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Document 62017CC0070

    Schlussanträge des Generalanwalts M. Szpunar vom 13. September 2018.
    Abanca Corporación Bancaria SA gegen Alberto García Salamanca Santos und Bankia SA gegen Alfonso Antonio Lau Mendoza und Verónica Yuliana Rodríguez Ramírez.
    Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo und des Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Art. 6 und 7 – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Klausel über die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags – Feststellung der teilweisen Missbräuchlichkeit der Klausel – Befugnisse des nationalen Richters beim Vorliegen einer als ‚missbräuchlich‘ eingestuften Klausel – Ersetzung der missbräuchlichen Klausel durch eine nationale Rechtsvorschrift.
    Verbundene Rechtssachen C-70/17 und C-179/17.

    Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2018:724

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MACIEJ SZPUNAR

    vom 13. September 2018 ( 1 )

    Rechtssache C‑70/17

    Abanca Corporación Bancaria SA

    gegen

    Alberto García Salamanca Santos

    (Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo [Oberster Gerichtshof, Spanien])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 93/13/EWG – Verbraucherschutz – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Klausel über die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags – Art. 6 Abs. 1 – Art. 7 Abs. 1 – Feststellung der teilweisen Missbräuchlichkeit – Befugnisse des nationalen Gerichts – Anwendung einer dispositiven Vorschrift des nationalen Rechts“

    und

    Rechtssache C‑179/17

    Bankia SA

    gegen

    Alfonso Antonio Lau Mendoza,

    Verónica Yuliana Rodriguez Ramirez

    (Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona [Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona, Spanien])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 93/13/EWG – Verbraucherschutz – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Klausel über die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags – Art. 6 Abs. 1 – Befugnisse des nationalen Gerichts – Anwendung einer dispositiven Vorschrift des nationalen Rechts“

    Inhaltsverzeichnis

     

    I. Einleitung

     

    II. Rechtlicher Rahmen

     

    A. Unionsrecht

     

    B. Spanisches Recht

     

    III. Sachverhalt der Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

     

    A. Rechtssache C‑70/17

     

    B. Rechtssache C‑179/17

     

    IV. Verfahren vor dem Gerichtshof

     

    V. Würdigung

     

    A. Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen in der Rechtssache C‑179/17

     

    B. Zur Beantwortung der Fragen in den Rechtssachen C‑70/17 und C‑179/17

     

    1. Allgemeine Erwägungen

     

    2. Vorbemerkungen

     

    3. Relevante Rechtsprechung

     

    a) Zur Einstufung der Klausel als missbräuchlich durch das nationale Gericht

     

    b) Zu den Konsequenzen, die aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu ziehen sind

     

    1) Die Grundregel in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs: Verpflichtung des nationalen Gerichts, eine missbräuchliche Klausel nicht anzuwenden, ohne befugt zu sein, ihren Inhalt abzuändern

     

    2) Die Ausnahme von der Regel: Urteil Kásler und Káslerné Rábai

     

    4. Zur ersten Frage in der Rechtssache C‑70/17: Tragweite der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung im Licht der angeführten Rechtsprechung

     

    a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Trennbarkeit der Bestimmung

     

    1) Die Auslegung des Bundesgerichtshofs

     

    2) Zustimmung der überwiegenden deutschen Lehrmeinung

     

    b) Die streitige Klausel

     

    1) Trennbarkeit oder geltungserhaltende Abänderung der Klausel

     

    2) Ist die Zielsetzung der streitigen Klausel – im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs – ohne Angabe der für ihre Anwendung erforderlichen Zahl nicht gezahlter Monatsraten gewahrt?

     

    5. Zur zweiten Frage in der Rechtssache C‑70/17 und zur ersten Frage in der Rechtssache C‑179/17: Möglichkeit, das Hypothekenvollstreckungsverfahren unter ergänzender Anwendung einer nationalen Vorschrift wie Art. 693 Abs. 2 LEC fortzuführen

     

    a) Können die fraglichen Hypothekendarlehensverträge nach Streichung der streitigen missbräuchlichen Klauseln rechtlich fortbestehen?

     

    b) Zur ergänzenden Anwendung von Art. 693 Abs. 2 LEC

     

    c) Rechtfertigen die Vorteile des Hypothekenvollstreckungsverfahrens die Fortführung der Hypothekenvollstreckung nach der Feststellung der Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung?

     

    d) Zur Möglichkeit, den Verbraucher über die Vorteile der Fortführung der Hypothekenvollstreckung zu informieren: das Urteil Pannon GSM

     

    6. Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑179/17

     

    C. Abschließende Bemerkung

     

    VI. Ergebnis

    I. Einleitung

    1.

    In seinen Schlussanträgen vom 16. Dezember 1999 in den verbundenen Rechtssachen Océano Grupo Editorial und Salvat Editores ( 2 ) hat Generalanwalt Saggio ausgeführt, der Gerichtshof sei in diesen Rechtssachen erstmals aufgefordert, zur Richtlinie 93/13/EWG ( 3 ) Stellung zu nehmen. Der Gerichtshof war damals von einem spanischen Gericht wegen der Befugnis des Gerichts angerufen worden, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen. Seitdem hat sich der Gerichtshof meiner Kenntnis nach 26 Mal zur Auslegung dieser Richtlinie auf Ersuchen spanischer Gerichte geäußert. Ein großer Teil dieser Anfragen wurde in der Zeit nach Verkündung des Urteils Aziz ( 4 ) gestellt, das am 14. März 2013, mitten in der Wirtschaftskrise, ergangen war.

    2.

    Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Richtlinie 93/13 spielte eine wichtige, wenn nicht sogar entscheidende Rolle für die Stärkung des Binnenmarkts und des Verbraucherschutzes im Sinne dieser Richtlinie, die nunmehr ein unverzichtbares Element des alltäglichen Schutzes der Verbraucher in der Europäischen Union darstellt. Diese Rechtsprechungstätigkeit erfolgte und erfolgt weiterhin in enger Zusammenarbeit nicht nur mit den spanischen Gerichten, sondern auch mit den Gerichten vieler anderer Mitgliedstaaten.

    3.

    In den vorliegenden Rechtssachen haben die Vorabentscheidungsersuchen erneut die Auslegung der Richtlinie 93/13 zum Gegenstand. Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) und der Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona, Spanien) haben insbesondere Zweifel an der Vereinbarkeit der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) betreffend die Auslegung der Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung mit dem durch diese Richtlinie eingeführten System zum Schutz der Verbraucher.

    4.

    Mit seinen Fragen möchte das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) im Wesentlichen wissen, ob das Unionsrecht einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, die es dem nationalen Gericht erlaubt, der Nichtigkeit einer missbräuchlichen Klausel über die vorzeitige Fälligstellung durch Änderung dieser Klausel und Ersetzung ihres geänderten Teils durch eine Vorschrift des nationalen Rechts abzuhelfen, um den Finanzinstituten die Möglichkeit zu geben, das besondere Verfahren der Zwangsvollstreckung in eine mit einer Hypothek belastete Immobilie (im Folgenden: Hypothekenvollstreckungsverfahren) fortzuführen, soweit dies für den Verbraucher/Schuldner günstiger wäre als die Vollstreckung einer Verurteilung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens.

    5.

    Der Gerichtshof hatte bereits mehrfach Gelegenheit, sich zu diesen Fragen zu äußern, und seine diesbezügliche Rechtsprechung ist nicht nur gefestigt und wird seit mehreren Jahren in den Mitgliedstaaten angewandt, sondern sie ist auch bei den Verbrauchern in der Union wohlbekannt. Er hat daher zu entscheiden, ob er seine Rechtsprechung ändern oder bestätigen möchte ( 5 ).

    II. Rechtlicher Rahmen

    A. Unionsrecht

    6.

    Der vierte Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 besagt: „Die Mitgliedstaaten müssen dafür Sorge tragen, dass die mit den Verbrauchern abgeschlossenen Verträge keine missbräuchlichen Klauseln enthalten.“

    7.

    Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 lautet:

    „Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften … beruhen, … unterliegen nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie.“

    8.

    Art. 3 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:

    „(1)   Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.

    (2)   Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.“

    9.

    Art. 4 der Richtlinie lautet wie folgt:

    „(1)   Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.

    (2)   Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“

    10.

    Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

    „Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

    11.

    Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

    „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.“

    B. Spanisches Recht

    12.

    Art. 1101 des Código Civil (Zivilgesetzbuch; im Folgenden: CC) bestimmt:

    „Wer bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen vorsätzlich oder fahrlässig handelt oder diese verspätet erfüllt oder in irgendeiner Weise diese Verpflichtungen nicht einhält, ist verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.“

    13.

    Art. 1124 CC bestimmt:

    „Die Befugnis zur Auflösung von Verpflichtungen gilt im Fall gegenseitiger Verpflichtungen stillschweigend, wenn eine der Vertragsparteien ihren Verpflichtungen nicht nachkommt.

    Der Geschädigte kann die Erfüllung der Verpflichtung oder ihre Auflösung verlangen, wobei im einen wie im anderen Fall Schadensersatz geschuldet wird. Selbst nachdem er die Erfüllung gewählt hat, kann er die Auflösung verlangen, wenn sich die Erfüllung als unmöglich erweist.

    Das Gericht verfügt die begehrte Auflösung, sofern nicht berechtigte Gründe vorliegen, die es ihm gestatten, eine Frist für die Erfüllung der Verpflichtung zu setzen.“

    14.

    Art. 552 Abs. 1 der Ley 1/2000 de Enjuiciamiento Civil (Gesetz 1/2000 über den Zivilprozess) vom 7. Januar 2000 ( 6 ) in ihrer auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung (im Folgenden: LEC), betreffend die Kontrolle missbräuchlicher Klauseln von Amts wegen, bestimmt:

    „Das Gericht prüft von Amts wegen, ob eine Klausel eines der in Art. 557 Abs. 1 genannten Vollstreckungstitel als missbräuchlich eingestuft werden kann. Stellt es fest, dass eine dieser Klauseln als missbräuchlich eingestuft werden kann, hört es die Parteien binnen fünfzehn Tagen an. Nach ihrer Anhörung trifft es binnen fünf Werktagen die erforderlichen Anordnungen gemäß Art. 561 Abs. 1 Nr. 3.“

    15.

    In Art. 557 LEC heißt es:

    „(1)   Wird die Vollstreckung aufgrund von Titeln im Sinne von Art. 517 Abs. 2 Nrn. 4, 5, 6 und 7 sowie aufgrund von anderen vollstreckbaren Urkunden im Sinne von Art. 517 Abs. 2 Nr. 9 betrieben, kann der Vollstreckungsschuldner gegen sie in der im vorhergehenden Artikel vorgesehenen Form und Frist nur Einspruch erheben, sofern er sich auf einen der folgenden Gründe stützt:

    7.

    Der Titel enthält missbräuchliche Klauseln.

    (2)   Wird der Einspruch nach Abs. 1 eingelegt, setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vollstreckung durch eine prozessleitende Maßnahme aus.“

    16.

    Art. 561 Abs. 1 Nr. 3 LEC lautet:

    „Wird die Missbräuchlichkeit einer oder mehrerer Klauseln festgestellt, regelt der zu erlassende Beschluss die Folgen, entweder durch Anordnung, dass die Vollstreckung auszusetzen ist, oder durch Anordnung der Vollstreckung ohne Anwendung der als missbräuchlich angesehenen Klauseln.“

    17.

    Art. 693 Abs. 2 LEC, der die vorzeitige Fälligkeit von ratenweise zu tilgenden Schulden betrifft, bestimmt:

    „Die Gesamtschuld an Kapital und Zinsen kann geltend gemacht werden, wenn die Fälligkeit des gesamten Kredits für den Fall der Nichtzahlung von mindestens drei Monatsraten, ohne dass der Schuldner seiner Verpflichtung zur Zahlung nachgekommen ist oder eine Zahl von Raten geleistet hat, die bedeutet, dass er seiner Verpflichtung für einen mindestens drei Monaten entsprechenden Zeitraum nicht nachgekommen ist, vereinbart wurde und diese Vereinbarung im Errichtungsakt [der Hypothek] und in das entsprechende Register eingetragen wurde.“

    18.

    In Art. 695 LEC, betreffend den Einspruch gegen die Vollstreckung aus der Hypothek, heißt es:

    „(1)   In den im vorliegenden Kapitel genannten Verfahren kann der Vollstreckungsschuldner nur Einspruch erheben, wenn dieser auf folgende Gründe gestützt wird:

    4.

    Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, die die Grundlage für die Vollstreckung bildet oder anhand deren der fällige Betrag bestimmt worden ist.

    (2)   Im Fall der Einlegung des Einspruchs nach dem vorstehenden Absatz setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vollstreckung aus und lädt die Parteien zu einem Termin vor dem Gericht, das den Vollstreckungsbefehl erlassen hat. Die Ladung muss mindestens fünfzehn Tage vor dem fraglichen Termin liegen. Das Gericht hört bei diesem Termin die Parteien an, prüft die vorgelegten Schriftstücke im Hinblick auf ihre Zulassung und erlässt binnen zwei Tagen die von ihm als angemessen erachtete Entscheidung in Form eines Beschlusses.

    (3)   …

    Wird dem vierten Grund [gemäß Abs. 1 dieses Artikels] stattgegeben, wird die Aussetzung der Vollstreckung angeordnet, sofern die Vertragsklausel die Grundlage der Vollstreckung bildet. Anderenfalls wird die Vollstreckung ohne Anwendung der missbräuchlichen Klausel fortgesetzt.

    …“

    19.

    Die Richtlinie 93/13 wurde im spanischen Recht durch die Ley 7/1998 sobre condiciones generales de la contratación (Gesetz 7/1998 über allgemeine Geschäftsbedingungen) vom 13. April 1998 ( 7 ) und durch das Real Decreto Legislativo 1/2007 por el que se aprueba el texto refundido de la Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios y otras leyes complementarias (Königliches gesetzesvertretendes Dekret 1/2007 zur Neufassung des Allgemeinen Gesetzes über den Schutz der Verbraucher und Nutzer und anderer ergänzender Gesetze) vom 16. November 2007 ( 8 ) umgesetzt.

    20.

    Art. 83 des Real Decreto Legislativo 1/2007 in der Fassung des Gesetzes Nr. 3/2014 vom 27. März 2014 ( 9 ) lautet:

    „Missbräuchliche Klauseln sind nichtig und gelten als nicht vereinbart. Zu diesem Zweck erklärt das Gericht nach Anhörung der Parteien die im Vertrag enthaltenen missbräuchlichen Klauseln für nichtig; der Vertrag bleibt jedoch für die Parteien auf derselben Grundlage bindend, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

    III. Sachverhalt der Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    21.

    Der relevante Sachverhalt der Ausgangsrechtsstreitigkeiten, wie er sich aus den Vorlageentscheidungen ergibt, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

    A. Rechtssache C‑70/17

    22.

    Am 30. Mai 2008 erhielten Herr Alberto García Salamanca Santos und Frau Verónica Varela von der Abanca Corporación Bancaria SA (im Folgenden: Abanca) ein Hypothekendarlehen für ihre Wohnung. Dieses Darlehen von 100000 Euro mit einer Laufzeit von 30 Jahren sollte in 360 monatlichen Raten zurückgezahlt werden.

    23.

    Nach § 6bis des Darlehensvertrags, betreffend die vorzeitige Fälligstellung im Fall der Nichtzahlung einer der Zins- oder Tilgungsraten bei Fälligkeit, konnte der Hypothekengläubiger das Darlehen als fällig betrachten und Klage auf Zahlung des gesamten Kapitals zuzüglich Verzugszinsen, Kosten und Auslagen erheben.

    24.

    Herr García Salamanca Santos leitete ein Verfahren auf Nichtigerklärung mehrerer Bestimmungen des Darlehensvertrags, darunter § 6bis, wegen deren Missbräuchlichkeit ein. Das erstinstanzliche Gericht gab der Klage teilweise statt und erklärte u. a. die streitige Bestimmung für nichtig. Diese Entscheidung wurde im Berufungsverfahren von der Audiencia Provincial de Pontevedra (Provinzgericht Pontevedra, Spanien) bestätigt.

    25.

    Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof), bei dem Abanca Kassationsbeschwerde einlegte, führt aus, die streitigen Fragen beträfen die Frage, ob die in Hypothekendarlehensverträgen mit Verbrauchern enthaltene Klausel über die vorzeitige Fälligstellung missbräuchlich sei, sowie den Umfang der Unwirksamkeit, die sich aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit ergebe. Das vorlegende Gericht äußert Zweifel an der Möglichkeit, die teilweise Missbräuchlichkeit der Klausel festzustellen. Diese Zweifel betreffen insbesondere die von ihm in seiner eigenen Rechtsprechung vertretene Auslegung der Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung, welche die ergänzende Anwendung einer nationalen Regelung wie Art. 693 Abs. 2 LEC gestattet, um die Hypothekenvollstreckung fortsetzen zu können.

    26.

    Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in seinem Urteil vom 23. Dezember 2015 ( 10 ), bestätigt durch Urteil vom 18. Februar 2016 ( 11 ), befand, die Wirksamkeit von Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung setze voraus, dass diese die Schwere der Pflichtverletzung in ein Verhältnis zur Laufzeit und zur Höhe des Darlehens setzten und es dem Verbraucher ermöglichten, ihre Anwendung durch ein sorgfältiges, auf Abhilfe gerichtetes Verhalten zu verhindern. Es hat jedoch hinzugefügt, dass die Hypothekenvollstreckung wegen der Vorteile, die sich aus dem besonderen Verfahren für den Verbraucher ergäben, fortgesetzt werden könne, wenn die Befugnis zur vorzeitigen Fälligstellung des Darlehens nicht missbräuchlich ausgeübt worden sei.

    27.

    In diesem Zusammenhang stellt das vorlegende Gericht fest, nach spanischem Recht könne der Gläubiger, wenn der Kreditnehmer im Rahmen eines hypothekarisch gesicherten Darlehensvertrags seiner Verpflichtung zur Rückzahlung des erhaltenen Betrags nicht nachkomme, entweder ein Erkenntnisverfahren ( 12 ) oder ein besonderes Hypothekenvollstreckungsverfahren ( 13 ) betreiben. Das Hypothekenvollstreckungsverfahren sei für den Schuldner/Verbraucher günstiger als dasjenige, in dem die Vollstreckung aus der Hypothek eingestellt werde ( 14 ). Wenn die Einstellung erfolge, sei der Verbraucher gezwungen, auf das Erkenntnisverfahren zurückzugreifen. Die Einleitung dieses Verfahrens zwecks Kündigung des Hypothekarkredits wegen Pflichtverletzung des Schuldners gemäß Art. 1124 CC (keine vertragliche, sondern eine gesetzliche Befugnis) hätte nachteilige Folgen für den Verbraucher, namentlich „die Häufung von Verurteilungen in die Prozesskosten im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren sowie eine Erhöhung der Verzugszinsen wegen der Dauer des Verfahrens“.

    28.

    Unter diesen Umständen hat das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) nach Anhörung der Parteien mit Urteil vom 8. Februar 2017, bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen am 9. Februar 2017, beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass er es einem nationalen Gericht, das im Rahmen der Entscheidung über die Missbräuchlichkeit einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung in einem mit einem Verbraucher geschlossenen Hypothekendarlehensvertrag, in dem neben anderen Fällen der Nichtzahlung mehrerer Raten die Fälligstellung wegen Nichtzahlung einer einzigen Rate vorgesehen ist, gestattet, nur die Nichtigkeit des Teils oder des Tatbestands, der die Nichtzahlung einer Rate betrifft, festzustellen und die Wirksamkeit der ebenfalls allgemein in der Klausel vorgesehenen Regelung über die vorzeitige Fälligstellung aufrechtzuerhalten, unabhängig davon, dass die konkrete Beurteilung der Wirksamkeit oder Missbräuchlichkeit erst zum Zeitpunkt der Ausübung dieser Befugnis zur vorzeitigen Fälligstellung des Darlehens erfolgen kann?

    2.

    Ist ein nationales Gericht – nachdem eine Klausel über die vorzeitige Fälligstellung in einem Hypothekendarlehensvertrag oder Hypothekenkreditvertrag für missbräuchlich erklärt worden ist – nach der Richtlinie 93/13 befugt, zu prüfen, ob die ergänzende Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift, obwohl sie die Einleitung oder die Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens gegen den Verbraucher vorsieht, günstiger ist als die Einstellung des besonderen Hypothekenvollstreckungsverfahrens und die damit für den Gläubiger verbundene Möglichkeit, ohne die Vorteile, die das besondere Hypothekenvollstreckungsverfahren dem Verbraucher gewährt, die Auflösung des Darlehens- oder Kreditvertrags zu verlangen oder die geschuldeten Beträge geltend zu machen, um sodann aus dem Urteil zu vollstrecken?

    B. Rechtssache C‑179/17

    29.

    Am 22. Juni 2005 schlossen das Bankinstitut Bankia SA, Vollstreckungsgläubigerin des Ausgangsverfahrens, sowie Herr Alfonso Antonio Lau Mendoza und Frau Verónica Yuliana Rodríguez Ramírez, Vollstreckungsschuldner, einen Vertrag über ein Hypothekendarlehen in Höhe von 188000 Euro für den Kauf einer Immobilie als Hauptwohnsitz, dessen Laufzeit nach Novation auf 37 Jahre festgesetzt wurde.

    30.

    § 6bis („Vorzeitige Kündigung durch das Kreditinstitut“) des Hypothekendarlehensvertrags lautet:

    „Ungeachtet der im Vertrag festgelegten Laufzeit kann die Gläubigerbank das Darlehen für fällig erklären, indem sie es als aufgelöst und die Schuld in vollem Umfang als vorzeitig fällig erachtet, insbesondere im Fall der Nichtzahlung einer, mehrerer oder sämtlicher der in § 2 [über die Tilgung] vorgesehenen Raten bei Fälligkeit.“

    31.

    Nach der Nichtzahlung von 36 Monatsraten durch die Schuldner stellte Bankia beim vorlegenden Gericht einen Antrag auf Vollstreckung aus der Hypothek in die als Sicherheit für die Zahlung des Darlehens mit der Hypothek belastete Sache.

    32.

    Der Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona) wirft die Frage nach den Folgen der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung im Rahmen eines Hypothekenvollstreckungsverfahrens auf, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof). Diese Rechtsprechung ermöglicht es nämlich, die Hypothekenvollstreckung trotz der Feststellung der Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung, auf der dieses Verfahren beruht, fortzusetzen. Dem vorlegenden Gericht zufolge muss es der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) als Ergänzung der spanischen Rechtsordnung folgen, ist jedoch zugleich verpflichtet, das Unionsrecht in der Auslegung durch den Gerichtshof einzuhalten.

    33.

    In seinem Vorabentscheidungsersuchen wirft das vorlegende Gericht einige Rechtsfragen auf, die seiner Meinung nach von besonderer Bedeutung für die Beantwortung der in den vorliegenden Rechtssachen aufgeworfenen Vorlagefragen sind. Diese Rechtsfragen betreffen einerseits die fehlende Gewissheit, was den Erfolg der auf Art. 1124 CC gestützten Feststellungsklage angeht ( 15 ). Hierzu führt das Gericht aus, dass bis jetzt die ständige und gefestigte Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) angenommen habe, dass Art. 1124 CC – der nur für synallagmatische Schuldverhältnisse gelte – nicht auf Hypothekendarlehensverträge (einseitiger dinglicher Vertrag) anwendbar sei ( 16 ). Auch wenn jedoch das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) beschlösse, diese Rechtsprechung präziser zu fassen und die Anwendung dieses Artikels auf Hypothekendarlehen zuzulassen ( 17 ), könnte eine etwaige Abweisung der Auflösungsklage nicht ausgeschlossen werden, wenn das Gericht es für gerechtfertigt hielte, dem Schuldner eine Frist für die Erfüllung der Pflicht zu gewähren, wie Art. 1124 CC es ausdrücklich vorsehe ( 18 ).

    34.

    Zum anderen führt das vorlegende Gericht aus, die ergänzende Anwendung von Art. 693 Abs. 2 LEC stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs. Es sei nämlich klar, dass der Darlehensvertrag ohne die Klausel über die vorzeitige Fälligstellung fortbestehen könne und dass diese Bestimmung nicht ergänzend angewendet werden könne, da „die unerlässliche Voraussetzung für ihre Anwendung“, nämlich „das Vorliegen einer Vereinbarung in dem Vertrag zwischen den Parteien über die vorzeitige Fälligstellung, die für missbräuchlich erklärt wurde, nicht erfüllt“ sei ( 19 ). Das vorlegende Gericht ist daher der Auffassung, dass diese Fragen zwar nicht Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens seien, seine Zweifel an der Möglichkeit der Fortsetzung der Hypothekenvollstreckung im Ausgangsrechtsstreit jedoch fortbestünden und neue Vorabentscheidungsfragen vorgelegt werden könnten.

    35.

    Unter diesen Umständen hat der Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona) mit am 10. April 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangener Entscheidung vom 30. März 2017 beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Stehen die Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 einer Rechtsprechung (Urteil des Tribunal Supremo [Oberster Gerichtshof] vom 18. Februar 2016) entgegen, wonach eine Hypothekenvollstreckung trotz des Umstands, dass die Klausel über die vorzeitige Fälligstellung missbräuchlich ist und dass es sich bei ihr um die den Vollstreckungsantrag begründende Klausel handelt, nicht eingestellt werden muss, weil die Fortsetzung der Vollstreckung für den Verbraucher vorteilhafter ist, da er im Fall der etwaigen Vollstreckung eines in einem Erkenntnisverfahren nach Art. 1124 CC ergangenen Urteils nicht in den Genuss der nur bei einer Hypothekenvollstreckung bestehenden Verfahrensprivilegien kommen könnte, wonach aber nicht berücksichtigt wird, dass nach ständiger und gefestigter Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) Art. 1124 CC (der für Verträge vorgesehen ist, die wechselseitige Verpflichtungen begründen) nicht auf den Darlehensvertrag anwendbar ist, bei dem es sich um einen einseitigen dinglichen Vertrag handelt, der erst mit der Übergabe des Geldes zustande kommt und als solcher lediglich Verpflichtungen für den Darlehensnehmer und nicht für den Darlehensgeber (Gläubiger) erzeugt, so dass der Verbraucher, wenn im Erkenntnisverfahren dieser Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) gefolgt würde, eine das Auflösungs- und Schadensersatzbegehren ablehnende Entscheidung erlangen könnte und somit nicht geltend gemacht werden könnte, dass die Fortsetzung der Hypothekenvollstreckung für ihn vorteilhafter wäre?

    2.

    Falls die Anwendbarkeit von Art. 1124 CC auf Darlehensverträge oder alle Fälle von Kreditverträgen bejaht wird, stehen dann die Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 einer Rechtsprechung wie der vorgenannten entgegen, die bei der Prüfung der Frage, ob die Fortsetzung der Hypothekenvollstreckung für den Verbraucher vorteilhafter oder die Durchführung eines Erkenntnisverfahrens nach Art. 1124 CC für ihn nachteiliger ist, nicht berücksichtigt, dass in diesem Verfahren die Vertragsauflösung und der Schadensersatzantrag abgelehnt werden können, falls das Gericht die Bestimmung in Art. 1124 CC anwendet, wonach „[d]as Gericht … die begehrte Auflösung [verfügt], sofern es keine berechtigten Gründe gibt, die es ermächtigen, eine Frist zu setzen“, wobei zu bedenken ist, dass es gerade bei Hypothekendarlehen und ‑krediten zum Erwerb von Wohnraum mit langen Laufzeiten (20 oder 30 Jahre) relativ wahrscheinlich ist, dass die Gerichte diesen Ablehnungsgrund anwenden, insbesondere wenn die tatsächliche Nichterfüllung der Zahlungspflicht nicht sehr schwerwiegend war?

    3.

    Wenn davon ausgegangen würde, dass die Fortsetzung der Hypothekenvollstreckung mit den mit der vorzeitigen Fälligstellung verbundenen Wirkungen für den Verbraucher günstiger ist, stehen dann die Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 einer Rechtsprechung wie der hier streitigen entgegen, die ergänzend eine gesetzliche Bestimmung (Art. 693 Abs. 2 LEC) anwendet, obwohl der Vertrag ohne die Klausel über die vorzeitige Fälligstellung fortbestehen kann, und die dieser Bestimmung Wirkung verleiht, obwohl ihre wesentliche Voraussetzung nicht erfüllt ist, nämlich dass der Vertrag eine gültige und wirksame Vereinbarung über die vorzeitige Fälligstellung enthalten muss, die gerade für missbräuchlich, nichtig und unwirksam erklärt wurde?

    IV. Verfahren vor dem Gerichtshof

    36.

    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 16. März 2017 ist der Antrag des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof), die Rechtssache C‑70/17 dem in Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgesehenen beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, zurückgewiesen worden. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2017 wurde für die Rechtssachen C‑92/16, C‑167/16, C‑486/16, C‑70/17 und C‑179/17 eine koordinierte Behandlung gewährt.

    37.

    In der Rechtssache C‑70/17 haben Abanca, die spanische und die polnische Regierung sowie die Europäische Kommission und in der Rechtssache C‑179/17 Bankia, die spanische und die ungarische Regierung sowie die Kommission schriftliche Erklärungen abgegeben.

    38.

    Der Gerichtshof hat die beiden Rechtssachen mit Beschluss vom 20. Februar 2018 gemäß Art. 29 Abs. 1 seiner Verfahrensordnung an die Große Kammer in gleicher Besetzung verwiesen und gemäß Art. 77 dieser Verfahrensordnung eine gemeinsame mündliche Verhandlung für diese Rechtssachen durchgeführt.

    39.

    Abanca, Bankia, die spanische Regierung und die Kommission haben sich in der Sitzung vom 15. Mai 2018 mündlich geäußert.

    V. Würdigung

    A. Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen in der Rechtssache C‑179/17

    40.

    Bevor sie sich der inhaltlichen Würdigung zuwendet, stellt die spanische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens in der Rechtssache C‑179/17 in Abrede. Sie trägt vor, das mit diesem Ersuchen verfolgte Ziel sei es, den vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in der Rechtssache C‑70/17 dargestellten rechtlichen Rahmen zu ergänzen. In dieser Hinsicht macht sie erstens geltend, Zweck einer Vorlagefrage sei die Auslegung von Vorschriften des Unionsrechts. Die Fragen des vorlegenden Gerichts beträfen jedoch ausschließlich die Auslegung von Vorschriften des nationalen Rechts. Zweitens stelle das vorlegende Gericht die rechtliche Beurteilung der Vorschriften des nationalen Rechts durch das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in Frage, obwohl dieses Gericht das für alle Gerichtsbarkeiten höchste Gericht sei, zuständig für die Auslegung des nationalen Rechts, so dass seine Rechtsprechung gemäß Art. 123 Abs. 1 der spanischen Verfassung und Art. 1 Abs. 6 CC die spanische Rechtsordnung ergänze. Drittens schließlich sei nicht zu erkennen, inwieweit die Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 anwendbar sein sollten, um zu prüfen, ob das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) bei der Analyse und Auslegung des spanischen nationalen rechtlichen Rahmens einen Fehler begangen habe.

    41.

    In diesem Zusammenhang erscheint es mir angebracht, auf die Grundsätze hinzuweisen, die für die Zuständigkeit des Gerichtshofs und die Zulässigkeit von Vorabentscheidungsfragen gemäß Art. 267 AEUV gelten.

    42.

    Erstens ist nach ständiger Rechtsprechung das Verfahren nach Art. 267 AEUV ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen ( 20 ). Dieses Verfahren hat zum Ziel, gemeinsam und unmittelbar zur Rechtsfindung beizutragen, um die einheitliche Anwendung des Unionsrechts in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten ( 21 ).

    43.

    Nach den Worten des Gerichtshofs ist es im Rahmen dieser justiziellen Zusammenarbeit allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen ( 22 ). Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Unionsrechts, ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden ( 23 ).

    44.

    Wie der Gerichtshof weiter festgestellt hat, spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Fragen zum Unionsrecht. Er kann eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur zurückweisen, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind ( 24 ).

    45.

    Zweitens weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass die nationalen Gerichte die umfassende Befugnis haben, dem Gerichtshof eine Frage nach der Auslegung der relevanten Bestimmungen des Unionsrechts vorzulegen ( 25 ), und dass eine Vorschrift des nationalen Rechts kein nationales Gericht daran hindern kann, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen ( 26 ), wobei aus dieser Befugnis für die letztinstanzlich entscheidenden Gerichte, vorbehaltlich der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannten Ausnahmen, eine Pflicht wird ( 27 ). Sowohl diese Befugnis als auch diese Pflicht sind nämlich dem nach Art. 267 AEUV bestehenden System der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof und den mit dieser Bestimmung den nationalen Gerichten zugewiesenen Aufgaben des zur Anwendung des Unionsrechts berufenen Richters inhärent ( 28 ).

    46.

    Drittens kann, wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, eine innerstaatliche Rechtsnorm, die die nicht in letzter Instanz entscheidenden Gerichte an die rechtliche Beurteilung eines übergeordneten Gerichts bindet, diese nicht schon deshalb daran hindern, von der fraglichen Befugnis Gebrauch zu machen ( 29 ). Im Übrigen hat der Gerichtshof auch befunden, dass es einem Gericht, das nicht in letzter Instanz entscheidet, freistehen muss – insbesondere, wenn es der Auffassung ist, dass die rechtliche Beurteilung der übergeordneten Instanz es dazu veranlassen könnte, ein Urteil im Widerspruch zum Unionsrecht zu erlassen –, dem Gerichtshof die Fragen vorzulegen, die es sich stellt ( 30 ). Folglich ist ein mit einer Rechtssache befasstes nationales Gericht, wenn es der Auffassung ist, dass sich im Rahmen dieser Rechtssache eine Frage nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Unionsrechts stellt, befugt bzw. verpflichtet, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, ohne dass diese Befugnis oder diese Pflicht durch nationale gesetzliche oder von der Rechtsprechung aufgestellte Regeln eingeschränkt werden könnte ( 31 ).

    47.

    Was nun den vorliegenden Fall angeht, geht es in den drei Fragen, so wie sie formuliert sind, meines Erachtens eindeutig um die Auslegung der Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13. Die in der Rechtssache C‑179/17 für die Entscheidungserheblichkeit der Vorabentscheidungsersuchen sprechende Vermutung wird daher durch die von der spanischen Regierung erhobenen Einwände nicht widerlegt. Darüber hinaus ist der Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona) in Anbetracht seiner Zweifel an der rechtlichen Würdigung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof), die ihn veranlassen könnte, ein dem Unionsrecht zuwiderlaufendes Urteil zu erlassen, befugt, den Gerichtshof anzurufen und diesem die ihm relevant erscheinenden Fragen vorzulegen.

    48.

    Unter diesen Umständen sehe ich im Licht der in den vorstehenden Nummern dargelegten und vom Gerichtshof seit der Einführung des Vorabentscheidungsverfahrens wiederholt angeführten Grundsätze betreffend die Zuständigkeit des Gerichtshofs und die Zulässigkeit der Vorlagefragen gemäß Art. 267 AEUV kein Hindernis dafür, dass der Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache über die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 93/13 entscheidet. Das Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C‑179/17 ist daher meiner Ansicht nach zulässig.

    B. Zur Beantwortung der Fragen in den Rechtssachen C‑70/17 und C‑179/17

    49.

    Obwohl die Vorabentscheidungsfragen der vorlegenden Gerichte in den vorliegenden Rechtssachen in zwei unterschiedlichen nationalen Verfahren aufgeworfen wurden ( 32 ), geht es in den beiden vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) (Rechtssache C‑70/17) und vom Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona) (Rechtssache C‑179/17) vorgelegten Vorabentscheidungsersuchen im Wesentlichen um die Auslegung der Richtlinie 93/13 und die Vereinbarkeit der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) betreffend Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung mit dem durch diese Richtlinie, insbesondere deren Art. 6 und 7, eingeführten System zum Schutz der Verbraucher und mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs ( 33 ).

    50.

    Da die beiden Rechtssachen im Wesentlichen die gleichen unionsrechtlichen Fragen aufwerfen, behandele ich sie gemeinsam.

    1.   Allgemeine Erwägungen

    51.

    Einleitend erscheint es mir angebracht, einige Bemerkungen zur Festlegung des Rahmens, in den sich die Richtlinie 93/13 einfügt, zu machen und zu untersuchen, wie das Unionsrecht, insbesondere dank dieser Richtlinie, den Verbraucherschutz zum zentralen Bestandteil des europäischen Integrationsprozesses gemacht hat.

    52.

    Im Rückblick ist festzustellen, dass während der ersten Jahre des Aufbaus der Europäischen Union der Verbraucherschutz als „Nebenprodukt“ des Gemeinsamen Marktes angesehen wurde ( 34 ). Bei der Gipfelkonferenz vom 19. und 20. Oktober 1972 in Paris haben nämlich die Staats- und Regierungschefs erstmals den Grundsatz einer Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher gebilligt. Es hat jedoch weitere drei Jahre gedauert, bis offiziell die Politik zum Schutz des Verbrauchers eingeleitet wurde ( 35 ), und 20 Jahre, bis sie den Rang einer „Gemeinschaftspolitik“ erlangte, als 1992 mit dem Vertrag von Maastricht Art. 129 EG, später Art. 153 EGV und jetzt Art. 169 AEUV, eingeführt wurde, der im Primärrecht spezifisch den Schutz des Verbrauchers verankerte, indem er ihm Bürgerrecht und Autonomie verlieh ( 36 ).

    53.

    Von Beginn an ( 37 ) war somit der rote Faden der Verbraucherschutzpolitik die qualitative Verbesserung der Lebensbedingungen in der Union ( 38 ). Fast 46 Jahre später bleibt das Ziel unverändert: Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher ( 39 ). Der Verbraucherschutz ist somit eines der wichtigsten Kapitel des Unionsrechts geworden, das in doppelter Hinsicht – wirtschaftlich wie sozial – das tägliche Leben der Verbraucher in der Union betrifft. Zum Schutz ihrer Interessen gelten strenge Vorschriften in vielen Bereichen ( 40 ), darunter dem der missbräuchlichen Vertragsklauseln. Dieses Kapitel des Verbraucherschutzes zeigt uns, dass das Schutzniveau für den Verbraucher in der Union dank der Richtlinie 93/13 recht hoch ist und dass er einen gerechteren Zugang zu Krediten im Allgemeinen und zu Hypothekarkrediten im Besonderen genießt, indem ihm Rechte verliehen werden, deren Schutz den nationalen Gerichten obliegt ( 41 ).

    54.

    Gleichwohl darf ein wesentlicher Aspekt dieser Richtlinie nicht vergessen werden: Die Harmonisierung des Verbraucherschutzes wird zur Stärkung des Binnenmarkts und damit zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens für notwendig erachtet. So ist der Unionsgesetzgeber davon ausgegangen, dass angesichts dessen, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vertragsklauseln zwischen dem Verkäufer von Waren oder dem Dienstleistungserbringer einerseits und dem Verbraucher andererseits viele Unterschiede aufwiesen, wodurch die einzelnen Märkte für den Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen an den Verbraucher uneinheitlich waren, und dass dadurch Wettbewerbsverzerrungen bei den Verkäufern und den Erbringern von Dienstleistungen, besonders bei der Vermarktung in anderen Mitgliedstaaten, eintreten konnten, so dass es wichtig war, in diesem Bereich Rechtsvorschriften zu erlassen ( 42 ).

    55.

    Insbesondere war der Unionsgesetzgeber der Auffassung, dass die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen beträchtliche Unterschiede aufwiesen und dass es, „[u]m die Errichtung des Binnenmarktes zu erleichtern und den Bürger in seiner Rolle als Verbraucher beim Kauf von Waren und Dienstleistungen mittels Verträgen zu schützen, für die die Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten gelten“, von Bedeutung sei, missbräuchliche Klauseln aus diesen Verträgen zu entfernen. Den Verkäufern von Waren und den Dienstleistungsbringern werde dadurch ihre Tätigkeit sowohl im eigenen Land als auch im gesamten Binnenmarkt erleichtert. Damit werde der Wettbewerb gefördert und den Bürgern der Union in ihrer Eigenschaft als Verbraucher eine größere Auswahl zur Verfügung gestellt ( 43 ).

    56.

    Dies ist also der allgemeine Kontext des Unionsrechts im Bereich des Verbraucherschutzes und insbesondere der Richtlinie 93/13.

    57.

    Die von mir nachstehend vorgeschlagene Antwort ist ebenfalls in diesem Kontext zu verstehen.

    2.   Vorbemerkungen

    58.

    Vorab ist eine erste Bemerkung zu den beiden vorliegenden Rechtssachen geboten: Aus den Nrn. 27, 33 und 34 der vorliegenden Schlussanträge geht hervor, dass der Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona) in seiner Vorlageentscheidung (Rechtssache C‑179/17) eine andere Auslegung des fraglichen nationalen rechtlichen Rahmens vertreten hat als das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in seiner Vorlageentscheidung (Rechtssache C‑70/17).

    59.

    In diesem Zusammenhang weise ich bereits hier darauf hin, dass der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, dass es den nationalen Gerichten obliegt, zu klären, welches in den bei ihnen anhängigen Rechtssachen die richtige Auslegung des nationalen Rechts ist ( 44 ).

    60.

    Der Umstand, dass die beiden Gerichte eine unterschiedliche Auslegung des fraglichen nationalen Rechtsrahmens vertreten haben, hindert den Gerichtshof nicht an einer sachdienlichen Auslegung des Unionsrechts. Darüber hinaus kann diese unterschiedliche Auslegung des nationalen Rechts nicht die wesentlichen Merkmale des nach Art. 267 AEUV bestehenden Systems der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, wie sie sich aus der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs ergeben ( 45 ), in Frage stellen.

    61.

    Im Übrigen beruht diese Zusammenarbeit auf der Gleichheit der letztinstanzlichen Gerichte und der Instanzgerichte. Somit kann jedes von ihnen – unabhängig von ihrer Auslegung des nationalen Rechts -bei einer Meinungsverschiedenheit über die Auslegung des Unionsrechts dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorlegen ( 46 ) – oder muss dies gegebenenfalls können.

    62.

    Mit meiner zweiten Bemerkung, die nur die Rechtssache C‑70/17 betrifft, möchte ich darauf hinweisen, dass das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof), wie sich aus seiner Vorlageentscheidung ergibt, zwei verschiedene Probleme aufgeworfen hat. Das erste ist rechtlicher Art und betrifft die Konsequenzen aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, die es den Bankinstituten ermöglicht, die Auflösung des Hypothekendarlehensvertrags zu beantragen, weil der Schuldner seine Verpflichtungen nicht erfüllt hat, wovon die Auslösung oder Fortführung des Hypothekenvollstreckungsverfahrens abhängt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die spanischen Gerichte diese Art von Klausel abändern können, um den Bankinstituten die Fortsetzung der Vollstreckung zu ermöglichen. Diese Frage werde ich im Folgenden erörtern.

    63.

    Das zweite Problem ist wirtschaftlicher Art und betrifft den sozioökonomischen Kontext der Hypothekendarlehen für den Kauf von Wohneigentum in Spanien. Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) hat uns darüber informiert, dass das spanische Bankensystem ernste und systemische Störungen erleiden könnte, wenn die Banken nicht auf die Hypothekenvollstreckung zurückgreifen könnten. In diesem Zusammenhang weist das vorlegende Gericht zum einen darauf hin, dass dieselbe Art von (missbräuchlichen) Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung in fast allen Hypothekendarlehensverträgen vorkomme, und zum anderen, dass aufgrund der Verbindung zwischen der massiven Gewährung von Hypothekendarlehen an private Haushalte zum Wohnungserwerb und den Garantien für den Darlehensgeber zwecks zwangsweiser Beitreibung der Forderungen die Unmöglichkeit, im Fall eines Ausfalls des Darlehensnehmers die Rückzahlung des Darlehens durch das besondere Hypothekenvollstreckungsverfahren zu erreichen, eine künftige Kreditverknappung zur Folge haben könnte, wodurch der Zugang zu Wohneigentum außerordentlich erschwert würde.

    64.

    Um auf die Zweifel der vorlegenden Gerichte in den vorliegenden Rechtssachen zu antworten, halte ich es an erster Stelle für notwendig, auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs einzugehen, bevor ich an zweiter Stelle die Tragweite der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung prüfe, wie sie sich aus dieser Rechtsprechung ergibt. In diesem Zusammenhang werde ich zum besseren Verständnis der vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) im Rahmen seines Vorabentscheidungsersuchens vertretenen Auslegung betreffend die Möglichkeit, die Feststellung der Missbräuchlichkeit der streitigen Klausel auf nur eine der Parteien zu beschränken, zunächst die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Deutschland) zur Teilbarkeit der Klausel, auf die das vorlegende Gericht selbst verweist, behandeln. Sodann werde ich die gebotenen Schlussfolgerungen ziehen, die sich für die Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf Fälle wie den des Ausgangsverfahrens ergeben. Schließlich werde ich mich zur Frage der Zweckmäßigkeit einer Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs äußern.

    3.   Relevante Rechtsprechung

    65.

    Wichtig erscheint mir, darauf hinzuweisen, dass das Verfahren zur Kontrolle missbräuchlicher Klauseln durch die nationalen Gerichte zwei aufeinanderfolgende, verschiedene Phasen umfasst, die zwei unterschiedliche Vorgänge oder Aufgaben mit sich bringen. Die erste Phase ist die Einstufung der Klausel als missbräuchlich durch das nationale Gericht, während die zweite Phase die Konsequenzen betrifft, die es aus der Einstufung der Klausel als missbräuchlich ziehen muss. Diese Aufgabe des nationalen Gerichts, die darin besteht, alle Konsequenzen aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit der Klausel zu ziehen, unterscheidet sich sowohl in zeitlicher als auch in materieller Hinsicht von der ihr vorgelagerten Aufgabe der Einstufung. Der Umstand, dass diese beiden Vorgänge zeitlich aufeinanderfolgen, darf nicht dazu führen, sie zu verwechseln. Ihre Unterschiede ergeben sich im Übrigen klar aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wie wir weiter unten sehen werden.

    a)   Zur Einstufung der Klausel als missbräuchlich durch das nationale Gericht

    66.

    Zunächst ist festzustellen, dass der Gerichtshof im Urteil Océano Grupo Editorial und Salvat Editores ( 47 ) zum ersten Mal befunden hat, dass „das durch die Richtlinie eingeführte Schutzsystem davon ausgeht, dass der Verbraucher sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führt, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können“. Dieser Grundgedanke der Richtlinie impliziert, dass das angerufene Gericht die praktische Wirksamkeit des durch die Richtlinie bezweckten Schutzes zu wahren hat ( 48 ) und daher verpflichtet ist, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt, zu prüfen ( 49 ).

    67.

    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in der Rechtssache, in der das Urteil VB Pénzügyi Lízing ergangen ist, das die Verpflichtung des nationalen Gerichts betraf, die Missbräuchlichkeit einer Gerichtsstandsklausel im Rahmen eines von einem Verbraucher erhobenen Einspruchs gegen einen Mahnbescheid von Amts wegen zu prüfen, befunden hat, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, über die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu entscheiden ( 50 ). Dies wurde im Urteil Invitel bestätigt, in dem der Gerichtshof u. a. erklärte, sich darauf zu beschränken, dem vorlegenden Gericht Hinweise an die Hand zu geben, die dieses bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit der betreffenden Klausel zu berücksichtigen hat ( 51 ).

    68.

    Drittens ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, dann als missbräuchlich anzusehen ist, wenn sie zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht ( 52 ). Wenn dieser Artikel also darauf Bezug nimmt, dass „zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches … Missverhältnis“ der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner „verursacht“ wird, benennt er nur abstrakt die Faktoren, die es zulassen, eine Vertragsklausel, die nicht individuell ausgehandelt wurde, als missbräuchlich anzusehen ( 53 ). Dies ist der Grund, weshalb der Gerichtshof, als Reaktion auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott ( 54 ), festgestellt hat, dass bei der Frage, ob eine Klausel zum Nachteil des Verbrauchers ein „erhebliches … Missverhältnis“ der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht, insbesondere diejenigen Vorschriften zu berücksichtigen sind, die im nationalen Recht anwendbar sind, wenn die Parteien in diesem Punkt keine Vereinbarung getroffen haben. Anhand einer solchen vergleichenden Betrachtung kann das nationale Gericht dem Gerichtshof zufolge bewerten, ob – und gegebenenfalls inwieweit – der Vertrag für den Verbraucher eine weniger günstige Rechtslage schafft, als sie das geltende nationale Recht vorsieht ( 55 ).

    69.

    Was insbesondere die Klausel über die vorzeitige Fälligstellung angeht, hat der Gerichtshof, gestützt auf die im Urteil Aziz ( 56 ) angestellten Erwägungen, im Urteil Banco ( 57 ) die Faktoren angeführt, die das nationale Gericht bei der Prüfung der Missbräuchlichkeit dieser Klausel berücksichtigen muss. Aus diesen Urteilen geht hervor, dass das vorlegende Gericht insbesondere prüfen muss, i) ob die dem Gewerbetreibenden eingeräumte Möglichkeit, das gesamte Darlehen fällig zu stellen, davon abhängt, dass der Verbraucher eine Verpflichtung nicht erfüllt hat, die im Rahmen der fraglichen vertraglichen Beziehungen wesentlich ist, ii) ob diese Möglichkeit für Konstellationen vorgesehen ist, in denen eine solche Nichterfüllung im Verhältnis zur Laufzeit und zur Höhe des Darlehens hinreichend schwerwiegend ist, iii) ob die genannte Möglichkeit von den auf diesem Gebiet in Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen anwendbaren allgemeinen Vorschriften abweicht und schließlich iv) ob das nationale Recht dem Verbraucher angemessene und wirksame Mittel gibt, die es ihm, wenn ihm gegenüber eine derartige Klausel zur Anwendung kommt, ermöglichen, die Wirkungen der Fälligstellung des Darlehens wieder zu beseitigen ( 58 ). Diese Gesichtspunkte ermöglichen es dem nationalen Gericht, zu beurteilen, ob eine Vertragsklausel missbräuchlich ist.

    70.

    In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt das nationale Gericht bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klausel abstellen muss, um diese Gesichtspunkte zu prüfen und sich zur Missbräuchlichkeit der Klausel äußern zu können. Diese grundlegende Frage hat der Gerichtshof bereits entschieden. Im Urteil Aziz hat er festgestellt, dass „die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie [93/13] unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, und aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu beurteilen ist“ ( 59 ). Unter diesem Blickwinkel sind, wie der Gerichtshof weiter ausgeführt hat, auch die Folgen zu würdigen, die die Klausel im Rahmen des auf den Vertrag anwendbaren Rechts haben kann, was eine Prüfung des nationalen Rechtssystems impliziert ( 60 ). Folglich muss das vorlegende Gericht für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Vertragsklausel auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder der Vertragsunterzeichnung abstellen und nicht auf den Zeitpunkt der Ausführung des Vertrags ( 61 ).

    71.

    Nachdem das nationale Gericht – wie hier – die Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung festgestellt hat, muss es, wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, alle Konsequenzen aus dieser Feststellung ziehen.

    b)   Zu den Konsequenzen, die aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu ziehen sind

    72.

    Was die Konsequenzen angeht, die aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel zu ziehen sind, gilt die in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs allgemein anerkannte, dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 zu entnehmende Regel, dass das nationale Gericht verpflichtet ist, eine missbräuchliche Klausel nicht anzuwenden. Von dieser Regel gibt es bis heute nur eine – die im Urteil Kásler und Káslerné Rábai ( 62 ) gewährte – Ausnahme. Wie ich im Folgenden darlegen werde, hat der Gerichtshof jedoch die Möglichkeit für das nationale Gericht, von der in diesem Urteil vorgesehenen Ausnahme im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs Gebrauch zu machen, mehreren Bedingungen unterworfen. Dies vorausgeschickt, wende ich mich nun der Prüfung der Grundregel zu.

    1) Die Grundregel in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs: Verpflichtung des nationalen Gerichts, eine missbräuchliche Klausel nicht anzuwenden, ohne befugt zu sein, ihren Inhalt abzuändern

    73.

    Bevor ich mich der Entstehungsgeschichte der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Verpflichtung des nationalen Gerichts zuwende, eine missbräuchliche Klausel nicht anzuwenden, ist es angebracht, ein paar Worte zum Ursprung dieser Rechtsprechung und damit dieser Verpflichtung zu sagen, nämlich dem Urteil Banco Español de Crédito ( 63 ).

    74.

    In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist und die ein Mahnverfahren betraf, stellte sich dem Gerichtshof zum ersten Mal die Frage, ob die Richtlinie 93/13 einer nationalen Regelung ( 64 ) entgegenstand, wonach das nationale Gericht, wenn es die Nichtigkeit einer missbräuchlichen Klausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher feststellt, durch Abänderung des Inhalts dieser Klausel den Vertrag anpassen kann. In seiner Antwort hat der Gerichtshof zunächst festgestellt, dass der Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 den Mitgliedstaaten zwar einen gewissen Spielraum in Bezug auf die Festlegung zugesteht, welche rechtlichen Regelungen für missbräuchliche Klauseln gelten, „sie aber dennoch ausdrücklich vorsehen müssen, dass diese Klauseln ‚für den Verbraucher unverbindlich sind‘“ ( 65 ).

    75.

    Ausgehend von dieser Erkenntnis hat der Gerichtshof sodann zum einen auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, der zufolge die nationalen Gerichte, die die Missbräuchlichkeit vertraglicher Klauseln feststellen, nach der fraglichen Vorschrift verpflichtet sind, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus nach nationalem Recht ergeben, damit diese Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind ( 66 ). Zum anderen hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Unionsgesetzgeber im zweiten Teilsatz von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sowie in deren 21. Erwägungsgrund ausdrücklich vorgesehen hat, dass der Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher für beide Parteien „auf derselben Grundlage“ bindend bleibt, wenn er „ohne die missbräuchlichen Klauseln“ fortbestehen kann ( 67 ). Dementsprechend hat der Gerichtshof befunden, dass „die nationalen Gerichte eine missbräuchliche Vertragsklausel nur für unanwendbar zu erklären haben, damit sie den Verbraucher nicht bindet, ohne dass sie befugt wären, deren Inhalt abzuändern“ ( 68 ). Er hat ferner klargestellt und dies später häufig wiederholt, dass der betreffende Vertrag – abgesehen von der Änderung, die sich aus der Aufhebung der missbräuchlichen Klauseln ergibt – grundsätzlich unverändert fortbestehen muss, soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist ( 69 ).

    76.

    Wenn es dem nationalen Gericht nämlich freistünde, den Inhalt der missbräuchlichen Klauseln abzuändern, trüge dies dazu bei, den Abschreckungseffekt zu beseitigen, der für die Gewerbetreibenden darin besteht, dass solche missbräuchlichen Klauseln gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet bleiben; die Gewerbetreibenden blieben nämlich versucht, die betreffenden Klauseln zu verwenden, wenn sie wüssten, dass der Vertrag, selbst wenn die Klauseln für unwirksam erklärt werden sollten, gleichwohl im erforderlichen Umfang vom nationalen Gericht angepasst werden könnte, so dass ihre Interessen auf diese Art und Weise gewahrt würden ( 70 ).

    77.

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass in Anbetracht des zum Nachteil des Verbrauchers verursachten erheblichen Missverhältnisses der vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien die nationalen Gerichte, wenn der Vertrag missbräuchliche Klauseln enthält, gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 verpflichtet sind, sie nicht anzuwenden.

    78.

    Gewiss hat der Gerichtshof entschieden, dass diese Bestimmung eine zwingende Vorschrift darstellt, die wegen der Unterlegenheit einer der Vertragsparteien (des Verbrauchers) darauf abzielt, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen ( 71 ). Meines Erachtens ist klar, dass sich der Gerichtshof mit dieser Äußerung auf den Zweck von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bezieht, ohne in irgendeiner Weise Leitlinien für dessen Durchführung in konkreten Fällen aufstellen zu wollen ( 72 ).

    79.

    Es kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden nicht durch die Möglichkeit zur Abänderung missbräuchlicher Vertragsklauseln erreicht werden kann. Zum einen stünde nämlich eine solche Möglichkeit im Widerspruch zu Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, der seines Sinns entleert würde, und damit zur praktischen Wirksamkeit des von dieser beabsichtigten Schutzes ( 73 ). Zum anderen würde eine solche Möglichkeit nicht die Aufrechterhaltung der durch die Unmöglichkeit der Anwendung derartiger Klauseln gegenüber dem Verbraucher ausgeübten abschreckenden Wirkung auf die Gewerbetreibenden erlauben.

    2) Die Ausnahme von der Regel: Urteil Kásler und Káslerné Rábai

    80.

    Die Rechtssache, in der das Urteil Kásler und Káslerné Rábai ( 74 ) erging, betraf einen Vertrag über ein Hypothekendarlehen zwischen einer Bank und einem Verbraucher in Fremdwährung (Schweizer Franken), dessen Betrag am Tag der Gewährung in ungarischen Forint unter Anwendung des Ankaufskurses der Währung berechnet worden war. Dagegen musste der Kreditnehmer das Darlehen in Forint zum Verkaufskurs dieser Währung zurückzahlen. Mit seiner dritten Frage wollte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 in einer Situation, in der ein Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher nach Wegfall einer missbräuchlichen Klausel nicht mehr durchführbar ist, dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die es dem nationalen Gericht ermöglicht, der Nichtigkeit der missbräuchlichen Klausel dadurch abzuhelfen, dass es sie durch eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts ersetzt.

    81.

    In seiner Antwort hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass, wenn ein Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher nach Wegfall einer missbräuchlichen Klausel nicht mehr durchführbar ist, diese Bestimmung einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die es dem nationalen Gericht ermöglicht, der Nichtigkeit dieser Klausel dadurch abzuhelfen, dass es sie durch eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts ersetzt.

    82.

    Aus diesem Urteil ergibt sich eindeutig, dass, wie ich bereits in Nr. 72 der vorliegenden Schlussanträge festgestellt habe, zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit das nationale Gericht die missbräuchliche Klausel entfernen und durch eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts ersetzen kann. Einerseits führt diese Ersetzung dazu, „dass der Vertrag trotz des Wegfalls der [missbräuchlichen] Klausel … Bestand haben kann“ und „für die Parteien bindend bleibt“ ( 75 ), so dass das nationale Gericht nicht gezwungen ist, den Vertrag insgesamt für nichtig zu erklären. Zum anderen verhindert diese Ersetzung, wenn der Richter gezwungen ist, den Vertrag insgesamt für nichtig zu erklären, dass dies für den Verbraucher „besonders nachteilige Folgen [hat], so dass die aus der Nichtigerklärung des Vertrags resultierende Abschreckungswirkung beeinträchtigt werden könnte“ ( 76 ).

    83.

    Die Fragen der vorlegenden Gerichte sind im Licht der in den Nrn. 65 bis 82 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung zu beantworten.

    4.   Zur ersten Frage in der Rechtssache C‑70/17: Tragweite der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung im Licht der angeführten Rechtsprechung

    84.

    Mit seiner ersten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑70/17 möchte das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er es einem nationalen Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel festgestellt hat, welche die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags – u. a. bei Nichtzahlung einer einzigen Monatsrate – erlaubt, verwehrt, die teilweise Wirksamkeit dieser Klausel durch bloße Streichung des Fälligstellungsgrundes, der zu ihrer Missbräuchlichkeit führt, aufrechtzuerhalten.

    85.

    Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) weist in seiner Vorlageentscheidung darauf hin, dass die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel sich gegebenenfalls nicht auf die Gesamtheit der zu prüfenden Klausel erstreckt, sondern nur auf einen Teil davon, im vorliegenden Fall den Teil betreffend „die Zahl und die Höhe der unterlassenen Zahlungen, die zur vorzeitigen Fälligstellung führen“. Im vorliegenden Fall betreffe das Ausbleiben der Zahlung „eine einzige Monatsrate“. Das vorlegende Gericht führt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus, in einem solchen Fall könne die genannte Klausel fortbestehen, indem allein der Teil gestrichen werde, der sie missbräuchlich mache, unter der Voraussetzung, dass die abgeänderte Klausel grammatikalisch verständlich sei und eine rechtliche Bedeutung habe und dass die Streichung nicht die Einführung einer Regel bedeute, die neu oder anders als die ursprünglich in der Klausel enthaltene sei.

    86.

    In diesem Zusammenhang verweist das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Trennbarkeit der Klausel, insbesondere auf das Urteil vom 10. Oktober 2013 ( 77 ). Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist die Trennbarkeit der Klausel nicht zwangsläufig unionsrechtswidrig. Es handele sich nämlich nicht um eine Überarbeitung der Klausel, sondern um eine Teilunwirksamkeit, die in dem Fall zweckmäßig sei, in dem die Klausel wegen ihres missbräuchlichen Charakters nichtig sei, der Vertrag jedoch nach Entfernung des als missbräuchlich angesehenen Teils mit dem restlichen Teil der Klausel fortbestehe. Wenn sich also nach Prüfung des restlichen Teils der Klausel ergebe, dass sie vernünftig und transparent sei, sei dieser Teil als gültig und wirksam anzusehen.

    87.

    Zum besseren Verständnis der Bedeutung und der Auswirkungen dieser ersten Vorabentscheidungsfrage des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) werde ich nacheinander die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Trennbarkeit der Klausel und ihre Beurteilung durch das deutsche Schrifttum darstellen.

    a)   Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffend die Trennbarkeit der Bestimmung

    88.

    Der Bundesgerichtshof hat seit den 80er Jahren eine nuancierte Rechtsprechung zur Auslegung teilweise missbräuchlicher Klauseln entwickelt. Rechtsgrundlage für diese Auslegung ist § 306 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Diese Bestimmung, die aus der Zeit vor der Richtlinie 93/13 stammt, gilt heute als Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie. Das vom Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung formulierte Problem ist folgendes: Ist es möglich, eine Klausel, die teilweise durch ein missbräuchliches Element „infiziert“ ist, in einen missbräuchlichen und einen nicht missbräuchlichen Teil aufzuteilen? Wenn ja, welche Folgen hat eine solche Aufteilung?

    1) Die Auslegung des Bundesgerichtshofs

    89.

    Im Jahr 1981 hat der Bundesgerichtshof zum ersten Mal ( 78 ) die „Aufgliederung/Trennung“ einer Vertragsklausel in mehrere Teile, von denen einer (oder mehrere) missbräuchlich war, zugelassen, um den Rest der Klausel zu „retten“. Die Idee ist stets, dass i) der „infizierte Teil“ ohne weitere Änderungen gestrichen werden kann, ii) der fortbestehende Satz auch trotz der Streichungen einen Sinn bewahrt und iii) die ursprüngliche Zielsetzung des aufrechterhaltenen Satzes bewahrt bleibt, d. h. sich nichts an der Bedeutung ändert ( 79 ). Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, insbesondere wenn der Eingriff nicht durch einen einfachen „Federstrich“ erfolgen kann, handelt es sich nicht mehr um eine „Trennung“, sondern um eine „geltungserhaltende Reduktion/Abänderung“. Eine solche wird daher vom Bundesgerichtshof, zumindest im Zusammenhang mit Fällen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fallen, als unzulässig angesehen ( 80 ). Nach Ansicht dieses Gerichts sind die Hauptargumente gegen eine solche geltungserhaltende Reduktion zum einen, dass der Verwender der Klauseln einfach missbräuchliche Klauseln aufnehmen könnte in dem Bewusstsein, dass der Richter sie so verändern würde, dass sie zulässig werden, und zum anderen, dass es nicht Aufgabe des Erkenntnisrichters ist, eine Lösung zu finden, die zulässig ist ( 81 ).

    90.

    Zur Veranschaulichung der deutschen Praxis der Teilung der Klausel werde ich mich auf das vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in seiner Vorlageentscheidung angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 2013 ( 82 ) beziehen. In dieser Rechtssache ging es um die Einwilligung, die ein Patient seinem behandelnden Zahnarzt in Bezug auf drei Punkte gegeben hatte: 1. Weitergabe personenbezogener Daten; 2. Abtretung einer Forderung an ein Inkassobüro; 3. Folgeabtretung derselben Forderung durch den ursprünglichen Zessionar an ein Bankinstitut für die Zwecke der Refinanzierung. Der Bundesgerichtshof entschied, dass, selbst wenn der dritte Punkt betreffend die „Folgeabtretung“ mit den Rechtsvorschriften über missbräuchliche Vertragsklauseln unvereinbar sei, der Rest des Vertrags gültig bleibe, weil die Klausel teilbar sei. Die Klausel lautete nämlich wie folgt (die zu streichenden Teile befinden sich in eckigen Klammern und sind kursiv hervorgehoben):

    „Einwilligung zur Abtretung

    i) Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der umseitig genannte Zahnarzt zum Zweck der Erstellung der Rechnung sowie zur Einziehung und der ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung alle hierzu notwendigen Unterlagen, insbesondere meinen Namen, Anschrift, Geburtsdatum, Leistungsziffern, Rechnungsbetrag, Behandlungsdokumentation, Laborrechnungen, Formulare etc. an die ZA Zahnärztliche Abrechnungsgesellschaft D … (im Folgenden: ZAAG) weitergibt.

    ii) Insoweit entbinde ich den Zahnarzt ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht und stimme ausdrücklich zu, dass der Zahnarzt die sich aus der Behandlung ergebende Forderung an die ZAAG [und diese ggf. an das refinanzierende Institut – D. Bank e.G., D.] – abtritt.

    iii) Ich bin mir bewusst, dass nach der Abtretung der Honorarforderung mir gegenüber die ZAAG als Forderungsinhaberin auftritt und deshalb Einwände gegen die Forderung – auch soweit sie sich aus der Behandlung und der Krankengeschichte ergeben – im Streitfall gegenüber der ZAAG zu erheben und geltend zu machen sind und der mich behandelnde Zahnarzt als Zeuge vernommen werden kann.“ ( 83 )

    91.

    Es ergibt sich klar aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass sie sich in drei Teile trennen ließ. Der Bundesgerichtshof hat daher ganz einfach den Teil gestrichen, der seiner Ansicht nach den Kriterien der missbräuchlichen oder „infizierten“ Klausel entsprach, ohne den Text im Übrigen zu ändern und ohne eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts anzuwenden, um die Klausel nach Anpassung aufrechtzuerhalten. Aus seiner Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass der Satz im Übrigen seinen Sinn nicht ändern darf.

    2) Zustimmung der überwiegenden deutschen Lehrmeinung

    92.

    Im Jahr 1988 wurde im deutschen Schrifttum zur Beschreibung dieser Methode der „Trennung“ der Begriff Blue-pencil-Test ( 84 ) eingeführt, der ursprünglich im Wettbewerbsrecht verwendet worden war ( 85 ). Dieser Begriff, den der Bundesgerichtshof zunächst nicht verwendet hat, hat assoziativen Charakter. Er bezieht sich nämlich auf die Streichung mit Hilfe eines blauen Filzstifts, wodurch den Kriterien der Missbräuchlichkeit genügt wird.

    93.

    Der Gedanke, der hinter dem Blue-pencil-Test steht, d. h. die Trennung der Klauseln in einen missbräuchlichen und einen nicht missbräuchlichen Teil, fand in Deutschland überwiegend eine gute Resonanz ( 86 ). Das Hauptargument des deutschen Schrifttums ist identisch mit dem der Rechtsprechung: Die Zulassung einer geltungserhaltenden Reduktion/Abänderung würde bedeuten, dass der Verwender der Klauseln ohne Risiko missbräuchliche Klauseln vorsehen könnte, in dem Wissen, dass die Gerichte sie ändern würden, bis sie zulässig wären. Eine solche geltungserhaltende Reduktion/Abänderung hätte mit anderen Worten keine abschreckende Wirkung ( 87 ), weshalb sie nicht statthaft sei ( 88 ).

    94.

    Nach dieser Darstellung des Kontextes der Regel der Trennbarkeit der Klausel oder des Blue-pencil-Tests in Rechtsprechung und Lehre ist es für mich – ohne mich zur Vereinbarkeit dieser Regel mit dem Unionsrecht äußern zu wollen – schon jetzt klar, dass es sich bei der vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) befürworteten Lösung nicht um eine Teilung der Klausel oder einen Blue-pencil-Test handelt, sondern um deren geltungserhaltende Abänderung. Ich werde dies daher in den folgenden Ausführungen erläutern.

    b)   Die streitige Klausel

    1) Trennbarkeit oder geltungserhaltende Abänderung der Klausel

    95.

    Wie sich aus Nr. 84 der vorliegenden Schlussanträge ergibt, besteht der Vorschlag des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) darin, die streitige Klausel aufrechtzuerhalten und lediglich den Teil zu streichen, der ihre Missbräuchlichkeit begründet, nämlich die Nichtzahlung einer der Raten bei Fälligkeit. Zum besseren Verständnis der von diesem Gericht dem Gerichtshof unterbreiteten Auslegung erscheint es mir sinnvoll, die streitige Klausel im Folgenden so wiederzugeben, wie sie sich aus dem in der Rechtssache C‑70/17 dargestellten rechtlichen Rahmen ergibt, unter Einbeziehung der vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vorgeschlagenen Zerlegung, um zu prüfen, ob diese Klausel im Licht des von diesem in der Vorlageentscheidung angesprochenen Blue-pencil-Tests teilbar ist oder nicht (die zu streichenden Teile sind in Klammern gesetzt und kursiv hervorgehoben):

    „Die Bank kann ohne vorherige Mahnung das Darlehen für fällig erklären und Klage auf Rückzahlung der gesamten Schuld, sowohl der bereits fälligen als auch der fällig werdenden Beträge, zuzüglich Zinsen, Verzugszinsen, Kosten und Ausgaben erheben, und zwar in folgenden Fällen: a) Nichtzahlung [einer] der Zins- oder Tilgungsraten bei Fälligkeit, einschließlich aller Elemente, aus denen sie besteht; die Parteien beantragen ausdrücklich die Angabe dieser Klausel im Grundbuch gemäß Art. 693 LEC“ ( 89 ).

    96.

    Kann man davon ausgehen, dass die Klausel die Erfordernisse des Blue-pencil-Tests erfüllt und somit in mehrere unterschiedliche Teile aufgespalten werden kann?

    97.

    Dies ist meines Erachtens nicht der Fall.

    98.

    Erstens ergibt sich aus der Anwendung des Blue-pencil-Tests, wie sie in Nr. 90 der vorliegenden Schlussanträge beschrieben wird, dass die in der Rechtssache C‑70/17 streitige Klausel ( 90 )nicht trennbar ist. In der Vertragsklausel, die in dem vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in seiner Vorlageentscheidung angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs geprüft wurde, geht es nämlich um drei Arten von Rechtsgeschäften: eine Ermächtigung zur Weitergabe persönlicher Daten und zwei Abtretungsvereinbarungen, die erste zugunsten eines Inkassobüros und die zweite zugunsten eines Bankinstituts. Die Streichung des Teils der Klausel, der sich auf die Abtretung einer Forderung an ein Bankinstitut bezieht, wirkt sich grundsätzlich nicht auf die anderen Teile der Klausel aus, da die drei Teile voneinander unabhängig sind.

    99.

    Anders ist der Fall dagegen, was die in der Rechtssache C‑70/17 streitige Klausel angeht. Der „infizierte“ Teil betrifft nämlich lediglich Buchst. a, d. h. das Recht der Bank, das Darlehen im Fall der „Nichtzahlung [einer] der Zins- oder Tilgungsraten bei Fälligkeit“ für fällig zu erklären. In Anwendung des Blue-pencil-Tests würde die streitige Klausel daher die erste Voraussetzung der Teilbarkeit, dass nämlich der „infizierte“ Teil ohne weitere Änderung gestrichen werden kann, in lediglich zwei Fällen erfüllen. Der erste Fall ist derjenige, in dem die streitige Klausel mehrere Gründe für eine vorzeitige Fälligkeit enthielte und z. B. wie folgt lautete: „… in folgenden Fällen: a) Nichtzahlung einer, mehrerer oder sämtlicher Raten bei Fälligkeit …“. Der Begriff „einer“ wäre also der einzige Grund, der zu streichen wäre, ohne weitere Maßnahmen bezüglich der übrigen Elemente von Buchst. a. In diesem Fall würde diese Klausel im formalen Sinn des Begriffs mehrere identifizierbare und voneinander trennbare Situationen erfassen. Dies ist indessen bei der in der Rechtssache C‑70/17 streitigen Klausel nicht der Fall ( 91 ). Der zweite Fall ist derjenige, in dem der „infizierte“ Teil aus dem gesamten Buchst. a bestehen würde. Buchst. a könnte daher ohne weitere Maßnahmen bezüglich der übrigen in der Klausel enthaltenen Buchst. b, c oder d gestrichen werden ( 92 ).

    100.

    Zweitens müsste, selbst wenn man akzeptierte, dass der „infizierte“ Teil der in der Rechtssache C‑70/17 streitigen Klausel ohne weitere Änderung gestrichen werden kann ( 93 ) – was ich anhand der mir zur Verfügung stehenden Informationen nicht tun kann –, die Abspaltung des „infizierten“ Teils es zulassen, die Klausel richtig zu lesen. Das Ergebnis wäre Folgendes: „Nichtzahlung [von] Zins- oder Tilgungsraten“. Höchstwahrscheinlich sind die Ansichten geteilt, was die Frage angeht, ob die Klausel, wie sie sich aus dieser Zerlegung ergibt, grammatikalisch verständlich ist. Lässt sich der Lektüre der zerlegten Klausel klar entnehmen, ab wie viel nicht gezahlten Monatsraten der Gläubiger die vorzeitige Fälligstellung des Darlehensvertrags geltend machen kann? Dies ist eindeutig nicht der Fall.

    101.

    Jedenfalls bin ich – auch wenn angenommen würde, dass die streitige Klausel nach der Zerlegung grammatikalisch klar und verständlich ist, was meines Erachtens unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit zu bezweifeln ist – überzeugt, dass die ursprüngliche Zielsetzung dieser Klausel nach der Streichung des missbräuchlichen Teils in Frage gestellt wäre, da sie durch die allgemeine Verweisung auf die „Nichtzahlung [fälliger Raten]“ unweigerlich eine neue rechtliche Bedeutung erhielte. Wie bereits in den Nrn. 89 bis 93 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, ist ein solches Ergebnis nach dem Blue-pencil-Test in seiner Auslegung durch den Bundesgerichtshof, auf die das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) verweist, nicht zulässig. Da die durch diese Regel aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, bin ich der Ansicht, dass die vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vorgeschlagene Maßnahme keine „Teilung“ der streitigen Klausel darstellt, sondern eine „geltungserhaltende Reduktion/Abänderung“ derselben in Form einer Neufassung.

    102.

    Um die Zielsetzung dieser Klausel zu bewahren, müsste eine neue oder von der ursprünglichen Regelung abweichende Regelung eingeführt werden, was nach dem Blue-pencil-Test nicht zulässig ist, wie das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) selbst in seiner Vorlageentscheidung einräumt. Da die Klausel nicht ohne Rückgriff auf eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts wie Art. 693 Abs. 2 LEC zur Anwendung gelangen kann, halte ich es für klar, dass die vom vorlegenden Gericht ins Auge gefasste Änderung nicht – wie vom Blue-pencil-Test verlangt – auf einen „simplen Federstrich“ zu beschränken ist.

    103.

    In jedem Fall ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass im Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 die geltungserhaltende Änderung nach der vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ( 94 ) ausgeschlossen ist. Aus Nr. 93 der vorliegenden Schlussanträge ergibt sich, dass diese Art der Änderung keine abschreckende Wirkung hätte und dass es nicht die Aufgabe des Erkenntnisrichters ist, eine Lösung zu finden, die zulässig ist ( 95 ).

    104.

    Nach der Feststellung, dass die vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in der Rechtssache C‑70/17 vorgeschlagene Maßnahme keine „Teilung“ der streitigen Klausel ist, sondern eine „geltungserhaltende Änderung“, ist nunmehr im Rahmen der ersten Vorabentscheidungsfrage die grundlegende Frage zu prüfen, ob das Unionsrecht der vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vorgeschlagenen Änderung einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung entgegensteht, deren Missbräuchlichkeit vom nationalen Gericht festgestellt wurde.

    2) Ist die Zielsetzung der streitigen Klausel – im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs – ohne Angabe der für ihre Anwendung erforderlichen Zahl nicht gezahlter Monatsraten gewahrt?

    105.

    In erster Linie obliegt es nach der in Nr. 66 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung dem nationalen Gericht, über die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu befinden ( 96 ). Im Rahmen der Prüfung der Missbräuchlichkeit muss der nationale Richter zunächst festlegen, was als Klausel, d. h. eine vom Rest der Vertragsbestimmungen zu unterscheidende vertragliche Verpflichtung, die einer individuellen Prüfung ihrer etwaigen Missbräuchlichkeit unterliegt, angesehen werden kann ( 97 ). Diese vorherige Prüfung ist unerlässlich, da die nationalen Gerichte nach der in Nr. 75 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs verpflichtet sind, nachdem sie die Missbräuchlichkeit festgestellt und erklärt haben (Etappe der Prüfung betreffend die Beurteilung oder die Einstufung der Klausel) ( 98 ), von der Anwendung einer missbräuchlichen Vertragsklausel Abstand zu nehmen, damit diese für den Verbraucher unverbindlich ist, ohne dass sie befugt wären, deren Inhalt abzuändern (Etappe der Prüfung der Folgen der Missbräuchlicherklärung der Klausel) ( 99 ). Der Vertrag muss nämlich grundsätzlich ohne jegliche andere Änderung als diejenige, die sich aus der Streichung der missbräuchlichen Klauseln ergibt, fortbestehen, soweit dies nach den Regeln des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist ( 100 ).

    106.

    Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass sich aus der Vorlageentscheidung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) ergibt, dass die Bezugnahme auf „eine der Raten bei Fälligkeit“ eine wesentliche und unerlässliche Voraussetzung für die Anwendung der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung darstellt. Aufgrund dessen ist die Zielsetzung der Klausel ohne eine für ihre Anwendung erforderliche präzise Angabe der Zahl der nicht gezahlten Raten nicht gewahrt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist ( 101 ). Überdies sind die nationalen Gerichte zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs schlicht und einfach gehalten, die als missbräuchlich angesehenen Klauseln nicht anzuwenden, doch geht die Bedingung für die Auslösung der vorzeitigen Fälligstellung des gesamten Darlehens hierdurch meiner Ansicht nach ins Leere. Folglich wäre die gesamte Klausel zwangsläufig wirkungslos.

    107.

    Drittens ist anzumerken, dass eine solche Klausel, die die vorzeitige Fälligstellung des gesamten Restbetrags im Fall der Nichtzahlung einer der Raten bei Fälligkeit vorsieht, nicht die vom Gerichtshof in den Urteilen Aziz und Banco Primus ( 102 ) aufgestellten Voraussetzungen erfüllt, da die streitige Klausel keine hinreichend schwerwiegende Pflichtverletzung hinsichtlich der Dauer und der Höhe des Darlehens darstellt. Jedenfalls darf nicht vergessen werden, dass – wie die Kommission zutreffend festgestellt hat – die vorgenannte Voraussetzung (Bezugnahme auf „eine der Raten bei Fälligkeit“) nach dieser Rechtsprechung zwar für missbräuchlich erklärt worden war und dementsprechend nicht angewendet wurde, das weitere Element, d. h. die bloße Möglichkeit, den gesamten Restbetrag für fällig zu erklären ( 103 ), jedoch nicht nur praktisch wirkungslos wäre, sondern außerdem derart abstrakt wäre, dass es dem nationalen Richter nicht erlauben würde, zu prüfen, ob es die vom Gerichtshof im Urteil Banco Primus ( 104 ) aufgestellten und in Nr. 69 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegebenen Voraussetzungen erfüllt.

    108.

    Im Übrigen ist der genaue Zeitpunkt, zu dem das Bankinstitut von der Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung Gebrauch macht, eine Tatsachenfrage, die ohne Bedeutung für die Prüfung einer Klausel ist, die auf die Nichtzahlung einer einzigen Rate abstellt. Es geht hier nicht darum, festzustellen, ob das Geschäftsgebaren der Bank missbräuchlich war, sondern ob eine Vertragsklausel missbräuchlich ist. Anders als es sich aus der Vorlageentscheidung in der Rechtssache C‑70/17 ( 105 ) ergibt, kann ein vernünftiges Geschäftsgebaren in einem missbräuchlichen vertraglichen Rahmen die Feststellung des Richters betreffend die Missbräuchlichkeit der Klauseln eines Vertrags nicht nutzlos machen ( 106 ). Dies gilt umso mehr, wenn es gerade die fragliche Klausel ist, die es der Bank ermöglicht, den gesamten Restbetrag im Rahmen einer Hypothekenvollstreckung im Anschluss an die Nichtzahlung einer einzigen fälligen Zins- und Tilgungsrate zu verlangen.

    109.

    Nach alledem bin ich der Ansicht, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er es einem nationalen Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel festgestellt hat, welche die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags, insbesondere bei Nichtzahlung einer einzigen Monatsrate, zulässt, verwehrt, die teilweise Wirksamkeit dieser Klausel durch bloße Streichung des Fälligstellungsgrundes, der zu ihrer Missbräuchlichkeit führt, aufrechtzuerhalten.

    5.   Zur zweiten Frage in der Rechtssache C‑70/17 und zur ersten Frage in der Rechtssache C‑179/17: Möglichkeit, das Hypothekenvollstreckungsverfahren unter ergänzender Anwendung einer nationalen Vorschrift wie Art. 693 Abs. 2 LEC fortzuführen

    110.

    Mit der zweiten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑70/17 und der ersten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑179/17, die gemeinsam zu prüfen sind, fragen die vorlegenden Gerichte im Wesentlichen, ob Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Rechtsprechung entgegenstehen, wonach, wenn die Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung von einem nationalen Gericht festgestellt worden ist, das aufgrund der Anwendung dieser Klausel eingeleitete besondere Hypothekenvollstreckungsverfahren gleichwohl durch ergänzende Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift wie Art. 693 Abs. 2 LEC fortgeführt werden kann, sofern dieses Verfahren für den Verbraucher günstiger sein kann als die Vollstreckung eines im Rahmen des Erkenntnisverfahrens gegen ihn ergangenen Urteils.

    111.

    Bevor ich auf diese Frage eingehe, weise ich zunächst darauf hin, dass sich namentlich aus der von mir vorgeschlagenen Antwort auf die erste Frage in der Rechtssache C‑70/17 ergibt, dass, selbst wenn der „infizierte“ Teil der in der Rechtssache C‑179/17 streitigen Klausel ohne weitere Änderung gestrichen werden kann und das Ergebnis verständlich ist, diese Klausel gemessen an den Anforderungen des vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) angeführten Blue-pencil-Tests unteilbar bleibt ( 107 ). Nach der Abspaltung des missbräuchlichen Teils behält diese Klausel nämlich nicht ihre ursprüngliche rechtliche Bedeutung. Indem die Klausel sich ganz allgemein auf die „… Nichtzahlung [einer], mehrerer oder sämtlicher … vorgesehene[r] Tilgungsraten“ bei Fälligkeit bezieht, ändert sie tatsächlich ihre rechtliche Bedeutung. Können wir somit der Lektüre der so zerlegten/geänderten Klausel die genaue Zahl der nicht gezahlten Monatsraten entnehmen, die es dem Kreditgeber erlaubt, die vorzeitige Fälligkeit des Hypothekendarlehensvertrags geltend zu machen? Meiner Ansicht nach ist die einzige mögliche Antwort folgende: „mindestens zwei Raten bei Fälligkeit“, wodurch die Klausel jedoch in Anbetracht der oben in Nr. 107 wiedergegebenen Anforderungen des Urteils Aziz missbräuchlich würde. Eine Zerlegung würde somit die Zielsetzung der in der Rechtssache C‑179/17 streitigen Klausel gefährden, und diese würde ins Leere gehen, wenn die Voraussetzung für ihre Anwendung (die im Register eingetragene Vereinbarung mit der Bezugnahme auf „eine“ fällige Rate), die es im vorliegenden Fall erlaubt, das Hypothekenvollstreckungsverfahren fortzuführen – und gegebenenfalls zu eröffnen –, unwirksam wird. Es wäre rechtlich gesehen sinnwidrig, eine Befugnis für den Gläubiger vorzusehen, die rein hypothetisch wäre („mehrere fällige Raten“) und nicht in der Praxis umgesetzt werden könnte ( 108 ).

    112.

    Um nämlich die Zahl der nicht bedienten Monatsraten, die für die vorzeitige Fälligstellung erforderlich sind, bestimmen zu können, müsste – wie vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in seiner Rechtsprechung vorgeschlagen – eine nationale Vorschrift angewandt werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dies jedoch grundsätzlich nur unter den im Urteil Kásler und Káslerné Rábai ( 109 ) aufgestellten Voraussetzungen möglich, d. h., dass der Vertrag nach Streichung der missbräuchlichen Klausel nicht fortbestehen kann und dass die an dessen Stelle tretende Regelung des nationalen Rechts ergänzenden Charakter hat.

    a)   Können die fraglichen Hypothekendarlehensverträge nach Streichung der streitigen missbräuchlichen Klauseln rechtlich fortbestehen?

    113.

    Was die auf eine vom Gerichtshof zur mündlichen Beantwortung hin gestellte, für die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten entscheidende und in der mündlichen Verhandlung erörterte Frage angeht, welches die Konsequenzen der Streichung der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung für das Bestehen und die Vollstreckung der hypothekarischen Sicherheit nach spanischem Recht sind, hat Abanca geltend gemacht, im Allgemeinen bestehe der Darlehensvertrag fort, da die bloße Streichung der missbräuchlichen Klausel nicht seine Nichtigkeit herbeiführen könne. Wie jedoch sowohl Abanca als auch Bankia vorgetragen haben, kann die hypothekarische Sicherheit erheblich beeinträchtigt werden, da dem Gläubiger nicht mehr das Hypothekenvollstreckungsverfahren zur Verfügung steht, um von der Sicherheit Gebrauch zu machen.

    114.

    Die spanische Regierung hat in ihren schriftlichen Erklärungen geltend gemacht, dass, wenn man davon ausgehe, dass Grund des Darlehensvertrags die Bestellung eines dinglichen Hypothekenrechts sei und dass dieses dingliche Recht durch die Streichung der Klausel beeinträchtigt werde, der Darlehensvertrag selbst keinen Bestand haben könne. Selbst wenn man im Übrigen annehme, dass der Darlehensvertrag nach Streichung der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung Bestand haben könne, würde eine solche Streichung „den Darlehensvertrag für das Bankinstitut zu kostenintensiv machen“, da „sie es zwinge, sich des Erkenntnisverfahrens zu bedienen, um den Vertrag aufzulösen, und sodann des allgemeinen Vollstreckungsverfahrens, um die Schuld einzutreiben“. Es stelle sich daher die Frage, ob das Bankinstitut unter diesen Bedingungen ein Darlehen ohne hypothekarische Sicherheit vergeben hätte.

    115.

    Es ist darauf hinzuweisen, dass das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) in seiner Vorlageentscheidung angibt, das Recht aus der Hypothek verleihe seinem Inhaber nicht nur die Befugnis, im Rahmen eines besonderen Vollstreckungsverfahrens die Zwangsvollstreckung in die mit der Hypothek belastete Sache zu beantragen, sondern auch ein Vorrecht an dieser Sache (Art. 1923 und 1927 CC) und ein gesondertes Vollstreckungsrecht im Rahmen der (gerichtlich festgestellten) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Im Übrigen bewirke die Nichtigkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung keinen vollständigen Verlust der Befugnisse des Hypothekengläubigers, sondern beschränke das wesentliche Vorrecht aus dem Recht aus der Hypothek, nämlich es dem Gläubiger zu erlauben, den Verkauf der mit der Hypothek belasteten Sache zu erzwingen, um mit dem erzielten Preis den geschuldeten Betrag zu begleichen (Art. 1858 CC). Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) ungeachtet der sich hieraus für die Vollstreckung der Sicherheit ergebenden Beschränkung das Fortbestehen des Darlehensvertrags nach der Streichung der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung nicht in Frage stellt ( 110 ). Im Übrigen gibt es in seiner Vorlageentscheidung nicht an, dass es verpflichtet wäre, den Darlehensvertrag insgesamt für nichtig zu erklären. In diesem Zusammenhang führt das vorlegende Gericht in der Rechtssache C‑179/17 aus: „Ein Darlehens- oder Kreditvertrag kann … offenkundig auch ohne die Klausel über die vorzeitige Fälligstellung Bestand haben.“

    116.

    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus der in Nr. 75 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung ergibt, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 zwei Erfolgspflichten enthält: Die erste verlangt, dass missbräuchliche Klauseln keine Bindungswirkung gegenüber dem Verbraucher entfalten dürfen, weswegen „die nationalen Gerichte [sie] nur für unanwendbar zu erklären haben“, und die zweite verlangt, dass der Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher für beide Parteien „auf derselben Grundlage“ bindend bleibt, wenn er „ohne die missbräuchlichen Klauseln“ bestehen bleiben kann ( 111 ). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich somit, dass das Kriterium des Fortbestehens des Vertrags ausschließlich in rechtlicher Hinsicht zu beurteilen ist, „soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist“ ( 112 ).

    117.

    Auch wenn ich die Bedenken verstehe, die der vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vorgeschlagenen Auslegung zugrunde liegen, muss ich darauf hinweisen, dass es nicht darum geht, Erwägungen wie z. B. die Frage, ob die Bank ein nicht hypothekarisch gesichertes Darlehen gewährt hätte oder welches die Konsequenzen der Aufhebung einer missbräuchlichen Klausel für den Gläubiger wären ( 113 ), zu berücksichtigen, sondern darum, ob der Vertrag nach nationalem Recht für nichtig erklärt wird oder nicht.

    118.

    Zweitens darf nicht vergessen werden, dass der Gerichtshof im Urteil Banco Primus ( 114 ) erklärt hat, dass – um die abschreckende Wirkung von Art. 7 der Richtlinie 93/13 sicherzustellen – die Befugnisse des nationalen Gerichts in Bezug auf die Feststellung einer missbräuchlichen Klausel nicht von der Frage der tatsächlichen Anwendung der Klausel abhängen dürfen. In dieser Rechtssache hatte der Gerichtshof für Recht erkannt, dass die Frage, ob die Klausel tatsächlich angewandt worden war, für die Feststellung ihrer Missbräuchlichkeit unerheblich war. Im vorliegenden Fall ist der Umstand, dass die Grenze auf drei Monate statt auf einen festgelegt wird, ebenfalls unerheblich.

    119.

    Der Gerichtshof hat nämlich im Urteil Banco Primus weiter ausgeführt: „[D]eshalb [kann] der Umstand, dass im vorliegenden Fall der Gewerbetreibende sich tatsächlich an die Vorschriften von Art. 693 Abs. 2 … LEC gehalten und das Hypothekenvollstreckungsverfahren erst nach Säumnis der Zahlung von sieben Monatsraten eingeleitet hat und nicht – wie in … Klausel 6[bis] des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags vorgesehen – infolge jedes Zahlungssäumnisses, das nationale Gericht nicht von seiner Pflicht befreien, alle Konsequenzen aus der etwaigen Missbräuchlichkeit dieser Klausel zu ziehen.“ ( 115 ) Der Gerichtshof hat dementsprechend befunden, „dass die Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass sie dem entgegensteht, eine Vorschrift des nationalen Rechts wie Art. 693 Abs. 2 … LEC, mit der die Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung von Darlehensverträgen geregelt werden, richterlich so auszulegen, dass sie es dem nationalen Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer solchen Vertragsklausel festgestellt hat, untersagt, sie für nichtig zu erklären und außer Betracht zu lassen, wenn der Gewerbetreibende sie tatsächlich nicht angewandt hatte, sondern die Voraussetzungen der Vorschrift des nationalen Rechts eingehalten hatte.“ ( 116 ) Folglich kann die Einhaltung von Art. 693 Abs. 2 LEC in der Geschäftspraxis der Banken der Nichtigkeit dieser Klausel nicht abhelfen, indem sie diese im Sinne der Rn. 80 bis 84 des Urteils Kásler und Káslerné Rábai ersetzt ( 117 ).

    120.

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Ausnahme von der im Urteil Kásler und Káslerné Rábai aufgestellten allgemeinen Regel, wonach der Gerichtshof erlaubt, den Vertrag mittels Ersetzung der missbräuchlichen Klausel durch eine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts zu ergänzen, damit er fortbestehen kann, im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da die streitigen Klauseln nicht die Nichtigkeit der Darlehensverträge insgesamt herbeiführen. Im Gegensatz zu der Situation, die der Rechtssache zugrunde lag, in der das erwähnte Urteil Kásler und Káslerné Rábai erging, können nämlich die Darlehensverträge in den vorliegenden Rechtssachen zwar ohne die Klausel über die vorzeitige Fälligstellung fortbestehen, so dass das nationale Gericht nicht verpflichtet ist, den Vertrag insgesamt für nichtig zu erklären, doch ist es nicht erforderlich, eine dispositive Bestimmung des nationalen Rechts anzuwenden, um „besonders nachteilige Folgen“für den Verbraucher zu vermeiden.

    b)   Zur ergänzenden Anwendung von Art. 693 Abs. 2 LEC

    121.

    Was die Anwendung von Art. 693 Abs. 2 LEC angeht, ergibt sich aus der Vorlageentscheidung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) nicht, dass diese Bestimmung dispositiven Charakter hätte. Die bloße Lektüre dieser Bestimmung erlaubt nämlich die Feststellung, dass eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien erforderlich ist, um ihre Anwendung zu erlauben, und dass sie daher nicht Anwendung finden kann, wenn es an einer solchen Vereinbarung fehlt. Dagegen verweist das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) auf die Möglichkeit, diese Vorschrift „ergänzend“ anzuwenden, ohne sich dazu zu äußern, ob diese dispositiven Charakter hat oder nicht. Jedenfalls ist es Sache des nationalen Gerichts, den dispositiven Charakter einer solchen Vorschrift zu beurteilen.

    122.

    In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil des Gerichtshofs (Große Kammer) in den Rechtssachen zu verweisen, in denen das Urteil Gutiérrez Naranjo u. a. ( 118 ) ergangen ist und die von den Banken im Rahmen von Hypothekendarlehensverträgen mit Verbrauchern verwendete „Mindestzinssatzklauseln“ betrafen. Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) hatte diese Klausel wegen ihrer fehlenden Transparenz aufgrund einer unzureichenden Information der Darlehensnehmer über die konkreten praktischen Konsequenzen ihrer Anwendung für missbräuchlich und nichtig erklärt. Allerdings hatte das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) befunden, dass diese Mindestzinssatzklauseln als solche zulässig seien, und es hatte die Rückwirkung der Nichtigerklärung dieser Klauseln eingeschränkt ( 119 ). In den dem Gerichtshof von einem anderen spanischen Gericht vorgelegten Vorentscheidungsfragen ging es darum, ob die zeitliche Beschränkung der mit der gerichtlichen Erklärung dieser Klauseln für missbräuchlich verbundenen Restitutionswirkungen allein auf die nach Verkündung der Entscheidung, mit der die Missbräuchlichkeit festgestellt wurde, rechtsgrundlos gezahlten Beträge mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vereinbar war. Der Gerichtshof antwortete darauf, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine für missbräuchlich erklärte Vertragsklausel grundsätzlich als von Anfang an nicht existent anzusehen ist, so dass sie gegenüber dem Verbraucher keine Wirkungen haben kann.

    123.

    Folglich muss die gerichtliche Feststellung der Missbräuchlichkeit einer solchen Klausel grundsätzlich dazu führen, dass die Sach- und Rechtslage wiederhergestellt wird, in der sich der Verbraucher ohne diese Klausel befunden hätte. Wie der Gerichtshof weiter entschieden hat, obliegt es den Mitgliedstaaten zwar, durch ihr nationales Recht die Bedingungen festzulegen, unter denen die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel erfolgt und die konkreten Rechtswirkungen dieser Feststellung eintreten, doch ändert dies nichts daran, dass eine solche Feststellung die Wiederherstellung der Tatsachen- und Rechtslage, in der sich der Verbraucher ohne die missbräuchliche Klausel befände, ermöglichen muss, und zwar insbesondere durch Begründung eines Anspruchs auf Rückgewähr der Vorteile, die der Gewerbetreibende aufgrund der missbräuchlichen Klauseln zulasten des Verbrauchers rechtsgrundlos erhalten hat ( 120 ).

    124.

    Nach meinem Verständnis ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass bei einer für nichtig erklärten missbräuchlichen Klausel davon ausgegangen wird, dass sie niemals bestanden hat und keinerlei Wirkung entfaltet hat. Damit hätte die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 im vorliegenden Fall – wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat – die praktische Folge, dass, wenn das nationale Gericht die Klausel über die vorzeitige Fälligstellung für nichtig erklärt, das Hypothekenvollstreckungsverfahren nicht eingeleitet werden könnte oder, wenn es eingeleitet worden ist, nicht fortgeführt werden könnte, da die in das Register eingetragene Vereinbarung der Parteien und die Bezugnahme auf eine fällige Rate für missbräuchlich und damit null und nichtig erklärt worden ist. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass, wenn der Nichtigkeit der Klausel durch Anwendung des in Art. 693 Abs. 2 LEC vorgesehenen Minimums von drei Monatsraten abgeholfen werden könnte, dies de facto darauf hinauslaufen würde, den nationalen Gerichten eine Änderung der besagten Klausel zu erlauben ( 121 ). Wie der Gerichtshof jedoch in seinem Urteil Gutiérrez Naranjo u. a. ausgeführt hat, „ist das nationale Gericht nicht befugt, den Inhalt missbräuchlicher Klauseln abzuändern, da sonst dazu beigetragen würde, den Abschreckungseffekt zu beseitigen, der für die Gewerbetreibenden darin besteht, dass solche Klauseln gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet bleiben“ ( 122 ).

    125.

    Daraus folgt, dass die vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vorgeschlagene Änderung unweigerlich die Integration, Überarbeitung, Änderung oder Neuformulierung der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung beinhaltet. Diese Änderung der Klausel steht zum einen nicht im Einklang mit den Anforderungen des vom vorlegenden Gericht selbst angesprochenen Blue-pencil-Tests, da sie im Rahmen der Richtlinie 93/13 als unzulässig gilt. Zum anderen ist diese Änderung nach ständiger und gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs bis zum heutigen Tag ausdrücklich verboten, was für die Beantwortung der in den vorliegenden Rechtssachen gestellten Fragen von entscheidender Bedeutung ist.

    126.

    Schließlich stellt sich die Frage, ob das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) zu Recht darauf verweist, dass der bloße Umstand, dass die Schuldner/Verbraucher nicht in den Genuss der prozessualen Vorteile des Hypothekenvollstreckungsverfahrens gelangen, im Licht der in den Nrn. 80 bis 82 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs die Streichung der streitigen Klauseln und deren Ersetzung durch eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts oder gegebenenfalls durch ergänzende Anwendung einer Vorschrift, die keinen solchen Charakter hat, rechtfertigt ( 123 ).

    c)   Rechtfertigen die Vorteile des Hypothekenvollstreckungsverfahrens die Fortführung der Hypothekenvollstreckung nach der Feststellung der Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung?

    127.

    Ich weise noch einmal darauf hin, dass, wie sich aus dem fünften Grund der Vorlageentscheidung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) ergibt, die prozeduralen Vorteile der Hypothekenvollstreckung, in deren Genuss die Schuldner/Verbraucher kommen, es den nationalen Gerichten erlauben, die Fortführung dieses Verfahrens nach der Feststellung des missbräuchlichen Charakters einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung zu gestatten.

    128.

    Hierzu macht die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen geltend, das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) habe in seinem ebenfalls in der Vorlageentscheidung angeführten Urteil vom 18. Februar 2016 ausgeführt: „Deshalb kann nicht bedingungslos und in allen Fällen angenommen werden, dass die Entscheidung, das Hypothekenvollstreckungsverfahren fortzuführen, für den Verbraucher nachteiliger ist.“ ( 124 ) Die Kommission hat daraus geschlossen, die Angabe, „nicht vorbehaltlos annehmen zu können“, dass die Fortführung des Hypothekenvollstreckungsverfahrens für den Verbraucher nachteilig sei, sei – was den Grad der Überzeugung angehe – nicht gleichbedeutend mit der Annahme, dass die Fortführung des Hypothekenvollstreckungsverfahrens für den Verbraucher in allen Fällen eindeutig vorteilhafter sei. Daher sei die Annahme, dass die Fortführung des Hypothekenvollstreckungsverfahrens im Interesse des Verbrauchers liege, zumindest fragwürdig und hänge von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Da die Klauseln über die vorzeitige Fälligstellung, die es den Banken erlaubten, das Hypothekenvollstreckungsverfahren einzuleiten, von Verbrauchern angefochten worden seien, dürfe davon ausgegangen werden, dass die Verbraucher, die eine solche Klage erhöben, über rechtlichen Beistand verfügten und bestrebt seien, ihre Interessen zu schützen, nicht aber, ihnen zu schaden.

    129.

    Ich teile die Auffassung der Kommission. Auch wenn ich bei der Lektüre des vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) dargestellten rechtlichen Rahmens selbst die prozeduralen Vorteile des Hypothekenvollstreckungsverfahrens feststelle, hege ich gleichwohl Zweifel, dass diese Vorteile „allen“ Verbrauchern ohne Ausnahme zugutekommen ( 125 ). Natürlich kann der Gerichtshof diese Frage, die allein das nationale Recht betrifft, nicht beantworten. Ich halte es jedoch für zweckmäßig, meine Zweifel in Bezug auf die vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) geschilderte Situation darzulegen, die ich durch zwei Beispiele veranschaulichen möchte ( 126 ).

    130.

    Nehmen wir zunächst den Fall eines jungen Paars ohne Kinder, „P und M“. Beide haben Universitätsstudien abgeschlossen. Im Jahr 2000 erhalten sie von einer Bank ein Hypothekendarlehen für den Kauf ihrer Wohnung. Dieses Darlehen in Höhe von 180000 Euro wird für eine Dauer von 30 Jahren gewährt. Im Jahr 2007 beschließen sie, eine Zweitwohnung zu kaufen, und erhalten ein zweites Hypothekendarlehen in Höhe von 80000 Euro mit einer Laufzeit von 15 Jahren. Im Jahr 2012, mitten in der Wirtschaftskrise, verliert M seine Arbeit, und das Paar kann seine beiden Hypothekendarlehen nicht mehr zurückzahlen. Einige Monate später beantragt die Bank nach der Nichtzahlung von sieben Monatsraten des ersten Darlehens die Hypothekenvollstreckung. Das nationale Gericht stellt bei der Prüfung auf missbräuchliche Klauseln die Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung fest. Dank der Hilfe ihrer Eltern und dem Verkauf der Zweitwohnung gelingt es dem Paar jedoch, vor dem Zeitpunkt der Versteigerung die Freigabe seiner Hauptwohnung durch Hinterlegung des exakten der Bank geschuldeten Betrags zu erreichen. Dieses Paar könnte die Gruppe der Verbraucher repräsentieren, die in den Genuss der prozeduralen Vorteile der Hypothekenvollstreckung kommen könnten.

    131.

    Nehmen wir nun den Fall eines jungen Paars, „J und L“. J arbeitet im Bausektor, und L bekleidet eine Stelle im Dienstleistungsbereich. Im Jahr 2000 erhalten sie trotz begrenzter Zahlungsmöglichkeiten ein Hypothekendarlehen in Höhe von 100000 Euro zur Finanzierung des Kaufs einer Wohnung. Dieses Darlehen wird für eine Dauer von 26 Jahren gewährt und entspricht mehr als der Hälfte ihrer monatlichen Einkünfte. In den Jahren 2004 und 2007 werden ihre beiden Kinder geboren. Im Jahr 2012, mitten in der Wirtschaftskrise, verliert J seine Arbeit. Eine Zeit lang erhält er Arbeitslosenunterstützung, aber nach Ablauf des Bezugszeitraums und mit einem einzigen Gehalt gelingt es dem Paar nicht mehr, seinen Rückzahlungspflichten nachzukommen. Aufgrund der Nichtzahlung von zehn Monatsraten stellt die Bank Antrag auf Hypothekenvollstreckung. Das Vollstreckungsgericht stellt bei der Prüfung der Klausel die Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung fest. Das Paar hat keine Ersparnisse, die ihm die Freigabe ihrer Wohnung ermöglichen würden. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs beschließt das nationale Gericht, die Hypothekenvollstreckung auszusetzen und den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.

    132.

    Ist in diesem zweiten Fall davon auszugehen, dass dem Paar die Vorteile der Hypothekenvollstreckung zugutekommen können? Eine Bejahung dieser Frage wäre auf die Vorstellung gestützt, dass es in der Lage ist, die fälligen Monatsraten zu zahlen und damit die Freigabe seiner Immobilie zu erreichen, was nicht der Fall ist. Hat dieses Paar – abgesehen von diesen prozeduralen Vorteilen, die ihm angesichts seiner prekären wirtschaftlichen Lage nicht zugutekommen können – z. B. die Möglichkeit, im Stadium des Verfahrens der Hypothekenvollstreckung eine Umschuldung zu erreichen? Ich glaube dies nicht.

    133.

    In jedem Fall, und unabhängig von der Möglichkeit der Verbraucher, gegebenenfalls Vorteile aus dem Hypothekenvollstreckungsverfahren zu ziehen, steht meines Erachtens außer Frage, dass angesichts der in den Nrn. 65 bis 82 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Tragweite der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel über die vorzeitige Fälligstellung die Bedeutung solcher Vorteile für die Beantwortung der hier anstehenden Fragen, in denen es um die Konsequenzen geht, die aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit der streitigen Klausel zu ziehen sind, zumindest ungewiss ist. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung bin ich infolgedessen der Auffassung, dass das nationale Gericht, das die Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung festgestellt hat, eine gegen den Schuldner/Verbraucher angestrengte Hypothekenvollstreckung nicht trotz dieser Feststellung einleiten oder gegebenenfalls fortführen kann, selbst wenn es der Auffassung ist, dass dieses Verfahren für den Betroffenen günstiger ist.

    d)   Zur Möglichkeit, den Verbraucher über die Vorteile der Fortführung der Hypothekenvollstreckung zu informieren: das Urteil Pannon GSM

    134.

    Wie in Nr. 128 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, ergibt sich aus der Vorlageentscheidung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) nicht, dass die Fortführung der auf der Grundlage einer missbräuchlichen Klausel über die vorzeitige Fälligstellung eingeleiteten Hypothekenvollstreckung in allen Fällen Vorteile für den Verbraucher/Schuldner bietet. Sollte das nationale Gericht jedoch annehmen, dass dem Verbraucher die besagten Vorteile zugutekommen können, müsste es diesen darüber informieren. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt könnte der Verbraucher seine Absicht bekunden, sich nicht auf die Missbräuchlichkeit und Unverbindlichkeit dieser Klausel zu berufen, wie in meinem ersten Beispiel betreffend das Paar „P und M“.

    135.

    In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil Pannon GSM, nachdem er festgestellt hatte, dass das nationale Gericht die praktische Wirksamkeit des mit der Richtlinie 93/13 angestrebten Schutzes zu gewährleisten hat, für Recht erkannt hat, dass das nationale Gericht, wenn es der Verpflichtung nachkommt, Klauseln von Amts wegen auf ihre Missbräuchlichkeit zu prüfen, „nach [der genannten] Richtlinie die fragliche Klausel jedoch dann nicht unangewendet lassen [muss], wenn der Verbraucher nach einem Hinweis dieses Gerichts die Missbräuchlichkeit und Unverbindlichkeit nicht geltend machen möchte“ ( 127 ). Im Urteil Banif Plus Bank hat der Gerichtshof das vorgenannte Urteil bestätigt und klargestellt, dass die dem Verbraucher eröffnete Möglichkeit, sich zu diesem Punkt zu äußern, auch der Verpflichtung des nationalen Gerichts gerecht wird, gegebenenfalls den vom Verbraucher geäußerten Willen zu berücksichtigen, wenn dieser im Wissen um die Unverbindlichkeit einer missbräuchlichen Klausel gleichwohl angibt, dass er gegen deren Nichtanwendung sei, und so nach vorheriger Aufklärung seine freie Einwilligung in die fragliche Klausel erteilt ( 128 ).

    136.

    Nach alledem schlage ich vor, auf die zweite Vorlagefrage in der Rechtssache C‑70/17 und die erste Vorlagefrage in der Rechtssache C‑179/17 zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Rechtsprechung entgegenstehen, wonach, wenn die Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung von einem nationalen Gericht festgestellt worden ist, das aufgrund der Anwendung dieser Klausel eingeleitete Hypothekenvollstreckungsverfahren gleichwohl durch ergänzende Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift wie Art. 693 Abs. 2 LEC fortgeführt werden kann, sofern dieses Verfahren für den Verbraucher günstiger sein kann als die Vollstreckung eines im Rahmen des Erkenntnisverfahrens gegen ihn ergangenen Urteils, vorausgesetzt, dass der Verbraucher, nachdem er vom nationalen Gericht ordnungsgemäß über die Unverbindlichkeit der Klausel informiert worden ist, seine freie Einwilligung erteilt und seine Absicht bekundet, sich nicht auf die Missbräuchlichkeit und Unverbindlichkeit einer solchen Klausel zu berufen.

    6.   Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage in der Rechtssache C‑179/17

    137.

    In Anbetracht der von mir vorgeschlagenen Antwort auf die erste Frage halte ich es nicht für erforderlich, auf die zweite und die dritte Frage betreffend die Auslegung des spanischen Rechts einzugehen, die vom spanischen Gericht vorzunehmen ist.

    C. Abschließende Bemerkung

    138.

    Ich möchte eine letzte Bemerkung anbringen. Der sechste Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 lautet: „Um die Errichtung des Binnenmarktes zu erleichtern und den Bürger in seiner Rolle als Verbraucher beim Kauf von Waren und Dienstleistungen mittels Verträgen zu schützen, für die die Rechtsvorschriften anderer Mitgliedstaaten gelten, ist es von Bedeutung, missbräuchliche Klauseln aus diesen Verträgen zu entfernen.“ Meiner Überzeugung nach hat die vorgeschlagene Lösung das Verdienst, das heutzutage solide und stimmige Gerüst des Verbraucherschutzes zu wahren und damit den Binnenmarkt zu stärken. Aus diesem Grund und aus allen vorstehenden Gründen empfehle ich dem Gerichtshof, seine Rechtsprechung zu bestätigen.

    VI. Ergebnis

    139.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) und vom Juzgado de Primera Instancia no 1 de Barcelona (Gericht erster Instanz Nr. 1 Barcelona, Spanien) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

    1.

    In der Rechtssache C‑70/17:

    Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass er es einem nationalen Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel festgestellt hat, welche die vorzeitige Fälligstellung eines Hypothekendarlehensvertrags, insbesondere bei Nichtzahlung einer einzigen Monatsrate, zulässt, verwehrt, die teilweise Wirksamkeit dieser Klausel durch bloße Streichung des Fälligstellungsgrundes, der zu ihrer Missbräuchlichkeit führt, aufrechtzuerhalten.

    2.

    In den Rechtssachen C‑70/17 und C‑179/17:

    Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsprechung entgegenstehen, wonach, wenn die Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung von einem nationalen Gericht festgestellt worden ist, das aufgrund der Anwendung dieser Klausel eingeleitete Hypothekenvollstreckungsverfahren gleichwohl durch ergänzende Anwendung einer nationalen Rechtsvorschrift wie Art. 693 Abs. 2 der Ley 1/2000 de Enjuiciamiento Civil (Gesetz 1/2000 über den Zivilprozess) vom 7. Januar 2000 in seiner auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung fortgeführt werden kann, sofern dieses Verfahren für den Verbraucher günstiger sein kann als die Vollstreckung eines im Rahmen des Erkenntnisverfahrens gegen ihn ergangenen Urteils, vorausgesetzt, dass der Verbraucher, nachdem er vom nationalen Gericht ordnungsgemäß über die Unverbindlichkeit der Klausel informiert worden ist, seine freie Einwilligung erteilt und seine Absicht bekundet, sich nicht auf die Missbräuchlichkeit und Unverbindlichkeit einer solchen Klausel zu berufen.


    ( 1 ) Originalsprache: Französisch.

    ( 2 ) C‑240/98 bis C‑244/98, EU:C:1999:620, Nr. 1.

    ( 3 ) Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

    ( 4 ) C‑415/11, EU:C:2013:164.

    ( 5 ) Für eine Gesamtschau der rechtlichen Problematik, die den Vorabentscheidungsersuchen in den Rechtssachen C‑92/16, C‑167/16, C‑486/16, C‑70/17 und C‑179/17 zugrunde liegt, verweise ich auf meine Schlussanträge in der Rechtssache C‑486/16 sowie in den Rechtssachen C‑92/16 und C‑167/16.

    ( 6 ) BOE Nr. 7 vom 8. Januar 2000, S. 575.

    ( 7 ) BOE Nr. 89 vom 14. April 1998, S. 12304.

    ( 8 ) BOE Nr. 287 vom 30. November 2007, S. 49181.

    ( 9 ) BOE Nr. 76 vom 28. März 2014, S. 26967.

    ( 10 ) Urteil Nr. 705/2015 (ES:TS:2015:5618).

    ( 11 ) Urteil Nr. 79/2016 (ES:TS:2016:626).

    ( 12 ) Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Gläubiger im Erkenntnisverfahren nach Art. 1124 CC die Auflösung des Vertrags wegen Nichterfüllung seitens des Schuldners beantragen kann. Diese Auflösung führt zur gegenseitigen Rückerstattung der Leistungen oder zur zwangsweisen Durchsetzung des Vertrags, was die Fälligkeit sämtlicher ausstehender Zahlungen zuzüglich der entsprechenden Zinsen zur Folge hat. Aus dem rechtskräftigen Urteil im Erkenntnisverfahren kann die Zwangsvollstreckung betrieben werden, in deren Rahmen sämtliche Vermögenswerte des Schuldners, einschließlich seiner eigengenutzten Wohnung, beschlagnahmt und versteigert werden können.

    ( 13 ) Das vorlegende Gericht gibt an, das Hypothekenvollstreckungsverfahren werde von den Banken vorgezogen, weil es schneller sei und es ihnen erspare, über einen längeren Zeitraum für die ausstehende Forderung Rückstellungen bilden zu müssen.

    ( 14 ) Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) führt aus, diese Vorteile für den Schuldner/Verbraucher im Rahmen des Verfahrens der Hypothekenvollstreckung in die eigengenutzte Wohnung seien in Art. 693 Abs. 3, Art. 579 Abs. 2 und Art. 682 Abs. 2 LEC vorgesehen. Aus diesen Vorschriften ergebe sich, dass die Hypothekenvollstreckung es erlaube, die mit der Hypothek belastete Sache, die als Sicherheit für die Rückzahlung des Darlehens diene, zu pfänden und im Wege der Zwangsversteigerung zu veräußern. Handele es sich bei dieser mit einer Hypothek belasteten Sache um die eigengenutzte Wohnung des Schuldners/Verbrauchers, sehe die Regelung des Hypothekenvollstreckungsverfahrens eine Reihe von Vorteilen vor, damit der Schuldner seine Wohnung behalten oder zumindest sein Schaden aus dem Verkauf dieser Wohnung verringert werden könne. Diese für den Schuldner/Verbraucher vorgesehenen Vorteile, wenn die Vollstreckung im Rahmen des Hypothekenvollstreckungsverfahrens erfolge, gälten nicht im Rahmen eines gewöhnlichen (nicht hypothekengestützten) Vollstreckungsverfahrens im Anschluss an ein Urteil im Erkenntnisverfahren.

    ( 15 ) Das vorlegende Gericht erklärt indessen, dass es den Gerichtshof natürlich nicht bitten wolle, die Richtigkeit oder Genauigkeit der Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) im Zusammenhang mit (Hypotheken‑)Darlehensverträgen zu prüfen oder zu entscheiden, ob die Auflösungsmöglichkeit nach Art. 1124 CC auf diese Verträge anwendbar sei oder nicht: Es informiert lediglich über die vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) auf diesem Gebiet bisher vertretene Auffassung und ersucht den Gerichtshof, zu prüfen, ob die in Rede stehende Rechtsprechung (zur Fortführung der Hypothekenvollstreckung trotz Missbräuchlichkeit der Klausel über die vorzeitige Fälligstellung) nicht im Widerspruch zur Richtlinie 93/13 stehe, da sie nicht angemessen die Vor- und Nachteile prüfe, die für die Verbraucher mit der Einstellung der Vollstreckung, ihrer Fortführung oder der Durchführung eines Erkenntnisverfahrens verbunden seien.

    ( 16 ) Vgl. Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 17 ) Es stellt jedoch klar, dass es sich um eine Möglichkeit handele, für die es derzeit keine Hinweise in der Rechtsprechung gebe, abgesehen vom Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof), das sich jedoch zu dieser Frage nicht geäußert habe.

    ( 18 ) In diesem Zusammenhang weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass Art. 1101 CC, der den Antrag auf Schadensersatz und Zinsen wegen Verzugs oder Nichterfüllung betreffe, jedoch nicht die Auflösung des Vertrags vorsehe, anwendbar sein könne. Diese Bestimmung könne nur die Grundlage für die Erklärung oder die Feststellung der Nichterfüllung der Zahlungspflicht und die Verurteilung zum Ersatz des tatsächlich durch diese Nichterfüllung verursachten Schadens sein, der somit nicht den künftigen Rückzahlungen entspreche, sondern lediglich den nicht erfolgten, tatsächlich fälligen Rückzahlungen.

    ( 19 ) Vgl. Fn. 21 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C‑486/16.

    ( 20 ) Vgl. Beschluss vom 26. Januar 1990, Falciola (C‑286/88, EU:C:1990:33, Rn. 7), Urteile vom 16. Juli 1992, Meilicke (C‑83/91, EU:C:1992:332, Rn. 22), vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 83), und vom 20. Dezember 2017, Global Starnet (C‑322/16, EU:C:2017:985, Rn. 65).

    ( 21 ) Vgl. Urteil vom 1. Dezember 1965, Schwarze (16/65, EU:C:1965:117), und Beschluss vom 5. März 1986, Wünsche (69/85, EU:C:1986:104‚ Rn. 12).

    ( 22 ) Vgl. Urteile vom 29. November 1978, Redmond (83/78, EU:C:1978:214‚ Rn. 25), vom 21. April 1988, Pardini (338/85, EU:C:1988:194), vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a. (C‑212/04, EU:C:2006:443‚ Rn. 41), sowie vom 7. März 2018, Santoro (C‑494/16, EU:C:2018:166‚ Rn. 20).

    ( 23 ) Vgl. Urteile vom 18. Oktober 1990, Dzodzi (C‑297/88 und C‑197/89, EU:C:1990:360, Rn. 35), vom 15. Dezember 1995, Bosman (C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 59), vom 22. November 2005, Mangold (C‑144/04, EU:C:2005:709, Rn. 35), sowie vom 6. März 2018, SEGRO und Horváth (C‑52/16 und C‑113/16, EU:C:2018:157, Rn. 42).

    ( 24 ) Vgl. Beschluss vom 26. Januar 1990, Falciola (C‑286/88, EU:C:1990:33, Rn. 8), Urteile vom 5. Dezember 2006, Cipolla u. a. (C‑94/04 und C‑202/04, EU:C:2006:758‚ Rn. 25), vom 28. Februar 2012, Inter-Environnement Wallonie und Terre wallonne (C‑41/11, EU:C:2012:103‚ Rn. 35), sowie vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164‚ Rn. 35).

    ( 25 ) Vgl. Urteile vom 16. Januar 1974, Rheinmühlen-Düsseldorf (166/73, EU:C:1974:3, Rn. 3), vom 16. Dezember 2008, Cartesio (C‑210/06, EU:C:2008:723, Rn. 88), vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 41), sowie vom 5. April 2016, PFE (C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 32).

    ( 26 ) Vgl. Urteil vom 5. April 2016, PFE (C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 32). Diese Rechtssache betraf u. a. eine Bestimmung des nationalen Rechts, die es der Kammer eines letztinstanzlich entscheidenden Gerichts, die sich nicht der durch eine Entscheidung des Plenums dieses Gerichts aufgestellten Leitlinie anzuschließen vermochte, verwehrte, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.

    ( 27 ) Vgl. in diesem Sinn Urteile vom 6. Oktober 1982, Cilfit u. a. (283/81, EU:C:1982:335, Rn. 21), vom 27. Juni 1991, Mecanarte (C‑348/89, EU:C:1991:278, Rn. 42), sowie vom 5. April 2016, PFE (C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 32).

    ( 28 ) Vgl. Urteile vom 5. April 2016, PFE (C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 33), und vom 6. März 2018, SEGRO und Horváth (C‑52/16 und C‑113/16, EU:C:2018:157, Rn. 48).

    ( 29 ) Vgl. Urteile vom 16. Januar 1974, Rheinmühlen-Düsseldorf (166/73, EU:C:1974:3, Rn. 4), vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 42), sowie vom 6. März 2018, SEGRO und Horváth (C‑52/16 und C‑113/16, EU:C:2018:157, Rn. 48). In der letztgenannten Rechtssache machte die ungarische Regierung geltend, das vorlegende Gericht stelle Erkenntnisse aus einem Urteil des Verfassungsgerichts in Frage, obwohl dessen Entscheidungen nach ungarischem Verfassungsrecht für die untergeordneten Gerichte bindend seien.

    ( 30 ) Vgl. Urteile vom 16. Januar 1974, Rheinmühlen-Düsseldorf (166/73, EU:C:1974:3, Rn. 4), vom 9. März 2010, ERG u. a. (C‑378/08, EU:C:2010:126, Rn. 32), vom 15. November 2012, Bericap Záródástechnikai (C‑180/11, EU:C:2012:717, Rn. 55), und vom 6. November 2014, Cartiera dell’Adda (C‑42/13, EU:C:2014:2345, Rn. 27).

    ( 31 ) Vgl. u. a. Urteil vom 5. April 2016, PFE (C‑689/13, EU:C:2016:199, Rn. 34).

    ( 32 ) In der Rechtssache C‑70/17 betrifft der Ausgangsrechtsstreit ein Verfahren zur Feststellung der Missbräuchlichkeit verschiedener Klauseln des Darlehensvertrags, darunter die streitige Klausel, während in der Rechtssache C‑179/17 der Ausgangsrechtsstreit ein Hypothekenvollstreckungsverfahren betrifft, in dem das Vollstreckungsgericht die Missbräuchlichkeit der streitigen Klausel festgestellt hat. Vgl. Nrn. 24, 31 und 32 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 33 ) In Bezug auf die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klauseln ist darauf hinzuweisen, dass sie nahezu identisch sind. In beiden Fällen handelt es sich um die Klausel betreffend die vorzeitige Fälligstellung, d. h. „§ 6bis“ der streitigen Darlehensverträge. Diese Standardklausel ermöglicht es der Bank, das Darlehen zurückzuverlangen und Klage auf vorzeitige Rückzahlung der gesamten Schuld zu erheben, u. a. im Fall der unterbliebenen Zahlung einer einzigen Monatsrate.

    ( 34 ) Zu den Ursprüngen des Verbraucherschutzes vgl. u. a. Stuyck, J., „European Consumer Law after the Treaty of Amsterdam: Consumer Policy In or Beyond the Internal Market?“, Common Market Law Review, Bd. 37, 2000, S. 367 bis 400.

    ( 35 ) Entschließung des Rates vom 14. April 1975 betreffend ein Erstes Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher (ABl. 1975, C 92, S. 1). In dieser Entschließung hieß es: „Der Verbraucher wird jetzt nicht mehr lediglich als Käufer oder Benutzer von Gütern und Dienstleistungen für den persönlichen, familiären oder kollektiven Bedarf betrachtet, sondern als jemand, der an allen Aspekten des sozialen Lebens, die unmittelbar oder mittelbar auf ihn als Verbraucher Auswirkungen haben können, Anteil nimmt.“ Sie enthielt ein vorläufiges Programm, in dem die Interessen des Verbrauchers in fünf Kategorien von fundamentalen Rechten zusammengefasst wurden: „a) Recht auf Schutz seiner Gesundheit und Sicherheit; b) Recht auf Schutz seiner wirtschaftlichen Interessen; c) Recht auf Wiedergutmachung erlittenen Schadens; d) Recht auf Unterrichtung und Bildung; e) Recht auf Vertretung (Recht, gehört zu werden)“.

    ( 36 ) Vgl. Bourgoignie, T., „Vers un droit européen de la consommation: unifié, harmonisé, codifié ou fragmenté?“, Les Cahiers de droit, Bd. 46, Nrn. 1-2, 2005, S. 153 bis 174.

    ( 37 ) Die Entschließung des Rates vom 19. Mai 1981 betreffend ein zweites Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher (ABl. 1981, C 133, S. 1) bekräftigte die im ersten Programm von 1975 aufgeführten fünf fundamentalen Rechte der Verbraucher, indem sie insbesondere darauf hinwies, dass der Verbraucher in der Lage sein müsse, von ihnen Gebrauch zu machen. In diesem Zusammenhang verweise ich darauf, dass – wie es im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 heißt – in diesen beiden Gemeinschaftsprogrammen „die Bedeutung des Verbraucherschutzes auf dem Gebiet missbräuchlicher Vertragsklauseln hervorgehoben [wird]. Dieser Schutz sollte durch Rechtsvorschriften gewährleistet werden, die gemeinschaftsweit harmonisiert sind oder unmittelbar auf dieser Ebene erlassen werden.“

    ( 38 ) Auf derselben Linie hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die Richtlinie 93/13, die „den Verbraucherschutz verbessern soll, eine Maßnahme … dar[stellt], die für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinschaft und insbesondere für die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität in der ganzen Gemeinschaft unerlässlich ist“. Vgl. Urteile vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, EU:C:2006:675, Rn. 37), und vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 26).

    ( 39 ) Vgl. in diesem Sinne den zweiten Erwägungsgrund der Entschließungen des Rates vom 14. April 1975 und vom 19. Mai 1981 sowie Art. 169 AEUV.

    ( 40 ) Wie Pauschalreisen, Timesharing, irreführende und vergleichende Werbung, unlautere Geschäftspraktiken, Fernabsatz und Haustürgeschäfte oder Rechte von Urlaubs- und Geschäftsreisenden.

    ( 41 ) Generalanwalt Wahl führte in seinen Schlussanträgen in den verbundenen Rechtssachen Unicaja Banco und Caixabank (C‑482/13, C‑484/13, C‑485/13 und C‑487/13, EU:C:2014:2299, Nr. 1) aus: „Als die Richtlinie [93/13] in Kraft trat, haben die meisten Mitgliedstaaten wohl nicht vorhergesehen, welche Auswirkungen sie mehr als 20 Jahre später auf ihre Rechtsordnungen haben würde.“ Ich teile diese Analyse selbstverständlich und denke ebenso, dass die meisten Verbraucher in der Union gewiss nicht vorhersahen, dass die Richtlinie 93/13 eine Stärkung ihrer Rechte gegenüber den Bankinstituten zur Folge haben würde.

    ( 42 ) Vgl. Erwägungsgründe 1 und 2 der Richtlinie 93/13.

    ( 43 ) Vgl. Erwägungsgründe 5, 6 und 7 der Richtlinie 93/13. Hervorhebung nur hier.

    ( 44 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 45 ) Vgl. Nrn. 42 bis 46 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 46 ) Es darf nicht vergessen werden, wie das Vorabentscheidungsverfahren entstanden ist. Lassen Sie mich wiederholen, was Pierre Pescatore hierzu im Jahr 1981 geschrieben hat: „In diesem Zusammenhang ist auf einen Artikel hinzuweisen, der die Grundlage für eine wahrhaft beeindruckende Entwicklung des Rechtsprechungssystems darstellt: Es geht um das Vorabentscheidungsverfahren des Art. 177. Wer ist der Erfinder dieses außergewöhnlichen Rechtsprechungs-‚Gadgets‘? Konnten die Verhandlungsführer die Auswirkungen dieser Bestimmung auf die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts vorhersehen? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Vorabentscheidungsverfahren sich bereits im EGKS-Vertrag findet. Es handelt sich um Art. 41, der jedoch Makulatur geblieben ist, weil er nur Fragen der ‚Gültigkeit‘ betrifft. Und damit begannen die Diskussionen. Müsste dieses Verfahren nicht auch auf Fragen der Auslegung erweitert werden? … Soweit ich mich erinnere, warf die Umsetzung dieses Gedankens im Grundsatz keine Schwierigkeiten auf; ich neige zu der Annahme, dass womöglich nicht allen die Bedeutung dieser Neuerung bewusst war. Dagegen gab es eine intensivere Diskussion über die Modalitäten dieses Verfahrens, insbesondere hinsichtlich der Frage, welche nationalen Gerichte den Gerichtshof anrufen müssten oder könnten. Da eine Anrufungspflicht für alle Gerichte den Gerichtshof durch die Zahl der Ersuchen zu überschwemmen drohte, verblieb es aus praktischen Gründen bei der in Art. 177 enthaltenen Lösung: fakultative Anrufung für alle Gerichte, außer für die obersten Gerichte, die verpflichtet sind, vom Vorabentscheidungsverfahren Gebrauch zu machen, um zu verhindern, dass sich in den Mitgliedstaaten Rechtsprechungen entwickeln, die die Effizienz oder die Einheit des Gemeinschaftsrechts gefährden“ (Pescatore, P., „Les travaux du ‚groupe juridique‘ dans la négociation des traités de Rome“, Revue d’histoire luxembourgeoise, Nr. 2, Hémecht, 1982, 34, S. 145 bis 161. Hervorhebung nur hier).

    ( 47 ) Urteil vom 27. Juni 2000 (C‑240/98 bis C‑244/98, EU:C:2000:346).

    ( 48 ) Vgl. namentlich Urteil vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 32 und 33). Vgl. auch Urteil vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 54 bis 60). Vgl. Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, KOM(2000) 248 endg.: „Die Rechtsordnungen müssen …, … um die Tragweite und den Nutzen der Richtlinie zu bewahren, eine Reihe von Grundsätzen einhalten, um sicherzustellen, dass eine missbräuchliche Klausel nicht effektiv binden kann.“

    ( 49 ) Urteil vom 27. Juni 2000 (C‑240/98 bis C‑244/98, EU:C:2000:346, Rn. 25). Was die Prüfung der Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln von Amts wegen angeht, ist das Urteil Océano Grupo Editorial und Salvat Editores der erste Schritt des Gerichtshofs, der feststellte, dass das Ziel des Art. 6 der Richtlinie 93/13 erreicht werden kann, wenn dem nationalen Gericht die Möglichkeit eingeräumt wird, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu prüfen. Der zweite Schritt wurde im Urteil vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, EU:C:2006:675, Rn. 25), getan, in dem der Gerichtshof entschied, dass das nationale Gericht „verpflichtet“ ist, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt, zu prüfen, und damit das [zum Nachteil für den Verbraucher] bestehende Ungleichgewicht zwischen ihm und dem Gewerbetreibenden auszugleichen. Diese Entscheidungen wurden später vom Gerichtshof bestätigt, und zwar zunächst im Rahmen von Mahnverfahren durch die Urteile vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 22 und 32), und vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 39 und 43), danach im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden, u. a. durch das Urteil vom 21. Februar 2013, Banif Plus Bank (C‑472/11, EU:C:2013:88, Rn. 19 und 24), und im Rahmen von Hypothekenvollstreckungsverfahren, u. a. durch das Urteil vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 41, 44 und 46).

    ( 50 ) Vgl. Urteil vom 9. November 2010, VB Pénzügyi Lízing (C‑137/08, EU:C:2010:659, Rn. 44).

    ( 51 ) Urteil vom 26. April 2012, Invitel (C‑472/10, EU:C:2012:242, Rn. 22). Vgl. ebenfalls Urteile vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164‚ Rn. 66), und vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 57).

    ( 52 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 69), und Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in dieser Rechtssache (C‑415/11, EU:C:2012:700, Nr. 74).

    ( 53 ) Urteil vom 1. April 2004, Freiburger Kommunalbauten (C‑237/02, EU:C:2004:209).

    ( 54 ) Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Aziz (C‑415/11, EU:C:2012:700‚ Nr. 71).

    ( 55 ) Urteil vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164‚ Rn. 68).

    ( 56 ) Urteil vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164‚ Rn. 73). Vgl. ebenfalls Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 6. Juni 2000 in dieser Rechtssache (C‑415/11, EU:C:2012:700, Nrn. 77 und 78).

    ( 57 ) Urteil vom 26. Januar 2017 (C‑421/14, EU:C:2017:60).

    ( 58 ) Urteil vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 59 ) Urteile vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 39), vom 9. November 2010, VB Pénzügyi Lízing (C‑137/08, EU:C:2010:659, Rn. 42), vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 71), und vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 61). Hervorhebung nur hier.

    ( 60 ) Vgl. Urteil vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 71).

    ( 61 ) Urteil vom 20. September 2017, Andriciuc u. a. (C‑186/16, EU:C:2017:703, Rn. 58).

    ( 62 ) Urteil vom 30. April 2014 (C‑26/13, EU:C:2014:282).

    ( 63 ) Urteil vom 14. Juni 2012 (C‑618/10, EU:C:2012:349).

    ( 64 ) Die betreffende nationale Regelung war Art. 83 des Texto refundido de la Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios y otras leyes complementarias. Vgl. Nr. 20 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 65 ) Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 62).

    ( 66 ) Urteil vom 6. Oktober 2009, Asturcom Telecomunicaciones (C‑40/08, EU:C:2009:615, Rn. 58), Beschluss vom 16. November 2010, Pohotovosť (C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 62), sowie Urteil vom 15. März 2012, Pereničová und Perenič (C‑453/10, EU:C:2012:144, Rn. 30).

    ( 67 ) Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 64). Der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 sieht vor: „Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass in von einem Gewerbetreibenden mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen keine missbräuchlichen Klauseln verwendet werden. Wenn derartige Klauseln trotzdem verwendet werden, müssen sie für den Verbraucher unverbindlich sein; die verbleibenden Klauseln müssen jedoch weiterhin gelten und der Vertrag im Übrigen auf der Grundlage dieser Klauseln für beide Teile verbindlich sein, sofern ein solches Fortbestehen ohne die missbräuchlichen Klauseln möglich ist.“ Hervorhebung nur hier.

    ( 68 ) Vgl. Urteile vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 65), und vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a. (C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 57).

    ( 69 ) Hervorhebung nur hier. Urteile vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 65), vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 57), vom 21. Januar 2015, Unicaja Banco und Caixabank (C‑482/13, C‑484/13, C‑485/13 und C‑487/13, EU:C:2015:21, Rn. 28), sowie vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 71). Es ist hinzuzufügen, dass eine solche Möglichkeit in Bezug auf das Fortbestehen des Vertrags anhand objektiver Kriterien und nicht nach Maßgabe der Interessen einer der Vertragsparteien beurteilt werden sollte. Vgl. Mikłaszewicz, P., „Komentarz do art. 3851 k. c.“, in Osajda, K. (Hrsg.), Kodeks cywilny. Komentarz, 19. Aufl., 2018, Legalis, Erläuterungen zu Artikel 3851 Polnisches Zivilgesetzbuch, Rn. 45.

    ( 70 ) Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 69). Vgl. ebenfalls Schlussanträge von Generalanwältin Trstenjak in dieser Rechtssache (C‑618/10, EU:C:2012:74, Nrn. 86 bis 88).

    ( 71 ) Vgl. Urteil vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, EU:C:2006:675, Rn. 36). Vgl. ebenfalls Urteile vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 40), vom 30. Mai 2013, Jőrös (C‑397/11, EU:C:2013:340, Rn. 25), sowie vom 17. Mai 2018, Karel de Grote – Hogeschool Katholieke Hogeschool Antwerpen (C‑147/16, EU:C:2018:320, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 72 ) „Insbesondere wegen der Bedeutung des Verbraucherschutzes hat der [Unions]gesetzgeber in Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie vorgesehen, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, ‚für den Verbraucher unverbindlich sind‘.“ Vgl. Urteil vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, EU:C:2006:675, Rn. 36).

    ( 73 ) Urteil vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 32 und 33). Vgl. auch Fn. 48 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 74 ) Urteil vom 30. April 2014 (C‑26/13, EU:C:2014:282).

    ( 75 ) Urteil vom 30. April 2014, Kásler und Káslerné Rábai (C‑26/13, EU:C:2014:282, Rn. 81). Vgl. auch Urteil vom 21. Januar 2015, Unicaja Banco und Caixabank (C‑482/13, C‑484/13, C‑485/13 und C‑487/13, EU:C:2015:21, Rn. 33), sowie Beschluss vom 11. Juni 2015, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑602/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:397, Rn. 38).

    ( 76 ) Urteil vom 30. April 2014, Kásler und Káslerné Rábai (C‑26/13, EU:C:2014:282, Rn. 83). Vgl. auch Beschluss vom 11. Juni 2015, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑602/13, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:397, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 77 ) BGH III ZR 325/12 – NJW 2014, 141.

    ( 78 ) Vgl. Urteil vom 7. Oktober 1981 (VIII ZR 214/80, NJW 1982, 178 [181]).

    ( 79 ) Siehe Uffmann, K., Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, Tübingen 2010, S. 157; Basedow, J., Krüger, W., Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., München 2016, § 306, Nr. 18; Schlosser, P., in Staudinger, Kommentar zum BGB, § 306, April 2013, Nr. 20. Zur Rechtsprechung vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 2013 (III ZR 325/12, Nr. 14), vom 16. Februar 2016 (XI ZR 454/14, Nr. 21) und vom 18. Januar 2017 (VIII ZR 263/15, Nr. 38).

    ( 80 ) Vgl. u. a. BGH, Urteile vom 17. Mai 1982 (VII ZR 316/81), vom 25. Juni 2003 (VIII ZR 344/02) und vom 18. Januar 2017 (VIII ZR 263/15, Nr. 38).

    ( 81 ) Vgl. u. a. BGH, Urteil vom 17. Mai 1982 (VII ZR 316/81).

    ( 82 ) BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 (III ZR 325/12).

    ( 83 )

    ( 84 ) Temming, F., „Verstehen Sie Deutsch? Sprachenunkenntnis bei Vertragsschluss und bei der AGB-Kontrolle“, Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union, GPR, 2016, S. 38 bis 46, insbesondere Fn. 7, die auf das Urteil Nordenfelt v Maxim Nordenfelt Guns and Ammunition Co Ltd [1894] AC 535 verweist.

    ( 85 ) Siehe Uffmann, K., Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, Tübingen 2010, S. 157.

    ( 86 ) Vgl. Kollmann, A., in Dauner-Lieb, B., Langen, W., NomosKommentar BGB, Bd. 2, 3. Aufl., 2016, § 306, Rn. 15 ff.; Schulte-Nölke, H., in Schulze, R., Handkommentar zum BGB, 9. Aufl., 2017, § 306, Rn. 4 ff.; Bonin, B., in Artz, M., beck-online.GROSSKOMMENTAR zum Zivilrecht, 1. Ausgabe, März 2018, § 306, Rn. 38 ff.; Schmidt, H., in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, Beck’scher Online-Kommentar BGB, Stand: 1. November 2017, § 306, Rn. 16 ff.; Schmidt, H., in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 306, Rn. 14 ff.

    ( 87 ) Roloff, S., in Westermann, H.‑P., Erman – Kommentar zum BGB, 15. Aufl., 2017, § 306, Rn. 8.

    ( 88 ) Der Vollständigkeit halber ist zu erwähnen, dass die Mindermeinung in der deutschen Lehre im Wesentlichen der Ansicht ist, es wäre gekünstelt, anzunehmen, dass eine Trennung nicht auch eine Abänderung darstelle. Vgl. Uffmann, K., Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, Tübingen 2010, S. 158 ff.; Uffmann, K., Recht der Arbeit, 2012, S. 113 bis 120, insbesondere S. 119. Im Allgemeinen wäre es oft kaum möglich, eine präzise Auswahl zwischen den missbräuchlichen und den nicht missbräuchlichen Teilen vorzunehmen. Nach Ansicht dieser Minderheitsauffassung ist daher eine geltungserhaltende Reduktion zuzulassen: Uffmann, K., a. a. O., S. 164 ff.; Schlosser, P., in Staudinger, Kommentar zum BGB, § 306, Ausgabe April 2013, Rn. 25; Basedow, J., in Krüger, W., Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., 2016, § 306, Rn. 13 ff.

    ( 89 ) Bei dieser Art von Verträgen über Hypothekendarlehen betreffen die folgenden Punkte (b, c oder d usw.) grundsätzlich keine Auflösungsgründe wegen eines Zahlungsverzugs des Schuldners.

    ( 90 ) Diese Klausel wird in Nr. 95 der vorliegenden Schlussanträge wiedergegeben.

    ( 91 ) Hingegen wäre dies bei der in der Rechtssache C‑179/17 streitigen Klausel der Fall, in der es heißt: „Ungeachtet der im Vertrag festgelegten Laufzeit kann die Gläubigerbank das Darlehen für fällig erklären, indem sie es als aufgelöst und die Schuld in vollem Umfang als vorzeitig fällig erachtet, insbesondere im Fall der Nichtzahlung [einer], mehrerer oder sämtlicher der in § 2 [über die Tilgung] vorgesehenen Raten bei Fälligkeit“. Diese Klausel erfüllt die erste Voraussetzung des Blue-pencil-Tests, da jede Art von Nichtzahlung (eine, mehrere oder sämtliche Raten) getrennt betrachtet werden kann.

    ( 92 ) Dies wäre folgender Fall: „… a) [Nichtzahlung einer der Zins‑ oder Tilgungsraten bei Fälligkeit] …; b) …; c) …“.

    ( 93 ) Wie dies meines Erachtens bei der in der Rechtssache C‑179/17 streitigen Klausel der Fall ist.

    ( 94 ) Vgl. Nr. 89 der vorliegenden Schlussanträge

    ( 95 ) Die gleichen Erwägungen gelten für die in der Rechtssache C‑179/17 streitige Klausel.

    ( 96 ) Vgl. Urteile vom 9. November 2010, VB Pénzügyi Lízing (C‑137/08, EU:C:2010:659, Rn. 44), und vom 26. April 2012, Invitel (C‑472/10, EU:C:2012:242, Rn. 22). Vgl. auch Urteile vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 66), und vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 57)..

    ( 97 ) Zum Unterschied zwischen der Beurteilung/Qualifikation der Missbräuchlichkeit der Klausel und den aus dieser Beurteilung/Qualifikation zu ziehenden Konsequenzen vgl. Nrn. 65 ff. der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 98 ) Vgl. Nrn. 66 ff. der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 99 ) Vgl. Nrn. 72 ff. der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 100 ) Insbesondere über das Fortbestehen des Vertrags, siehe die in Fn. 69 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung.

    ( 101 ) Zum Zeitpunkt des Abschlusses der in Rede stehenden Hypothekendarlehensverträge (2005 und 2008) lautete Art. 693 Abs. 2 LEC nämlich wie folgt: „Die Gesamtschuld an Kapital und Zinsen kann geltend gemacht werden, wenn die Fälligkeit des gesamten Kredits für den Fall der Nichtzahlung einer der verschiedenen Raten vereinbart wurde und diese Vereinbarung in das Register eingetragen wurde.“ Daher sah diese Vorschrift die Möglichkeit vor, im Wege des Hypothekenvollstreckungsverfahrens„[d]ie Gesamtschuld an Kapital und Zinsen“ geltend zu machen, unter der Voraussetzung, dass i) die Klausel oder die Vereinbarung über die vorzeitige Fälligstellung in das Grundbuch eingetragen wird und dass ii) die vorzeitige Fälligstellung von der „Nichtzahlung einer der … Raten“ abhängig ist. Vgl. insoweit Fn. 21 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C‑486/16.

    ( 102 ) Urteile vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 73), und vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 66). Vgl. ebenfalls Nr. 69 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 103 ) Nach der vom vorlegenden Gericht vorgeschlagenen Zerlegung lautet diese Klausel wie folgt: „Nichtzahlung [von] Zins- oder Tilgungsraten bei Fälligkeit“.

    ( 104 ) Urteile vom 14. März 2013, Aziz (C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 73), und vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 66).

    ( 105 ) Vgl. Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 106 ) Vgl. insoweit Nr. 118 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 107 ) Vgl. Fn. 91 und 93 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 108 ) Vgl. Fn. 101 der vorliegenden Schlussanträge.

    ( 109 ) Urteil vom 30. April 2014 (C‑26/13, EU:C:2014:282).

    ( 110 ) Das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) weist darauf hin, dass die Einstellung des Hypothekenvollstreckungsverfahrens, abgesehen von dem Verlust bestimmter Vergünstigungen für den Schuldner, den Gläubiger zwinge, ein Erkenntnisverfahren einzuleiten, „um das Hypothekendarlehen wegen Nichterfüllung durch den Schuldner … fällig zu stellen oder aufzulösen“. Es führt weiter aus: „Selbst im hypothetischen Fall, dass die Bank den gesamten vereinbarten Tilgungszeitraum abwartet, ohne den Vertrag aufzulösen, wäre die Verzugszinsschuld des Schuldners in Anbetracht der langen Tilgungszeiträume dieser Verträge außerordentlich hoch.“ Wenn daher ein Erkenntnisverfahren eingeleitet werden muss, um die Auflösung des Hypothekendarlehensvertrags zu erklären, ist es klar, dass der Vertrag fortbesteht.

    ( 111 ) Dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 zufolge müssen missbräuchliche Klauseln „für den Verbraucher unverbindlich sein; die verbleibenden Klauseln müssen jedoch weiterhin gelten und der Vertrag im Übrigen auf der Grundlage dieser Klauseln für beide Teile verbindlich sein, sofern ein solches Fortbestehen ohne die missbräuchlichen Klauseln möglich ist“. Vgl. ebenfalls Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 64 und 65).

    ( 112 ) Insbesondere über das Fortbestehen des Vertrags, vgl. die in Fn. 69 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung.

    ( 113 ) Aus den schriftlichen Erklärungen der spanischen Regierung geht hervor, dass die Streichung der streitigen Klausel die Rechtsbeziehung für das Bankinstitut zu aufwendig machen würde, da es zunächst ein Erkenntnisverfahren zwecks Auflösung des Vertrags und dann ein allgemeines Vollstreckungsverfahren zur Eintreibung der Schulden einleiten müsste. Vgl. insoweit die Erwägungen in den Nrn. 54, 57 und 58 meiner Schlussanträge in den Rechtssachen C‑92/16 und C‑167/16.

    ( 114 ) Urteil vom 26. Januar 2017 (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 73).

    ( 115 ) Urteil vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 74). Hervorhebung nur hier. Vgl. ebenfalls meine Schlussanträge in der Rechtssache Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Nr. 85).

    ( 116 ) Urteil vom 26. Januar 2017, Banco Primus (C‑421/14, EU:C:2017:60, Rn. 75).

    ( 117 ) Urteil vom 30. April 2014 (C‑26/13, EU:C:2014:282).

    ( 118 ) C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980.

    ( 119 ) So setzte er die Pflicht zur Rückerstattung an die Verbraucher nicht ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Verträge, sondern ab dem der gerichtlichen Entscheidungen, mit denen die Nichtigkeit der Klauseln festgestellt wurde, fest.

    ( 120 ) Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a. (C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 61 und 66).

    ( 121 ) In der Rechtssache C‑179/17 führt das vorlegende Gericht aus: „Selbst wenn – ungeachtet der Ausführungen in der vorstehenden Randnummer – die ergänzende Anwendung von Art. 693 Abs. 2 LEC abstrakt für zulässig gehalten würde, stellt sich ein neues Problem: Nach dieser Vorschrift kann ‚[d]er gesamte als Kapital und Zinsen geschuldete Betrag … geltend gemacht werden, wenn vereinbart wurde, dass er bei einem Ausbleiben der Zahlung von mindestens drei Monatsraten … insgesamt fällig wird und diese Vereinbarung in der Urkunde über die Bestellung der Hypothek … niedergelegt wurde‘. Somit ist eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale dieses Artikels das Vorliegen einer Vereinbarung. Zwar lag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Vereinbarung vor, doch wurde sie für missbräuchlich und nichtig erklärt, so dass sie ungültig ist (sie wurde aus dem Vertrag entfernt und gilt als nicht vorhanden). Es liegt daher auf der Hand, dass Art. 693 Abs. 2 LEC vom Vorliegen einer gültigen und wirksamen Vereinbarung ausgeht, nicht einer missbräuchlichen, nichtigen und unwirksamen. Würde man es dagegen als unerheblich ansehen, ob die Vereinbarung missbräuchlich ist, träte das widersinnige Ergebnis ein, dass nach der hier streitigen Rechtsprechung die vorzeitige Fälligstellung stets zulässig bliebe, unabhängig vom Inhalt (und der möglichen Missbräuchlichkeit) der Vertragsklausel. Damit würden die Verbraucherschutzvorschriften inhaltlich ausgehöhlt, und der durch sie gewährte Schutz könnte erheblich geschwächt werden.“ Hervorhebung nur hier. Vgl. Nrn. 17, 34, 111 und 121 sowie Fn. 101 der vorliegenden Schlussanträge. Vgl. auch Nr. 55 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C‑486/16.

    ( 122 ) Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a. (C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 60).

    ( 123 ) Ich weise insoweit darauf hin, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, sich zum dispositiven Charakter einer nationalen Vorschrift zu äußern.

    ( 124 ) Siehe Abschnitt 8 des zweiten Kassationsgrundes der genannten Entscheidung.

    ( 125 ) Aus den Akten geht hervor, dass der Richter Francisco Javier Orduña Moreno in den Urteilen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) vom 23. Dezember 2015 und vom 18. Februar 2016, zitiert in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge, eine abweichende Meinung vertreten hat und sich zur Unvereinbarkeit dieser Urteile des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) mit dem Unionsrecht geäußert hat. Abrufbar unter: http://www.poderjudicial.es/search/openDocument/d9586b9875f1d9f4. Vgl. S. 8 bis 17. Vgl. ebenfalls Nr. 26 meiner Schlussanträge in den Rechtssachen C‑92/16 und C‑167/16 sowie Fn. 21 meiner Schlussanträge in der Rechtssache C‑486/16.

    ( 126 ) Auf die Idee zu dem ersten Beispiel kam ich in der mündlichen Verhandlung, als die spanische Regierung sich auf einen gleichartigen hypothetischen Fall bezog, um die Nachteile des Erkenntnisverfahrens für den Verbraucher zu veranschaulichen.

    ( 127 ) Urteil vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 33).

    ( 128 ) Urteil vom 21. Februar 2013, Banif Plus Bank (C‑472/11, EU:C:2013:88, Rn. 27 und 35).

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