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Document 32004D0838

2004/838/EG: Entscheidung der Kommission vom 10. Dezember 2003 über die staatlichen Beihilfen, die Frankreich zugunsten von France 2 und France 3 gewährt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 4497)Text von Bedeutung für den EWR

ABl. L 361 vom 8.12.2004, p. 21–39 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2004/838/oj

8.12.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 361/21


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 10. Dezember 2003

über die staatlichen Beihilfen, die Frankreich zugunsten von France 2 und France 3 gewährt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 4497)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2004/838/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln (1), und unter Berücksichtigung dieser Äußerungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Am 10. März 1993 hat der private Fernsehsender Télévision Française 1 SA (im Folgenden „TF1“ genannt) bei der Kommission eine Beschwerde eingereicht, mit der die Art und Weise der Finanzierung und des Betriebs der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender France 2 und France 3 beanstandet wurde (2). In dieser Beschwerde wird ein Verstoß gegen die Artikel 81 und 86 Absatz 1 sowie Artikel 87 EG-Vertrag geltend gemacht.

(2)

Unter Berufung auf Artikel 81 macht TF1 geltend, dass France 2 und France 3 sich einer Reihe von Praktiken bedient haben, die eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt und bewirkt haben. Unter Berufung auf Artikel 86 EG-Vertrag argumentiert TF1, dass der französische Staat Maßnahmen beibehält, die im Widerspruch zum Grundsatz der Gleichbehandlung von staatlichen und privaten Unternehmen stehen, dass er außerdem Maßnahmen trifft, die wettbewerbsfeindliche Absprachen zur Folge haben oder begünstigen. Unter Berufung auf Artikel 87 EG-Vertrag legt TF1 schließlich dar, dass eine Reihe öffentlicher Mittel, die den beiden Sendern France 2 und France 3 zu Beginn der 90iger Jahre gewährt wurden — Rundfunkgebühren, verschiedene Zuschüsse und Kapitalerhöhungen sowie die Genehmigung eines Defizits — staatliche Beihilfen darstellen. Darüber hinaus sieht TF1 in der Tatsache, dass der Conseil supérieur de l’audiovisuel (der Aufsichtsrat für den audiovisuellen Sektor — im Folgenden „CSA“ genannt) nicht imstande war, Geldstrafen gegen die öffentlich-rechtlichen Sender zu verhängen, eine Maßnahme, deren Wirkung einer Beihilfe gleichkommt. TF1 ist der Auffassung, dass diese staatlichen Beihilfen es den öffentlich-rechtlichen Sendern ermöglicht haben, sich Rentabilitätszwängen zu entziehen. So hätten sie zum Beispiel andere Sender beim Kauf von Fernsehrechten überbieten und ihre Preise für Werbezeiten sowie ihre Tarife für Sponsoring künstlich niedrig halten können.

(3)

Am 16. Juli 1993 hat die Kommission ein Auskunftsersuchen an TF1 gerichtet, das der Sender am 30. September 1993 beantwortet hat. Am 12. August 1993 wurden die französischen Behörden um Informationen gebeten. Die französischen Behörden sind diesem Auskunftsersuchen mit Schreiben vom 9. Dezember 1993 nachgekommen.

(4)

Am 17. März 1994 hat TF1 der Kommission ein Schreiben übermittelt, in dem der Sender die wichtigsten Punkte seiner Beschwerde nochmals dargelegt hat.

(5)

Mit Schreiben vom 23. September 1994 und in einem Dokument vom 12. Dezember 1994 hat TF1 zusätzliche Informationen übermittelt. In eben diesem Zeitraum fanden mehrere Treffen zwischen Vertretern der Kommission und des Senders TF1 statt.

(6)

In seinem Schreiben vom 9. Juni 1995 hat TF1 seine Sorge über den schleppenden Verlauf der Prüfung zum Ausdruck gebracht. Die Kommission hat mit Schreiben vom 5. Juli 1995 geantwortet und erklärt, sie habe eine Studie über die gesamte Problematik der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in den Mitgliedstaaten in Auftrag gegeben, die Ergebnisse dieser Studie lägen jedoch noch nicht vor.

(7)

Daraufhin forderte TF1 die Kommission mit Schreiben vom „3. Oktober 1995“ auf, tätig zu werden. Am 11. Dezember 1995 informierte die Kommission den Beschwerdeführer darüber, dass sie die französischen Behörden mit Schreiben vom 21. November 1995 um weitere Auskünfte ersucht habe. In einem Dokument vom 27. November 1995 hat TF1 ergänzende Informationen übermittelt.

(8)

Am 2. Februar 1996 hat TF1 vor dem Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission eingereicht.

(9)

Am 16. Februar 1996 haben die französischen Behörden das Auskunftsersuchen beantwortet, das ihnen am 21. November 1995 übermittelt worden war. In ihren Schreiben vom 22. Februar, 28. Juni, 4. und 18. Oktober 1996 hat die Kommission die französischen Behörden um weitere Informationen gebeten. Die französischen Behörden haben das Auskunftsersuchen in verschiedenen Schreiben und Faxmitteilungen am 21. März, 28. März, 12. April, 18. Juli und 20. Dezember 1996 beantwortet.

(10)

Am 10. März 1997 ging bei der Kommission eine Ergänzung zur ursprünglichen Beschwerde von TF1 ein.

(11)

In ihrem Schreiben an TF1 vom 15. Mai 1997 hat die Kommission dem Beschwerdeführer mitgeteilt, sie sei zu der Auffassung gekommen, dass der Beschwerde nicht stattgegeben werden kann, da keine der staatlichen Maßnahmen einen Verstoß gegen die Artikel 86, 81 und 82 EG-Vertrag darstellen.

(12)

Mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 haben die französischen Behörden der Kommission weitere Informationen übermittelt.

(13)

Am 10. Juli 1998 fand eine Unterredung zwischen Vertretern der Kommission und TF1 statt.

(14)

In ihrer Entscheidung vom 2. Februar 1999 hat die Kommission die Berufung auf die Artikel 81 und 82 EG-Vertrag, die in der Beschwerde von TF1 geltend gemacht wird, zurückgewiesen.

(15)

Am 26. Februar 1999 hat die Kommission den französischen Behörden eine Anordnung zur Übermittlung aller sachdienlichen Informationen zugesandt. Die französische Regierung hat die verlangten Auskünfte mit Schreiben vom 29. April 1999 erteilt.

(16)

Mit dem Inkrafttreten EG-Vertrag von Amsterdam am 1. Mai 1999 wurde das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten (im Folgenden „das Protokoll“) als Zusatzprotokoll in den EG-Vertrag aufgenommen.

(17)

Am 3. Juni 1999 hat das Gericht erster Instanz die Kommission wegen Untätigkeit verurteilt, nachdem es festgestellt hatte, dass die Kommission es unterlassen hatte, eine Entscheidung zu dem Teil der Beschwerde von TF1 zu treffen, der sich auf die staatlichen Beihilfen bezog (3).

(18)

Mit Schreiben vom 27. September 1999 hat die Kommission Frankreich ihren Beschluss mitgeteilt, das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag gegen die Investitionszuschüsse zugunsten von France 2 und France 3 sowie gegen die Kapitalerhöhungen einzuleiten, die France 2 zwischen 1988 und 1994 gewährt wurden.

(19)

Der Beschluss der Kommission zur Einleitung des beihilferechtlichen Prüfverfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (4). Die Kommission hat alle Beteiligten aufgefordert, sich zu den in Frage stehenden Maßnahmen zu äußern.

(20)

Am 19. November fand ein Treffen zwischen den französischen Behörden und der Kommission statt. Die französischen Behörden haben ihre Stellungnahme mit Schreiben vom 10. Dezember 1999 vorgelegt. Am 1. Februar 2000 hat die Association des Télévisions Commerciales Européennes (im Folgenden „ACT“) genannt) der Kommission ihre Stellungnahme übermittelt. Die französischen Behörden haben mit Schreiben vom 15. Juni 2000 auf diese Stellungnahme geantwortet.

(21)

Am 10. Februar 2000 fand eine Unterredung zwischen der Kommission und den Vertretern von TF1 statt. Am 6. April und am 2. Oktober 2000 trafen sich die Vertreter der Kommission mit den Vertretern der französischen Behörden und von France Télévisions.

(22)

Am 15. November 2001 wurde die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (5) (im Folgenden „Mitteilung“ genannt) veröffentlicht. In dieser Mitteilung werden die Grundsätze definiert, welche die Kommission bei der Prüfung der finanziellen Maßnahmen zugunsten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zugrunde legt.

(23)

Mit Schreiben vom 29. Juli, 18. Oktober und 16. Dezember 2002, anschließend vom 21. Januar, vom 20. März und 15. April 2003, hat die Kommission die französischen Behörden erneut um Informationen ersucht. Die französischen Behörden sind diesem Auskunftsersuchen mit Schreiben vom 19. August 2002, 2. Januar, 11. Februar, 12. Februar, 19. Mai, 26. August und vom 7. November 2003 nachgekommen.

(24)

Am 20. November 2002 und am 11. Juni 2003 fanden Unterredungen zwischen der Kommission und den Vertretern der französischen Behörden sowie Vertretern von France Télévisions statt; am 14. April 2003 trafen sich die Vertreter der Kommission mit den Vertretern von TF1.

(25)

Gegenstand der vorliegenden Entscheidung sind ausschließlich die finanziellen Maßnahmen, die zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens geführt haben, d. h. die Investitionszuschüsse zugunsten von France 2 und France 3 sowie die Kapitalerhöhungen zugunsten von France 2 in den Jahren 1988 bis 1994. Die Gebühren für das Recht der Nutzung der Empfangsstationen, die mit dem französischen Gesetz Nr. 49-1032 vom 30. Juli 1949 eingeführt worden waren, waren nicht Gegenstand des Beschlusses über die Verfahrenseinleitung.

(26)

Um sich einen vollständigen Überblick über die finanziellen Beziehungen zu verschaffen, die zwischen dem französischen Staat und den öffentlich-rechtlichen Sendern France 2 und France 3 in dem Zeitraum bestanden, mit dem sich diese Entscheidung befasst, muss die Kommission jedoch nicht nur die Investitionszuschüsse und Kapitalerhöhungen untersuchen, sondern auch die Gebühren. Die Kommission wird in dieser Entscheidung daher immer dann auf die Gebühren eingehen, wenn dies für ihre Analyse der finanziellen Maßnahmen erforderlich ist, die im Erwägungsgrund 25 genannt werden.

II.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER IN FRAGE STEHENDEN MASSNAHMEN

(27)

Die beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten France 2 und France 3 werden über ein duales System finanziert, d. h. sowohl durch Gebühren als auch durch Einnahmen aus Werbung und Sponsoring. In Frankreich werden staatliche Rundfunkanstalten in der Regel über Gebühren finanziert. Allerdings haben France 2 und France 3 in den Jahren 1988–1994 zusätzlich noch Investitionszuschüsse erhalten, France 2 außerdem noch Kapitalerhöhungen.

A.   Investitionszuschüsse und sonstige Zuschüsse

(28)

Von 1988 bis 1994 haben France 2 und France 3 vom Staat die Investitionszuschüsse und sonstigen Zuschüsse erhalten, die in den Tabellen 1 und 2 aufgeführt sind.

TABELLE 1

Zuschüsse für France 2

(in Mio. FRF)

 

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

Investitionszuschüsse

130

136

178,3

195

139

Sonstige Zuschüsse

0,74

86,52

21

Beihilfen insgesamt

130

136

0,74

264,82

195

139

21

TABELLE 2

Zuschüsse für France 3

(in Mio. FRF)

 

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

Investitionszuschüsse

50

100

40

80

145

159

Sonstige Zuschüsse

4,5

Beihilfen insgesamt

50

100

40

80

145

163,5

B.   Kapitalerhöhungen

(29)

In dem untersuchten Zeitraum wurden France 2 auch noch drei Kapitalerhöhungen bewilligt. Die erste Kapitalerhöhung in Höhe von 500 Mio. FRF wurde dem Sender vom Staat im Jahr 1991 gewährt, die zweite im Jahr 1993 in Höhe von 55 Mio. FRF und die dritte 1994 in Höhe von 355 Mio. FRF.

(30)

Die Prüfung hat ergeben, dass die beiden Sender France 2 und France 3 von den Gebühren abgesehen keine weiteren öffentlichen Mittel für die Finanzierung ihrer Tätigkeit erhalten haben.

III.   STELLUNGNAHME EINES BETEILIGTEN

(31)

Im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens ist bei der Kommission am 1. Februar 2000 die Stellungnahme der ACT eingegangen. In der ACT sind die meisten der privaten Fernsehanstalten in der Gemeinschaft vertreten.

(32)

Einleitend weist die ACT darauf hin, dass den privaten Fernsehsendern TF1, M6 und Canal + gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt wurden, ohne dass sie dafür eine finanzielle Entschädigung vom Staat erhalten haben. Daher würden die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die France 2 und France 3 zu erfüllen haben, in keiner Weise eine staatliche Finanzierung der beiden Sender rechtfertigen. Die ACT bedauert außerdem, dass bestimmte Informationen, wie zum Beispiel die Mehrkosten, die den öffentlich-rechtlichen Sendern durch die Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags entstehen, oder der Inhalt des Umstrukturierungsplans für die Sender, im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nicht genannt werden. Sie schließt sich dagegen der Analyse der Kommission an, was die Auswirkungen der in Frage stehenden Beihilfen auf den Wettbewerb und die Beeinträchtigung des Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten betrifft.

(33)

Die ACT betont zunächst, dass Rundfunkgebühren seit der Liberalisierung des audiovisuellen Sektors als staatliche Beihilfen anzusehen seien. Zudem handle es sich bei den Gebühren um eine neue Beihilfe, da diese den Sendern jährlich überwiesen werden. Sie kommt daher zu dem Schluss, dass die Kommission auch die Rundfunkgebühren in das förmliche Prüfverfahren hätte einbeziehen müssen. Außerdem ist sie der Meinung, dass die Gebühren nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, da weder Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) noch Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag Anwendung finden könnten. Die staatliche Finanzierung von France 2 und France 3 ist ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigt, da die privaten Fernsehsender ähnliche Verpflichtungen erfüllen müssten wie die öffentlich-rechtlichen Sender, ohne indessen in den Genuss derselben staatlichen Ausgleichszahlungen zu kommen.

(34)

Was die Investitionszuschüsse und die Kapitalerhöhungen anbetrifft, so ist die ACT der Meinung, dass diese Beihilfen nicht an ein bestimmtes Projekt zur Förderung der Kultur gebunden sind und daher auch nicht durch Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d) EG-Vertrag gerechtfertigt sein können. Sie ist außerdem der Meinung, dass es sich dabei um Betriebsbeihilfen handelt und dass die Ausnahmeregelung, die für Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten gilt, in diesem Fall keine Anwendung finden kann, da die französischen Behörden der Kommission keinen Umstrukturierungsplan für die beiden Sender vorgelegt haben.

(35)

Abschließend erinnert die ACT daran, dass die Kommission bei der Prüfung staatlicher Beihilfen auch untersuchen muss, ob die Kriterien erfüllt sind, die in Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag genannt werden. Die ACT ist der Auffassung, dass die Investitionszuschüsse und die Kapitalerhöhungen, die hier in Frage stehen, nicht den Kriterien entsprechen, die in dem betreffenden Artikel genannt werden, da es sich nicht um außergewöhnliche und zeitlich befristete Beihilfen handle, und dass diese Beihilfen nicht gewährt worden seien, um zusätzliche gemeinwirtschaftliche Aufgaben zu finanzieren.

(36)

Die ACT fordert die Kommission daher auf, eine negative Entscheidung im Hinblick auf die Investitionszuschüsse zugunsten von France 2 und France 3 und im Hinblick auf die Kapitalerhöhung zugunsten von France 2 zu treffen. Ferner sollte in Bezug auf die Gebühren ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet werden. Darüber hinaus wünscht die ACT die Übermittlung umfangreicherer Informationen über die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der beiden Sender sowie über den Inhalt ihres Umstrukturierungsplans.

IV.   BEMERKUNGEN FRANKREICHS

A.   Zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

(37)

Die französischen Behörden haben ihre Stellungnahme zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens in ihrem Schreiben vom 10. Dezember 1999 übermittelt. Sie weisen darauf hin, dass ihre Schreiben vom 20. Dezember 1996 und vom 29. April 1999 Teil dieser Stellungnahme sind. Die Entwicklungen, über die in diesen beiden Schreiben berichtet wird, werden an dieser Stelle nochmals dargelegt, sofern sie nicht bereits in dem Schreiben vom 10. Dezember 1999 beschrieben wurden.

(38)

Die französischen Behörden gehen zunächst auf die Folgen der Liberalisierung des audiovisuellen Sektors ein. Sie argumentieren, dass die Privatisierung von TF1 das wirtschaftliche Gleichgewicht von France 2 auf brutale und unvorhergesehene Weise gestört habe, da die Werbeeinnahmen von TF1 seit 1987 erheblich gestiegen, die von France 2 dagegen eingebrochen seien. Die französischen Behörden führen zwei Gründe für diese Entwicklung an: Zum einen habe TF1 sein Programm aus kommerziellen Interessen auf die Zielgruppe der „Hausfrau unter 50“ ausgerichtet, eine Zuschauergruppe, die für Werbekunden am interessantesten sei. Die öffentlich-rechtlichen Sender seien dagegen verpflichtet, ihr Programm auf die Allgemeinheit und daher auf unterschiedliche Zuschauergruppen abzustimmen. Zum anderen seien in der Vergangenheit die Werbezeiten für die öffentlich-rechtlichen Sender durch gesetzliche Regelungen stärker eingeschränkt worden als für die privaten.

(39)

Außerdem seien die Kosten für den Kauf und die Produktion von Programmen explosionsartig gestiegen. Da die Zahl der Fernsehsender sich in vier Jahren verdoppelt habe, habe die Konkurrenz auf dem Programmmarkt gewaltig zugenommen. Gleichzeitig verfügten die neuen Sender über ein gewaltiges finanzielles Potenzial, das nun auf den Markt dränge. In der Folge seien die Kosten für Programme aller Art in die Höhe geschnellt. Um die gestiegenen Kosten zu kompensieren, hätten die beiden öffentlich-rechtlichen Sender verstärkt auf Programmkonserven zurückgreifen müssen. Da für die Programme geringere finanzielle Mittel zur Verfügung stünden und diese zudem seltener erneuert würden, hätten sie inzwischen an Attraktivität verloren. Dies habe bei France 2 vor allem zu einem Einbruch der Einschaltquoten und in der Folge auch zu einem Rückgang der Werbeeinnahmen geführt. Der Rückgang der Werbeeinnahmen und die Kostenexplosion hätten daher eine Verschlechterung der finanziellen Lage der beiden öffentlich-rechtlichen Sender bewirkt.

(40)

Die französischen Behörden argumentieren, der Staat habe eingreifen müssen, um die Existenz der öffentlich-rechtlichen Sender zu sichern und ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag zu wahren und so zum Erhalt des Pluralismus in der Medienlandschaft beizutragen. Dieser öffentlich-rechtliche Auftrag werde vor allem in einem hohen Qualitätsanspruch, aber auch in einer besonderen Programmvielfalt der öffentlich-rechtlichen Sender sichtbar. Dahinter stehe der Gedanke, dass die Existenz der öffentlich-rechtlichen Sender mit ihrer Ausrichtung auf die Allgemeinheit und auf unterschiedliche Zuschauergruppen eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt der Informationsvielfalt, der Programmvielfalt und die Förderung von Kinofilmen und audiovisuellen Werken sei. Die Erfüllung dieses Auftrags sei mit höheren Kosten verbunden und habe gleichzeitig den Verlust von Werbeeinnahmen zur Folge. In den Jahren 1988 bis 1994 habe sich die wirtschaftliche Situation der beiden Sender derart verschlechtert, dass ihre Existenz in Gefahr gewesen sei und somit die Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht mehr gewährleistet gewesen wäre. Der Staat habe daher mit Investitionszuschüssen und Kapitalerhöhungen eingreifen müssen. Der unverhoffte Anstieg des Gebührenaufkommens habe nicht ausgereicht, um den Anstieg der Programmkosten abzudecken und die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der beiden Sender aufzufangen. Die französischen Behörden sind überzeugt, dass die Intervention des Staates zugunsten von France 2 und France 3 im Sinne der Artikel 86 Absatz 2 oder 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist und mit den Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten in Einklang steht (8).

(41)

Die französischen Behörden rechtfertigen die Investitionszuschüsse zugunsten von France 2 und France 3 mit dem Argument, dass man den Sendern habe helfen müssen, die Erhöhung der Programmkosten zu bewältigen. Außerdem hätten die beiden öffentlich-rechtlichen Sender nach einer Prüfung des Unternehmensberaters Coopers & Lybrand im Juli 1991 einen Strategieplan vorgelegt. Dieser Plan habe für jeden Sender ein Projekt zur internen Umstrukturierung und einen Sozialplan vorgesehen, um Kosten einzusparen. Außerdem habe der Plan eine Strategie dargelegt, die es den Sendern ermöglichen sollte, stärker auf die Erwartungen der Fernsehzuschauer einzugehen und gleichzeitig ihrer besonderen Rolle als öffentlich-rechtliche Sender gerecht zu werden. Der Staat habe die Umsetzung dieses Strategieplans durch zusätzliche Mittel in Form der bereits genannten Investitionszuschüsse unterstützt und France 2 zusätzlich eine Kapitalerhöhung gewährt, um die Bilanz des Senders auszugleichen. Nachdem sich die erste Kapitalerhöhung in Höhe von 500 Mio. FRF als nicht ausreichend herausgestellt hatte, habe der Staat beschlossen, France 2 in den Jahren 1993 und 1994 zwei weitere Kapitalerhöhungen zukommen zu lassen. Die letzte Kapitalerhöhung sei bewilligt worden, nachdem eine weitere Prüfung von Coopers & Lybrand stattgefunden habe und ein neuer Einsparungsplan vorgelegt worden sei. Dank dieser erneuten Kapitalzufuhr habe man die Finanzen von France 2 sanieren können. Die französischen Behörden sind der Meinung, dass diese finanziellen Maßnahmen es den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern ermöglicht haben, sich den neuen Wettbewerbsbedingungen anzupassen.

(42)

Die französischen Behörden erinnern daran, dass diese Beihilfen zugunsten der öffentlich-rechtlichen Sender vor dem Hintergrund einer Neudefinition ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags und der Neuregelung ihrer Beziehungen zum Staat durch den Abschluss von Zielverträgen gewährt worden seien.

(43)

Die französischen Behörden weisen darauf hin, dass es sich bei den Märkten, auf denen die Sender tätig sind — Zuschauermarkt, Programmmarkt und der Markt für Fernsehwerbung —, ausschließlich um nationale Märkte handle. Sie werfen der Kommission vor, nicht dargelegt zu haben, auf welche Weise der innergemeinschaftliche Handelsverkehr durch diese staatlichen Maßnahmen beeinträchtigt worden sei.

(44)

In ihrer Antwort vom 29. April 1999 waren die französischen Behörden auf die Position eingegangen, die France 2 und France 3 auf dem Markt Erwerb von Fernsehrechten und auf dem Markt für Fernsehwerbung einnehmen. Sie haben darauf hingewiesen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender gar nicht in der Lage seien, die Position der kommerziellen Sender in diesem Bereich zu bedrohen, da ihre finanziellen Möglichkeiten weit unter denen der privaten Sender lägen und ihre Programme sowohl einen hohen Qualitätsanspruch erfüllen als auch der Forderung nach Vielfalt entsprechen müssten. Die kommerziellen Sender könnten sich dagegen auf Programme beschränken, die hohe Einschaltquoten erzielen. Die französischen Behörden haben auch bestritten, dass France 2 und France 3 ihre Werbesendeplätze zu Dumpingpreisen verkaufen würden. Sie machen geltend, dass die Preise für Werbespots bei France 2 insgesamt nur 5 bis 10 % unter den Preisen von TF1 liegen würden. Die Zuschauerreichweiten des Senders seien jedoch nur halb so hoch. Die Preisunterschiede zwischen den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern und TF1 seien ausschließlich auf die Unterschiede bei den Reichweiten der Werbesendungen zurückzuführen.

B.   Zu der Stellungnahme der ACT

(45)

Mit Schreiben vom 15. Juni 2000 haben die französischen Behörden der Kommission ihre Bemerkungen zu der Stellungnahme der ACT übermittelt. Sie erinnern daran, dass es sich bei den Gebühren ihrer Auffassung nach um eine bestehende Beihilfe handle und bestreiten, dass die privaten Sender, deren Programme terrestrisch verbreitet werden, vergleichbaren Verpflichtungen unterliegen wie die öffentlich-rechtlichen. Sie betonen erneut, dass nach ihrer Analyse die Investitionszuschüsse und die Kapitalerhöhungen, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, nach Artikel 86 Absatz 2 und Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Sie weisen darauf hin, dass sie nicht die Anwendung von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d) über die Förderung der Kultur geltend gemacht haben. Zum Schluss erklären die französischen Behörden, dass es Aufgabe der Kommission sei, zu bewerten, ob die Informationen, über die sie verfügt, für einen Abschluss des Verfahrens ausreichen, und versichert, dass die öffentlichen Dokumente der ACT übermittelt werden können.

V.   BEURTEILUNG DER IN FRAGE STEHENDEN MASSNAHMEN

(46)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag besagt: „Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(47)

Ob eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag vorliegt, wird anhand der folgenden Kriterien geprüft. Danach muss eine staatliche Maßnahme:

von einem Mitgliedstaat aus staatlichen Mitteln gewährt werden;

bestimmten Unternehmen oder Produktionszweigen zugute kommen und zu einer Verfälschung des Wettbewerbs führen oder zu führen drohen;

den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

Diese Kriterien gelten kumulativ.

A.   Kriterium 1: staatliche Mittel

(48)

Die Beihilfen und Kapitalerhöhungen, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, stammen aus dem Staatshaushalt. Diese Beihilfen und die Kapitalerhöhungen wurden aufgrund eines Gesetzesbeschlusses oder einer Rechtshandlung gewährt. Es steht also außer Frage, dass die Beihilfen aus staatlichen Mitteln bestanden und dass sie vom Staat gewährt wurden.

B.   Kriterium Nr. 2: selektiver Vorteil und Wettbewerbsverzerrung

(49)

Sämtliche Zuschüsse, die France 2 und France 3 von 1988 bis 1994 gewährt wurden, haben für die beiden öffentlich-rechtlichen Sender Einnahmen dargestellt, die sie zur Finanzierung ihrer Tätigkeit oder für Investitionen verwenden konnten, ohne auf eigene Mittel zurückgreifen oder Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnehmen zu müssen. Die Beihilfen haben also ohne Zweifel einen Wettbewerbsvorteil dargestellt. Dieser Vorteil ist außerdem selektiv, da nur die beiden öffentlich-rechtlichen Sender und nicht alle Fernsehanstalten — ob öffentlich-rechtlich oder privat — davon profitiert haben.

(50)

In den Jahren 1988-1994 wurden France 2 vom französischen Staat insgesamt drei Kapitalerhöhungen gewährt. Die Kommission wertet eine Zufuhr von staatlichem Kapital für ein Unternehmen in der Regel dann nicht als selektiven Vorteil, wenn diese Liquiditätszufuhr unter Bedingungen erfolgt, die dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Investors entsprechen. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Frage, ob dieser Grundsatz eingehalten wurde, nur gestellt werden kann, wenn es sich um Investitionen in kommerzielle Aktivitäten handelt, von denen eine normale Rendite zu erwarten ist. Die Tätigkeit von France 2 besteht jedoch in der Entwicklung und Gestaltung von Fernsehprogrammen entsprechend dem Auftrag, der dem Sender vom Staat erteilt wurde, und ein großer Teil seiner Aufgaben wird direkt vom Staat durch Gebühren finanziert. Die Programme haben nicht zum Ziel, möglichst hohe Einnahmen zu erzielen. Erstes Ziel der Kapitalzufuhr für France 2 war daher nicht, eine optimale Rendite zu erzielen. Der Staat hat France 2 die Kapitalerhöhung demnach nicht aus den Gründen gewährt, die für einen marktwirtschaftlich handelnden Investor maßgeblich wären. In ihren Stellungnahmen vom 20. Dezember 1996 und vom 29. April 1999 haben die französischen Behörden argumentiert, dass der Staat sich genau so verhalten habe wie ein privater Investor. Es ist jedoch ein Widerspruch, wenn man auf der einen Seite argumentiert, der Staat habe sich wie ein marktwirtschaftlich handelnder Investor verhalten, auf der anderen Seite aber (und zwar in der Stellungnahme zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens) behauptet, der Staat habe sich bei seiner Intervention zugunsten von France 2 an den Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten orientiert. Die Leitlinien finden nur bei Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung Anwendung, nicht aber bei Interventionen, die denen eines marktwirtschaftlich handelnden Investors entsprechen.

(51)

Da die französischen Behörden argumentiert haben, dass sie sich gegenüber France 2 wie ein marktwirtschaftlich handelnder Investor verhalten hätten, muss dieses Argument näher beleuchtet werden. Um feststellen zu können, ob die Kapitalerhöhungen zu marktüblichen Bedingungen gewährt wurden, muss untersucht werden, wie die Betriebsergebnisse des Begünstigten in der Zeit vor der Kapitalerhöhung ausgesehen haben. Außerdem muss anhand der Marktprognosen geprüft werden, wie die finanziellen Aussichten ausgesehen haben. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Nettoergebnisse von France 2 vor und nach der dreimaligen Kapitalerhöhung.

TABELLE 3

Finanzdaten von France 2 für den Zeitraum 1988-1994

(in Mio. FRF)

 

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

Umsatz

2 835,66

2 878,81

3 047,18

3 414,15

4 393,52

4 367,65

4 935,79

5 073,76

Nettoergebnis im Geschäftsjahr

– 99,92

– 329,19

– 744,25

– 92,92

75,51

52,01

73,13

60,73

Quelle: Ergebniskonten von France 2.

(52)

Aus Tabelle 3 ergibt sich, dass France 2 zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhungen nicht rentabel war. Die französische Regierung konnte anhand der früheren Betriebsergebnisse des Senders keine angemessene Investitionsrendite erwarten. Eine solche Rendite konnte aber auch nicht aufgrund der voraussichtlichen künftigen Ergebnisse des Unternehmens oder der Marktprognosen erwartet werden. Zwar konnte France 2 1992 nach mehrjährigen Verlusten wieder rentabel werden. Aber die geringfügigen Gewinne, die der Sender seitdem erzielt hat, waren nur möglich, weil der französische Staat in den Jahren 1993 und 1994 zusätzliches Kapital zugeführt hat. Das Argument der französischen Behörden, dass die Kapitalerhöhungen zugunsten von France 2 als eine normale marktwirtschaftliche Investition anzusehen seien, ist somit hinfällig.

(53)

Die Kommission ist der Ansicht, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Investor France 2 keine derartigen Kapitalerhöhungen gewährt hätte, wie dies der französische Staat in den Jahren 1991, 1993 und 1994 getan hat. Diese Kapitalerhöhungen stellen daher einen Vorteil für France 2 dar, der außerdem noch selektiv ist, da France 2 als einziger Fernsehsender in den Genuss einer solchen Kapitalzufuhr gekommen ist.

(54)

Darüber hinaus muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen für den Vorteil auch im Hinblick auf die Gesamtheit der Bedingungen gegeben sind, die vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Urteil Altmark gestellt werden (9). Diese Voraussetzungen sind:

Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein;

die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wurde, sind zuvor objektiv und transparent festzustellen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt;

der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten, die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstehen, ganz oder teilweise zu decken. Dabei müssen die Einnahmen, die in diesem Zusammenhang erzielt werden, sowie ein angemessener Gewinn berücksichtigt werden;

wenn die Wahl des Unternehmens nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, ist die Höhe des Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes und entsprechend ausgestattetes Unternehmen bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen hätte. Dabei müssen die Einnahmen, die in diesem Zusammenhang erzielt werden, sowie ein angemessener Gewinn berücksichtigt werden.

(55)

Die Kommission ist der Ansicht, dass in diesem Fall die zweite Bedingung, die im Urteil Altmark gestellt wird, nicht erfüllt ist. Die Investitionszuschüsse und die Kapitalerhöhungen sind Maßnahmen zur gezielten Unterstützung der beiden Sender. Sie wurden gewährt, um France 2 und France 3 in die Lage zu versetzen, gegen die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation vorgehen zu können. Diese Mittel wurden erst im nach hinein gewährt und mit dem Ziel, unvorhergesehene Schwierigkeiten zu bewältigen. Es handelt sich also nicht um Finanzmittel, bei denen die Parameter bereits vorher objektiv und auf transparente Weise festgelegt worden waren.

(56)

Außerdem stellt die Kommission, was die vierte im Urteil Altmark genannte Bedingung betrifft, fest, dass die Fernsehanstalten, die mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut wurden, nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgewählt wurden. Darüber hinaus wurde die Höhe des finanziellen Ausgleichs, der den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern gewährt wurde, nicht anhand einer Analyse der Kosten festgesetzt, die einem durchschnittlichen, gut geführten und entsprechend ausgestatteten Unternehmen bei der Erfüllung dieser Verpflichtungen entstanden wären.

(57)

Da die Bedingungen, die in dem Urteil Altmark gestellt werden, nicht alle erfüllt sind, stellt die Kommission fest, dass die Beihilfen und die Kapitalerhöhungen, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, für France 2 und France 3 eine einseitige Begünstigung im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen.

(58)

Darüber hinaus wird in der Rechtsprechung des Gerichtshofs grundsätzlich (10) jede staatliche Beihilfe, welche die Position eines Unternehmens gegenüber anderen Unternehmen, die mit ihm im Wettbewerb stehen, im innergemeinschaftlichen Handel verstärkt, als wettbewerbsverzerrend angesehen. 1988 — dem Jahr, ab dem die Prüfung der Kommission in dieser Angelegenheit beginnt — war der audiovisuelle Sektor in Frankreich bereits für den Wettbewerb geöffnet. France 2 und France 3 standen im Wettbewerb mit anderen Fernsehsendern, und der finanzielle Vorteil, der ihnen durch die Beihilfemaßnahmen, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, zugute kam, hat sie ohne Zweifel in die Lage versetzt, ihre Stellung gegenüber ihren Konkurrenten aufrechtzuerhalten oder zu verstärken. Die Finanzhilfen, die ihnen gewährt wurden, haben also zu einer Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag geführt.

C.   Kriterium Nr. 3: Beeinträchtigung des Handels

(59)

Finanzielle Maßnahmen des Staates sind nur dann staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag, wenn sie tatsächlich oder potenziell den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Verstärkt eine von einem Mitgliedstaat gewährte Finanzhilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, muss dieser als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden (11). Der Gerichtshof hat den Begriff der Beeinträchtigung des Handels in der Vergangenheit stets in weitem Sinne ausgelegt. So schließt die Tatsache, dass das betreffende Unternehmen selbst nicht an Ausfuhren beteiligt ist, nicht aus, dass der Handel beeinträchtigt wird. Wenn ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, dann kann dies in der Tat zur Folge haben, dass die Position dieses Unternehmens auf dem Binnenmarkt gestärkt wird. Dies wiederum verringert die Chancen der Unternehmen anderer Mitgliedstaaten, sich auf diesem Markt zu etablieren. Die Beihilfe ermöglicht es also den begünstigten Unternehmen, einen Teil des Marktes zu behalten, den Konkurrenten aus anderen Mitgliedstaaten sich sonst hätten aneignen können (12).

(60)

Im Lichte dieser Rechtsprechung wird in der Mitteilung erklärt: „Generell ist davon auszugehen, dass eine staatliche Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Dies gilt klar für den — häufig international abgewickelten — Erwerb und Verkauf von Programmrechten. Auch die Werbung — für diejenigen öffentlich-rechtlichen Anstalten, die Sendeplatz für Werbung verkaufen dürfen — hat eine grenzüberschreitende Wirkung, vor allem in grenznahen Gebieten, in denen beiderseits der Landesgrenze dieselbe Sprache gesprochen wird. Außerdem kann sich die Eigentumsstruktur kommerzieller Rundfunksender auf mehr als einen Mitgliedstaat erstrecken.“ (13)

(61)

In ihrer Anordnung zur Erteilung von Auskünften (14) und im Verfahrenseinleitungsbeschluss hat die Kommission die Frage der Auswirkungen auf den Handel ausführlich erörtert. Der Markt für den Erwerb von Rundfunk- und Fernsehrechten und für den Verkauf von Programmen ist ein internationaler Markt, auch wenn diese Rechte und Programme in der Regel für einen geografisch begrenzten Markt erworben werden. Die finanziellen Mittel, die France 2 und France 3 gewährt wurden, haben den beiden Sendern zusätzliche Möglichkeiten für den Erwerb von Rundfunk- und Fernsehrechten und für die Investition in Programme an die Hand gegeben, die anschließend verkauft wurden. Außerdem haben die in Frage stehenden Beihilfen France 2 und France 3 in eine günstigere Position versetzt als ihre Konkurrenten in der Gemeinschaft und die Chancen dieser Konkurrenten, auf dem französischen Markt Fuß zu fassen, entsprechend verringert. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass während eines Teils des Zeitraums, der in dieser Entscheidung geprüft wird, eine Mediengruppe, die in mehreren Mitgliedstaaten aktiv war, Aktionär des französischen Senders la Cinq war, der 1992 in Konkurs gegangen ist.

(62)

Die Beihilfen und die Kapitalerhöhungen zugunsten von France 2 und France 3 haben demnach sehr wohl den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag beeinträchtigt.

(63)

Aus all diesen Überlegungen muss geschlossen werden, dass die Zuschüsse, welche die französischen Behörden France 2 und France 3 gewährt haben, sowie die Kapitalerhöhungen zugunsten von France 2 in den Jahren 1988 bis 1994 staatliche Beihilfen im Sinne des Vertrags darstellen.

VI.   BEWERTUNG DES KRITERIUMS EINER DIENSTLEISTUNG VON ALLGEMEINEM WIRTSCHAFTLICHEM INTERESSE

(64)

Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag besagt: „Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften dieses Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.“

(65)

Gängiger Rechtsprechung zufolge stellt Artikel 86 EG-Vertrag für die Unternehmen, die mit der Erfüllung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut wurden, eine Ausnahme vom Verbot staatlicher Beihilfen dar (15). Das Urteil Altmark bestätigt implizit, dass eine staatliche Beihilfe, die als Ausgleich für die Mehrkosten gewährt wird, die einem Unternehmen im Zusammenhang mit der Erfüllung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse entstehen, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden kann, sofern die Voraussetzungen in Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag erfüllt sind.

(66)

Nach gängiger Rechtsprechung (16) stellt Artikel 86 EG-Vertrag eine Ausnahmevorschrift dar, die eng auszulegen ist. Der Gerichtshof hat präzisiert, dass eine Maßnahme alle folgenden Voraussetzungen erfüllen muss, um unter diese Ausnahmeregelung zu fallen:

die betreffende Dienstleistung muss von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sein und von dem Mitgliedstaat klar als solche definiert sein;

das betreffende Unternehmen muss von dem Mitgliedstaat ausdrücklich mit der genannten Dienstleistung beauftragt worden sein;

die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften des EG-Vertrags muss die Erfüllung der besonderen Aufgabe, die dem Unternehmen übertragen wurde, rechtlich oder faktisch behindern, und die Freistellung von dieser Regel darf die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigen, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwider läuft.

(67)

Die Mitteilung legt die Grundsätze und Methoden fest, an denen die Kommission sich bei der Überwachung der Einhaltung dieser Voraussetzung im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks orientiert. Die Kommission muss daher feststellen, ob:

die Tätigkeit der Fernsehsender France 2 und France 3 eine öffentlich-rechtliche Aufgabe darstellt und ob der öffentlich-rechtliche Auftrag klar und präzise definiert ist (Definition);

France 2 und France 3 durch eine offizielle Rechtshandlung mit diesem öffentlich-rechtlichen Auftrag betraut wurden (Beauftragung und Überwachung);

der finanzielle Ausgleich für diese Aufgabe im Verhältnis zu den Nettokosten steht, die dem Unternehmen im Zusammenhang mit der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags entstehen (Verhältnismäßigkeit).

(68)

Im Rahmen ihrer Analyse muss die Kommission auch den Inhalt des Protokolls berücksichtigen. Das Protokoll erinnert daran, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk „unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus in den Medien zu wahren“. Es legt im Einzelnen fest, dass es Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, „den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient, und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist.“

A.   Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags von France 2 und France 3

(69)

Nach dem Protokoll und der Mitteilung fällt die Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Mitteilung erklärt: „In Anbetracht des besonderen Charakters der Rundfunkbranche und angesichts der auslegenden Bestimmungen des Protokolls kann eine breit gefasste“ Definition, bei der ein bestimmter Sender damit betraut wird, ein ausgewogenes und breit gefächertes Programm in Einklang mit seinem Auftrag anzubieten und dabei gewisse Einschaltquoten zu gewährleisten, als legitim gemäß Artikel 86 Absatz 2 betrachtet werden. Eine solche Definition entspräche dem Ziel, die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu decken und den Pluralismus zu wahren, einschließlich kultureller und sprachlicher Vielfalt (17). An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Kommission, was die Definition des öffentlich-rechtlichen Sendeauftrags für Rundfunkanstalten anbelangt, sich auf eine Überprüfung auf offensichtliche Fehler beschränkt (18).

(70)

Artikel 48 des französischen Gesetzes Nr. 86-1067 vom 30. September 1986 über die Kommunikationsfreiheit nimmt Bezug auf die „erzieherische, kulturelle und soziale Aufgabe“ der beiden Fernsehsender France 2 und France 3. In den Artikeln 54, 55 und 56 dieses Gesetzes wird eine Reihe von Aufgaben von France 2 oder France 3 definiert, zum Beispiel die Verpflichtung zur Wiedergabe von Regierungserklärungen, Parlamentsdebatten oder zur Ausstrahlung von Informationen über politische Organisationen und Parteien, Gewerkschafts- und Wirtschaftsorganisationen sowie über die wichtigsten Religionsgemeinschaften in Frankreich.

(71)

Der öffentlich-rechtliche Auftrag von France 2 und France 3 wird für jeden Sender in einem Pflichtenheft ausführlich dargelegt. Artikel 3 des Pflichtenheftes für France 2 vom 28. August 1987 schreibt vor, dass „die Fernsehanstalt sich bei der Entwicklung und Gestaltung ihrer Programme um eine Mischung aus Information, Kultur und Unterhaltung für alle gesellschaftlichen Gruppen bemühen muss, und zwar entsprechend dem kulturellen, erzieherischen und sozialen Auftrag, der ihr per Gesetz übertragen wurde“, dass sie ferner „insbesondere durch ihre Programmgestaltung zur Wahrung des Kulturguts beiträgt und dieses durch ihr Angebot an audiovisuellen Werken bereichert.“ Artikel 3 des Pflichtenheftes für France 3, das ebenfalls vom 28. August 1987 ist, ist in seinen ersten beiden Absätzen im Wortlaut identisch, wurde aber um einen weiteren Absatz ergänzt. Danach „ist die Anstalt bei der Entwicklung und Gestaltung ihrer Sendungen über das Geschehen in den Regionen bemüht, insbesondere den Informationen über die kulturellen, sozialen und berufsspezifischen Gemeinschaften und die unterschiedlichen Weltanschauungen Rechnung zu tragen“.

(72)

Anschließend folgt eine detaillierte Beschreibung dieses öffentlich-rechtlichen Auftrags in über zwanzig Artikeln: Berücksichtigung der Meinungsvielfalt; Wahrheitstreue, Unabhängigkeit und Informationsvielfalt; Anpassung an technologische Veränderungen; Angebot von Programmen für Gehörlose und Schwerhörige; Wiedergabe von Regierungsmitteilungen sowie der wichtigsten Debatten des Parlaments, Informationen über politische Organisationen, Gewerkschafts- und Wirtschaftsorganisationen sowie über die wichtigsten Religionsgemeinschaften in Frankreich; Ausstrahlung von Meldungen, die sich mit bedeutenden nationalen Ereignissen befassen, Informationen zur Verkehrssicherheit und Ausstrahlung von Sendungen über Verbraucherinformationen; Ausstrahlung von Sendungen mit erzieherischem und sozialem Inhalt; Verpflichtungen im Hinblick auf die Gestaltung und Ausstrahlung von Dokumentationssendungen, von Informationssendungen, von Sendungen in den Bereichen Theater, Musik, Tanz, Variété, Sport, Sendungen für Kinder und Jugendliche und Romanverfilmungen.

(73)

Die Pflichtenhefte für France 2 und France 3 vom 16. September 1994, welche die Pflichtenhefte von 1987 ersetzen, bestätigen diesen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Im Vorwort des Pflichtenheftes wird erklärt, dass „die nationalen Fernsehanstalten (France 2 und France 3) das Fernsehen für die Allgemeinheit darstellen. Sie sind bemüht, mit ihrem Programmangebot möglichst viele Zuschauer zu erreichen. Gleichzeitig sind sie jedoch auch verpflichtet, ihren besonderen Charakter durch ein spezielles Programmangebot zu unterstreichen, das sich an vier zentralen Kriterien orientiert:

In Wahrnehmung ihres kulturellen, erzieherischen und sozialen Auftrags, der ihnen gesetzlich übertragen wurde, sorgen die Sender für die Vermittlung von Information und Kultur sowie die Darbietung von Unterhaltung unter Wahrung der Menschenwürde;

sie gewährleisten Programmvielfalt, indem sie ein möglichst breites Themenspektrum abdecken und alle Zuschauergruppen angemessen berücksichtigen;

ihr Programmangebot zeichnet sich vor allem, was Kultursendungen und Programme für Jugendliche anbelangt, durch Vielfalt und Reichhaltigkeit aus;

sie bemühen sich besonders um innovative Fernsehproduktionen; dabei achten sie auf sprachlich anspruchsvolle Werke und legen besonderes Gewicht auf original französische Produktionen, die sich um die Wahrung des französischen Kulturguts bemühen.

Die nationalen Fernsehanstalten sind demnach berufen, ein Hort für Ethik, Qualität und Kreativität zu sein. Sie fühlen sich in ihren Sendungen bestimmten sittlichen Werten verpflichtet. Die Beachtung, die sie ihren Zuschauern entgegenbringen, entspringt mehr der Achtung gegenüber der Öffentlichkeit als einem kommerziellen Interesseℌ. Das Vorwort des Pflichtenheftes für France 2 beschreibt den Sender anschließend als „den einzigen Sender, der ausschließlich alle Bereiche der Öffentlichkeit abdeckt.“ Seine Berufung sei, „durch ein vielfältiges und ausgewogenes Programmspektrum eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.“ Im Vorwort des Pflichtenheftes für France 3 ist zu lesen, dass dieser Sender „seine besondere Berufung als regionaler und lokaler Sender“ bekräftigt und in erster Linie „dezentralisierte Informationen bietet und über regionale Ereignisse berichtet“. Wie im Pflichtenheft vom 28. August 1987 wird auch hier der Inhalt des öffentlich-rechtlichen Auftrags in über zwanzig Artikeln ausführlich beschrieben.

(74)

Die Kommission ist der Auffassung, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag, mit dem France 2 und France 3 betraut wurden, eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag darstellt. Dieser öffentlich-rechtliche Auftrag ist klar definiert und legitim, da er den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der französischen Gesellschaft dient und gleichzeitig den Pluralismus wahrt, einschließlich der kulturellen und sprachlichen Vielfalt im Sinne des Protokolls. Die Kommission stellt außerdem fest, dass dieser öffentlich-rechtliche Auftrag auch die Planung und Ausstrahlung aller Programme von France 2 und France 3 umfasst. Die öffentlich-rechtliche Tätigkeit der beiden Anstalten besteht also in der Planung und Ausstrahlung aller ihrer Programme. Natürlich sind einige öffentlich-rechtliche Aufgaben allgemeiner bzw. eher qualitativer Art, aber die Kommission hält mit Blick auf die Auslegungsbestimmungen des Protokolls diese breit gefasste Definition für gerechtfertigt. Die Kommission ist abschließend der Auffassung, dass diese Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags keinen offensichtlichen Fehler aufweist.

(75)

Die Pflichtenhefte für die beiden öffentlich-rechtlichen Sender enthalten auch Bestimmungen in Bezug auf die Quote der „original französischen“ Kinofilme und audiovisuellen Werke sowie die Finanzierung von Koproduktionen von Kinofilmen. Es handelt sich dabei um Regelungen, die für alle Fernsehsender gelten, deren Programme terrestrisch verbreitet werden. Da diese Vorgaben nicht in den Bereich fallen, der in dieser Entscheidung geprüft wird, hat dies keinen Einfluss auf die Untersuchung der Vorteile, die dem Bereich der audiovisuellen und der Kinofilmproduktion gewährt werden.

B.   Übertragung und Beaufsichtigung

(76)

Der öffentlich-rechtliche Auftrag wurde France 2 und France 3 durch eine offizielle Rechtshandlung übertragen, da er sich auf das Gesetz Nr. 86-1067 sowie auf das Pflichtenheft vom 28. August 1987 und vom 16. September 1994 stützt. Diese Pflichtenhefte wurden per Dekret vom Premierminister angenommen. Sie sehen vor, dass bestimmte Verpflichtungen jährlich durch konkrete Bestimmungen präzisiert werden. Die Pflichtenhefte vom 16. September 1994 sehen darüber hinaus vor, dass die Verpflichtungen und die Grundsätze, die sie enthalten, gegebenenfalls in den so genannten „Zielverträgen“, die zwischen dem Staat und den Fernsehanstalten geschlossen werden, eingehend definiert werden.

(77)

Die französischen Behörden haben verschiedene Instrumente geschaffen, um zu prüfen, ob France 2 und France 3 ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachkommen. So müssen die beiden öffentlich-rechtlichen Sender jedes Jahr dem für Kommunikationsfragen zuständigen Minister und dem CSA einen Bericht vorlegen, in dem sie über die Erfüllung der Bestimmungen des Pflichtenheftes Rechenschaft ablegen. Der CSA veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht, in dem er die Einhaltung der Bestimmungen des Pflichtenheftes für beide Anstalten bewertet, und zwar Artikel für Artikel. Hat sich eine Anstalt eine schwere Verfehlung in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag zuschulden kommen lassen, wendet sich der CSA öffentlich an den Verwaltungsrat des Senders.

(78)

Außerdem wird der Haushalt der öffentlich-rechtlichen Sender nach Artikel 53 des Gesetzes Nr. 86-1067 vom Parlament verabschiedet, und zwar auf der Grundlage eines Berichts, der in beiden Kammern von einem Mitglied des Finanzausschusses erstellt wurde. Der Berichterstatter kann, wenn er dies für notwendig hält, eine Stellungnahme dazu abgeben, inwieweit die beiden Sender ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt haben.

(79)

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsrat jedes Senders aus zwölf Mitgliedern besteht, darunter zwei Abgeordnete, vier Vertreter des Staates und vier Sachverständige. Diese zehn Personen stehen in keiner Beziehung zu den Sendern und können daher unabhängig Stellung nehmen.

C.   Verhältnismäßigkeit der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags

a)   Bewertung der Ausgleichszahlungen, die der Staat den beiden Sendern für die Mehrkosten gewährt, die mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag verbunden sind

(80)

Die Kommission muss prüfen, ob die staatlichen Beihilfen zugunsten von France 2 und France 3 im Verhältnis zu den Kosten stehen, die den beiden Sendern aus ihrer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit erwachsen. Hierzu wird in der Mitteilung erklärt: „Um diese Prüfung zu bestehen, darf die staatliche Beihilfe jedoch die Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht überschreiten, wobei auch anderen direkten oder indirekten Einnahmen aus diesem öffentlich-rechtlichen Auftrag Rechnung zu tragen ist. Aus diesem Grund wird der Nettoerlös, den die öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten im Rahmen nicht öffentlich-rechtlicher Tätigkeiten einbringen, bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt“. (19)

(81)

Es wird darauf hingewiesen, dass die Kommission sich bei ihrer Prüfung auf die Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen (20) und auf die Verpflichtung zu einer getrennten Buchführung bezieht, die mit dieser Richtlinie eingeführt wurde. Allerdings fand diese Verpflichtung während des Zeitraums, auf den sich diese Entscheidung bezieht, auf den Fernsehsektor keine Anwendung.

(82)

Die Mitteilung schreibt den Mitgliedstaaten nicht vor, aus welchen Mitteln sie die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten finanzieren sollen. Frankreich hat sich für eine duale Finanzierung entschieden, bestehend aus öffentlichen Mitteln und Mitteln aus kommerzieller Tätigkeit. Die Mittel aus kommerzieller Tätigkeit werden nahezu vollständig über Einnahmen aus Werbung und Sponsoring erzielt. Die öffentliche Finanzierung für France 2 und France 3 erfolgt ausschließlich über Gebühren. Darüber hinaus haben France 2 und France 3 in den Jahren 1988 bis 1994 neben den Gebühren noch die Zuschüsse erhalten, die in den Tabellen 1 und 2 aufgeführt werden.

(83)

Die französischen Behörden haben France 2 darüber hinaus insgesamt drei Kapitalerhöhungen gewährt. In den Jahren 1988 bis 1991 waren die Verluste des Senders so groß, dass er 1991 nach Artikel 241 des französischen Gesetzes Nr. 66-537 vom 24. Juli 1966 gezwungen war, sein Gesellschaftskapital aufzustocken (und anschließend zu verringern), um einen großen Teil der Verluste zu decken und sein Eigenkapital auf die Hälfte des Gesellschaftskapitals zu erhöhen. Bei dieser Operation hat der französische Staat France 2 Kapital in Höhe von 500 Mio. FRF zugeschossen. Dank dieser Liquiditätszufuhr konnte zumindest kurzfristig der Fortbestand des Senders gesichert werden. Allerdings reichten die Mittel nicht aus, um dauerhaft ein Gleichgewicht zwischen den Eigenmitteln und der Verschuldung des Senders herzustellen. Der Staat musste daher in den Jahren 1993 und 1994 noch zwei weitere Kapitalerhöhungen in Höhe von insgesamt 410 Mio. FRF gewähren.

(84)

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit muss die Kommission untersuchen, ob die Gesamtheit der öffentlichen Mittel, die France 2 und France 3 in den Jahren 1988 bis 1994 erhalten haben — d. h. die staatlichen Beihilfen, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, aber auch die Gebühren und die Einrichtungszuschüsse — die Nettokosten der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit nicht übersteigt.

(85)

An dieser Stelle muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass die staatlichen Mittel, die France 2 und France 3 in dem Zeitraum 1988—1994 erhalten haben, unterschiedlich verbucht werden müssen. Die Gebühren dienen dazu, die jährlichen Belastungen auszugleichen, die den beiden Sendern aus ihrer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit erwachsen. Sie werden daher jährlich in den Ergebniskonten verbucht. Die Kapitalerhöhungen und die Zuschüsse werden dagegen in der Bilanz der Sender verbucht. Bei den Kapitalerhöhungen handelt es sich um außerordentliche Zuwendungen zu dem Zweck, die Verluste auszugleichen, die sich über mehrere Geschäftsjahre hinweg angesammelt haben. Ebenso ermöglichen die Investitions- und Einrichtungszuschüsse die Finanzierung von Investitionen, die über mehrere Jahre genutzt und abgeschrieben werden. Die Zuschüsse werden daher in den Ergebniskonten verbucht, und zwar über denselben Zeitraum wie die Abschreibungen. Da für die Berechnung der Ausgleichszahlungen unterschiedliche Buchungselemente herangezogen werden müssen — Bilanzelemente (Zuschüsse) und Elemente der Ergebniskonten (die Abschreibungen, die in den Gesamtkosten des Geschäftsjahres enthalten sind) —, muss bei der Prüfung ein mittel- bis langfristiger Zeitraum berücksichtigt werden, da es nur so möglich ist, festzustellen, ob die Beträge der Zuschüsse, die in den Ergebniskonten verbucht sind, und die Beträge der Zuschüsse, die in der Bilanz erfasst sind, übereinstimmen. Da das förmliche Prüfverfahren sich auf die Jahre 1988—1994 erstreckt, wird für die Berechnung auch von diesem Zeitraum ausgegangen.

(86)

France 2 und France 3 üben sowohl eine öffentlich-rechtliche als auch eine kommerzielle Tätigkeit aus. Dies gilt sowohl für die Sender selbst als auch für ihre Tochterunternehmen. Der Staat darf jedoch nur die Kosten für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Sender kompensieren, d. h. die gesamten Kosten, die für die Entwicklung und Verbreitung ihrer Programme erforderlich sind. Die Gesamtkosten umfassen natürlich nicht nur die Kosten für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit, sondern auch die Kosten für die nicht öffentlich-rechtliche Tätigkeit der beiden Sender. Die Nettokosten der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit jedes Senders erhält man, indem man von den Gesamtkosten alle Kosten für die nicht öffentlich-rechtliche Tätigkeit abzieht, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um Aktivitäten der Sender selbst oder von Tochterunternehmen handelt. Ebenfalls abgezogen werden müssen die Nettoerlöse aus diesen Tätigkeiten (im Wesentlichen Einnahmen aus Werbung und Sponsoring), wie in der Mitteilung vorgesehen. Wie aus Tabelle 4 ersichtlich wird, beliefen sich die Nettokosten für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit von France 2 für den untersuchten Zeitraum 1988 bis 1994 auf insgesamt 15,69 Mrd. FRF. Die Kosten von France 3 lagen bei 20,89 Mrd. FRF (21).

TABELLE 4

Ermittlung der Gesamtnettokosten im Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit im Zeitraum 1988—1994

(in Mrd. FRF)

 

France 2

France 3

Gesamtkosten

41,982

37,011

Kosten für die kommerzielle Tätigkeit

<15,2>

<11,74>

Nettoerlöse aus der kommerziellen Tätigkeit

<11,091>

<4,379>

Nettokosten der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit

15,691

20,892

(87)

Um festzustellen, ob die Ausgleichszahlungen des Staates die Kosten überstiegen haben, müssen die Nettokosten der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit mit den gesamten öffentlichen Mitteln verglichen werden, die den Sendern zugute kamen. Da die öffentlichen Mittel aus Zuwendungen bestehen, die unterschiedlich verbucht werden müssen — Gebühren auf der einen Seite, Zuschüsse und Kapitalerhöhungen auf der anderen Seite —, muss der Saldo Ausgleichszahlung für jede Art der öffentlichen Finanzierung getrennt berechnet werden. In den Jahren 1988—1994 haben France 2 und France 3 jeweils 12,12 bzw. 20,17 Mrd. FRF an Gebühren erhalten (22). Bewertet man die Zahlungen zunächst anhand der Ergebniskonten, so kommt man zu dem Schluss, dass die Ausgleichszahlungen, die France 2 und France 3 erhalten haben, insgesamt zu niedrig waren, nämlich 3,57 Mrd. FRF bzw. 718,6 Mio. FRF.

(88)

Diese zu niedrigen Ausgleichsbeträge müssen anschließend mit den zusätzlichen öffentlichen Mitteln verglichen werden, die in der Bilanz verbucht sind. Diese zusätzlichen Mittel bestehen zum einen aus Einrichtungszuschüssen, zum anderen aus Investitionszuschüssen, sonstigen Subventionen und Kapitalerhöhungen, die allesamt Gegenstand dieses Verfahrens sind. Insgesamt belaufen sich diese zusätzlichen öffentlichen Mittel für France 2 auf 1,91 Mrd. FRF und für France 3 auf 633,5 Mio. FRF. Nicht in die Nettokosten für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit einbezogen werden dürfen die Kapitalzuflüsse sowie Überziehungskredite, die Tochterunternehmen (die kommerzielle Tätigkeiten ausüben) den beiden öffentlich-rechtlichen Sendern eingeräumt haben und die nicht zurückgezahlt wurden (115,2 Mio. FRF für France 2 und 25,9 Mio. FRF für France 3).

(89)

Auch wenn man diese zusätzlichen Mittel berücksichtigt, haben France 2 und France 3 für den Zeitraum 1988—1994 offensichtlich zu geringe Ausgleichszahlungen erhalten. Diese zu niedrigen Beträge belaufen sich für France 2 auf 1,54 Mrd. FRF, für France 3 auf 59,2 Mio. FRF.

b)   Bewertung des Verhaltens von France 2 und France 3 beim Verkauf von Werbezeiten

(90)

Nach der Mitteilung muss die Kommission auch prüfen, ob es zu einer Wettbewerbsverzerrung gekommen ist, die nicht zwangsläufig durch die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags bedingt ist, zum Beispiel im Zusammenhang mit der kommerziellen Tätigkeit, die untrennbar mit der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit verbunden ist. Eine solche Wettbewerbsverzerrung würde dann vorliegen, wenn France 2 und France 3, deren niedrigere Einnahmen aus der nicht öffentlich-rechtlichen Tätigkeit durch staatliche Beihilfen ausgeglichen werden, versucht hätten, die Preise für die Werbung auf dem Markt zu drücken, um so die Einnahmen der Konkurrenz zu schmälern.

(91)

Genau diese Behauptung stellt TF1 in seiner Beschwerde auf. Der Sender behauptet, dass die beiden Fernsehanstalten France 2 und France 3 dank der staatlichen Beihilfen „im Gegensatz zu ihrer Konkurrenz ohne Rücksicht auf Rentabilitätszwänge operieren und so ihre Preise für Werbezeiten oder für Sponsoring künstlich niedrig halten können, um ihre Werbekunden nicht zu verlieren.“

(92)

Aus den Informationen, die der Kommission vorliegen, haben sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, die diese Behauptung stützen. Die unterschiedlichen Preise für Werbezeiten von TF1 und France 2/ France 3 sind nicht auf das kommerzielle Verhalten der beiden öffentlich-rechtlichen Sender zurückzuführen, sondern darauf, dass die Werbeblockreichweiten von TF1 wesentlich höher sind als die der öffentlich-rechtlichen Sender.

(93)

Auf dem Markt für Fernsehwerbung ist die werberelevante Zielgruppe der Hausfrauen unter 50 für Werbekunden am interessantesten. Gemessen werden die Einschaltquoten anhand des „Gross Rating Point“ (GRP, eine Messgröße für den Werbedruck). Diese Einheit bezeichnet die Zahl der Kontakte, die mit einer Werbekampagne im Durchschnitt bei 100 Personen einer Zielgruppe erreicht werden. Ein Kontakt gilt als hergestellt, wenn eine Person mindestens einmal von einer Werbeschaltung erreicht wurde.

(94)

Für ihre Werbeschaltungen suchen sich Kunden die Sendungen mit den höchsten Einschaltquoten aus, d. h. Sendungen, durch die die anvisierte Zielgruppe am besten erreicht werden kann. Daraus folgt: je höher die Reichweite, desto höher der Einheitspreis je Kontakt (GRP-Preis), den die Kunden bereit sind, zu zahlen. Das bedeutet, es gibt so etwas wie einen „Reichweitenbonus“.

(95)

Tabelle 6 gibt für jeden Sender die durchschnittlichen GRP-Werte und den durchschnittlichen GRP-Preis für den gesamten Tag für die anvisierte Zielgruppe der 15- bis 49-Jährigen an.

TABELLE 6 (23)

 

TF1

France 2

France 3

M6

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

1990

5,8

2 732

3

2 738

2,3

2 533

1,9

2 440

1991

5,3

2 649

2,6

2 488

2,1

2 463

1,9

2 239

1992

4,8

2 963

2,5

2 652

2

2 707

1,9

2 297

1993

4,7

2 829

2,4

2 595

1,7

2 785

1,9

2 481

1994

4,7

2 983

2,6

2 847

1,6

2 777

2

2 475

Quelle: MEDIAMETRIE/MEDIAMAT traitement POPCORN.

Da sich die Methode für die Berechnung des GRP 1989 geändert hat, können frühere Daten nicht für einen Vergleich herangezogen werden.

(96)

Tabelle 7 gibt für jeden Sender die durchschnittlichen GRP-Werte und den durchschnittlichen GRP-Preis für die Prime Time (19—22 Uhr) für die anvisierte Zielgruppe der 15- bis 49-Jährigen an.

TABELLE 7

 

TF1

France 2

France 3

M6

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

Mittl. GRP

GRP-Preis

(EUR)

1990

12,8

3 465

5,9

3 079

3,9

2 620

3,4

2 815

1991

12,1

3 536

6,1

3 103

4,1

2 607

3,8

2 454

1992

10,4

3 741

5,7

3 613

3,9

3 032

4,4

2 587

1993

10,7

3 512

5,9

3 378

3,4

3 150

3,9

3 084

1994

10,3

3 735

6

3 519

3,4

3 078

4,2

3 920

Quelle: MEDIAMETRIE/MEDIAMAT traitement POPCORN.

Da sich die Methode für die Berechnung des GRP 1989 geändert hat, können frühere Daten nicht für einen Vergleich herangezogen werden.

(97)

Ein wettbewerbsfeindliches Verhalten der öffentlich-rechtlichen Anstalten beim Verkauf von Werbezeiten wäre dann gegeben, wenn die GRP-Preise der öffentlich-rechtlichen Anstalten erheblich unter den Preisen der privaten Sender TF1 und M6 liegen würden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass höhere durchschnittliche GRP-Werte auch einen höheren GRP-Preis zur Folge haben — der so genannte „Reichweitenbonus“. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn man die Zahlen in den Tabellen 6 und 7 zugrunde legt. Es stimmt zwar, dass, wie TF1 betont, ihr GRP-Preis höher ist als der von France 2 oder von France 3, deren Preise wiederum über denen von M6 liegen. Aus den Tabellen geht ebenfalls hervor, dass die mittleren GRP-Werte von TF1 immer noch deutlich über denen von France 2 oder France 3 liegen. Von 1990 bis 1994 lagen die mittleren GRP-Werte von TF1 für den gesamten Tag zwischen 4,7 und 5,8, die von France 2 zwischen 2,4 und 3, die von France 3 zwischen 1,6 und 2,3 und die von M6 zwischen 1,9 und 2. Für die Prime Time lagen die mittleren GRP-Werte von TF1 zwischen 10,3 und 12,8, die von France 2 zwischen 5,7 und 6,1, die von France 3 zwischen 3,4 und 4,1 und die von M6 zwischen 3,4 und 4,4. Der Preisunterschied zwischen den GRP von TF1 und den beiden öffentlich-rechtlichen Anstalten ist jedoch nicht unverhältnismäßig hoch, wenn man ihn mit der Differenz zwischen den GRP-Preisen von TF1 und M6 vergleicht. Im Durchschnitt ergibt sich für die beiden untersuchten Sendezeiträume (gesamter Tag und Prime Time) ein Preisunterschied von 83 Euro je GRP-Einheit zwischen den GRP-Preisen von France 2, France 3 und M6 und dem GRP-Preis von TF1. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass France 2 und France 3 ihre Werbezeiten nicht zu künstlich niedrigen Preisen verkauft haben.

(98)

Zur Veranschaulichung werden die GRP-Preise und die mittleren GRP-Werte der einzelnen Fernsehanstalten, wie sie sich aus den Tabellen 6 und 7 ergeben, in den unten stehenden Grafiken dargestellt. Dabei wird zwischen dem Tagesdurchschnitt und der Prime Time unterschieden. Die begrenzte Zahl der Punkte für jeden Sender (fünf) und deren schwache Verteilung ermöglichen es, alle fünf Jahre und die vier Sender in einer einzigen Grafik darzustellen.

Image

Image

(99)

Die beiden Grafiken zeigen, dass eine positive Korrelation zwischen den durchschnittlichen GRP-Werten und dem GRP-Preis besteht. Dies ist ein weiteres Indiz für das Vorhandensein eines „Reichweitenbonus“: Ein Fernsehsender mit höheren GRP-Werten hat auch einen höheren GRP-Preis. Diese Korrelation wird in der Grafik sichtbar, und zwar anhand der linearen Regressionsgerade für den Zusammenhang zwischen dem GRP-Preis und den durchschnittlichen GRP-Werten. In dieser Gerade wird das „durchschnittliche“ Verhältnis zwischen dem GRP-Preis und den GRP-Werten für alle Anstalten über den untersuchten Zeitraum sichtbar. Außerdem geht aus diesen beiden Grafiken hervor, dass die Preise von France 2 und France 3 nicht wesentlich niedriger sind als die Preise von TF1 und M6, wenn man die Wirkung des „Reichweitenbonus“ berücksichtigt. In der Tat liegen die wenigen Punkte, die bei den Sendern France 2 und France 3 unterhalb der Regressionsgerade liegen, sehr nahe an den Punkten der übrigen Sender. Außerdem lässt sich feststellen, dass einige Preise von France 3 höher sind als die von M6, und das bei einem nahezu gleichen GRP.

(100)

Daraus ergibt sich, dass die Preise für Werbesendungen von France 2 und France 3 in den Jahren 1990 bis 1994 nicht wesentlich niedriger waren als die Preise von TF1 und M6. Der höhere Preis der Werbezeiten von TF1 erklärt sich durch die höhere Reichweite und nicht durch das kommerzielle Verhalten der öffentlich-rechtlichen Anstalten. Der französische Wettbewerbsrat ist im Übrigen in einer Entscheidung des Jahres 2001 zum Verkauf von TV-Werbeblöcken zu demselben Schluss gelangt (24).

(101)

Die Kommission stellt abschließend fest, dass zum einen die öffentlichen Mittel, die France 2 und France 3 in dem Zeitraum 1988—1994 gewährt wurden, unter den Kosten liegen, die den Sendern im Zusammenhang mit ihrer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit entstanden sind. Zum anderen, dass es keinerlei Anhaltspunkte gibt für ein wettbewerbsfeindliches Verhalten der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten beim Verkauf von Werbezeiten. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die staatliche Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Tätigkeit von France 2 und France 3 dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit entspricht.

(102)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass die drei Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmevorschrift gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag erfüllt sind.

VII.   SCHLUSSFOLGERUNG

(103)

Nach Abschluss ihrer Untersuchung ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die staatlichen Beihilfen, die Gegenstand dieses förmlichen Prüfverfahrens sind, mit dem Gemeinsamen Markt gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag vereinbar sind —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Investitionszuschüsse, die France 2 und France 3 vom französischen Staat erhalten haben, und die Kapitalerhöhungen, die von 1988 bis 1994 zugunsten von France 2 vorgenommen wurden, stellen staatliche Beihilfen dar, die nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 10. Dezember 2003

Für die Kommission

Mario MONTI

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 340 vom 27.11.1999, S. 57.

(2)  Um Missverständnissen vorzubeugen, ist in dieser Entscheidung nur von „France 2“ und „France 3“ die Rede. Im September 1992 wurden die beiden Sender „Antenne 2“ und „France Régions 3“ in „France 2“ bzw. „France 3“ umbenannt.

(3)  Urteil vom 3. Juni 1999 in der Rechtssache T-17/96, TF1/Kommission, Slg. 1999, S. II-1757.

(4)  Siehe Fußnote 1.

(5)  ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5.

(6)  Bei einigen Angaben sind Abweichungen gegenüber den Zahlen festzustellen, die im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens aufgeführt wurden. Diese Abweichungen ergeben sich aus den Informationen, die von den französischen Behörden im Laufe des Verfahrens geliefert wurden.

(7)  Bei einigen Angaben sind Abweichungen gegenüber den Zahlen festzustellen, die im Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens aufgeführt wurden. Diese Abweichungen ergeben sich aus den Informationen, die von den französischen Behörden im Laufe des Verfahrens geliefert wurden.

(8)  ABl. C 368 vom 23.12.1994, S. 12.

(9)  Urteil vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg/ Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, noch nicht veröffentlicht.

(10)  Siehe das Urteil vom 17. September 1980 in der Rechtssache C-730/79, Philip Morris Holland BV/Kommission, Slg. 1980, S. 2671, und das Urteil vom 11. November 1987 in der Rechtssache C-259/85, Frankreich/Kommission, Slg. 1987, S. 4393.

(11)  Siehe das vorgenannte Urteil Philip Morris.

(12)  Siehe insbesondere das Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 1988 in der Rechtssache 102/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1988, S. 4067 und das Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991 in der Rechtssache C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, S. I-1433.

(13)  Punkt 18 der Mitteilung.

(14)  Siehe Erwägungsgrund 15.

(15)  Urteil des Gerichtshofs vom 27. Februar 1997 in der Rechtssache T 106-95, FFSA und andere/Kommission, Slg. 1997, S. II-229.

(16)  Siehe das vorgenannte Urteil FFSA.

(17)  Punkt 33 der Mitteilung.

(18)  Punkt 36 der Mitteilung.

(19)  Punkt 57 der Mitteilung.

(20)  ABl. L 195 vom 27.7.1980, S. 35. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2000/52/EG (ABl. L 193 vom 29.7.2000, S. 75).

(21)  Diese Zahlen wie auch alle folgenden Zahlen wurden gerundet.

(22)  Diese Zahlen enthalten sowohl die Gebühren als auch die Beträge, die den Sendern vom Staat als Ausgleich für sozial begründete Gebührenbefreiungen erstattet wurden.

(23)  Die Daten stammen aus einer Tabelle, die von den französischen Behörden in ihrem Schreiben vom 2. Januar 2003 zur Verfügung gestellt wurde.

Quelle: MEDIAMETRIE/MEDIAMAT traitement POPCORN.

Da sich die Methode für die Berechnung des GRP 1989 geändert hat, können frühere Daten nicht für einen Vergleich herangezogen werden.

(24)  Décision nr 00-D-67 du 13 février 2001 relatives à des pratiques constatées dans le secteur de la vente d’espaces publicitaires visuels (Entscheidung der französischen Wettbewerbsbehörde über Praktiken auf dem Markt für Fernsehwerbung)


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