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Document 32010A0529(02)

Stellungnahme des Rates zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Frankreichs für 2009-2013

ABl. C 140 vom 29.5.2010, p. 6–11 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

29.5.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 140/6


STELLUNGNAHME DES RATES

zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Frankreichs für 2009-2013

2010/C 140/02

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 3,

auf Empfehlung der Kommission,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses —

GIBT FOLGENDE STELLUNGNAHME AB:

(1)

Am 26. April 2010 prüfte der Rat das aktualisierte Stabilitätsprogramm Frankreichs für den Zeitraum 2009 bis 2013.

(2)

Die Wirtschaftstätigkeit in Frankreich hat im Laufe des Jahres 2008 ihre Dynamik verloren und ist im vierten Quartal 2008 wie auch im ersten Quartal 2009 rapide zurückgegangen. Seit dem zweiten Quartal 2009 zieht sie wieder an, untermauert durch Konjunkturmaßnahmen in Frankreich und in benachbarten Ländern. Eine der großen Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik ist die Lage der öffentlichen Finanzen. In Frankreich liegt das Defizit seit 2002 entweder über oder nahe der Schwelle von 3 % des BIP, was in erster Linie auf unzureichende Konsolidierungsanstrengungen zurückzuführen ist. Zwischen 2002 und 2007 war deshalb ein Defizitverfahren gegen Frankreich anhängig. Im Mai 2008 richtete die Kommission eine Politikempfehlung an Frankreich. Nach Meldung eines über der Schwelle von 3 % des BIP liegenden Defizits im Jahr 2008 wurde im Februar 2009 erneut ein Defizitverfahren eingeleitet mit dem Ziel, das übermäßige Defizit bis 2013 zu korrigieren. Weitere Herausforderungen sind die Behebung der Schwächen auf der Angebotsseite, deren Folge eine unzureichende externe Wettbewerbsfähigkeit ist, sowie eine bessere Nutzung der Arbeitskräfte.

(3)

Auch wenn der krisenbedingte Rückgang beim tatsächlichen BIP zum großen Teil konjunkturbedingt ist, wurde auch die Höhe des Produktionspotenzials negativ beeinflusst. Darüber hinaus könnte die Krise das Potenzialwachstum auch mittelfristig beeinträchtigen, da sie die Investitionen bremst, die Kredite verknappt und die strukturelle Arbeitslosigkeit erhöht. Zudem verschärfen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise die negativen Folgen der Bevölkerungsalterung für das Produktionspotenzial und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Vor diesem Hintergrund ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Strukturreformen beschleunigt werden, um das Potenzialwachstum zu stützen. Wichtig für Frankreich sind insbesondere Reformen in den Bereichen Arbeitsmarkt und allgemeiner Wettbewerbsrahmen.

(4)

Nach dem makroökonomischen Ausgangsszenario des Programms soll das reale BIP, das im Jahr 2009 um 2,2 % geschrumpft ist, 2010 wieder um 1,4 % wachsen und sich anschließend weiter erholen, um sich für den restlichen Programmzeitraum bei durchschnittlich 2,5 % einzupendeln. Angesichts der derzeit verfügbaren Informationen (2) scheint dieses Szenario auf leicht optimistischen Wachstumsannahmen für 2010 zu beruhen, die weitgehend den Prognosen der Kommissionsdienststellen entsprechen, und auch die Programmprojektionen gehen von einer steuerergiebigeren Zusammensetzung des Wachstums aus als die Prognosen der Kommissionsdienststellen. Ab 2011 sind die Wachstumsannahmen deutlich günstiger und liegen für den Zeitraum 2011 bis 2013 (nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen nach der gemeinsamen Methodik anhand von Programmdaten) im Durchschnitt um 0,75 Prozentpunkte über dem Potenzial. Dies führt zu einer raschen Schließung der Produktionslücke. Die angegebenen Wachstumsraten setzen im Wesentlichen eine Entwicklung der Binnennachfrage und insbesondere einen entsprechenden Verbrauch der privaten Haushalte im gesamten Programmzeitraum voraus. Die Inflationsprojektionen des Programms scheinen den Prognosen der Kommissionsdienststellen und jenen zum Beschäftigungswachstum zu entsprechen, das im Jahr 2010 erneut negativ ausfallen dürfte, bevor dann wieder eine Erholung einsetzt, da die Beschäftigungsentwicklung der Entwicklung der Wirtschaftstätigkeit üblicherweise mit gewisser Verzögerung folgt.

(5)

In dem Programm wird das gesamtstaatliche Defizit für 2009 auf 7,9 % des BIP veranschlagt. Die erhebliche Verschlechterung gegenüber einem Defizit von 3,4 % des BIP im Jahr 2008 ist weitgehend den Auswirkungen der Krise auf die öffentlichen Finanzen (insbesondere auf die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer und der Mehrwertsteuer) zuzuschreiben, aber sie ist auch auf die Konjunkturmaßnahmen im Umfang von 1,1 % des BIP zurückzuführen, die die Regierung in Einklang mit dem Europäischen Konjunkturprogramm beschlossen hat. Das Programm sieht für 2010 eine neutrale und für die letzten Programmjahre eine restriktive Finanzpolitik vor; Ziel ist es, das übermäßige Defizit unter den erwarteten Wachstumsbedingungen bis 2013 zu korrigieren. Dieser Konsolidierungspfad steht in Einklang mit der vom Rat empfohlenen Ausstiegsstrategie.

(6)

Das im Februar 2010 vorgelegte Stabilitätsprogramm geht davon aus, dass sich das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2010 weiter um 0,3 % des BIP erhöhen und 8,2 % des BIP erreichen wird. Frankreich setzt die defizitsenkenden Maßnahmen im Jahr 2010 wie im Haushaltsgesetzentwurf für 2010 geplant um und vermeidet dabei weitgehend eine weitere Verschlechterung der Lage der öffentlichen Finanzen. Eine Ausnahme stellt allerdings der Beschluss über eine Staatsanleihe „für Investitionen in die Zukunft“ dar, die negative budgetäre Auswirkungen in einer Größenordnung von rund 0,1 % des BIP im Jahr 2010 (und danach) haben wird, was weitgehend in Einklang mit den jüngsten an Frankreich gerichteten Empfehlungen nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV zu stehen scheint. Die Defizitprojektionen für 2010 fallen um 0,3 % des BIP günstiger als im Haushaltsentwurf 2010 aus. Zurückzuführen ist dies auf ein für 2009 unterstelltes besseres Defizitergebnis (0,2 % des BIP) und auf die Revision der Wachstumsprojektionen (0,3 % des BIP), wobei die budgetäre Wirkung allerdings zum Teil durch die Aussetzung der Umweltsteuer durch das französische Verfassungsgericht und durch Maßnahmen im Kontext der bereits erwähnten Staatsanleihe — die zusammen genommen eine Defiziterhöhung um etwa 0,2 % des BIP bewirken dürften — wieder zunichte gemacht wird. Aufgrund letztgenannter Faktoren werden die diskretionären Maßnahmen im Programm als weitgehend neutral angesetzt, während in der Ratsempfehlung noch von einer Wirkung von etwa + 0,25 % des BIP ausgegangen worden war. Die im Rahmen des Europäischen Konjunkturprogramms vorgesehenen Konjunkturmaßnahmen im Umfang von 1,1 % des BIP laufen zum Teil aus und schlagen im Jahr 2010 nur noch mit 0,4 % des BIP zu Buche; dafür kommen einige weitere Konsolidierungsmaßnahmen (insbesondere die im Gesetz über die Finanzierung der Sozialversicherung vorgesehenen Steuererhöhungen) im Umfang von 0,1 % des BIP hinzu, so dass die Konsolidierungsmaßnahmen insgesamt mit 0,8 % des BIP anzusetzen sind. Diese Maßnahmen werden in ihrer Wirkung jedoch aufgehoben durch neue defizitsteigernde Maßnahmen mit zumeist kurzfristig anfallenden Kosten im ursprünglichen Haushaltsplan 2010 im Umfang von 0,7 % des BIP, namentlich die Reform der lokalen Gewerbesteuer (etwa 0,6 % des BIP) und die Senkung der Mehrwertsteuer im Gaststättengewerbe (0,1 % des BIP), sowie durch die bereits erwähnten Maßnahmen im Zusammenhang mit der Staatsanleihe (etwa 0,1 % des BIP). Im Jahr 2010 dürfte sich das strukturelle Defizit, also das konjunkturbereinigte Defizit ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen, das von den Kommissionsdienststellen nach der gemeinsamen Methodik anhand von Programmdaten berechnet wird, weiter um 0,75 Prozentpunkt erhöhen und 6,75 % des BIP erreichen. Bei Berücksichtigung der vorübergehenden Auswirkungen der vorgezogenen Erstattungen an Firmen in Höhe von 0,4 % des BIP im Kontext der Reform der lokalen Gewerbesteuer — einer einmaligen Maßnahme, die im Programm aber nicht als solche berücksichtigt wird — dürfte das strukturelle Defizit im Jahr 2010 geringfügig um 0,1 Prozentpunkte auf 6,5 % des BIP zurückgehen.

(7)

Hauptziel der dem Programm zugrunde liegenden Haushaltsstrategie ist es, das gesamtstaatliche Defizit bis 2013, der in der Ratsempfehlung vom 2. Dezember 2009 vorgegebenen Frist, auf den Referenzwert von 3 % des BIP zurückzuführen. Nach den Programmprojektionen soll das nominale Haushaltsdefizit im Jahr 2011 auf 6 % des BIP und im Jahr 2012 weiter auf 4,6 % zurückgehen, bevor es schließlich im Jahr 2013 3 % erreicht. Der Primärsaldo wird voraussichtlich einem ähnlichen Pfad folgen und zum Ende des Programmzeitraums von – 5,5 % des BIP im Jahr 2010 auf – 0,1 % des BIP zurückgegangen sein. Das nach der gemeinsamen Methodik berechnete strukturelle Defizit dürfte sich ab 2010 weiter verringern und rund 5 % des BIP im Jahr 2011, 4 % im Jahr 2012 und 2,75 % im Jahr 2013 erreichen. Die durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung im Zeitraum 2010-2013 würde 0,9 % des BIP betragen und damit etwas unter dem vom Rat empfohlenen Durchschnittwert von über 1 % des BIP pro Jahr liegen. Die im Programm umrissene Konsolidierungsstrategie soll sich auf Maßnahmen zur Eindämmung des Ausgabenwachstums auf allen Regierungsebenen stützen – zusätzlich zum vollständigen Auslaufen der Maßnahmen im Kontext des Europäischen Konjunkturprogramms im Jahr 2011. Die französische Regierung beabsichtigt, die budgetären Auswirkungen der bestehenden Steuerbefreiungen weiter um etwa 0,1 % des BIP pro Jahr zu senken, beginnend im Jahr 2011. Die Maßnahmen, die zur Unterstützung der Konsolidierungsstrategie getroffen werden sollen, wurden noch nicht näher spezifiziert, was jedoch in den kommenden Monaten geschehen dürfte. Das Programm geht vom mittelfristigen Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts aus. Angesichts der jüngsten Projektionen und Schuldenstandsdaten gibt das mittelfristige Ziel die Zielsetzungen des Pakts mehr als ausreichend wieder. Der Stabilitätsprogrammaktualisierung zufolge soll das mittelfristige Haushaltsziel im Programmzeitraum aber nicht mehr erreicht werden.

(8)

Während das Defizitziel für 2010 relativ realistisch erscheint und sogar noch Raum für eine Verbesserung bietet, wenn die Umweltsteuer schließlich in veränderter Form eingeführt wird, könnten die Haushaltsprojektionen ab 2011 schlechter ausfallen als im Programm vorgesehen. So wird für den Zeitraum 2011-2013 ein ausgesprochen günstiges makroökonomisches Szenario zugrunde gelegt. Die Defizitprojektionen sind in hohem Maße wachstumsabhängig: Sollte das BIP-Wachstum in diesem Zeitraum um ¼ Prozentpunkt niedriger ausfallen, so würde nach der im Programm enthaltenen Sensitivitätsanalyse das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2013 nur auf 4 % zurückgehen.

Ein kumulativer Verlust von 0,75 % des BIP hätte somit eine Defiziterhöhung von 1 % des BIP im Jahr 2013 zur Folge. Darüber hinaus könnten sich etwaige Ausgabenüberschreitungen negativ auf die Defizitziele auswirken, da die Korrektur der Trends bei den öffentlichen Ausgaben gegenüber den Trends der Vergangenheit auf allen Ebenen unterhalb der zentralstaatlichen Ebene nicht durch ausreichend spezifizierte Maßnahmen untermauert wird. Der relativ optimistischen projizierten Einnahmenentwicklung liegt die Annahme zugrunde, dass nach den negativen Überschreitungen während der Krise ein „Aufholprozess“ einsetzen wird, wobei die Aufkommenselastizität im Zeitraum 2011 bis 2013 1,2 erreichen soll. Zum Abbau der Steuerbefreiungen um etwa 0,1 % des BIP pro Jahr ab 2011 wurden noch keine näheren Angaben gemacht. Aus den bisherigen Erfahrungen lässt sich ableiten, dass Ausgabenüberschreitungen nicht auszuschließen sind. Die Bewertung anhand der im Programm enthaltenen Informationen lässt darauf schließen, dass erhebliche Risiken bestehen, aufgrund deren die Defizitergebnisse im Zeitraum 2011 bis 2013 schlechter ausfallen könnten als laut Programm angestrebt.

(9)

Der öffentliche Bruttoschuldenstand lag 2009 über dem im Vertrag vorgesehenen Referenzwert und soll bis 2012 tendenziell ansteigen. Der öffentliche Bruttoschuldenstand 2009 wird auf 77,4 % des BIP geschätzt, nachdem er 2008 noch 67,4 % betragen hatte. Neben dem höheren Defizit und dem niedrigeren BIP-Wachstum trugen auch umfangreiche Bestandsanpassungen, die vor allem finanzielle Transaktionen zugunsten des Banken- und des Automobilsektors widerspiegeln, zum Anstieg der Schuldenquote bei. Den Projektionen zufolge wird sich der Schuldenstand im Programmzeitraum um weitere 9,2 Prozentpunkte auf 87 % des BIP erhöhen, bedingt vor allem durch kontinuierlich hohe gesamtstaatliche Defizite. Angesichts der erheblichen Risiken für die Haushaltziele wird sich die Schuldenquote voraussichtlich — vor allem nach 2011 — ungünstiger entwickeln als im Programm projiziert.

(10)

Mittelfristige Schuldenprojektionen, die davon ausgehen, dass das BIP-Wachstum langsam wieder die vor der Krise projizierten Raten erreicht und die Steuerquoten wieder auf Vorkrisenniveau zurückkehren, und die den projizierten Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben beinhalten, zeigen, dass die im Programm anvisierte Haushaltsstrategie in ihrer jetzigen Form und bei unveränderter Politik nicht zu einer Stabilisierung der Schuldenquote bis 2020 führen würde.

(11)

Aufgrund der bereits in Kraft gesetzten Rentenreformen wirkt sich die Bevölkerungsalterung langfristig deutlich weniger auf die öffentlichen Haushalte aus als im EU-Durchschnitt, so dass der Anstieg der Rentenausgaben eher begrenzt ausfällt. Die im Programm geschätzte Haushaltslage 2009 verstärkt die budgetären Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die Tragfähigkeitslücke. Die Gewährleistung von Primärüberschüssen auf mittlere Sicht würde die Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen eindämmen helfen, die im „Tragfähigkeitsbericht“ („Sustainability Report“) (3) der Kommission aus dem Jahr 2009 als mittlere Risiken eingestuft wurden.

(12)

Unlängst wurden Reformen zur weiteren Verbesserung des allgemeinen Haushaltsrahmens eingeführt. Am 9. Februar 2009 wurde die erste mehrjährige Finanzplanung des Staatshaushalts vom Parlament verabschiedet, in der Ausgabenziele für alle Teilsektoren des Gesamtstaats vorgesehen sind. Insbesondere wird darin für die Einführung neuer Steuerbefreiungen der Grundsatz der Haushaltsneutralität festgelegt, d. h. deren aggregierte Kosten müssen in vollem Umfang ausgeglichen werden. Dieser Grundsatz hat zwingenden Charakter und wurde im Jahr 2009 — auf mehrjähriger Bewertungsgrundlage — nahezu eingehalten. Der jährliche Haushaltsrahmen in Frankreich sieht insbesondere Ausgabennormen für die der gesamtstaatlichen Ebene nachgeordneten Ebenen vor. Eine erste Regel für die zentralstaatliche Ebene lautet, dass es keine Ausgabenerhöhungen geben darf („zéro volume“). Änderungen hinsichtlich des Geltungsbereichs dieser Regel mögen deren Einhaltung in der Vergangenheit erleichtert haben; allerdings wurde dieser Geltungsbereich jüngst erweitert, um die Ausgaben auf zentralstaatlicher Ebene besser kontrollieren zu können, und die Regel wurde eingehalten.

Das 1997 eingeführte Ausgabenziel für die nationale Krankenversicherung (Objectif National des Dépenses d’Assurance Maladie) hat zur Kontrolle der Gesundheitsausgaben beigetragen, auch wenn die Ausgabenziele häufig verfehlt wurden. Außerdem werden die Ausgaben der lokalen Behörden durch eine „goldene Regel“ begrenzt, deren Rechtsgrundlage es den Behörden untersagt, für die Finanzierung operativer Ausgaben Schulden aufzunehmen, sowie durch eine Regel, der zufolge die Erhöhung der von der Zentralregierung übertragenen Mittel die Inflationsrate nicht übersteigen darf. Die in den Stabilitätsprogrammen gesetzten Ziele werden jedoch nur selten erreicht. Die Regierung beabsichtigt, den finanzpolitischen Rahmen weiter zu reformieren. Am 28. Januar 2010 wurde eine Konferenz zum Thema öffentliche Finanzen organisiert. Ziel war es, die Verschlechterung der Lage der öffentlichen Finanzen in Frankreich zu erörtern und Wege aufzuzeigen, wie eine Haushaltskonsolidierung erreicht werden kann. Es wurden mehrere Arbeitsgruppen eingerichtet, die neue Reformvorschläge ausarbeiten sollen; diese Vorschläge, die im April vorgelegt werden sollen, werden insbesondere auf eine weitere Eindämmung der Entwicklung bei den Gesundheitsausgaben und auf eine bessere Ausgabenkontrolle auf lokaler Ebene abstellen. Darüber hinaus wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit Regeln für den Haushaltsausgleich befassen wird. Des Weiteren wird im Programm angekündigt, dass im April weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Ausgaben der Zentralregierung präsentiert werden sollen. Die im Programm umrissene Konsolidierungsstrategie setzt auch auf die Verbesserung des Haushaltsrahmens, die den von diesen Arbeitsgruppen unterbreiteten Vorschlägen folgen würde.

(13)

Mit 52,7 % im Jahr 2008 war Frankreichs Ausgabenquote die höchste im Euroraum. Der Anstieg der öffentlichen Ausgaben in den vergangenen Jahrzehnten hat zu hohen Defiziten und einem hohen Schuldenstand geführt, wodurch die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Frankreich in Mitleidenschaft gezogen wird. Im Jahr 2007 brachte die französische Regierung die „Generelle Überprüfung der staatlichen Politik“ („Revue Générale des Politiques Publiques“ oder kurz „RGPP“) auf den Weg mit dem Ziel, Möglichkeiten zu prüfen, wie die Effizienz der staatlichen Ausgaben gesteigert werden kann. Es wurde bereits eine Liste von über 300 Maßnahmen zusammengestellt (mit denen Einsparungen von rund 0,3 % des BIP erzielt werden sollen, was sich angesichts der Gesamthöhe der öffentlichen Ausgaben von über 50 % des BIP allerdings eher bescheiden ausnimmt). Etwa drei Viertel der Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. So wurde es beispielsweise möglich, eine von zwei aufgrund von Pensionierungen frei gewordenen Beamtenstellen im Teilsektor Zentralstaat nicht neu zu besetzen. Im Haushaltsgesetz 2010 kündigte die Regierung an, dass die RGPP auf andere Einrichtungen des Zentralstaates ausgedehnt werde, und für den Herbst wird die Ankündigung weiterer Reformen erwartet. Was schließlich das Rentensystem betrifft, wird im Programm — wie bereits erwähnt — auf eine im Jahr 2010 anstehende Reform verwiesen. Konkrete Maßnahmen wurden bisher nicht angekündigt.

(14)

Insgesamt entspricht die im Programm dargelegte Haushaltsstrategie 2010 weitgehend den Ratsempfehlungen nach Artikel 126 Absatz 7. Ab 2011 jedoch dürfte die Haushaltsstrategie in Anbetracht der Risiken nicht mehr mit der Ratsempfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 in Einklang stehen. Dem Programm zufolge würde sich die durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung auf Basis des (neuberechneten) strukturellen Saldos auf 0,9 % des BIP belaufen. Dieser Wert liegt knapp unter dem in den Empfehlungen des Rates nach Artikel 126 Absatz 7 vorgegebenen Wert („über 1 % des BIP“) und ist überdies mit den oben genannten Risiken behaftet. Nichtsdestoweniger wird im Programm davon ausgegangen, dass das nominale Haushaltsdefizit schließlich 3 % des BIP erreichen wird. Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Zugrundelegung eines ausgesprochen günstigen makroökonomischen Szenarios für die späteren Programmjahre sowie eher optimistische Annahmen hinsichtlich der Aufkommenselastizität. Unter Berücksichtigung der Risiken für die derzeitige Politik ist insgesamt festzustellen, dass die Defizite 2011 bis 2013 höher ausfallen könnten als im Programm angenommen und dass erhebliche Verbesserungen erforderlich werden können, wenn eine Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2013 erreicht werden soll, wie dies vom Rat empfohlen wird. Die laut Programm vorgesehene Verwendung der Einnahmen aus der derzeit noch ausgesetzten Umweltsteuer, wenn diese in veränderter Form eingeführt wird, würde dazu beitragen, bereits ab 2010 etwas bessere Haushaltsergebnisse zu erzielen. Schließlich könnte die Haushaltsstrategie unter Umständen nicht ausreichend sein, um den Schuldenstand wieder auf einen Abwärtspfad zu bringen.

(15)

Das Programm enthält alle im Verhaltenskodex für die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme vorgeschriebenen und die meisten fakultativen Angaben (4). In seiner Empfehlung nach Artikel 104/126 Absatz 7 vom 2. Dezember 2009 zur Beendigung des übermäßigen Defizits hat der Rat Frankreich ebenfalls aufgefordert, in einem gesonderten Kapitel der Stabilitätsprogrammaktualisierungen über die Fortschritte bei der Umsetzung der Ratsempfehlungen zu berichten. Frankreich kam dieser Empfehlung nach.

Alles in allem lässt sich der Schluss ziehen, dass, nachdem sich die Lage der öffentlichen Finanzen infolge des Wirtschaftsabschwungs und der im Kontext des Europäischen Konjunkturprogramms ergriffenen Maßnahmen im Jahr 2009 bereits signifikant verschlechtert hat, 2010 mit einem weiteren Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits auf 8,2 % des BIP zu rechnen ist. Die Konsolidierungsmaßnahmen und das teilweise Auslaufen der im Einklang mit dem Europäischen Konjunkturprogramm durchgeführten Maßnahmen dürften durch neue defiziterhöhende Maßnahmen mit zumeist kurzfristig anfallenden Kosten, darunter über eine Staatsanleihe finanzierte öffentliche Investitionen, in ihrer Wirkung aufgehoben werden. In der Folge dürfte sich der Haushaltssaldo wieder verbessern. Auch ist innerhalb des Programmzeitraums mit einem erheblichen Anstieg der Schuldenquote zu rechnen. Der im Programm beschriebene Anpassungspfad führt zu einem Defizit von 3 % des BIP im Jahr 2013 — ohne Sicherheitsmarge — und basiert auf einem ausgesprochen günstigen makroökonomischen Szenario für den Zeitraum 2011 bis 2013 und einer durchschnittlichen jährlichen strukturellen Anpassung, die etwas unterhalb der vom Rat empfohlenen Anpassung von über 1 % des BIP liegt. Das Programm sieht in erster Linie Maßnahmen auf der Ausgabenseite zur Unterstützung der Konsolidierungsstrategie vor, die allerdings nicht weiter spezifiziert werden und erst in den kommenden Monaten konkret benannt werden. Die Haushaltsprojektionen sind somit mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet, und unter Umständen wird eine entsprechende Verstärkung der Konsolidierungsanstrengungen erforderlich sein, wenn das übermäßige Defizit bis 2013 korrigiert werden soll. Die Gewährleistung höherer Primärüberschüsse auf mittlere Sicht würde dazu beitragen, die Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu verringern. Dem Programm zufolge soll 2010 eine Reform des Rentensystems vorgestellt werden.

In Anbetracht der vorstehenden Bewertung und der Empfehlung nach Artikel 126 AEUV vom 2. Dezember 2009 wird Frankreich aufgefordert,

i)

während des gesamten Programmzeitraums unerwartete Mehreinnahmen, die aufgrund verbesserter makroökonomischer und haushaltspolitischer Perspektiven erzielt werden, sowie alle geplanten Steuermaßnahmen zu nutzen, um den Defizitabbau und die Rückführung der Bruttoschuldenquote in Richtung des Referenzwerts von 60 % des BIP zu beschleunigen;

ii)

sich darauf einzustellen, weitere Konsolidierungsmaßnahmen zu beschließen, falls sich die Risiken konkretisieren, die daraus resultieren, dass dem Programm ein günstigeres makroökonomisches Szenario zugrunde liegt als der Empfehlung nach Artikel 126 Absatz 7, und genauer darzulegen, welche Maßnahmen erforderlich sind, um im Zeitraum 2010 bis 2013 eine durchschnittliche jährliche Konsolidierungsanstrengung von über 1 % des BIP zu gewährleisten und eine Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2013 zu erreichen;

iii)

sicherzustellen, dass der Haushaltsrahmen, insbesondere auf der Ausgabenseite, gestärkt wird und — wie von der französischen Regierung vorgesehen — die Verwirklichung der skizzierten mittelfristigen finanzpolitischen Pläne auf allen Ebenen unterhalb der zentralstaatlichen Ebene effektiv unterstützt.

Frankreich wird ferner aufgefordert, spätestens im nächsten aktualisierten Stabilitätsprogramm in den Kapiteln zu dem Verfahren bei einem übermäßigen Defizit weitere Informationen zu den umfassenden Maßnahmen, die die geplante Konsolidierung insbesondere in den späteren Programmjahren untermauern, zu erteilen.

Gegenüberstellung zentraler makroökonomischer und budgetärer Projektionen

 

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Reales BIP

(Veränderung in %)

SP Febr. 2010

0,4

–2,25

1,4

2,5

2,5

2,5

KOM Nov. 2009

0,4

–2,2

1,2

1,5

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

1,0

0,2-0,5

2,0

2,5

2,5

k.A.

HVPI-Inflation

(%)

SP Febr. 2010

3,2

0,1

1,3

1,6

1,75

1,75

KOM Nov. 2009

3,2

0,1

1,1

1,4

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

3,3

1,5

1,75

1,75

1,75

k.A.

Produktionslücke (5)

(% des BIP-Potenzials)

SP Febr. 2010

0,8

–2,9

–2,9

–2,1

–1,2

–0,4

KOM Nov. 2009 (6)

0,8

–2,5

–2,5

–2,4

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

–0,6

–1,8

–1,6

–1,1

–0,4

k.A.

Finanzierungsüberschuss/-defizit gegenüber dem Rest der Welt

(% des BIP)

SP Febr. 2010

–3,3

–2,5

–2,8

–2,8

–2,7

–2,7

KOM Nov. 2009

–3,3

–2,3

–2,3

–2,3

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

–3,4

–2,6

–2,5

–2,4

–2,4

k.A.

Gesamtstaatliche Einnahmen

(% des BIP)

SP Febr. 2010

49,3

47,7

47,6

48,6

49,1

49,8

KOM Nov. 2009

49,3

47,0

46,8

47,1

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

49,8

49,6

50,0

50,0

50,2

k.A.

Gesamtstaatliche Ausgaben

(% des BIP)

SP Febr. 2010

52,7

55,6

55,8

54,6

53,7

52,8

KOM Nov. 2009

52,7

55,2

55,1

54,8

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

52,7

53,5

52,7

52,0

51,3

k.A.

Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo

(% des BIP)

SP Febr. 2010

–3,4

–7,9

–8,2

–6,0

–4,6

–3,0

KOM Nov. 2009

–3,4

–8,3

–8,2

–7,7

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

–2,9

–3,9

–2,7

–1,9

–1,1

k.A.

Primärsaldo

(% des BIP)

SP Febr. 2010

–0,6

–5,4

–5,5

–3,2

–1,7

–0,1

KOM Nov. 2009

–0,6

–5,5

–5,4

–4,7

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

0,0

–1,1

0,1

0,9

1,7

k.A.

Konjunkturbereinigter Saldo (5)

(% des BIP)

SP Febr. 2010

–3,8

–6,5

–6,8

–4,9

–4,0

–2,8

KOM Nov. 2009

–3,8

–7,0

–7,0

–6,5

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

–2,6

–3,0

–1,9

–1,4

–0,9

k.A.

Struktureller Saldo (7)

(% des BIP)

SP Febr. 2010

–3,8

–6,5

–6,8

–4,9

–4,0

–2,8

KOM Nov. 2009

–3,9

–7,0

–6,6

–6,5

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

–2,6

–3

–1,9

–1,4

–0,9

k.A.

Öffentlicher Bruttoschuldenstand

(% des BIP)

SP Febr. 2010

67,4

77,4

83,2

86,1

87,1

86,6

KOM Nov. 2009

67,4

76,1

82,5

87,6

k.A.

k.A.

SP Dez. 2008

66,7

69,1

69,4

68,5

66,8

k.A.

Stabilitätsprogramm (SP), Herbstprognose 2009 der Kommissionsdienststellen (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1. Die Dokumente, auf die in diesem Text verwiesen wird, sind im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/economy_finance/sgp/index_de.htm

(2)  Diese Bewertung beruht insbesondere auf der Herbstprognose 2009 und der Zwischenprognose vom Februar 2010 der Kommissionsdienststellen, aber auch auf weiteren, neueren Daten.

(3)  In seinen Schlussfolgerungen vom 10. November 2009 zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen rief der Rat die Mitgliedstaaten auf, „bei ihren kommenden Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen einen Schwerpunkt auf Strategien zu legen, die auf Tragfähigkeit ausgerichtet sind“, und ersuchte die Kommission, „zusammen mit dem Ausschuss für Wirtschaftspolitik und dem Wirtschafts- und Finanzausschuss die Methoden zur Bewertung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen rechtzeitig für den nächsten Tragfähigkeitsbericht weiterzuentwickeln“, der 2012 geplant ist.

(4)  Es fehlen Annahmen zu den kurz- und langfristigen Zinssätzen.

(5)  Produktionslücken und konjunkturbereinigte Salden nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen anhand von Programmdaten.

(6)  Ausgehend von einem geschätzten Potenzialwachstum von 1,5 %, 1,2 %, 1,2 % bzw. 1,4 % im Zeitraum 2008-2011.

(7)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen. Einmalige und sonstige befristete Maßnahmen machen nach dem jüngsten Programm im gesamten Zeitraum (2008-2013) 0 % des BIP und nach der Prognose der Kommissionsdienststellen vom November 2009 0,1 % des BIP im Jahr 2008 (defizitsenkend) und 0,4 % im Jahr 2010 (defiziterhöhend) aus.

Quelle:

Stabilitätsprogramm (SP), Herbstprognose 2009 der Kommissionsdienststellen (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.


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