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Document 62017CC0164

Schlussanträge des Generalanwalts E. Tanchev vom 19. April 2018.
Edel Grace und Peter Sweetman gegen An Bord Pleanala.
Vorabentscheidungsersuchen dsr Supreme Court (Irland).
Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 92/43/EG – Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen – Art. 6 Abs. 3 und 4 – Prüfung der Verträglichkeit eines Plans oder Projekts mit einem geschützten Gebiet – Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind – Windparkprojekt – Richtlinie 2009/147/EG – Erhaltung der wildlebenden Vogelarten – Art. 4 – Besonderes Schutzgebiet (BSG) – Anhang I – Kornweihe (Circus cyaneus) – Geeigneter Lebensraum, der sich im Lauf der Zeit verändert – Vorübergehender oder dauerhafter Rückgang der notwendigen Flächen – In ein Projekt integrierte Maßnahmen, mit denen für die Dauer des Projekts sichergestellt werden soll, dass die für den natürlichen Lebensraum der Art tatsächlich geeignete Fläche nicht verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann.
Rechtssache C-164/17.

Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2018:274

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

EVGENI TANCHEV

vom 19. April 2018 ( 1 )

Rechtssache C‑164/17

Edel Grace,

Peter Sweetman

gegen

An Bord Pleanála,

Beteiligte:

ESB Wind Development Limited,

Coillte,

The Department of Arts, Heritage and the Gaeltacht

(Vorabentscheidungsersuchen des Supreme Court [Oberster Gerichtshof, Irland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung- Umwelt - Richtlinie 92/43/EWG - Art. 6 Abs. 3 - Richtlinie 2009/147/EG - Prüfung der Verträglichkeit eines Windparkprojekts mit einem besonderen Schutzgebiet - Kornweihe (Circus cyaneus) - Schadensbegrenzende Maßnahmen“

I. Einleitung

1.

Die Kornweihe (Circus cyaneus) ist ein charakteristischer Vogel, der u. a. für sein sogenanntes „Skydancing“ bekannt ist, bei dem er durch Schrauben, Drehen und Loopings Luftakrobatik vollführt, um einen Partner anzulocken ( 2 ).

2.

ESB Wind Development und Coillte beabsichtigen den Bau eines Windparks in Keeper Hill, County Tipperary, in einem Gebiet, das nach der Richtlinie 2009/147/EG (im Folgenden: Vogelschutzrichtlinie) ( 3 ) ausdrücklich zum Schutz der Kornweihe ausgewiesen ist.

3.

Die irische Behörde An Bord Pleanála (Beschwerdeausschuss in Planungssachen) hat ihnen die Genehmigung dafür erteilt, u. a. weil sie der Auffassung ist, dass die von den Entwicklern im Rahmen eines Bewirtschaftungsplans für Arten und Lebensräume (im Folgenden: Bewirtschaftungsplan) vorgeschlagenen Maßnahmen den Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG (im Folgenden: Habitatrichtlinie) ( 4 ) genügen, wonach An Bord Pleanála als zuständige einzelstaatliche Behörde feststellen muss, dass die Entwicklung des Windparks das für die Kornweihe ausgewiesene Gebiet nicht beeinträchtigt.

4.

Frau Edel Grace und Herr Peter Sweetman (im Folgenden: Rechtsmittelführer) sind damit nicht einverstanden. Sie sind der Ansicht, dass die Anforderungen von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie unter den vorliegenden Umständen nicht erfüllt worden seien. Sie haben Klage bei den irischen Gerichten erhoben und die von An Bord Pleanála erteilte Genehmigung angefochten. Der Rechtsstreit ist nunmehr beim Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) anhängig, der zur Entscheidung des Streits ein Vorabentscheidungsersuchen eingereicht hat.

5.

Der Gerichtshof hat bereits Gelegenheit gehabt, den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie zu prüfen. Wegen der Besonderheiten des Lebensraums der Kornweihe und der Art und Weise, wie er durch menschliche Eingriffe gepflegt wird, unterscheidet sich der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens jedoch von denen früherer Verfahren.

6.

Auch ist dies nicht der erste Fall vor dem Gerichtshof, in dem es um das Spannungsfeld zwischen der Förderung von Windenergie und dem Vogelschutz geht, die beide lobenswerte Maßnahmen sind, die zum Umweltschutz beitragen ( 5 ). Da es erforderlich ist, die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien wie z. B. Windkraft durch die Mitgliedstaaten und den nach der Habitatrichtlinie gewährten Schutz von Lebensräumen und Arten wie der Kornweihe zu vereinbaren, bietet diese Rechtssache dem Gerichtshof eine gute Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu Art. 6 der Habitatrichtlinie fortzubilden.

II. Rechtsrahmen

A.   Vogelschutzrichtlinie

7.

Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die für den Schutz der in Anhang I der Richtlinie aufgelisteten Vögel am besten geeigneten Gebiete als Schutzgebiete ausweisen:

„Auf die in Anhang I aufgeführten Arten sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.

Die Mitgliedstaaten erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind.“

8.

Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Vogelschutzrichtlinie enthält Verpflichtungen zur Erhaltung der Schutzgebiete:

„Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden.“

B.   Die Habitatrichtlinie

9.

Die Habitatrichtlinie sieht die Schaffung von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung vor, die den Schutz bestimmter Lebensräume sowie einzelner Tier- und Pflanzenarten sicherstellen sollen. Die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach der Habitatrichtlinie bilden gemeinsam mit den Schutzgebieten nach der Vogelschutzrichtlinie das Netz „Natura 2000“.

10.

Art. 6 Abs. 3 im Abschnitt „Erhaltung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten“ der Habitatrichtlinie sieht vor:

„Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.“

11.

Art. 7 der Habitatrichtlinie überträgt diese Bestimmungen auf Schutzgebiete nach der Vogelschutzrichtlinie wie folgt:

„Was die nach Artikel 4 Absatz 1 der [Vogelschutzrichtlinie] zu besonderen Schutzgebieten [(im Folgenden: BSG)] erklärten oder nach Artikel 4 Absatz 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der vorliegenden Richtlinie ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der [Vogelschutzrichtlinie] zum [BSG] erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 der [Vogelschutzrichtlinie] ergeben.“

III. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

12.

Die Kornweihe (Circus cyaneus) ist ein mittelgroßer Greifvogel mit eulenartigem Gesicht, der in vielen Teilen Europas und Asiens vorkommt ( 6 ). Die Gefährdungssituation dieser Vogelart wird international beobachtet ( 7 ), und diese ist in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt ( 8 ). Nach Art. 4 Abs. 1 der Vogelschutzrichtlinie sind auf die in Anhang I aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung sicherzustellen ( 9 ), und die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die für die Erhaltung dieser Arten geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten zu erklären.

13.

2007 wies Irland das BSG Slieve Felim to Silvermines Mountains aus ( 10 ), das etwas mehr als 20900 ha umfasst und in den Counties Tipperary und Limerick gelegen ist ( 11 ). Das Erhaltungsziel des BSG ist es, den günstigen Erhaltungszustand der Kornweihe zu erhalten oder diesen wiederherzustellen ( 12 ). In dem BSG wird eines der größten Vorkommen der Kornweihe in Irland verzeichnet, es gilt als eines der fünf wichtigsten Gebiete für diese Art in Irland ( 13 ). Irland wies das BSG aus, nachdem die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland eingeleitet und der Gerichtshof mit Urteil vom 13. Dezember 2007 festgestellt hatte, dass Irland seinen Verpflichtungen nach der Vogelschutzrichtlinie u. a. dadurch nicht nachgekommen sei, dass es für mehrere Vogelarten einschließlich der Kornweihe keine ausreichenden BSG ausgewiesen habe ( 14 ).

14.

Die Rechtsmittelführer des Ausgangsverfahrens fechten eine vom An Bord Pleanála erteilte Baugenehmigung für einen 16 Windkraftanlagen und zugehörige Anlagen umfassenden Windpark (im Folgenden: Windpark) an, der vollständig im BSG gelegen ist ( 15 ). Der Windpark umfasst ein Gebiet von 832 ha, welches Coillte gehört, einem staatlichen Unternehmen, das in der kommerziellen Forstwirtschaft tätig ist; Coillte und die ESB Wind Development Limited, ein staatliches Unternehmen im Energiesektor (gemeinsam im Folgenden: Entwickler), entwickeln den Windpark gemeinsam und sind Beteiligte im Ausgangsverfahren.

15.

Das Department of Arts, Heritage and the Gaeltacht (Ministerium für Kunst, Natur- und Kulturerbe und Angelegenheiten der gälischsprachigen Bevölkerung) (im Folgenden: DAHG) ist in der irischen Regierung für den „National Parks and Wildlife Service“ verantwortlich, der für den Schutz von Lebensräumen und bestimmten Vogelarten zuständig ist, und ebenfalls Beteiligter im Ausgangsverfahren. Es war am Planungsverfahren für den Windpark beteiligt.

16.

Nach den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen beantragten die Entwickler im Jahr 2013 beim North Tipperary County Council (im Folgenden: County Council) eine Baugenehmigung für die Entwicklung eines Windparks. Der County Council verweigerte die Baugenehmigung mit der Begründung, dass der Windpark, der zu einem erheblichen Verlust von Lebensraum für die Nahrungssuche der Kornweihe führen würde, den Erhaltungszustand des BSG ernsthaft beeinträchtigen würde.

17.

Die Entwickler legten gegen die Entscheidung des County Council einen Rechtsbehelf beim An Bord Pleanála ein. Es folgte ein Austausch zwischen den Entwicklern und dem DAHG sowie ein Bericht des Inspektors des An Bord Pleanála.

18.

Am 22. Juli 2014 erteilte der An Bord Pleanála den Entwicklern die Baugenehmigung für den Windpark. Nach Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie kam der An Bord Pleanála zu dem Schluss, dass der Windpark vorbehaltlich der im Antrag der Entwickler aufgeführten schadensbegrenzenden Maßnahmen, zu denen die Umsetzung des Bewirtschaftungsplans gehörte, das BSG als solches nicht beeinträchtigen würde.

19.

Die Rechtsmittelführer fochten die Entscheidung des An Bord Pleanála vor dem High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) an, der die Klage aus mehreren Gründen abwies. Der Supreme Court (Oberster Gerichtshof) ließ ein Rechtsmittel der Rechtsmittelführer zu und beschloss, dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen.

20.

Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die sich aus diesem Rechtsstreit ergebende Auslegungsschwierigkeit darin begründet sei, dass Teile des Lebensraums, die für die Kornweihe günstig und damit wesentlich für den Erhalt des BSG seien, nicht statisch seien und sich mit der Zeit veränderten, so dass die Kornweihe zu verschiedenen Zeiten verschiedene Teile des Gebiets besiedle, was zum Teil davon abhänge, wie das Gebiet bewirtschaftet werde.

21.

Um mehr Hintergrundinformation zum Sachverhalt dieser Rechtssache bereitzustellen, ist der Vorlageentscheidung ein Anhang beigefügt, in dem der nach Auffassung des vorlegenden Gerichts als unstreitig anzusehende Sachverhalt dargestellt ist (im Folgenden: Anhang). Der Anhang enthält Informationen u. a. über den Lebensraum der Kornweihe, die möglichen Auswirkungen des Windparks auf die Kornweihe und die im Bewirtschaftungsplan dargelegten Maßnahmen, mit denen diesen Auswirkungen begegnet werden soll. Da diese Punkte den Kern der vorliegenden Rechtssache betreffen, halte ich es für sachdienlich, die relevanten Informationen zu diesen Aspekten darzulegen.

22.

Was den Lebensraum der Kornweihe betrifft, beschreibt der Anhang, dass Kornweihen in erster Linie Vögel der offenen Landschaft sind, die zur Nahrungssuche weite Flächen geeigneten Landes brauchen. Nicht bepflanzte Moore und Heide gelten traditionell als Hauptlebensraum der Kornweihe, in neuerer Zeit wurden jedoch mit der Verbreitung des kommerziellen Forstwesens zunehmend junge Forste zur Nahrungssuche angenommen. Die bevorzugten Lebensräume für die Nahrungssuche sind Heide und Moore, hügelige Agrarflächen, junge Forste, in denen die Bäume unter 2 m hoch sind, und die späteren Phasen von Forsten im Aufwuchs in der zweiten Rotation. Kornweihen meiden intensiv genutzte Agrarflächen, ausgewachsene Forste mit geschlossenem Kronendach ( 16 ) und frisch gerodete Forste. Ein nicht durchgeforsteter oder beernteter, also naturbelassener Wald, der ein geschlossenes Kronendach ausgebildet hat, ist demnach für die Kornweihe kein geeignetes Gebiet zur Nahrungssuche.

23.

Dem Anhang zufolge wird die Kornweihenpopulation des BSG zunehmend von nicht bepflanzten Mooren und Heide sowie Forsten im Aufwuchs in der zweiten Rotation abhängen. Es scheint, dass der Moor- und Heidebereich ungefähr konstant bleiben wird, während die Fläche der Forste im Aufwuchs in der zweiten Rotation variieren wird. Infolgedessen ist der für die Nahrungssuche der Kornweihe geeignete Bereich innerhalb des BSG dynamischer und nicht statischer Natur und verändert sich wegen der derzeitigen aktiven Forstbewirtschaftung ständig. Würden die Forste nicht aktiv bewirtschaftet, würde dies zum Verlust von Lebensraum für die Nahrungssuche führen.

24.

Der Anhang zeigt vier mögliche Auswirkungen des Windparks auf die Kornweihe auf. Erstens einen dauerhaften direkten Lebensraumverlust, der auf 9 ha geschätzt wird, was etwas mehr als 1 % der Gesamtfläche des Gebiets ausmache. Dazu gehören:

Etwa 1 ha abgetorfte Moorfläche und Feuchtwiesen würden für eine Windkraftanlage und den zugehörigen Zufahrtsweg verloren gehen, die derzeit geeignete Lebensräume für die Nahrungssuche seien;

weitere 2 ha abgetorften Moores würden für einen Lagerbereich verloren gehen (in Form einer Berme für Gesteinsmaterial, das nicht beim Bau genutzt werden kann), dürften sich jedoch „in gewissem Umfang mittel- bis langfristig erholen“ und

die verbleibende Fläche von etwa 6 ha mit überwiegend ausgewachsenen Nadelhölzern, die aktuell keinen Wert für Kornweihen haben; bei einer Neupflanzung jedoch von Wert wären.

25.

Zweitens wird angenommen, dass der Verdrängungseffekt im Umkreis von 250 m um Windkraftanlagen einen Verlust von 162,7 ha Lebensraum während der Lebensdauer des Projekts bedeuten würde.

26.

Drittens wird davon ausgegangen, dass die Kornweihe durch die Bautätigkeit für den Windpark von der Nahrungssuche abgehalten wird.

27.

Viertens wird nach den verfügbaren Studien das Risiko, dass Kornweihen mit Windkraftanlagen kollidieren, als gering eingeschätzt.

28.

Der Anhang erläutert die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen zur Änderung des derzeitigen Bewirtschaftungssystems sowie die Maßnahmen, die bei möglichen Auswirkungen des Windparks auf die Kornweihe zu treffen sind ( 17 ). Erstens würden nach dem Bewirtschaftungsplan drei derzeit bepflanzte Gebiete, die insgesamt 41,2 ha umfassen, vor der Errichtung des Windparks zu Flächenmoor renaturiert; davon werden 14,2 ha im Umkreis von 250 m um eine Windkraftanlage liegen.

29.

Zweitens würde der Bewirtschaftungsplan über die Laufzeit des Projekts 137,3 ha Wald in zweiter Rotation einer „behutsamen“ Bewirtschaftung unterziehen. Diese „behutsame“ Bewirtschaftung sieht das Roden und Ersetzen des Walds mit derzeit geschlossenem Kronendach vor, so dass 137,3 ha Wald mit offenem Kronendach als durchgängiger Lebensraum zur Nahrungssuche sichergestellt und ein ökologischer Korridor zwischen zwei offenen Moorbereichen geschaffen wird. Dies soll in Phasen geschehen, beginnend ein Jahr vor den Bauarbeiten.

30.

Drittens werden die Bauarbeiten generell auf Zeiten außerhalb der Hauptbrutzeit beschränkt sein.

31.

Wie sich dem vorlegenden Gericht zufolge aus dem Anhang ergibt, dient ein erheblicher Teil des BSG der kommerziellen Forstwirtschaft, die der Kornweihe nur während eines Abschnitts des Lebenszyklus der Nadelbäume einen geeigneten Lebensraum bietet. Würde der Wald nicht kommerziell bewirtschaftet, so dass die Bäume nicht gefällt und durch Neuanpflanzungen ersetzt, sondern auswachsen würden, wäre der Lebensraum in den bewaldeten Teilen des BSG für die Kornweihe daher nicht mehr günstig. Somit werde der wesentliche Zweck, für den das BSG ausgewiesen wurde, erfüllt, indem sich der Wald infolge der kommerziellen Aktivität in ständigem dynamischem Wandel befinde, so dass sich die Flächen, die zu einem gewissen Zeitpunkt als Lebensraum für die Kornweihe geeignet sind, ständig veränderten.

32.

Daher wäre nach Ansicht des vorlegenden Gerichts der durch die Bauarbeiten an dem Projekt verloren gehende Lebensraum nicht unbedingt zu einem bestimmten Zeitpunkt Teil des geeigneten Lebensraums, sondern lediglich Teil des Lebensraums, der – in Abhängigkeit vom gewählten Modell der Waldbewirtschaftung – geeignet sein könnte. Dessen ungeachtet könnte der dauerhafte Verlust eines erheblichen Teils des potenziellen Lebensraums über die Laufzeit des Projekts bedeuten, dass das als BSG ausgewiesene Gebiet als solches im Kern gefährdet sei, auch wenn es insgesamt auf eine Art und Weise bewirtschaftet werde, die seine Geeignetheit als Lebensraum für die Kornweihe erhalten, wenn nicht sogar erhöhen würde.

33.

Auf dieser Grundlage steht nach Überzeugung des vorlegenden Gerichts fest, dass mit dem Bewirtschaftungsplan der geeignete Lebensraum zumindest erhalten, voraussichtlich sogar erweitert werde. Im Hinblick auf die richtige Auslegung von Art. 6 der Habitatrichtlinie sei aber unklar, ob es angesichts der dynamischen Natur des Gebiets unionsrechtlich zulässig ist, den Bewirtschaftungsplan als schadensbegrenzend im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu qualifizieren, wie vom An Bord Pleanála vertreten, und nicht als Ausgleichsmaßnahme, wie von den Rechtsmittelführern vertreten. Ersteres spiegele sich in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie, Letzteres in Art. 6 Abs. 4 dieser Richtlinie wider.

34.

Vor diesem Hintergrund hat der Supreme Court (Oberster Gerichtshof) dem Gerichtshof folgende Frage vorgelegt:

Können für den Fall, dass

a)

der wesentliche Zweck eines Schutzgebiets darin liegt, einer bestimmten Art Lebensraum zu bieten,

b)

die Natur des für diese Art günstigen Lebensraums bedeutet, dass sich der günstige Teil des Gebiets zwangsläufig mit der Zeit verändert, und

c)

als Teil eines beantragten Projekts ein Bewirtschaftungsplan für das Gebiet als Ganzes (einschließlich Änderungen bei der Bewirtschaftung von Teilen des Gebiets, die nicht unmittelbar von dem Projekt selbst betroffen sind) zu erstellen ist, der darauf ausgelegt ist, sicherzustellen, dass die Größe des als Lebensraum geeigneten Gebiets zu keinem Zeitpunkt verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, aber

d)

bei einem Teil des Gebiets für die Dauer des Projekts ausgeschlossen ist, dass er einen geeigneten Lebensraum bieten kann,

Maßnahmen wie die in Buchst. c genannten richtigerweise als schadensbegrenzend angesehen werden?

35.

Die Rechtsmittelführer, die Entwickler, der An Bord Pleanála, die niederländische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht. Sie haben alle an der mündlichen Verhandlung vom 1. Februar 2018 teilgenommen.

IV. Stellungnahmen der Beteiligten

36.

Die Rechtsmittelführer und die Kommission tragen vor, dass die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichten, um als (schadensbegrenzende) Maßnahmen ( 18 ) im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie angesehen zu werden, weil sie die nachteiligen Auswirkungen der Entwicklung des Windparks auf das BSG nicht vermieden oder minderten. Für dieses Argument wird u. a. auf die Urteile Sweetman ( 19 ), Briels ( 20 ), Orleans ( 21 ) und Kommission/Deutschland („Kraftwerk Moorburg“) ( 22 ) Bezug genommen. Die Rechtsmittelführer und die Kommission betonen insbesondere, dass die dynamische Natur des Lebensraums und die Art seiner Bewirtschaftung nicht entscheidend seien, da Teile des Lebensraums (Moor- und Heidegebiete) überhaupt nicht dynamisch seien und das BSG in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung der gesamten Aktivität der Kornweihe im gesamten geschützten Gebiet betrachtet werden müsse.

37.

Der Prozessbevollmächtigte der Rechtsmittelführer hat in der mündlichen Verhandlung u. a. betont, dass das BSG so zu begreifen sei, dass es diejenigen Gebiete umfasse, die das Potenzial für geeigneten Lebensraum hätten, und nicht nur als Gebiet, das aus „einzelnen Teilen“ bestehe, die zu irgendeinem Zeitpunkt Lebensraum für Kornweihen böten. Somit sei es nicht möglich, die Windkraftanlagen zu bauen und zu betreiben, ohne das Gebiet, welches das Potenzial habe, geeigneten Lebensraum für die Kornweihe zu bieten, über die Laufzeit des Projekts zu verkleinern, und daher werde ein erheblicher Verlust geeigneten Lebensraums für die Kornweihe eintreten, der das BSG als solches unmittelbar beeinträchtige, was durch die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen nicht verhindert oder minimiert werde.

38.

Der Vertreter der Kommission hat in der mündlichen Verhandlung des Weiteren ausgeführt, ein Ansatz, der darauf abstelle, dass „kein Nettoverlust“ bestehenden Lebensraums stattfinde, und somit Gebiete, die das Potenzial für Lebensraum zur Nahrungssuche hätten, nicht berücksichtige, führe dazu, dass ausgewiesene Arten weniger geschützt würden als ausgewiesene Lebensraumtypen, was keine Stütze in der Habitatrichtlinie finde.

39.

Darüber hinaus führt die Kommission aus, dass die beiden Hauptpflichten aus Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie, wie sie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgelegt würden, durch die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erfüllt worden seien. Erstens enthalte der Bewirtschaftungsplan keine Maßnahmen, die die nachteiligen Auswirkungen des dauerhaften unmittelbaren Verlusts von 1 ha abgetorfter Moorfläche und Feuchtwiesen sowie des vorübergehenden unmittelbaren Verlusts von zusätzlichen 2 ha abgetorfter Moorfläche begrenzen könnten; die im Bewirtschaftungsplan vorgesehene Maßnahme zur Wiederherstellung der Flächenmoor- und Feuchtheidegebiete könne den Verlust in anderen Teilen des BSG ausgleichen, ihn jedoch nicht verringern oder vermeiden. Was den dauerhaften unmittelbaren Verlust von 6 ha ausgewachsenen Waldes betreffe und den Umstand, dass zusätzliche 162,7 ha Lebensraum zur Nahrungssuche aufgrund des Verdrängungseffekts der Windkraftanlagen nicht zur Verfügung stünden, stelle die im Bewirtschaftungsplan vorgesehene Maßnahme zur „behutsamen“ Bewirtschaftung anderer Waldgebiete ebenfalls keine Abhilfe für den Verlust potenziell geeigneten Lebensraums zur Nahrungssuche dar, sondern ziele darauf ab, diese Effekte auszugleichen. Zweitens seien die im Plan enthaltenen Maßnahmen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Behörden das Projekt genehmigt hätten, nicht im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs mit der erforderlichen Sicherheit vorhersehbar gewesen.

40.

Die niederländische Regierung, der An Bord Pleanála sowie die Entwickler tragen vor, Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie sei eingehalten worden. Dies sei deswegen der Fall, weil die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend seien, um (schadensbegrenzende) Schutzmaßnahmen darzustellen, die nachteilige Auswirkungen auf das BSG verhinderten oder verminderten. Sie führen aus, die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen Sweetman, Briels, Orleans und Kommission/Deutschland („Kraftwerk Moorburg“) unterschieden sich von der vorliegenden Rechtssache, und betonen, dass das Ausgangsverfahren den Schutz einer Art betreffe und nicht eines Lebensraumtyps und somit die Erhaltungsziele und grundlegenden Eigenschaften des BSG in Bezug auf diese Art zu berücksichtigen seien. Außerdem bestreiten sie die Behauptung der Kommission, die im Bewirtschaftungsplan enthaltenen Maßnahmen seien zum Zeitpunkt der Genehmigung durch den An Bord Pleanála nicht hinreichend sicher vorhersehbar gewesen.

41.

Die niederländische Regierung trägt insbesondere vor, dass die Kriterien für das Vorliegen einer Beeinträchtigung des Gebiets nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie bei einem Lebensraum einer (Vogel‑)Art andere seien als bei einem natürlichen Lebensraumtyp, da hierbei die Ziele des BSG im Hinblick auf die Art zu berücksichtigen seien. In dieser Hinsicht sei auch zwischen einem potenziell geeigneten Lebensraum und einem tatsächlich genutzten Lebensraum zu unterscheiden, mit dem Ergebnis, dass der Verlust eines Teils des Lebensraums, der nicht genutzt werde, angesichts der dynamischen Natur des Gebiets und der Mobilität der Kornweihe für sich genommen keine Beeinträchtigung darstelle, die als erheblich anzusehen sei, und dass das von der Kornweihe tatsächlich als Lebensraum genutzte Gebiet nicht verkleinert werde.

42.

Der An Bord Pleanála argumentiert u. a., dass er zu prüfen gehabt habe, ob das vorgeschlagene Projekt den dauerhaften Kerncharakter des BSG beeinträchtigen würde, d. h., ob es den der Kornweihe durch das BSG gewährten Schutz, insbesondere dessen Geeignetheit als Lebensraum zur Nahrungssuche reduzieren würde. In diesem Zusammenhang bedeute der Verlust von Teilen geeigneten Lebensraums und Teilen nicht geeigneten Lebensraums in einem Teil des Gebiets als solcher nicht zwingend eine Beeinträchtigung, weil sich der Lebensraum ständig dynamisch verändere. Folglich sei der Verlust eines Teils des Lebensraums in einem Teil des BSG im Gesamtkontext des vorgeschlagenen Projekts zu sehen, zu dem die aktive Bewirtschaftung des zur Schadensbegrenzung vorgeschlagenen Lebensraums im Rahmen des Bewirtschaftungsplans gehöre.

43.

Nach Meinung des An Bord Pleanála – und entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführer – handelt es sich bei der aktiven Bewirtschaftung nicht um einen nachträglichen Ausgleich nachteiliger Auswirkungen. Vielmehr stelle eine aktive Bewirtschaftung sicher, dass die Fläche geeigneten Lebensraums für die Kornweihe durch die kommerzielle Bewirtschaftung des Forstes während der Gültigkeitsdauer der Genehmigung erhalten oder gar vergrößert werde. Somit seien die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen, die nach Ansicht des An Bord Pleanála fester Bestandteil des vorgeschlagenen Projekts sind, darauf ausgelegt, Beeinträchtigungen der Kornweihe durch den Windpark zu vermeiden, indem sichergestellt werde, dass kein Nettoverlust, sondern sogar eine Nettovergrößerung des Lebensraums für die Nahrungssuche der Kornweihe eintrete. Insbesondere hat der Vertreter des An Bord Pleanála in der mündlichen Verhandlung betont, es gebe in diesem Fall keinen dauerhaften Verlust, weil die Lebensräume als solche keinen eigenen Wert hätten und die Bewirtschaftung der Wälder einen dauerhaften Lebensraum gewährleiste, was auch für die Moor- und Heideflächen gelte. Dass „kein Nettoverlust“ entstehe, sei lediglich eine Tatsachenfeststellung des An Bord Pleanála im spezifischen Kontext des Ausgangsverfahrens.

44.

Die Entwickler machen u. a. geltend, dass der Verlust, der durch den dauerhaften Verlust von 9 ha und den durch den Verdrängungseffekt verursachten Ausfall von 162,7 ha Lebensraum für die Nahrungssuche entstehe, im Kontext betrachtet werden müsse. Dies bedeute nämlich nicht, dass es für die Kornweihe keine geeigneten Lebensräume zur Nahrungssuche und zum Nisten an anderen Orten im BSG geben werde, und die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen stellten sicher, dass immer ein Gebiet zur Nahrungssuche und zum Nisten für die Kornweihe zur Verfügung stehen werde, welches mindestens so groß sei, wie das derzeit zur Verfügung stehende Gebiet. Der Prozessbevollmächtigte der Entwickler hat zudem in der mündlichen Verhandlung betont, dass die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen „Lichtjahre“ davon entfernt seien, schwer vorhersehbar im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu sein und dass das Problem der Vorhersehbarkeit in jedem Fall eine Tatsachenfrage sei, deren Prüfung nicht Aufgabe des Gerichtshofs sei.

V. Analyse

45.

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob in Fällen, in denen ein Gebiet zum Schutz und zur Erhaltung einer Art ausgewiesen ist und Teile dieses Gebiets durch menschliches Eingreifen im Lauf der Zeit verändert werden, um den Bedürfnissen der betreffenden Art gerecht zu werden, Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Projekt, bei dem ein Teil des Gebiets über seine Laufzeit nicht mehr als Lebensraum der Art geeignet ist, für die das Gebiet derzeit ausgewiesen ist, das jedoch einen Bewirtschaftungsplan einschließt, der sicherstellen soll, dass die Gesamtfläche geeigneten Lebensraums für die Art nicht verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, das Gebiet als solches beeinträchtigt.

46.

Die Frage des vorlegenden Gerichts betrifft somit die Prüfung der im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen in Bezug auf den Verlust von Lebensraum der Kornweihe durch den dauerhaften Verlust von 9 ha Lebensraum und den durch den Verdrängungseffekt der Windkraftanlagen verursachten Ausfall von 162,7 ha Lebensraum ( 23 ).

47.

Nach meiner Ansicht ist ein als für eine bestimmte Art ausgewiesenes BSG bei der Frage, ob eine zuständige nationale Behörde ihren Pflichten nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie nachgekommen ist, in seiner Gesamtheit zu betrachten. Bei der Beurteilung der Frage, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Begrenzung des durch die Beeinträchtigung verursachten Schadens hinreichend sind, Bereiche auszuschließen, die noch nicht als Lebensraum genutzt wurden (potenzielle Gebiete), steht nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung dieser Bestimmung. Das bedeutet im Kontext des Ausgangsverfahrens, dass die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen die Anforderung ausreichender (schadensbegrenzender) Schutzmaßnahmen nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie nicht erfüllen.

48.

Meine Analyse erfolgt in drei Schritten. Zuerst werde ich einige Vorbemerkungen zu bestimmten den zuständigen nationalen Behörden nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie obliegenden Pflichten in der Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs machen. Zweitens werde ich einschlägige Urteile des Gerichtshofs zum Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie erörtern. Drittens werde ich ihre Anwendung auf den Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache prüfen.

A.   Vorbemerkungen

49.

Hinsichtlich der zu BSG erklärten Gebiete sieht Art. 7 der Habitatrichtlinie vor, dass die Verpflichtungen, die sich aus Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der Vogelschutzrichtlinie ergeben, ab dem Datum der Anwendung der Habitatrichtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet entsprechend der Vogelschutzrichtlinie zum Schutzgebiet erklärt wird, u. a. durch die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 der Habitatrichtlinie ersetzt werden ( 24 ). Dies bedeutet, dass Pläne oder Projekte, die – wie der Windpark im vorliegenden Verfahren – zu BSG im Sinne der Vogelschutzrichtlinie erklärte Gebiete betreffen, u. a. den Anforderungen in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie unterliegen.

50.

Zusammengefasst enthält Art. 6 der Habitatrichtlinie folgende Regelung: Art. 6 Abs. 1 der Habitatrichtlinie soll sicherstellen, dass regelmäßig positive Maßnahmen ergriffen werden, damit der Schutzstatus des betreffenden Gebiets erhalten bzw. wiederhergestellt wird, während Art. 6 Abs. 2 bis 4 dieser Richtlinie einem anderen Zweck dient, nämlich einer Schädigung des Gebiets vorzubeugen, oder, in Ausnahmefällen, wenn ein Schaden hinzunehmen ist, diesen Schaden auf das geringstmögliche Maß zu verringern. Durch Art. 6 Abs. 2 wird den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats eine übergreifende Pflicht zur Vermeidung von Verschlechterungen oder Störungen auferlegt. Art. 6 Abs. 3 und 4 finden Anwendung, wenn Pläne oder Projekte nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind ( 25 ).

51.

Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Bestimmungen von Art. 6 der Habitatrichtlinie am Maßstab der mit der Richtlinie verfolgten Erhaltungsziele als ein zusammenhängender Normenkomplex auszulegen sind. Art. 6 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie sollen nämlich das gleiche Schutzniveau für natürliche Lebensräume und Habitate von Arten gewährleisten, während Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie eine Ausnahme von Art. 6 Abs. 3 Satz 2 darstellt ( 26 ), die der zuständigen einzelstaatlichen Behörde gestattet, Pläne oder Projekte trotz negativer Ergebnisse der Prüfung gemäß Art. 6 Abs. 3 unter bestimmten Bedingungen zu genehmigen.

52.

Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie sieht ein von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden durchzuführendes Prüfverfahren vor, das durch eine vorherige Prüfung gewährleisten soll, dass Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des betreffenden Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die dieses jedoch erheblich beeinträchtigen könnten, nur genehmigt werden, soweit sie dieses Gebiet als solches nicht beeinträchtigen. Diese Bestimmung sieht demgemäß zwei Phasen vor. Die erste, in Art. 6 Abs. 3 Satz 1 umschriebene Phase verlangt von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden der Mitgliedstaaten eine Prüfung der Verträglichkeit von Plänen oder Projekten mit einem geschützten Gebiet, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Pläne oder Projekte das Gebiet erheblich beeinträchtigen ( 27 ).

53.

In der für diese Rechtssache relevanten Phase, die in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie umschrieben ist und sich an die genannte Verträglichkeitsprüfung anschließt, wird die Genehmigung eines solchen Plans oder Projekts durch die zuständigen einzelstaatlichen Behörden vorbehaltlich Art. 6 Abs. 4 nur erteilt, wenn das betreffende Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird (siehe Nrn. 57 und 58 der vorliegenden Schlussanträge) ( 28 ).

54.

Dementsprechend hat der Gerichtshof entschieden, dass die zuständigen nationalen Behörden Pläne oder Projekte nur dann nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie genehmigen dürfen, wenn sie Gewissheit darüber erlangt haben, dass diese sich nicht nachteilig auf das geschützte Gebiet als solches auswirken. Dies sei dann der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehe, dass es keine solchen Auswirkungen gebe ( 29 ). Darüber hinaus stellte der Gerichtshof klar, dass der maßgebliche Zeitpunkt, zu dem aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen darf, dass sich ein Projekt nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt, der Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung ist, mit der das Projekt genehmigt wird ( 30 ).

55.

Umgekehrt, so die ständige Rechtsprechung, muss die zuständige nationale Behörde die Genehmigung des Plans oder des Projekts versagen, wenn Unsicherheit darüber besteht, ob keine nachteiligen Auswirkungen auf das Gebiet als solches auftreten. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass das in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie vorgesehene Kriterium für die Genehmigung den Vorsorgegrundsatz einschließt und es erlaubt, Beeinträchtigungen der Schutzgebiete als solcher durch Pläne oder Projekte wirksam zu verhüten. Ein weniger strenges Genehmigungskriterium könnte, so hat der Gerichtshof betont, die Verwirklichung des Ziels des Schutzes der Gebiete, dem diese Bestimmung dient, nicht ebenso wirksam gewährleisten ( 31 ).

56.

Die zuständige nationale Behörde hat nach diesem Grundsatz im Rahmen der Durchführung von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie die Verträglichkeit der Auswirkungen, die das Projekt auf das betreffende Gebiet hat, mit den Erhaltungszielen für dieses Gebiet zu prüfen. Dabei hat sie „die in das Projekt aufgenommenen Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen, mit denen die etwaigen unmittelbar verursachten schädlichen Auswirkungen auf das Gebiet verhindert oder verringert werden sollen, um dafür zu sorgen, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird“ ( 32 ). Die soeben beschriebenen Maßnahmen bezeichnen im Wesentlichen sogenannte schadensbegrenzende Maßnahmen (im Englischen: mitigatory measures), welches der vom vorlegenden Gericht in der Vorlageentscheidung verwendete Begriff ist ( 33 ).

57.

Der Gerichtshof hat es bislang vorgezogen, die in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie niedergelegten Verpflichtungen nicht mit dem Begriff „schadensbegrenzende Maßnahmen“ zu bezeichnen, weil „im Wortlaut von Art. 6 der Habitatrichtlinie keine Rede von irgendeiner ‚abmildernden Maßnahme‘ ist“ ( 34 ). Der Gerichtshof hat vielmehr hervorgehoben, dass die praktische Wirksamkeit der in Art. 6 der Habitatrichtlinie vorgesehenen Schutzmaßnahmen verhindern soll, dass die zuständige nationale Behörde durch sogenannte „abmildernde“ Maßnahmen, die in Wirklichkeit Ausgleichsmaßnahmen sind, die in Art. 6 Abs. 3 festgelegten spezifischen Verfahren umgeht und Projekte genehmigt, die das betreffende Gebiet als solches beeinträchtigen ( 35 ).

58.

So wie der Gerichtshof die den zuständigen nationalen Behörden nach Art. 6 der Habitatrichtlinie obliegenden Verpflichtungen auslegt, ist zu unterscheiden zwischen Schutzmaßnahmen, die Teil eines Plans oder Projekts sind und unmittelbare schädliche Auswirkungen auf das Gebiet als solches verhindern oder verringern und die gemäß Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie genehmigt werden können, und Ausgleichsmaßnahmen, die die schädlichen Auswirkungen des Plans oder Projekts auf das Gebiet als solches in einem weiteren Rahmen ausgleichen oder aufheben und die gemäß Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie genehmigt werden können ( 36 ). Dies bildet den Hintergrund für die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs zum Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie.

B.   Einschlägige Entscheidungen zu Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie

59.

Wie vorstehend erwähnt, hat der Gerichtshof bereits Gelegenheit gehabt, sich mit dem Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie zu befassen, insbesondere in seinen Entscheidungen in den Rechtssachen Sweetman u. a., Briels u. a., Orleans u. a. sowie in der Rechtssache Kommission/Deutschland („Kohlekraftwerk Moorburg“). Da sich die Parteien in ihrer Argumentation vor dem Gerichtshof auf diese Entscheidungen beziehen, werde ich recht ausführlich auf die Erwägungen des Gerichtshofs eingehen.

60.

In dem Vorabentscheidungsersuchen des Supreme Court (Oberster Gerichtshof) in der Rechtssache Sweetman u. a. ging es um die Prüfung der Verträglichkeit bestimmter als Teil eines Straßenbauprojekts vorgesehener Maßnahmen, welche zum dauerhaften und nicht wieder rückgängig zu machenden Verlust eines Teils des Kalk-Felspflasters eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung geführt hätten; bei diesem Gebiet handelte es sich um einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp, der durch die Habitatrichtlinie besonders geschützt wird ( 37 ). In seinem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Gebiet als solches nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie beeinträchtigt wird, wenn es in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt, was voraussetzt, dass seine grundlegenden Eigenschaften, die mit dem Vorkommen eines natürlichen Lebensraumtyps zusammenhängen, zu dessen Erhaltung das Gebiet in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne dieser Richtlinie aufgenommen wurde, dauerhaft erhalten bleiben ( 38 ).

61.

Auf dieser Grundlage befand der Gerichtshof, dass das betreffende Gebiet insbesondere deshalb als ein Gebiet, das einen prioritären Lebensraumtyp einschließt, ausgewiesen wurde, weil dort Kalk-Felspflaster vorkommt, das eine natürliche Ressource bildet, die, wenn sie einmal zerstört ist, nicht mehr ersetzt werden kann ( 39 ). Das Erhaltungsziel für das Gebiet entspricht somit der Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands der grundlegenden Eigenschaften des genannten Gebiets, nämlich des Vorkommens von Kalk-Felspflaster ( 40 ). Daher ist, so hat der Gerichtshof entschieden, wenn die zuständige nationale Behörde nach durchgeführter Prüfung zu dem Schluss gelangt, dass der Plan oder das Projekt zu einem dauerhaften und nicht mehr rückgängig zu machenden vollständigen oder teilweisen Verlust eines prioritären natürlichen Lebensraumtyps führt, dessen Erhaltung es rechtfertigte, das betreffende Gebiet als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung auszuweisen, davon auszugehen, dass der Plan oder das Projekt das Gebiet als solches beeinträchtigt und nicht nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie genehmigt werden kann ( 41 ).

62.

In der Rechtssache Briels ging es um die Prüfung gewisser Maßnahmen im Rahmen eines Straßenerweiterungsprojekts in den Niederlanden, die Auswirkungen auf ein nach der Habitatrichtlinie zum Schutz des natürlichen Lebensraumtyps „Pfeifengraswiesen“ ausgewiesenes Gebiet hatten, dessen Erhaltungsziel darin bestand, die Fläche des Lebensraumtyps auszudehnen und seine Qualität zu verbessern ( 42 ). Die betreffenden Maßnahmen zielten auf die Schaffung eines gleich großen oder größeren Areals dieses Lebensraumtyps an anderer Stelle im selben Gebiet ab, um die beeinträchtigten Areale zu ersetzen oder zu ergänzen ( 43 ).

63.

In seinem Urteil entschied der Gerichtshof, dass die fraglichen Maßnahmen nicht darauf abzielten, die erheblichen schädlichen Auswirkungen auf den Lebensraumtyp zu verhindern oder zu verringern, sondern eher darauf, die verursachten Auswirkungen auszugleichen. Vor diesem Hintergrund könnten die Maßnahmen nicht gewährleisten, dass das Projekt das Gebiet als solches nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie beeinträchtigen werde ( 44 ). Überdies, stellte der Gerichtshof fest, „lassen sich die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen – sei es auch größeren und qualitativ besseren – Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, im Allgemeinen nur schwer vorhersehen. Jedenfalls werden sie erst in einigen Jahren erkennbar sein …“ ( 45 ) Der Gerichtshof entschied deshalb, dass die fraglichen Maßnahmen im Rahmen des in Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie vorgesehenen Verfahrens nicht berücksichtigt werden könnten ( 46 ).

64.

Zudem lehnte Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Briels das von den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich vorgebrachte Argument ab, dass „das Gebiet als solches“ einer Gesamtbetrachtung anhand des sich bei einer Gesamtbilanzierung letztlich ergebenden Vor- oder Nachteils zu unterziehen sei, so dass es keine Rolle spiele, ob ein bestimmter Lebensraum in einem bestimmten Teil des Gebiets verloren gehe, sofern an einer anderen Stelle innerhalb des Gebiets ein gleicher Lebensraumtyp mit einer Fläche und Qualität zumindest gleichen (und vorzugsweise größeren) Umfangs geschaffen werde ( 47 ). Obwohl sie sich der Auffassung anschloss, dass das Gebiet als solches einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden sollte, hob sie hervor, dass Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in jedem Fall die Berücksichtigung der Erhaltungsziele erfordere. Selbst bei einer voraussichtlich positiven Gesamtbilanz komme es nämlich trotzdem zu einer negativen – womöglich sogar irreparablen – Einwirkung auf den bestehenden natürlichen Lebensraum und damit auf das Gebiet als solches ( 48 ).

65.

Im Urteil Orleans war der Gerichtshof mit der Prüfung von Maßnahmen befasst, die im Rahmen eines Projekts zur Entwicklung eines Hafens vorgeschlagen wurden, das die Entwicklung eines Gebiets eines natürlichen Lebensraumtyps vor der Verwirklichung möglicher schädlicher Auswirkungen auf den bestehenden Lebensraumtyp vorsah, die aber erst nach der Prüfung der Erheblichkeit der etwaigen Beeinträchtigung dieses Gebiets als solchem abgeschlossen sein würde ( 49 ).

66.

In seinem Urteil stellte der Gerichtshof fest, dass zum einen die Beeinträchtigungen des betroffenen Natura‑2000-Gebiets gewiss seien, da das vorlegende Gericht – welches festgestellt hatte, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen 20 ha an Schlickbänken und Marschland des betroffenen Natura‑2000-Gebiets entfallen lassen würden – sie beziffern konnte ( 50 ). Zum anderen seien die sich aus der Entwicklung der neuen Lebensräume ergebenden Vorteile bereits bei der Prüfung durch die nationale Behörde und beim Nachweis des Fehlens einer erheblichen Beeinträchtigung dieses Gebiets berücksichtigt worden, während das Ergebnis der Entwicklung dieser Gebiete ungewiss sei, da sie nicht abgeschlossen sei ( 51 ).

67.

Daher war der Gerichtshof der Auffassung, dass die Umstände dieses Falles denen in der Rechtssache Briels ähnelten, da zum Zeitpunkt der Prüfung der Verträglichkeit des Plans oder Projekts mit dem betreffenden Gebiet von derselben Annahme ausgegangen werde, dass die künftigen Vorteile die erheblichen Beeinträchtigungen dieses Gebiets abmildern würden, obwohl die betreffenden Entwicklungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden seien ( 52 ). Daraus folge, dass die schädlichen Auswirkungen von Plänen oder Projekten, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Gebiets in Verbindung stünden oder hierfür nicht notwendig seien und die das Gebiet als solches beeinträchtigten, nicht unter Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie fielen ( 53 ).

68.

In der Rechtssache Kommission/Deutschland („Kraftwerk Moorburg“) hatte die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland u. a. mit der Begründung eingeleitet, Deutschland habe eine bestimmte Maßnahme fälschlich als schadensbegrenzende Maßnahme nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie eingestuft ( 54 ). Die Maßnahme betraf eine Fischaufstiegsanlage, die in der Nähe des Kraftwerks Moorburg eingerichtet war, um die durch den Betrieb des kraftwerkseigenen Kühlsystems, das die Entnahme großer Wassermengen eines nahegelegenen Flusses erforderte, verursachten Verluste einzelner Exemplare auszugleichen. Dieser Fluss stellte eine Wanderstrecke für verschiedene Fischarten dar, die von den Erhaltungszielen einer Reihe stromaufwärts gelegener Natura‑2000-Gebiete umfasst waren ( 55 ).

69.

In seinem Urteil entschied der Gerichtshof, dass diese Fischaufstiegsanlage zu einer Stärkung der Wanderfischbestände führen könnte, indem sie es diesen Arten ermögliche, schneller ihre Laichgebiete zu erreichen und somit die beim Kraftwerk Moorburg verursachten Verluste ausgleiche, so dass die Erhaltungsziele der stromaufwärts vom Kraftwerk gelegenen Natura‑2000-Gebiete nicht in erheblichem Maß beeinträchtigt würden ( 56 ). Aus der von den deutschen Behörden vorgenommenen Verträglichkeitsprüfung gehe jedoch hervor, dass sie keine endgültigen Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Fischaufstiegsanlage enthalte; darin heiße es lediglich, dass ihre Wirksamkeit erst nach einem mehrjährigen Monitoring bestätigt werde ( 57 ). Folglich habe die Fischaufstiegsanlage zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung, auch wenn mit ihr die erheblichen unmittelbaren Auswirkungen auf die Natura‑2000-Gebiete verringert werden sollten, zusammen mit den weiteren Maßnahmen zur Verhinderung negativer Auswirkungen der Wasserentnahme nicht gewährleisten können, dass kein vernünftiger Zweifel daran bestanden habe, dass das Gebiet als solches durch das Kraftwerk nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie beeinträchtigt werde ( 58 ).

70.

Somit stelle ich fest, dass der Gerichtshof in keinem der oben genannten Urteile entschieden hat, dass die im Rahmen eines Entwicklungsplans oder ‑projekts vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend waren, um als Schutzmaßnahmen angesehen werden zu können, die im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie alle Beeinträchtigungen des Gebiets als solches vermeiden oder verringern.

C.   Anwendung auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

71.

Obwohl die Sachverhalte der obigen Entscheidungen dem des vorliegenden Verfahrens nicht entsprechen, stützen einige in diesen Entscheidungen dargelegten Grundsätze meines Erachtens den Schluss, dass die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichen, um als Schutzmaßnahmen angesehen zu werden, die im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie in der Auslegung durch den Gerichtshof Beeinträchtigungen des fraglichen BSG als solches vermeiden oder verringern, da der Bewirtschaftungsplan die Berücksichtigung potenziellen Lebensraums der Kornweihe ausschließt.

72.

Ich räume ein, dass die obigen Urteile Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie im Zusammenhang mit der Prüfung von Maßnahmen betrafen, die als Teil eines Plans bzw. Projekts vorgeschlagen wurden, das ein Gebiet beeinträchtigt hat, das nach dieser Richtlinie als geschützter Lebensraumtyp ausgewiesen war. Trotzdem weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof bereits im Urteil Sweetman (siehe Nr. 60 dieser Schlussanträge) im Rahmen der Prüfung, ob die als Teil eines Plans oder Projekts vorgeschlagenen Maßnahmen als Maßnahmen angesehen werden können, die eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gebiets als solches vermeiden oder vermindern, die Bedeutung der grundlegenden Eigenschaften des Gebiets im Zusammenhang mit den Zielen, die der Ausweisung als Schutzgebiet zugrunde liegen, hervorgehoben hat.

73.

Überdies befand der Gerichtshof in den Urteilen Briels, Orleans und Kommission/Deutschland („Kraftwerk Moorburg“) im Wesentlichen, dass Maßnahmen, die einen bezifferten Verlust an anderer Stelle des Gebiets ausgleichen, nicht als Maßnahmen betrachtet werden können, die Beeinträchtigungen des Gebiets als solches ausreichend abmildern. Darüber hinaus hob der Gerichtshof erstmals im Urteil Briels hervor, dass sich die positiven Auswirkungen der Schaffung eines neuen Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität des gleichen Lebensraums in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, im Allgemeinen nur schwer vorhersehen lassen (siehe Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge).

74.

In der vorliegenden Rechtssache ist das Erhaltungsziel des BSG, den günstigen Erhaltungszustand der Kornweihe zu erhalten oder wiederherzustellen (siehe Nr. 13 der vorliegenden Schlussanträge). Somit bestehen die grundlegenden Eigenschaften des BSG darin, gemäß dessen Erhaltungsziel ausreichenden Lebensraum für die Kornweihe sicherzustellen.

75.

Wie im Anhang angegeben, wird der Windpark zur Folge haben, dass der Kornweihe eine Fläche ihres Lebensraums zur Nahrungssuche im BSG verloren geht. Dies wird im Anhang als dauerhafter und direkter Verlust von 9 ha Lebensraum sowie durch den Verdrängungseffekt der Turbinen verursachter Ausfall von 162,7 ha Lebensraum beziffert (siehe Nrn. 24 und 25 der vorliegenden Schlussanträge). Der geplante Windpark wird als solcher der Kornweihe einen Teil ihres bestehenden und potenziellen Lebensraums entziehen. Es wird behauptet, dass durch die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen die Größe des Lebensraums im BSG insgesamt erhalten bleibe und eine Beeinträchtigung des Gebiets somit vermieden werde.

76.

Nach meiner Ansicht gleichen die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen denen in den Rechtssachen Briels und Orleans, weil sie ausreichenden „bestehenden“ Lebensraum für die Kornweihe gewährleisten können, aber nicht die Ursache des Problems angehen, nämlich den Verlust notwendiger Flächen. Da sich die erwarteten positiven Auswirkungen der im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen über die gesamte Dauer des Projekts verteilen, bin ich – im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs – der Auffassung, dass die Verpflichtung, sicherzustellen, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung durch die zuständige Behörde kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass sich die Maßnahmen nicht nachteilig auf das BSG als solches auswirken, nicht erfüllt ist.

77.

Ferner bin ich der Auffassung, dass unter den spezifischen Umständen des Ausgangsverfahrens der potenzielle Lebensraum für die Kornweihe zu den grundlegenden Eigenschaften des BSG gehört und zum günstigen Erhaltungszustand der Kornweihe beiträgt. Somit ist der erhebliche Verlust potenziellen Lebensraums der Kornweihe bei der Beurteilung der Frage, ob die im Bewirtschaftungsplan vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend sind, um die Beeinträchtigung des BSG durch den Windpark zu vermeiden oder zu verringern, zu berücksichtigen. Potenzielle Flächen innerhalb des unionsrechtlich geschützten Gebiets sind nichts anderes als Flächen, die noch nicht bewirtschaftet wurden, weil die wechselnden Anforderungen des Lebensraums der Kornweihe dies noch nicht erfordert haben, oder die noch nicht geeignet sind, der Kornweihe eine Lebensgrundlage zu bieten.

78.

Ich erinnere daran, dass die Kornweihe eine in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführte Vogelart ist, und somit nach dem achten Erwägungsgrund und Art. 4 dieser Richtlinie besondere Schutzmaßnahmen zur Erhaltung ihrer Lebensräume zu treffen sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen ( 59 ). Der Gerichtshof hat entschieden, dass „Art. 4 der Vogelschutzrichtlinie eine Regelung vorsieht, die gerade die in Anhang I aufgezählten Arten und die Zugvogelarten unter verstärkten Schutz stellt, was durch die Tatsache gerechtfertigt ist, dass es sich um die am meisten bedrohten Arten bzw. um Arten handelt, die ein gemeinsames Erbe der Europäischen Union darstellen ( 60 )“. Ebenfalls hervorzuheben ist, dass die den zuständigen nationalen Behörden auferlegten Pflichten zum Schutz dieser Arten schon bestehen, bevor eine Abnahme der Vogelzahl festgestellt worden ist oder bevor sich die Gefahr des Aussterbens einer geschützten Vogelart konkretisiert hat ( 61 ).

79.

Hervorzuheben ist außerdem, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs die Bedeutung des Vorsorgegrundsatzes bei der Beurteilung von Maßnahmen nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie betont hat (siehe Nrn. 55 und 56 der vorliegenden Schlussanträge). Nach meiner Ansicht gilt dies erst recht im Fall der Kornweihe, die im Anhang eines Leitfadens der Kommission aus neuerer Zeit als Vogelart erwähnt wird, die als durch Windparks besonders gefährdet gilt, wie beispielsweise durch Verdrängung aus dem Lebensraum ( 62 ).

80.

Daher komme ich zu dem Schluss, dass unter den Umständen des Ausgangsverfahrens die in einem Bewirtschaftungsplan im Rahmen eines Entwicklungsprojekts vorgeschlagenen Maßnahmen, die darauf ausgelegt sind, sicherzustellen, dass die Größe des als Lebensraum geeigneten Gebiets – dessen wesentlicher Zweck die Bereitstellung von Lebensraum für eine geschützte Art ist – zu keinem Zeitpunkt verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, aber bei einem Teil des Gebiets für die Dauer des Projekts ausgeschlossen ist, dass er einen geeigneten Lebensraum für diese Art bieten kann, die Voraussetzungen ausreichend schützender (schadensbegrenzender) Maßnahmen gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie nicht erfüllen.

VI. Ergebnis

81.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Supreme Court (Oberster Gerichtshof, Irland) gestellte Vorlagefrage wie folgt zu antworten:

Für den Fall, dass

a)

der wesentliche Zweck eines Schutzgebiets darin liegt, einer bestimmten Art Lebensraum zu bieten,

b)

die Natur des für diese Art günstigen Lebensraums bedeutet, dass sich der günstige Teil des Gebiets zwangsläufig mit der Zeit verändert, und

c)

als Teil eines beantragten Projekts ein Bewirtschaftungsplan für das Gebiet als Ganzes (einschließlich Änderungen bei der Bewirtschaftung von Teilen des Gebiets, die nicht unmittelbar von dem Projekt selbst betroffen sind) zu erstellen ist, der darauf ausgelegt ist, sicherzustellen, dass die Größe des als Lebensraum geeigneten Gebiets zu keinem Zeitpunkt verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, aber

d)

bei einem Teil des Gebiets für die Dauer des Projekts ausgeschlossen ist, dass er einen geeigneten Lebensraum bieten kann,

können Maßnahmen wie die unter Buchst. c beschriebenen nicht als Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Plans oder Projektes angesehen werden, die darauf ausgelegt sind, unmittelbare nachteilige Auswirkungen auf das Gebiet zu vermeiden oder zu verringern, so dass sichergestellt ist, dass dieser Plan bzw. dieses Projekt das Gebiet als solches nicht im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen beeinträchtigt.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Siehe etwa den Film des Vogelschutzverbands Royal Society for the Protection of Birds, der im Rahmen des „Skydancer Conservation Project“ (2011–2015), mit dem der Schutz der Kornweihe in England gefördert werden soll, produziert wurde, zugänglich unter https://www.rspb.org.uk/our-work/conservation/conservation-and-sustainability/safeguarding-species/skydancer.

( 3 ) Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (kodifizierte Fassung) (ABl. 2010, L 20, S. 7).

( 4 ) Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7).

( 5 ) Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Bulgarien (C‑141/14, EU:C:2015:528, Nr. 1). Vgl. u. a. Urteile vom 21. Juli 2011, Azienda Agro-Zootecnia Franchini und Eolica di Altamura (C‑2/10, EU:C:2011:502), und vom 14. Januar 2016, Kommission/Bulgarien (C‑141/14, EU:C:2016:8).

( 6 ) Siehe z. B. BirdWatchIreland, „The bird behind the headlines: getting to know the Hen Harrier“, eWings Ausgabe 64, Januar 2015, abrufbar unter http://www.birdwatchireland.ie.

( 7 ) So steht die Kornweihe auf der Roten Liste der bedrohten Arten 2016 der IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources), abrufbar unter http://www.iucnredlist.org.

( 8 ) Die Kornweihe ist bereits seit dem Erlass der ursprünglichen Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten [ABl. 1979, L 103, S. 1]) und sogar noch früher seit dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission für diese Richtlinie in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt. Vgl. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Erhaltung der Vogelarten, COM(76) 676 final, Anhang I.

( 9 ) Vgl. auch den achten Erwägungsgrund der Vogelschutzrichtlinie, der, soweit relevant, vorsieht: „Für einige Vogelarten sollten besondere Maßnahmen zur Erhaltung ihres Lebensraums getroffen werden, um Fortbestand und Fortpflanzung dieser Arten in ihrem Verbreitungsgebiet zu gewährleisten.“

( 10 ) S.I. (Verordnung) Nr. 587/2011 – European Communities (Conservation of Wild Birds [Slievefelim to Silvermines Mountains Special Protection Area 004165]) Regulations 2011, Schedule 3, abrufbar unter http://www.irishstatutebook.ie/eli/2011/si/588/made/en/print.

( 11 ) Der Vorlageentscheidung ist zu entnehmen, dass die Gesamtfläche 20935 ha beträgt. Siehe auch Natura‑2000-Datenblatt für die Fläche IE0004165, Slievefelim to Silvermines Mountains SPA, abrufbar unter https://www.npws.ie/sites/default/files/protected-sites/natura2000/NF004165.pdf (im Folgenden: Natura‑2000-Datenblatt).

( 12 ) Erhaltungsziele für das BSG Slievefelim to Silvermines Mountains [004165] vom 15. August 2016, abrufbar unter https://www.npws.ie/sites/default/files/protected-sites/conservation_objectives/CO004165.pdf.

( 13 ) Natura-2000-Datenblatt; Zusammenfassung für das besondere Schutzgebiet Slievefelim to Silvermines Mountains, abrufbar unter https://www.npws.ie/sites/default/files/protected-sites/synopsis/SY004165.pdf.

( 14 ) Urteil vom 13. Dezember 2007, Kommission/Irland (C‑418/04, EU:C:2007:780, Rn. 105); vgl. auch ebd., Rn. 170 bis 175. Angemerkt sei, dass die Kornweihe auch im Kontext früherer Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland und Frankreich Erwähnung fand: vgl. Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola in der Rechtssache Kommission/Irland (C‑392/96, EU:C:1998:612, Nr. 45) sowie Urteil vom 7. Dezember 2000, Kommission/Frankreich (C‑374/98, EU:C:2000:670, Rn. 16), und Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Kommission/Frankreich (C‑374/98, EU:C:2000:86, Nr. 35).

( 15 ) In ihren schriftlichen Erklärungen haben ESB Wind Development und Coillte angegeben, dass die von dem Windpark generierte Elektrizität in das nationale Stromnetz eingespeist und im Rahmen des Engagements der irischen Regierung zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Verringerung von Treibhausgasemissionen Elektrizität aus fossilen Brennstoffen ersetzen wird.

( 16 ) Im Allgemeinen liegt ein geschlossenes Kronendach vor, wenn die Kronen sich überschneiden und eine nahezu geschlossene Fläche bilden, während bei einem offenen Kronendach größere Abstände bestehen und somit Sonnenlicht durch einige Stellen dringt. Vgl. etwa Allaby, M. (Hrsg.), A Dictionary of Plant Sciences, 3. Aufl., Oxford University Press, 2012 und 2013.

( 17 ) Dem Anhang zufolge hat der Bewirtschaftungsplan drei Hauptziele: 1. Wiederherstellung der Flächenmoor- und Feuchtheidegebiete (die natürlichen Lebensräume der Gegend) an zwei bestimmten Standorten auf dem Gebiet; 2. Schaffung von Flächen optimalen Lebensraums für Kornweihen, Schottische Moorschneehühner und andere Wildtiere in dem Gebiet während der Laufzeit des Projekts und 3. Schaffung eines Korridors, durch den Flächen geeigneter Moorlebensräume für Kornweihen verbunden werden.

( 18 ) Siehe Nrn. 56 und 57 dieser Schlussanträge.

( 19 ) Urteil vom 11. April 2013, Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2013:220, im Folgenden: Urteil Sweetman).

( 20 ) Urteil vom 15. Mai 2014, Briels u. a. (C‑521/12, EU:C:2014:330, im Folgenden: Urteil Briels).

( 21 ) Urteil vom 21. Juli 2016, Orleans u. a. (C‑387/15 und C‑388/15, EU:C:2016:583, im Folgenden: Urteil Orleans).

( 22 ) Urteil vom 26. April 2017, Kommission/Deutschland (C‑142/16, EU:C:2017:301).

( 23 ) Anzumerken ist, dass sich die Vorlagefrage nicht auf die im Anhang dargelegten möglichen Auswirkungen des Windparks betreffend die Bautätigkeiten und das Kollisionsrisiko (siehe Nrn. 26, 27 und 30 dieser Schlussanträge) bezieht. Daher werde ich nicht weiter auf diese eingehen.

( 24 ) Vgl. z. B. Urteil vom 24. November 2011, Kommission/Spanien (C‑404/09, EU:C:2011:768, Rn. 97 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 25 ) Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Sweetman u. a. (C‑258/11, EU:C:2012:743, Nrn. 41 bis 45).

( 26 ) Vgl. z. B. Urteil Orleans, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 27 ) Vgl. z. B. Urteil Orleans, Rn. 43 und 44.

( 28 ) Vgl. z. B. Urteil Orleans, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung. Vgl. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Sweetman, Nrn. 45 bis 51.

( 29 ) Vgl. z. B. Urteil Kommission/Deutschland, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung. Hervorhebung nur hier. Vgl. auch z. B. Urteil Briels, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Kommission/Polen (C‑441/17, EU:C:2018:80, Nr. 154).

( 30 ) Vgl. z. B. Urteil Kommission/Deutschland, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 31 ) Vgl. Urteil vom 7. September 2004, Waddenvereniging und Vogelsbeschermingvereniging (C‑127/02, EU:C:2004:482, Rn. 57 und 58).

( 32 ) Vgl. z. B. Urteil Orleans, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung. Hervorhebung nur hier.

( 33 ) Der Begriff „Maßnahmen zur Schadensbegrenzung“ wird in der Literatur und in EU‑Texten, insbesondere im Auslegungsleitfaden der Kommission zu Art. 6 der Habitatrichtlinie, verwendet; zu finden unter http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/art6/new_guidance_art6_4_de.pdf.

( 34 ) Urteil Orleans, Rn. 57. Vgl. auch Urteil vom 12. April 2018, People Over Wind und Sweetman (C‑323/17, EU:C:2018:244, Rn. 25).

( 35 ) Urteil Briels, Rn. 33; Urteil Orleans, Rn. 58.

( 36 ) Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Briels u. a. (C‑521/12, EU:C:2014:113, Nrn. 29 bis 36 und 46 bis 51). Vgl. auch den Auslegungsleitfaden der Kommission zu Art. 6 Abs. 4 der „Habitat-Richtlinie“ 92/43/EWG (2007/2012), zitiert in Fn. 33, Ziff. 1.4. Nach Art. 6 Abs. 4 der Habitatrichtlinie muss der Mitgliedstaat in dem Fall, dass ein Projekt trotz negativer Ergebnisse der vorgenommenen Prüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses durchzuführen ist und es keine Alternativlösung gibt, alle notwendigen „Ausgleichsmaßnahmen“ ergreifen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist, und die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen unterrichten. Daher können die nationalen Behörden eine Genehmigung nach Art. 6 Abs. 4 nur erteilen, sofern die darin festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Vgl. z. B. Urteil Orleans, Rn. 60 bis 63 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 37 ) Urteil Sweetman, Rn. 11 bis 12 und 26.

( 38 ) Urteil Sweetman, Rn. 39. Hervorhebung nur hier. Vgl. z. B. auch Urteil Briels, Rn. 21, und Urteil Orleans, Rn. 47.

( 39 ) Urteil Sweetman, Rn. 45.

( 40 ) Urteil Sweetman, Rn. 45.

( 41 ) Urteil Sweetman, Rn. 46 bis 48.

( 42 ) Urteil Briels, Rn. 9 und 10.

( 43 ) Urteil Briels, Rn. 12, 13 und 18.

( 44 ) Urteil Briels, Rn. 31.

( 45 ) Urteil Briels, Rn. 32. Vgl. auch z. B. Urteil Orleans, Rn. 52.

( 46 ) Urteil Briels, Rn. 32.

( 47 ) Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Briels, Nr. 40.

( 48 ) Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Briels, Nrn. 41 und 42.

( 49 ) Urteil Orleans, Rn. 11 bis 16, 20, 21 und 30.

( 50 ) Urteil Orleans, Rn. 37 und 55.

( 51 ) Urteil Orleans, Rn. 55.

( 52 ) Urteil Orleans, Rn. 56.

( 53 ) Urteil Orleans, Rn. 59.

( 54 ) Urteil Kommission/Deutschland, Rn. 9 und 14.

( 55 ) Urteil Kommission/Deutschland, Rn. 6 und 7.

( 56 ) Urteil Kommission/Deutschland, Rn. 36.

( 57 ) Urteil Kommission/Deutschland, Rn. 37.

( 58 ) Urteil Kommission/Deutschland, Rn. 35 und 38.

( 59 ) Siehe Nr. 12 dieser Schlussanträge. Vgl. auch den von der Kommission finanzierten Bericht über Fallstudien zum Genehmigungsverfahren nach Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie (Juni 2013), siehe Anmerkung 33, Fallstudie 1: „Adopting a systematic approach to the screening and AA of plans and projects relating to forest activities (Ireland)“, S. 10 (wonach die Kornweihe eine der wichtigsten Arten ist, die in Gebieten vorkommen, in denen Entscheidungen im Bereich der Forstwirtschaft eine wichtige Rolle spielen und „sie … weiterhin ernsthaft gefährdet [ist] und ihr Bestand … in BSG [zurückgeht]“).

( 60 ) Vgl. u. a. Urteil vom 14. Oktober 2010, Kommission/Österreich (C‑535/07, EU:C:2010:602, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 61 ) Vgl. u. a. Urteil vom 24. November 2016, Kommission/Spanien (C‑461/14, EU:C:2016:895, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Kommission/Spanien (C‑461/14, EU:C:2016:110, Nr. 72).

( 62 ) Commission Guidance Document, Wind energy developments and Natura 2000 (Leitfaden der Kommission: Entwicklung der Windenergie und Natura 2000) (2011), zu finden unter Anmerkung 33, Anhang II. Von Interesse ist auch, dass dies im Einklang mit dem neueren Forschungsprojekt „Windharrier – Interactions between hen harriers and wind turbines“ (Kornweihe – Interaktionen zwischen Kornweihen und Windkraftanlagen) (2012–2014) steht, das sich mit bestimmten Problemen zum Thema Kornweihen und Windkraft in Irland befasst, abrufbar unter https://www.ucc.ie/en/forestecology/research/windharrier/.

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