern, Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen, das er als Antwort auf ein von ihm dorthin gerichtetes Schreiben erhalten hatte. In dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern werden die vom Beschwerdeführer übermittelten Informationen aus Zeitungsartikeln und Erklärungen zusammengefasst und wird dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass aufgrund der eingegangenen Informationen kein Grund vorliege, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten.

IV.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(57)

Die Kommission hat im Rahmen der förmlichen Prüfverfahren keine Stellungnahmen von den Beteiligten erhalten.

(58)

Die wiederholten Schreiben des Beschwerdeführers nach der ursprünglichen Einleitung des Verfahrens enthielten keine neuen Sachverhalte oder Argumente.

V.   STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS

V.1.   Beihilfeelement zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung

(59)

Deutschland hat umfassende Informationen über die Konditionen des Kredits der WAK an die GfW übermittelt, die in der Beschreibung der Maßnahme in Abschnitt II berücksichtigt wurden.

(60)

Deutschland gesteht in seiner Stellungnahme ein, dass der Zinssatz der WAK für den Kredit an die GfW unter dem marktüblichen Satz lag. Deutschland erkennt an, dass die Differenz zwischen dem marktüblichen Zins und dem der GfW gewährten Zins eine Beihilfe an die GfW im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

(61)

Außerdem übermittelte Deutschland Belege dafür, dass die GfW zum 1. Juni 2005 liquidiert und aufgelöst wurde. Die gesamten noch lagernden Warenbestände aus den verbliebenen Geschäftsfeldern wurden veräußert. Alle Erlöse wurden zur Begleichung der Forderungen gegenüber der WAK verwendet. Mit dem Käufer (einem Privatmann) wurde vereinbart, dass der gesamte noch verbliebene Lagerbestand laut Bestandsliste zum 31. Dezember 2004 Ende 2005 wertmäßig an die WAK abzuführen sei. Als Wert wurde der ursprüngliche Einkaufswert von 79 579,79 EUR zugrunde gelegt. Die GfW wurde im Laufe des Jahres 2006 aus dem Handelsregister gelöscht; es gibt weder einen Rechts- noch einen Unternehmensnachfolger, von dem die Beihilfe zurückgefordert werden könnte. Laut Ansicht Deutschlands ist eine Rückforderung nach ständiger Rechtsprechung (10) daher nicht möglich.

(62)

Deutschland hat versichert, dass die Einräumung des einfachen, erweiterten oder verlängerten Eigentumsvorbehalts an die Weinbaubetriebe und Kommissionäre durch die GfW im Zusammenhang mit dem Verkauf von Most der gängigen Geschäftspraxis entsprach. Außerdem hat Deutschland versichert, dass die von der WAK für den Kredit an die GfW akzeptierte Sicherungsübereignung der Warenbestände trotz Eigentumsvorbehalts ebenfalls gängige Geschäftspraxis ist.

(63)

Ferner erklärt Deutschland, dass der Mostankauf durch die GfW im Herbst 1999 zum Marktpreis erfolgt ist, weil es sich bei 60 % des angekauften Mosts um hochwertigen Most (mindestens 60 ° Oechsle) und nicht, wie in der Einleitung des Verfahrens angenommen, um Most für einfachen Tafelwein gehandelt habe. Nach Angabe Deutschlands sind die Qualitätsanforderungen für die Herstellung von Sekt höher als für Tafelwein (mindestens 60 ° Oechsle (Sekt) gegenüber mindestens 44 ° Oechsle (Tafelwein)). Die restlichen 40 % waren einfacher Tafelweinmost, der angekauft worden war, um die günstigen Bedingungen der vorbeugenden Destillation zu nutzen.

(64)

Laut Stellungnahme Deutschlands sah das Vermarktungskonzept der GfW für 60 % des Bestands vor, große Mengen hochwertigen Most aufzukaufen und ihn zu homogenen Sektgrundweinpartien zu verarbeiten, die den Anforderungen des Weinmarkts an Qualität und Einheitlichkeit genügten. Sektgrundwein muss einen geringen Gehalt an SO2 und einen hohen Gehalt an Fruchtsäure aufweisen. Dies ließ sich nur erreichen, wenn der Most während der Verkaufszeit im Herbst angekauft wurde und die GfW den Most selbst zu Sektgrundwein verarbeitete.

(65)

Nach Angabe Deutschlands betrug der Basispreis für einen Liter Most mit 60 ° Oechsle auf dem Sektgrundweinmarkt 0,312 EUR je Liter. Für jedes weitere Grad Oechsle (bis zum Höchstgehalt von 80 ° Oechsle) wurden 0,005 EUR je Liter gezahlt. Die Weinbaubetriebe und Kommissionäre wurden für ihren Qualitätsmost, d. h. 60 % des angekauften Mosts, nach diesem Grundsatz bezahlt.

(66)

In diesem Zusammenhang verweist Deutschland auf den relevanten Markt. Nach Auffassung Deutschlands könne der Preis für einfachen Tafelwein nicht als Maßstab für diese 60 % der Bestände dienen, da für die GfW nicht der Markt für einfachen Tafelwein maßgeblich sei, sondern der Markt für den höherwertigen Sektgrundwein. Deutschland verweist auch auf die Theorie der Nachfragesubstituierbarkeit, wonach diejenigen Produkte demselben Markt zurechenbar sind, deren Abnehmer auch bei einer Preisänderung nicht auf andere Güter ausweichen können. Im vorliegenden Fall ist es aufgrund der speziellen Anforderungen an Most und Sektgrundwein unmöglich, diesen durch Tafelwein zu ersetzen, auch wenn der Preis für Tafelwein erheblich sinkt. Deshalb hat ein Rückgang des Tafelweinpreises keinen Einfluss auf den Preis des für die Sektherstellung bestimmten Mostes, weil diese Erzeugnisse untereinander nicht austauschbar sind.

(67)

Nach der Importstatistik des Deutschen Weinbauverbands für die Jahre 1998–2001 erzielte importierter Weißwein, der sich aufgrund seiner hohen Qualität für die Sektherstellung eignet, einen Marktpreis von 0,38 EUR je Liter, also deutlich mehr als die 0,26 EUR je Liter, die für Tafelwein zu zahlen sind. Deutschland kommt in seiner Stellungnahme zu dem Schluss, dass es zwei eigenständige Märkte gibt, einen für einfachen Tafelwein bzw. Tafelweinmost und einen für hochwertigen Grundwein bzw. Most, der für die Sektherstellung bestimmt ist.

(68)

Nach Auffassung Deutschlands wäre daraus zu schließen, dass der relevante Markt für Wein, der nicht der Destillation zugeführt wird, der Markt für hochwertigen Sektgrundwein ist, für den sich wesentlich höhere Preise erzielen lassen (0,38 EUR je Liter) und nicht der Markt für einfachen Tafelwein (0,26 EUR je Liter). Deshalb, so das Argument Deutschlands, entsprach der Preis, den die GfW für den Most gezahlt hat, dem Marktpreis für den relevanten Markt und beinhaltete eine normale Gewinnspanne.

(69)

Außerdem plante die GfW, an den Lagerhaltungs- und Destillationsprogrammen der EU teilzunehmen (die GfW hatte den Weinbauern solche Dienstleistungen schon früher angeboten). Im Rahmen des Lagerhaltungsprogramms wurden für 20 % der Bestände 0,06 EUR je Liter gezahlt; diese sollten zu einem späteren Zeitpunkt als Grundwein für die Sektherstellung verkauft werden. Beim Destillationsprogramm wurden für die 40 % der Bestände, die der Destillation zugeführt wurden, 0,50-0,55 EUR je Liter gezahlt.

(70)

Nach Auffassung Deutschlands war es möglich, mit diesen Tätigkeiten einen Gewinn zu erzielen, als die WAK der GfW den Kredit gewährte. Einerseits beabsichtigte die GfW, im Dezember 1999 mit 40 % der Mostankäufe an der vorbeugenden Destillation teilzunehmen, wobei der Destillationspreis deutlich über dem Ankaufspreis (0,50-0,55 EUR je Liter) lag. Andererseits wurde davon ausgegangen, dass die Sekthersteller für große Partien homogenen Grundwein mit garantierter Qualität relativ gute Preise zahlen würden (0,36 bis 0,41 EUR je Liter). Deutschland macht geltend, dass die GfW hiermit durchschnittliche Verkaufserlöse von 0,44 bis 0,46 EUR je Liter hätten erzielen können, also wesentlich mehr als die durchschnittlich 0,38 EUR je Liter, die den Weinbaubetrieben und Kommissionären gezahlt wurden.

(71)

Bei der Planung wurden folgende Preiserwartungen zugrunde gelegt:

 

Menge

Preis je Liter (EUR)

Destillation

40 %

0,50-0,55

EU-Beihilfe für die Lagerung von Wein/Most (ein Jahr): 0,06 EUR je Liter und anschließender Verkauf als Sektgrundwein

20 %

0,435

Verkauf als Sektgrundwein

40 %

0,375

(72)

Ausgehend von diesen Erwartungen wurde ein durchschnittlicher Erlös von 0,44-0,46 EUR je Liter erwartet.

(73)

Aus den vorstehenden Vorausschätzungen ergeben sich folgende Gewinnerwartungen:

 

Preis je Liter (EUR)

Ankaufspreis und Verarbeitung

0,37-0,38

Erlöse aus dem Verkauf von Sektgrundwein, der Destillation und den Beihilfen für die Lagerhaltung

0,44-0,46

Gewinnerwartung

0,06-0,09

(74)

Bei einer Gesamtmenge von etwa 44 Mio. Litern wurde von einer Gewinnspanne von etwa 2,64 Mio. bis 3,96 Mio. EUR ausgegangen.

(75)

Deutschland führt außerdem an, dass es sich bei dem von der Europäischen Kommission in den Einleitungsbeschlüssen genannten Marktpreis für Tafelwein (0,26 EUR je Liter) um den niedrigsten Tafelweinpreis für November 1999 handelt. Das vollständige Angebot für November 1999 ist ein Tafelweinpreis zwischen 0,26 und 0,56 EUR je Liter. Außerdem ist dies die volle Preisspanne für das ganze Jahr 1999. Für 2000 belief sich die Preisspanne zwischen 0,20 EUR und 0,41 EUR je Liter. Deutschland weist auch darauf hin, dass 60 % des von der GfW angekauften Mosts durchschnittlich 81 ° Oechsle aufwies, also wesentlich mehr, als für Tafelwein vorgeschrieben (44 ° Oechsle), und sich dies natürlich in dem Preis, den die GfW für den Most gezahlt hat, niederschlug.

V.2.   Beihilfeelement zum Zeitpunkt des Rangrücktritts und des Forderungsverzichts

(76)

Nach Auskunft Deutschlands stand nach einer im November 2000 erstellten Zwischenbilanz fest, dass der GfW die Insolvenz drohte. Zu diesem Zeitpunkt wies die GfW einen Fehlbetrag von etwa 6 Mio. EUR auf, was sich bei der Erstellung der Jahresbilanz für 2000 bestätigte. Dieser Überschuldung war darauf zurückzuführen, dass der Wert der noch im Besitz der GfW befindlichen Warenbestände infolge eines erheblichen Einbruchs der Marktpreise stark zurückgegangen war, so dass die GfW ihre Bestände nur zu einem niedrigeren Preis, als zunächst vorhergesagt, hätte verkaufen können.

(77)

Nach Auskunft Deutschlands hatte die WAK zum 31. Oktober 2000 gegenüber der GfW noch Forderungen in Höhe von etwa 10 Mio. EUR. Als Sicherungsmaßnahme hatte die GfW der WAK Sicherungseigentum an den Warenbeständen eingeräumt, die auf 5,7 Mio. EUR veranschlagt wurden. Die Warenbestände unterlagen auch unterschiedlichen Graden von Eigentumsvorbehalt der Weinbaubetriebe und Kommissionäre in Form von einfachen, erweiterten oder verlängerten Eigentumsvorbehalten. Dadurch waren die Weinbaubetriebe und Kommissionäre nach deutschem Insolvenzrecht rangmäßig vorangestellt. Demnach hätte laut Auskunft Deutschlands die GfW im Falle einer Insolvenz die Forderungen der Weinbaubetriebe und der Kommissionäre in Höhe von etwa 3,5 Mio. EUR tilgen müssen, bevor andere Gläubiger hätten bedient werden können.

(78)

Um den Überschuldungstatbestand zu beheben und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 64 GmbHG a.F. i. V. m. § 19 InsO abzuwenden, mussten dringend Maßnahmen getroffen werden.

(79)

Deutschland merkt an, dass die WAK als Hauptgläubiger mit lediglich nachrangiger Absicherung ein erhebliches Interesse daran gehabt habe, die drohende Insolvenz abzuwenden. Deshalb versuchte sie, die Weinbaubetriebe und die Kommissionäre ihrerseits zu einem Teilverzicht zu bewegen, und vereinbarte mit der GfW am 4. Dezember 2000 außerdem Folgendes:

einen Rangrücktritt in Höhe der Überschuldung nach einem Verzicht der Weinbaubetriebe und Kommissionäre auf 90 % der bestehenden Restforderungen;

einen Verzicht in Höhe der zurückgetretenen Forderungen, aber nur, wenn dies notwendig ist.

(80)

Trotz erfolgreichen Verhandlungsbeginns, bei dem die Mehrzahl der Weinbaubetriebe und Kommissionäre einem Forderungsverzicht zustimmten, scheiterte die GfW letztlich infolge der konzertierten Aktionen einiger Weinbaubetriebe und Kommissionäre und ihrer Rechtsberater. Sie waren nicht bereit, auf ihre Forderungen zu verzichten, weil sie aufgrund ihrer erweiterten oder verlängerten Eigentumsvorbehalte über eine bessere Sicherheitenposition verfügten, und erhoben Klage. Diese Klagen wurden vor Gericht verhandelt, das Vergleichsvereinbarungen vorschlug. Laut diesen Vergleichsvereinbarungen sollte die GfW 70 % der Restforderungen tilgen; auf die verbleibenden 30 % sollte verzichtet werden. Außerdem sollte die GfW 80 % der Gerichtskosten tragen. Ähnliche Vergleichsvereinbarungen wurden auch von anderen Gerichten vorgeschlagen. Vor diesem Hintergrund konnte die GfW nicht mehr davon ausgehen, dass die Weinbaubetriebe und Kommissionäre einem Verzicht auf 90 % ihrer Restforderungen zustimmen würden. Außerdem hatten mehrere Weinbaubetriebe und Kommissionäre inzwischen erklärt, dass sie eine 100 %ige Rückzahlung der 20 %igen Restforderung verlangen würden. Die Tatsache, dass sich 1 700 der 2 700 Weinbaubetriebe und Kommissionäre bereits zu einem Teilverzicht auf ihre Forderungen bereit erklärt hatten, war nunmehr nicht mehr von Belang, da nach § 305a InsO der Versuch, eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen als gescheitert gilt, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem die Verhandlungen über die außergerichtliche Schuldenbereinigung aufgenommen wurden.

(81)

Deshalb vereinbarte die WAK am 21. Februar 2001 mit der GfW, den Fehlbetrag des Jahres 2000 durch einen Verzicht auf eigene Forderungen in Höhe von 5 005 441,60 EUR zu decken, keine Zinsen auf die Restschuld für den Zeitraum 1. Januar 2001-31. Dezember 2001 zu erheben und die Forderungen der Weinbaubetriebe und Kommissionäre in vollem Umfang zu begleichen. Die Sicherheit der nicht zurückgetretenen Forderungen war gewährleistet. Der Überschuldungstatbestand der GfW war behoben, das Insolvenzverfahren abgewendet, und die GfW konnte ihren Geschäftsbetrieb fortsetzen.

(82)

Deutschland macht geltend, dass der Rangrücktritt und der Forderungsverzicht mit dem Privatgläubigertest vereinbar seien. Zur Untermauerung dieser Behauptung verweist Deutschland auf die einschlägige Rechtsprechung.

(83)

Ein teilweiser Forderungsverzicht kann notwendig sein, um den tatsächlich wieder eingezogenen Betrag zu erhöhen (11). Ein privater Gläubiger würde so versuchen, seine Verluste zu minimieren. Ist eine Forderung nicht ausreichend gesichert, erhöht das Abwarten der Gläubiger die Chancen, geschuldete Beträge ohne Verlust zurückzuerhalten, wenn der Schuldner die Krise überwindet und seine Lage verbessert (12). In seinem Urteil in der Rechtssache HAMSA verwirft der EuG den zuvor von der Kommission gewählten Prüfungsansatz, der auf ein gleichmäßiges Verzichtsverhältnis zwischen privaten und öffentlichen Gläubigern abgestellt hatte. Stattdessen stellte der EuG fest, dass im jeweiligen Einzelfall auch ein ungleichmäßiges Verhältnis zwischen den Forderungen öffentlicher und privater Gläubiger sowie ein ungleichmäßiges Verzichtsverhältnis dem Privatgläubigertest gerecht werden kann. Der EuG unterstreicht, dass seine Entscheidung dadurch beeinflusst ist, ob die Forderung eines Gläubigers hypothekarisch gesichert, bevorrechtigt oder ungesichert ist, d. h. entscheidend ist, welchen Rang die Sicherheiten der einzelnen Gläubiger einnehmen. Der EuG stellte fest, dass ein öffentlicher Gläubiger wie ein privater Gläubiger handelt, wenn er sich nach umfassender und verständiger Würdigung des potenziellen Erlöses sowohl der Zerschlagungs- als auch der Fortführungsvariante für einen teilweisen Forderungsverzicht entscheidet (13). Schließlich verweist Deutschland auf die Entscheidung der Kommission in der Sache Huta Cynku, in der die Kommission zu dem Schluss kam, dass kein Vorteil und damit auch keine Beihilfe vorliegt, wenn eine Umstrukturierung mit größeren Geldeinnahmen verbunden ist als eine Liquidation (14).

(84)

Vor diesem Hintergrund führt Deutschland an, dass unter Berücksichtigung der Stellung der WAK als Hauptgläubiger und ihrer nachrangigen Sicherheitenposition im Vergleich zu den Weinbaubetrieben und den Kommissionären sowohl der Rangrücktritt als auch der Forderungsverzicht im Einklang mit dem Privatgläubigertest stehen und somit keine Beihilfe darstellen. Bei einem Insolvenzverfahren hätte die WAK mindestens einen ebenso großen und sehr wahrscheinlich einen noch höheren Betrag der Restforderung verloren.

(85)

Nur durch die erfolgreiche Vermeidung der Insolvenz der GfW und die Befriedigung der restlichen Forderungen der Weinbaubetriebe und Kommissionäre hatte die WAK sämtliche Sicherungsrechte an den restlichen Warenbeständen und konnte damit wesentlich höhere Rückführungen auf die verbliebenen Kreditforderungen erhalten, als dies bei einem Insolvenzverfahren zu erwarten war.

(86)

Aus der Ex-ante-Perspektive war die Vorgehensweise der WAK nach Auffassung Deutschlands korrekt, insbesondere weil sie hierdurch eine höhere Rückzahlungsquote erzielen konnte, indem ihr Sicherungseigentum nicht mehr nachrangig war und außerdem die drohende Insolvenz der GfW vermieden wurde. Nach Meinung Deutschlands hätte jede Geschäftsbank in dieser Lage ebenso gehandelt.

(87)

Laut Angabe Deutschlands hätte die WAK nach damaliger Prognose bei einer Fortführung des Geschäftsbetriebs der GfW Rückzahlungen in Höhe von 5 112 918,81 Mio. EUR erzielen können. Wäre die GfW dagegen einem Insolvenzverfahren unterzogen worden, hätte die Rückzahlung höchstens 2,4 Mio. EUR betragen. Dies ergibt einen Mehrerlös von mindestens 2,7 Mio. EUR.

(88)

Dies wird in der gutachterlichen Stellungnahme eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers vom 3. Februar 2003 bestätigt (15), die von der WAK in Auftrag gegeben und den deutschen Behörden vorgelegt worden war. Die Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass es für die WAK wirtschaftlich sinnvoll war, einem Rangrücktritt zuzustimmen sowie auf einen Teil ihrer oben genannten Forderungen und auf künftige Zinszahlungen zu verzichten. Die Gründe für diese Schlussfolgerungen wurden von Deutschland übermittelt und lauten wie folgt:

Ohne Rangrücktritt, Forderungsverzicht und Verzicht auf Zinszahlungen der WAK hätte die GfW einen Insolvenzantrag stellen müssen, und es wäre zu einer Liquidation der GfW gekommen. Die Forderungen der WAK hätten aus dem Verkauf der Lagerbestände der GfW befriedigt werden müssen.

Im Falle der Liquidation der GfW wäre ein Vermögensverfall eingetreten. Die Erlöse hätten in dem Fall nur etwa 50 % bis 70 % der jeweiligen Buchwerte entsprochen. Demnach hätten die Erlöse — unter Berücksichtigung der Sicherungsrechte — zwischen 1,84 Mio. und 2,4 Mio. EUR betragen.

Ein Insolvenzverfahren verursacht erhebliche Kosten.

Die deutsche Insolvenzordnung (InsO) sieht für Waren mit Eigentumsvorbehalt ein Aussonderungsrecht vor, das aber durch das Recht des Insolvenzverwalters zur Wahl zwischen Vertragserfüllung und Aussonderung (§ 103 InsO) determiniert ist. Eine Aussonderung ist erst möglich, wenn der Insolvenzverwalter die Vertragserfüllung ablehnt. In diesem Fall kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten, die Aussonderung der Gegenstände verlangen, und es steht ihm Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags zu. Anzahlungen können aufgerechnet werden. Im Gegenzug kann GfW bereits getätigte Zahlungen zurückfordern, die mit dem Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags aufgerechnet werden können.

Nachdem jedoch die WAK einen Rangrücktritt gegenüber einem Teil ihrer Forderungen beschlossen hatte, konnte die GfW das Insolvenzverfahren abwenden, und nach Verzicht auf einen Teil ihrer Forderungen und Zinszahlungen hatte die WAK noch ausstehende Forderungen in Höhe von 5,15 Mio. EUR, mit deren Rückzahlung sie aufgrund der Fortführung des Geschäftsbetriebs der GfW rechnen konnte.

Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die in der Zeit vom 1. November 2000 bis zum 31. Dezember 2000 von der GfW an die WAK getätigten Zahlungen in Höhe von 1 440 476,92 EUR nach den Insolvenzvorschriften von der GfW hätten angefochten werden können. Dies hätte zu einer Rückzahlungsverpflichtung seitens der WAK in dieser Höhe geführt.

(89)

Deutschland macht geltend, dass einer Ex-post-Bewertung zufolge die Option Rangrücktritt und Forderungsverzicht wirtschaftlich vernünftiger war, weil sich der Rückzahlungsbetrag aufgrund der Vermeidung der GfW-Insolvenz auf 4 670 517,65 EUR belief, was einen Mehrerlös gegenüber den bei einem Insolvenzverfahren höchstens zu erwartenden 2,4 Mio. EUR bedeutete.

(90)

Deutschland kommt zu dem Schluss, dass keine Beihilfe an die Weinbaubetriebe und die Kommissionäre gewährt wurde, da der Rangrücktritt und der Forderungsverzicht der WAK mit dem Privatgläubigertest vereinbar waren.

VI.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

VI.1.   Gemeinsame Marktorganisation

(91)

Bis zum Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates vom 29. April 2008 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (16) wurden der Weinbau und die Weinbereitung durch die Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 geregelt. Gemäß Artikel 71 der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 sind die Artikel 87, 88 and 89 des Vertrags (jetzt Artikel 107, 108 und 109 AEUV) auf die Erzeugung der unter diese Verordnung fallenden Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen anwendbar. Vor dem 31. Juli 2000 wurden der Weinbau und die Weinbereitung durch die Verordnung (EWG) Nr. 822/87 geregelt. Nach Artikel 76 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 sind die Artikel 92, 93 und 94 des Vertrags (jetzt Artikel 107, 108 und 109 AEUV) auf die Erzeugung der in Artikel 1 der Verordnung genannten Erzeugnisse anwendbar. Daher sind die hier in Frage stehenden Maßnahmen im Hinblick auf die Regeln für staatliche Beihilfen zu untersuchen.

VI.2.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(92)

Gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(93)

Die WAK ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und finanziert sich aus Mitteln des Landes Rheinland-Pfalz und aus parafiskalischen Abgaben. Somit wird die Maßnahme aus staatlichen Mitteln finanziert.

(94)

Eine Beihilfe für ein Unternehmen kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, wenn dieses Unternehmen auf einem Markt tätig ist, der dem innergemeinschaftlichen Handel unterliegt (17). Es gibt einen regen Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen innerhalb der EU. Deshalb ist die vorliegende Beihilfe geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (18).

(95)

Um beurteilen zu können, ob eine staatliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt, ist laut Urteil des Gerichtshofs auch zu prüfen, ob das begünstigte Unternehmen eine wirtschaftliche Vergünstigung erhält, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (19) und/oder von Kosten entlastet wird, die es normalerweise aus seinen Eigenmitteln hätte bestreiten müssen (20). Dies würde in der Tat als Hinweis auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen ausreichen (21).

VI.2.1.   Vorliegen einer Beihilfe zugunsten der Gesellschaft für Weinabsatz (GfW)

VI.2.1.a.   Gewährung eines Kredits durch die WAK

(96)

Der Kredit der WAK in Höhe von 15 302 696,25 EUR wurde im Herbst 1999 gewährt. Der GfW wurde während der Laufzeit des Kredits ein Zinssatz zwischen 3,28 % und 5,25 % berechnet. Eine Risikoprämie wurde nicht erhoben. Der deutsche Referenzzinssatz lag in diesem Zeitraum zwischen 5,23 % und 6,33 %.

(97)

Deutschland teilt die Auffassung der Kommission, dass der Kredit nicht den marktüblichen Bedingungen entsprach. Unter marktüblichen Bedingungen wären mangels ausreichender Sicherheiten höhere Basiszinssätze und eine Risikoprämie erhoben worden.

(98)

Da also die GfW eine wirtschaftliche Vergünstigung erhielt, die ihr unter normalen Marktbedingungen nicht eingeräumt worden wäre, kann gefolgert werden, dass der Kredit an die GfW ein Beihilfeelement im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV enthielt. Das Beihilfeelement berechnet sich als Differenz zwischen dem tatsächlich erhobenen Zinssatz und dem Referenzzinssatz zuzüglich einer angemessenen Risikoprämie.

(99)

Mögliche Weitergabe der Beihilfe an Rechtsnachfolger

(100)

Laut Auskunft Deutschlands wurde die GfW zum 1.6.2005 liquidiert und aufgelöst. Die gesamten noch lagernden Warenbestände aus den verbliebenen Geschäftsfeldern der Gesellschaft wurden veräußert. Alle hierbei erzielten Erlöse wurden verwendet, um die Forderungen der WAK zu begleichen. Mit dem Käufer (einem Privatmann) wurde vereinbart, dass der der gesamte verbliebene Lagerbestand laut Bestandsliste zum 31. Dezember 2004 Ende des Jahres 2005 wertmäßig an die WAK abzuführen sei. Als Wert wurde der ursprüngliche Einkaufswert von 79 579,79 EUR zugrunde gelegt. Die GfW wurde im Lauf des Jahres 2006 aus dem Handelsregister gelöscht; es gibt weder einen Rechts- noch einen Unternehmensnachfolger, von dem die Beihilfe zurückgefordert werden könnte. Laut Auskunft Deutschlands ist eine Rückforderung nach ständiger Rechtsprechung (22) daher nicht möglich.

(101)

Als das verbliebene Vermögen der GfW verkauft wurde, hätte der Käufer möglicherweise von der Beihilfe an die GfW profitieren können. Da der Käufer aber den ursprünglichen Kaufpreis bezahlt hat und der Markt in den vorangegangenen Jahren eingebrochen war, ist offensichtlich, dass der vom Käufer gezahlte Preis mindestens den Marktpreisen entsprach oder sogar noch darüber lag. Insofern wurde nach Auffassung der Kommission keine Beihilfe an die Käufer der verbliebenen GfW-Warenbestände weitergegeben. Außerdem ist die GfW erloschen, so dass keine Beihilfe zurückgefordert werden kann.

VI.2.1.b.   Rangrücktritt und Forderungsverzicht durch die WAK

(102)

Der Rangrücktritt sowie der Verzicht auf die Forderungen und Zinszahlungen wurden aus den Eigenmitteln und einem entsprechenden Kredit der WAK finanziert und sind daher als aus staatlichen Mitteln finanziert anzusehen.

(103)

Um festzustellen, ob der Rangrücktritt und der Verzicht auf Forderungen und Zinszahlungen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen, ist zu prüfen, ob die GfW eine wirtschaftliche Vergünstigung erhielt, die sie unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte und/oder ob die Maßnahme die GfW von Kosten entlastet hat, die sie normalerweise aus ihren Eigenmitteln hätte bestreiten müssen. Diese Bewertung ist anhand des Privatgläubigertests vorzunehmen. Dabei wird beurteilt, ob sich ein privater Gläubiger unter den gleichen Marktbedingungen ebenso verhalten hätte oder hat wie der öffentliche Gläubiger.

(104)

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein teilweiser Forderungsverzicht notwendig sein, um den tatsächlich wieder eingezogenen Betrag zu erhöhen (23). Ein privater Gläubiger würde so versuchen, seine Verluste zu minimieren. Ist eine Forderung nicht ausreichend gesichert, erhöht das Abwarten der Gläubiger die Chancen, geschuldete Beträge ohne Verlust zurückzuerhalten, wenn der Schuldner die Krise überwindet und seine Lage verbessert (24).

(105)

Das EuG verwirft im HAMSA-Urteil (25) den zuvor von der Kommission gewählten Prüfungsansatz, der auf ein gleichmäßiges Verzichtsverhältnis zwischen privaten und öffentlichen Gläubigern abgestellt hatte. Stattdessen stellt der EuGH fest, dass im jeweiligen Einzelfall auch ein ungleichmäßiges Verhältnis zwischen den Forderungen öffentlicher und privater Gläubiger sowie ein ungleichmäßiges Verzichtsverhältnis dem Privatgläubigertest gerecht werden kann. Die Randnummern 168 und 169 des Urteils lauten wie folgt:

„(168)

Schlägt ein Unternehmen, bei dem eine erhebliche Verschlechterung der finanziellen Lage eingetreten ist, seinen Gläubigern eine Vereinbarung oder eine Reihe von Vereinbarungen über die Umschuldung vor, um seine Lage zu verbessern und seine Liquidation zu verhindern, so muss jeder Gläubiger eine Entscheidung treffen zwischen dem Betrag, der ihm im Rahmen der vorgeschlagenen Vereinbarung angeboten wird und dem Betrag, den er nach einer etwaigen Liquidation des Unternehmens erlösen zu können glaubt. Seine Entscheidung wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, und zwar dadurch, ob seine Forderung hypothekarisch gesichert, bevorrechtigt oder ungesichert ist, durch Art und Umfang etwaiger ihm zustehender Sicherheiten, durch seine Beurteilung der Sanierungsaussichten des Unternehmens und durch den ihm im Fall einer Liquidation zufließenden Erlös. Würde z. B. im Fall der Liquidation des Unternehmens der Liquidationswert von dessen Aktiva nur die Befriedigung der hypothekarisch gesicherten und bevorrechtigten Forderungen ermöglichen, so wären die ungesicherten Forderungen wertlos. In einer solchen Situation würde der Inhaber einer solchen Forderung, der sich bereit erklärt, auf die Rückzahlung eines großen Teils seiner Forderung zu verzichten, kein echtes Opfer bringen.

(169)

Daraus folgt insbesondere, dass ohne Kenntnis der Faktoren, die den jeweiligen Wert der den Gläubigern eröffneten Entscheidungsmöglichkeiten bestimmen, aus der bloßen Tatsache, dass scheinbar ein Missverhältnis zwischen den Beträgen besteht, auf die die verschiedenen Gruppen von Gläubigern verzichtet haben, für sich genommen keine Schlüsse hinsichtlich der Gründe gezogen werden können, die sie zum Einverständnis mit dem vorgeschlagenen Schuldenerlass veranlasst haben.“

(106)

Außerdem stellte der EuG in der Rechtssache HAMSA (26) fest, dass ein öffentlicher Gläubiger wie ein privater Gläubiger handelt, wenn er sich nach umfassender und verständiger Würdigung des potenziellen Erlöses sowohl der Zerschlagungs- als auch der Fortführungsvariante für einen teilweisen Forderungsverzicht entscheidet. Schließlich kam die Kommission in der Sache Huta Cynku (27) zu dem Schluss, dass keine Beihilfe vorliegt, wenn eine Umstrukturierung mit größeren Geldeinnahmen verbunden ist als eine Liquidation.

(107)

In Bezug auf die oben zitierte Rechtsprechung ist bei der Prüfung, ob ein privater Gläubiger auf dieselbe Weise gehandelt hätte, zu untersuchen, welche Alternativen die WAK hatte, als festgestellt wurde, dass der GfW die Insolvenz drohte, und welche wirtschaftlichen Folgen sich aus diesen Alternativen ergeben hätten. In einem zweiten Schritt sind die Weinbaubetriebe und die Kommissionäre derselben Prüfung zu unterziehen, und anschließend ist zu beurteilen, ob die Lage, in der sich die WAK befand, mit der der Weinbaubetriebe und der Kommissionäre verglichen werden und auf dieser Grundlage bewertet werden kann.

(108)

Als die WAK von der drohenden Insolvenz der GfW erfuhr, hatte sie zwei Möglichkeiten: Sie konnte die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zulassen oder sie konnte versuchen, ein solches Verfahren abzuwenden, indem sie eine Vereinbarung mit der GfW traf, die letzterer eine Fortführung des Geschäftsbetriebs gestattete. Nach den Auskünften Deutschlands und der Stellungnahme eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers vom 3. Februar 2003 (vgl. Randnummer 88) stellen sich die wirtschaftlichen Folgen dieser beiden Entscheidungsalternativen laut Auskunft Deutschlands wie folgt dar: Im Falle eines Insolvenzverfahrens konnte die WAK ex ante mit einer Rückzahlung von höchstens 2,4 Mio. EUR rechnen. Im Falle einer schriftlichen Vereinbarung zwischen der WAK und der GfW über einen teilweisen Forderungsverzicht, der der GfW eine Fortführung des Geschäftsbetriebs ermöglicht hätte, konnte die WAK ex ante von einer Rückzahlung in Höhe von etwa 5,1 Mio. EUR ausgehen. Somit war in letzterem Fall ein Mehrerlös von 2,7 Mio. EUR zu erwarten. Ob die Weinbaubetriebe und Kommissionäre das Gleiche zu tun bereit waren, hatte zwar einen geringfügigen Einfluss auf die Berechnung der Rückzahlungen, änderte aber nichts am Ergebnis des Vergleichs zwischen den beiden Alternativen.

(109)

Der laut Stellungnahme geschätzte Erlös von 2,4 Mio. EUR ergibt sich aus der Annahme der deutschen Seite, dass die Forderungen der Weinbaubetriebe und der Kommissionäre in Höhe von 4,4 Mio. EUR vor denen der WAK hätten beglichen werden müssen. Nach Auffassung der Kommission hätten jedoch laut InsO nur die Forderungen der Weinbaubetriebe und Kommissionäre mit verlängertem Eigentumsvorbehalt vor den Forderungen der WAK beglichen werden müssen. Die anderen Forderungen wären als gleichrangig mit denen der WAK zu betrachten gewesen. Nach den Berechnungen der Kommission hätte die WAK hingegen, selbst wenn die Forderungen der WAK einerseits und der Weinbaubetriebe und Kommissionäre andererseits völlig gleichrangig gewesen wären, im Falle einer Insolvenz eine Rückzahlung von höchstens 4,7 Mio. EUR erwarten können (ausgehend von einer Rückzahlung von höchstens 6,8 Mio. EUR im Falle der Insolvenz, wobei die WAK und die Weinbaubetriebe anteilmäßig eine Rückzahlung erhielten, die genau der jeweiligen Forderung von 10 Mio. EUR (WAK) bzw. 4,4 Mio. EUR (Weinbaubetriebe und Kommissionäre) entsprach). Insofern war es für die WAK von vornherein günstiger, der GfW die Abwendung einer Insolvenz zu ermöglichen.

(110)

Die Berechnungen für die Weinbaubetriebe und Kommissionäre stellten sich dagegen völlig anders dar. Zum einen hatten sie bereits Zahlungen in Höhe von 80 % des Ankaufspreises der von ihnen gelieferten Waren erhalten. Zweitens würden ihnen laut Angebot der GfW 10 % der noch ausstehenden 20 % ihrer Forderungen gezahlt. Im Ergebnis bedeutete dies, dass sie bei Einwilligung in diese Vereinbarung nur noch weitere 2 % des vereinbarten Ankaufspreises für ihre Erzeugnisse erhalten würden. Dies ist eindeutig weniger, als sie im Falle eines Insolvenzverfahrens erwarten konnten, unabhängig davon, welchen Rang die jeweiligen Sicherheiten (einfacher, erweiterter oder verlängerter Eigentumsvorbehalt) hatten. Sie konnten damit rechnen, durchschnittlich 48 % ihrer Restforderung (2,1 Mio. EUR bei Restforderungen von insgesamt 4,4 Mio. EUR) zurückzuerhalten. Somit ist es nicht überraschend, dass einige Weinbaubetriebe und Kommissionäre das Angebot der GfW ablehnten. Drittens muss es offensichtlich gewesen sein, dass es im Interesse der WAK gewesen wäre, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten und eine Insolvenz abzuwenden, auch wenn die Weinbaubetriebe und Kommissionäre dies nicht taten, und dass dies wiederum den Weinbaubetrieben und Kommissionären ermöglichen würde, einen höheren Anteil ihrer Restforderungen zurückzuerhalten als die angebotenen 10 %. Viertens hatten mehrere von ihnen bereits erfolgreich gegen die GfW geklagt und erreicht, dass die GfW zur Zahlung von 80 % der Restforderungen verpflichtet wurde.

(111)

Trotz der Tatsache, dass sowohl die Weinbaubetriebe und Kommissionäre als auch die WAK Gläubiger der GfW waren, gestalteten sich die Wahlmöglichkeiten und deren Ergebnisse für die WAK einerseits und die Weinbaubetriebe und Kommissionäre andererseits so unterschiedlich, dass sie sich nicht vergleichen lassen. Die Tatsache, dass sich die Weinbaubetriebe und die Kommissionäre gegen einen Forderungsverzicht aussprachen, sollte sich bei der Beurteilung, ob die WAK im Sinne des Privatgläubigertests gehandelt hat, nicht nachteilig auswirken.

(112)

Unter Abwägung der unterschiedlichen Alternativen, die der WAK zur Verfügung standen, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der teilweise Rangrücktritt und Verzicht auf die Forderungen vom 4. Dezember 2000 und vom 21. Februar 2001 in Höhe von insgesamt 5 005 441,60 EUR und der Verzicht auf die Zinszahlungen ab dem 31. Dezember 2000 die günstigste Option für die WAK darstellten und insofern mit dem Privatgläubigertest vereinbar sind. Der Rangrücktritt und der Forderungsverzicht stellen eine Aussetzung der Zahlungen dar, die für den Gläubiger vorteilhafter ist als eine Liquidation. Nach ständiger Rechtsprechung (28) dürfte ein öffentlicher Gläubiger den Vorteil, den bei einem Umstrukturierungsplan angebotenen Betrag zu erhalten, gegen den Betrag abwägen, den er durch die Liquidation des Unternehmens zurückerhalten hätte. Insofern hat die GfW keine Vergünstigung erhalten, die sie unter den marktüblichen Bedingungen nicht erhalten hätte, und folglich wurde der GfW aufgrund des Rangrücktritts und des Teilforderungsverzichts der WAK auch keine Beihilfe gewährt.

(113)

Bei der Einleitung des Verfahrens wurde infrage gestellt, ob die WAK den Rangrücktritt und den Forderungsverzicht streng auf ein Mindestmaß begrenzt hat. Laut Stellungnahme Deutschlands verzichtete die WAK aber auf Forderungen in der Höhe, die notwendig war, um die Überschuldung der GfW für 2000 abzudecken, was nach der deutschen Insolvenzordnung erforderlich war, um ein Insolvenzverfahren abzuwenden (vgl. Randnummer 25) und der GfW eine Fortführung des Geschäftsbetriebs zu gestatten. In dem ersten (am 4. Dezember 2000 unterzeichneten) Vertrag zwischen der GfW der WAK vereinbart die WAK mit der GfW zur Abwendung der Insolvenz einen Rangrücktritt ihrer Forderungen in der Höhe der Überschuldung, nachdem sich die Weinbaubetriebe und Kommissionäre zu einem Verzicht auf 90 % der Restforderungen bereit erklärt haben und erforderlichenfalls einen Forderungsverzicht in der Höhe des zuvor erklärten Rangrücktritts (vgl. Randnummer 79 und 80). Der Forderungsverzicht war höher, als zunächst angenommen, denn trotz der Versuche von WAK und GfW, die Weinbaubetriebe und Kommissionäre zu einem Beitrag zur Abwendung der Insolvenz der GfW zu bewegen (vgl. Randnummer 79 und 80), weigerten sich die Weinbaubetriebe und Kommissionäre aus den in Randnummer 110 oben genannten Gründen, auf ihre Forderungen zu verzichten. Wie bereits in Randnummer 108 angesprochen, hatte die Entscheidung der Weinbauern und Kommissionäre gegen einen Teilforderungsverzicht nur begrenzte Auswirkungen auf die Bewertung der finanziellen Lage durch die WAK und änderte nichts an der Einschätzung, dass es für die WAK wirtschaftlich günstiger war, der GfW die Abwendung des Insolvenzverfahrens zu ermöglichen.

(114)

Deshalb kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der teilweise Rangrücktritt und Forderungsverzicht der WAK die günstigste Alternative darstellten, insofern mit dem Privatgläubigergrundsatz vereinbar sind und daher nicht als staatliche Beihilfe zugunsten der GfW im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden können.

VI.2.2.   Vorliegen einer Beihilfe zugunsten der Weinbaubetriebe und Kommissionäre

(115)

Bei der Einleitung und der anschließenden Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens wurden Fragen hinsichtlich einer möglichen Beihilfe an die Weinbaubetriebe und der Kommissionäre angesprochen. Erstens erschien die Sicherheitenposition, die die GfW den Weinbaubetrieben und Kommissionären zum Zeitpunkt des Ankaufs einräumte, recht stark, und es wurden Zweifel geäußert, ob diese Sicherheitenposition wirklich der gängigen Geschäftspraxis entsprach. Zweitens wurde die Auffassung vertreten, dass der Ankaufspreis für den Most über dem Marktpreis lag. Drittens wurde die Weigerung der Weinbaubetriebe und Kommissionäre, bei drohender Insolvenz der GfW auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten, zusammen mit der Entscheidung der WAK zum Rangrücktritt und einem Verzicht auf einen Teil ihrer Forderungen trotz der Weigerung der Weinbaubetriebe und Kommissionäre, auf 90 % ihrer Restforderungen (20 % des Wertes der Bestände) zu verzichten, infrage gestellt.

VI.2.2.a.   Zum Zeitpunkt des Mostankaufs eingeräumte Sicherheitenposition

(116)

Deutschland hat in seiner Stellungnahme versichert, dass der den Weinbaubetrieben und Kommissionären beim Ankauf des Mosts eingeräumte einfache, erweiterte oder verlängerte Eigentumsvorbehalt tatsächlich der normalen Geschäftspraxis entsprach. Dies bedeutet, dass die Weinbaubetriebe und Kommissionäre, insbesondere diejenigen mit verlängertem Eigentumsvorbehalt, zwar über eine verhältnismäßig starke Sicherheitenposition verfügten, diese aber mit der normalen Geschäftspraxis vereinbar und nicht stärker war, als wenn sie eine Vereinbarung mit einem mit einem privaten Ankäufer getroffen hätten.

(117)

Die Kommission verweist auf die Empfehlungen (29) des Bundesverbands der Deutschen Weinkellereien und des Weinfachhandels e. V., Trier, des Bundesverbands der Deutschen Weinkommissionäre e. V., Mainz, und des Deutschen Weinbauverbands, e. V., Bonn, beim Bundeskartellamt gemäß § 22 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen  (30). Die erste Fassung der Empfehlungen stammt von 1990, die derzeit geltende Fassung von 2005. Nach diesen Empfehlungen behält sich der Verkäufer das Eigentum an der gelieferten Ware vor, bis der Kaufpreis von dem Käufer vollständig bezahlt ist. Der den Weinbaubetrieben und Kommissionären eingeräumte Eigentumsvorbehalt war unterschiedlich ausgestaltet. Nur im Falle eines verlängerten Eigentumsvorbehalts war die Zahlung in vollem Umfang gesichert. Demnach war die Sicherheitenposition der Weinbaubetriebe und Kommissionäre im Durchschnitt weniger stark, als in den oben genannten Empfehlungen vorgesehen. Deshalb akzeptiert die Kommission unter Bezugnahme auf die Empfehlungen und die tatsächlich eingeräumte Sicherheitenposition die Versicherung Deutschlands, dass die Gewährung der Sicherheitenposition an die Weinbaubetriebe und Kommissionäre, wie im vorliegenden Fall geschehen, marktüblich ist, die gewährte Sicherheitenposition nicht günstiger war als bei einem normalen Vertrag zwischen zwei privaten Marktteilnehmern und somit keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV vorlag.

VI.2.2.b.   Zum Zeitpunkt des Mostankaufs — der Ankaufspreis für den Most

(118)

Bei Einleitung des Verfahrens wurde erklärt, dass der von der GfW gezahlte Preis für Most über dem Marktpreis für Tafelwein liege. Da der Marktpreis für Tafelwein zugrunde gelegt wurde, belief sich der genannte Referenzpreis auf 0,26 EUR je Liter. Deutschland hat in seiner Stellungnahme stichhaltige Informationen über das Vermarktungskonzept der GfW übermittelt, aus denen hervorgeht, dass der Markt für einfachen Tafelwein nicht der relevante Markt ist und die GfW ein Konzept mit drei Punkten verfolgte: erstens Ankauf von Tafelweinmost zwecks Teilnahme am EU-Destillationsprogramm (40 % des Bestands), zweitens Ankauf von Qualitätsmost zur Verkauf auf dem Markt für Qualitätssektgrundwein (60 % des Bestands) und drittens Teilnahme am EU-Programm zur Lagerhaltung mit 20 % des Bestands, bevor er zur Sektherstellung verkauft wurde. Bei der Prüfung der Frage, ob zwei Produkte zu demselben Markt gehören, stützt sich die Kommission auf die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft  (31). Nach Randnummer 7 der Bekanntmachung umfasst der „sachlich relevante Produktmarkt […] sämtliche Erzeugnisse und/oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen werden.“

(119)

Bei dem Markt für den Most, der zwecks Teilnahme an EU-Destillationsprogramm angekauft wurde, handelt es sich natürlich um den Markt für einfachen Tafelwein. Als maßgeblicher Preis ist jedoch der Preis für den der Destillation zugeführten Wein anzusetzen.

(120)

Wie bei allen traditionellen Interventionsmaßnahmen auf den Agrarmärkten besteht der Hauptzweck der vorbeugenden Destillation gemäß Artikel 38 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 darin, ein Überangebot auf dem Weinmarkt zu beseitigen, und deshalb musste der Preis für diese freiwillige Destillation hoch genug sein, um den Erzeugern einen Anreiz zu geben, Wein der Destillation zuzuführen. Als tatsächlicher jährlicher Preis im Rahmen der Destillationsmaßnahme wurden vom Rat 65 % des so genannten Orientierungspreises festgesetzt.

(121)

Der Orientierungspreis seinerseits wurde vom Rat einmal jährlich festgesetzt und diente ausdrücklich einer Marktstützung. Hierfür musste er natürlich hoch genug sein. In der Verordnung (EG) Nr. 1676/1999 des Rates vom 19. Juli 1999 zur Festsetzung der Orientierungspreise für Wein für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 (32) sind die Orientierungspreise für verschiedene Weinarten festgesetzt. Für die Weinart AII (weißer Tafelwein von Rebsorten der Arten „Sylvaner“ oder „Müller-Thurgau“) belief sich der Preis auf 82,81 EUR je Hektoliter und für die Weinart AIII (weißer Tafelwein von Rebsorten der Art „Riesling“) auf 94,57 EUR je Hektoliter. Nach Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1681/1999 der Kommission vom 26. Juli 1999 zur Festsetzung der Ankaufspreise, Beihilfen und anderen Beträge für die Interventionsmaßnahmen des Weinsektors im Wirtschaftsjahr 1999/2000 (33) war der genaue Ankaufspreis für die Destillation abhängig vom Alkoholgehalt des angelieferten Weins, weil die Kommission in dem betreffenden Jahr den Preis für die vorbeugende Destillation (65 % des Orientierungspreises) nicht nach Hektoliter, sondern nach dem Alkoholgehalt je Hektoliter berechnet hat.

(122)

Die Hauptaufgabe der Kommission bei der Destillation bestand darin, die tatsächliche Marktlage zu bewerten und die jedes Jahr für die vorbeugende Destillation in den einzelnen Mitgliedstaaten zugelassenen Weinmengen entsprechend festzusetzen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 2367/1999 der Kommission vom 5. November 1999 zur Eröffnung der vorbeugenden Destillation gemäß Artikel 38 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 (34) wurde dem deutschen Weinmarkt für das Weinwirtschaftsjahr 1999/2000 die Menge von 148 000 Hektolitern zugeteilt. Mit der Verordnung (EG) 546/2000 der Kommission vom 14. März 2000 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2367/1999 zur Eröffnung der vorbeugenden Destillation gemäß Artikel 38 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 (35) wurde diese Menge auf 468 000 Hektoliter erhöht. Mit der Verordnung (EG) Nr. 2367/1999 wurde die der Destillation zugeführte Menge auf 40 % der Erzeugung begrenzt. Nach den Aufzeichnungen der Kommission haben die deutschen Erzeuger im Rahmen dieser Regelung etwa 400 000 Hektoliter destilliert.

(123)

Nach Auskunft Deutschlands belief sich der Preis des der Destillation zugeführten Weins auf 0,50-0,55 EUR je Liter. Unter Berücksichtigung des oben beschriebenen Berechnungsverfahrens hält die Kommission den von Deutschlandgenannten Preis für realistisch.

(124)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass durch die Marktintervention der EU für einen erheblichen Teil des Weins zwei eigenständige Märkte entstanden sind. Auf den einen Markt wurde der Referenzpreis für den der Destillation zugeführten Wein, also im vorliegenden Fall 0,50-0,55 EUR je Liter gezahlt, auf dem anderen Markt entsprach der Referenzpreis dem Marktpreis. Der im Beschluss zur Einleitung des Verfahrens genannte Preis von 0,26 EUR je Liter ist also für Most, der der Destillation zugeführt werden soll, nicht als maßgeblicher Referenzpreis anzusehen.

(125)

Zur Feststellung des relevanten Markts für den Most, der zur Sektherstellung angekauft wurde, ist zunächst zu prüfen, ob es für Wein eigenständige Märkte gibt und ob der von der GfW angekaufte Most zu demselben Markt wie Tafelwein gehört. Außerdem ist zu prüfen, ob für Wein höherer Qualität auch höhere Preise erzielt werden konnten. Die Kommission legt in ihrer Statistik je nach der Weinqualität immer unterschiedliche Preise zugrunde. Nach Angabe der Weinsachverständigen in der Kommission ist der Weinpreis nicht für alle Partien gleich, und in den verfügbaren Weinstatistiken sind nur die Durchschnittspreise für die unterschiedlichen Weinqualitäten angegeben. Der tatsächliche Preis ist abhängig von mehreren Faktoren. Die wichtigsten Faktoren sind Qualität, Jahrgang, Renommee, Nachfrage und Alkoholgehalt bzw. Oechslegrade. Die Oechslegrade sind ein Hinweis auf die Reife und den Zuckergehalt der Trauben. Sie sind wichtig, weil sie für den endgültigen natürlichen Alkoholgehalt eines Weins bestimmend sind. Nach Anagabe des Deutschen Weininstituts muss der Grundwein für die Sektherstellung einen höheren Alkoholgehalt aufweisen (36).

(126)

Dies bestätigt die Aussage Deutschlands, wonach der Most zur Sektherstellung mehr Oechslegrade aufweisen muss als Most zur Herstellung von Tafelwein und dass für Most mit einem höheren Mostgewicht ein höherer Preis zu zahlen war. Deshalb akzeptiert die Kommission die Argumente Deutschlands, dass es eigenständige Märkte gibt und dass der Preis für Most zur Sektherstellung tatsächlich höher sein musste als der für die Herstellung von Tafelwein. Deshalb akzeptiert die Kommission auch die Tatsache, dass der von der GfW zum Zeitpunkt des Ankaufs gezahlte Preis nicht — wie bei der Einleitung des Verfahrens geschehen — mit dem Preis für Tafelwein in Höhe von 0,26 EUR je Liter verglichen werden kann.

(127)

Des Weiteren übermittelt Deutschland Informationen über den auf dem relevanten Markt zu erzielenden Preis, wobei der Markt für hochwertigen Most zur Herstellung von Sekt zugrunde zu legen ist. Nach diesen Informationen belief sich der Basispreis von Most mit 60 ° Oechsle auf dem Markt für Sektgrundwein auf 0,312 EUR je Liter. Für jedes weitere Grad Oechsle (bis zu höchstens 80 ° Oechsle) wurden 0,005 EUR je Liter gezahlt. Die Weinbaubetriebe und Kommissionäre wurden für ihren hochwertigen Most, also 60 % des angekauften Mosts, nach diesem Grundsatz bezahlt. Außerdem belief sich der Marktpreis für losen Importweißwein, der sich aufgrund seiner hohen Qualität zur Sektherstellung eignet, nach der von Deutschland vorgelegten Statistik des Deutschen Weinbauverbands für die Jahre 1998-2001 auf 0,38 EUR je Liter.

(128)

Die Kommission ist bereit, aufgrund der Informationen ihrer internen Weinsachverständigen zur Festsetzung des Weinpreises, der oben genannten Informationen des Deutschen Weininstituts und der Gewinnkalkulation im Rahmen der Geschäftsidee der GfW die Argumente Deutschlands für einen relevanten Marktpreis von etwa 0,38 je Liter zu akzeptieren.

(129)

Aus der von Deutschland vorgelegten Geschäftsidee der GfW geht hervor, dass die GfW zu dem Zeitpunkt, als sie den Wein und den Most ankaufte, davon ausging, dass sie 40 % des Bestands zu einem Preis von 0,50-0,55 EUR je Liter der vorbeugenden Destillation zuführen, 60 % des Bestands zu einem Preis von 0,375 EUR je Liter verkaufen und für 20 % des Bestands, vor dem Verkauf zum Preis von 0,375 EUR nach einem Jahr, eine zusätzliche Beihilfe der EU für die Lagerung von Tafelwein in Höhe von 0,06 EUR je Liter, erhalten würde. Insgesamt wurde erwartet, dass die Bestände zu einem Preis von durchschnittlich 0,44 bis 0,46 EUR je Liter und mit einer Gewinnspanne von 0,06 bis 0,09 EUR je Liter verkauft würden. Hierdurch wäre ein Gewinn von insgesamt etwa 2,64 Mio. bis 3,96 Mio. EUR erzielt worden.

(130)

Im Jahr 1999 führte die GfW 40 % ihrer Bestände der vorbeugenden Destillation zu, wofür sie einen Preis von 0,50-0,55 EUR je Liter erhielt. Angesichts des Preisrückgangs auf dem Weinmarkt Ende 1999, der in Anbetracht der höheren Preise im Vorjahr von der GfW nicht erwartet worden war, beschloss die GfW, ihre restlichen Bestände in diesem Jahr nicht zu verkaufen, sondern zu lagern und im Jahr 2000 zu verkaufen, oder, bei weiterhin niedrigen Marktpreisen, an einer zweiten Runde der vorbeugenden Destillation teilzunehmen. Dieser Beschluss stützte sich auf die Annahme, dass die vorbeugende Destillation fortgesetzt würde. Mit der neuen Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein wurde die vorbeugende Destillation allerdings abgeschafft. Stattdessen wurde die freiwillige Destillation zur Versorgung des Trinkalkoholmarkts eingeführt. Die neu eingeführte Dringlichkeitsdestillationsmaßnahme kann nur bei außergewöhnlichen Marktstörungen angewandt werden. Im 35. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 wird ausdrücklich die Abschaffung von Destillationsregelungen als künstliche Absatzmöglichkeit für Überschüsse angeführt. Die neue Verordnung trat am 31. Juli 2000 in Kraft.

(131)

Für die GfW bedeutete dies, dass die Destillationsmaßnahmen im Weinwirtschaftsjahr 2000/01 wesentlich ungünstiger waren als in den Vorjahren. Bei der Destillation zur Versorgung des Trinkalkoholmarkts konnte nur die Hälfte des vorher erzielten Durchschnittspreises von 0,50-0,55 EUR je Liter erreicht werden.

(132)

Nach Auffassung Deutschlands war diese Entwicklung nicht absehbar, als die GfW beschloss, den Wein im Lager zu behalten. Die Kommission vertritt ihrerseits die Auffassung, dass sich diese Entwicklung durchaus vorhersehen ließ. Die neue gemeinsame Marktorganisation für Wein hatte eindeutig zum Ziel, die Destillationsregelung abzuschaffen. Der GfW hätte zu dem Zeitpunkt, als beschlossen wurde, eine zweite Destillationsrunde in Anspruch zu nehmen, klar sein müssen, dass die Destillationsmaßnahmen ab dem zweiten Halbjahr 2000 keine Abhilfe gegen den Preisverfall auf dem Weinmarkt bieten würden.

(133)

Die Argumente zur Frage, ob die GfW über die Änderung in der Verordnung hätte unterrichtet sein müssen oder nicht, sind aber nicht maßgeblich. Die Geschäftsidee zum Zeitpunkt des Ankaufs, aufgrund deren das Verhalten der GfW als privater Investor beurteilt werden sollte, beinhaltete nur eine erste Runde der vorbeugenden Destillation, die stattfand und bei der die GfW 0,50-0,55 EUR je Liter erhielt. Eine zweite Runde war nicht vorgesehen, und somit war der Erlös zum Zeitpunkt des Ankaufs kein Bestandteil der allgemeinen Gewinnkalkulation. Sie war kein Bestandteil der Geschäftsidee, und obwohl der Beschluss der GfW, an einer zweiten Destillationsrunde teilzunehmen, falsch war, ist sie nicht als staatliche Beihilfe an die Weinbaubetriebe und Kommissionäre zum Zeitpunkt des Ankaufs zu werten.

(134)

Aus diesen Gründen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die GfW für den im Herbst gekauften Most 1999 den Marktpreis gezahlt hat und dass den Weinbaubetrieben und Kommissionären demzufolge keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV gewährt wurde.

VI.2.2.c.   Zum Zeitpunkt des Rangrücktritts und des Forderungsverzichts durch die WAK

(135)

In Randnummer 114 wurde gefolgert, dass der Rangrücktritt und der Forderungsverzicht der WAK ausschließlich aus Eigeninteresse und in Übereinstimmung mit dem Privatgläubigertest erfolgt sind und demzufolge keine staatliche Beihilfe an die GfW darstellten. Die Tatsache, dass diese Entscheidung der WAK den Weinbaubetrieben und Kommissionären zugute kam, ist nicht maßgeblich, da dies nicht die Absicht, sondern nur eine Folge des Versuchs der WAK war, einen möglichst hohen Betrag ihrer Eigenmittel wieder zurückzuerhalten.

(136)

Die Kommission kommt deshalb zu dem Schluss, dass die WAK den Weinbaubetrieben und Kommissionären durch den Rangrücktritt und Forderungsverzicht keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV gewährt hat.

VI.3.   Einstufung der Beihilfe als rechtswidrig

(137)

Da das Beihilfeelement im Kredit der WAK an die GfW ohne vorherige Anmeldung der Kommission gewährt wurde, handelt es sich um eine rechtswidrige Beihilfe im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (37).

VI.4.   Ausnahmen gemäß Artikel 107 AEUV hinsichtlich des Kredits an die GfW

(138)

Deshalb ist zu prüfen, ob eine der Ausnahmen vom Verbot einer staatlichen Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV zur Anwendung kommt.

(139)

Aus jetziger Sicht kommen die Ausnahmen gemäß Artikel 107 Absatz 2 und Absatz 3 Buchstaben a, b und d nicht zur Anwendung, da die fragliche Beihilfe keiner der nachstehenden Beihilfen zuzuordnen ist:

Beihilfe zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht;

Beihilfe zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;

Beihilfe zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

(140)

Als einzige Ausnahme kommt somit gegebenenfalls Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV infrage.

(141)

Zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung wurde die Beihilfe an Primärerzeuger direkt nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV bewertet. Nach der damals gängigen Praxis konnten Beihilfen für Investitionen, Darlehen, den Tierhaltungssektor, Erzeugerorganisationen, Werbe- und Absatzförderungsmaßnahmen, den Ausgleich von Schäden aufgrund von Krankheiten, Versicherungsprämien und technische Hilfe bei Erfüllung bestimmter Kriterien als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. Bei der vorliegenden Beihilfe kann allerdings keine der genannten mit dem Binnenmarkt vereinbaren Beihilfeformen für eine Ausnahme herangezogen werden.

(142)

Um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, hat die Kommission außerdem geprüft, ob im vorliegenden Fall die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten zur Anwendung kommen könnten. Als erste Voraussetzung für eine Beihilfe zur Rettung oder Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten sollte dieses als in Schwierigkeiten befindlich im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für Staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (38) angesehen werden. Aus den der Kommission vorliegenden Unterlagen geht nicht hervor, dass sich das Unternehmen zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung in Schwierigkeiten im Sinne der oben genannten Leitlinien befand. Die Schwierigkeiten der GfW traten erst ein Jahr später infolge des Markteinbruchs ein.

(143)

In jedem Fall möchte die Kommission darauf hinweisen, dass es Sache des betreffenden Mitgliedstaats ist, seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission nachzukommen, indem er alle Angaben macht, die der Kommission die Prüfung erlauben, ob die Voraussetzungen für die beantragte Ausnahmeermächtigung vorliegen (39). Im vorliegenden Fall hat Deutschland weder ausreichende Informationen übermittelt, anhand deren die Kommission die Daten aus Sicht dieser Leitlinien hätte prüfen können, noch Unterlagen bereitgestellt, mit denen die Kommission die Beihilfen unter dem Aspekt anderer, in Randnummer 126 genannter Arten von mit dem Binnenmarkt vereinbarer Beihilfen hätte prüfen können, und dies trotz des Hinweis, den die Kommission in Randnummer 44 des Beschlusses zur Einleitung des Prüfverfahrens gegeben hatte.

(144)

Werden Beihilfemaßnahmen direkt gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV auf Vereinbarkeit geprüft, so muss dieser Artikel eng ausgelegt werden. Es ist eindeutig nachzuweisen, dass die möglichen schädlichen Auswirkungen der Beihilfe auf den Wettbewerb und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts durch die positiven Auswirkungen der Beihilfe aufgewogen werden. Einseitige staatliche Beihilfemaßnahmen, die lediglich dazu bestimmt sind, die finanzielle Lage der Erzeuger zu verbessern, aber in keiner Weise zur Entwicklung des Sektors beitragen, genügen diesen Kriterien nicht und werden daher als Betriebsbeihilfe angesehen, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist.

(145)

Aus diesen Gründen stimmt die Beihilfe an die GfW im Rahmen des Kredits mit keiner der möglichen Ausnahmen von Artikel 107 Absatz 3 AEUV überein. Demzufolge ist sie mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

(146)

Es kommen keine anderen Ausnahmen nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV zur Anwendung.

VII.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(147)

Die Kommission stellt aus den oben dargelegten Gründen fest, dass der Kredit an die GfW nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden kann. Außerdem stellt die Kommission fest, dass Deutschland die Maßnahme rechtswidrig durchgeführt hat.

(148)

Die Kommission stellt aus den oben dargelegten Gründen fest, dass der anschließende Rangrücktritt und der Verzicht auf die Forderungen und späteren Zinsen keine staatliche Beihilfe zugunsten der GfW oder der Weinbaubetriebe und Kommissionäre darstellten.

(149)

Die Kommission stellt aus den oben dargelegten Gründen fest, dass der Ankauf von Most zu Marktpreisen und unter marktüblichen Bedingungen erfolgt ist und insofern keine staatliche Beihilfe an die Weinbaubetriebe und Kommissionäre darstellt.

(150)

Wenn eine rechtswidrig gewährte staatliche Beihilfe als unvereinbar mit dem Binnenmarkt beurteilt wird, ist diese Beihilfe in der Regel zurückzufordern, um gegebenenfalls die die vor ihrer Gewährung bestehende Wettbewerbsposition wiederherzustellen.

(151)

Da es keinen Rechtsnachfolger für die GfW gibt, ist eine Rückforderung nach ständiger Rechtsprechung nicht möglich (40)

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die von Deutschland rechtswidrig unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährte staatliche Beihilfe zugunsten der Gesellschaft für Weinabsatz Pfalz GmbH (nachstehend: „GfW“) in Höhe der Differenz zwischen dem Zinssatz für den Kredit an die GfW und dem marktüblichen Zinssatz zuzüglich der Risikoprämie, die für den Kredit hätten erhoben werden müssen, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 2

Der Rangrücktritt und der Forderungsverzicht der WAK stellen keine Beihilfe zugunsten der GfW oder der Weinbaubetriebe und Kommissionäre im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Artikel 3

Der Ankauf von Most durch die GfW im Jahr 1999 stellt keine Beihilfe an die Weinbaubetriebe und Kommissionäre im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Artikel 4

Deutschland braucht die Beihilfe gemäß Artikel 1 nicht vom Begünstigten zurückzufordern, da der Begünstigte insolvent ist, liquidiert und aus dem Handelsregister gelöscht wurde und keinen Rechtsnachfolger hat.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 29. Juni 2011

Für die Kommission

Dacian CIOLOȘ

Mitglied der Kommission


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 bzw. 108 AEUV getreten. Die jeweiligen Artikel sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen des vorliegenden Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 87 bzw. 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist.

(2)  ABl. C 69 vom 19.3.2004, S. 11, und ABl. C 329 vom 24.12.2008, S. 18.

(3)  ABl. C 69 vom 19.3.2004, S. 11.

(4)  Der Beschwerdeführer sandte der Kommission zwar Erinnerungsschreiben, unterbreitete aber keine ergänzenden förmlichen Stellungnahmen.

(5)  ABl. C 329 vom 24.12.2008, S. 18.

(6)  Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates vom 16. März 1987 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 84 vom 27.3.1987, S. 1), ab 1. August 2000 Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein (ABl. L 179 vom 14.7.1999, S. 1).

(7)  Vgl. z. B. die Entscheidung 2000/808/EG des Rates vom 19. Dezember 2000 über die Gewährung einer außerordentlichen staatlichen Beihilfe durch die Behörden der Bundesrepublik Deutschland zur Destillation bestimmter Weinerzeugnisse (ABl. L 328 vom 23.12.2000, S. 49).

(8)  ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3.

(9)  ABl. C 241 vom 26.8.1999, S. 9.

(10)  Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1990, Belgien/Kommission (Tubemeuse), Rs. C-142/87, Slg. I-959.

(11)  Urteil des Gerichtshofes vom 29. April 1999Spanien/Kommission, Rs. C-342/96, Slg I-2459.

(12)  Urteil des Gerichtshofes vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, Rs. C525/04 P, Slg. I-9947.

(13)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. Juli 2002, HAMSA/Kommission, Rs. T-152/99, Slg. II-3049.

(14)  Entscheidung 2008/142/EG der Kommission vom 25. September 2007 über die staatliche Beihilfe C 32/06 (ex N 179/06) Polens zugunsten der Huta Cynku Miasteczko Śląskie SA.

(15)  Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Falk & Co. GmbH.

(16)  ABl. L 148 vom 6.6.2008, S. 1.

(17)  Vgl. insbesondere das Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1988, Frankreich/Kommission, Rs. C-102/87, Slg. 4067.

(18)  Der innergemeinschaftliche Handel Deutschlands mit Wein belief sich 1999 auf 10 364 600 l (Einfuhr) und 1 881 900 l (Ausfuhr). Zu Rheinland-Pfalz liegen keine Daten vor. (Quelle: Bundesamt für Statistik).

(19)  Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1996, SFEI u. a./Kommission, Rs. C-39/94, Slg. I-3547, Randnr. 60.

(20)  Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, Rs. C-301/87, Slg. I-307, Randnr. 41.

(21)  Urteil des Gerichtshofes vom 17. September 1980, Philip Morris/Kommission, Rs. C-730/79, Slg. 2671.

(22)  Siehe Fußnote 10.

(23)  Siehe Fußnote 11.

(24)  Siehe Fußnote 12.

(25)  Siehe Fußnote 13.

(26)  Siehe Fußnote 13.

(27)  Siehe Fußnote 14.

(28)  Urteil des Gerichtshofes vom 29. April 1999, Spanien/Kommission, Rs. C-342/96, Slg I-2459, Randnr. 46; Urteil des Gerichtshofes vom 29. Juni1999, DMT, Rs. C-256/97Slg. I-3913, Randnr. 24, und Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. Juli 2002, HAMSA gegen Kommission, Rs. T-152/99, Slg. II-3049, Randnr. 168.

(29)  http://www.doerr-weinkommission.de/fileadmin/user_upload/agb_doerr.pdf.

(30)  http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Merkblaetter/Merkblaetter_deutsch/Konditionenempfehlungen0509.pdf.

(31)  ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5.

(32)  ABl. L 199 vom 30.7.1999, S. 7.

(33)  ABl. L 199 vom 30.7.1999, S. 15.

(34)  ABl. L 283 vom 6.11.1999, S. 10.

(35)  ABl. L 67 vom 15.3.2000, S. 7.

(36)  http://www.deutscheweine.de/icc/Internet-EN/nav/0f2/0f207d71-9ffe-401e-76cd-461d7937aae2&sel_uCon=02a235d6-994d-7017-288b-5952196117f5&uTem=0e3307d7-19ff-e401-e76c-d461d7937aae.

(37)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(38)  ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2.

(39)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, Rs. T-171/02, Slg. II-2123, Randnr. 129.

(40)  Urteil des Gerichtshofes vom 2. Juli 2002, Kommission/Spanien (Magefesa), Rs. C 499/99, Slg. I-6031.


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