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Document 62018CC0383

Schlussanträge des Generalanwalts G. Hogan vom 23. Mai 2019.
Lexitor Sp. z o.o gegen Spółdzielcza Kasa Oszczędnościowo – Kredytowa im. Franciszka Stefczyka u. a.
Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Rejonowy Lublin-Wschód w Lublinie z siedzibą w Świdniku.
Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Verbraucherkreditverträge – Richtlinie 2008/48/EG – Art. 16 Abs. 1 – Vorzeitige Rückzahlung – Recht des Verbrauchers auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits, die sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet.
Rechtssache C-383/18.

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2019:451

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 23. Mai 2019 ( 1 )

Rechtssache C‑383/18

Lexitor sp. z o.o.

gegen

Spółdzielcza Kasa Oszczędnościowo – Kredytowa im. Franciszka Stefczyka z siedzibą w Gdyni,

Santander Consumer Bank S.A. z siedzibą we Wrocławiu,

mBank S.A. z siedzibą w Warszawie

(Vorabentscheidungsersuchen des Sąd Rejonowy Lublin-Wschód w Lublinie z siedzibą w Świdniku [Rayongericht Lublin-Ost in Lublin mit Sitz in Świdnik, Polen])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 2008/48/EG – Art. 16 Abs. 1 – Kreditverträge – Vorzeitige Rückzahlung – Recht des Verbrauchers auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits, die sich nach den für die verbleibende Laufzeit des Vertrags geschuldeten Zinsen und Kosten richtet“

1. 

Diese Rechtssache betrifft die Auslegung von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, und, Berichtigungen, ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46). Wie nachstehend ausgeführt ist die Bedeutung dieser Bestimmung – über das Recht des Verbrauchers, eine Ermäßigung der Kreditkosten zu verlangen, wenn er den aus einem Kreditvertrag geschuldeten Betrag ganz oder teilweise vorzeitig zurückgezahlt hat – zumindest in einigen Beziehungen unklar, was eine zufriedenstellende Auslegung nicht einfach macht. In der Tat könnte sich der Unionsgesetzgeber – möglicherweise aufgrund der durch diese Vorlage aufgeworfenen Fragen – veranlasst sehen, den Wortlaut dieser Bestimmung zu gegebener Zeit zu überprüfen.

2. 

Die Vorlage erfolgt im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zwischen der Lexitor sp. z o.o. (im Folgenden: Lexitor) und der Spółdzielcza Kasa Oszczędnościowo – Kredytowa im. Franciszka Stefczyka mit Sitz in Gdynia/Gdingen (im Folgenden: SKOK), der Santander Consumer Bank S.A. mit Sitz in Wrocław/Breslau (im Folgenden: Santander Consumer Bank) sowie der mBank S.A. mit Sitz in Warszawa/Warschau (im Folgenden: mBank) über die Anwendung zusätzlicher Gebühren und Zuschläge, wenn Verbraucher ihre Verbindlichkeiten aus Verbraucherkreditverträgen vorzeitig zurückzahlen.

3. 

Vor der Prüfung der Vorlagefrage sind zunächst die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2008/48 und des nationalen Rechts darzustellen.

I. Rechtlicher Rahmen

A.   Unionsrecht

1. Richtlinie 87/102

4.

Art. 8 der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. 1987, L 42, S. 48) lautete:

„Der Verbraucher ist berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag vorzeitig zu erfüllen. In diesem Fall kann der Verbraucher gemäß den von den Mitgliedstaaten festgelegten Regelungen eine angemessene Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits verlangen.“

5.

Die Richtlinie 87/102 wurde mit Wirkung vom 11. Juni 2010 durch die Richtlinie 2008/48 aufgehoben und ersetzt.

2. Richtlinie 2008/48

6.

Die Erwägungsgründe 7, 9, 10, 39 und 40 der Richtlinie 2008/48 lauten:

„(7)

Um die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten zu erleichtern, muss in einigen Schlüsselbereichen ein harmonisierter gemeinschaftsrechtlicher Rahmen geschaffen werden. Im Hinblick auf die permanente Weiterentwicklung des Marktes für Verbraucherkredite und die zunehmende Mobilität der europäischen Bürger kann ein zukunftsweisendes Gemeinschaftsrecht, das sich künftigen Kreditformen anpassen kann und das den Mitgliedstaaten einen angemessenen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung lässt, zu einem modernen Verbraucherkreditrecht beitragen.

(9)

Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Den Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen. Diese Einschränkung sollte jedoch nur in den Fällen gelten, in denen Vorschriften durch diese Richtlinie harmonisiert werden. Soweit es keine solchen harmonisierten Vorschriften gibt, sollte es den Mitgliedstaaten freigestellt bleiben, innerstaatliche Rechtsvorschriften beizubehalten oder einzuführen. …

(10)

Mit den Begriffsbestimmungen dieser Richtlinie wird der Bereich der Harmonisierung festgelegt. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Bestimmungen dieser Richtlinie sollte sich daher nur auf den durch diese Begriffsbestimmungen festgelegten Bereich erstrecken. …

(39)

Dem Verbraucher sollte gestattet werden, seine Verbindlichkeiten vor Ablauf der im Kreditvertrag vereinbarten Frist zu erfüllen. Im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung eines Teils oder der gesamten Kreditsumme sollte der Kreditgeber eine Entschädigung für die unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits zusammenhängenden Kosten verlangen können, wobei auch mögliche Einsparungen des Kreditgebers zu berücksichtigen sind. Bei der Festlegung der Berechnungsmethode für die Entschädigung müssen allerdings mehrere Grundsätze eingehalten werden. Die Berechnung der dem [Kreditgeber] geschuldeten Entschädigung sollte transparent sein und schon im vorvertraglichen Stadium und in jedem Fall während der Ausführung des Kreditvertrags für den Verbraucher verständlich sein. Darüber hinaus sollte die Berechnungsmethode für den Kreditgeber leicht anzuwenden sein und die Überprüfung der Entschädigung durch die zuständigen Aufsichtsbehörden erleichtert werden. Aus diesen Gründen und da Verbraucherkredite aufgrund ihrer Laufzeit und ihres Umfangs nicht über langfristige Finanzierungsmechanismen finanziert werden, sollte der Höchstbetrag der Entschädigung in Form eines Pauschalbetrags festgelegt werden. Dieser Ansatz spiegelt die Besonderheit von Verbraucherkrediten wider und greift möglichen anderen Ansätzen für andere, über langfristige Finanzierungsmechanismen finanzierte Kreditprodukte, wie beispielsweise festverzinsliche Hypothekendarlehen[,] nicht vor.

(40)

Die Mitgliedstaaten sollten das Recht haben, vorzusehen, dass ein Kreditgeber nur dann eine Entschädigung für vorzeitige Rückzahlung verlangen kann, wenn der Rückzahlungsbetrag innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums einen von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwert überschreitet. Bei der Festlegung dieses Schwellenwerts, der nicht höher als 10000 EUR sein sollte, sollten die Mitgliedstaaten beispielsweise das Durchschnittsvolumen der Verbraucherkredite in ihrem jeweiligen Markt mitberücksichtigen.“

7.

Art. 1 („Gegenstand“) der Richtlinie 2008/48 bestimmt:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge.“

8.

Nach Art. 2 Abs. 1 gilt die Richtlinie 2008/48 für Kreditverträge.

9.

Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2008/48 hat folgenden Wortlaut:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

c)

‚Kreditvertrag‘ einen Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht; ausgenommen sind Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet;

g)

‚Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher‘ sämtliche Kosten, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern und Kosten jeder Art – ausgenommen Notargebühren –, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind; Kosten für Nebenleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag, insbesondere Versicherungsprämien, sind ebenfalls enthalten, wenn der Abschluss des Vertrags über diese Nebenleistung eine zusätzliche zwingende Voraussetzung dafür ist, dass der Kredit überhaupt oder nach den vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt wird;

…“

10.

In Art. 10 („Zwingende Angaben in Kreditverträgen“) Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 heißt es:

„Im Kreditvertrag ist in klarer, prägnanter Form Folgendes anzugeben:

r)

das Recht auf vorzeitige Rückzahlung, das Verfahren bei vorzeitiger Rückzahlung und gegebenenfalls Informationen zum Anspruch des Kreditgebers auf Entschädigung sowie zur Art der Berechnung dieser Entschädigung;

…“

11.

Art. 16 („Vorzeitige Rückzahlung“) der Richtlinie 2008/48 lautet:

„(1)   Der Verbraucher ist berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag jederzeit ganz oder teilweise zu erfüllen. In solchen Fällen hat der Verbraucher das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits, die sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet.

(2)   Der Kreditgeber kann im Falle der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits eine angemessene und objektiv gerechtfertigte Entschädigung für die möglicherweise entstandenen, unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits zusammenhängenden Kosten verlangen, wenn die vorzeitige Rückzahlung in einen Zeitraum fällt, für den ein fester Sollzinssatz vereinbart wurde.

Die Entschädigung darf 1 % des vorzeitig zurückgezahlten Kreditbetrags nicht überschreiten, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen Rückzahlung und dem Zeitpunkt des vereinbarten Ablaufs des Kreditvertrags ein Jahr überschreitet. Überschreitet der Zeitraum nicht ein Jahr, darf die Entschädigung 0,5 % des vorzeitig zurückgezahlten Kreditbetrags nicht überschreiten.

(3)   Eine Entschädigung für vorzeitige Rückzahlung darf nicht verlangt werden,

a)

wenn die Rückzahlung aufgrund eines Versicherungsvertrags erfolgt, der vereinbarungsgemäß die Rückzahlung des Kredits gewährleisten soll,

b)

im Falle von Überziehungsmöglichkeiten oder

c)

wenn die Rückzahlung in einen Zeitraum fällt, für den kein fester Sollzinssatz vereinbart wurde.

(4)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen,

a)

dass der Kreditgeber diese Entschädigung nur dann verlangen darf, wenn der Betrag der vorzeitigen Rückzahlung den im jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehenen Schwellenwert überschreitet. Der Schwellenwert darf nicht höher sein als 10000 EUR innerhalb eines Zwölfmonatszeitraums;

b)

dass der Kreditgeber ausnahmsweise eine höhere Entschädigung verlangen kann, wenn er nachweist, dass der aus der vorzeitigen Rückzahlung entstandene Verlust den nach Absatz 2 bestimmten Betrag übersteigt.

Übersteigt die vom Kreditgeber beanspruchte Entschädigung den tatsächlich erlittenen Verlust, so kann der Verbraucher eine entsprechende Verminderung fordern.

In diesem Fall besteht der Verlust in der Differenz zwischen dem ursprünglich vereinbarten Zinssatz und dem Zinssatz, zu dem der Kreditgeber den vorzeitig zurückgezahlten Betrag auf dem Markt zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung als Kredit ausreichen kann[,] und zwar unter Berücksichtigung der Auswirkung der vorzeitigen Rückzahlung auf die Verwaltungskosten.

(5)   Keinesfalls darf die Entschädigung den Zinsbetrag übersteigen, den der Verbraucher in der Zeit zwischen der vorzeitigen Rückzahlung und dem vereinbarten Ende der Laufzeit des Kreditvertrags bezahlt hätte.“

12.

Art. 22 („Harmonisierung und Unabdingbarkeit dieser Richtlinie“) Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 lautet:

„Soweit diese Richtlinie harmonisierte Vorschriften enthält, dürfen die Mitgliedstaaten keine Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechterhalten oder einführen, die von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen.“

B.   Nationales Recht

13.

Mit der Ustawa z dnia 12 maja 2011 roku o kredycie konsumenckim (Gesetz vom 12. Mai 2011 über den Verbraucherkredit, Dz. U. 2016, Pos. 1528, mit späteren Änderungen, im Folgenden: Gesetz über den Verbraucherkredit) wurde die Richtlinie 2008/48 in polnisches Recht umgesetzt.

14.

Nach Art. 49 Abs. 1 dieses Gesetzes werden bei einer Rückzahlung des gesamten Kredits vor dem vertraglich bestimmten Zeitpunkt die Gesamtkosten des Kredits um die Kosten ermäßigt, die den Zeitraum betreffen, um den die Laufzeit des Vertrags verkürzt wurde, auch wenn der Verbraucher sie vor der Rückzahlung getragen hat.

II. Sachverhalt

15.

Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens sind drei Rechtssachen, die das vorlegende Gericht zum Zweck der gemeinsamen Erörterung und Entscheidung verbunden hat. Diesen Rechtssachen liegt im Wesentlichen die gleiche, nachstehend beschriebene Fallgestaltung zugrunde.

16.

Die Beklagten (Kreditinstitute) schlossen mit Verbrauchern Verbraucherkreditverträge mit bestimmten Laufzeiten, wobei sie für die Gewährung der betreffenden Kredite jeweils eine Provision erhoben. Die Höhe der Provision war in allen drei Fällen nicht von der Laufzeit der Kreditverträge abhängig. Die Verbraucher zahlten die gewährten Kredite vor den in den Verträgen genannten Terminen vollständig zurück.

17.

Anschließend schlossen die Verbraucher mit der Klägerin Verträge, mit denen sie ihre Ansprüche aufgrund der vorzeitigen vollständigen Rückzahlung der Verbraucherkredite, u. a. auf Rückerstattung der zuvor gezahlten Provision, abtraten. Die Klägerin übersandte den Beklagten Mitteilungen über die Abtretung der betreffenden Ansprüche mit der Aufforderung, den streitigen Betrag (Provisionsanteil entsprechend dem Rückzahlungszeitraum) nebst gesetzlichen Verzugszinsen zu zahlen.

18.

Da die Beklagten den entsprechenden Aufforderungen nicht nachkamen, erhob die Klägerin bei dem vorlegenden Gericht Klagen mit dem Antrag, die Beklagten zur Zahlung der streitigen Beträge nebst gesetzlichen Verzugszinsen zu verurteilen.

III. Vorabentscheidungsersuchen

19.

Das vorlegende Gericht hat Zweifel, ob das in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 vorgesehene Recht des Verbrauchers auf eine Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits dahin auszulegen ist, dass auch von der Laufzeit des Kreditvertrags unabhängige Kosten erfasst werden. Das vorlegende Gericht weist insoweit darauf hin, dass polnische Gerichte hierzu unterschiedliche Auslegungen vertreten haben. Es bezieht sich insbesondere auf zwei Urteile zweier verschiedener polnischer Gerichte, die der Ansicht waren, dass das Gesetz über den Verbraucherkredit nur ein Recht auf Erstattung eines Teils der Kosten in Abhängigkeit von der Vertragsdauer einräume. In einem dritten Urteil habe ein anderes Gericht jedoch auf der Grundlage einer Auslegung des nationalen Rechts im Licht von Art. 16 der Richtlinie 2008/48 entschieden, dass das Recht des Verbrauchers auf Ermäßigung der Kosten auch von der Laufzeit des Kreditvertrags unabhängige Kosten erfasse.

20.

Vor diesem Hintergrund hat der Sąd Rejonowy Lublin-Wschód w Lublinie z siedzibą w Świdniku (Rayongericht Lublin-Ost in Lublin mit Sitz in Świdnik, Polen) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen, dass ein Verbraucher bei vorzeitiger Erfüllung seiner Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag das Recht auf eine Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits hat, darunter auch der Kosten, deren Höhe nicht von der Laufzeit des betreffenden Kreditvertrags abhängig ist?

IV. Analyse

A.   Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs und zur Zulässigkeit der Vorlage

21.

Auf Seiten der Beklagten wird von der Santander Consumer Bank im Wesentlichen die Unzulässigkeit der Vorlagefrage geltend gemacht. Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 sei nicht anwendbar, weil sich in den Streitigkeiten im Ausgangsverfahren zwei für die Zwecke ihrer gewerblichen Tätigkeit handelnde Personen gegenüberstünden.

22.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das mit Art. 267 AEUV eingerichtete Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Gerichtshof und den nationalen Gerichten ist, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen ( 2 ). Es ist ausschließlich Sache der mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichte, die die Verantwortung für die zu erlassende gerichtliche Entscheidung zu übernehmen haben, im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls sowohl zu beurteilen, ob eine Vorabentscheidung erforderlich ist, damit sie ihr Urteil erlassen können, als auch, ob die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen erheblich sind ( 3 ).

23.

Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen. Der Gerichtshof darf die Entscheidung über ein Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind ( 4 ). Der Umstand, dass eine der Parteien des Ausgangsverfahrens die Bedeutung der Vorlage für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens bestreitet, kann als solcher jedoch nicht den Schluss rechtfertigen, dass die entsprechenden Fragen für unzulässig zu erklären sind.

24.

Für den vorliegenden Fall ist darauf hinzuweisen, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48 nicht von der Eigenschaft der am Gerichtsverfahren beteiligten Parteien, sondern der der Parteien des Kreditvertrags abhängig ist. Nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 gilt diese nämlich für „Kreditverträge“, wobei dieser Begriff gemäß Art. 3 Buchst. c dieser Richtlinie „einen Vertrag [bezeichnet], bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht; ausgenommen sind Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet“. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die fraglichen Kredite Verbrauchern gewährt wurden.

25.

Unter Berücksichtigung dessen geht aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts nicht offensichtlich hervor, dass Art. 16 Abs. 1 auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens keine Anwendung findet. Demgemäß bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof die Frage nicht als unzulässig ansehen sollte.

B.   Zur Beantwortung der Vorlagefrage

26.

Mit der gestellten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass der Verbraucher, wenn er eine vorzeitige Rückzahlung geleistet hat, eine Ermäßigung derjenigen Kreditkosten verlangen kann, deren Höhe nicht von der Laufzeit des Kreditvertrags abhängig ist.

1. Inhalt von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48

27.

Nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 ist „[d]er Verbraucher … berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag jederzeit ganz oder teilweise zu erfüllen. In solchen Fällen hat der Verbraucher das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits, die sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet“.

28.

Demgemäß ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48, dass die Mitgliedstaaten für den Fall einer vorzeitigen Rückzahlung vorzusehen haben, dass die Verbraucher ein Recht auf eine Ermäßigung haben, die sich erstens auf die Gesamtkosten des Kredits bezieht und sich zweitens nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet.

29.

Der erste Teil dieser Bestimmung nennt die Art der Kosten, die aufgrund ihrer Natur ermäßigt werden können. Da nämlich nach Art. 16 Abs. 1 die Gesamtkosten des Kredits zu ermäßigen sind, können nur die Kosten ermäßigt werden, die Teil der Gesamtkosten des Kredits sind.

30.

Die Gesamtkosten des Kredits werden in Art. 3 Buchst. g der Richtlinie 2008/48 definiert als „sämtliche Kosten, … – ausgenommen Notargebühren –, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind; Kosten für Nebenleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag, insbesondere Versicherungsprämien, sind ebenfalls enthalten, wenn der Abschluss des Vertrags über diese Nebenleistung eine zusätzliche zwingende Voraussetzung dafür ist, dass der Kredit überhaupt oder nach den vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt wird“. Demgemäß sind Notargebühren vom Recht auf Ermäßigung bei vorzeitiger Rückzahlung nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 ausgeschlossen.

31.

Im zweiten Teil von Art. 16 Abs. 1 ist vorgesehen, dass die Ermäßigung „sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet“. Daraus ergibt sich erstens, dass die Ermäßigung sowohl Kosten als auch Zinsen betrifft, und zweitens, dass sie von der „verbleibenden Laufzeit des Vertrags“ abhängig ist.

32.

Daraus folgt, dass Art. 16 Abs. 1 bestimmte Grundsätze regelt – diejenigen, die ich soeben dargelegt habe –, an die sich die Mitgliedstaaten zu halten haben. Ich werde nun prüfen, inwieweit die Richtlinie 2008/48 eine Harmonisierungsmaßnahme darstellt.

2. Bereich der mit der Richtlinie 2008/48 bewirkten Harmonisierung

33.

Zwar heißt es im ersten Satz des neunten Erwägungsgrundes, dass eine „vollständige Harmonisierung … notwendig“ ist. Der mit einer Richtlinie angestrebte Grad der Harmonisierung darf jedoch nicht mit dem Bereich dieser Harmonisierung verwechselt werden. Die im neunten Erwägungsgrund erwähnte vollständige Harmonisierung betrifft daher nicht unbedingt alle in der Richtlinie 2008/48 genannten Aspekte von Verbraucherkrediten. So heißt es im dritten Satz dieses Erwägungsgrundes auch ausdrücklich, dass das gegenüber den Mitgliedstaaten geltende Verbot, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, „nur in den Fällen gelten [sollte], in denen Vorschriften durch diese Richtlinie harmonisiert werden. Soweit es keine solchen harmonisierten Vorschriften gibt, sollte es den Mitgliedstaaten freigestellt bleiben, innerstaatliche Rechtsvorschriften beizubehalten oder einzuführen“.

34.

Dass mit der Richtlinie 2008/48 eine vollständige Harmonisierung nur in Bezug auf einige Aspekte von Verbraucherkrediten angestrebt wird, wird durch Art. 1 dieser Richtlinie bestätigt. Nach dieser Bestimmung ist Ziel der Richtlinie 2008/48 „die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften … über Verbraucherkreditverträge“. Zudem heißt es in Art. 22 lediglich: Nur „[s]oweit diese Richtlinie harmonisierte Vorschriften enthält, dürfen die Mitgliedstaaten keine Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechterhalten oder einführen, die von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen“.

35.

Schließlich ist auch anzumerken, dass der Gerichtshof in Bezug auf eine Richtlinie, mit der eine vollständige Harmonisierung erreicht werden sollte, bereits anerkannt hat, dass nicht alle in der betreffenden Richtlinie genannten Aspekte harmonisiert wurden. So hat der Gerichtshof beispielsweise zur Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ( 5 ) festgestellt, dass die Mitgliedstaaten, wenn sie von bestimmten nach ihrem Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 eröffneten Optionen Gebrauch machen, eine andere Berechnungsmethode als die in der Richtlinie genannte anwenden können, vorausgesetzt insbesondere, die herangezogene Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als die Bestimmung anhand der in der Richtlinie vorgesehenen Methode ( 6 ).

36.

Was Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 anbelangt, sei darauf hingewiesen, dass, da diese Bestimmung die anzuwendende Berechnungsmethode nicht festlegt, meiner Ansicht nach davon auszugehen ist, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten in dieser Frage einen gewissen Spielraum geben wollte. Zudem ist der Bereich der Harmonisierung durch die Richtlinie 2008/48 gemäß dem zehnten Erwägungsgrund mit den spezifischen Begriffsbestimmungen in Art. 3 Buchst. g der Richtlinie festgelegt worden. Demgemäß ist von Bedeutung, dass der in Art. 16 Abs. 1 verwendete Begriff „Ermäßigung“ in dieser Richtlinie nicht definiert wird.

37.

Wie bereits gesagt, bedeutet dies natürlich nicht, dass die Mitgliedstaaten frei sind, irgendeine Methode zu wählen. Sie müssen die in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie niedergelegten Grundsätze hinsichtlich der Verpflichtung zur Erfassung von sowohl Zinsen als auch Kosten einhalten. In Bezug auf die Feststellung, welcher Teil der Zinsen und Kosten ermäßigt werden kann, gebieten diese Grundsätze jedoch nicht – wie vom vorlegenden Gericht gefragt – dass die Höhe der betreffenden Kosten von der Laufzeit des Vertrags abhängt. Art. 16 Abs. 1 bestimmt zwar, dass dieser Teil den Zinsen und Kosten entspricht, die „für die verbleibende Laufzeit des Vertrags [geschuldet sind]“, bleibt aber etwas vage, da gemeint sein könnte, dass es um die Zinsen und Kosten geht, die nach dem Rückzahlungstermin anfallen ( 7 ).

38.

Nach alledem scheint mir klar, dass die Richtlinie 2008/48 nicht die Berechnungsmethode harmonisiert, die heranzuziehen ist, um die im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredits anzuwendende Ermäßigung zu bestimmen, sondern Grundsätze vorgibt, die die Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Methode zu beachten haben.

3. Analyse der Vereinbarkeit der verschiedenen vorgeschlagenen Auslegungen mit Art. 16 Abs. 1

39.

Im Ausgangsverfahren erscheint der Wortlaut des Gesetzes vom 12. Mai 2011 über den Verbraucherkredit relativ offen zu sein, was durch die Tatsache bestätigt wird, dass es nach den Angaben des vorlegenden Gerichts von polnischen Gerichten unterschiedlich ausgelegt worden ist.

40.

Im Hinblick darauf, dass das vorlegende Gericht sein nationales Recht unionsrechtskonform auszulegen hat, möchte ich daher nunmehr die Anforderungen prüfen, die sich für die Mitgliedstaaten aus dem in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 verwendeten Ausdruck „für die verbleibende Laufzeit des Vertrags“, auf den sich die Vorlagefrage bezieht, ergeben ( 8 ).

41.

Insoweit werden vom vorlegenden Gericht zwei unterschiedliche Auslegungen dieses Ausdrucks vorgeschlagen.

42.

Die erste Auslegung beruht auf dem Gedanken, dass mit dem Ausdruck „für die verbleibende Laufzeit des Vertrags“ die Ermäßigung allein auf die Kosten beschränkt werden soll, die mit der Laufzeit des Kredits verbunden sind. Der Begriff „Kosten“ bezieht sich danach auf die Ausgaben, die das Kreditinstitut im Zusammenhang mit dem gewährten Kredit aufwenden muss ( 9 ). In Bezug auf„Kosten“ würde Art. 16 Abs. 1 somit die Verbraucher von der Bezahlung von Ausgaben entlasten, die mit der verbleibenden Laufzeit des Vertrags verbunden sind. Der Gedanke bei dieser Auslegung ist, dass der Verbraucher das Recht darauf haben sollte, dass diese Ausgaben – da sie das Kreditinstitut nicht zu tragen haben wird – von den Gesamtkosten des Kredits abgezogen werden ( 10 ).

43.

Die zweite Auslegung hätte zur Folge, dass die gesamten Kreditkosten im Verhältnis zur verbleibenden Laufzeit des Vertrags ermäßigt werden. Der Begriff „für die verbleibende Laufzeit des Vertrags“ enthielte nur einen Hinweis darauf, auf welche Weise die Ermäßigung zu berechnen ist, nämlich im Verhältnis zur verbleibenden Laufzeit des Vertrags.

44.

Darüber hinaus sind zwei weitere Auslegungen zu berücksichtigen.

45.

Die dritte Auslegung, die von den Beklagten vorgeschlagen wird, geht davon aus, dass von den Gesamtkosten des Kredits nur diejenigen Kosten abgezogen werden können, die formal im Kreditvertrag als Kosten ausgewiesen werden, die von der Laufzeit des Kreditvertrags selbst abhängen. Demgegenüber habe, da die zu erbringende Leistung, die Kreditgewährung, in dem Zeitpunkt, in dem das Geld dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werde, vollständig erbracht sei, die Gewinnspanne des Kreditinstituts unangetastet zu bleiben.

46.

Nach der vierten und letzten Auslegung entspräche die Ermäßigung, die der Verbraucher beanspruchen kann, den einmaligen oder wiederkehrenden Zahlungen, die zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung noch nicht fällig geworden waren.

47.

Um zu bestimmen, welche dieser Auslegungen mit Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 vereinbar ist, müssen die in dieser Vorschrift niedergelegten Grundsätze berücksichtigt werden, so wie sie im Einklang mit den vom Gerichtshof angewandten Auslegungsmethoden aus dem Kontext, den Zielen und dem Wortlaut der Vorschrift abgeleitet werden können ( 11 ).

48.

Hinsichtlich des Kontexts ist darauf hinzuweisen, dass mehrere Beteiligte eine systematische Auslegung der Anforderungen nach Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 im Licht von Art. 16 Abs. 2 befürworten. Danach sei, da die Kreditinstitute „eine angemessene und objektiv gerechtfertigte“ Entschädigung für „die möglicherweise entstandenen, unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits zusammenhängenden Kosten“ verlangen könnten, „wenn die vorzeitige Rückzahlung in einen Zeitraum fällt, für den ein fester Sollzinssatz vereinbart wurde“, der Umfang der in Art. 16 Abs. 1 vorgesehenen Ermäßigung weit und zugunsten des Verbrauchers auszulegen.

49.

Ich halte diesen Ansatz aber nicht für überzeugend. Entgegen dem Vorbringen der polnischen Regierung glaube ich nicht, dass Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48, um Art. 16 Abs. 2 volle Wirksamkeit („effet utile“) zu verleihen, in einer Weise ausgelegt werden muss, die notwendigerweise zu einer Verringerung des Gewinns des Kreditinstituts führt. Entgegen einer offenbar weit verbreiteten Auslegung soll Art. 16 Abs. 2 nämlich nicht den Gewinn ausgleichen, den der Kreditgeber ohne die vorzeitige Rückzahlung hätte erzielen können. Zwar ist die Gewinnspanne des Kreditinstituts, selbst wenn es den zurückgezahlten Betrag erneut ausreicht, nicht notwendigerweise dieselbe, wie sie wäre, wenn der ursprüngliche Kredit weitergelaufen wäre ( 12 ). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Wortlaut von Art. 16 Abs. 2 auf „Kosten“, die zudem „unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits“ zusammenhängen müssen, verweist und nicht auf „Verluste“. Daraus folgt somit, dass die Entschädigung, die nach dieser Bestimmung beansprucht werden kann, lediglich zum Ausgleich der Kosten dienen soll, die durch eine vorzeitige Rückzahlung des Kredits entstehen, wenn das Kreditinstitut zu diesem Zweck bestimmte Maßnahmen durchführen muss ( 13 ).

50.

Die Möglichkeit, wegen vorzeitiger Rückzahlung im Rahmen eines Kreditvertrags eine Entschädigung für entgangenen Gewinn zu verlangen, ist in der Richtlinie 2008/48 in der Tat vorgesehen, allerdings in Art. 16 Abs. 4 Buchst. b und nicht in Art. 16 Abs. 2. Da aber Art. 16 Abs. 4 Buchst. b eine Option regelt, müssen die Mitgliedstaaten diese Möglichkeit bei der Umsetzung der Richtlinie vorgesehen haben. Außerdem sieht Art. 16 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2008/48 vor, dass eine derartige Entschädigung nur ausnahmsweise verlangt werden kann, wenn das Kreditinstitut nachweist, dass der ihm entstandene Verlust den gemäß Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 2 bestimmten Betrag übersteigt. Folglich ist das Risiko, dass ein Kreditinstitut eine Entschädigung erhalten kann, obwohl sein Gewinn nicht erheblich reduziert wurde, relativ gering.

51.

Was die mit Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 verfolgten Ziele betrifft, heißt es zwar im siebten Erwägungsgrund, dass mit der Richtlinie die „Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten“ erleichtert werden soll. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten lässt sich daraus aber nicht ableiten, dass mit Art. 16 Abs. 1 Kreditinstitute gegen die Folgen vorzeitiger Rückzahlungen geschützt werden sollen. In diesem Erwägungsgrund wird nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts dadurch erreicht werden soll, dass in einigen Schlüsselbereichen ein harmonisierter unionsrechtlicher Rahmen geschaffen wird, und nicht dadurch, dass Kreditinstitute gegen die Folgen vorzeitiger Rückzahlungen geschützt werden.

52.

Demgegenüber darf nicht übersehen werden, dass der 39. Erwägungsgrund, in dem es speziell um die mit Art. 16 Abs. 1 verfolgten Ziele geht, keinen Hinweis auf die Ermäßigung enthält, sondern lediglich vorsieht, dass „[d]em Verbraucher … gestattet werden [sollte], seine Verbindlichkeiten vor Ablauf der im Kreditvertrag vereinbarten Frist zu erfüllen“. Dies deutet in der Tat darauf hin, dass der Unionsgesetzgeber die Ermäßigung als einfache Folge einer vorzeitigen Rückzahlung betrachtet hat und daher als etwas, was leicht zu berechnen ist. Im Übrigen wird der Gedanke, dass die Folgen einer vorzeitigen Zahlung leicht zu ermitteln sein müssen, in demselben Erwägungsgrund ebenfalls zum Ausdruck gebracht, wobei sich der Wortlaut diesmal auf die Entschädigung bezieht, auf die ein Kreditinstitut Anspruch hat. Nach dem 39. Erwägungsgrund sollte in einer solchen Situation „die Berechnungsmethode für den Kreditgeber leicht anzuwenden sein“.

53.

Auch wenn aus diesem Blickwinkel der Gedanke der ersten Auslegung, dass die Ermäßigung den Kosten entsprechen sollte, die das Kreditinstitut aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung nicht zu tragen hat, vordergründig relativ einfach – und daher durchaus interessant – erscheint, dürfte ihre praktische Umsetzung erhebliche praktische Schwierigkeiten mit sich bringen. Wie das vorlegende Gericht in seinem Ersuchen ausführt, legen die Kreditinstitute nämlich nur selten fest, welche ihrer Aufwendungen durch die Kosten gedeckt werden, die sie den Verbrauchern in Rechnung stellen, und selbst wenn sie dies tun, könnten die Verbraucher immer noch bestreiten, dass die entsprechenden Angaben zutreffen.

54.

Die Höhe der erhobenen Gebühren ist auch keine große Hilfe. Selbst wenn die in Rechnung gestellten Kosten unter Bezugnahme auf die Laufzeit des Kredits berechnet wurden, ist darauf hinzuweisen, dass sie möglicherweise dazu dienen, zum Teil wiederkehrende Kosten und zum Teil einmalige Kosten zu kompensieren, darunter Kosten, die ausschließlich vor der vorzeitigen Rückzahlung angefallen sind. Gleiches gilt, wenn die entsprechenden Entgelte unter Bezugnahme auf den gewährten Kreditbetrag berechnet wurden, denn nicht alle variablen Kosten sind notwendigerweise wiederkehrende Kosten. Schließlich können etwaige Entgelte oder Gebühren, die von den Verbrauchern verlangt werden, einen Teil des Gewinns enthalten, da die Kreditinstitute durch keine Vorschrift dazu verpflichtet werden, ihre Gewinnspanne ausschließlich über die den Verbrauchern in Rechnung gestellten Zinsen zu erreichen.

55.

In der Praxis kann man eine genaue Vorstellung von dem Betrag, den das Kreditinstitut einspart, somit nur erhalten, indem man von ihm verlangt, eine Kostenrechnung durchzuführen, deren Zweck gerade darin besteht, die Elemente zu ermitteln und zu bewerten, aus denen sich sein Nettobetriebsergebnis zusammensetzt. Bei einem Kreditinstitut umfassen diese Elemente nämlich die Ausgaben, die sich aus der Laufzeit der gewährten Kredite ergeben. Eine Kostenrechnung wird für Kreditinstitute jedoch weder durch die Richtlinie 2008/48 noch, wie es scheint, durch irgendeinen anderen Unionsrechtsakt verbindlich vorgeschrieben ( 14 ). Würde der Gerichtshof dem ersten Ansatz folgen, so würde dies daher bedeuten, dass die Kostenrechnung in der Praxis obligatorisch würde, obwohl eine solche Verpflichtung anderweitig nicht vorgesehen ist. Darüber hinaus müssten die nationalen Gerichte im Fall einer Streitigkeit über die Höhe der Ermäßigung, die der Verbraucher bei vorzeitiger Rückzahlung beanspruchen kann, Rechnungsprüfer hinzuziehen, selbst wenn die fraglichen Kosten ihrer Natur nach relativ gering sind.

56.

Was auch immer die theoretischen Vorzüge dieser möglichen Auslegung sein mögen, halte ich sie angesichts der damit verbundenen praktischen Schwierigkeiten, die, wie ich gerade erwähnt habe, beträchtlich sein dürften, für unvereinbar mit dem im 39. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48 zum Ausdruck kommenden Gedanken, dass die Folgen einer vorzeitigen Rückzahlung einfach zu beurteilen sein müssen.

57.

Noch wichtiger ist der Wortlaut von Art. 16 Abs. 1. Insoweit sind sowohl die erste als auch die dritte Auslegung mit der in diesem Artikel vorgenommenen Bezugnahme auf den Begriff „Zinsen“ nicht zu vereinbaren. Ich beginne mit der dritten Auslegung.

58.

Nach dieser Auslegung können nur Kosten ermäßigt werden, die formal als abhängig von der Laufzeit des Vertrags ausgewiesen wurden. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass, da der Unionsgesetzgeber es als notwendig erachtet hat, sowohl auf Zinsen als auch auf Kosten Bezug zu nehmen, die in Art. 16 Abs. 1 genannte Ermäßigung demgemäß dahin auszulegen ist, dass sie beide Elemente betrifft und nicht nur die Kosten, auf die sich die dritte Auslegung bezieht.

59.

Außerdem wäre selbst dann, wenn die dritte Auslegung auch im Fall der Zinsen anzuwenden wäre, dies in der Praxis nicht machbar, ohne die zweite oder die vierte Auslegung anzuwenden ( 15 ). Folgte man der dritten Auslegung, wären daher zwei getrennte Berechnungsmethoden, eine für die Zinsen und eine für die Kosten, anzuwenden, was aber mit dem Wortlaut von Art. 16 Abs. 1 nicht vereinbar wäre.

60.

In Bezug auf die erste Auslegung ist festzustellen, dass sich der Begriff „Zinsen“ auf einen Bestandteil der Vergütung des Kreditinstituts bezieht, der genau und leicht ermittelbar ist, da er durch die Anwendung eines jährlichen Prozentsatzes berechnet wird. Wie jedes andere Element seiner Vergütung trägt die Zahlung von Zinsen natürlich zur Rentabilität des Kreditinstituts bei, die Zinszahlung wird aber auch dazu verwendet, die den Banken im Zusammenhang mit Krediten entstehenden Kosten auf die Verbraucher überzuwälzen. Würde man den in Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 verwendeten Begriff „Kosten“ entsprechend der ersten und der dritten Auslegung auf die Kosten des Kreditinstituts beziehen, könnte dies folglich zu einer doppelten Ermäßigung desselben Elements führen, da auch Zinsen betroffen sind. Meines Erachtens ist dies jedoch nicht das, was vom Unionsgesetzgeber beabsichtigt wurde.

61.

Da der Begriff „Zinsen“ durch die Konjunktion „und“ mit dem Begriff „Kosten“ verbunden ist, erscheint es mir logischer, anzunehmen, dass sich beide auf vom Verbraucher zu leistende Zahlungen beziehen. Folglich bezieht sich der Begriff „Kosten“ in Art. 16 Abs. 1 nicht, wie dies mit der ersten Auslegung vertreten wird, auf die vom Kreditinstitut getragenen Ausgaben, sondern vielmehr auf die Zahlungen, die vom Verbraucher zusätzlich zu den Zinsen verlangt werden.

62.

Mit anderen Worten ist der Ausdruck „für die verbleibende Laufzeit des Vertrags [geschuldeten]“ dahin auszulegen, dass die in Art. 16 Abs. 1 vorgesehene Ermäßigung nicht vom Zweck der Kosten abhängt, die den Verbrauchern in Rechnung gestellt werden, wie dies mit der ersten und der dritten Auslegung vorgeschlagen wird, sondern vielmehr von dem Datum, zu dem der Verbraucher die Zahlung der Kosten schuldet.

63.

Diesem Ergebnis entsprechen meines Erachtens nur die zweite und die vierte Auslegung. Ich gebe zu, dass beide Auslegungen Nachteile haben, offen gesagt gibt es aber, wie bereits ausgeführt, keine Auslegung von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48, die völlig befriedigend ist.

64.

Ich gebe insbesondere zu, dass beide Auslegungen zu einem Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer führen können. Im Fall der zweiten Auslegung sind die vom Kreditinstitut getragenen Fixkosten bei sehr früher Rückzahlung nämlich möglicherweise nicht vollständig durch die vom Verbraucher gezahlten Gebühren und Zinsen amortisiert, so dass dem Kreditinstitut ein Verlust entstehen könnte. Was die vierte Auslegung anbelangt, so eröffnet sie den Kreditinstituten die Möglichkeit, die Folgen der Kostensenkung im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung zu umgehen, indem sie alle ihre wiederkehrenden Kosten zu Vertragsbeginn an die Verbraucher weitergeben. Beide Auslegungen haben indessen den entscheidenden Vorteil, dass der Verbraucher durch die vorzeitige Rückzahlung eine Zins- und Kostenermäßigung erhält, die (relativ) proportional zum Umfang der vorzeitigen Rückzahlung im Rahmen des Kreditvertrags ist.

65.

Überdies bin ich nicht überzeugt, dass der Unionsgesetzgeber unbedingt ein vollständiges Gleichgewicht zwischen den Interessen der Kreditinstitute und denen der Verbraucher herstellen wollte. Aus Art. 16 Abs. 5 der Richtlinie 2008/48 ergibt sich nämlich, dass der Gesetzgeber in gewissem Maße die Möglichkeit nicht ausschließen wollte, dass der Verbraucher den gleichen Betrag zahlen muss, den er ohne vorzeitige Zahlung hätte zahlen müssen ( 16 ).

66.

Auch wenn man Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 zweckmäßigerweise in diesem Punkt klarer hätte formulieren können, stehen die zweite und die vierte Auslegung nicht nur im Einklang mit den in der Richtlinie 2008/48 niedergelegten Grundsätzen, sondern sie dürften auch das widerspiegeln, was der Unionsgesetzgeber beabsichtigt haben muss.

67.

Ich bin daher der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten diese Bestimmung im Einklang mit der einen oder der anderen dieser beiden Auslegungen umsetzen oder jedenfalls gegebenenfalls ihr nationales Recht entsprechend auslegen können.

V. Ergebnis

68.

Aus den oben dargelegten Gründen schlage ich vor, dass der Gerichtshof die Vorlagefrage des Sąd Rejonowy Lublin-Wschód w Lublinie z siedzibą w Świdniku (Rayongericht Lublin-Ost in Lublin mit Sitz in Świdnik, Polen) wie folgt beantwortet:

Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Buchst. g der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass, wenn ein Verbraucher eine vorzeitige Rückzahlung leistet, sich sein Recht auf Ermäßigung auf die Kosten beziehen kann, deren Höhe nicht von der Laufzeit des Kreditvertrags abhängig ist. Allerdings kann ein Mitgliedstaat – und ein nationales Gericht im Wege der Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften – diese Ermäßigung nicht allein auf den Betrag beschränken, den das Kreditinstitut durch die vorzeitige Rückzahlung eingespart hat.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Urteil vom 5. Juli 2016, Ognyanov (C‑614/14, EU:C:2016:514, Rn. 16).

( 3 ) Urteil vom 1. Juli 2010, Sbarigia (C‑393/08, EU:C:2010:388, Rn. 19 bis 20).

( 4 ) Urteil vom 20. September 2018, OTP Bank und OTP Faktoring (C‑51/17, EU:C:2018:750, Rn. 37).

( 5 ) Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1).

( 6 ) Tatsächlich war in keiner der Vorschriften der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie ausdrücklich vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten von dieser Methode abweichen können. Vgl. Urteil vom 8. November 2012, BLC Baumarkt (C‑511/10, EU:C:2012:689, Rn. 24).

( 7 ) Die französische und die italienische Sprachfassung verwenden das Adjektiv „geschuldete“ („intérêts et frais dus pour la durée résiduelle“; „dovuti per la restante durata“). Abgesehen davon, dass dieses Merkmal in anderen Sprachfassungen nicht zu finden ist, widerspricht es indessen meines Erachtens nicht dem, was ich soeben dargestellt habe, da der Begriff als Bezugnahme auf die Fälligkeit verstanden werden kann. Jedenfalls enthält die englische Sprachfassung kein solches Adjektiv („interest and the costs for the remaining duration“), während die spanische und die deutsche Sprachfassung eher allgemeine Begriffe verwenden („correspondientes a la duración“ und „für die verbleibende Laufzeit des Vertrags“).

( 8 ) Vgl. z. B. Urteil vom 27. März 2019, Pawlak (C‑545/17, EU:C:2019:260, Rn. 83).

( 9 ) Nach dieser Auslegung, die von den Beklagten des Ausgangsverfahrens und der spanischen Regierung vertreten wird, könnten die einmaligen Kosten im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung nicht ermäßigt werden. Lediglich wiederkehrende Kosten, die nach der Rückzahlung anfallen, wären von dieser Ermäßigung betroffen.

( 10 ) Dementsprechend wären die von den Gesamtkosten des Kredits abzuziehenden Kosten gering: Sie bestehen im Wesentlichen aus Kosten im Zusammenhang mit der Aufbereitung und Übermittlung periodischer Informationen an den Verbraucher gemäß den geltenden unionsrechtlichen und nationalen Bestimmungen. Der überwiegende Teil der durch einen Kredit verursachten Kosten sind einmalige Kosten, beispielsweise für die Zusammenstellung und Bearbeitung der Unterlagen des Antragstellers oder die Suche nach Informationen zur Kreditwürdigkeit des Verbrauchers. In der Praxis handelt es sich bei den in Rede stehenden Ausgaben um wiederkehrende Ausgaben, die nach dem Tag der vorzeitigen Rückzahlung entstanden wären, da die einmaligen Kosten in der Regel von der Laufzeit des Vertrags unabhängig sind.

( 11 ) Urteil vom 4. Mai 2010, TNT Express Nederland (C‑533/08, EU:C:2010:243, Rn. 44).

( 12 ) Wenn das Kreditinstitut die zurückgezahlten Beträge erneut verleiht, können sich die Refinanzierungsbedingungen (entweder durch die Nutzung des Interbankenmarkts oder des Gelds der Einleger, wenn das Kreditinstitut eine Bank ist) geändert haben. In dieser Situation wird allerdings auch der für Kreditverträge geltende Zinssatz grundsätzlich ein anderer sein. Daher wird sich die Gewinnspanne vor allem dann ändern, wenn sich die Wettbewerbsintensität auf dem Markt seit Vertragsabschluss verändert hat.

( 13 ) Die Gründe, warum der entgangene Gewinn nicht durch die in Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 vorgesehene Entschädigung gedeckt wird, lassen sich aus dem 39. Erwägungsgrund herleiten. Dort wird nämlich darauf hingewiesen, dass „Verbraucherkredite aufgrund ihrer Laufzeit und ihres Umfangs nicht über langfristige Finanzierungsmechanismen finanziert werden“. Tatsächlich ist ein entgangener Gewinn zwar möglich, bleibt aber relativ begrenzt, sofern sich der Markt nicht vollständig umkehrt.

( 14 ) Eine solche Verpflichtung besteht nur unter bestimmten, ganz besonderen Umständen. Vgl. z. B. Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und ‑abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl. 2014, L 257, S. 1) und Art. 11 der Verordnung (EU) 2017/352 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Februar 2017 zur Schaffung eines Rahmens für die Erbringung von Hafendiensten und zur Festlegung von gemeinsamen Bestimmungen für die finanzielle Transparenz der Häfen (ABl. 2017, L 57, S. 1).

( 15 ) Darüber hinaus würde dies voraussetzen, dass geprüft und daher vorgeschrieben werden müsste, dass ein Teil des Gewinns der verbleibenden Laufzeit zugerechnet werden kann. Eine Gewinnspanne ist jedoch nicht notwendigerweise linear.

( 16 ) Hinzuweisen ist erstens auch darauf, dass Kreditinstitute nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. r der Richtlinie 2008/48 die Verbraucher über das Verfahren bei vorzeitiger Rückzahlung und insoweit über die Vorschriften und Bedingungen für eine solche vorzeitige Rückzahlung informieren müssen. Diese Vorschriften und Bedingungen sind daher auch ein Element, das Verbraucher in Betracht ziehen können, bevor sie sich entscheiden, einen Kreditvertrag bei einem bestimmten Kreditinstitut abzuschließen und nicht bei einem anderen Kreditinstitut.

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