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Document 62018CJ0376

    Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 12. Dezember 2019.
    Slovenské elektrárne a.s. gegen Úrad pre vybrané hospodárske subjekty, anciennement Daňový úrad pre vybrané daňové subjekty.
    Vorabentscheidungsersuchen des Najvyšší súd Slovenskej republiky.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Zulässigkeit – Gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt – Richtlinie 2009/72/EG – Geltungsbereich – Art. 3 – Ziele – Diskriminierungsverbot – Sonderabgabe auf die Einkünfte von Unternehmen, die Inhaber einer Genehmigung für die Ausübung von Tätigkeiten in regulierten Sektoren sind – Elektrizitätssektor.
    Rechtssache C-376/18.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:1068

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

    12. Dezember 2019 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Zulässigkeit – Gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt – Richtlinie 2009/72/EG – Geltungsbereich – Art. 3 – Ziele – Diskriminierungsverbot – Sonderabgabe auf die Einkünfte von Unternehmen, die Inhaber einer Genehmigung für die Ausübung von Tätigkeiten in regulierten Sektoren sind – Elektrizitätssektor“

    In der Rechtssache C‑376/18

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik) mit Entscheidung vom 31. Mai 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2018, in dem Verfahren

    Slovenské elektrárne a.s.

    gegen

    Úrad pre vybrané hospodárske subjekty, vormals Daňový úrad pre vybrané daňové subjekty

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter I. Jarukaitis, E. Juhász, M. Ilešič und C. Lycourgos (Berichterstatter),

    Generalanwalt: E. Tanchev,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der Slovenské elektrárne a.s., vertreten durch R. Prekop, advokát,

    der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lindenthal und O. Beynet als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55).

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Slovenské elektrárne a.s. und dem Úrad pre vybrané hospodárske subjekty, vormals Daňový úrad pre vybrané daňové subjekty (Steuerverwaltung für bestimmte Steuerpflichtige, Slowakei, im Folgenden: Steuerverwaltung), über die Rechtmäßigkeit einer nationalen Steuerregelung, mit der eine Sonderabgabe auf die Einkünfte von Unternehmen eingeführt wird, die Inhaber einer Genehmigung zur Ausübung einer Tätigkeit in regulierten Sektoren wie dem Elektrizitätssektor sind (im Folgenden: regulierte Personen).

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    3

    Die Erwägungsgründe 1, 3 bis 5 und 7 der Richtlinie 2009/72 lauten:

    „(1)

    Der Elektrizitätsbinnenmarkt, der seit 1999 in der [Union] schrittweise geschaffen wird, soll allen privaten und gewerblichen Verbrauchern in der Europäischen Union eine echte Wahl ermöglichen, neue Geschäftschancen für die Unternehmen eröffnen sowie den grenzüberschreitenden Handel fördern und auf diese Weise Effizienzgewinne, wettbewerbsfähige Preise und höhere Dienstleistungsstandards bewirken und zu mehr Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit beitragen.

    (3)

    Die Freiheiten, die der Vertrag den Bürgern der Union garantiert – unter anderem der freie Warenverkehr, die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr, sind nur in einem vollständig geöffneten Markt erreichbar, der allen Verbrauchern die freie Wahl ihrer Lieferanten und allen Anbietern die freie Belieferung ihrer Kunden gestattet.

    (4)

    … Insbesondere gibt es noch nicht in allen Mitgliedstaaten einen nichtdiskriminierenden Netzzugang und eine gleichermaßen wirksame Regulierungsaufsicht.

    (5)

    Eine gesicherte Stromversorgung ist für das Entstehen einer europäischen Gesellschaft, die Umsetzung einer nachhaltigen Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels und die Förderung des Wettbewerbs auf dem Binnenmarkt von entscheidender Bedeutung. …

    (7)

    In der Mitteilung der Kommission vom 10. Januar 2007 [an den Europäischen Rat und das Europäische Parlament (KOM[2007] 1 endgültig) mit dem Titel ‚Eine Energiepolitik für Europa‘ wurde dargelegt, wie wichtig es ist, den Elektrizitätsbinnenmarkt zu vollenden und für alle in der [Union] niedergelassenen Elektrizitätsunternehmen gleiche Bedingungen zu schaffen. …“

    4

    In Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) dieser Richtlinie heißt es:

    „Mit dieser Richtlinie werden gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, ‑übertragung, ‑verteilung und ‑versorgung sowie Vorschriften im Bereich des Verbraucherschutzes erlassen, um in der [Union] für die Verbesserung und Integration von durch Wettbewerb geprägten Strommärkten zu sorgen. Sie regelt die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätssektors, den freien Marktzugang, die Kriterien und Verfahren für Ausschreibungen und die Vergabe von Genehmigungen sowie den Betrieb der Netze. Darüber hinaus werden in der Richtlinie die Verpflichtungen zur Gewährleistung der Grundversorgung und die Rechte der Stromverbraucher festgelegt und die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften klargestellt.“

    5

    Art. 3 („Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und Schutz der Kunden“) dieser Richtlinie sieht vor:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten entsprechend ihrem institutionellen Aufbau und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, dass Elektrizitätsunternehmen unbeschadet des Absatzes 2 nach den in dieser Richtlinie festgelegten Grundsätzen und im Hinblick auf die Errichtung eines wettbewerbsbestimmten, sicheren und unter ökologischen Aspekten nachhaltigen Elektrizitätsmarkts betrieben werden und dass diese Unternehmen hinsichtlich der Rechte und Pflichten nicht diskriminiert werden.

    (2)   Die Mitgliedstaaten können unter uneingeschränkter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen des Vertrags, insbesondere des Artikels 86, den Elektrizitätsunternehmen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse Verpflichtungen auferlegen, die sich auf Sicherheit, einschließlich Versorgungssicherheit, Regelmäßigkeit, Qualität und Preis der Versorgung sowie Umweltschutz, einschließlich Energieeffizienz, Energie aus erneuerbaren Quellen und Klimaschutz, beziehen können. Solche Verpflichtungen müssen klar festgelegt, transparent, nichtdiskriminierend und überprüfbar sein und den gleichberechtigten Zugang von Elektrizitätsunternehmen der [Union] zu den nationalen Verbrauchern sicherstellen. …

    (3)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass alle Haushalts-Kunden und, soweit die Mitgliedstaaten dies für angezeigt halten, Kleinunternehmen … in ihrem Hoheitsgebiet über eine Grundversorgung verfügen, also das Recht auf Versorgung mit Elektrizität einer bestimmten Qualität zu angemessenen, leicht und eindeutig vergleichbaren und transparenten und nichtdiskriminierenden Preisen haben. Zur Gewährleistung der Bereitstellung der Grundversorgung können die Mitgliedstaaten einen Versorger letzter Instanz benennen. …

    (10)   Die Mitgliedstaaten ergreifen Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts sowie des Umweltschutzes, wozu gegebenenfalls auch Energieeffizienz-/Nachfragesteuerungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Klimaveränderungen und Maßnahmen für Versorgungssicherheit gehören. Diese Maßnahmen können insbesondere die Schaffung geeigneter wirtschaftlicher Anreize für den Aufbau und den Erhalt der erforderlichen Netzinfrastruktur einschließlich der Verbindungsleitungskapazitäten gegebenenfalls unter Einsatz aller auf einzelstaatlicher Ebene oder auf [Union]sebene vorhandenen Instrumente umfassen.

    …“

    Slowakisches Recht

    6

    Der Zákon č. 235/2012 Z.z. o osobitnom odvode z podnikania v regulovaných odvetviach a o zmene a doplnení niektorých zákonov, v znení neskorších predpisov (Gesetz Nr. 235/2012 über eine besondere Abgabe von Unternehmen in regulierten Wirtschaftszweigen und über die Änderung und Ergänzung bestimmter Gesetze in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung) vom 26. Juli 2012 (Nr. 60/2012 Z.z., im Folgenden: Gesetz Nr. 235/2012) führt eine Sonderabgabe auf die Einkünfte bestimmter Unternehmen ein, die in regulierten Sektoren wie dem Elektrizitätssektor tätig sind (im Folgenden: Sonderabgabe).

    7

    Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass dieses Gesetz seiner Begründung zufolge bezweckt, „eine gerechtere Verteilung der zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise unternommenen Anstrengungen zu erreichen, aber auch, zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums den effizienten Einsatz der Ressourcen zu gewährleisten und damit eine Verbesserung der steuerlichen Basis zu ermöglichen, aufgrund deren die öffentliche Hand ihre Einnahmen erzielt“.

    8

    In § 3 Abs. 1, 3 und 4 dieses Gesetzes heißt es:

    „(1)   Eine regulierte juristische Person ist eine juristische Person oder Organisationseinheit einer ausländischen juristischen Person,

    a)

    die berechtigt ist, ihre Tätigkeit auszuüben im Bereich:

    1.

    der Energie aufgrund einer von der Behörde für die Regulierung netzgebundener Wirtschaftszweige gemäß einer besonderen Vorschrift erteilten Genehmigung …;

    11.

    in einem der in den Nrn. 1 bis 10 genannten Bereiche aufgrund einer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union [oder] in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums erteilten Genehmigung und …

    b)

    die davon ausgeht, dass ihre Einkünfte aus der Tätigkeit in einem Bereich nach Buchst. a in dem Geschäftsjahr, in dem ihr die Berechtigung erteilt war, eine Tätigkeit nach Buchst. a auszuüben, mindestens 50 % der Gesamteinkünfte dieses Geschäftsjahrs ausmachen. …

    (3)   Eine Person oder Organisationseinheit einer ausländischen juristischen Person, die zur Ausübung der Tätigkeit nach Abs. 1 Buchst. a berechtigt ist, ist für alle Abgabenzeiträume des Geschäftsjahrs, in dem ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit mindestens 50 % der Einkünfte dieses Geschäftsjahrs ausmachen, und zwar selbst dann, wenn sie nicht davon ausgegangen ist, dass ihre Einkünfte aus der Tätigkeit in dem Sektor nach Abs. 1 Buchst. a für dieses Geschäftsjahr mindestens 50 % der Gesamteinkünfte dieses Geschäftsjahrs erreichen oder wenn die Einkünfte aus dieser Tätigkeit für das Geschäftsjahr nach § 13 Abs. 1 nicht mindestens 50 % der Gesamteinkünfte dieses Geschäftsjahrs erreichen, eine regulierte Person; diesen Umstand muss die regulierte Person der Abgabenverwaltung spätestens innerhalb der Frist für die Einreichung der Steuererklärung mitteilen.

    (4)   Wenn eine Person oder Organisationseinheit einer ausländischen Person eine regulierte Person war, so verliert sie diese Eigenschaft auch dann nicht, wenn ihre Einkünfte aus der Tätigkeit im Sektor nach Abs. 1 Buchst. a für das Geschäftsjahr, in dem sie zur Ausübung der Tätigkeit nach Abs. 1 Buchst. a berechtigt ist, nicht 50 % der Gesamteinkünfte dieses Geschäftsjahrs erreichen.“

    9

    § 12 Abs. 6 desselben Gesetzes bestimmt:

    „Die Zahlung der Abgabe darf nicht zur Rechtfertigung einer Erhöhung des in besonderen Vorschriften … festgelegten regulierten Preises dienen, und die erhobene Abgabe wird nicht als Kostenpunkt angesehen, der bei der Berechnung des regulierten Preises berücksichtigt werden kann.“

    10

    § 13 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 235/2012 sieht vor:

    „Die Person oder Organisationseinheit einer ausländischen Person, die am 1. September 2012 zur Ausübung einer in § 3 Abs. 1 Buchst. a genannten Tätigkeit berechtigt ist und deren Einkünfte aus der Tätigkeit im Sektor nach § 3 Abs. 1 Buchst. a für das Geschäftsjahr vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes mindestens 50 % der Gesamteinkünfte dieses Geschäftsjahrs erreichten, wird als regulierte Person im Sinne dieses Gesetzes angesehen. Für diese regulierte Person entsteht die Pflicht zur Zahlung der Abgabe ab dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf die Abgabe entsteht, d. h. ab September 2012, wenn ihr in dem Geschäftsjahr vor Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes erzieltes Ergebnis mindestens die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Abgabe nach § 4 Abs. 2 erreicht hat. Als Geschäftsjahr im Sinne der vorstehenden Sätze wird das dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes unmittelbar vorausgehende Geschäftsjahr verstanden, in dem die Verpflichtung entstanden ist, einen ordnungsgemäßen Jahresabschluss zu erstellen und ihn zusammen mit der Steuererklärung … in einer Frist einzureichen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ablief. …“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    11

    Slovenské elektrárne ist ein slowakisches reguliertes Unternehmen, das elektrischen Strom liefert und zu diesem Zweck über eine Genehmigung verfügt, die von der Behörde für die Regulierung netzgebundener Wirtschaftszweige erteilt wurde (im Folgenden: Genehmigung).

    12

    In Anwendung des Gesetzes Nr. 235/2012 erließ die Steuerverwaltung einen Steuerbescheid über die von dieser Gesellschaft für das Steuerjahr 2015 geschuldeten Pflichtabgaben, darunter die Sonderabgabe, in Höhe von 11298797,52 Euro.

    13

    Slovenské elektrárne focht diesen Steuerbescheid beim Krajský súd v Bratislave (Regionalgericht Bratislava, Slowakei) an, u. a. mit der Begründung, dass die nationale Regelung, auf der dieser Bescheid beruhe, nicht mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Die Steuerverwaltung erwiderte u. a., aus der Begründung des Gesetzes Nr. 235/2012 gehe hervor, dass sein Ziel darin bestehe, eine gerechte und effiziente Verteilung der Lasten aus der Wirtschafts- und Finanzkrise zu erreichen, zu verhindern, dass sich das Defizit der öffentlichen Finanzen verschlechtere, und so die vorgeschriebene Grenze von 3 % des Bruttoinlandsprodukts einzuhalten sowie Unternehmen, die in regulierten Wirtschaftszweigen tätig seien, einen Beitrag zur Gesundung der öffentlichen Finanzen leisten zu lassen.

    14

    Mit Urteil vom 9. Februar 2017 hob der Krajský súd v Bratislave (Regionalgericht Bratislava) den Steuerbescheid u. a. mit der Begründung auf, dass die Steuerverwaltung die Rüge der Slovenské elektrárne, die nationale Regelung sei mit dem Unionsrecht unvereinbar, nicht hinreichend berücksichtigt habe.

    15

    Das vorlegende Gericht, der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberster Gerichtshof der Slowakischen Republik), bei dem eine Kassationsbeschwerde gegen dieses Urteil anhängig ist, fragt sich, ob die Sonderabgabe mit der Richtlinie 2009/72 vereinbar ist.

    16

    Insoweit ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen und den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen, dass diese Abgabe für regulierte Personen gilt, wie insbesondere Stromversorger, die Inhaber einer Genehmigung sind und die aus der regulierten Tätigkeit mindestens 50 % ihrer gesamten Einkünfte erzielen oder zu erzielen hoffen. Die regulierten Personen umfassen sowohl Personen mit steuerlichem Sitz in der Slowakei (im Folgenden: nationale regulierte Personen) als auch regulierte Personen mit steuerlichem Sitz im Ausland (im Folgenden: ausländische regulierte Personen), wobei die zweite Gruppe die im Ausland niedergelassenen regulierten Personen umfasst, die aufgrund der ihnen in ihrem Herkunftsstaat erteilten Genehmigung für die Ausübung einer Tätigkeit über eine Genehmigung verfügen (sogenanntes Passverfahren). Während Erstere der Sonderabgabe auf die Einkünfte aus ihren Tätigkeiten sowohl in der Slowakei als auch im Ausland unterlägen, unterlägen Letztere ihr nur in Bezug auf die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit in der Slowakei. Jede regulierte Person unterliege jedoch der Sonderabgabe für ein bestimmtes Jahr nur dann, wenn ihr Betriebsergebnis für das betreffende Geschäftsjahr einen Betrag von mindestens 3000000 Euro erreicht habe.

    17

    Das vorlegende Gericht fragt sich als Erstes, ob die Sonderabgabe insofern gegen das mit der Richtlinie 2009/72 verfolgte Ziel verstößt, als sie ein Hindernis für die Entwicklung eines vollständig wettbewerbsbestimmten und durch Wettbewerb geprägten Elektrizitätsmarkts darstellt. Erstens wirke sich diese Abgabe nämlich auf die Freiheit der betroffenen regulierten Personen aus, für die Elektrizitätsversorgung auf ausländischen Märkten einen vollständig wettbewerbsfähigen Preis festzusetzen, und beeinträchtige daher den Wettbewerb auf diesen Märkten. Zweitens belaste diese Abgabe nicht nur die Einkünfte der betroffenen regulierten Personen aus der regulierten Tätigkeit, für die sie eine Genehmigung erhalten hätten, sondern auch die Einkünfte, die diese Personen aus anderen Tätigkeiten erzielten. Daher sei diese Abgabe geeignet, neue Elektrizitätslieferanten vom Zugang zum slowakischen und zu ausländischen Elektrizitätsmärkten abzuhalten. Drittens könne die Sonderabgabe Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der nationalen regulierten Personen auf ausländischen Märkten haben, da sie diese Abgabe, anders als ausländische regulierte Personen, auf die Einkünfte entrichten müssten, die sie auf diesen Märkten erzielten. Schließlich weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass ein Antrag auf Widerruf der Genehmigung die einzige Möglichkeit für eine regulierte Person sei, dieser Abgabe zu entgehen.

    18

    Als Zweites fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Sonderabgabe unter die Maßnahmen fallen kann, die die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 2, 3 und 10 der Richtlinie 2009/72 erlassen können, obwohl diese Abgabe keine Maßnahme zur Bekämpfung von Klimaveränderungen oder zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit darstelle und auch nicht zur Erreichung eines anderen mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels diene. Selbst wenn davon ausgegangen werden könne, dass diese Abgabe das Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts verfolge, blieben zudem Zweifel an ihrer Verhältnismäßigkeit im Sinne dieser Richtlinie, da die Abgabe erstens die Einkünfte der regulierten Personen auch aus ihren Tätigkeiten im Ausland belaste, zweitens für die regulierten Personen allein aus dem Grund gelte, dass sie Inhaber einer Genehmigung seien, und drittens das Gesetz Nr. 235/2012 über die Einführung der Sonderabgabe die Möglichkeit für die betroffene Person ausschließe, die Abgabe auf den Endkunden abzuwälzen.

    19

    Als Drittes fragt sich das vorlegende Gericht, ob das Gesetz Nr. 235/2012 mit dem Transparenzgebot, dem Diskriminierungsverbot und dem Grundsatz des gleichberechtigten Zugangs der Elektrizitätsunternehmen der Union zu den nationalen Verbrauchern vereinbar ist, die in Art. 3 der Richtlinie 2009/72 genannt sind. Hervorzuheben sei hierzu, dass es unmöglich sei, zu prüfen, ob die Sonderabgabe es ermögliche, das mit dem Gesetz Nr. 235/2012 verfolgte Ziel zu verwirklichen, und ob seine Anwendung ohne zeitliche Beschränkung zu diesem Zweck erforderlich sei. Außerdem fragt sich das vorlegende Gericht, ob dieses Gesetz gegen das Diskriminierungsverbot verstößt, da nationale regulierte Personen nach einer höheren Bemessungsgrundlage als ausländische regulierte Unternehmen belastet würden.

    20

    Unter diesen Umständen hat der Najvyšší súd Slovenskej republiky (Oberstes Gericht der Slowakischen Republik) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist die Richtlinie 2009/72 dahin auszulegen, dass ihrem Ziel und insbesondere ihrem Art. 3 eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende widerspricht, mit der eine besondere Maßnahme in Gestalt einer Pflichtabgabe für regulierte juristische Personen, einschließlich Inhabern einer von der zuständigen Regulierungsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats erteilten Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung, eingeführt wurde, wobei die Abgabe entsprechend dem wirtschaftlichen Ergebnis der Personen nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch aus dem aus ihren im Ausland ausgeübten Tätigkeiten erzielten Ergebnis festgelegt wird; eine Regelung, die

    i)

    die Freiheit der regulierten Personen, einen uneingeschränkt wettbewerbsbestimmten Preis für die Lieferung von Elektrizität auf ausländischen Märkten festzusetzen, und somit auch den Prozess der Entstehung eines Wettbewerbs auf diesen Märkten beeinflusst;

    ii)

    die Wettbewerbsfähigkeit der regulierten Personen im Verhältnis zu ausländischen Lieferanten, die Elektrizitätslieferungen auf dem slowakischen Markt erbringen, schwächt, wenn beide auch auf einem bestimmten ausländischen Markt Elektrizität liefern, da die Elektrizitätslieferung durch den ausländischen Lieferanten im Ausland nicht mit einer solchen Pflichtabgabe belastet wird;

    iii)

    neue Wettbewerber vom Zugang zum Markt der Elektrizitätslieferung in der Slowakei und im Ausland abhält, weil eine solche Pflichtabgabe auch ihre Einkünfte aus nicht regulierten Tätigkeiten belasten würde, und zwar auch dann, wenn sie später für einen bestimmten Zeitraum über eine Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung verfügen, ihre Einkünfte aus Elektrizitätslieferungen sich aber auf null belaufen;

    iv)

    slowakische regulierte Personen dazu zwingen kann, bei der Regulierungsbehörde einen Antrag auf Aufhebung ihrer Genehmigung zu stellen, bzw. ausländische Elektrizitätslieferanten dazu, einen Antrag auf Aufhebung der von der Regulierungsbehörde ihres Herkunftsmitgliedstaats erteilten Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung zu stellen, weil eine Aufhebung der Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung der einzige Weg ist, durch den sich eine Person nach der einschlägigen Regelung vom Status einer regulierten Person befreien kann, wenn diese Person nicht will, dass auch die Einkünfte aus ihren anderen Tätigkeiten belastet werden?

    2.

    Ist die Richtlinie 2009/72 dahin auszulegen, dass unter die Gruppe von Maßnahmen, deren Erlass diese Richtlinie dem Mitgliedstaat erlaubt, auch wenn sie dem Ziel dieser Richtlinie zuwiderlaufen, nicht eine besondere Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende fällt, die in einer Pflichtabgabe für regulierte Personen, einschließlich Inhabern einer von der Regulierungsbehörde erteilten Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung, besteht, wobei die Abgabe entsprechend dem wirtschaftlichen Ergebnis der Personen, einschließlich ihres aus ihren im Ausland ausgeübten Tätigkeiten erzielten wirtschaftlichen Ergebnisses, festgelegt wird, wenn die fragliche Maßnahme weder ein Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels noch ein Mittel der Versorgungssicherheit oder ein Mittel zur Verwirklichung eines anderen von der Richtlinie 2009/72 verfolgten Ziels darstellt?

    3.

    Ist die Richtlinie 2009/72 dahin auszulegen, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der eine besondere Maßnahme in Gestalt einer Pflichtabgabe für regulierte Personen, einschließlich Inhabern einer von der zuständigen Regulierungsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats erteilten Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung, eingeführt wird, wobei die Abgabe entsprechend dem wirtschaftlichen Ergebnis der Personen, einschließlich ihres aus ihren im Ausland ausgeübten Tätigkeiten erzielten wirtschaftlichen Ergebnisses, festgelegt wird, weder die Anforderungen der Transparenz noch die der Gleichbehandlung oder des gleichberechtigten Zugangs zu den Kunden nach Art. 3 dieser Richtlinie erfüllt, da sie eine regulierte Person und deren im Ausland erzielte Einkünfte (aus der Lieferung von Elektrizität oder aus anderen Tätigkeiten) belastet, wohingegen bei einem Inhaber einer Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung auf der Grundlage einer in seinem Herkunftsmitgliedstaat erteilten „Pass“-Genehmigung nur die in der Slowakei erzielten Einkünfte belastet werden?

    Zu den Vorlagefragen

    Zur Zulässigkeit

    21

    Die slowakische Regierung und die Europäische Kommission stellen die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens in Abrede.

    22

    Die slowakische Regierung macht im Wesentlichen geltend, das vorlegende Gericht bestimme den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen nicht hinreichend genau und lege nicht die besonderen Gründe dar, die es veranlasst hätten, sich Fragen zur Auslegung des Unionsrechts zu stellen.

    23

    Die Kommission ist ferner der Ansicht, die Richtlinie 2009/72 sei für die Beantwortung der Vorlagefragen nicht relevant und ihre Auslegung daher für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erforderlich. Insoweit weist sie darauf hin, dass die Sonderabgabe nicht nur regulierte Personen im Energiesektor, sondern auch in anderen Sektoren betreffe. Die Abgabe gelte daher nicht für die Lieferung von Elektrizität als solche, sondern belaste das Gesamtergebnis des betreffenden Unternehmens. Im Übrigen sei diese Abgabe keine Maßnahme, mit der bezweckt werde, die Tätigkeit der Stromversorger zu regeln, sondern habe den Charakter einer allgemeinen steuerlichen Maßnahme, die zum Staatshaushalt beitrage.

    24

    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof darf die Entscheidung über ein Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen sowie für das Verständnis der Gründe erforderlich sind, aus denen das nationale Gericht der Ansicht ist, dass die Beantwortung dieser Fragen erforderlich ist, um den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheiden zu können (Urteil vom 5. September 2019, Pohotovosť, C‑331/18, EU:C:2019:665, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    25

    Da die Vorlageentscheidung jedoch als Grundlage des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof nach Art. 267 AEUV dient, ist es unerlässlich, dass das nationale Gericht darin den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Ausgangsverfahrens darlegt und ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Vorschriften des Unionsrechts, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Vorschriften und der auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit anzuwendenden nationalen Regelung herstellt. Diese kumulativen Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens sind ausdrücklich in Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgeführt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. März 2017, Milkova, C‑406/15, EU:C:2017:198, Rn. 72 und 73 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    26

    Was erstens das Erfordernis in Art. 94 Buchst. a der Verfahrensordnung angeht, wonach das vorlegende Gericht den Streitgegenstand und den maßgeblichen Sachverhalt angeben muss, ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall im Vorabentscheidungsersuchen dargelegt wird, dass der Ausgangsrechtsstreit die Rechtmäßigkeit des an Slovenské elektrárne gerichteten Steuerbescheids betrifft, insbesondere weil die nationalen Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage dieser Bescheid ergangen ist, nicht mit der Richtlinie 2009/72 vereinbar seien. Diesbezüglich macht das vorlegende Gericht die erforderlichen Angaben zu den relevanten Tatsachen dieses Rechtsstreits.

    27

    Zweitens erfüllt dieses Ersuchen das Erfordernis in Art. 94 Buchst. b der Verfahrensordnung, indem es den Wortlaut der möglicherweise im Ausgangsverfahren anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften angibt, d. h. der Vorschriften des Gesetzes Nr. 235/2012.

    28

    Drittens ist zu dem in Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung genannten Erfordernis betreffend zum einen die Gründe, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bezüglich der Auslegung der Richtlinie 2009/72 hat, und zum anderen den Zusammenhang, den es zwischen dieser Richtlinie und dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Recht herstellt, festzustellen, dass das vorlegende Gericht seine eigene Beurteilung der Fragen, die es zur Auslegung dieser Richtlinie und insbesondere ihres Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 10 hat, sowie des Zusammenhangs darlegt, den es zwischen diesen Vorschriften und dem genannten nationalen Recht herstellt. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich nämlich, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob das Gesetz Nr. 235/2012, das die Sonderabgabe vorschreibt, die in diesen Vorschriften des Unionsrechts vorgesehenen Verpflichtungen und Grundsätze einhält.

    29

    Was schließlich das Vorbringen der Kommission angeht, genügt der Hinweis, dass der Einwand der Unanwendbarkeit einer Bestimmung des Unionsrechts auf das Ausgangsverfahren nicht die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens, sondern den Inhalt der Fragen betrifft, wenn nicht offensichtlich ist, dass die Auslegung dieser Bestimmung in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens steht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2019, Kirschstein, C‑393/17, EU:C:2019:563, Rn. 28).

    30

    Aus den vorstehenden Erwägungen folgt daher, dass das Vorabentscheidungsersuchen zulässig ist.

    Zur Beantwortung der Fragen

    31

    Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 2009/72 und insbesondere deren Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 10 sowie das Diskriminierungsverbot dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, mit der auf Einkünfte aus Tätigkeiten im In- und Ausland von Unternehmen, die auf der Grundlage einer behördlichen Genehmigung in verschiedenen regulierten Sektoren tätig sind, einschließlich Unternehmen, die Inhaber einer von der zuständigen Regulierungsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats erteilten Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung sind, eine Sonderabgabe eingeführt wird.

    32

    Insoweit ergibt sich aus den Erwägungsgründen 3 bis 5 und 7 der Richtlinie 2009/72, dass diese im Wesentlichen darauf abzielt, einen offenen und durch Wettbewerb geprägten Elektrizitätsbinnenmarkt zu errichten, der den Verbrauchern die freie Wahl ihrer Lieferanten und den Anbietern die freie Belieferung ihrer Kunden gestattet, auf diesem Markt gleiche Bedingungen zu schaffen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und den Klimawandel zu bekämpfen.

    33

    So werden mit dieser Richtlinie gemäß ihrem Art. 1 gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, ‑übertragung, ‑verteilung und ‑versorgung sowie Vorschriften im Bereich des Verbraucherschutzes erlassen, um in der Union für die Verbesserung und Integration von durch Wettbewerb geprägten Strommärkten zu sorgen. Sie regelt die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätssektors, den freien Marktzugang, die Kriterien und Verfahren für Ausschreibungen und die Vergabe von Genehmigungen sowie den Betrieb der Netze. Darüber hinaus werden in der Richtlinie die Verpflichtungen zur Gewährleistung der Grundversorgung und die Rechte der Stromverbraucher festgelegt und die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften klargestellt.

    34

    Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/72 gewährleisten die Mitgliedstaaten entsprechend ihrem institutionellen Aufbau und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips, dass Elektrizitätsunternehmen unbeschadet des Art. 3 Abs. 2 nach den in dieser Richtlinie festgelegten Grundsätzen und im Hinblick auf die Errichtung eines wettbewerbsbestimmten, sicheren und unter ökologischen Aspekten nachhaltigen Elektrizitätsmarkts betrieben werden und dass diese Unternehmen hinsichtlich der Rechte und Pflichten nicht diskriminiert werden.

    35

    Außerdem zielt Art. 3 Abs. 2, 3 und 10 der Richtlinie 2009/72 im Wesentlichen darauf ab, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die Grundversorgung und die Maßnahmen des sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalts sowie des Umweltschutzes zu regeln, die die Mitgliedstaaten den Elektrizitätsunternehmen auferlegen können.

    36

    Was das Diskriminierungsverbot betrifft, das integraler Bestandteil der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts ist, so ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass dieses Verbot durch eine nationale Regelung zu beachten ist, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt oder das Unionsrecht durchführt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2019, UNESA u. a., C‑80/18 bis C‑83/18, EU:C:2019:934, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    37

    Im vorliegenden Fall ist – vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfung – festzustellen, dass das Gesetz Nr. 235/2012, mit dem die Sonderabgabe eingeführt wird, im Licht der Informationen, die im Vorabentscheidungsersuchen und in den dem Gerichtshof vorgelegten Akten enthalten sind, weder die Elektrizitätsversorgung regeln noch die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätsmarkts oder die Rechte der Verbraucher auf diesem Gebiet festlegen, noch die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften klarstellen soll.

    38

    Dagegen ergibt sich aus den Angaben sowohl in der Vorlageentscheidung als auch in den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen, dass die durch dieses Gesetz eingeführte Sonderabgabe ihrem Wesen nach eine allgemeine Steuer, und zwar eine direkte Steuer auf die Gesamteinkünfte der Unternehmen ist, die in den von ihr erfassten Wirtschaftszweigen tätig sind. Nach diesen Angaben verfolgt diese Abgabe nämlich erstens gemäß der Begründung des Gesetzes Nr. 235/2012 ein fiskalisches Ziel, um die Zunahme des Staatsdefizits zu verringern und die Wirtschaftskrise zu bekämpfen, zweitens gilt sie für Unternehmen, die in regulierten Sektoren tätig sind, also nicht nur im Energiesektor, sondern auch in vielen anderen Wirtschaftssektoren, und drittens wird sie nicht auf die Lieferung von Elektrizität als solche, sondern auf das Gesamtergebnis des betreffenden regulierten Unternehmens erhoben.

    39

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber, da es Ziel der Richtlinie 2009/72 ist, einen Elektrizitätsbinnenmarkt zu verwirklichen, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren angewandt hat, wie es in Art. 95 Abs. 1 EG für den Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben, vorgesehen war (Urteil vom 7. November 2019, UNESA u. a., C‑80/18 bis C‑83/18, EU:C:2019:934, Rn. 49).

    40

    Nach dem Wortlaut von Art. 95 Abs. 2 EG galt dessen Abs. 1 jedoch nicht für Bestimmungen über Steuern (Urteil vom 7. November 2019, UNESA u. a., C‑80/18 bis C‑83/18, EU:C:2019:934, Rn. 50).

    41

    Da die Richtlinie 2009/72 keine Maßnahme zur Angleichung der steuerlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten ist, finden folglich ihre Vorschriften, insbesondere ihr Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 10, keine Anwendung auf eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, mit der eine Sonderabgabe auf die Einkünfte der von dieser Regelung betroffenen Unternehmen eingeführt wird (vgl. entsprechend Urteil vom 7. November 2019, UNESA u. a., C‑80/18 bis C‑83/18, EU:C:2019:934, Rn. 51).

    42

    Da die Richtlinie 2009/72 die einzige Vorschrift des Unionsrechts ist, um deren Auslegung das vorlegende Gericht ersucht, und aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten nicht hervorgeht, dass auf den Ausgangsrechtsstreit eine andere Bestimmung des Unionsrechts anwendbar wäre, ist festzustellen, dass der Gerichtshof nach der in Rn. 36 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Sonderabgabe nicht am Maßstab des Diskriminierungsverbots prüfen darf.

    43

    Aus alledem ergibt sich daher, dass die Richtlinie 2009/72 und insbesondere deren Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 10 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, mit der auf Einkünfte aus Tätigkeiten im In- und Ausland von Unternehmen, die auf der Grundlage einer behördlichen Genehmigung in verschiedenen regulierten Sektoren tätig sind, einschließlich Unternehmen, die Inhaber einer von der zuständigen Regulierungsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats erteilten Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung sind, eine Sonderabgabe eingeführt wird.

    Kosten

    44

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

     

    Die Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG und insbesondere deren Art. 3 Abs. 1 bis 3 und 10 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, mit der auf Einkünfte aus Tätigkeiten im In- und Ausland von Unternehmen, die auf der Grundlage einer behördlichen Genehmigung in verschiedenen regulierten Sektoren tätig sind, einschließlich Unternehmen, die Inhaber einer von der zuständigen Regulierungsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats erteilten Genehmigung für die Elektrizitätsversorgung sind, eine Sonderabgabe eingeführt wird.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Slowakisch.

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