EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 92001E001299

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-1299/01 von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission. Schutz von Natur und Umwelt in Polen während der Vorbereitung des Beitritts zur Europäischen Union.

ABl. C 40E vom 14.2.2002, p. 31–33 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

European Parliament's website

92001E1299

SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-1299/01 von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission. Schutz von Natur und Umwelt in Polen während der Vorbereitung des Beitritts zur Europäischen Union.

Amtsblatt Nr. 040 E vom 14/02/2002 S. 0031 - 0033


SCHRIFTLICHE ANFRAGE E-1299/01

von Erik Meijer (GUE/NGL) an die Kommission

(3. Mai 2001)

Betrifft: Schutz von Natur und Umwelt in Polen während der Vorbereitung des Beitritts zur Europäischen Union

1. Wie lässt sich verhindern, dass in Polen und anderen Beitrittsländern sinnvolles geltendes Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Natur, Umwelt und Tieren verwässert wird unter Berufung auf möglicherweise weniger strenge Bestimmungen, die die Europäische Union als Mindestnormen aufstellt?

2. Wie lässt sich eine Lösung für das Problem finden, dass Polen die Wölfe in Naturschutzgebieten der Karpaten schützt, während dieselben Wölfe nach Ueberquerung der Staatsgrenze im angrenzenden slowakischen Naturschutzgebiet abgeschossen werden?

3. Wie kann die Europäische Union zur Überwindung des Stillstands beitragen, der kürzlich eingetreten ist bei der Einstufung des gesamten, 62 500 ha umfassenden polnischen Teils des ehemaligen kaiserlichen Jagdgebietes zwischen Hajnówka (Woiwodschaft Podlachien) und der Grenze zu Weißrussland - das gegenwärtig als staatseigene Holzgewinnungsfläche genutzt wird - als Teil des dort gelegenen Nationalparks Bialowieza?

4. Wie lässt sich verhindern, dass Polen im Vorfeld des Beitritts zur Europäischen Union Untersuchungen und Erörterungen über mögliche Alternativen, die Konsultation beteiligter Kreise und die Prüfung der Vereinbarkeit mit Richtlinien der Europäischen Union wo immer möglich vermeidet und dass durch eine resolute Einleitung des Baus neuer Staudämme in der Weichsel, und möglicherweise auch der Oder bei Liegnitz, naturbelassene Ufergebiete mit wertvoller Flora und Fauna zerstört werden?

5. Teilt die Kommission den Standpunkt der polnischen Regierung, dass der vorhandene Staudamm in der Weichsel bei Wloclawek innerhalb von neun Jahren einbrechen wird und deshalb aus Sicherheitsgründen bald abgerissen, erneuert oder durch ein völlig neues Wasserbausystem ersetzt werden muss? Hat sie eine Vorstellung, welche Lösung in diesem Fall vorzuziehen ist und wie man dieser Lösung am ehesten Aussicht auf Verwirklichung geben kann?

6. Welche Möglichkeiten gibt es, bereits im Vorfeld des Beitritts Polens zur EU die nichtstaatlichen Organisationen im Bereich Natur- und Umweltschutz in Polen zusätzlich zu stärken durch Zuschüsse, die mit den aus dem Umwelthaushalt für Organisationen in den jetzigen Mitgliedstaaten bereitgestellten Zuschüssen vergleichbar sind und die nicht davon abhängen, dass mit Organisationen in Mitgliedstaaten ein Kooperationsverbund für ein gesamteuropäisches Projekt gebildet wird?

Antwort von Herrn Verheugen im Namen der Kommission

(24. Juli 2001)

1. Zum Zeitpunkt des Beitritts haben die neuen Mitglieder die Anforderungen der Umweltrichtlinien der Gemeinschaft zu erfuellen. Im Allgemeinen führen diese zu einer deutlichen Anhebung des Umweltschutzniveaus in den Beitrittsländern, da sie erheblich strenger sind als die nationalen Vorschriften. Es trifft zu, dass Gemeinschaftsrichtlinien häufig Mindeststandards setzen. In diesem Fall können die Beitrittsländer ihre Standards beibehalten oder strengere Vorschriften einführen, solange diese nach Form und Inhalt mit Artikel (ex-Artikel 100a) bzw. 176 (ex-Artikel 130t) EG-Vertrag in Einklang stehen. Der Kommission ist nicht bekannt, dass ein Beitrittsland zur Anpassung an die Gemeinschaftsrichtlinien eine Entschärfung seiner Umweltstandards beschlossen hätte. Die Beitrittsländer neigen vielmehr dazu, Standards, die strenger sind als die der Gemeinschaftsrichtlinien beizubehalten, da dies häufig nötig ist, um die besonderen Umweltprobleme dieser Länder zu bekämpfen.

2. Die Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen(1) schützt die Wölfe. Ebenso tut dies das Übereinkommen von Bern, demzufolge günstige Bedingungen für den Bestandserhalt von Wölfen sicherzustellen sind. Die Slowakische Republik ist Vertragspartei des Berner Übereinkommens. Allerdings gelten in den Mitgliedstaaten geographische Einschränkungen. Daher ist diese Frage mit der Slowakischen Republik im Rahmen der Beitrittsverhandlungen zur Sprache zu bringen. Wenn die Slowakische Republik in diesem Teil der Karpaten keinen vollständigen Schutz der Wölfe gewährleisten will, muss sie das solide und wissenschaftlich aufgrund der Größe des Wolfbestands rechtfertigen.

3. Die Beitrittsländer sind nicht verpflichtet, vor ihrem Beitritt im Rahmen der Gemeinschaftsvorschriften Schutzgebiete auszuweisen. Dennoch legt ihnen die Kommission mit Nachdruck nahe, die Gemeinschaftsrichtlinien insbesondere im Bereich Naturschutz einzuhalten. Was den Nationalpark Bialowieza betrifft, so ist der Kommission bekannt, dass der polnische Premierminister dessen Erweiterung vorgeschlagen hat und sie verfolgt aufmerksam diese Angelegenheit. Der Wald von Bialowieza hat als einer der letzten unberührten Laubwälder Europas besonderen Wert für den Naturschutz. Derzeit fällt der Beschluss über die Erweiterung des Naturparks in die Zuständigkeit Polens. Mit dem Beitritt hat Polen eine Liste mit Gebieten vorzulegen, die als Gebiete mit Bedeutung für die Gemeinschaft in Betracht kommen. Auf dieser Grundlage findet das Verfahren im Rahmen der Artikel 4 und 5 der Richtlinie 92/43/EWG Anwendung, d. h. die Kommission bewertet die Vorschläge und erstellt im Einvernehmen mit Polen den Entwurf einer Liste mit Gebieten von Bedeutung für die Gemeinschaft. Ist die Kommission in Ausnahmefällen der Auffassung, dass die Liste ein wichtiges Gebiet auslässt, wird ein bilaterales Konsultationsverfahren eingeleitet; kann kein Übereinkommen erzielt werden, trifft der Rat die Entscheidung mit Einstimmigkeit.

4. und 5. Im Einklang mit der Agenda 2000 und den Schlussfolgerungen des Rates vom 24. September 1988 über die Beitrittsstrategien im Umweltbereich ist die Kommission der Ansicht, dass alle neuen Instrumente in den Beitrittsländern mit den EU-Umweltvorschriften in Einklang stehen sollten. Das schließt insbesondere die ordentliche Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen ein und die Achtung von Vorschriften, die den gemeinschaftlichen Naturschutzvorschriften ähneln.

Die Kommission hat Polen aufgefordert, Naturgebiete von besonderem Interesse auszuweisen, um sie in das Natura 2000 Netzwerk aufzunehmen und die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten(2) (nachstehend Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtline) umzusetzen und anzuwenden. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass Polen kürzlich ein Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verabschiedet hat, mit dem offiziellen polnischen Angaben zufolge die Richtlinie vollständig umgesetzt wird.

Der Kommission liegen nicht genügend Informationen vor, um zum Staudamm von Wloclawek und der künftigen Wasserregulierung an der Weichsel Stellung zu nehmen. Allerdings verfolgt sie die Vorschläge über die Errichtung von Staudämmen an Weichsel und Oder genau. Die Umweltkommissarin hat diese Frage bei zahlreichen Gelegenheiten mit der polnischen Regierung zur Sprache gebracht und Polen im Einklang mit den oben genannten Grundsätzen empfohlen, für diese Staudämme eine den Gemeinschaftsvorschriften ähnliche Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wobei sie hervorhob, dass dies die Prüfung aller Alternativen einschließen sollte.

6. Die Kommission hat mit im Umweltbereich tätigen Nichtregierungsorganisationen (NRO) aus den Beitrittsländern gute und regelmäßige Kontakte geknüpft und unterstützt deren Tätigkeit. Zweimal jährlich wird mit NROs aus dem Umweltbereich ein informeller Dialog veranstaltet. Um den Beitrittsprozess im Umweltbereich offener zu gestalten, werden in diesem Rahmen die NROs über den Stand des Erweiterungsprozesses unterrichtet und können ihre Ansichten zum Ausdruck bringen. Der NRO-Dialog fand vom 23./24. April 2001 statt.

Im Rahmen des Programms Access, das in den Beitrittsländern die Zivilgesellschaft in den Bereichen Umwelt und soziale und wirtschaftliche Entwicklung stärken soll, unterstützt die Gemeinschaft Umwelt-NROs in einigen Beitrittsländern direkt. Ferner hat sie die Initiative ergriffen, eine Zuschussregelung aufzustellen, um die Kapazitäten der Umwelt-NROs im Beitrittsprozess auszubauen und ermöglicht deren Unterstützung über die neu eingerichtete REAP-Fazilität.

Darüber hinaus werden die Umweltrichtlinien der Gemeinschaft in den Beitrittsländern für eine erheblich bessere Einbindung der Öffentlichkeit, darunter auch der NROs, sorgen. Das ist bereits in mehreren Vorschriften des Umwelt-Acquis vorgesehen. Bekannte Beispiele hierfür liefern die Richtlinien über die Umweltverträglichkeitsprüfung, den Zugang zu Informationen(3), der Rahmen zur Luftqualität(4) und der Ordnungsrahmen im Bereich der Wasserpolitik(5). Infolge der Anpassung der Beitrittsländer an die Gemeinschaftsrichtlinien haben die Zivilgesellschaft und insbesondere die NROs bereits verstärkt Einblick in die Entscheidungen erhalten. Dies wird weiter ausgebaut, sobald die Gemeinschaftsrichtlinien vollständig umgesetzt sind.

(1) ABl. L 206 vom 22.7.1992.

(2) ABl. L 73 vom 14.3.1997.

(3) Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABl. L 158 vom 23.6.1990.

(4) Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der tqualität, ABl. L 296 vom 21.11.1996.

(5) Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. L 327 vom 22.12.2000.

Top