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Document 62014CC0377

Schlussanträge der Generalanwältin E. Sharpston vom 19. November 2015.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:769

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 19. November 2015 ( 1 )

Rechtssache C‑377/14

Ernst Georg Radlinger,

Helena Radlingerová

gegen

Finway a.s.

(Vorabentscheidungsersuchen des Krajský soud v Praze [Regionalgericht Prag, Tschechische Republik])

„Richtlinie 93/13/EG — Richtlinie 2008/48/EG — Nationale Verfahrensvorschriften für Insolvenzverfahren — Verpflichtung eines nationalen Gerichts, in einem Insolvenzverfahren von Amts wegen Fragen des EU-Verbraucherschutzrechts zu prüfen — Bedeutung des Begriffs ‚Gesamtkreditbetrag‘ — Berechnung des effektiven Jahreszinses — Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherkreditverträgen — Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Sanktionsklauseln — Folgen der Feststellung kumulativer Missbräuchlichkeit“

1. 

Das Ausgangsverfahren betrifft eine von Schuldnern im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erhobene Inzidentklage ( 2 ). Die Forderungen, die zur Einleitung dieses Verfahrens führten, gehen darauf zurück, dass die Schuldner ihre Verpflichtungen aus einem Verbraucherkreditvertrag nicht erfüllen konnten. Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ersucht das Krajský soud v Praze (Regionalgericht Prag, Tschechische Republik) um Hinweise dazu, ob die für jenes Verfahren geltenden nationalen Verfahrensvorschriften, die das Gericht an der Prüfung hindern, ob den Schuldnern die Verbraucherschutzregelungen der Richtlinie 93/13 ( 3 ) und der Richtlinie 2008/48 ( 4 ) zugutekommen, mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Es möchte im Wesentlichen wissen, inwieweit es verpflichtet ist, diese Bestimmungen von Amts wegen zu prüfen, ob die Informationspflichten der Kreditgeber nach der Richtlinie 2008/48 bei seiner Beurteilung zu berücksichtigen sind, wie Sanktionen nach dem Kreditvertrag im Rahmen der Richtlinie 93/13 zu beurteilen sind und welche Folgen sich aus der Feststellung ergeben, dass diese Sanktionen kumulativ missbräuchlich sind.

Unionsrecht

Richtlinie 93/13

2.

Die Richtlinie 93/13 gilt für missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern ( 5 ). Die Richtlinie 93/13 soll u. a. gewährleisten, dass Verbraucherverträge keine missbräuchlichen Klauseln enthalten, und Verbraucher vor Machtmissbrauch durch Verkäufer oder Dienstleistungserbringer, insbesondere durch einseitig festgelegte Standardverträge und den missbräuchlichen Ausschluss von Rechten in Verträgen, schützen ( 6 ). Soweit eine Vertragsklausel nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist sie als missbräuchlich anzusehen, „wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht“ ( 7 ). Vertragsklauseln, die im Voraus abgefasst wurden und auf die der Verbraucher keinen Einfluss nehmen konnte, sind stets als im Sinne von Art. 3 Abs. 1 nicht „im Einzelnen ausgehandelt“ anzusehen ( 8 ). Der Anhang der Richtlinie 93/13 enthält eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln, die für missbräuchlich erklärt werden können ( 9 ); hierzu zählen Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass einem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird ( 10 ).

3.

Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird „unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt“ ( 11 ).

4.

Die Mitgliedstaaten müssen in ihren Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 93/13 vorsehen, dass „missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann“ ( 12 ).

5.

Die Mitgliedstaaten sind ferner verpflichtet, dafür zu sorgen, dass „im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“ ( 13 ).

Richtlinie 2008/48

6.

Die Richtlinie 2008/48 ( 14 ) harmonisiert bestimmte Aspekte der Regelungen der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge ( 15 ). Der zehnte Erwägungsgrund stellt klar, dass die Mitgliedstaaten ungeachtet des in der Richtlinie ausdrücklich festgelegten Geltungsbereichs der Richtlinie 2008/48 die Bestimmungen der Richtlinie gleichwohl nach Maßgabe des Unionsrechts auf Bereiche außerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie anwenden können. Die folgenden erklärten Ziele der Richtlinie 2008/48 sind hier relevant: das Ziel, einen transparenteren und effizienteren Verbraucherkreditmarkt innerhalb des Binnenmarkts zu entwickeln ( 16 ); das Ziel, eine vollständige Harmonisierung bei Gewährleistung eines hohen und vergleichbaren Maßes an Schutz für Verbraucher in der gesamten Europäischen Union zu erreichen ( 17 ); das Ziel, zu gewährleisten, dass Kreditverträge alle notwendigen Informationen in klarer, prägnanter Form enthalten, damit der Verbraucher in voller Sachkenntnis entscheiden und die Rechte und Pflichten, die sich aus einem Kreditvertrag ergeben, zur Kenntnis nehmen kann; das Ziel, zu gewährleisten, dass den Verbrauchern in der gesamten Europäischen Union Angaben zum effektiven Jahreszins zur Verfügung stehen, die ihnen einen Vergleich des Jahreszinses ermöglichen ( 18 ).

7.

Die Richtlinie 2008/48 gilt für Verbraucherkreditverträge ( 19 ). Ausdrücklich von ihrem Geltungsbereich ausgenommen sind jedoch Verträge, „die entweder durch eine Hypothek oder eine vergleichbare Sicherheit, die in einem Mitgliedstaat gewöhnlich für unbewegliches Vermögen genutzt wird, oder durch ein Recht an unbeweglichem Vermögen gesichert sind“ ( 20 ).

8.

Folgende Definitionen in Art. 3 sind relevant:

„…

c)

‚Kreditvertrag‘ [bezeichnet] einen Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht …

g)

‚Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher‘ [bezeichnet] sämtliche Kosten, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern und Kosten jeder Art – ausgenommen Notargebühren –, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind …

h)

‚vom Verbraucher zu zahlender Gesamtbetrag‘ [bezeichnet] die Summe des Gesamtkreditbetrags und der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher;

i)

‚effektiver Jahreszins‘ [bezeichnet] die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, die als jährlicher Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags ausgedrückt sind, soweit zutreffend einschließlich der Kosten gemäß Artikel 19 Absatz 2[ ( 21 )];

l)

‚Gesamtkreditbetrag‘ [bezeichnet] die Obergrenze oder die Summe aller Beträge, die aufgrund eines Kreditvertrags zur Verfügung gestellt werden;

…“

9.

Art. 5 begründet eine Verpflichtung zur Information der Verbraucher vor Abschluss eines Kreditvertrags. Diese Bestimmung ist in der vorliegenden Rechtssache als solche nicht streitig; allerdings sind die darin genannten Informationen als zwingende Angaben in Kreditverträgen in Art. 10 wieder aufgeführt. Nach der letzteren Bestimmung müssen Kreditverträge auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt werden. Alle Vertragsparteien müssen eine Ausfertigung des Kreditvertrags erhalten ( 22 ). Art. 10 Abs. 2 führt 22 Angaben auf, die in jedem Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form enthalten sein müssen. Hierzu gehören u. a. „der Gesamtkreditbetrag und die Bedingungen für die Inanspruchnahme“ ( 23 ).

10.

Soweit die Richtlinie 2008/48 Verbraucherkreditverträge harmonisiert, dürfen die Mitgliedstaaten keine abweichenden Bestimmungen einführen und nicht zulassen, dass Verbraucher auf Rechte verzichten, die ihnen mit den innerstaatlichen Vorschriften eingeräumt werden, die zur Anwendung dieser Richtlinie erlassen wurden oder dieser Richtlinie entsprechen ( 24 ).

11.

Die Mitgliedstaaten müssen zur Anwendung der Richtlinie 2008/48 wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorsehen ( 25 ).

Nationales Recht

Insolvenzverfahren

12.

Das vorlegende Gericht erläutert die Anwendung der nationalen Regelungen für Insolvenzverfahren wie folgt.

13.

Eine Einzelperson ist insolvent, wenn sie länger als 30 Tage nach Fälligkeit der Zahlung nicht in der Lage ist, ihren Zahlungspflichten nachzukommen. Ein Schuldner, der kein Gewerbetreibender ist, kann beim Insolvenzgericht eine Überprüfung der Insolvenzstellung und deren Abwicklung im Wege der Entschuldung beantragen. In diesem Verfahren darf das Insolvenzgericht die Berechtigung, die Höhe und die Rangfolge der Befriedigung eingetragener Forderungen selbst dann nicht prüfen, wenn Fragen auftreten, die unter die Regelungen der Richtlinien 93/13 oder 2008/48 fallen, sofern nicht der Insolvenzverwalter, ein anderer Gläubiger oder ausnahmsweise der Schuldner selbst gegen diese Forderungen Widerspruch erhebt. Eine hierauf gerichtete Inzidentklage muss von der betreffenden Partei beim Insolvenzgericht erhoben werden.

14.

Hat das Insolvenzgericht der Abwicklung im Wege der Entschuldung zugestimmt, kann der Schuldner eine Inzidentklage erheben. Betrifft diese eine vollstreckbare ungesicherte Forderung, kann das Gericht sie prüfen. Dabei ist jedoch die Beurteilung des Insolvenzgerichts darauf beschränkt, ob die Forderung erloschen oder verjährt ist ( 26 ). Nach den nationalen Verfahrensvorschriften darf das Insolvenzgericht eine Inzidentklage in der Sache nicht prüfen, soweit sie gesicherte Forderungen betrifft ( 27 ).

Verbraucherrecht und Verbraucherkredit

15.

Den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge ist jedes Rechtsgeschäft unwirksam, das durch seinen Inhalt oder Zweck gegen das Gesetz verstößt oder dieses umgeht oder sittenwidrig ist.

16.

Verbraucherkreditverträge bedürfen der Schriftform und müssen u. a. Angaben des Kreditgebers zum Gesamtkreditbetrag und zum effektiven Jahreszins beinhalten. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des Kreditvertrags insgesamt ( 28 ). Beruft sich jedoch der Verbraucher gegenüber dem Kreditgeber darauf, gilt der Kreditvertrag als ab dem Zeitpunkt seines Abschlusses zu dem zu diesem Zeitpunkt von der tschechischen Nationalbank veröffentlichten Diskontzinssatz verzinslich; alle anderen Regelungen des Kreditvertrags, die Zahlungen betreffen, sind als unwirksam anzusehen ( 29 ).

17.

In Verbraucherverträgen sind Regelungen nichtig, die unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein deutliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien zur Folge haben ( 30 ).

Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

18.

Herr Ernst Radlinger und Frau Helena Radlingerová (im Folgenden: Eheleute Radlinger, Verbraucher oder Schuldner) schlossen am 29. August 2011 einen Verbraucherkreditvertrag mit der Smart Hypo (im Folgenden: Kreditgeberin). Aufgrund dieses Vertrags gewährte die Smart Hypo ein Darlehen in Höhe von 1170000 CZK (43205 Euro) ( 31 ). Im Gegenzug verpflichteten sich die Eheleute Radlinger zur Rückzahlung eines Betrags von 2958000 CZK (109231 Euro) in 120 monatlichen Raten von 24375 CZK (900 Euro), zahlbar jeweils am 20. jedes Monats (mit Ausnahme der ersten Rate, die am 31. August 2011 zahlbar war, und mit Ausnahme von Kosten in Höhe von 33000 CZK; diese Beträge wurden vom Hauptkreditbetrag abgezogen). Der Betrag von 2958000 CZK umfasste i) die Hauptforderung von 1170000 CZK, ii) Zinsen auf die Hauptforderung in Höhe von 10 % jährlich über die Laufzeit des Kreditvertrags (ebenfalls in Höhe von insgesamt 1170000 CZK), iii) an die Kreditgeberin zu zahlende Gebühren in Höhe von 585000 CZK (21602 Euro) und iv) die oben angegebenen Kosten ( 32 ). Der vertragliche Zahlungsplan sah vor, dass die Kreditzahlungen der Eheleute Radlinger in der Zeit vom 31. August 2011 bis 20. Juli 2017 tatsächlich auf die von der Kreditgeberin berechneten Kosten, Zinsen und Gebühren erfolgen sollten. Erst ab der 73. monatlichen Kreditzahlung sollten sie mit der Tilgung der Hauptforderung beginnen. Der effektive Jahreszins war mit 28,9 % angegeben ( 33 ).

19.

Parallel dazu verpflichteten sich die Eheleute Radlinger zu einer Besicherung des Darlehens i) durch eine Hypothek auf ihr eigenes Wohnhaus und Grundstück, ii) durch Abschluss einer Versicherung für dieses Grundeigentum, die bei Eintritt des Versicherungsfalls eine Auszahlung aller Leistungen direkt an die Kreditgeberin vorsah, und iii) durch Ausfertigung einer notariellen Urkunde, die eine Klausel zur sofortigen Vollstreckbarkeit der Forderungsschuld enthielt.

20.

Die Eheleute Radlinger verpflichteten sich in dem Kreditvertrag über die gesetzlichen Verzugszinsen hinaus zur Zahlung einer Vertragsstrafe an die Kreditgeberin in Höhe von 0,2 % der Hauptforderung für jeden angefangenen Tag, an dem Zahlungen auf diesen Betrag, auf Gebühren der Kreditgeberin oder auf Zinsen in Verzug waren. Für den Fall eines Verzugs von über einem Monat verpflichteten sie sich ferner zur Zahlung einer einmaligen Vertragsstrafe in Höhe von 117000 CZK (4320 Euro) und eines Pauschalbetrags von 50000 CZK (1846 Euro) für Aufwendungen der Kreditgeberin für den Einzug offener Forderungen, worin Kosten eines Schieds- oder Gerichtsverfahrens und einer anwaltlichen Vertretung nicht enthalten waren ( 34 ).

21.

Für den Fall, dass die Eheleute Radlinger mit den Kreditzahlungen in Verzug gerieten oder die Kreditgeberin feststellte, dass sie in ihrem Kreditantrag unrichtige oder grob irreführende Angaben gemacht oder wesentliche Informationen verschwiegen hatten, konnte die Kreditgeberin die sofortige Rückzahlung der Hauptforderung und der im Kreditvertrag vorgesehenen verbundenen Kosten verlangen. Zusätzlich wurden die Vertragsstrafen und die gesetzlichen Zinsen fällig.

22.

Die Kreditgeberin teilte den Eheleuten Radlinger am 27. September 2011 mit, dass ihr bekannt geworden sei, dass sie Informationen darüber verschwiegen hätten, dass bereits eine frühere Zwangsvollstreckung in ihr Grundeigentum angeordnet worden sei. Diese Anordnung sei wegen eines Betrags von 4285 CZK (158 Euro) erfolgt. Die Kreditgeberin verlangte auf dieser Grundlage gleichwohl die sofortige Rückzahlung der vollen Schuld. Mit Schreiben vom 19. November 2012 wiederholte die Kreditgeberin ihre Forderung unter Hinweis darauf, dass Zahlungen der Eheleute Radlinger nach dem Kreditvertrag unregelmäßig und verspätet erfolgt seien. Dem vorlegenden Gericht zufolge waren die Eheleute Radlinger jedoch vor Dezember 2012 nicht in Verzug.

23.

Nachfolgend übernahm Finway a.s. (im Folgenden: Finway oder Kreditgeberin), die Beklagte im Ausgangsverfahren, diese Forderungen von der Smart Hypo.

24.

Das vorlegende Gericht erklärte die Eheleute Radlinger am 26. April 2013 für insolvent, bestellte einen Insolvenzverwalter und forderte die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Forderungen auf. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens meldete Finway am 23. Mai 2013 zwei vollstreckbare Forderungen an. Bei der ersten handelte es sich um eine gesicherte Forderung in Höhe von 3045991 CZK (112480 Euro). Bei der zweiten handelte es sich um eine ungesicherte Forderung in Höhe von 1359540 CZK (50204 Euro), die die Vertragsstrafe für den Verzug mit Zahlungen in Höhe von 0,2 % pro Tag vom 23. September 2011 bis 25. April 2013 darstellte.

25.

Im Laufe des Prüfungsverfahrens erkannten die Eheleute Radlinger am 3. Juli 2013 die Vollstreckbarkeit der Forderungen an, bestritten jedoch die Höhe sowohl der gesicherten als auch der ungesicherten Forderung mit der Begründung, dass die Bestimmungen des ursprünglichen Kreditvertrags sittenwidrig gewesen seien. Ihrer Ansicht nach sind sie zur Zahlung eines Betrags in wesentlich geringerer Höhe (1496801 CZK) (55272,70 Euro) als die von Finway angemeldeten Forderungen verpflichtet. Der Insolvenzverwalter bestritt die Forderung Finways nicht.

26.

Mit Beschluss vom 23. Juli 2013 genehmigte das vorlegende Gericht die Entschuldung beider Eheleute Radlinger auf Grundlage eines Ratenzahlungsplans. Am Folgetag erhoben die Eheleute Radlinger eine Inzidentklage, mit der sie mit der Begründung der Sittenwidrigkeit der Forderungen die Feststellung beantragen, dass die von Finway angemeldeten Forderungen unberechtigt seien.

27.

Das vorlegende Gericht stellt fest, dass es durch die nationalen Regelungen für Insolvenzverfahren daran gehindert sei, die Inzidentklage der Eheleute Radlinger in der Sache zu prüfen. Nach diesen Regelungen dürften solche Klagen nur erhoben werden, wenn die Abwicklung der Insolvenz des Schuldners durch Entschuldung vom Insolvenzgericht genehmigt werde. Nach den nationalen Regelungen könnten die Eheleute Radlinger hier gegen die gesicherte Forderung überhaupt keine Inzidentklage erheben. Daher sei die Klage insoweit abzuweisen. Dagegen ließen die nationalen Regelungen die Erhebung einer Inzidentklage durch einen Schuldner in Bezug auf die ungesicherte Forderung zu.

28.

Zur Entscheidung über die Inzidentklage der Eheleute Radlinger ersucht das Krajský soud v Praze (Regionalgericht Prag) um eine Vorabentscheidung über die nachfolgend zusammengefassten Fragen:

1.

Stehen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 oder andere verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen des Unionsrechts nationalen Regelungen entgegen, wonach in einem Insolvenzverfahren

ein Gericht die Echtheit, die Höhe oder den Rang einer Forderung gegen einen Schuldner, der ein Verbraucher ist, nur aufgrund einer vom Insolvenzverwalter, von einem Gläubiger oder vom Schuldner erhobenen Inzidentklage prüfen kann?

ein solcher Schuldner eine gerichtliche Prüfung der angemeldeten Forderungen der Gläubiger i) nur im Fall der Genehmigung der Abwicklung seiner Insolvenz durch Entschuldung, ii) nur in Bezug auf ungesicherte Forderungen und iii) im Fall von Forderungen, die durch die Entscheidung der zuständigen Stelle für vollstreckbar erklärt worden sind, nur zum Zweck der Geltendmachung des Erlöschens oder der Verjährung der Forderung veranlassen kann?

2.

Ist das Gericht in einem Insolvenzverfahren, das Forderungen aus einem Verbraucherkreditvertrag betrifft, verpflichtet, (auch ohne Einwand des Verbrauchers) von Amts wegen eine Verletzung der Informationspflichten aus Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 durch den Kreditgeber zu berücksichtigen und die vertraglichen Regelungen nach nationalem Recht für nichtig zu erklären?

Falls Frage 1 oder 2 zu bejahen ist:

3.

Haben die vorgenannten Bestimmungen der vorgenannten Richtlinien unmittelbare Wirkung, und sind sie unmittelbar anwendbar, auch wenn durch eine Überprüfung durch das Gericht von Amts wegen in die horizontalen Beziehungen zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem eingegriffen wird?

4.

Welches ist der „Gesamtkreditbetrag“ in Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48, und welches ist „die Höhe des Kredit-Auszahlungsbetrags“ in der Formel für die Berechnung des effektiven Jahreszinses in Anhang I dieser Richtlinie, wenn i) der Kreditvertrag formell einen auszuzahlenden Kreditbetrag bestimmt, ii) jedoch vereinbart ist, dass die Forderungen des Kreditgebers in Bezug auf Gebühren und die erste(n) Kreditrate(n) mit diesem Betrag verrechnet werden, so dass die verrechneten Beträge in Wirklichkeit gar nicht an den Verbraucher ausgezahlt werden, sondern während der gesamten Laufzeit dem Kreditgeber zur Verfügung stehen? Hat die Einbeziehung dieser Beträge Einfluss auf die Berechnung?

5.

Ist bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit von Sanktionsklauseln im Sinne von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie 93/13 die kumulative Wirkung aller dieser Klauseln im Vertrag zu prüfen, unabhängig davon, ob der Gläubiger darauf besteht, dass ihnen vollständig nachgekommen wird, oder ob einige der Klauseln nach nationalem Recht als nichtig angesehen werden können, oder ist nur die kumulative Wirkung derjenigen Sanktionen zu prüfen, die tatsächlich geltend gemacht werden oder geltend gemacht werden können?

6.

Ist im Fall der Feststellung eines missbräuchlichen Charakters der vertraglichen Sanktionen keine der einzelnen Sanktionen anzuwenden, die das Gericht (jedoch erst in ihrer Gesamtheit) dazu veranlasst haben, den Entschädigungsbetrag als unverhältnismäßig hoch im Sinne der Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie 93/13 anzusehen, oder nur einige von ihnen (und in diesem Fall, nach welchem Schlüssel)?

29.

Schriftliche Erklärungen haben die Eheleute Radlinger, Finway, die Regierungen der Tschechischen Republik und Polens sowie die Europäische Kommission eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2015 haben Deutschland und die Kommission mündliche Erklärungen abgegeben.

Würdigung

Frage 1

30.

Mit Frage 1 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob nationale Regelungen für Insolvenzverfahren in Bezug auf eine Forderung aus einem Verbraucherkreditvertrag, wonach i) der Schuldner eine Inzidentklage im Rahmen des hauptsächlichen Insolvenzverfahrens erheben muss, um die Berechtigung, die Höhe oder den Rang von Forderungen prüfen zu lassen, und ii) sein Recht, eine Überprüfung der Forderungen zu veranlassen, eingeschränkt ist, mit dem Unionsrecht, insbesondere mit der Richtlinie 93/13 und der Richtlinie 2008/48, vereinbar sind. Implizit stellt sich damit auch die Frage, ob diese Regelungen mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität vereinbar sind ( 35 ).

31.

Ich beginne mit der Prüfung der Rechtslage nach der Richtlinie 93/13, die ein System einführt, das Verbraucher davor schützt und verhindert, dass sie an missbräuchliche Vertragsklauseln gebunden werden, und die Mitgliedstaaten verpflichtet, dafür zu sorgen, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung solcher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird ( 36 ). Es ist unstreitig, dass die Eheleute Radlinger Verbraucher und die Kreditgeberin Gewerbetreibende im Sinne dieser Richtlinie sind.

32.

Was den Äquivalenzgrundsatz angeht, stellt das vorlegende Gericht in seinem Vorlagebeschluss fest, dass ein Gericht, bei dem ein Insolvenzverfahren anhängig sei, keinerlei Grundlage dafür habe, die Berechtigung, die Höhe oder den Rang von Forderungen zu prüfen, sofern nicht die betreffende Person – der Insolvenzverwalter, der Gläubiger oder (wie hier) der Schuldner – eine Inzidentklage erhebe. Diese Rechtslage ist nicht anders, wenn das Insolvenzverfahren Forderungen betrifft, die sich aus einem Verbrauchervertrag ergeben. Somit liegen dem Gerichtshof keine Informationen vor, die darauf hindeuten, dass die nationalen Verfahrensvorschriften, wonach ein Schuldner eine Inzidentklage erheben muss – um z. B. der Berechtigung der Forderung eines Gläubigers mit der Begründung zu widersprechen, dass der Vertrag, aus dem sich diese Forderung ergibt, mit EU-Verbraucherschutzregelungen unvereinbar ist –, ungünstiger sind als diejenigen, die für sonstige gleichartige innerstaatliche Klagen gelten.

33.

Was den Effektivitätsgrundsatz angeht, ist nach ständiger Rechtsprechung jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ( 37 ). Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie z. B. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens ( 38 ).

34.

Ist es dem Insolvenzgericht aufgrund der in Rede stehenden nationalen Verfahrensvorschriften unmöglich oder übermäßig erschwert, die Berechtigung, die Höhe oder den Rang von Forderungen zu prüfen, die sich aus einem Verbraucherkreditvertrag ergeben, und wird es durch diese Regelungen einem Schuldner, der ein Verbraucher ist, übermäßig erschwert, gegen eine angemeldete Forderung Widerspruch zu erheben?

35.

Das vorlegende Gericht stellt fest, dass es nach diesen Regelungen im Inzidentverfahren gehindert sei, die Berechtigung der ersten Forderung (in Höhe von 3045991 CZK) zu prüfen, weil es sich dabei um eine gesicherte Forderung handele. Es sei befugt, über die Inzidentklage im Hinblick auf die zweite Forderung (in Höhe von 1359540 CZK) zu entscheiden, da es sich hierbei um eine sowohl vollstreckbare als auch ungesicherte Forderung handele. Diese Prüfung sei jedoch erheblich eingeschränkt. Solche ungesicherte Forderungen dürften nur auf ihre Berechtigung, ihre Höhe oder die Rangfolge ihrer Befriedigung geprüft werden, und ein Widerspruch des Schuldners gegen diese Forderungen sei auf die Gründe beschränkt, dass die Forderung erloschen oder verjährt sei ( 39 ).

36.

Aufgrund dieser Besonderheiten ist es Schuldnern in der Lage der Eheleute Radlinger unmöglich, gesicherte Forderungen zu bestreiten. Insbesondere soweit es sich bei gesicherten Forderungen um solche aus Verbraucherkreditverträgen handelt, kann weder der Berechtigung der Forderung noch der Berechnung der Höhe der offenen Forderung widersprochen werden. Die Frage, ob der Vertrag, aus dem sich die Forderung ergibt, mit EU-Verbraucherschutzregelungen vereinbar ist, ist für die Entscheidung gerade über diese beiden Punkte von grundlegender Bedeutung. Wurde gegen die Verbraucherschutzregelungen verstoßen, soll dies nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dazu führen, dass die die Forderung begründenden Klauseln des Vertrags als missbräuchlich anzusehen und für den Verbraucher unverbindlich sind. Nationale Regelungen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden hindern das angerufene Gericht jedoch daran, die notwendige Prüfung vorzunehmen, und gestatten dem Schuldner selbst keine Klageerhebung.

37.

Dies dürfte meines Erachtens mit dem Effektivitätsgrundsatz unvereinbar sein.

38.

Was vollstreckbare ungesicherte Forderungen angeht, dürfte es Schuldnern, wenn nicht unmöglich, so doch übermäßig erschwert sein, der Berechtigung solcher Forderungen mit der Begründung zu widersprechen, dass die ursprüngliche Grundlage der Insolvenzforderung (der Verbrauchervertrag) mit EU-Verbraucherschutzregelungen unvereinbar ist. Zwar können Schuldner mit einer Inzidentklage der Berechtigung, der Höhe oder dem Rang solcher Forderungen (Letzteres ist hier offenbar nicht relevant) widersprechen, doch sind die Gründe, auf die sie dies stützen können, eingeschränkt. Die einschlägigen nationalen Regelungen sehen eine Prüfung der Berechtigung oder der Höhe von Forderungen aus einem Verbraucherkreditvertrag durch das Gericht selbst nicht vor, und Schuldner sind auf die Geltendmachung des Erlöschens oder der Verjährung von vollstreckbaren ungesicherten Forderungen beschränkt. Diese Regelungen dürften Verbraucher, die Schuldner sind, meines Erachtens in der Tat daran hindern, der Berechtigung oder der Höhe solcher ungesicherter Forderungen zu widersprechen, wenn diese Forderungen sich aus Klauseln ergeben, die die Richtlinie 93/13 ausdrücklich untersagt ( 40 ).

39.

Ich komme daher zu dem Schluss, dass die Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass sie nationalen Verfahrensvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach i) ein Insolvenzgericht, das über eine Inzidentklage entscheidet, gehindert ist, von Amts wegen die Berechtigung, die Höhe oder den Rang von vollstreckbaren ungesicherten Forderungen zu prüfen, die sich aus einem Verbraucherkreditvertrag ergeben; ii) ein solches Gericht gehindert ist, die Berechtigung einer gesicherten Forderung von Amts wegen zu prüfen; iii) es einem Verbraucher, der ein Schuldner ist, unmöglich gemacht und/oder übermäßig erschwert wird, gegen eine vollstreckbare ungesicherte Forderung Widerspruch zu erheben, wenn solche Forderungen sich aus einem Verbraucherkreditvertrag ergeben, obwohl das Insolvenzgericht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht über das hierfür Erforderliche verfügt.

40.

Das vorlegende Gericht ersucht ferner um Hinweise dazu, ob die in Rede stehenden nationalen Verfahrensvorschriften gegen Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 verstoßen. Dieser Aspekt der Frage 1 bedarf meines Erachtens keiner Beantwortung. Art. 22 Abs. 2 verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass Verbraucher auf die Rechte, die ihnen mit den innerstaatlichen Vorschriften eingeräumt werden, die zur Anwendung dieser Richtlinie erlassen wurden oder der Richtlinie 2008/48 entsprechen, nicht verzichten können. In den im Vorlagebeschluss erläuterten nationalen Regelungen ist offenbar nichts geregelt, was hier unter dem Gesichtspunkt des Verzichts eines Verbrauchers auf seine Rechte im Sinne von Art. 22 Abs. 2 relevant erscheint. Auch in den Sachverhaltsangaben des vorlegenden Gerichts findet sich kein Hinweis darauf, dass die Eheleute Radlinger auf die Rechte verzichtet hätten, die ihnen mit den innerstaatlichen Vorschriften eingeräumt wurden, die zur Anwendung dieser Richtlinie erlassen wurden. Demzufolge hat Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 keine erkennbare Bedeutung für die Frage, ob die in Rede stehenden nationalen Regelungen gegen die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität verstoßen.

Frage 2

41.

Mit Frage 2 wirft das vorlegende Gericht zwei Fragen auf. Erstens, sind die nationalen Gerichte verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob ein Kreditgeber gegen die Pflicht zur Angabe der in Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 aufgeführten Informationen verstoßen hat, auch wenn sich der Schuldner selbst nicht darauf beruft? Zweitens, ist in dem Fall, dass der Kreditgeber tatsächlich gegen die Pflicht zur Angabe dieser Informationen verstoßen hat, der Kreditvertrag dann, wie nach nationalem Recht vorgesehen, nichtig?

42.

Bevor ich diese Fragen untersuche, ist daran zu erinnern, dass die Eheleute Radlinger sich nach dem Kreditvertrag im Ausgangsverfahren zur Aufnahme eines gesicherten Darlehens verpflichtet haben und das spätere Insolvenzverfahren zwei Forderungen betrifft, die sich auf diese Schuld beziehen. Die erste Forderung (3045991 CZK) ist dreifach besichert, u. a. durch eine Hypothek. Die zweite Forderung (1359540 CZK) setzt sich aus Vertragsstrafen nach dem Kreditvertrag aufgrund des Zahlungsverzugs der Eheleute Radlinger zusammen.

43.

In den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48 fällt der Kreditvertrag selbst und nicht die sich daraus ergebenden Forderungen oder Ansprüche des Kreditgebers. Durch eine Hypothek gesicherte Kreditverträge sind jedoch vom Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48 ausdrücklich ausgenommen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. a). Die Kommission trägt in ihren schriftlichen Erklärungen vor, dass die nationalen Umsetzungsbestimmungen einen weiteren Anwendungsbereich hätten als Art. 2 der Richtlinie 2008/48, da sie auch Kreditverträge erfassten, die durch eine Hypothek gesichert seien. Diese Rechtslage steht mit den Zielen der Richtlinie 2008/48 nicht in Widerspruch. Die Mitgliedstaaten können nach Maßgabe des Unionsrechts innerstaatliche Vorschriften beibehalten oder einführen, die den Bestimmungen der Richtlinie 2008/48 oder manchen ihrer Bestimmungen entsprechen und Kreditverträge erfassen, die nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen ( 41 ).

44.

Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV das vorlegende Gericht die Erforderlichkeit eines Vorabentscheidungsersuchens und die Relevanz der Vorlagefragen zu beurteilen ( 42 ). Der Gerichtshof lehnt die Entscheidung über eine Vorlagefrage nur ab, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind ( 43 ). Solche Umstände sind hier nicht gegeben. Es ist insoweit zumindest nicht offensichtlich, dass die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits im Hinblick auf die erste Forderung nicht relevant sein kann ( 44 ).

45.

Die in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften sind daher im Einklang mit der Richtlinie 2008/48 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof anzuwenden.

46.

Ob ohne die Umsetzungsregelungen der Tschechischen Republik der Kreditvertrag, aus dem sich die gesicherte Forderung ergibt, nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/48 fallen würde und die ungesicherten Forderungen von der Richtlinie erfasst würden, macht im vorliegenden Fall für die Würdigung keinen Unterschied. Diese Fragen sollten daher besser offengelassen und in einer zukünftigen Rechtssache behandelt werden, in der sie relevant sind.

47.

Als Nächstes ist festzuhalten, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48 eine Aufzählung von 22 Angaben enthält, die in einem Kreditvertrag enthalten sein müssen. Ist zu prüfen, ob die nationalen Gerichte von Amts wegen jede dieser Angaben einer Prüfung unterziehen müssen?

48.

Die gesetzliche Systematik der Richtlinie 2008/48 sieht vor, dass Verbraucher sowohl vor Abschluss des Kreditvertrags als auch im Vertrag selbst informiert werden müssen ( 45 ). Die in Art. 10 („Zwingende Angaben in Kreditverträgen“) aufgeführten Angaben geben die in Art. 5 („Vorvertragliche Informationen“) genannten 19 Angaben wieder; beide Bestimmungen haben das Ziel, zu gewährleisten, dass der Verbraucher voll informiert ist ( 46 ).

49.

Das vorlegende Gericht ersucht hier um Hinweise, ob die nationalen Gerichte von Amts wegen prüfen müssen, ob die Verpflichtung nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. d, den Verbraucher über „den Gesamtkreditbetrag und die Bedingungen für die Inanspruchnahme“ zu informieren, eingehalten wurde. Muss das nationale Gericht berücksichtigen, dass die Kreditgeberin gegen die Pflicht verstoßen hat, die Angaben zum Gesamtkreditbetrag zu machen, die das nationale Gericht als die „richtigen“ bezeichnet? Im vorliegenden Sachverhalt sieht der Kreditvertrag einen Kreditbetrag vor, der einem Verbraucher auszuzahlen ist, nach dem Vertrag sollen jedoch Kosten der Kreditgeberin (beispielsweise Verwaltungsgebühren und die ersten Kreditraten auf Zinsen) gegen den Darlehensbetrag verrechnet werden, so dass die diesen Kosten entsprechenden Beträge dem Verbraucher in Wirklichkeit gar nicht zur Verfügung gestellt werden. Werden diese Kosten in den Gesamtkreditbetrag einbezogen, ist der effektive Jahreszins niedriger, als wenn diese Kosten von dem in Wirklichkeit ausgezahlten Betrag ausgeklammert sind ( 47 ). Das vorlegende Gericht möchte daher wissen, ob die nationalen Gerichte von Amts wegen prüfen müssen, ob ein Kreditgeber dagegen verstoßen hat, die nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. d erforderlichen Angaben zum Gesamtkreditbetrag zu machen.

50.

Diese Frage ist für die Entscheidung im Ausgangsverfahren von besonderer Bedeutung: Stellt das vorlegende Gericht fest, dass der Verbraucher über den Gesamtkreditbetrag nicht informiert wurde, gilt ein anderer Zinssatz und sind weitere Regelungen als unwirksam anzusehen ( 48 ).

51.

Der Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass die nationalen Gerichte bestimmte Vorschriften des EU-Verbraucherschutzrechts von Amts wegen anwenden müssen. Diese Anforderung „wurde mit der Erwägung gerechtfertigt, dass das durch diese Rechtsvorschriften geschaffene Schutzsystem davon ausgeht, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt und dass eine nicht zu unterschätzende Gefahr besteht, dass sich der Verbraucher vor allem aus Unkenntnis nicht auf eine seinem Schutz dienende Rechtsnorm beruft“ ( 49 ). Der Gerichtshof hat diese Grundsätze (beispielsweise) bei der Prüfung des Rechts eines Verbrauchers zur Geltendmachung von Rechten gegen den Kreditgeber nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 87/102/EWG ( 50 ) und in Verbindung mit dem Widerrufsrecht eines Verbrauchers bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen angewendet ( 51 ). Im Urteil Faber ( 52 ), in dem sich die Frage der einem Käufer vom Verkäufer im Rahmen eines Kaufvertrags über ein Kraftfahrzeug geschuldeten Gewährleistung stellte, ersuchte das nationale Gericht um Hinweise, ob es von Amts wegen zur Prüfung der Verbrauchereigenschaft der Käuferin im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG ( 53 ) verpflichtet sei, auch wenn sich Frau Faber im nationalen Verfahren nicht auf diese Eigenschaft berufen hatte.

52.

Meines Erachtens sind diese Grundsätze auf die Beurteilung übertragbar, ob nationale Verfahrensvorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Anwendung des Unionsrechts unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Mit anderen Worten: Sind diese nationalen Regelungen mit dem Effektivitätsgrundsatz vereinbar ( 54 )?

53.

Den Erläuterungen der Verfahrensvorschriften für innerstaatliche Insolvenzverfahren durch das vorlegende Gericht zufolge ist es den nationalen Gerichten unmöglich, zu prüfen, ob die Anforderung eingehalten wurde, dass Kreditgeber Verbrauchern, die Schuldner sind, die nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. d erforderlichen Angaben machen. Ferner war es offenbar auch den Eheleuten Radlinger selbst unmöglich, dies geltend zu machen.

54.

Verbraucher benötigen die in Art. 10 Abs. 2 Buchst. d genannten Informationen, i) um die Höhe ihrer Aufwendungen für den Kredit beurteilen zu können, ii) um feststellen zu können, ob sie andernorts ein besseres Angebot erhalten können, und iii) um ihre persönlichen Finanzen in einer Weise ordnen zu können, die den Einschränkungen und Unannehmlichkeiten vorbeugt, die die Insolvenzstellung mit sich bringt. Diese Elemente stehen im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 2008/48, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewähren und einen echten Binnenmarkt zu schaffen ( 55 ). Angaben zum Gesamtkreditbetrag sind für die Berechnung des effektiven Jahreszinses nach einem Verbraucherkreditvertrag relevant ( 56 ). Von noch unmittelbarerer Bedeutung für den Verbraucher können die Bedingungen für die Inanspruchnahme sein: Wie viel Geld wird ihm aufgrund des Verbraucherkreditvertrags zur Verfügung gestellt?

55.

Wenn nationale Verfahrensvorschriften einen Verbraucher, der ein Schuldner geworden ist, daran hindern, den Verstoß eines Kreditgebers gegen die Informationspflichten nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. d geltend zu machen, wird dem Verbraucher der Schutz der Richtlinie 2008/48 genommen.

56.

Die Frage, ob diese Informationen im vorliegenden Verfahren zur Verfügung gestellt wurden oder nicht, könnte sowohl die Berechtigung der Forderung der Kreditgeberin als auch die Höhe der Verbindlichkeit des Schuldners beeinflussen. Kann das angerufene Gericht diese Frage nicht prüfen, ist es ihm unmöglich, über die Frage zu entscheiden, ob die Forderungen aus dem Verbraucherkreditvertrag von den (weiter gehenden) nationalen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie 2008/48 gedeckt sind. Es kann ferner nationale Regelungen nicht anwenden, die Sanktionen für den Fall vorsehen, dass ein Kreditgeber gegen die Informationspflichten zum Gesamtkreditbetrag und zu den Bedingungen für die Inanspruchnahme eines Darlehens verstößt. Diese nationalen Regelungen können zu einer Verringerung oder sogar zum Erlöschen der Verbindlichkeit des Verbrauchers führen.

57.

Hieraus folgt, dass Verfahrensvorschriften, die ein nationales Gericht an der Prüfung hindern, ob die Anforderung nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48 eingehalten wurde, die Wirksamkeit des durch diese Richtlinie gewährten Schutzes beeinträchtigen. Ein nationales Gericht muss die Möglichkeit haben, diese Prüfung von Amts wegen vorzunehmen und gegebenenfalls für die Nichteinhaltung Sanktionen nach nationalem Recht anzuwenden ( 57 ).

58.

Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Insolvenzverfahren anhängig ist, das einen Verbraucherkreditvertrag betrifft, von Amts wegen prüfen muss, ob dem Schuldner die in dieser Bestimmung vorgesehenen Angaben vom Kreditgeber zur Verfügung gestellt worden sind, und dass es die einschlägigen Sanktionen nach nationalem Recht anwenden muss, soweit diese Verpflichtung nicht eingehalten wurde ( 58 ).

Frage 4

59.

Wenn ein Kreditvertrag einen Kredit-Auszahlungsbetrag vorsieht, jedoch vereinbart ist, dass die Forderungen des Kreditgebers in Form von Gebühren und der/den ersten Kreditrate/n mit diesem Betrag verrechnet werden, so dass die verrechneten Beträge in Wirklichkeit gar nicht an den Verbraucher ausgezahlt werden, sondern während der gesamten Laufzeit dem Kreditgeber zu seiner Verfügung verbleiben, i) welches ist dann der „Gesamtkreditbetrag“ im Sinne von Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48, ii) welches ist dann „die Höhe des Kredit-Auszahlungsbetrags“ in der Formel für die Berechnung des effektiven Jahreszinses in Anhang I der Richtlinie, und iii) hat die Einbeziehung dieser Beträge Einfluss auf diese Berechnung?

60.

Der „Gesamtkreditbetrag“ ist in Art. 3 Buchst. l definiert als „… die Obergrenze oder die Summe aller Beträge, die aufgrund eines Kreditvertrags zur Verfügung gestellt werden“. Der Text der Richtlinie 2008/48 gibt jedoch nicht an, ob dieser Betrag zusätzlich zu dem Darlehensbetrag, den der Verbraucher tatsächlich erhält, Kosten wie etwa Verwaltungsgebühren und anfängliche Zinszahlungen einbeziehen kann, die der Kreditgeber einbehält und gar nicht an den Verbraucher auszahlt, oder ob hiermit der Betrag gemeint ist, den der Verbraucher unter Ausschluss dieser Kosten erhält ( 59 ).

61.

Die Kommission, die Tschechische Republik, Deutschland und Polen sind übereinstimmend der Ansicht, dass der Gesamtkreditbetrag im letzteren Sinne zu verstehen sei. Wenn der Gesamtkreditbetrag stattdessen dahin definiert sei, dass in den Betrag, der dem Verbraucher tatsächlich ausgezahlt werde, zusätzlich diese Kosten einbezogen seien, führe dies nach weiterhin übereinstimmender Ansicht dieser Beteiligten zu einem effektiven Jahreszins, der niedriger erscheine, als wenn er auf Basis nur des Betrags berechnet werde, der dem Verbraucher unter Ausschluss von Kosten ausgezahlt werde. Die Eheleute Radlinger und Finway haben zu diesem Punkt nicht Stellung genommen.

62.

Nach natürlichem Sprachverständnis ist die Formulierung „… Summe aller Beträge, die aufgrund eines Kreditvertrags zur Verfügung gestellt werden“ ( 60 ) meines Erachtens als „der Darlehensbetrag unter Ausschluss der Kosten des Kreditgebers“ zu verstehen. Das ist derjenige Betrag, der dem Verbraucher tatsächlich ausgezahlt und somit dem Verbraucher zu seiner Verwendung zur Verfügung gestellt wird. Dieser Betrag entspricht ferner dem in Anspruch genommenen Betrag in der Formel für die Berechnung des effektiven Jahreszinses in Anhang I der Richtlinie 2008/48.

63.

Diese Auslegung steht auch insoweit im Einklang mit der Systematik der Richtlinie 2008/48, als Art. 3 Buchst. h den „vom Verbraucher zu zahlende[n] Gesamtbetrag [als] die Summe des Gesamtkreditbetrags und der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher“ definiert. Wäre der „Gesamtkreditbetrag“ unter Einbeziehung von Kosten wie Zinszahlungen und Verwaltungsgebühren zu verstehen, würden diese Positionen bei der Ermittlung des vom Verbraucher zu zahlenden Gesamtbetrags zweimal angesetzt – einmal bei der Ermittlung des „Gesamtkreditbetrags“ und noch einmal bei der Ermittlung der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher im Sinne der Definition in Art. 3 Buchst. g. Damit würde die Systematik der Richtlinie inkohärent.

64.

Die Kosten, die ein Verbraucher nach einem Kreditvertrag zu zahlen verpflichtet sein kann, können unterschiedlicher Art sein und von Kreditgebern nach unterschiedlichen Methoden und Variablen berechnet werden ( 61 ). Würden diese Faktoren in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einfließen, könnte dies die Ziele der Richtlinie 2008/48 beeinträchtigen, die Transparenz und Vergleichbarkeit von Kreditangeboten zu gewährleisten. Werden Kosten nicht nach einheitlichen Regeln berechnet, macht die Einbeziehung von Kosten in den „Gesamtkreditbetrag“ einen realistischen Vergleich schwierig, wenn nicht unmöglich. Diese Kosten sind daher aus der Berechnung des effektiven Jahreszinses auszuklammern, um gerade diese Transparenz und Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

65.

Schließlich ist hervorzuheben, dass die Richtlinie 2008/48 eine Maßnahme der vollständigen Harmonisierung darstellt ( 62 ). Es ist somit von entscheidender Bedeutung, dass „der Gesamtkreditbetrag“ und die Beträge, die in den Kredit-Auszahlungsbetrag im Sinne der Anwendung der Formel in Anhang I einbezogen sein können, in allen Mitgliedstaaten gleich ausgelegt werden.

66.

Ich bin daher der Ansicht, dass „der Gesamtkreditbetrag“ in Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48 die Beträge bezeichnet, die dem Verbraucher aufgrund eines Kreditvertrags im Sinne von Art. 3 Buchst. l zur Verfügung gestellt werden, d. h. die Beträge, die dem Verbraucher vom Kreditgeber tatsächlich ausgezahlt und somit dem Verbraucher zu seiner Verwendung zur Verfügung gestellt werden, und zwar unter Ausschluss dem Kreditgeber geschuldeter Kosten. Der Kredit-Auszahlungsbetrag in der Formel für die Berechnung des effektiven Jahreszinses in Anhang I der Richtlinie ist mit dem Gesamtkreditbetrag identisch.

Frage 3

67.

Mit Frage 3 möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 und der Richtlinie 2008/48 unmittelbare Wirkung insbesondere im Hinblick darauf haben, dass das Ausgangsverfahren einen „horizontalen“ Rechtsstreit zwischen Einzelpersonen betrifft.

68.

Meines Erachtens dürfte diese Frage streng genommen irrelevant sein.

69.

Die Bestimmungen beider Richtlinien wurden in nationales Recht umgesetzt. Keine der Parteien des Ausgangsverfahrens muss sich daher unmittelbar auf sie berufen.

70.

Da es sich bei dem Rechtsstreit im Ausgangsverfahren um einen solchen zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden handelt, kann sich keine der Parteien auf die unmittelbare Wirkung der Richtlinie 93/13 oder der Richtlinie 2008/48 berufen. Gleichwohl muss nach ständiger Rechtsprechung ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit zwischen Einzelpersonen anhängig ist, „bei der Anwendung der Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts das gesamte nationale Recht berücksichtigen und es so weit wie möglich anhand von Wortlaut und Zweck der einschlägigen Richtlinie auslegen …, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel vereinbar ist“ ( 63 ).

Fragen 5 und 6

71.

Mit Frage 5 ersucht das vorlegende Gericht um Hinweise zur Bedeutung von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie 93/13. Mit Frage 6 möchte es geklärt wissen, ob vertragliche Sanktionen wie die hier in Rede stehenden im Sinne dieser Richtlinie missbräuchlich sind, und gegebenenfalls, ob die nationalen Gerichte alle diese Klauseln oder nur einen Teil derselben unangewendet lassen müssen. Ich behandele beide Fragen zusammen.

72.

Nach Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie 93/13 sind Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird, im Sinne der Richtlinie missbräuchlich, so dass sie nach Art. 6 Abs. 1 unverbindlich sein müssen.

73.

Der Gerichtshof hat entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 die allgemeinen Kriterien dafür bestimmen, ob in den Geltungsbereich der Richtlinie fallende Vertragsklauseln missbräuchlich sind. Vor diesem gesetzgeberischen Hintergrund ist es Sache der nationalen Gerichte, zu entscheiden, ob eine bestimmte Klausel im Sinne von Art. 3 Abs. 1 missbräuchlich ist ( 64 ). Zu den für diese Beurteilung hier relevanten Kriterien wird die relative Stärke der Finanzierungsgesellschaft gegenüber der Verhandlungsposition des Verbrauchers und die Frage gehören, ob es sich bei den Sanktionsklauseln um vorformulierte Standardvertragsklauseln handelte, die mit den Eheleuten Radlinger nicht ausgehandelt wurden, so dass diese keinen Einfluss auf sie hatten ( 65 ).

74.

Zu beurteilen ist die kumulative Wirkung aller dieser Klauseln im Kreditvertrag, da sie so lange gelten, wie sie nicht erfolgreich gerichtlich angefochten worden sind. (Der Verbraucher mag jedoch keine Kenntnis davon haben, dass er diese Klauseln anfechten kann, oder aus Kostengründen oder weil er durch nationale Verfahrensvorschriften daran gehindert ist, dazu nicht in der Lage sein.)

75.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sieht im zweiten Teil ausdrücklich vor, dass zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossene Verträge für beide Parteien „auf derselben Grundlage“ bindend bleiben, wenn dieser Vertrag „ohne die missbräuchlichen Klauseln“ bestehen kann. Daher „[müssen] die nationalen Gerichte eine missbräuchliche Vertragsklausel unangewendet lassen …, damit sie den Verbraucher nicht bindet, [dürfen] aber nicht deren Inhalt abändern …“ ( 66 ). Soweit Sanktionsklauseln im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 missbräuchlich sind, müssen die nationalen Gerichte folglich alle diese Klauseln unangewendet lassen und nicht lediglich einen Teil derselben.

76.

Aufgrund von Natur und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der den Verbrauchern durch die Richtlinie 93/13 gewährte Schutz beruht, müssen die Mitgliedstaaten angemessene und wirksame Mittel vorsehen, „damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“ (Art. 7 Abs. 1). Könnten die nationalen Gerichte den Inhalt der missbräuchlichen Klauseln in solchen Verträgen abändern, könnte dies (paradoxerweise) die Verwirklichung des langfristigen Ziels gefährden, das mit Art. 7 verfolgt wird, „weil [dies] den Abschreckungseffekt abschwächen würde, der für die Gewerbetreibenden darin besteht, dass solche missbräuchlichen Klauseln gegenüber dem Verbraucher schlicht unangewendet bleiben“ ( 67 ).

77.

Ist im Fall der Feststellung der Missbräuchlichkeit von Sanktionsklauseln im Sinne von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie 93/13 durch ein nationales Gericht die kumulative Wirkung aller dieser Klauseln in einem Vertrag zu prüfen, oder ist die Beurteilung auf diejenigen zu beschränken, bei denen der Kreditgeber darauf besteht, dass ihnen nachgekommen wird, oder sind diejenigen außer Acht zu lassen, die nach nationalem Recht als unwirksam anzusehen sind?

78.

Meines Erachtens ist die kumulative Wirkung der Sanktionsklauseln zu prüfen.

79.

Erstens steht diese Auffassung im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 93/13, zu denen die Unterbindung der Praxis der Einbeziehung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträge und die Gewährleistung des Schutzes der Verbraucher vor Missbrauch durch Gewerbetreibende mit einer gegenüber dem Verbraucher stärkeren Verhandlungsposition gehören ( 68 ). Zweitens steht es im Einklang mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, dass solche Klauseln in ihrer Gesamtheit unangewendet bleiben müssen, um Gewerbetreibende und insbesondere Kreditgeber auf dem politisch und wirtschaftlich sensiblen Gebiet des Verbraucherkredits von der Einbeziehung derartiger Klauseln in Kreditverträge abzuhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn solche Klauseln in Standardvertragsklauseln enthalten sind, die nicht ausgehandelt worden sind.

80.

Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass das vorlegende Gericht nach den Art. 3 und 4 der Richtlinie 93/13 sowie Nr. 1 Buchst. e des Anhangs dieser Richtlinie zu prüfen hat, ob einem Verbraucher durch die kumulative Wirkung aller Sanktionsklauseln in einem Verbraucherkreditvertrag ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird, und dies auch dann, wenn der Kreditgeber nicht darauf besteht, dass allen diesen Klauseln vollständig nachgekommen wird, oder wenn bestimmte Sanktionsklauseln nach nationalem Recht als unwirksam anzusehen sind. Wird die Missbräuchlichkeit dieser Klauseln festgestellt, müssen alle diese Klauseln gegenüber dem Verbraucher in ihrer Gesamtheit unangewendet bleiben.

Ergebnis

81.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Krajský soud v Praze (Regionalgericht Prag) wie folgt zu beantworten:

Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass sie nationalen Verfahrensvorschriften wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, wonach i) ein Insolvenzgericht, das über eine Inzidentklage entscheidet, gehindert ist, von Amts wegen die Berechtigung, die Höhe oder den Rang von Forderungen zu prüfen, die sich aus einem Verbraucherkreditvertrag ergeben, ii) ein solches Gericht gehindert ist, von Amts wegen die Berechtigung einer gesicherten Forderung zu prüfen, und iii) es einem Verbraucher, der ein Schuldner ist, unmöglich gemacht und/oder übermäßig erschwert wird, gegen eine vollstreckbare ungesicherte Forderung Widerspruch zu erheben, wenn solche Forderungen sich aus einem Verbraucherkreditvertrag ergeben, obwohl das Insolvenzgericht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht über das hierfür Erforderliche verfügt.

Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Insolvenzverfahren anhängig ist, das einen Verbraucherkreditvertrag betrifft, von Amts wegen prüfen muss, ob dem Schuldner die in dieser Bestimmung vorgesehenen Angaben vom Kreditgeber zur Verfügung gestellt worden sind, und dass es die einschlägigen Sanktionen nach nationalem Recht anwenden muss, soweit diese Verpflichtung nicht eingehalten wurde.

Der „Gesamtkreditbetrag“ in Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48 ist dahin zu verstehen, dass er die Beträge bezeichnet, die dem Verbraucher aufgrund eines Kreditvertrags im Sinne von Art. 3 Buchst. l zur Verfügung gestellt werden, d. h. die Beträge, die dem Verbraucher vom Kreditgeber tatsächlich ausgezahlt und somit dem Verbraucher zu seiner Verwendung zur Verfügung gestellt werden, und zwar unter Ausschluss dem Kreditgeber geschuldeter Kosten. Der Kredit-Auszahlungsbetrag in der Formel für die Berechnung des effektiven Jahreszinses in Anhang I der Richtlinie ist mit dem Gesamtkreditbetrag identisch.

Das vorlegende Gericht hat festzustellen, ob einem Verbraucher durch die kumulative Wirkung der Sanktionsklauseln in einem Kreditvertrag im Sinne der Art. 3 und 4 der Richtlinie 93/13 sowie von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs dieser Richtlinie ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird, und dies auch dann, wenn der Kreditgeber nicht darauf besteht, dass allen diesen Klauseln vollständig nachgekommen wird, oder wenn bestimmte Sanktionsklauseln nach nationalem Recht als unwirksam anzusehen sind. Wird die Missbräuchlichkeit dieser Klauseln festgestellt, müssen alle diese Klauseln gegenüber dem Verbraucher in ihrer Gesamtheit unangewendet bleiben.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Ich verstehe den Begriff „Inzidentklage“ im tschechischen Recht dahin, dass darunter eine im Zuge eines Insolvenzverfahrens erhobene Klage zu verstehen ist, über die von einem Gericht im Rahmen dieses Verfahrens zu entscheiden ist.

( 3 ) Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 25).

( 4 ) Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133, S. 66).

( 5 ) Art. 1 Abs. 1.

( 6 ) Erwägungsgründe 4 und 9 der Richtlinie 93/13.

( 7 ) Art. 3 Abs. 1.

( 8 ) Art. 3 Abs. 2.

( 9 ) Art. 3 Abs. 3.

( 10 ) Anhang, Nr. 1 Buchst. e.

( 11 ) Art. 4 Abs. 1.

( 12 ) Art. 6 Abs. 1.

( 13 ) Art. 7 Abs. 1.

( 14 ) Die Richtlinie 2008/48 wurde später durch die Richtlinie 2011/90/EU der Kommission vom 14. November 2011 zur Änderung von Anhang I Teil II der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit zusätzlichen Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses (ABl. L 296, S. 35) geändert. Die Richtlinie 2011/90 trat jedoch nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem der in Rede stehende Verbraucherkreditvertrag abgeschlossen wurde.

( 15 ) Art. 1.

( 16 ) Erwägungsgründe 6 und 7.

( 17 ) Neunter Erwägungsgrund.

( 18 ) Erwägungsgründe 19 und 31.

( 19 ) Art. 2 Abs. 1.

( 20 ) Art. 2 Abs. 2 Buchst. a.

( 21 ) Nach Art. 19 Abs. 1 wird der effektive Jahreszins anhand der Formel in Teil I des Anhangs I berechnet. Nach Art. 19 Abs. 2 werden für die Berechnung des effektiven Jahreszinses bei der Bestimmung der Gesamtkosten des Kredits bestimmte vom Verbraucher zu tragende Kosten ausgenommen und bestimmte andere Kosten berücksichtigt. Einzelheiten zu diesen Kosten sind in der vorliegenden Rechtssache nicht relevant und werden daher hier nicht dargestellt.

( 22 ) Art. 10 Abs. 1.

( 23 ) Art. 10 Abs. 2 Buchst. d. Der Begriff „Inanspruchnahme“ („drawdown“) ist in der Richtlinie 2008/48 nicht definiert. Das Shorter Oxford English Dictionary nennt u. a. folgende Definition: „Eine Handlung der Geldbeschaffung mittels Darlehen; Kreditaufnahme“ („an act of raising money through loans; borrowing“). Er wird gelegentlich auch als Bezeichnung dafür verstanden, dass ein Darlehen bereitgestellt wird und der Darlehensnehmer auf die Mittel in mehreren Tranchen zugreift.

( 24 ) Art. 22 Abs. 1 und 2.

( 25 ) Art. 23.

( 26 ) Eine solche Forderung wird genauso behandelt, wie wenn die Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten würde (§ 410 Abs. 2 und 3 des Gesetzes Nr. 182/2006 über den Konkurs und die Möglichkeiten zu seiner Abwicklung in der Fassung des Gesetzes Nr. 185/2013, im Folgenden: Insolvenzgesetz).

( 27 ) § 160 Abs. 4 des Insolvenzgesetzes.

( 28 ) § 6 Abs. 1 und Anhang 3 des Gesetzes Nr. 145/2010 über den Verbraucherkredit.

( 29 ) § 8 des Gesetzes über den Verbraucherkredit.

( 30 ) §§ 55 Abs. 2 und 56 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

( 31 ) Angegeben sind die in etwa entsprechenden Beträge in Euro zum aktuellen Wechselkurs. Nach meiner Rechnung ergibt sich ein kleineres Problem bei der Berechnung. Wenn vereinbart war, 120 × 24375 CZK zurückzuzahlen, betrug die Summe der Kreditzahlungen 2925000 CZK, so dass darin der Betrag von 33000 CZK (1219 Euro) nicht enthalten war.

( 32 ) Die Positionen ii), iii) und iv) bezeichne ich als mit dem Darlehen „verbundene Kosten“.

( 33 ) Es ist Sache des vorlegenden Gerichts als ausschließlicher Tatsacheninstanz, die Berechnung des effektiven Jahreszinses zu überprüfen. Ausgehend von den im Vorlagebeschluss angegebenen Beträgen und den Definitionen in Art. 3 Buchst. g, h, i und l der Richtlinie 2008/48 kann ich nicht nachvollziehen, wie man auf einen effektiven Jahreszins von 28,9 % kommt.

( 34 ) Diese Beträge bezeichne ich zusammen als „die Vertragsstrafen“.

( 35 ) Es ist Sache der Mitgliedstaaten, die Verfahrensvorschriften oder Voraussetzungen für Klagen zu bestimmen, mit denen der durch das Unionsrecht verliehene Schutz gewährleistet werden soll (Grundsatz der nationalen Verfahrensautonomie). Dieser Grundsatz gilt unter der Voraussetzung, dass diese Bestimmungen nicht ungünstiger sind als diejenigen, die für gleichartige innerstaatliche Klagen gelten (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der den Verbrauchern durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz); vgl. beispielsweise Urteile Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 46) und ERSTE Bank Hungary (C‑32/14, EU:C:2015:637, Rn. 51).

( 36 ) Siehe Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Richtlinie 93/13. Vgl. ferner Beschluss Pohotovosť (C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 41).

( 37 ) Vgl. aus jüngerer Zeit Urteil Faber (C‑497/13, EU:C:2015:357, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). In meinen Schlussanträgen in jener Rechtssache habe ich dies etwas anders formuliert vorgetragen: „… sind die Stellung der betreffenden Vorschrift im gesamten Verfahren, der Verfahrensablauf und die Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen … zu berücksichtigen …“. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache Faber (C‑497/13, EU:C:2014:2403, Nr. 59).

( 38 ) Vgl. Urteil AsturcomTelecomunicaciones (C‑40/08, EU:C:2009:615, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 39 ) Siehe oben, Nrn. 12 bis 14.

( 40 ) Siehe Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Nr. 1 Abs. 1 Buchst. e des Anhangs I der Richtlinie 93/13.

( 41 ) Siehe den oben in Nr. 6 angeführten zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48 und das Urteil SC Volksbank România (C‑602/10, EU:C:2012:443, Rn. 40 bis 43).

( 42 ) Urteil SC Volksbank România (C‑602/10, EU:C:2012:443, Rn. 48).

( 43 ) Urteil SC Volksbank România (C‑602/10, EU:C:2012:443, Rn. 49).

( 44 ) Urteil SC Volksbank România (C‑602/10, EU:C:2012:443, Rn. 50) und Beschluss Pohotovosť (C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 33 bis 35).

( 45 ) Siehe oben, Nr. 9.

( 46 ) Siehe Erwägungsgründe 19 und 31 der Richtlinie 2008/48.

( 47 ) Siehe unten, Nrn. 59 ff. zur Prüfung der Frage 4.

( 48 ) Siehe oben, Nr. 16.

( 49 ) Vgl. Urteil Faber (C‑497/13, EU:C:2015:357, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 50 ) Richtlinie des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. 1987, L 42, S. 48). Vgl. ferner Urteil Rampion und Godard (C‑429/05, EU:C:2007:575, Rn. 60 bis 65).

( 51 ) Vgl. Urteil Martín Martín (C‑227/08, EU:C:2009:792).

( 52 ) Vgl. Urteile Banco Español de Crédito (C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 45 bis 57) und Faber (C‑497/13, EU:C:2015:357, Rn. 46).

( 53 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171, S. 12).

( 54 ) Siehe oben, Fn. 35.

( 55 ) Siehe die Erwägungsgründe 6, 7, 8 und 9 der Richtlinie 2008/48.

( 56 ) Der effektive Jahreszins ist definiert als die Gesamtkosten des Kredits, die als jährlicher Prozentsatz dieses Betrags ausgedrückt sind; vgl. auch Art. 3 Buchst. i der Richtlinie 2008/48.

( 57 ) Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend im Sinne von Art. 23 der Richtlinie 2008/48 sind. Ausgehend von den Angaben oben in Nr. 16 dürfte dies der Fall sein.

( 58 ) Vgl. Urteil Kušionová (C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 59 ) Die Kommission gibt eine Erläuterung im Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen „Leitlinien zur Anwendung der Richtlinie 2008/48/EG [Verbraucherkreditrichtlinie] im Hinblick auf Kosten und den effektiven Jahreszins“ („Guidelines on the application of Directive 2008/48/EC [Consumer Credit Directive] in relation to costs and the Annual Percentage Rate of charge“, SWD(2012) 128 final; im Folgenden: Leitlinien der Kommission zur Anwendung der Richtlinie 2008/48/EG) auf S. 11, Fn. 12. Ein Gläubiger stellt 5000 Euro zur Verfügung, vereinbart jedoch mit dem Verbraucher, dass Kosten in Höhe von 100 Euro aus diesem Gesamtbetrag und nicht aus anderen Mitteln des Verbrauchers zu zahlen sind. Dem Verbraucher stehen somit 5000 Euro minus 100 Euro = 4900 Euro zur freien Verfügung. Nach Ansicht der Kommission ist der letztere Betrag der Gesamtkreditbetrag im Sinne der Definition in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48.

( 60 ) Hervorhebung nur hier.

( 61 ) Siehe die Leitlinien der Kommission zur Anwendung der Richtlinie 2008/48/EG, S. 5.

( 62 ) Siehe neunter Erwägungsgrund.

( 63 ) Vgl. beispielsweise Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Rampion und Godard (C‑429/05, EU:C:2007:199, Nrn. 31 bis 33) und Urteil Faber (C‑497/13, EU:C:2015:357, Rn. 33).

( 64 ) Vgl. Urteil Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 65 ) Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, vgl. ferner Beschluss Pohotovosť (C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 57 bis 59).

( 66 ) Vgl. Urteil Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 56 und 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 67 ) Vgl. Urteil Asbeek Brusse und de Man Garabito (C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 58).

( 68 ) Siehe Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1; siehe auch die Erwägungsgründe 4 und 9 der Richtlinie 93/13.

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