URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

30. Mai 2013 ( *1 )

„Richtlinie 93/13/EWG — Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen — Vertrag über die Vermietung von Wohnraum zwischen einem gewerblichen Vermieter und einem zu privaten Zwecken handelnden Mieter — Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel durch das nationale Gericht von Amts wegen — Vertragsstrafeklausel — Nichtigerklärung der Klausel“

In der Rechtssache C-488/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Gerechtshof te Amsterdam (Niederlande) mit Entscheidung vom 13. September 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 23. September 2011, in dem Verfahren

Dirk Frederik Asbeek Brusse,

Katarina de Man Garabito

gegen

Jahani BV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Ilešič, E. Levits und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29, im Folgenden: Richtlinie), insbesondere von Art. 6 Abs. 1.

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Asbeek Brusse und Frau de Man Garabito einerseits und der Jahani BV (im Folgenden: Jahani) andererseits über die Zahlung durch Erstere von Mietrückständen, Vertragszinsen und -strafen, die aufgrund eines Vertrags über die Vermietung von Wohnraum geschuldet werden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 9 und 10 der Richtlinie heißt es:

„… Käufer von Waren oder Dienstleistungen [sind] vor Machtmissbrauch des Verkäufers oder des Dienstleistungserbringers, insbesondere vor vom Verkäufer einseitig festgelegten Standardverträgen und vor dem missbräuchlichen Ausschluss von Rechten in Verträgen zu schützen.

Durch die Aufstellung einheitlicher Rechtsvorschriften auf dem Gebiet missbräuchlicher Klauseln kann der Verbraucher besser geschützt werden. Diese Vorschriften sollten für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern gelten. Von dieser Richtlinie ausgenommen sind daher insbesondere Arbeitsverträge sowie Verträge auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts.“

4

Art. 1 der Richtlinie bestimmt:

„(1)   Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

(2)   Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften … beruhen, … unterliegen nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie.“

5

In Art. 2 der Richtlinie sind die Begriffe „Verbraucher“ und „Gewerbetreibender“ wie folgt definiert:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten:

b)

Verbraucher: eine natürliche Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann;

c)

Gewerbetreibender: eine natürliche oder juristische Person, die bei Verträgen, die unter diese Richtlinie fallen, im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist.“

6

Art. 3 der Richtlinie definiert eine missbräuchliche Klausel wie folgt:

„(1)   Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.

(3)   Der Anhang enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können.“

7

Zu den mit der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel verbundenen Wirkungen bestimmt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

8

Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie sorgen „[d]ie Mitgliedstaaten … dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“.

9

Im Anhang der Richtlinie sind die Klauseln gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie aufgeführt. Dazu gehören

„1.   Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass

e)

dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird;

…“

Nationales Recht

10

In den Niederlanden wurde die Richtlinie mit den Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Art. 6:231 bis 6:247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Burgerlijk Wetboek, im Folgenden: BW) umgesetzt.

11

Art. 6:233 Abs. 1 Buchst. a BW bestimmt:

„Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist anfechtbar:

a)

wenn sie unter Berücksichtigung der Art und des sonstigen Inhalts des Vertrags, der Art und Weise des Zustandekommens der Geschäftsbedingungen, der gegenseitig erkennbaren Interessen der Parteien und der sonstigen Umstände des Falles die andere Vertragspartei unangemessen benachteiligt“.

12

Nach Art. 3:40 BW ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten, die öffentliche Ordnung oder eine zwingende gesetzliche Bestimmung verstößt, nichtig. Bei einem Verstoß gegen eine Bestimmung, die ausschließlich dem Schutz einer der Parteien eines mehrseitigen Rechtsgeschäfts dient, ist das Rechtsgeschäft jedoch lediglich anfechtbar, es sei denn, dass sich aus dem Zweck der Bestimmung etwas anderes ergibt.

13

Bei Vertragsstrafeklauseln kann das Gericht nach Art. 6:94 Abs. 1 BW die festgelegte Vertragsstrafe auf Antrag des Schuldners herabsetzen, wenn sie offensichtlich unbillig ist.

14

Darüber hinaus ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass das mit einem Rechtsmittel befasste Gericht nur über die Rügen entscheidet, die die Parteien in ihrem ersten Schriftsatz im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht haben. Das Rechtsmittelgericht muss jedoch die einschlägigen Bestimmungen zwingenden Rechts anwenden, auch wenn sich die Parteien nicht darauf berufen haben.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15

Im Jahr 2007 vermietete Jahani, eine im Bereich der gewerblichen Vermietung von Wohnungen tätige Gesellschaft, eine Wohnung in Alkmaar (Niederlande) an Herrn Asbeek Brusse und Frau de Man Garabito, die zu privaten Zwecken handelten.

16

Zu diesem Zweck wurde ein Mietvertrag unter Zugrundelegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen, die von einem die Immobilienbranche vertretenden Berufsverband, dem Raad voor Onroerende Zaken (Liegenschaftsrat), ausgearbeitet worden waren.

17

Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthielten u. a. eine Vertragsstrafeklausel:

„20.1

Der Mieter befindet sich allein durch Ablauf einer bestimmten Frist in Verzug.

20.2

Für jeden Fall des Verzugs mit der rechtzeitigen und vollständigen Zahlung eines Geldbetrags schuldet der Mieter Zinsen in Höhe von monatlich 1 % des geschuldeten Hauptbetrags ab dem Fälligkeitsdatum bis zum Tag der vollständigen Begleichung des Hauptbetrags.

20.6

Kommt der Mieter einer Verpflichtung aus diesem Mietvertrag einschließlich der dazugehörigen Allgemeinen Mietvertragsbedingungen nicht nach oder verstößt er gegen eine solche Verpflichtung, schuldet er dem Vermieter unbeschadet seiner Pflicht zur Erfüllung dieser Verpflichtung und unbeschadet sonstiger Schadensersatz- oder anderer Ansprüche des Vermieters eine sofort fällige Vertragsstrafe von 25 Euro pro Kalendertag. …“

18

Der im Mietvertrag vorgesehene Mietzins, der ursprünglich monatlich 875 Euro betrug, stieg am 1. Juli 2008 nach der im Vertrag enthaltenen Indexierungsklausel auf 894,25 Euro. Herr Asbeek Brusse und Frau de Man Garabito zahlten den dieser Mieterhöhung entsprechenden Betrag nicht. Für Februar 2009 zahlten sie 190 Euro, dann stellten sie die Mietzahlungen ein.

19

Im Juli 2009 verklagte Jahani die Mieter und beantragte u. a. die Auflösung des Mietvertrags und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrags von 13897,09 Euro, der sich wie folgt zusammensetzt:

5365,50 Euro an geschuldeter Miete,

156,67 Euro an bereits aufgelaufenen vertraglichen Zinsen,

96,25 Euro an Miete, die aufgrund der Mietzinsindexierung geschuldet ist,

4525 Euro an Vertragsstrafen für nicht gezahlte Miete,

3800 Euro an Vertragsstrafen für die nicht gezahlte Mietzinsindexierung,

658,67 Euro an außergerichtlichen Kosten.

20

Mit Urteil vom 21. Oktober 2009 gab die Rechtbank Alkmaar der Klage von Jahani statt.

21

Vor dem vorlegenden Gericht, bei dem sie Rechtsmittel eingelegt haben, beantragen Herr Asbeek Brusse und Frau de Man Garabito, die als Vertragsstrafen zugesprochenen Beträge in Anbetracht der Diskrepanz zwischen diesen Beträgen einerseits und dem Schaden des Vermieters andererseits herabzusetzen.

22

Unter diesen Umständen hat der Gerechtshof te Amsterdam das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist ein gewerblicher Vermieter von Wohnraum, der eine Wohnung an eine Privatperson vermietet, als Verkäufer von Waren oder Erbringer von Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie anzusehen? Fällt ein Mietvertrag zwischen einem gewerblichen Vermieter und einem nichtgewerblichen Mieter unter diese Richtlinie?

2.

Bedeutet der Umstand, dass Art. 6 der Richtlinie als eine Norm zu betrachten ist, die den nationalen Vorschriften, die in der nationalen Rechtsordnung als zwingendes Recht gelten, gleichwertig ist, dass in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen die nationalen Durchführungsbestimmungen zu missbräuchlichen Klauseln zwingendes Recht sind, so dass das nationale Gericht sowohl in der ersten Instanz als auch in der Rechtsmittelinstanz befugt und verpflichtet ist, eine Vertragsklausel von Amts wegen (und somit auch über die Rügen hinaus) anhand der nationalen Durchführungsbestimmungen zu prüfen und die Nichtigkeit dieser Klausel festzustellen, wenn es zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klausel missbräuchlich ist?

3.

Ist es mit der praktischen Wirksamkeit des Unionsrechts vereinbar, dass das nationale Gericht eine Vertragsstrafeklausel, die als missbräuchliche Klausel im Sinne der Richtlinie anzusehen ist, nicht unangewendet lässt, sondern lediglich die Vertragsstrafe nach den nationalen Rechtsvorschriften herabsetzt, wenn sich eine Privatperson zwar auf die Herabsetzungsbefugnis des Gerichts, nicht aber auf die Anfechtbarkeit der Klausel berufen hat?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

23

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob ein zwischen einem gewerblichen Vermieter und einem zu privaten Zwecken handelnden Mieter geschlossener Mietvertrag über Wohnraum in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt.

24

In Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie ist deren Zweck definiert.

25

Die verschiedenen Sprachfassungen dieser Bestimmung weisen jedoch eine gewisse Divergenz auf. So heißt es in der niederländischen Fassung des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie, dass diese die Angleichung der nationalen Bestimmungen über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen einem „Verkäufer“ („verkoper“) und einem Verbraucher bezweckt. In den anderen Sprachfassungen dieser Bestimmung wird der Vertragspartner des Verbrauchers dagegen mit einem Ausdruck bezeichnet, der eine umfassendere Bedeutung hat. Die französische Fassung des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie bezieht sich auf Verträge zwischen einem „professionnel“ (Gewerbetreibenden) und einem Verbraucher. Dieser umfassendere Ansatz findet sich auch in der spanischen („profesional“), der dänischen („erhvervsdrivende“), der deutschen („Gewerbetreibender“), der griechischen („επαγγελματίας“), der italienischen („professionista“) und der portugiesischen („profissional“) Fassung wieder. Die englische Fassung verwendet die Begriffe „seller or supplier“.

26

Nach ständiger Rechtsprechung schließt es die Notwendigkeit einheitlicher Anwendung und damit Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts aus, sie in einer ihrer Fassungen isoliert zu betrachten, sondern gebietet vielmehr, sie nach dem wirklichen Willen ihres Urhebers und dem von diesem verfolgten Zweck namentlich im Licht ihrer Fassung in allen Sprachen auszulegen (vgl. u. a. Urteile vom 3. Juni 2010, Internetportal und Marketing, C-569/08, Slg. 2010, I-4871, Randnr. 35, und vom 9. Juni 2011, Eleftheri tileorasi und Giannikos, C-52/10, Slg. 2011, I-4973, Randnr. 23).

27

Insoweit ist festzustellen, dass der in der niederländischen Sprachfassung der Richtlinie verwendete Begriff „verkoper“ in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie ebenso definiert wird wie in den anderen Sprachfassungen, nämlich als „eine natürliche oder juristische Person, die … im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, auch wenn diese dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzurechnen ist“.

28

Somit zeigt sich, dass – von dem zur Bezeichnung des Vertragspartners des Verbrauchers verwendeten Begriff abgesehen – der Gesetzgeber nicht die Absicht hatte, den Anwendungsbereich der Richtlinie auf Verträge zwischen einem Verkäufer und einem Verbraucher zu beschränken.

29

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass es im Regelungsteil der Richtlinie keine Bestimmung gibt, die festlegt, für welche Arten von Verträgen die Richtlinie gilt. Zwar wird in mehreren Erwägungsgründen wie z. B. dem neunten die Notwendigkeit betont, die Käufer von Waren oder Dienstleistungen vor Machtmissbrauch der Verkäufer oder der Dienstleistungserbringer zu schützen, doch ist der zehnte Erwägungsgrund der Richtlinie weiter gefasst, weil es dort heißt, dass die Vorschriften auf dem Gebiet missbräuchlicher Klauseln „für alle Verträge zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern“, wie sie in Art. 2 Buchst. b und c der Richtlinie definiert sind, gelten sollten.

30

Die Richtlinie definiert die Verträge, auf die sie anwendbar ist, daher unter Bezugnahme auf die Eigenschaft der Vertragspartner, d. h. ob sie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handeln oder nicht.

31

Dieses Kriterium entspricht dem Gedanken, auf dem das mit der Richtlinie geschaffene Schutzsystem beruht, nämlich dass der Verbraucher sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führt, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können (vgl. u. a. Urteile vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito, C-618/10, Randnr. 39, und vom 21. Februar 2013, Banif Plus Bank, C-472/11, Randnr. 19).

32

Dieser Schutz ist von besonderer Bedeutung bei einem Vertrag über die Vermietung von Wohnraum, der von einer Privatperson, die zu privaten Zwecken handelt, und einem Gewerbetreibenden der Immobilienbranche geschlossen wird. Die Folgen der zwischen den Parteien bestehenden Ungleichheit werden nämlich noch dadurch verschärft, dass sich ein solcher Vertrag in wirtschaftlicher Hinsicht auf ein grundlegendes Bedürfnis des Verbrauchers, nämlich die Wohnungsbeschaffung, bezieht und Beträge betrifft, die für den Mieter meist einen der größten Haushaltsposten darstellen, während es sich in rechtlicher Hinsicht um einen Vertrag handelt, der in der Regel unter eine komplexe nationale Regelung fällt, die den Privatpersonen oft kaum bekannt ist.

33

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass missbräuchliche Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften des nationalen Rechts beruhen, nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie nicht deren Bestimmungen unterliegen (vgl. Urteil vom 21. März 2013, RWE Vertrieb, C-92/11, Randnr. 25). Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob dies bei den Klauseln der Fall ist, die Gegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sind.

34

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie – vorbehaltlich missbräuchlicher Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften des nationalen Rechts beruhen, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist – auf einen Vertrag über die Vermietung von Wohnraum anwendbar ist, der zwischen einem Vermieter, der im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, und einem Mieter, der zu einem Zweck handelt, der nicht seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, geschlossen wird.

Zur zweiten Frage

35

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie in Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu ihrem Art. 6 dahin auszulegen ist, dass die Vorschriften zu ihrer Umsetzung in das nationale Recht prozessual zu behandeln sind wie die Normen zwingenden Rechts in der innerstaatlichen Rechtsordnung, so dass das nationale Gericht verpflichtet ist, von Amts wegen zu prüfen, ob eine Vertragsklausel missbräuchlich ist, und sie gegebenenfalls für nichtig zu erklären.

36

Diese Frage besteht aus zwei Teilen, wobei der erste die Verpflichtung des nationalen Gerichts betrifft, die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen zu prüfen, und der zweite die Konsequenzen, die das nationale Gericht zu ziehen hat, wenn es diese Missbräuchlichkeit feststellt.

Zur Verpflichtung, die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen zu prüfen

37

Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt sich, dass der erste Teil der zweiten Frage mit der Regel im nationalen Recht zusammenhängt, dass das als Rechtsmittelgericht entscheidende nationale Gericht grundsätzlich an die von den Parteien vorgetragenen Rügen gebunden ist und seine Entscheidung darauf stützen muss, aber Bestimmungen zwingenden Rechts von Amts wegen anwenden darf.

38

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie, wonach missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind, um eine zwingende Bestimmung handelt, die darauf abzielt, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen (vgl. u. a. Urteile Banco Español de Crédito, Randnr. 40, und Banif Plus Bank, Randnr. 20).

39

Um den durch die Richtlinie angestrebten Schutz zu gewährleisten, hat der Gerichtshof bereits mehrfach festgestellt, dass die bestehende Ungleichheit zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem nur durch ein positives Eingreifen von dritter, von den Vertragsparteien unabhängiger Seite ausgeglichen werden kann (vgl. u. a. Urteile Banco Español de Crédito, Randnr. 41, und Banif Plus Bank, Randnr. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40

Aufgrund dieser Erwägung hat der Gerichtshof entschieden, dass das nationale Gericht, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt, die Missbräuchlichkeit einer in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Vertragsklausel von Amts wegen prüfen und damit dem Ungleichgewicht zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden abhelfen muss (vgl. u. a. Urteile Banco Español de Crédito, Randnr. 42, und Banif Plus Bank, Randnr. 22).

41

Folglich ist die Aufgabe, die dem nationalen Gericht in dem fraglichen Bereich vom Unionsrecht zugewiesen wird, nicht auf die bloße Befugnis beschränkt, über die etwaige Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu entscheiden, sondern umfasst außerdem die Verpflichtung, diese Frage von Amts wegen zu prüfen, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (vgl. u. a. Urteile Banco Español de Crédito, Randnr. 43, und Banif Plus Bank, Randnr. 23).

42

Zur Umsetzung dieser Verpflichtungen durch ein als Rechtsmittelgericht entscheidendes nationales Gericht ist festzustellen, dass es in Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten ist, die Verfahrensmodalitäten für Berufungsverfahren festzulegen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Diese Modalitäten dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die bei ähnlichen internen Sachverhalten gelten (Grundsatz der Äquivalenz), und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Ausübung der Rechte, die die Unionsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. in diesem Sinne Urteile Banco Español de Crédito, Randnr. 46, und Banif Plus Bank, Randnr. 26).

43

Zum Grundsatz der Äquivalenz, auf den die zweite Vorlagefrage implizit Bezug nimmt, ist festzustellen, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie, wie in Randnr. 38 des vorliegenden Urteils ausgeführt, eine Bestimmung zwingenden Rechts ist. Außerdem stellt diese Richtlinie nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs insgesamt eine Maßnahme dar, die für die Erfüllung der Aufgaben der Union und insbesondere für die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität in der ganzen Union unerlässlich ist (vgl. Urteile vom 4. Juni 2009, Pannon GSM, C-243/08, Slg. 2009, I-4713, Randnr. 26, und Banco Español de Crédito, Randnr. 67).

44

Der Gerichtshof hat im Übrigen entschieden, dass Art. 6 der Richtlinie in Anbetracht von Natur und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der Schutz beruht, den die Richtlinie für den Verbraucher sicherstellt, als eine Norm zu betrachten ist, die den im nationalen Recht zwingenden innerstaatlichen Bestimmungen gleichwertig ist (vgl. Urteil vom 6. Oktober 2009, Asturcom Telecomunicaciones, C-40/08, Slg. 2009, I-9579, Randnr. 52, und Beschluss vom 16. November 2010, Pohotovost’, C-76/10, Slg. 2010, I-11557, Randnr. 50). Dies gilt für alle Bestimmungen der Richtlinie, die unerlässlich sind, um das mit Art. 6 verfolgte Ziel zu erreichen.

45

Daraus folgt, dass das nationale Gericht, wenn es nach innerstaatlichem Prozessrecht befugt ist, die Gültigkeit eines Rechtsakts von Amts wegen anhand zwingender nationaler Bestimmungen zu prüfen, was nach den Angaben des vorlegenden Gerichts im niederländischen Rechtspflegesystem bei als Rechtsmittelgerichten entscheidenden Gerichten der Fall ist, diese Befugnis auch ausüben muss, um die etwaige Missbräuchlichkeit einer in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallenden Vertragsklausel von Amts wegen anhand der in der Richtlinie aufgestellten Kriterien zu prüfen.

46

Eine solche Verpflichtung obliegt dem nationalen Gericht auch, wenn es im Rahmen des nationalen Rechtspflegesystems über die bloße Möglichkeit verfügt, den Verstoß einer solchen Klausel gegen zwingende nationale Bestimmungen von Amts wegen zu prüfen (vgl. Urteil Asturcom Telecomunicaciones, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zu den vom nationalen Gericht aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu ziehenden Konsequenzen

47

Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass der zweite Teil der zweiten Frage mit der Regel im nationalen Recht zusammenhängt, dass das nationale Gericht eine missbräuchliche Klausel grundsätzlich nicht für nichtig erklären kann, wenn der Verbraucher ihre Nichtigkeit nicht geltend gemacht hat. Das Gericht kann jedoch von Amts wegen eine Klausel für nichtig erklären, die gegen die öffentliche Ordnung oder eine zwingende gesetzliche Bestimmung verstößt, wenn Letztere ihrer Bedeutung nach eine solche Sanktion rechtfertigt.

48

Art. 6 Abs. 1 Halbsatz 1 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten vorzusehen, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind, und „die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften“ festzulegen.

49

Der Gerichtshof hat diese Bestimmung dahin ausgelegt, dass das nationale Gericht alle Konsequenzen ziehen muss, die sich nach nationalem Recht aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit der betreffenden Klausel ergeben, um sicher sein zu können, dass diese für den Verbraucher unverbindlich ist (Urteile Banco Español de Crédito, Randnr. 63, und Banif Plus Bank, Randnr. 27). Der Gerichtshof hat insoweit präzisiert, dass das nationale Gericht eine Vertragsklausel, die es für missbräuchlich hält, unangewendet lassen muss, sofern der Verbraucher dem nicht widerspricht (vgl. Urteil Pannon GSM, Randnr. 35).

50

Nach dieser Rechtsprechung ist es für die volle Effektivität des von der Richtlinie vorgesehenen Schutzes erforderlich, dass das nationale Gericht, das von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Klausel festgestellt hat, alle Konsequenzen aus dieser Feststellung ziehen kann, ohne abwarten zu müssen, dass der Verbraucher nach dem Hinweis auf seine Rechte erklärt, dass er die Nichtigerklärung der genannten Klausel begehrt (Urteil Banif Plus Bank, Randnrn. 28 und 36).

51

Aus den in den Randnrn. 43 und 44 des vorliegenden Urteils angeführten Erwägungen folgt, dass das nationale Gericht, wenn es nach internem Prozessrecht die Befugnis hat, von Amts wegen eine Klausel für nichtig zu erklären, die gegen die öffentliche Ordnung oder eine zwingende gesetzliche Bestimmung, die ihrer Bedeutung nach eine solche Sanktion rechtfertigt, verstößt, was nach den Angaben in der Vorlageentscheidung im niederländischen Rechtspflegesystem bei als Rechtsmittelgerichten entscheidenden Gerichten der Fall ist, eine Vertragsklausel, deren Missbräuchlichkeit es anhand der in der Richtlinie aufgestellten Kriterien festgestellt hat, auch von Amts wegen für nichtig erklären muss.

52

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens im Allgemeinen das nationale Gericht, das die Missbräuchlichkeit einer Klausel von Amts wegen festgestellt hat, verpflichtet, die Prozessparteien darüber zu informieren und ihnen Gelegenheit zu geben, dies in der von den nationalen Verfahrensvorschriften dafür vorgesehenen Form kontradiktorisch zu erörtern (Urteil Banif Plus Bank, Randnrn. 31 und 36).

53

Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass

das mit der Klage eines Gewerbetreibenden gegen einen Verbraucher wegen Vertragserfüllung befasste nationale Gericht, wenn es nach innerstaatlichem Prozessrecht befugt ist, von Amts wegen zu prüfen, ob die Klausel, auf die der Antrag gestützt ist, gegen zwingende nationale Bestimmungen verstößt, auf die gleiche Weise von Amts wegen anhand der in der Richtlinie aufgestellten Kriterien zu prüfen hat, ob die Klausel missbräuchlich ist, wenn es festgestellt hat, dass sie in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt;

das nationale Gericht, wenn es nach innerstaatlichem Prozessrecht befugt ist, von Amts wegen eine Klausel für nichtig zu erklären, die gegen die öffentliche Ordnung oder eine zwingende gesetzliche Bestimmung, die ihrer Bedeutung nach eine solche Sanktion rechtfertigt, verstößt, eine Vertragsklausel, deren Missbräuchlichkeit es anhand der in der Richtlinie aufgestellten Kriterien festgestellt hat, grundsätzlich – nachdem es den Parteien Gelegenheit zu einer kontradiktorischen Erörterung gegeben hat – von Amts wegen für nichtig erklären muss.

Zur dritten Frage

54

Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 6 der Richtlinie dahin ausgelegt werden kann, dass er einem nationalen Gericht, wenn es die Missbräuchlichkeit einer Vertragsstrafeklausel festgestellt hat, erlaubt, die in der Klausel vorgesehene Vertragsstrafe lediglich herabzusetzen, wie es nach dem betreffenden nationalen Recht zulässig und vom Verbraucher beantragt worden ist, statt die Klausel unangewendet zu lassen.

55

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie unter den Klauseln, die gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie für missbräuchlich erklärt werden können, Klauseln erwähnt, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird. Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass sich die Missbräuchlichkeit einer streitigen Klausel zwar nicht ohne Weiteres und allein anhand des Anhangs ermitteln lässt, dass dieser jedoch eine wesentliche Grundlage bildet, auf die das zuständige Gericht seine Beurteilung der Missbräuchlichkeit dieser Klausel stützen kann (Urteil vom 26. April 2012, Invitel, C-472/10, Randnr. 26).

56

Zur Frage, ob es dem nationalen Gericht, wenn es die Missbräuchlichkeit einer Vertragsstrafeklausel festgestellt hat, erlaubt ist, die in der Klausel vorgesehene Vertragsstrafe – wie es im vorliegenden Fall nach Art. 6:94 Abs. 1 BW zulässig ist – lediglich herabzusetzen, ist festzustellen, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie in seinem zweiten Halbsatz ausdrücklich vorsieht, dass der Vertrag zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Verbraucher für beide Parteien „auf derselben Grundlage“ bindend bleibt, wenn er „ohne die missbräuchlichen Klauseln“ bestehen kann.

57

Der Gerichtshof hat aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie abgeleitet, dass die nationalen Gerichte eine missbräuchliche Vertragsklausel unangewendet lassen müssen, damit sie den Verbraucher nicht bindet, aber nicht deren Inhalt abändern dürfen. Der betreffende Vertrag muss – abgesehen von der Änderung, die sich aus dem Wegfall der missbräuchlichen Klauseln ergibt – grundsätzlich unverändert fortbestehen, soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist (Urteil Banco Español de Crédito, Randnr. 65).

58

Der Gerichtshof hat im Übrigen festgestellt, dass für diese Auslegung auch der Regelungszweck und die Systematik der Richtlinie sprechen. In diesem Zusammenhang hat er darauf hingewiesen, dass die Richtlinie, wie sich aus ihrem Art. 7 Abs. 1 ergibt, die Mitgliedstaaten aufgrund von Art und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der den Verbrauchern gewährte Schutz beruht, verpflichtet, angemessene und wirksame Mittel vorzusehen, „damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“. Wenn es dem nationalen Gericht freistünde, den Inhalt der missbräuchlichen Klauseln in solchen Verträgen abzuändern, könnte eine derartige Befugnis die Verwirklichung des langfristigen Ziels gefährden, das mit Art. 7 der Richtlinie verfolgt wird, weil sie den Abschreckungseffekt abschwächen würde, der für die Gewerbetreibenden darin besteht, dass solche missbräuchlichen Klauseln gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet bleiben (Urteil Banco Español de Crédito, Randnrn. 66 bis 69).

59

Daraus folgt, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie nicht dahin ausgelegt werden kann, dass er einem nationalen Gericht, wenn es die Missbräuchlichkeit einer Vertragsstrafeklausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher feststellt, erlaubt, die dem Verbraucher auferlegte Vertragsstrafe herabzusetzen, statt die Klausel dem Verbraucher gegenüber gänzlich unangewendet zu lassen.

60

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einem nationalen Gericht, wenn es die Missbräuchlichkeit einer Vertragsstrafeklausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher festgestellt hat, nicht erlaubt, die in dieser Klausel dem Verbraucher auferlegte Vertragsstrafe, wie es nach dem nationalen Recht zulässig ist, lediglich herabzusetzen, sondern es verpflichtet, die Klausel gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet zu lassen.

Kosten

61

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass sie – vorbehaltlich missbräuchlicher Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften des nationalen Rechts beruhen, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist – auf einen Vertrag über die Vermietung von Wohnraum anwendbar ist, der zwischen einem Vermieter, der im Rahmen seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, und einem Mieter, der zu einem Zweck handelt, der nicht seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, geschlossen wird.

 

2.

Die Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass

das mit der Klage eines Gewerbetreibenden gegen einen Verbraucher wegen Vertragserfüllung befasste nationale Gericht, wenn es nach innerstaatlichem Prozessrecht befugt ist, von Amts wegen zu prüfen, ob die Klausel, auf die der Antrag gestützt ist, gegen zwingende nationale Bestimmungen verstößt, auf die gleiche Weise von Amts wegen anhand der in der Richtlinie aufgestellten Kriterien zu prüfen hat, ob die Klausel missbräuchlich ist, wenn es festgestellt hat, dass sie in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt;

das nationale Gericht, wenn es nach innerstaatlichem Prozessrecht befugt ist, von Amts wegen eine Klausel für nichtig zu erklären, die gegen die öffentliche Ordnung oder eine zwingende gesetzliche Bestimmung, die ihrer Bedeutung nach eine solche Sanktion rechtfertigt, verstößt, eine Vertragsklausel, deren Missbräuchlichkeit es anhand der in der Richtlinie aufgestellten Kriterien festgestellt hat, grundsätzlich – nachdem es den Parteien Gelegenheit zu einer kontradiktorischen Erörterung gegeben hat – von Amts wegen für nichtig erklären muss.

 

3.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass er einem nationalen Gericht, wenn es die Missbräuchlichkeit einer Vertragsstrafeklausel in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher festgestellt hat, nicht erlaubt, die in dieser Klausel dem Verbraucher auferlegte Vertragsstrafe, wie es nach dem betreffenden nationalen Recht zulässig ist, lediglich herabzusetzen, sondern es verpflichtet, die Klausel gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet zu lassen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.