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Document 62013CC0660

    Schlussanträge der Generalanwältin E. Sharpston vom 26. November 2015.
    Rat der Europäischen Union gegen Europäische Kommission.
    Nichtigkeitsklage – Außenbeziehungen der Europäischen Union – Zugang der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum Binnenmarkt – Finanzieller Beitrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion in einer erweiterten Union – Vereinbarung über einen finanziellen Beitrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft an die neuen Mitgliedstaaten nach der Erweiterung 2004 – Erweiterung der Union um die Republik Kroatien – Nachtrag zur Vereinbarung über einen finanziellen Beitrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft zugunsten der Republik Kroatien – Unterzeichnung des Nachtrags durch die Europäische Kommission im Namen der Union ohne vorherige Genehmigung des Rates der Europäischen Union – Zuständigkeit – Art. 13 Abs. 2, Art. 16 Abs. 1 und 6 sowie Art. 17 Abs. 1 EUV – Grundsätze der begrenzten Einzelermächtigung, des institutionellen Gleichgewichts und der loyalen Zusammenarbeit.
    Rechtssache C-660/13.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:787

    SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

    ELEANOR SHARPSTON

    vom 26. November 2015 ( 1 )

    Rechtssache C‑660/13

    Rat der Europäischen Union

    gegen

    Europäische Kommission

    „Beschluss der Kommission über die Billigung eines Nachtrags zu einer Vereinbarung mit einem Drittstaat und die Ermächtigung zur Unterzeichnung der Vereinbarung — Art. 16 EUV und 17 EUV — Jeweilige Befugnisse des Rates der Europäischen Union und der Europäischen Kommission — Art. 13 Abs. 2 EUV — Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit — Art. 263 AEUV — Zulässigkeit“

    1. 

    Der Rat der Europäischen Union klagt auf Nichtigerklärung eines Beschlusses der Europäischen Kommission vom 3. Oktober 2013 (im Folgenden: angefochtener Beschluss) über die Unterzeichnung eines Nachtrags zu der Vereinbarung vom 27. Februar 2006 über einen finanziellen Beitrag der Schweiz an die neuen Mitgliedstaaten (im Folgenden: Vereinbarung von 2006) ( 2 ). Bei der Vereinbarung von 2006 handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (im Folgenden: Schweiz), in der Letztere ihren politischen Willen zur Leistung eines finanziellen Beitrags an die am 1. Mai 2004 der Union beigetretenen Mitgliedstaaten als Gegenleistung für den Zugang der Schweiz zum erweiterten Binnenmarkt zum Ausdruck bringt (im Folgenden: schweizerischer Finanzbeitrag). Die Vereinbarung von 2006 war Teil eines Gesamtkompromisses, der zum Abschluss der Verhandlungen über neun Sektorabkommen führte.

    2. 

    Ein erster Nachtrag zur Vereinbarung von 2006 über ein entsprechendes Engagement betreffend Bulgarien und Rumänien (die am 1. Januar 2007 beitraten) wurde im Jahr 2008 unterzeichnet (im Folgenden: Nachtrag von 2008).

    3. 

    Angesichts des Beitritts Kroatiens im Jahr 2013 wurde in jenem Jahr ein weiterer Nachtrag unterzeichnet (im Folgenden: Nachtrag von 2013). Während sowohl die Vereinbarung von 2006 als auch der Nachtrag von 2008 im Namen der Europäischen Union vom Vorsitz des Rates und von der Kommission unterzeichnet wurden, erfolgte die Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 allein durch die Kommission.

    4. 

    Die Vereinbarung von 2006 sowie die Nachträge von 2008 und 2013 enthalten nicht bindende Absprachen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, da die Parteien, obwohl sie völkerrechtlich rechtsfähig sind, ihre Absicht zum Ausdruck gebracht haben, völkerrechtlich nicht an die Absprachen gebunden sein zu wollen.

    5. 

    Die Klage des Rates betrifft im Wesentlichen die Aufteilung der Befugnisse zwischen dem Rat und der Kommission zur Billigung einer nicht bindenden Vereinbarung zwischen der Union und einem Drittstaat sowie zur Ermächtigung zur Unterzeichnung der Vereinbarung sowie die in diesem Kontext geltenden Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit ergeben. Insbesondere rügt der Rat, dass die Kommission vor Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 nicht die Genehmigung des Rates eingeholt habe, da dieser die Kommission lediglich zur Aushandlung des Nachtrags ermächtigt habe. Dadurch habe sich die Kommission selbst für zuständig befunden, über die Politik der Union zu entscheiden, und habe außerdem die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten missachtet.

    Unionsrecht

    Vertrag über die Europäische Union

    6.

    Art. 4 Abs. 1 EUV verweist auf den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 EUV. Gemäß Art. 5 Abs. 2 wird die Union „nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten“.

    7.

    Nach dem in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit „achten und unterstützen sich die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus den Verträgen ergeben“; „[d]ie Mitgliedstaaten ergreifen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben“ und „unterstützen die Union bei der Erfüllung ihrer Aufgabe und unterlassen alle Maßnahmen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten“.

    8.

    Art. 13 Abs. 2 EUV bestimmt: „Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen, die in den Verträgen festgelegt sind. Die Organe arbeiten loyal zusammen.“

    9.

    Art. 15 Abs. 1 EUV sieht vor: „Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest.“

    10.

    Art. 16 Abs. 1 EUV lautet: „Der Rat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der Politik und die Koordinierung nach Maßgabe der Verträge.“ Nach Art. 16 Abs. 3 EUV beschließt der Rat, soweit in den Verträgen nichts anderes festgelegt ist, mit qualifizierter Mehrheit. Art. 16 Abs. 6 Unterabs. 3 EUV bestimmt: „Als Rat ‚Auswärtige Angelegenheiten‘ gestaltet er das auswärtige Handeln der Union entsprechend den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und sorgt für die Kohärenz des Handelns der Union.“

    11.

    Nach Art. 17 Abs. 1 EUV „[fördert d]ie Kommission … die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck[,] sorgt für die Anwendung der Verträge sowie der von den Organen kraft der Verträge erlassenen Maßnahmen[,] überwacht die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union [und] übt nach Maßgabe der Verträge Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen aus“. Außer in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und den übrigen in den Verträgen vorgesehenen Fällen „nimmt sie [ferner] die Vertretung der Union nach außen wahr“.

    12.

    Die Art. 21 EUV und 22 EUV enthalten die allgemeinen Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union (Titel V Kapitel 1 des EU-Vertrags). In Art. 21 Abs. 1 EUV sind die Grundsätze bezeichnet, von denen sich die Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene leiten lässt. Nach Art. 21 Abs. 3 Unterabs. 2 EUV achtet die Union auf die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns sowie zwischen diesen und ihren übrigen Politikbereichen. Der Rat und die Kommission stellen diese Kohärenz sicher und arbeiten zu diesem Zweck zusammen. Gemäß Art. 22 Abs. 1 EUV legt der Europäische Rat auf der Grundlage der in Art. 21 EUV aufgeführten Grundsätze und Ziele die strategischen Interessen und Ziele der Union fest. Die insoweit erlassenen Beschlüsse des Europäischen Rates erstrecken sich auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie auf andere Bereiche des auswärtigen Handelns der Union und werden nach Maßgabe der in den Verträgen vorgesehenen Verfahren durchgeführt.

    Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    13.

    Nach seinem Art. 1 Abs. 1 „regelt [der AEU-Vertrag] die Arbeitsweise der Union und legt die Bereiche, die Abgrenzung und die Einzelheiten der Ausübung ihrer Zuständigkeiten fest“.

    14.

    In Art. 2 Abs. 1 AEUV sind die Rechtsfolgen genannt, die sich ergeben, wenn die Union für einen bestimmten Bereich ausschließlich zuständig ist: „[N]ur die Union [kann] gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen; die Mitgliedstaaten dürfen in einem solchen Fall nur tätig werden, wenn sie von der Union hierzu ermächtigt werden, oder um Rechtsakte der Union durchzuführen.“

    15.

    Ist die Zuständigkeit für einen bestimmten Bereich geteilt, sieht Art. 2 Abs. 2 AEUV vor, dass „die Union und die Mitgliedstaaten in diesem Bereich gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen [können]. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeit wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat[, und] nehmen ihre Zuständigkeit erneut wahr, sofern und soweit die Union entschieden hat, ihre Zuständigkeit nicht mehr auszuüben“.

    16.

    Art. 2 Abs. 6 AEUV bestimmt: „Der Umfang der Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung ergeben sich aus den Bestimmungen der Verträge zu den einzelnen Bereichen.“

    17.

    Art. 7 AEUV (in Titel II „Allgemein geltende Bestimmungen“) sieht vor: „Die Union achtet auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen und trägt dabei unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung ihren Zielen in ihrer Gesamtheit Rechnung.“

    18.

    Art. 205 AEUV lautet: „Das Handeln der Union auf internationaler Ebene im Rahmen dieses Teils[ ( 3 ) ] wird von den Grundsätzen bestimmt, von den Zielen geleitet und an den allgemeinen Bestimmungen ausgerichtet, die in Titel V Kapitel 1 des [EU-Vertrags] niedergelegt sind.“ ( 4 )

    19.

    Im zum Fünften Teil Titel V („Internationale Übereinkünfte“) gehörenden Art. 216 AEUV heißt es:

    „(1)   Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen eine Übereinkunft schließen, wenn dies in den Verträgen vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte.

    (2)   Die von der Union geschlossenen Übereinkünfte binden die Organe der Union und die Mitgliedstaaten.“

    20.

    In Art. 218 AEUV ist das Verfahren für die Aushandlung und den Abschluss solcher Übereinkünfte geregelt ( 5 ). Der Rat „erteilt eine Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen, legt Verhandlungsrichtlinien fest, genehmigt die Unterzeichnung und schließt die Übereinkünfte“ (Art. 218 Abs. 2 AEUV). Insbesondere erlässt der Rat auf Vorschlag des Verhandlungsführers „einen Beschluss, mit dem die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten genehmigt werden“ (Art. 218 Abs. 5 AEUV) sowie „einen Beschluss über den Abschluss der Übereinkunft“ (Art. 218 Abs. 6 AEUV).

    21.

    Nach Art. 263 Abs. 1 AEUV überwacht der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit insbesondere „der Gesetzgebungsakte sowie der Handlungen der … Kommission …, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der Handlungen des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten“. Gemäß Abs. 2 der Bestimmung ist der Gerichtshof zu diesem Zweck „für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verträge oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt“.

    22.

    Ist eine solche Klage begründet, hat der Gerichtshof nach Art. 264 AEUV die angefochtene Handlung für nichtig zu erklären. Art. 264 Abs. 2 AEUV bestimmt: „Erklärt der Gerichtshof eine Handlung für nichtig, so bezeichnet er, falls er dies für notwendig hält, diejenigen ihrer Wirkungen, die als fortgeltend zu betrachten sind.“

    23.

    Nach Art. 278 AEUV haben Klagen beim Gerichtshof zwar keine aufschiebende Wirkung, jedoch kann der Gerichtshof, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen.

    24.

    Art. 279 AEUV sieht vor, dass der Gerichtshof „in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen [kann]“.

    Vorgeschichte des angefochtenen Beschlusses

    Vereinbarung von 2006

    25.

    Die Schweiz hat aufgrund einer Reihe bilateraler Abkommen Zugang zum Binnenmarkt. Die zweite Verhandlungsrunde über diese Abkommen fiel mit der Erweiterung der Union im Jahr 2004 zusammen.

    26.

    In ihrer Sitzung vom 10. März 2003 prüfte die Arbeitsgruppe über die Europäische Freihandelsassoziation (im Folgenden: Gruppe „EFTA“) – ein Beratungsgremium des Rates – im Hinblick auf die geplanten Verhandlungen mit der Schweiz eine Empfehlung der Kommission für einen Beschluss des Rates, mit dem die Kommission ermächtigt werden sollte, Verhandlungen über die Anpassung mehrerer gemischter Abkommen im Hinblick auf die Erweiterung einzuleiten. Die Empfehlung betraf auch die Aushandlung einer Übereinkunft über einen finanziellen Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion der Union. Diese Übereinkunft wurde zur Vereinbarung von 2006.

    27.

    Am 24. März 2003 kam die Gruppe „EFTA“ überein, dem Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (AStV) zu empfehlen, den Rat und gegebenenfalls die Vertreter der Regierungen der im Rat vereinigten Mitgliedstaaten (im Folgenden: im Rat vereinigte Mitgliedstaaten) ( 6 ) zum Erlass eines Beschlussentwurfs aufzufordern, mit dem die Kommission ermächtigt wird, im Namen der (damaligen) Europäischen Gemeinschaft und deren Mitgliedstaaten u. a. eine Übereinkunft mit der Schweiz über einen finanziellen Beitrag zum finanziellen und sozialen Zusammenhalt der erweiterten Union auszuhandeln. Im Beschlussentwurf heißt es, dass die Kommission „diese Verhandlungen nach Maßgabe der beiliegenden Verhandlungsrichtlinien und im Benehmen mit der Gruppe ‚EFTA‘ führen [wird]“. Diese Verhandlungsrichtlinien umfassten den Hinweis, dass „[die Schweiz a]ls Gegenleistung für den freien Zugang zum erweiterten Binnenmarkt … in einer mit Island, Liechtenstein und Norwegen vergleichbaren Weise einen finanziellen Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion in der erweiterten [Union] leistet“ und dass „[d]er besonderen Situation der Schweiz … Rechnung getragen [wird]“. Weder im Beschlussentwurf noch in den Verhandlungsrichtlinien war bestimmt, wer den aus den Verhandlungen hervorgehenden Text unterzeichnen sollte. In den Verhandlungsrichtlinien hieß es – vielleicht etwas optimistisch – dass das Abkommen rechtzeitig vor der Erweiterung im Jahr 2004 ausgehandelt wird.

    28.

    Im April 2003 ermächtigte der Rat die Kommission, Verhandlungen mit der Schweiz zu führen.

    29.

    Beim Gipfeltreffen EU/Schweiz vom 19. Mai 2004 begrüßte die Union das Angebot der Schweiz, einen Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion in der erweiterten Union zu leisten. In einem Dokument des AStV, das der Klage des Rates im vorliegenden Verfahren als Anhang beigefügt ist, wird dieser Beitrag als Teil eines Gesamtkompromisses akzeptiert, der zum Abschluss der großen Verhandlungsrunde über neun Sektorabkommen führt.

    30.

    In der Zeit von November 2004 bis Mai 2005 handelten die Union und die Schweiz die (dem angefochtenen Beschluss im Wortlaut beigefügte) Vereinbarung von 2006 aus, die acht „Leitlinien“ umfasst.

    31.

    Gemäß der ersten Leitlinie sollte der schweizerische Bundesrat mit den betreffenden Mitgliedstaaten Abkommen über die Modalitäten eines schweizerischen Finanzbeitrags in Höhe von 1 Mrd. Schweizer Franken aushandeln, der für einen Zeitraum von fünf Jahren ab der Genehmigung der entsprechenden Mittel durch das schweizerische Parlament bereitgestellt wird. Der Schlüssel für die Aufteilung dieser Mittel zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten findet sich in der zweiten Leitlinie, in der außerdem ausgeführt wird, dass aus dem schweizerischen Finanzbeitrag regionale und nationale Projekte und Programme sowie Projekte und Programme finanziert werden können, an denen mehrere Empfängerstaaten beteiligt sind. Die dritte Leitlinie betrifft eine Überprüfung nach zwei und nach vier Jahren. In der vierten Leitlinie sind Finanzierungsleitlinien und ‑bereiche festgelegt. In der fünften Leitlinie („Unterrichtung und Abstimmung“) geht es um das Zusammenwirken des Bundesrats und der Kommission bei der Umsetzung des schweizerischen Finanzbeitrags. Außerdem heißt es dort, dass Projekte und Programme gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten durchgeführt und dass diese Projekte und Programme durch andere (damals) Gemeinschaftsinstrumente finanziert werden können. Gemäß der sechsten Leitlinie sollte der Bundesrat Projekte und Programme im Einvernehmen mit den Empfängermitgliedstaaten auswählen. Die siebte Leitlinie betrifft die Durchführung der Projekte und Programme. Nach der Leitlinie 7 Buchst. b wird der schweizerische Finanzbeitrag in Form von Zuschüssen oder von Finanzierungsinstrumenten mit Vorzugsbedingungen geleistet und ist nicht an die Schweiz rückzahlbar. Schließlich sieht die achte Leitlinie („Umsetzung des schweizerischen Beitrags“) vor, dass der schweizerische Bundesrat der schweizerischen Bundesversammlung den Vorschlag unterbreitet, Mittel in Höhe von 1 Mrd. Schweizer Franken für die Umsetzung des schweizerischen Finanzbeitrags (ab 2006) zu genehmigen und dass die mit den Mitgliedstaaten auszuhandelnden Abkommen im Einklang mit den in der Vereinbarung von 2006 festgelegten Leitlinien entsprechen müssen. In einer Anlage ( 7 ) zur Vereinbarung von 2006 ist der Inhalt dieser bilateralen Rahmenabkommen allgemein beschrieben.

    32.

    In seiner Klageschrift erklärt der Rat, beide Parteien seien sich einig gewesen, dass die Vereinbarung von 2006 (wegen in der Schweiz geltender interner Beschränkungen) lediglich politische, nicht bindende Zusagen enthalten werde und dass diese Absicht in Form und Wortlaut der Vereinbarung zum Ausdruck kommen solle. Die Kommission bestätigt, sie habe aus ihrer Sicht eine rechtlich nicht bindende Vereinbarung abschließen wollen.

    33.

    Am 20. Oktober 2005 legte die Kommission einen Vorschlag vor für einen Beschluss des Rates zur Genehmigung des Abschlusses der Vereinbarung von 2006 im Namen der (damaligen) Europäischen Gemeinschaft gestützt auf Art. 159 Abs. 3 EG und Art. 300 Abs. 2 und 3 EG (betreffend den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt bzw. den Abschluss internationaler Abkommen). Am 8. Februar 2006 einigte sich der AStV nach Verhandlungen mit der Gruppe „EFTA“ auf Form und Inhalt des zu unterzeichnenden Textes.

    34.

    Am 14. Februar 2006 forderte der AStV den Rat auf, den Wortlaut der Schlussfolgerungen des Rates und der Vertreter der Regierungen der im Rat vereinigten Mitgliedstaaten (im Folgenden: im Rat vereinigte Mitgliedstaaten) zu genehmigen. Diese Schlussfolgerungen bezogen sich auf das Angebot der Schweiz vom 19. Mai 2004, riefen die betroffenen Mitgliedstaaten dazu auf, im Licht bestimmter Leitlinien Abkommen mit der Schweiz über die „Modalitäten“ des schweizerischen Finanzbeitrags abzuschließen, beauftragten den Präsidenten des Rates mit der Unterzeichnung der Vereinbarung von 2006, und ermächtigten die Kommission, im Rahmen der bilateralen Abkommen und der Vereinbarung von 2006 Informations-, Koordinierungs- und Follow-up-Aufgaben wahrzunehmen. In den Schlussfolgerungen hieß es, dass sich die Kommission mit diesen Aufgaben einverstanden erklärt habe und die Übereinkunft auch selbst durch Unterzeichnung der Vereinbarung von 2006 bekräftigen wolle. Der Rat trägt vor, dass die Vereinbarung von 2006 damals als im Bereich der zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit liegend angesehen wurde.

    35.

    Am 27. Februar 2006 wurde die Vereinbarung von 2006 „Für den Schweizerischen Bundesrat“, „Für den Vorsitz des Rates der Europäischen Union“ und „Für die Europäische Kommission“ ordnungsgemäß unterzeichnet ( 8 ).

    Nachtrag von 2008

    36.

    Am 20. Dezember 2006 nahmen der Rat und die im Rat vereinigten Mitgliedstaaten Schlussfolgerungen an, mit denen der Präsident des Rates und die Kommission mit der Aushandlung des Nachtrags von 2008 beauftragt wurden. Gemäß Nr. 3 dieser Schlussfolgerungen wird dem Präsidenten des Rates die Aufgabe übertragen, mit Unterstützung der Kommission die notwendigen Kontakte zum schweizerischen Bundesrat aufzunehmen, damit die Vereinbarung von 2006 so bald wie möglich angepasst wird.

    37.

    Am 14. Mai 2008 wurden durch weitere Schlussfolgerungen der Präsident des Rates mit der Unterzeichnung des Nachtrags von 2008 beauftragt und der Kommission ähnliche Aufgaben wie durch die Vereinbarung von 2006 übertragen. Der Nachtrag von 2008 sollte ebenfalls rechtlich nicht bindend sein – er enthielt lediglich politische Zusagen. Aus den gleichen Gründen, aus denen die Kommission die Vereinbarung von 2006 unterzeichnet hatte, sollte sie auch den Nachtrag von 2008 unterzeichnen.

    38.

    Am 25. Juni 2008 wurde der Nachtrag von 2008 „Für den Schweizerischen Bundesrat“, „Für den Vorsitz des Rates der Europäischen Union“ und „Für die Europäische Union“ unterzeichnet.

    Nachtrag von 2013 und angefochtener Beschluss

    39.

    Am 20. Dezember 2012 nahmen der Rat und die im Rat vereinigten Mitgliedstaaten erneut Schlussfolgerungen an, mit denen die Kommission beauftragt wurde, in enger Zusammenarbeit mit dem Ratsvorsitz die notwendigen Verhandlungen über die Anpassung des Finanzbeitrags der Schweiz zum Beitritt Kroatiens aufzunehmen (im Folgenden: Schlussfolgerungen von 2012). Die Kommission wurde ersucht, sich regelmäßig mit der Gruppe „EFTA“ zu den Fortschritten bei den Gesprächen zu beraten.

    40.

    Am 17. Dezember 2012 erarbeitete die Kommission eine in das Protokoll des AStV aufzunehmende Erklärung mit folgendem Wortlaut:

    „Die Schlussfolgerungen über einen schweizerischen Finanzbeitrag zugunsten von Kroatien stellen eine politische Entscheidung im Rahmen des Artikels 16 [EUV] dar. In Artikel 16 werden dem Rat Befugnisse zur Festlegung der Politik übertragen. Die Schlussfolgerungen sind folglich als politische Entscheidung des Rates und nicht der Mitgliedstaaten zu verstehen.

    Die Kommission nimmt die politische Entscheidung des Rates zur Kenntnis und wird auf dieser Grundlage das Ersuchen, im Namen der [Union] Beratungen mit der Schweiz aufzunehmen, akzeptieren. Die Kommission erinnert in diesem Zusammenhang an ihre Position in den beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen[ ( 9 ) ] C‑28/12 und C‑114/12.“ ( 10 )

    41.

    Nachdem der Europäische Auswärtige Dienst (EAD), der die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik unterstützt, die Gruppe „EFTA“ über den erfolgreichen Abschluss der Gespräche mit der Schweiz informiert hatte, kündigten die Mitglieder der Gruppe „EFTA“ an, sie würden die Ergebnisse an ihre jeweiligen Hauptstädte zur Überprüfung übermitteln. Im August 2013 fanden keinerlei Sitzungen der Gruppe statt. Nach Angaben des Rates verwendeten die schweizerischen Verhandlungsführer im informellen E-Mail-Verkehr eine Fassung des Nachtrags, in der als einer der Unterzeichner der Präsident des Rates vorgesehen gewesen sei.

    42.

    Am 3. Oktober 2013 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss, mit dem der Nachtrag von 2013 gebilligt wurde sowie die für Außenbeziehungen zuständige Vizepräsidentin (d. h. die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik) und das für Regionalpolitik zuständige Mitglied der Kommission zur Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 im Namen der Union ermächtigt wurden. Die Kommission ersuchte zuvor nicht um die Genehmigung des Rates und der im Rat vereinigten Mitgliedstaaten. Im angefochtenen Beschluss ist Art. 17 EUV als Rechtsgrundlage angeführt. Am Tag des Erlasses wurde der Beschluss dem Rat informell angezeigt und den schweizerischen Behörden übermittelt.

    43.

    Der angefochtene Beschluss umfasst acht Erwägungsgründe, einen einzigen Artikel sowie einen Anhang, der den Nachtrag von 2013 enthält.

    44.

    Soweit hier von Belang wird im zweiten Erwägungsgrund auf den Standpunkt des Rates (in den Schlussfolgerungen von 2012) verwiesen, mit der Schweiz über einen finanziellen Beitrag für Kroatien zu verhandeln und die Kommission aufzufordern, die erforderlichen Gespräche aufzunehmen. Im dritten Erwägungsgrund wird die (in das Protokoll des AStV aufzunehmende) Erklärung der Kommission angesprochen, der zufolge die Schlussfolgerungen von 2012 als eine politische Entscheidung des Rates nach Art. 16 EUV zu verstehen sei und die Kommission auf dieser Grundlage der Aufforderung nachkommen werde, im Namen der Union Gespräche mit der Schweiz aufzunehmen. Gemäß dem fünften Erwägungsgrund beruht der vorgeschlagene Nachtrag auf dem in den Schlussfolgerungen von 2012 dargelegten Standpunkt der Union, wobei sich diese Schlussfolgerungen ihrerseits auf die Vereinbarung von 2006 und den Nachtrag von 2008 stützen. Dieser Standpunkt bringt die ausdrückliche Unterstützung des Wunsches Kroatiens nach einem schweizerischen Finanzbeitrag zum Ausdruck. Im sechsten Erwägungsgrund heißt es, dass im Einklang mit dem Standpunkt der Union der vorgeschlagene Nachtrag das politische Engagement der Schweiz widerspiegele, mit Kroatien ein Abkommen über einen schweizerischen finanziellen Beitrag auszuhandeln, der auf derselben Grundlage wie für die bisherigen Empfängerstaaten beruhe und der im Verhältnis zum ursprünglichen schweizerischen Finanzbeitrag berechnet werde. Im siebten Erwägungsgrund wird erklärt, dass der vorgeschlagene Nachtrag keine finanziellen Auswirkungen auf den EU-Haushalt habe. Gemäß dem achten Erwägungsgrund „[schafft d]er vorgeschlagene Nachtrag … für keine der beiden Seiten verbindliche oder rechtliche Verpflichtungen nach innerstaatlichem oder internationalen Recht und dient auch nicht diesem Zweck“.

    45.

    Der einzige Artikel des angefochtenen Beschlusses besagt, dass die Kommission den Nachtrag von 2013 billigt und die für die Außenbeziehungen zuständige Vizepräsidentin in ihrer Eigenschaft als Vizepräsidentin der Kommission und das für Regionalpolitik zuständige Mitglied der Kommission ermächtigt, den Nachtrag im Namen der Union zu unterzeichnen.

    46.

    Der Nachtrag von 2013 sieht die Unterzeichnung „Für die Europäische Union“ durch die genannten Mitglieder der Kommission sowie „Für die Schweizerische Eidgenossenschaft“ durch den schweizerischen Bundesrat vor. Er umfasst einen Einleitungssatz und drei Nummern.

    47.

    In Nr. 1 erklärt sich der schweizerische Bundesrat bereit, mit Kroatien ein Abkommen über die Modalitäten eines schweizerischen Beitrags in Höhe von 45 Mio. Schweizer Franken (zusätzlich zu dem Beitrag nach der ersten Leitlinie der Vereinbarung von 2006) für einen Zeitraum von fünf Jahren ab der Genehmigung dieser Mittel durch das schweizerische Parlament auszuhandeln. Außerdem beabsichtigt der schweizerische Bundesrat, den Beitrag bis zum 31. Mai 2017 zu binden ( 11 ). Nach Nr. 2 („Durchführung des zusätzlichen schweizerischen Beitrags“) erklärt sich der schweizerische Bundesrat bereit, den Vorschlag zu unterbreiten, dass das schweizerische Parlament diese zusätzlichen Mittel in Höhe von 45 Mio. Schweizer Franken ab 2014 genehmigt. Gemäß Nr. 3 gelten die anderen in der Vereinbarung von 2006 und ihrem Anhang dargelegten Leitlinien sinngemäß.

    48.

    Die Kommission bringt vor, dass sie in Sitzungen der Gruppe „EFTA“ vom 15. und 23. Oktober 2013 weitere Informationen zur Verfügung gestellt und ihren Standpunkt bekräftigt habe. Der Rechtsdienst des Rates und die Mitgliedstaaten erhoben Einwände gegen das Vorgehen der Kommission, insbesondere wegen deren Versäumnis, die Genehmigung des Rates zu den Ergebnissen der Gespräche einzuholen, und wegen der Missachtung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten. Infolgedessen übermittelte der Vorsitz dem Rat und den im Rat vereinigten Mitgliedstaaten einen Entwurf von Schlussfolgerungen, denen zufolge sie die Ergebnisse der Gespräche auf der Tagung des Rates vom 19. November 2013 (dieser Termin sei der Kommission bekannt gewesen) genehmigen würden. Der Rat trägt vor, der EAD habe auf der Tagung vom 23. Oktober 2013 die Ablehnung dieser Schlussfolgerungen durch die Kommission zum Ausdruck gebracht.

    49.

    In ihrer Sitzung vom 31. Oktober 2013 beschloss die Gruppe „EFTA“, einen Entwurf von Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Mitgliedstaaten zu erarbeiten und dem Rat zu übermitteln, wonach der Nachtrag von 2013 vom schweizerischen Bundesrat, vom Vorsitz des Rates und von der Kommission unterzeichnet werden müsse und die Kommission dieselbe Funktion wahrnehme wie in der Vereinbarung von 2006 und dem Nachtrag von 2008 vorgesehen. In einer am Vortag durchgeführten Sitzung teilten Vertreter des EAD dem Vorsitz des Rates mit, dass die Kommission die Zurückweisung des in diesen Schlussfolgerungen aufgeführten Auftrags beabsichtige.

    50.

    Am 7. November 2013 unterzeichnete das für Regionalpolitik zuständige Mitglied der Kommission den Nachtrag von 2013 im Namen der Union. Der Kommissar stützte sich dabei auf den angefochtenen Beschluss, ohne dass eine vorherige Genehmigung des Rates vorgelegen hätte. Am darauffolgenden Tag übersandte er den unterzeichneten Nachtrag von 2013 mit einem Anschreiben an die schweizerischen Behörden.

    51.

    Am 19. November 2013 nahmen der Rat und die im Rat vereinigten Mitgliedstaaten einen Standpunkt zum angefochtenen Beschluss an, nachdem sie vom Rechtsdienst des Rates ein schriftliches Gutachten zu dem Verfahren erhalten hatten, das einzuhalten sei, wenn mit Drittländern und internationalen Organisationen Übereinkünfte geschlossen würden, die rechtlich nicht bindend sein sollten, sondern politische Zusagen der Union enthielten. Am 9. Dezember 2013 nahm der Rat einen Standpunkt an, in dem er seine Missbilligung der Art und Weise zum Ausdruck brachte, in der die Kommission im vorliegenden und in anderen ähnlichen Fällen vorgegangen sei.

    52.

    Am 30. Juni 2015 schlossen die Schweiz und Kroatien ein bilaterales Rahmenabkommen über die Durchführung des schweizerischen-kroatischen Kooperationsprogramms zum Abbau der wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede innerhalb der erweiterten Union.

    Rügen und Verfahren

    53.

    Die Klage des Rates auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses stützt sich auf Art. 263 AEUV und umfasst zwei Klagegründe. Erstens habe die Kommission durch Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen den Grundsatz der Aufteilung der Befugnisse nach Art. 13 Abs. 2 EUV und damit gegen den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts verstoßen. Zweitens verletze das Vorgehen der Kommission, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses und zur Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 geführt habe ( 12 ), den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Art. 13 Abs. 2 EUV. Obwohl der Rat also die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses begehrt, beantragt er, anzuordnen, dass die Wirkungen des Beschlusses aufrechterhalten werden, bis dieser ersetzt worden ist. Des Weiteren beantragt der Rat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    54.

    Die Kommission beantragt, die Klage abzuweisen. Sie macht geltend, dass der angefochtene Beschluss den Grenzen der durch die Verträge übertragenen Befugnisse in vollem Umfang Rechnung trage und dass sie in völligem Einklang mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gehandelt habe. Die Kommission beantragt ferner, dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

    55.

    Gemäß Art. 60 Abs. 1 der Verfahrensordnung hat der Rat die Verweisung der Rechtssache an die Große Kammer beantragt.

    56.

    Neben dem wesentlichen Vorbringen des Rates und der Kommission sind die deutsche, die finnische, die französische, die griechische, die litauische, die polnische, die tschechische, die ungarische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs als Streithelfer zugelassen worden und haben schriftliche Erklärungen eingereicht. In der Sitzung vom 2. Juni 2015 haben die Parteien und die genannten Streithelfer mit Ausnahme der finnischen, der litauischen, der polnischen und der ungarischen Regierung mündlich verhandelt. Alle Streithelfer unterstützen den Klageantrag des Rates.

    Würdigung

    Zulässigkeit

    57.

    Meiner Ansicht nach stellt sich die Vorfrage, welche Handlungen der Überwachung nach Art. 263 AEUV unterliegen. Offenkundig handelt es sich bei dem angefochtenen Beschluss um eine Handlung der Kommission ( 13 ), auch wenn mittlerweile nicht mehr klar erkennbar sein mag, was genau dieses Tatbestandsmerkmal des Art. 263 AEUV umfasst ( 14 ). Weniger unmittelbar offensichtlich ist aber wohl, ob der Beschluss eine Handlung mit Rechtswirkung gegenüber Dritten ist.

    58.

    Gegen die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage des Rates ist keine Einrede erhoben worden. Der Gerichtshof ist dennoch befugt, von Amts wegen zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss nach Art. 263 AEUV anfechtbar ist, da diese Frage in seinen Zuständigkeitsbereich fällt ( 15 ); er kann jedoch seine Entscheidung nicht auf einen von Amts wegen geprüften Gesichtspunkt stützen, ohne die Beteiligten zuvor aufgefordert zu haben, sich zu diesem Gesichtspunkt zu äußern ( 16 ). Im Übrigen geht die Zulässigkeitsprüfung der Prüfung der Begründetheit der einzelnen Klagegründe logisch voraus ( 17 ).

    59.

    Keine der beiden Parteien begründet in ihren Schriftsätzen, weshalb der angefochtene Beschluss ihrer Meinung nach die Voraussetzungen des Art. 263 AEUV erfüllt (bzw. nicht erfüllt). Auf Fragen des Gerichtshofs haben sich jedoch beide Parteien in der mündlichen Verhandlung dazu geäußert, inwieweit der Nachtrag von 2013 trotz seines nicht bindenden Charakters Rechtswirkungen oder ‑folgen haben könnte. Diese Fragen sind selbstverständlich nicht nur für die Problematik von Bedeutung, ob die Regelungen des Art. 218 AEUV Anwendung finden, sondern auch im Hinblick auf den Umstand, dass ausschließlich Handlungen mit Rechtswirkung gegenüber Dritten der Überwachung nach Art. 263 AEUV unterliegen. Ich bin somit der Ansicht, dass den Parteien hinreichend Gelegenheit gegeben wurde, sich zu äußern. Dem Gerichtshof ist es daher nicht verwehrt, diese Zulässigkeitsfrage von Amts wegen zu prüfen.

    60.

    Nach Art. 263 AEUV überwacht der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Kommission (soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt) mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Eine solche Überwachung muss bei allen Handlungen der Unionsorgane – vorausgesetzt, sie sollen Rechtswirkungen entfalten – unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder ihrer Form gegeben sein ( 18 ). Mithin bedeutet die Kennzeichnung einer Handlung als „politisch“ – vorausgesetzt, dass sie Rechtswirkung entfaltet – nicht unbedingt, dass sie außerhalb des Geltungsbereichs von Art. 263 AEUV liegt. Das Gleiche gilt, wenn es in den Verträgen keine besonderen Bestimmungen über den Erlass bestimmter Rechtsakte gibt ( 19 ).

    61.

    In Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit von Handlungen angefochten wird, die in Wahrnehmung der Zuständigkeit der Union in internationalen Angelegenheiten erfolgen, scheint der Gerichtshof die Wirkungen der Handlung anhand anderer Kriterien zu beurteilen. So kann eine angefochtene Handlung insbesondere aufgrund ihres Inhalts und der vom Handelnden verfolgten Absicht Rechtswirkung entfalten ( 20 ). Solche Wirkungen können in den Beziehungen der Unionsorgane zueinander und in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den Unionsorganen eintreten ( 21 ). Die Handlung kann aber auch zum Ziel haben, der Union die Teilnahme an auswärtigem Handeln mit Rechtswirkungen zu ermöglichen, deren Folgen für die Organe, die Mitgliedstaaten und das Unionsrecht geprüft werden müssen ( 22 ). So wurde eine Klage auf Nichtigerklärung einer Handlung zum Abschluss einer internationalen Übereinkunft als zulässig angesehen, weil die Übereinkunft Rechtswirkungen erzeugen sollte ( 23 ); ebenso lautete die Entscheidung im Fall eines Beschlusses, mit dem der Rat der Kommission ein genaues und detailliertes Verfahren zur Aushandlung einer internationalen Übereinkunft vorschreiben wollte ( 24 ). Obwohl die Empfehlungen der Internationalen Organisation für Rebe und Wein nicht zu den nach Art. 263 AEUV zulässigerweise anfechtbaren Handlungen gehören und völkerrechtlich nicht bindend sind, wurden sie als „geeignet [angesehen], den Inhalt der vom Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Marktorganisation für Wein erlassenen Regelung maßgeblich zu beeinflussen“, und zwar insbesondere aufgrund ihrer Übernahme in das Unionsrecht ( 25 ).

    62.

    Ein weiterer Lösungsweg ist offenbar eine Prüfung des Wesens der angefochtenen Handlung in Verbindung mit dem jeweils angeführten Klagegrund. Klagen nach Art. 263 AEUV können u. a. wegen Unzuständigkeit erhoben werden. Unabhängig davon, ob eine Handlung als solche Rechtswirkungen entfaltet, führt der Umstand, dass ein Organ die Handlung vorgenommen hat, obwohl die Verträge die entsprechende Handlungsbefugnis einem anderen Organ zuweisen, dazu, dass der Erlass des Beschlusses Rechtswirkung (durch Anmaßung der dem zweiten Organ zustehenden Befugnisse) entfaltet. Im vorliegenden Fall käme man bei diesem Lösungsweg zu dem Ergebnis, dass die Kommission einen Beschluss erlassen hat, obwohl, wie mit dem Klagegrund der Sache nach gerügt wird, die Verträge vorsehen, dass der Beschluss in den Zuständigkeitsbereich des Rates fällt, und dass die angefochtene Handlung der Kommission deshalb Rechtswirkungen im Sinne von Art. 263 AEUV entfaltet.

    63.

    Zu diesem Ergebnis kann man auch hier gelangen, wenn man die Auswirkungen des angefochtenen Beschlusses selbst, einschließlich seines Zwecks, betrachtet.

    64.

    Der angefochtene Beschluss ist eine Handlung, mit der die Kommission ein auswärtiges Handeln der Union in Form einer nicht bindenden internationalen Übereinkunft mit einem Drittstaat gebilligt und die Ermächtigung zur Unterzeichnung der Übereinkunft erteilt hat. Die Union (durch die durch den angefochtenen Beschluss entsprechend ermächtigten Unterzeichner) wurde anschließend durch Unterzeichnung der Übereinkunft im auswärtigen Bereich tätig und erteilte damit ihre Zustimmung.

    65.

    Hätte es sich beim Nachtrag von 2013 um eine internationale Übereinkunft im Sinne von Art. 218 AEUV gehandelt (d. h. um eine „von Völkerrechtssubjekten eingegangene bindende Verpflichtung …, ungeachtet ihrer formellen Qualifizierung“ ( 26 )), würde sich die Klage des Rates eindeutig gegen eine Rechtswirkung entfaltende Handlung richten. Der angefochtene Beschluss hätte auf internationaler Ebene die Zustimmung der Union zum Ausdruck gebracht, durch die Übereinkunft völkerrechtlich gebunden zu sein ( 27 ). Eine solche Handlung begründet Verpflichtungen und entfaltet somit Rechtswirkung ( 28 ). Umgekehrt hat der Gerichtshof im Urteil Frankreich/Kommission ausgeführt, dass in Fällen, in denen ein internationales Abkommen Rechtswirkungen erzeugen solle, die Handlung, durch die die Kommission das Abkommen schließen wolle, anfechtbar sein müsse ( 29 ). Außerdem wären dann nach Art. 218 Abs. 2 und 6 AEUV die Zustimmung zum Inhalt und die Genehmigung der Unterzeichnung zweifelsfrei Sache des Rates und nicht der Kommission gewesen.

    66.

    Eine solche Übereinkunft ist der Nachtrag von 2013 indessen unstreitig nicht. Sowohl völker- als auch unionsrechtlich kommt es für die Bindungswirkung einer Übereinkunft vor allem auf den Willen der Parteien an, durch sie völkerrechtlich gebunden zu sein ( 30 ). Dieser Wille ist insbesondere anhand des Wortlauts der Übereinkunft sowie der Umstände zu ermitteln, unter denen sie abgefasst wurde ( 31 ). Bezeichnung und Form der Übereinkunft sind hingegen für die Beantwortung der Frage, ob eine internationale Übereinkunft bindend ist, nicht ausschlaggebend ( 32 ).

    67.

    Im vorliegenden Fall sind die Vereinbarung von 2006 und der Nachtrag von 2013 Ausdruck der aufgrund der Verhandlungen zwischen der Union und der Schweiz erzielten Willensübereinstimmung betreffend die politische Zusage der Schweiz, mit Kroatien ein Abkommen über die Modalitäten eines schweizerischen Finanzbeitrags auszuhandeln. Ob diese Zusage nun einseitig oder gegenseitig erfolgte, ändert als solches nichts an ihrem rechtlich nicht bindenden Charakter. Im Nachtrag von 2013 heißt es wörtlich, dass die Schweiz „beabsichtigt, den Beitrag bis zum 31. Mai 2017 … zu binden“. Außerdem „akzeptiert der schweizerische Bundesrat, mit … Kroatien ein Abkommen auszuhandeln“ und „akzeptiert …, den Vorschlag zu unterbreiten, dass das schweizerische Parlament zusätzliche Mittel … genehmigt“. Die anderen in der Vereinbarung von 2006 und ihrem Anhang dargelegten Leitlinien gelten auch für die Vereinbarung über den schweizerischen Finanzbeitrag für Kroatien ( 33 ). Die Vereinbarung zwischen der Schweiz und der Union besteht also aus „Leitlinien“, und die Zusagen der Schweiz sind als Absichtserklärungen und nicht unter Verwendung von Begriffen (etwa „muss“, „hat zu …“, „ist verpflichtet“) formuliert, die obligatorische und zwingende Verpflichtungen zum Ausdruck bringen. Zudem enthält weder der Nachtrag von 2013 noch die Vereinbarung von 2006 Klauseln über z. B. das Inkrafttreten, die Ratifizierung, die Registrierung oder die Hinterlegung an anderer Stelle oder die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über die Vereinbarung bzw. den Nachtrag. Diese Erwägungen weisen zusammengenommen deutlich darauf hin, dass kein Wille bestand, durch den Nachtrag von 2013 gebunden zu werden.

    68.

    Auch die Begleitumstände der Vereinbarung über den Nachtrag von 2013 sprechen für dieses Ergebnis. Im achten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses heißt es, dass der Nachtrag von 2013 „für keine der beiden Seiten verbindliche oder rechtliche Verpflichtungen nach innerstaatlichem oder internationalen Recht [schafft] und … auch nicht diesem Zweck [dient]“. Die vom schweizerischen Bundesrat für das schweizerische Parlament erstellten Berichte untermauern diese Sichtweise. Das bedeutet auch, dass keine der beiden Seiten akzeptiert hat, dass sie irgendwelche Verpflichtungen im Fall von Verletzungen übernimmt, für die sie völkerrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnte.

    69.

    Dass es sich bei dem Nachtrag nicht um eine internationale Übereinkunft im Sinne von Art. 218 AEUV handelt, hat jedoch nicht zwangsläufig zur Folge, dass der angefochtene Beschluss keine Rechtswirkungen entfalten soll. Die völkerrechtlichen Wirkungen einer Übereinkunft (sei sie nun bindend oder nicht) sind nämlich von den unionsrechtlichen Wirkungen einer Handlung zu unterscheiden, durch die das (zuständige) Unionsorgan seine Zustimmung zum Inhalt ausdrückt und die Ermächtigung zur Unterzeichnung erteilt ( 34 ).

    70.

    Der Nachtrag von 2013 war Teil eines Kompromisses, der zum Abschluss bindender Sektorabkommen zwischen der Union und der Schweiz führte und die Parameter für rechtlich bindende bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und den einzelnen Empfängermitgliedstaaten festlegte. Auf der Grundlage des Nachtrags von 2013 leitete ein Drittstaat ein parlamentarisches Verfahren ein, um Verhandlungen mit einem neuen Mitgliedstaat der Union über ein bindendes Abkommen aufzunehmen. Aufgrund der von der Kommission gebilligten Unterzeichnung wurde die Union somit durch alle Folgen gebunden, die völkerrechtlich mit einer solchen Unterzeichnung und den Beziehungen zwischen den Parteien einer nicht bindenden Übereinkunft einhergehen können.

    71.

    Der angefochtene Beschluss und der unterzeichnete Nachtrag von 2013 entfalten auch Rechtswirkungen gegenüber anderen Unionsorganen und den Mitgliedstaaten. Soweit die Union für die Unterzeichnung einer solchen Vereinbarung mit einem Drittstaat zuständig war (gleichviel, welches Organ zur Genehmigung und Unterzeichnung der Vereinbarung befugt war, und gleichviel, ob es sich bei der entsprechenden Zuständigkeit um eine ausschließliche oder mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit handelte), begründeten das Gebot, das geschlossene Auftreten der Union nach außen zu gewährleisten, sowie der damit verbundene, für die Beziehung zwischen den Mitgliedstaaten und der Union und zwischen den Unionsorganen untereinander geltende Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit Verpflichtungen der Unionsorgane und der Mitgliedstaaten, bei der Verwirklichung der Ziele der Union zusammenzuarbeiten, dieses Handeln nicht zu beeinträchtigen und die Kohärenz der verschiedenen Politikbereiche der Union sicherzustellen ( 35 ).

    72.

    Deshalb bin ich der Meinung, dass sich die Klage des Rates tatsächlich gegen eine Handlung richtet, die nach Art. 263 AEUV der Überwachung unterliegt.

    Begründetheit

    Vorbemerkungen

    73.

    Einmal mehr soll der Gerichtshof die Aufteilung der Befugnisse zwischen den Unionsorganen bei einer Form des auswärtigen Handelns der Union prüfen, für die in den Verträgen offenbar keine eigenen Verfahrensvorschriften festgelegt sind ( 36 ). Mit seiner Klage beantragt der Rat eine Entscheidung darüber, welche unionsrechtlichen Regeln beachtet werden müssen, damit die Union Partei einer nicht bindenden Vereinbarung mit einem Drittstaat werden kann.

    74.

    Sollte Art. 17 EUV der Kommission nicht die Befugnis zur Billigung einer Vereinbarung wie des Nachtrags von 2013 und zur Ermächtigung der Union zu ihrer Unterzeichnung übertragen, dann hat die Kommission den in Art. 13 Abs. 2 Satz 1 EUV normierten Grundsatz verletzt und muss der angefochtene Beschluss für nichtig erklärt werden. Das würde außerdem bedeuten, dass Art. 17 EUV nicht die richtige Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beschluss ist.

    75.

    Sollte hingegen der Gerichtshof den ersten Klagegrund zurückweisen, so kann die Rechtmäßigkeit des Beschlusses trotzdem in Frage gestellt sein. Denn eine Handlung wie der angefochtene Beschluss muss auf die sachliche Zuständigkeit der Union gestützt werden und die richtige Rechtsgrundlage benennen. Logisch muss die Frage der sachlichen Zuständigkeit der Union nämlich der Frage der Aufteilung der Befugnisse zwischen Unionsorganen in Angelegenheiten, für die die Union zuständig ist, vorausgehen. Sie ist auch der Frage der Zuständigkeitsverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten (einer Frage, zu der die Parteien in ihren Schriftsätzen Stellung genommen haben ( 37 )) und der Frage des Erfordernisses der Angabe einer Rechtsgrundlage vorgelagert. Zudem könnte der Streit der Parteien über den Geltungsbereich der Art. 16 EUV und 17 EUV angesichts des Inhalts der Bestimmungen über die Zuweisung der sachlichen Zuständigkeit hinfällig werden. Soweit in diesen Bestimmungen ausdrücklich ein Verfahren für die Handlungsformen bei der Ausübung der in Rede stehenden Zuständigkeit festgelegt ist, können weder Art. 16 EUV noch Art. 17 EUV für sich allein genommen die Frage regeln, welches Organ handlungsbefugt war.

    76.

    Meines Erachtens wird daher der Gerichtshof hier um Entscheidung einer Grundsatzfrage ersucht („Wer ist handlungsbefugt – der Rat oder die Kommission?“), die nach dem Sachverhalt möglicherweise gar nicht beantwortet werden muss. Denn der Gerichtshof ist nicht angerufen worden, über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Zuständigkeit der Union oder des Fehlens von Angaben zu dieser Zuständigkeit zu befinden. Zugegebenermaßen mag keine der beiden Parteien ein Interesse daran gehabt haben, diese Problemkreise anzusprechen, die Klage des Rates wirft aber dennoch eine Reihe von Vorfragen betreffend die Zuständigkeit der Union auf.

    77.

    Der Gerichtshof hat die Frage, ob ein bestimmtes Unionsorgan handlungsbefugt ist, von Amts wegen zu prüfen ( 38 ). Das gilt erst recht für die Zuständigkeit der Union selbst. Es handelt sich um eine Problematik von so großer konstitutioneller Bedeutung, dass die öffentliche Ordnung berührt ist. In der mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof die Parteien eben hierzu befragt. Keine der beiden Parteien hat jedoch die Frage beantwortet, welche Bestimmungen des Vertrags gemäß dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung der Union die Zuständigkeit für die Billigung einer Vereinbarung und die Ermächtigung zu ihrer Unterzeichnung in dem durch den Beschluss geregelten Bereich (und unabhängig davon, ob diese Bestimmung in dem angefochtenen Beschluss angegeben werden muss) zuweisen sollen. Stattdessen haben sich beide Parteien lediglich mit dem Erfordernis der Angabe einer Rechtsgrundlage befasst. Nach Ansicht der Kommission ist der angefochtene Beschluss rechtlich nicht bindend und braucht daher nicht eine (materiell-rechtliche) Rechtsgrundlage zu bezeichnen; der Verweis auf Art. 17 EUV sei hinreichend. Wenn dies der Standpunkt der Kommission ist, hätte sie konsequenterweise die Abweisung der Klage des Rates als unzulässig beantragen müssen, da dann keine der Überwachung nach Art. 263 AEUV unterliegende Handlung vorläge ( 39 ). Der Rat ging vermutlich davon aus, dass der angefochtene Beschluss Rechtswirkungen entfaltet (andernfalls hätte er die Klage nicht erheben müssen) – in der mündlichen Verhandlung hat er bestätigt, dass er dieser Auffassung sei –, und dennoch hat er nicht vorgetragen, dass der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären sei, weil darin keine (materiell-rechtliche) Rechtsgrundlage angegeben sei. Infolgedessen darf der Gerichtshof meines Erachtens tatsächlich weder der Frage der Zuständigkeit der Union noch der Frage des Erfordernisses der Angabe einer Rechtsgrundlage nachgehen.

    78.

    Nicht angesprochen wurde die Frage, ob die Union völker- und unionsrechtlich Partei einer nicht bindenden Übereinkunft werden kann. Es ist auch nicht streitig, dass die Aushandlung solcher Übereinkünfte Sache der Kommission ist, die mit der Vertretung der Union nach außen betraut ist ( 40 ), und dass sie grundsätzlich diese Übereinkünfte unterzeichnen darf. Zudem scheint auch der Rat selbst zu akzeptieren, dass sich zwischen einerseits Vereinbarungen und anderen Instrumenten, mit denen die Union politische Zusagen abgibt, und andererseits Verwaltungsabsprachen unterscheiden lässt, die Unionsorgane oder ‑einrichtungen in eigenem Namen nach Maßgabe des in Art. 335 AEUV verankerten Grundsatzes der Verwaltungsautonomie treffen. Was die Vorfragen der Fähigkeit und der Zuständigkeit nach Völkerrecht und Unionsrecht angeht, verweise ich auf die Grundsätze, die ich in meinen Schlussanträgen in den Rechtssachen Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12) angeführt habe ( 41 ).

    79.

    Der Standpunkt des Rates bei beiden Klagegründen entspricht der Auffassung, die in einem Dokument des Rates über den Abschluss von Vereinbarungen durch die Union, die Abgabe gemeinsamer Erklärungen und die Abfassung anderer Texte mit politischen Zusagen mit Drittländern und internationalen Organisationen dargelegt ist ( 42 ). Dieses Dokument wurde vor dem Hintergrund verfasst, dass die Kommission nach Wahrnehmung des Rates zunehmend zum Abschluss nicht bindender Instrumente mit unionspolitischen Zusagen neigt. Die Kommission verweist auf ihre Stellungnahme zu diesem Dokument und meint, dass „[der Standpunkt des Rates] nicht im Einklang mit dem durch die Verträge geschaffenen institutionellen Gleichgewicht steht“; sie bekräftigt ferner, dass sie „bei der Vertretung der Union nach außen die einschlägigen Bestimmungen des Vertrags anwenden wird“.

    80.

    Ob die ursprüngliche Maßnahme (d. h. die Schlussfolgerungen von 2012), durch die der Rat und die im Rat vereinigten Mitgliedstaaten die Aufnahme der Verhandlungen über den Nachtrag von 2013 genehmigten, eine von Art. 263 AEUV erfasste Handlung darstellt und auch im Übrigen nach Maßgabe der Verträge zulässig ist, sind Fragen, die beim Gerichtshof (theoretisch) nicht streitgegenständlich sind. Es wäre nämlich überraschend, wenn der Rat die Nichtigerklärung seiner eigenen Schlussfolgerungen beantragen würde. Auch die Kommission dürfte wohl kein Interesse an der Nichtigerklärung haben. Meiner Ansicht nach ist es daher unnötig, sich mit dem Einwand der Kommission, mit dem sie sich gegen die Verwendung von hybriden Handlungen wendet, und mit der Frage zu beschäftigen, ob die Gültigkeit der Schlussfolgerungen von 2012 durch das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Kommission/Rat (C‑28/12) ( 43 ) in Frage gestellt wird.

    81.

    Schließlich besteht Uneinigkeit darin, ob die Frage der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Nachtrag von 2013 beim Gerichtshof streitgegenständlich und Inhalt eines Klagegrundes ist, auf den der Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses gestützt wird. Ich werde diesen Problemkreis zuerst untersuchen.

    Zuständigkeiten der Union und der Mitgliedstaaten

    – Vorbringen

    82.

    Im Rahmen seines ersten Klagegrundes führt der Rat an, er verstehe die Erklärung der Kommission vom 17. Dezember 2012 als Ausdruck ihrer Ablehnung einer Mitwirkung der Mitgliedstaaten und als Ausdruck ihres Einverständnisses mit ihrer Beauftragung durch den nach Maßgabe von Art. 16 EUV handelnden Rat. Nach Auffassung des Rates hat die Kommission durch Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 in ihrem eigenem Namen und im Namen der Union die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten missachtet und damit gegen den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 4 Abs. 1 EUV verstoßen. Mit dieser Argumentation substantiiert der Rat auch seinen zweiten Klagegrund.

    83.

    Der Rat räumt ein, dass er keinen eigenständigen Klagegrund hinsichtlich der geteilten oder ausschließlichen Zuständigkeit der Union angeführt habe. Sein diesbezügliches Vorbringen sei jedoch explizit und hinreichend und sei wesentlicher Bestandteil des tatsächlichen und rechtlichen Kontexts, so dass dargetan sei, dass die Kommission gegen den Grundsatz der Aufteilung der Befugnisse und den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen habe. Das Vorliegen geteilter Zuständigkeit lasse sich an Folgendem ablesen: i) Der schweizerische Finanzbeitrag betreffe Beiträge der Schweiz an die Empfängermitgliedstaaten. ii) Der schweizerische Finanzbeitrag entspreche zwar politischen Zusagen, die Beiträge als solche seien aber rechtlich mittels bindender bilateraler Abkommen zwischen der Schweiz und den einzelnen Empfängermitgliedstaaten ausgestaltet. iii) Nicht alle Mitgliedstaaten kämen als Empfänger in Betracht. iv) Infolgedessen würden die Beträge von der Schweiz unmittelbar an den Empfängermitgliedstaat und nicht durch den Unionshaushalt geleitet. Jedenfalls könne die Frage, ob die Zuständigkeit der Union für die Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 geteilt oder ausschließlich sei, nicht das bei der Unterzeichnung zu beachtende Verfahren berühren; die Verträge beschränkten die Tätigkeit des Rates keineswegs auf Handlungen zur Wahrung seiner eigenen Rechte.

    84.

    Die Kommission macht geltend, dass der Rat weder seinen Vortrag begründet habe, wonach die Vereinbarung von 2006 und die beiden Nachträge in den Bereich der zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilten Zuständigkeit fielen, noch einen Klagegrund bezüglich der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten angeführt habe. Im Übrigen sei es Sache der Mitgliedstaaten und nicht des Rates, ihren Zuständigkeitsbereich und ihre Rechte zu wahren.

    – Würdigung

    85.

    Ich verstehe die beiden Klagegründe dahin, dass der Rat die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses mit der Begründung beantragt, die Kommission habe die Aufteilung der Befugnisse zwischen dem Rat und der Kommission sowie den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit missachtet, der bei der Ausübung ihrer Befugnisse im Verhältnis zu den anderen Organen gelte. Der Rat hat eingeräumt, dass er keinen Klagegrund erhoben habe, wonach die Kommission die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten oder die im Verhältnis zwischen den Unionsorganen und den Mitgliedstaaten geltende Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit missachtet habe. Er beantragt daher die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses nicht aus einem dieser beiden Gründe.

    86.

    Bei seinen Ausführungen, dass die Argumentation zur geteilten Zuständigkeit den/die Klagegrund/Klagegründe substantiiere, auf den/die die Klage gestützt sei, übersieht der Rat den Unterschied zwischen einem Argument und einem Klagegrund. Ein Klagegrund ist ein Vorbringen, das, wenn es zutrifft, zur Stattgabe der Klage führt ( 44 ). Ein Argument hingegen verdeutlicht oder zeigt auf, weshalb ein Klagegrund durchgreifen sollte und daher geeignet ist, zur Stattgabe der Klage zu führen. Das Argument muss deshalb den Klagegrund substantiieren. Im vorliegenden Fall verdeutlichen die ausdrücklichen Argumente des Rates zur geteilten Zuständigkeit nicht, weshalb der angefochtene Beschluss die Aufteilung der Befugnisse zwischen dem Rat und der Kommission (erster Klagegrund) bzw. den bei der Wahrnehmung der Befugnisse zu beachtenden Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (zweiter Klagegrund) missachtet. Tatsächlich akzeptiert der Rat selbst, dass diese Argumente das Verfahren unberührt lassen. Meiner Ansicht nach geht das Vorbringen des Rates zur geteilten Zuständigkeit deshalb ins Leere.

    87.

    Jedenfalls haben weder der Rat noch der als Streithelfer beigetretene Mitgliedstaat ihre Argumente betreffend die geteilte Zuständigkeit durch Benennung der Vertragsbestimmungen vertieft, die ihrer Ansicht nach i) die Zuständigkeit der Union und ii) die Einstufung dieser Zuständigkeit als geteilte Zuständigkeit belegen.

    88.

    Das bedeutet jedoch nicht, dass die Verträge dem Rat die Anführung eines Klagegrundes verwehren, der auf die Missachtung der Zuständigkeitsverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten durch ein anderes Organ gestützt wird. Nach ständiger Rechtsprechung hängt das in Art. 263 Abs. 2 AEUV vorgesehene Klagerecht der Mitgliedstaaten, des Parlaments, des Rates und der Kommission nicht davon ab, dass ein Rechtsschutzinteresse dargetan wird ( 45 ). Jeder dieser Kläger kann die Nichtigerklärung einer von Art. 263 AEUV erfassten Handlung beantragen, ohne ein Rechtsschutzinteresse dartun zu müssen ( 46 ). Meines Erachtens ergibt sich daraus, dass jede dieser Parteien Klage gestützt auf einen Klagegrund erheben kann, der die Rechte einer anderen Partei betrifft.

    Befugnisse des Rates und der Kommission (erster Klagegrund)

    – Vorbringen

    89.

    Mit seinem ersten Klagegrund rügt der Rat, dass die Kommission, indem sie den Nachtrag von 2013 im Namen der Union allein und ohne vorherige Genehmigung durch den Rat unterzeichnet habe, über die Politik der Union entschieden habe. Sie habe damit gegen den in Art. 13 Abs. 2 Satz 1 EUV geregelten Grundsatz der Aufteilung der Befugnisse sowie gegen den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts verstoßen. Die Kommission habe ohne die vorherige Genehmigung durch den Rat die Ermächtigung zur Unterzeichnung auch nicht aufgrund ihrer eigenen Befugnisse nach Art. 17 EUV erteilen dürfen. Gemäß Art. 16 EUV sei es Sache des Rates, die Politik der Union u. a. im Bereich der Außenbeziehungen festzulegen. Also ermächtige der Rat zu Verhandlungen und genehmige politische Zusagen, die die Union gegenüber Drittstaaten oder internationalen Organisationen abgebe. Die Kommission nehme zwar die Vertretung des Standpunkts der Union nach außen wahr (außer in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und den übrigen in den Verträgen vorgesehenen Fällen), sie dürfe aber nicht dessen Inhalt bestimmen. Die Festlegung der Politik und die Gestaltung des auswärtigen Handelns der Union gingen über die Bestimmung eines Standpunkts der Union hinaus. Zudem sei die Aufnahme von Verhandlungen mit Drittstaaten oder anderen internationalen Organisationen als solche bereits ein Vorgang der Festlegung der Politik. Dies gelte erst recht für die Entscheidung über die Unterzeichnung; die Unterzeichnung bringe zum Ausdruck, dass die Union den Inhalt des Instruments akzeptiere. Da dieser Inhalt nicht im Voraus absehbar sei, könne insoweit nicht von einem „festgelegten Standpunkt“ die Rede sein.

    90.

    Der Rat macht insbesondere geltend, dass die Kommission den Standpunkt der Union dadurch festgelegt habe, dass sie einseitig i) die Angelegenheit als in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallend behandelt habe, ii) die Unterzeichner des Nachtrags von 2013 geändert habe, so dass die Kommission den Nachtrag im Namen der Union allein unterzeichnet habe, und iii) die Ermächtigung zur Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 und damit zur Akzeptanz des Inhalts des Nachtrags erteilt habe. In den ersten beiden Punkten habe die Kommission gegen den ausdrücklichen Willen des Rates gehandelt.

    91.

    Dass Art. 218 AEUV keine Anwendung finde, stehe einer Mitwirkung des Rates am Verfahren für die Aushandlung und den Abschluss solcher Instrumente nicht entgegen – Art. 218 spiegele die allgemeine Aufteilung der Befugnisse nach den Art. 16 EUV und 17 EUV wider.

    92.

    Der Rat führt außerdem an, dass der unterzeichnete Text, der den schweizerischen Behörden am 7. November 2013 übersandt worden sei, insofern nicht mit dem Text übereinstimme, der in den Vorbereitungsgremien des Rates erörtert worden sei, als die Unterzeichner und die Eigenschaft, in der sie die Unterschrift geleistet hätten, geändert worden seien. Die Kommission habe den Rat de facto an der Unterzeichnung und Übersendung seiner eigenen Fassung des Nachtrags von 2013 gehindert. Hätte der Rat die Unterzeichnung und Übersendung vorgenommen, hätten den schweizerischen Behörden zwei unterschiedliche Fassungen vorgelegen. Dies hätte gegen den Grundsatz des geschlossenen Auftretens der Union nach außen verstoßen (und erkläre, weshalb der Rat keine Neuverhandlungen über den Nachtrag von 2013 angestrebt habe und auch nicht habe anstreben können).

    93.

    Was schließlich die Berufung der Kommission auf ihre Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen nach Art. 17 Abs. 1 EUV angehe, leuchte dem Rat nicht ein und habe die Kommission nicht dargelegt, weshalb Art. 17 Abs. 1 EUV, wenn diese Bestimmung die Unterzeichnungsbefugnis übertrage, nicht auch die Befugnis zur Aufnahme von Verhandlungen übertragen sollte.

    94.

    Nach Ansicht der Kommission ist sie für die Unterzeichnung nicht bindender Instrumente politischer Natur im Namen der Union zuständig, soweit diese einen feststehenden Standpunkt der Union widerspiegelten. Bei der Unterzeichnung handele es sich lediglich um einen Akt der Vertretung nach außen bezüglich eines politischen Standpunkts, den der Rat zuvor festgelegt habe. Die Kommission benötige daher nicht in allen Fällen eine Genehmigung, Verhandlungen darüber aufzunehmen und die Endfassung zu unterzeichnen. Der Rat plädiere zu Unrecht de facto für eine Anwendung von Art. 218 Abs. 3 und 5 AEUV.

    95.

    Die Kommission erinnert daran, dass es für das Vorliegen eines gemeinsamen Standpunkts nicht unerlässlich sei, dass dieser Standpunkt eine bestimmte Form aufweise ( 47 ). So könne sich ein Standpunkt der Union auch aus Schlussfolgerungen des Rates ergeben. Im vorliegenden Fall sei der angefochtene Beschluss nicht vom in den Schlussfolgerungen von 2012 dargelegten Standpunkt der Union zum schweizerischen Finanzbeitrag an Kroatien abgewichen. Der Rat bestreite auch nicht, dass der Nachtrag von 2013 inhaltlich diesem Standpunkt entspreche; er strebe auch keine Neuverhandlungen an. Die Schlussfolgerungen von 2012 legten sehr präzise den faktischen Rahmen und das Verfahren fest. Hinsichtlich beider Elemente habe der Kommission keinerlei Verhandlungsspielraum zur Verfügung gestanden. Der Rat habe keine Einzelheiten, geschweige denn Beweise zum Beleg dafür vorgelegt, dass die Kommission sich nicht an diesen Rahmen gehalten habe.

    96.

    Die Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 sei eine Form der Vertretung der Union nach außen, mit der Art. 17 Abs. 1 EUV die Kommission betraue. Sie könne auch mit den Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen der Kommission nach Art. 17 Abs. 1 EUV in Verbindung gebracht werden, wie sie in der Vereinbarung von 2006 und in den Nachträgen von 2008 bzw. 2013 angesprochen worden seien. Die Auffassung des Rates sei verwirrend. Einerseits mache der Rat geltend, dass der Begriff der Festlegung der Politik weiter sei als die Festlegung eines Standpunkts der Union. Falls dies zuträfe, könne die Kommission auf dieser breiteren Grundlage im Rahmen einer festgelegten Politik der Union tätig werden. Andererseits trage der Rat aber auch vor, dass Art. 16 Abs. 1 EUV die Kommission verpflichte, vor der Unterzeichnung die Genehmigung des Rates einzuholen. Des Weiteren weist die Kommission darauf hin, dass Art. 17 Abs. 1 AEUV seine Entsprechung in Art. I‑26 des Vertrags über eine Verfassung für Europa ( 48 ) finde – bei den Beratungen zu dieser Bestimmung im Europäischen Konvent im Jahr 2003 habe sich die Kommission, die dabei von den Vertretern mehrerer Mitgliedstaaten unterstützt worden sei, um eine Anerkennung ihrer Funktion und ihrer Aufgaben bei der Vertretung nach außen bemüht und diese Anerkennung auch erlangt.

    97.

    Die Kommission erklärt, dass sie unstreitig den Rat auf dem Laufenden gehalten habe. In seiner Erwiderung beziehe sich der Rat zum ersten Mal auf die Informationen, die er über die Höhe des in Rede stehenden Beitrags erhalten habe. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass die Schweiz sich durchgängig auf den Standpunkt gestellt habe, dass die Bestimmung der Höhe des schweizerischen Beitrags allein Sache der Schweiz sei. Der Kommission seien die Einwände des Rates gegen die Ergebnisse der Gespräche mit der Schweiz nicht mitgeteilt worden. Der Rat habe in seiner Klageschrift keine sachlichen Einwände vorgebracht und habe solche Einwände auch nicht vorbringen können.

    98.

    Jedenfalls sei es dem Rat verwehrt, Einwände gegen den Inhalt des Nachtrags von 2013 und dessen Verhältnis zu den Schlussfolgerungen von 2012 zum ersten Mal erst in seiner Erwiderung vorzutragen. Solche Einwände hätten auf den Tagungen des Rates oder spätestens in der Klageschrift des Rates erhoben werden müssen. Selbst wenn ein solches Vorbringen zulässig wäre, so sei es unbegründet. Es habe nichts mit Art. 16 EUV zu tun; es betreffe das Wesen des Nachtrags von 2013, nicht aber die Befugnisse des Rates. Soweit der Rat, wie die Kommission annehme, den angeblich hybriden (unionseigenen und zwischenstaatlichen) Charakter der Schlussfolgerungen meine, finde sich im Vertrag keine Grundlage für hybride Handlungen. In den Verträgen sei auch keine Funktion des rotierenden Vorsitzes des Rates zur Unterzeichnung des Nachtrags vorgesehen. Außerdem gehe die Argumentation des Rates ins Leere, da er sich nicht gegen die Höhe des schweizerischen Finanzbeitrags wende. Die Kommission habe die Kontinuität des vom Rat bereits festgelegten Ansatzes gewahrt.

    – Würdigung

    99.

    Art. 13 Abs. 2 Satz 1 EUV normiert den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts und gebietet, dass jedes Organ seine Befugnisse unter Beachtung der Befugnisse der anderen Organe ausübt ( 49 ). Wenn ein Organ in die Rechte eines anderen Organs eingreift, liegt ein Verstoß gegen diese Bestimmung vor.

    100.

    Hat die Kommission im vorliegenden Fall ihre in den Verträgen, insbesondere in Art. 17 EUV, geregelten Befugnisse überschritten und möglicherweise in die Rechte des Rates nach Art. 16 EUV eingegriffen? Sollte dies zutreffen, genügt allein diese Feststellung, um den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären.

    101.

    Diese Frage ist meines Erachtens zu bejahen.

    102.

    In einem Fall, in dem es um die Befugnis der Kommission zum Abschluss eines Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika über Leitlinien für eine Zusammenarbeit in Regelungsfragen und zur Transparenz ging, hat der Gerichtshof entschieden, dass für die Festlegung der Bedingungen, unter denen die Billigung eines Aktes wie der nicht bindenden Leitlinien erfolgen kann, „die Zuständigkeitsverteilung und das institutionelle Gleichgewicht, die durch [die Verträge auf dem betreffenden Gebiet] festgelegt worden sind, angemessen berücksichtigt werden [müssen]“ ( 50 ). Daraus ergibt sich, dass das Fehlen einer speziellen Regelung in den Verträgen über bestimmte Handlungsformen kein Hinderungsgrund dafür ist, solche Instrumente in den Außenbeziehungen der Union einzusetzen. Der Gerichtshof hat allerdings vorsorglich darauf hingewiesen, dass sein Urteil nicht „so ausgelegt werden [kann], als folge es dem Vorbringen der Kommission, wonach der Umstand, dass einem Akt wie den Leitlinien die bindende Wirkung fehle, ausreiche, diesem Organ die Zuständigkeit zu seiner Billigung zu verleihen“ ( 51 ). Der Gerichtshof hat daher zwar entschieden, dass (der jetzige) Art. 218 AEUV keine Anwendung finde ( 52 ), er hat aber keine positiven Feststellungen zu den anwendbaren Verfahren und der/den entsprechenden Befugnis(sen) der Organe hinsichtlich der in jener Rechtssache in Rede stehenden Leitlinien getroffen.

    103.

    Im vorliegenden Fall ist im angefochtenen Beschluss allein Art. 17 EUV als Rechtsgrundlage angegeben. Es gibt keinen Hinweis auf die der Union verliehene Zuständigkeit zum Erlass eines Beschlusses wie dem hier streitigen ( 53 ).

    104.

    Die Politik der Union wird auf Ebene des Europäischen Rates und des Rates formuliert. Ohne deren vorheriges Tätigwerden vermag die Kommission nicht zu erkennen, welche Politik der Union sie (nach außen) vertreten soll. Die Befugnis des Rates nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 EUV zur Festlegung der Politik und zur Koordinierung nach Maßgabe der Verträge ( 54 ) bedeutet, dass der Rat das Recht hat, zu entscheiden, welches (Nicht-)Tätigwerden zur Durchführung der gemeinsamen Politik nach Maßgabe der Verträge ( 55 ), insbesondere des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, notwendig ist. Dabei muss er dem Standpunkt des Europäischen Rates zu den allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten nach Art. 15 Abs. 1 EUV Rechnung tragen. Art. 16 Abs. 6 Unterabs. 3 EUV bestätigt dieses Verhältnis. Der Europäische Rat legt die strategischen Vorgaben fest; der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ gestaltet das auswärtige Handeln entsprechend diesen Vorgaben.

    105.

    Anschließend ist es nach Art. 17 Abs. 1 EUV Sache der Kommission, (u. a.) für die Anwendung der Verträge sowie der kraft der Verträge erlassenen Maßnahmen zu sorgen, nach Maßgabe der Verträge Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen auszuüben und vorbehaltlich einiger Ausnahmen die Vertretung der Union und ihrer Politik nach außen wahrzunehmen ( 56 ).

    106.

    Wenn es also im Hinblick auf die Außenbeziehungen in Art. 21 Abs. 2 EUV heißt, dass die Union die gemeinsame Politik sowie Maßnahmen festlegt und diese durchführt, um die darin formulierten Zielvorstellungen zu verwirklichen, so obliegt es dem Europäischen Rat, die strategischen Vorgaben und Ziele der Union in den Außenbeziehungen festzulegen ( 57 ), dem Rat, die Politik festzulegen, und der Kommission, die Maßnahmen zur Umsetzung dieser Politik auszuführen.

    107.

    Der Inhalt der einzelnen Befugnisse hängt zum Teil von dem Instrument ab, dessen sich die Union beim auswärtigen Handeln bedient. Für einige Formen von Instrumenten regeln die Verträge ausdrücklich die Rolle jedes einzelnen Organs beim auswärtigen Handeln und legen die Verfahrensvorschriften für die Mitwirkung der Union (und der Organe, durch die sie handelt) fest. Der häufigste Fall ist Art. 218 AEUV. Im Gegensatz zum internen Tätigwerden der Union sind die Instrumente, deren sich die Union beim auswärtigen Handeln bedient, nicht auf diejenigen beschränkt, die in den Verträgen ausdrücklich vorgesehen, nach Form und Wirkung bestimmt und in ihren Verfahrensschritten festgelegt sind ( 58 ). Wie die Union als Völkerrechtssubjekt ( 59 ) auf internationaler Ebene handelt, hängt vielmehr vom Völker- und vom Unionsrecht ab ( 60 ).

    108.

    Ich habe an anderer Stelle dargelegt, dass angesichts des Fehlens eigener Vorschriften zur Festlegung von Verfahren, die der Union auswärtiges Handeln durch einseitig bindende Erklärungen ermöglichen, Spielraum für eine entsprechende Anwendung von (Teilen des) Art. 218 AEUV bestehen könnte ( 61 ). Falls das auswärtige Handeln der Union (und der anderen beteiligten Parteien) jedoch nicht bindend sein soll, sehe ich keine Grundlage für diese Konstruktion.

    109.

    Hier akzeptiert die Kommission, dass es Sache des Rates war, darüber zu entscheiden, ob Verhandlungen mit der Schweiz aufgenommen werden sollen, um eine Übereinkunft über einen schweizerischen Finanzbeitrag an Kroatien zu erzielen; diese Entscheidung stellt eine Festlegung der Politik dar. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission anerkannt, dass die Schlussfolgerungen von 2012 die Grundlage für die Aufnahme von Verhandlungen seitens der Kommission bildeten. Folglich akzeptiert sie damit auch, dass Art. 17 Abs. 1 EUV nicht die richtige Rechtsgrundlage für den Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen wäre.

    110.

    Ich bin ebenfalls der Auffassung, dass es Sache des Rates ist, die Situation zu beurteilen und zu entscheiden, ob die Union Verhandlungen mit einem Drittstaat aufnehmen soll, um nach einer Einigung in einer Angelegenheit zu suchen, die zu einem Bereich gehört bzw. sich auf einen Bereich „erstreckt“, für den die Union zuständig ist (gleichviel, ob es sich dabei um eine ausschließliche oder geteilte Zuständigkeit handelt), sowie die zu verfolgende Politik und die zu verfolgenden Interessen der Union und gegebenenfalls geltende Grenzen zu bestimmen.

    111.

    Meines Erachtens gehört zur Festlegung der Politik die Entscheidung, dass ein im Zuständigkeitsbereich der Union liegendes Ziel auch durch Erwirkung einer (bindenden oder nicht bindenden) Zusage eines Drittstaats zur Leistung eines Finanzbeitrags an einen neuen Mitgliedstaat gemäß einem zwischen diesen beiden Parteien noch abzuschließenden Abkommen (unterstellt, dass bisher noch keine solche Entscheidung vorliegt) und somit durch Teilnahme an einem auswärtigen Handeln in Form von Verhandlungen und möglicherweise in Form des anschließenden Abschlusses eines auf die Erlangung dieser Zusage gerichteten Instruments verfolgt werden kann.

    112.

    Nachdem der Rat dieses Recht durch Genehmigung von Verhandlungen ausgeübt hat, obliegt es sodann der Kommission, die Union bei den Verhandlungen nach Maßgabe der vom Rat erteilten Genehmigung und der Politik und den Interessen der Union zu vertreten. Die ursprüngliche Entscheidung des Rates bringt jedoch dessen nach Art. 16 Abs. 1 EUV bestehende Befugnis, darüber zu entscheiden, ob die Union Partei des aus den Verhandlungen resultierenden Instruments werden und dieses unterzeichnen soll, nicht zum Erlöschen.

    113.

    Der Rat hat den Inhalt der Übereinkunft, die Form des auswärtigen Handelns, die Beachtung etwaiger geltender Einschränkungen sowie die fortbestehende Notwendigkeit, dass die Union Partei der Übereinkunft wird, zu überprüfen. Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für bindende und für nicht bindende Übereinkünfte, deren Partei die Union werden soll. Der Rat muss unter Umständen wie den hier gegebenen entscheiden, ob die in der Übereinkunft tatsächlich enthaltenen Zusagen der Union und des Drittstaats zur Verwirklichung des angestrebten Ziels beitragen, ob die Zusagen und die Form des auswärtigen Handelns nach wie vor notwendig sind, ob die Union bereit ist, dies zu akzeptieren, und ob die Union mit allen völkerrechtlichen (und unionsrechtlichen) Konsequenzen einverstanden ist, die sich aus dem auswärtigen Handeln ergeben mögen. Folglich bedeutet der bloße Umstand, dass die erzielte Vereinbarung dem vom Rat erteilten Verhandlungsauftrag entspricht, noch nicht, dass die Kommission die Befugnisse des Rates nach Art. 16 Abs. 1 EUV zur Entscheidung, ob eine Beteiligung als Partei an einer Vereinbarung wie der des Nachtrags von 2013 erfolgen soll, missachten darf. Auch das Stillschweigen des Rates hinsichtlich des Nachtrags von 2013 impliziert nicht unbedingt, dass er seine Befugnis ausgeübt und die Entscheidung zur Billigung und Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 geduldet hätte.

    114.

    Im Übrigen entspricht der Inhalt des Nachtrags von 2013 nicht vollständig den Schlussfolgerungen von 2012. Bei der Aushandlung des Nachtrags von 2013 hat die Kommission zwischen Möglichkeiten gewählt und Entscheidungen getroffen. Diese Entscheidungen bedurften der Genehmigung durch den Rat. Die Aufgabe der Vertretung nach außen umfasst nicht die Entscheidung darüber, ob die Union in einer bestimmten Form an einem auswärtigen Handeln teilnehmen soll, das einen bestimmten Inhalt aufweist und bestimmte politische und rechtliche Folgen für die Union (und möglicherweise die Mitgliedstaaten) nach sich zieht. Im vorliegenden Fall werden in den Schlussfolgerungen von 2012 weder die Gesamthöhe des schweizerischen Finanzbeitrags, die Dauer der Finanzierung oder der Anfangs- und Endzeitpunkt der Finanzierung genannt noch angegeben, inwieweit die Vereinbarung von 2006 und ihr Anhang Anwendung finden. Der Nachtrag von 2013 hat diese einzelnen Punkte inhaltlich konkretisiert. In den Schlussfolgerungen von 2012 wurde auch nicht festgelegt und konnte auch nicht im Voraus festgelegt werden, ob es für die Union weiterhin wünschenswert sein würde, dass die Union den aus den Verhandlungen hervorgegangenen Nachtrag zur Vereinbarung von 2006 unterzeichnet.

    115.

    Ich weise deshalb das Vorbringen der Kommission zurück, wonach die Schlussfolgerungen von 2012 den faktischen Rahmen und das Verfahren in einer Weise festgelegt hätten, dass ihr kein Spielraum für echte Verhandlungen mehr zur Verfügung gestanden habe. Tatsächlich räumte der Rat der Kommission ein erhebliches Ermessen zur Aushandlung der Vereinbarung ein. Er ermächtigte die Kommission allerdings nicht, selbst darüber zu entscheiden, ob das Verhandlungsergebnis im Einklang mit der von der Union verfolgten Politik steht und im Hinblick darauf weiterhin wünschenswert war, und folglich ermächtigte er die Kommission auch nicht, ein oder mehrere ihrer Mitglieder zur Unterzeichnung des resultierenden Nachtrags allein und im Namen der Union zu ermächtigen. Auch wenn die Schweiz die Höhe ihres Finanzbeitrags einseitig festlegte, so war es nach wie vor Sache des Rates, zu überprüfen, ob dieser Betrag unter Berücksichtigung der verfolgten Politik und des allgemeinen Kontexts des Abschlusses des Nachtrags von 2013 ausreichte. Zudem handelt es sich bei dem Nachtrag von 2013 nicht bloß um eine Klarstellung oder Umsetzung bestehender Zusagen, die in der Vereinbarung von 2006 abgegeben worden waren. Bei der Entscheidung über den Nachtrag von 2013 musste eigenständig beurteilt werden, ob und unter welchen Bedingungen der schweizerische Finanzbeitrag in Bezug auf Kroatien (weiterhin) benötigt wurde.

    116.

    Die Kommission kann sich auch nicht auf den Umstand berufen, dass sie sich zur Wahrnehmung von Exekutiv- und Verwaltungsaufgaben gemäß der Vereinbarung von 2006 und den verschiedenen Nachträgen verpflichtet habe, und dies zur Begründung ihres Vorbringens anführen, sie habe den Nachtrag von 2013 unterzeichnen dürfen, weil sie nach Art. 17 Abs. 1 EUV mit solchen Funktionen betraut sei. Dass die Kommission diese Funktionen ausübt, bedeutet noch nicht, dass sie zur Unterzeichnung von Übereinkünften befugt ist, in denen diese Funktionen in einer oder mehreren Klauseln bestätigt werden.

    117.

    Ich gelange zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung über die Genehmigung und Unterzeichnung einer nicht bindenden internationalen Übereinkunft mit einem Drittstaat dem Rat vorbehalten ist. Meiner Meinung nach sollte der Gerichtshof daher dem ersten Klagegrund stattgeben, da die Kommission die ihr nach Art. 17 Abs. 1 EUV übertragenen Befugnisse überschritten hat und der angefochtene Beschluss somit gegen Art. 13 Abs. 2 Satz 1 EUV verstößt.

    Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (zweiter Klagegrund)

    – Vorbringen

    118.

    Mit seinem zweiten Klagegrund rügt der Rat, dass die Kommission durch ihr Verhalten gegen den in Art. 13 Abs. 2 Satz 2 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen habe – der auch im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und den Organen gelte. In der mündlichen Verhandlung hat der Rat ausgeführt, sein zweiter Klagegrund richte sich teilweise gegen das Verhalten der Kommission im Vorfeld des Erlasses des angefochtenen Beschlusses, größtenteils jedoch gegen das Verhalten der Kommission nach Erlass des angefochtenen Beschlusses.

    119.

    Erstens habe die Kommission wissentlich in die durch Art. 16 EUV übertragenen Befugnisse des Rates eingegriffen und daher den Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts verletzt. Sie habe den Nachtrag von 2013 unterzeichnet, obwohl der Rat sie wiederholt aufgefordert habe, dies zu unterlassen. Der Rat sei vor Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht von der Absicht der Kommission unterrichtet worden, sich selbst zur Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 ohne vorherige Genehmigung zu ermächtigen und die Unterzeichnung vorzunehmen, ehe der Rat die Möglichkeit zum Abschluss des Verfahrens gehabt habe, das er zur Behebung der von der Kommission geschaffenen Situation eingeleitet habe. Die Tatsache, dass der EAD namens der Kommission deren Ablehnung der für den 19. November 2013 geplanten Schlussfolgerungen des Rates ausgedrückt habe, sei nicht gleichbedeutend mit einer Unterrichtung des Rates von der Absicht der Kommission, den Nachtrag von 2013 allein und zu ihren eigenen Bedingungen zu unterzeichnen.

    120.

    Zweitens habe die Kommission entgegen Art. 4 Abs. 1 EUV wissentlich und einseitig die Rolle der Mitgliedstaaten missachtet. Es gehe nicht darum, ob der Rat einen eigenständigen Klagegrund betreffend die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten erheben könne. Der angefochtene Beschluss habe nicht im Einklang mit den Schlussfolgerungen von 2012 gestanden, weil er außer Acht gelassen habe, dass die Zuständigkeit hinsichtlich der Schlussfolgerungen geteilt sei.

    121.

    Drittens habe sich die Kommission vorsätzlich so verhalten, dass die Bemühungen des Rates zur Behebung der von der Kommission geschaffenen Situation wirkungslos geworden seien. Die Kommission habe dem Rat zu keiner Zeit ihre Absicht mitgeteilt, den angefochtenen Beschluss zu erlassen, den Nachtrag von 2013 zu unterzeichnen und ihn den schweizerischen Behörden zu übermitteln. In den Sitzungen der Gruppe „EFTA“, die in der Zeit zwischen Erlass des angefochtenen Beschlusses (3. Oktober 2013) und Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 (7. November 2013) stattgefunden hätten, habe der Rat die Kommission wiederholt zur Unterlassung aufgefordert. Die Kommission trage zu Unrecht vor, dass der Rat über einen Monat lang nicht reagiert habe. Tatsächlich sei der Punkt (nur zu Informationszwecken) auf die Tagesordnung der ersten Sitzung der Gruppe „EFTA“ nach der (informellen) Unterrichtung des Rates über den angefochtenen Beschluss gesetzt worden. In der Sitzung vom 23. Oktober 2013 sei die Kommission wiederholt zur Unterlassung aufgefordert worden. Als die Gruppe „EFTA“ in der Sitzung vom 31. Oktober 2013 eine Lösung gefunden habe, sei diese vom EAD an Ort und Stelle zurückgewiesen worden.

    122.

    Viertens habe die Kommission wissentlich so gehandelt, dass der Grundsatz des geschlossenen Auftretens der Union nach außen kompromittiert und die Schweiz in einen Organstreit hineingezogen worden sei. Ein Tätigwerden des Rates zur Behebung der Situation hätte zwangsläufig dazu geführt, dass die Schweiz eine weitere abweichende Fassung des Nachtrags von 2013 hätte unterzeichnen müssen. Zudem habe die Kommission auch die Schlussfolgerungen von 2012 missachtet, mit denen sie aufgefordert worden sei, eine Übereinkunft über einen schweizerischen Finanzbeitrag „in enger Zusammenarbeit mit dem Ratsvorsitz“ zu erzielen und sich regelmäßig mit dem zuständigen Vorbereitungsgremium zu den Fortschritten bei den Gesprächen zu beraten.

    123.

    Hiergegen wendet die Kommission ein, dass der Rat nicht dargetan habe, inwieweit die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses berührt sein könne, wenn dem zweiten Klagegrund stattgegeben würde. Sie tritt den zur Substantiierung dieses Klagegrundes vorgebrachten vier Argumenten entgegen.

    124.

    Mit seinem ersten Argument wiederhole der Rat im Wesentlichen sein Vorbringen zur Substantiierung seines ersten Klagegrundes. Die Kommission habe dem Rat jedoch von Anfang an ihren Standpunkt klar dargelegt. Dass die Kommission den Ansatz des Rates bei früheren Gelegenheiten akzeptiert habe, sei kein Beleg dafür, dass sie ihre Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit im vorliegenden Fall verletzt habe.

    125.

    Das zweite Argument sei zurückzuweisen, da der Rat keinen auf Art. 4 Abs. 1 EUV gestützten Klagegrund erhoben habe (und auch nicht habe erheben können). In seiner Klageschrift finde sich kein Vortrag dazu, welche Rolle die einzelnen Mitgliedstaaten möglicherweise hätten spielen können. Kein Mitgliedstaat habe sich innerhalb der maßgeblichen Frist gegen den angefochtenen Beschluss gewandt.

    126.

    Das dritte Argument gehe ins Leere. Die Haltung der Kommission zu nicht bindenden Instrumenten und insbesondere zum Nachtrag von 2013 sei hinreichend bekannt gewesen. Die Kommission habe den Rat auch regelmäßig informiert. Außerdem sei zwischen dem Zeitpunkt, in dem der Rat vom Erlass des angefochtenen Beschlusses unterrichtet worden sei, und der Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 über ein Monat verstrichen. Wenn der Rat negative Konsequenzen der Unterzeichnung durch die Kommission befürchtet hätte, hätte er unverzüglich vorläufigen Rechtsschutz beantragen können und sollen. Die Tatsache, dass der Rat beantrage, die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses aufrechtzuerhalten, bis dieser ersetzt worden ist, widerlege sein Vorbringen, wonach er wegen der von der Kommission geschaffenen Situation besorgt sei.

    127.

    In Bezug auf das vierte Argument macht die Kommission geltend, dass sie bei der Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 und der Ausübung ihrer Befugnisse nach Art. 17 EUV die Vertretung der Union nach außen wahrgenommen habe. Jedenfalls habe sie die Schweiz nicht in einen Organstreit verwickelt. Auch dieses Argument stehe in Widerspruch zu dem Antrag, die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses aufrechtzuerhalten.

    – Würdigung

    128.

    Die Pflicht der Unionsorgane zur loyalen Zusammenarbeit nach Art. 13 Abs. 2 Satz 2 EUV gilt zusammen mit dem Grundsatz des institutionellen Gleichgewichts nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 EUV ( 62 ). Dieser Grundsatz regelt, wie die durch andere Bestimmungen des Vertrags gültig festgelegten Befugnisse auszuüben sind. Der Grundsatz kann daher keine Verpflichtungen begründen, wo keine Befugnis vorgesehen ist, und er kann Befugnisse auch nicht ändern ( 63 ). Er gilt außerdem in Verbindung mit anderen Bestimmungen, die speziell auf die Schaffung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen den verschiedenen Organen ausgerichtet sind, wie etwa Art. 218 AEUV ( 64 ). Im Urteil Kommission/Rat (C‑425/13) hat der Gerichtshof im Hinblick auf die jeweiligen Befugnisse der verschiedenen Organe gemäß Bestimmungen wie Art. 17 Abs. 1 EUV und Art. 218 AEUV ausgeführt, dass der Rat und die Kommission Art. 13 Abs. 2 Satz 2 beachten müssten. Diesem Gebot kommt für das auswärtige Handeln besondere Bedeutung zu ( 65 ). Danach ist jedes Organ verpflichtet, alle Maßnahmen zu unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten, sowie einen Beitrag zur Unterstützung der anderen Organe bei deren Aufgaben zu leisten. In Bezug auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in seiner Anwendung im Verhältnis zwischen der Union und den Mitgliedstaaten hat der Gerichtshof dargelegt, dass sich diese Pflicht aus der Notwendigkeit einer einheitlichen völkerrechtlichen Vertretung der Union ergebe ( 66 ). Meines Erachtens gilt das Gleiche auch im Verhältnis zwischen den Unionsorganen.

    129.

    Der Rat hat nicht angegeben, ob seine beiden Klagegründe gemeinsam gelten oder ob der zweite Klagegrund hilfsweise für den Fall angeführt wird, dass der erste Klagegrund zurückgewiesen wird. In der mündlichen Verhandlung schien der Rat anzudeuten, dass der zweite Klagegrund den ersten stütze. Ich bin bereits zu dem Ergebnis gelangt, dass dem ersten Klagegrund stattzugeben ist, da die Kommission ihre Befugnisse nach Art. 17 Abs. 1 EUV überschritten und somit gegen Art. 13 Abs. 2 Satz 1 EUV verstoßen hat. Sollte sich der Gerichtshof dieser Auffassung anschließen, erübrigt sich die weitere Prüfung eines auf Art. 13 Abs. 2 Satz EUV gestützten eigenständigen Klagegrundes.

    130.

    Die folgenden Ausführungen gehen daher davon aus, dass der erste Klagegrund zurückgewiesen wird.

    131.

    Falls die Kommission für den Erlass des angefochtenen Beschlusses zuständig war, kann ihr keine Missachtung des Grundsatzes des institutionellen Gleichgewichts mit der Begründung vorgeworfen werden, sie habe den Nachtrag von 2013 trotz der Einwände des Rates gebilligt und anschließend unterzeichnet (erstes Argument) ( 67 ). Ausgehend von der genannten Prämisse hatte der Rat schließlich keine Befugnis zum Erlass des Beschlusses; er konnte den Beschluss der Kommission auch nicht blockieren.

    132.

    Was das zweite Argument betrifft, so geht es beim in Art. 13 Abs. 2 Satz 2 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nicht um die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten. Ein auf diese Bestimmung gestützter Klagegrund kann daher nicht durch ein auf die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gestütztes Argument substantiiert werden. Im Übrigen setzt jede auf diese Argumentation gestützte Auffassung voraus, dass die Union zuständig ist und dass zunächst das Verhältnis zwischen dieser Zuständigkeit und der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bestimmt wird ( 68 ). Diese beiden Fragen werden hier weder umfassend untersucht noch entschieden.

    133.

    Der Rat kann auch nicht rügen, dass die Kommission ihr Vorhaben umgesetzt und den Nachtrag von 2013 unterzeichnet habe, obwohl der Rat Einwände erhoben und sich um Behebung der Situation bemüht habe, indem er ein eigenes Verfahren zur Billigung des Nachtrags von 2013 und zur Genehmigung von dessen Unterzeichnung eingeleitet habe (drittes Argument). Jedenfalls hatte er nach Erlass des angefochtenen Beschlusses (durch eben diesen Beschluss) von der Absicht der Kommission zur Unterzeichnung des Nachtrags von 2013 erfahren.

    134.

    Soweit das dritte Argument das Versäumnis der Kommission betrifft, den Rat vor Erlass des angefochtenen Rechtsakts zu informieren, lässt sich meines Erachtens aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nicht ein Recht des Rates herleiten, dem angefochtenen Beschluss wegen Missachtung seiner ursprünglichen Genehmigung in den Schlussfolgerungen von 2012 zu widersprechen (da sich die Frage im Rahmen des zweiten Klagegrundes nur stellt, wenn der erste Klagegrund zurückgewiesen wird, und in diesem Fall wäre die Kommission selbst zur Konformitätsprüfung befugt). Allerdings setzt loyale Zusammenarbeit Gutgläubigkeit und aktive Zusammenarbeit zwischen den Organen bei der Ausübung ihrer eigenen Befugnisse und der Befugnisse anderer Organe voraus. Zumindest war die Kommission verpflichtet, den Rat zu unterrichten. Sollte sie dies nicht getan haben, stellt sich nicht die Frage, ob sie den Rat auch hätte konsultieren müssen ( 69 ).

    135.

    Im vorliegenden Fall unterrichtete die Kommission den Rat über ihren Beschluss offenbar erst am Tag des Erlasses. Dabei war ihr bewusst, dass die Mitglieder der Gruppe „EFTA“ davon ausgingen, sie würden Gelegenheit zur Prüfung der Verhandlungsergebnisse zum Nachtrag von 2013 haben. Durch dieses Vorgehen und durch Unterlassung einer vorherigen Unterrichtung des Rates unterlief die Kommission den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und verhinderte, dass der Rat (auf eigenen Wunsch) mitwirken konnte.

    136.

    Allerdings hat der Rat meiner Meinung nach nicht dargetan, dass der angefochtene Beschluss durch diesen Verstoß fehlerhaft wird, insbesondere im Hinblick auf Inhalt oder Form des Beschlusses, und dass dieser Verstoß hinreicht, eine Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu rechtfertigen. Meiner Ansicht nach entsprechen alle insoweit vorgebrachten Argumente des Rates den zur Substantiierung des ersten Klagegrundes angeführten Argumenten.

    137.

    Das dritte Argument betrifft ebenfalls das Verhalten der Kommission in der Zeit zwischen dem Erlass des angefochtenen Beschlusses und der Unterzeichnung des Nachtrags von 2013. Dieses Vorbringen bezieht sich auf ein Verhalten, das für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses ohne Bedeutung ist (selbst wenn es dafür sprechen mag, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit vorliegt).

    138.

    Ich gebe zu, dass das Verhalten vor Erlass eines streitigen Rechtsakts den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verletzen kann und sich auf den Inhalt oder die Form des Rechtsakts auswirkt. Unter Umständen mag dies einen triftigen Grund für die Nichtigerklärung des Rechtsakts darstellen.

    139.

    Wenn aber ein streitiger Rechtsakt (und das zu seinem Erlass führende Verhalten) nach den Feststellungen im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des Vertrags steht und auch im Übrigen mit dem Unionsrecht vereinbar ist und wenn der auf den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gestützte Klagegrund ein nach dem streitigen Rechtsakt liegendes Verhalten betrifft, kann der Klagegrund keine Bedeutung für die Rechtmäßigkeit dieses vorangegangenen Rechtsakts haben. Soweit das Verhalten eine nachgelagerte Handlung betrifft (wie hier die Unterzeichnung des Nachtrags von 2013), kann Klage nach Art. 263 AEUV, insbesondere wenn diese auf ein Verhalten gestützt wird, das gegen die Pflicht zur Unterlassung eines bestimmten Verhaltens verstößt, gegen die nachgelagerte Handlung erhoben werden, sofern die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Wenn umgekehrt die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit darauf gestützt wird, dass eine sich aus diesem Grundsatz ergebende Handlungspflicht verletzt wurde, dürfte eine Klage nach Art. 265 AEUV (wegen Unterlassung) der angemessenere Rechtsbehelf sein.

    140.

    Sollte der Gerichtshof den ersten Klagegrund zurückweisen, wird das vierte Argument zur Stützung des zweiten Klagegrundes hinfällig (der Rat bräuchte keine neue Fassung des Nachtrags von 2013 vorzulegen, um dem Verstoß gegen den genannten Grundsatz abzuhelfen). Außerdem gilt der in Art. 13 Abs. 2 Satz 2 EUV normierte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nicht für das Verhältnis zwischen der Union und Drittstaaten.

    141.

    Schließlich meint die Kommission mit ihrem Vorbringen, wonach der Rat unverzüglich vorläufigen Rechtsschutz (der in Art. 279 AEUV vorgesehen ist) hätte beantragen können und sollen, vermutlich einen Antrag auf Aussetzung der Durchführung des angefochtenen Beschlusses (nach Art. 278 AEUV). Da ein solcher Rechtsschutz den beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit in der Sache aber nicht berührt hätte, lässt sich meines Erachtens der Umstand, dass der Rat einen Antrag weder nach der einen noch nach der anderen Bestimmung gestellt hat, nicht dazu heranziehen, einem auf die Verletzung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit gestützten Klagegrund entgegenzutreten.

    142.

    Ich gelange zu dem Ergebnis, dass im Fall der Zurückweisung des ersten Klagegrundes der zweite Klagegrund ebenfalls zurückzuweisen ist.

    Antrag auf Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses

    143.

    Für den Fall, dass der Gerichtshof den angefochtenen Beschluss für nichtig erklärt, beantragt der Rat, das nach Art. 264 AEUV dem Gerichtshof zustehende Ermessen auszuüben und die Wirkungen des Beschlusses aufrechtzuerhalten, bis dieser ersetzt worden ist. Der Rat beruft sich zur Begründung seines Antrags auf Erwägungen zur Rechtssicherheit und zur Kohärenz des auswärtigen Handelns der Union.

    144.

    Die Wirkungen einer für nichtig erklärten Handlung können aus Gründen der Rechtssicherheit aufrechterhalten werden, insbesondere wenn die unmittelbaren Auswirkungen ihrer Nichtigerklärung schwerwiegende negative Folgen für die Betroffenen hätten und die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung nicht wegen ihres Ziels oder ihres Inhalts in Abrede gestellt wird, sondern aus Gründen der Unzuständigkeit ihres Urhebers oder der Verletzung wesentlicher Formvorschriften; dies schließt den hinsichtlich der Rechtsgrundlage der angefochtenen Handlung begangenen Fehler mit ein ( 70 ). In derartigen Fällen hat der Gerichtshof die Wirkungen aufrechterhalten, bis innerhalb angemessener Frist nach Verkündung des Urteils zur Nichtigerklärung der Handlung ein neuer, auf die geeignete Rechtsgrundlage gestützter Rechtsakt in Kraft getreten ist ( 71 ).

    145.

    Meiner Ansicht nach sind in Fällen, in denen es um die Außenbeziehungen geht, solche Anträge häufig dadurch bedingt ( 72 ), dass einerseits die Unionsvorschriften zur Regelung des auswärtigen Handelns der Union nicht gegenüber Dritten herangezogen werden können, mit denen die Union Außenbeziehungen pflegt, andererseits aber die Entscheidung zur Nichtigerklärung eines Rechtsakts, der der Union das auswärtige Handeln ermöglichte und/oder die Grundlage für dieses Handeln darstellte, zu erheblicher Rechtsunsicherheit innerhalb und außerhalb der Union führen und die Grundsätze aushöhlen kann, die das Fundament der Außenbeziehungen der Union bilden.

    146.

    Im vorliegenden Fall sollten die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses, d. h. die Billigung und die Ermächtigung zur Unterzeichnung des Nachtrags von 2013, aufrechterhalten werden. Andernfalls könnte die Nichtigerklärung die Wirksamkeit des auswärtigen Handelns der Union, das Gesamtpaket der Übereinkünfte mit der Schweiz, die den Hintergrund des Nachtrags von 2013 bilden, das sich daran anschließende bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und Kroatien sowie die (geplanten) Beiträge der Schweiz an Kroatien in Frage gestellt werden.

    147.

    Allerdings dürfte die Angabe eines konkreten Zeitraums für die Aufrechterhaltung der Wirkungen Schwierigkeiten bereiten. Hierzu wäre die Ermittlung der korrekten Rechtsgrundlage des zu erlassenden Beschlusses (einschließlich der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit) sowie eine Entscheidung der Frage erforderlich, ob die Union ausschließliche oder geteilte Zuständigkeit besitzt. Meines Erachtens kann der Gerichtshof entweder eine (zwangsläufig willkürliche) Frist – z. B. ein Jahr – setzen, innerhalb deren die Organe und (gegebenenfalls) die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme treffen müssen, oder er kann die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses aufrechterhalten, bis ein neuer Beschluss in Kraft tritt. Ich ziehe die letztgenannte Alternative vor.

    Kosten

    148.

    Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs sind der Kommission als unterliegender Partei im vorliegenden Rechtsstreit entsprechend dem Antrag des Rates die Kosten aufzuerlegen. Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten ihre eigenen Kosten.

    Ergebnis

    149.

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

    den Beschluss der Europäischen Kommission vom 3. Oktober 2013 über die Unterzeichnung des Nachtrags zur Vereinbarung vom 27. Februar 2006 über einen finanziellen Beitrag der Schweiz für nichtig zu erklären,

    die Wirkungen des Beschlusses aufrechterhalten, bis die aufgrund des Urteils des Gerichtshofs zu treffende Entscheidung wirksam wird,

    der Kommission die Kosten aufzuerlegen und

    der deutschen, der finnischen, der französischen, der griechischen, der litauischen, der polnischen, der tschechischen, der ungarischen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.


    ( 1 ) Originalsprache: Englisch.

    ( 2 ) C(2013) 6355 final.

    ( 3 ) D. h. des Fünften Teils des AEU-Vertrags über „das auswärtige Handeln der Union“.

    ( 4 ) Siehe oben, Nr. 12.

    ( 5 ) Vgl. auch Art. 207 AEUV über genauer ausgestaltete Verfahren zur Aushandlung und zum Abschluss internationaler Übereinkünfte im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik.

    ( 6 ) Verschiedene englischsprachige Fassungen der Dokumente, die für die Vorgeschichte der vorliegenden Rechtssache von Belang sind, verweisen auf die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten „acting within the Council“ bzw. „meeting within the Council“. Es ist unklar, ob die Verfasser dieser Dokumente diesen Begriffen unterschiedliche Bedeutung beimessen wollten.

    .

    ( 7 ) Eine weitere Anlage enthält eine Erklärung Portugals und Griechenlands zum schweizerischen Finanzbeitrag.

    ( 8 ) Am 20. Dezember 2007 schloss die Schweiz Rahmenabkommen mit den im Jahr 2004 beigetretenen zehn Mitgliedstaaten.

    ( 9 ) Diese Rechtssachen sind nicht mehr anhängig – vgl. Urteile Kommission/Rat (C‑28/12, EU:C:2015:282) und Kommission/Rat (C‑114/12, EU:C:2014:2151). In seinem Urteil in der Rechtssache C‑28/12 hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Beschluss nicht mit Art. 218 Abs. 2, 5 und 8 AEUV und damit nicht mit Art. 13 Abs. 2 EUV vereinbar sei, wenn er i) zum einen einen Rechtsakt betreffend die Unterzeichnung der in Rede stehenden Abkommen im Namen der Union und deren vorläufige Anwendung durch diese und zum anderen einen Rechtsakt betreffend die vorläufige Anwendung dieser Abkommen durch die Mitgliedstaaten verschmelze, ohne dass unterschieden werden könne, welcher Rechtsakt den Willen des Rates widerspiegele und welcher den Willen der Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringe, und ii) im Rahmen eines Verfahrens erlassen worden sei, das unterschiedslos zum Beschlussfassungsprozess des Rates gehörende Bestandteile und Bestandteile zwischenstaatlicher Natur enthalten habe (vgl. Rn. 49 und 51). In der (vor der Rechtssache C‑28/12 entschiedenen) Rechtssache C‑114/12 hat der Gerichtshof ausgeführt, dass der erste Klagegrund durchgreife, und eine Prüfung der übrigen Klagegründe (betreffend ähnliches Tätigwerden des Rates und der Mitgliedstaaten), auf die die Kommission ihre Klage gestützt habe, als nicht erforderlich erachtet werde (vgl. Rn. 104).

    ( 10 ) In ihrer Klagebeantwortung im vorliegenden Rechtsstreit beschreibt die Kommission ihren Standpunkt wie folgt: Der Rat könne nicht gleichzeitig seine eigene Autonomie und die Autonomie seiner Verfahren gegenüber den Mitgliedstaaten verteidigen; er scheine seine Funktion als Unionsorgan mit der Funktion der Mitgliedstaaten zu verwechseln.

    ( 11 ) D. h. vor Ablauf der schweizerischen Rechtsgrundlage (Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas vom 24. März 2006).

    ( 12 ) Siehe jedoch auch unten, Nr. 118.

    ( 13 ) Der angefochtene Beschluss fällt unter den Begriff „Handlungen mit allgemeiner Geltung – mit oder ohne Gesetzgebungscharakter – sowie individuelle Handlungen“ – vgl. Urteil Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 56).

    ( 14 ) In einem unlängst ergangenen Urteil hat der Gerichtshof den Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV untersucht, die sich, in der Formulierung des Gerichtshofs, dagegen richtete, dass die Kommission „ihre am 5. August 2013 verlautbarte Absicht umgesetzt hat“, indem sie nämlich im Namen der Union beim Internationalen Seegerichtshof eine schriftliche Stellungnahme eingereicht habe (Urteil Rat/Kommission, C‑73/14, EU:C:2015:663, Rn. 37). Nach Darstellung des Gerichtshofs wurde der Kommission mit der Klage des Rates vorgeworfen, dass sie „den Inhalt der … im Namen der Union eingereichten schriftlichen Stellungnahme nicht dem Rat zur vorherigen Zustimmung vorgelegt habe“ (Rn. 38 des genannten Urteils). Folglich muss der Gerichtshof die Klage des Rates in jener Rechtssache als zulässig erachtet haben (siehe auch unten, Fn. 17). Dann ergibt sich allerdings eine Reihe von Fragen zum Geltungsbereich von Art. 263 AEUV. Wie ist die Wahrung der in Art. 263 Abs. 6 AEUV festgelegten Fristen zu überprüfen, wenn die angefochtene Maßnahme des Organs darin besteht, dass es „seine Absicht umgesetzt hat“? Falls die Klage Erfolg hat, was genau wird dann für nichtig erklärt? Muss gleichwohl geprüft werden, ob die Maßnahme, in der diese Absicht zum Ausdruck gekommen ist, eine der Überwachung nach Art. 263 AEUV unterliegende Handlung ist? Wie weit ist der Begriff „Umsetzung von Absichten“? Kommt es darauf an, ob es sich bei der besagten Absicht um die Absicht des Organs handelt, gegen das die Nichtigkeitsklage gerichtet ist? Kann das Verfahren nach Art. 263 AEUV überhaupt angewandt werden, um die Nichtigerklärung einer Unterlassung der Kommission zu erwirken (ein Sachverhalt, für den Art. 265 AEUV konzipiert zu sein scheint)?

    ( 15 ) Vgl. z. B. Urteil Planet/Kommission (C‑564/13 P, EU:C:2015:124, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 16 ) Vgl. z. B. Urteile Kommission/Irland u. a. (C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 57) und Planet/Kommission (C‑564/13 P, EU:C:2015:124, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 17 ) In seinem Urteil Frankreich/Kommission (C‑233/02, EU:C:2004:173, Rn. 26) ist der Gerichtshof bei seiner Würdigung allerdings nicht in dieser Reihenfolge vorgegangen. In jener Rechtssache hat er nicht zuerst die Einwände der Kommission geprüft, dass die von der Kommission mit den Vereinigten Staaten von Amerika vereinbarten „Leitlinien für eine Zusammenarbeit in Regelungsfragen und zur Transparenz“ weder bindend seien noch Rechtswirkung entfalteten und daher keine Handlung der Kommission darstellten, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne. Der Gerichtshof hat eine Entscheidung über diese Einreden nicht für erforderlich angesehen, da die Klage jedenfalls als unbegründet abzuweisen sei. In anderen Fällen hat er eine Prüfung der Begründetheit für notwendig erachtet, um über die Zulässigkeit entscheiden zu können, da diese beiden Aspekte untrennbar miteinander verbunden seien – vgl. z. B. Urteil Frankreich/Parlament (C‑237/11 und C‑238/11, EU:C:2012:796, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:490, Nr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Urteil Rat/Kommission (C‑73/14) scheint der Gerichtshof einen vollkommen anderen Ansatz verfolgt zu haben, der die Klagemöglichkeit nach Art. 263 AEUV erweitert haben dürfte – siehe oben, Fn. 14. Falls der Gerichtshof jetzt wirklich bereit ist, in Rechtsstreitigkeiten zwischen Organen einen weniger strengen Maßstab für die Zulässigkeit heranzuziehen, wenn eine wichtige Grundsatzfrage entschieden werden muss, wäre es vielleicht besser, dies auch ausdrücklich zu sagen.

    ( 18 ) Vgl. Urteil Kommission/Rat (C‑425/13, EU:C:2015:483, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Grundsatz wurde ursprünglich im Urteil Kommission/Rat (22/70, EU:C:1971:32, im Folgenden: Urteil AETR, Rn. 42) entwickelt.

    ( 19 ) So scheint die dem Urteil Kommission/Rat (C‑27/04, EU:C:2004:436) zugrunde liegende These zu lauten.

    ( 20 ) Vgl. Urteile Kommission/Rat (C‑425/13, EU:C:2015:483, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung) und Athinaïki Techniki/Kommission (C‑521/06 P, EU:C:2008:422, Rn. 42).

    ( 21 ) Vgl. z. B. Urteil AETR (Rn. 55).

    ( 22 ) Vgl. z. B. Urteil AETR (Rn. 47 und 53).

    ( 23 ) Urteil Frankreich/Kommission (C‑327/91, EU:C:1994:305, Rn. 15).

    ( 24 ) Vgl. Urteil Kommission/Rat (C‑425/13, EU:C:2015:483, Rn. 29). In Rn. 28 hat der Gerichtshof auch auf seine frühere Entscheidung verwiesen (Urteil Kommission/Rat, C‑114/12, EU:C:2014:2151, Rn. 40), wonach ein auf der Grundlage von Art. 218 Abs. 3 und 4 AEUV erlassener Beschluss Rechtswirkungen entfaltet. Obwohl der Gerichtshof auf den Inhalt des Beschlusses abgestellt hat, scheinen die Rechtswirkungen anhand formaler Kriterien ermittelt worden zu sein, nämlich anhand der als Rechtsgrundlage angeführten Bestimmungen.

    ( 25 ) Urteil Deutschland/Rat (C‑399/12, EU:C:2014:2258, Rn. 63 und 64).

    ( 26 ) Urteil Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:2400, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung). Art. 218 AEUV findet Anwendung auf Verträge im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i des Wiener Übereinkommens vom 21. März 1986 über das Recht der Verträge zwischen Staaten und internationalen Organisationen oder zwischen internationalen Organisationen (A/CONF.129/15, im Folgenden: Wiener Übereinkommen von 1986) – vgl. Urteil Frankreich/Kommission (C‑327/91, EU:C:1994:305, Rn. 25). Vgl. auch Gutachten 1/13 (EU:C:2014:2303, Rn. 37).

    ( 27 ) Völkerrechtlich kann die Zustimmung, durch einen Vertrag gebunden zu sein, durch Genehmigung und Unterzeichnung ausgedrückt werden – vgl. Art. 11 des Wiener Übereinkommens von 1986 und Art. 11 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge (United Nations Treaty Series, Vol. 1155, S. 331, im Folgenden: Wiener Übereinkommen von 1969).

    ( 28 ) Vgl. Art. 18 des Wiener Übereinkommens von 1969 und Art. 18 des Wiener Übereinkommens von 1986.

    ( 29 ) Urteil Frankreich/Kommission (C‑327/91, EU:C:1994:305, Rn. 15).

    ( 30 ) Vgl. z. B. Urteil Frankreich/Kommission (C‑233/02, EU:C:2004:173, Rn. 42).

    ( 31 ) Vgl. Urteil Frankreich/Kommission (C‑233/02, EU:C:2004:173, Rn. 43 und 44) sowie Urteil des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Case Concerning Maritime Delimitation and Territorial Questions between Qatar and Bahrain, Zuständigkeit und Zulässigkeit (I.C.J. Reports 1994, S. 112, 120 und 121, Rn. 23). Soweit diese Begriffe eindeutig sind, können die Parteien später nicht geltend machen, sie hätten etwas anderes beabsichtigt (Rn. 27 des genannten IGH-Urteils).

    ( 32 ) Vgl. Gutachten (1/75, EU:C:1975:145, Abschnitt A Abs. 2) sowie Urteil des IGH in Case Concerning Maritime Delimitation and Territorial Questions between Qatar and Bahrain (oben in Fn. 31 angeführt, S. 120 und 121, Rn. 23). So ist die Verwendung des Begriffs „memorandum of understanding“ bzw. „addendum“ in der englischen Sprachfassung („Vereinbarung“ bzw. „Nachtrag“ in der deutschen Sprachfassung) nicht entscheidend. Vgl. auch IGH in den South West Africa cases, Vorabeinwendungen (I.C.J. Reports 1962, S. 331). Diese Begriffe können nämlich für beide Arten von internationalen Übereinkünften benutzt werden. Die Sektion Verträge des Bereichs Rechtsangelegenheiten der Vereinten Nationen weist darauf hin, dass der Begriff „memorandum of understanding“„häufig zur Bezeichnung eines Instruments verwendet wird, das weniger formal als ein typischer Vertrag oder eine typische internationale Übereinkunft ist. Vielfach werden operationale Modalitäten einer internationalen Rahmenübereinkunft so bezeichnet. Der Begriff kommt auch bei der Regelung technischer oder detaillierter Fragen zum Einsatz … So schließen die Vereinten Nationen in der Regel memoranda of understanding mit Mitgliedstaaten, um Friedensmissionen zu organisieren oder Konferenzen der Vereinten Nationen einzuberufen. Die Vereinten Nationen erachten solche von ihnen geschlossenen memoranda of understanding als bindend und registrieren sie amtlich“. United Nations, Treaty Handbook (2012), S. 68. Vgl. z. B. auch Aust, A., Modern Treaty Law and Practice, 2. Aufl. (Cambridge University Press, 2007), S. 26, und Gautier, P., „Non-binding Agreements“ in Max Planck Encyclopedia of Public International Law (Oxford University Press, 2006).

    ( 33 ) Nr. 3 des Nachtrags von 2013.

    ( 34 ) Es gibt viele verschiedene völkerrechtliche Instrumente, die nicht bindend sind, aber dennoch Völkerrechtssubjekte zur Änderung ihres Verhaltens veranlassen können, etwa Vertragsauslegungen durch entsprechend befugte internationale Gerichte oder nicht bindende Entscheidungen von Organen internationaler Organisationen.

    ( 35 ) Vgl. z. B. Art. 21 Abs. 3 EUV sowie Art. 7 AEUV und 205 AEUV.

    ( 36 ) Vgl. z. B. auch Urteile Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:2400) und Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:663).

    ( 37 ) Siehe unten, Nrn. 82 bis 84.

    ( 38 ) Vgl. z. B. Urteil Salzgitter/Kommission (C‑210/98 P, EU:C:2000:397, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 39 ) Die Begründungspflicht gilt für jede Handlung, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann – vgl. Urteil Kommission/Rat (C‑370/07, EU:C:2009:590, Rn. 42).

    ( 40 ) Vgl. Art. 17 Abs. 1 EUV.

    ( 41 ) EU:C:2014:334, Nrn. 86 und 94 bis 101.

    ( 42 ) Dokument 12498/13 (ein Anhang der Klagebeantwortung der Kommission). Das Dokument betrifft keine Instrumente, in denen lediglich Verwaltungsabsprachen für die praktische Zusammenarbeit zwischen Unionsorganen oder ‑einrichtungen und Drittstaaten oder internationalen Organisationen getroffen werden.

    ( 43 ) EU:C:2015:282. Siehe oben, Fn. 9.

    ( 44 ) Dies ergibt sich im Gegenschluss aus z. B. dem Urteil EFMA/Rat (C‑46/98 P, EU:C:2000:474, Rn. 38).

    ( 45 ) Vgl. Urteile Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 53) und Parlament/Rat (C‑355/10, EU:C:2012:516, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 46 ) Vgl. z. B. Urteil Kommission/Rat (C‑28/12, EU:C:2015:282, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Voraussetzung, dass eine Klage zum Schutz der Rechte des Klägers erhoben werden muss, gilt nur für Klagen nach Art. 263 Abs. 3 AEUV, nämlich für Klagen des Rechnungshofs, der Europäischen Zentralbank und des Ausschusses der Regionen.

    ( 47 ) Urteil Kommission/Schweden (C‑246/07, EU:C:2010:203, Rn. 77).

    ( 48 ) ABl. 2004, C 310, S. 1.

    ( 49 ) Vgl. Urteil Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:663, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 50 ) Urteil Frankreich/Kommission (C‑233/02, EU:C:2004:173, Rn. 40). Vgl. auch Urteil AETR (22/70, EU:C:1971:32, Rn. 72) sowie meine Schlussanträge in den Rechtssachen Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:334, Nrn. 99 und 100).

    ( 51 ) Urteil Frankreich/Kommission (C‑233/02, EU:C:2004:173, Rn. 40).

    ( 52 ) Urteil Frankreich/Kommission (C‑233/02, EU:C:2004:173, Rn. 45).

    ( 53 ) Siehe oben, Nrn. 75 bis 77.

    ( 54 ) Wie meines Erachtens die Wendung „nach Maßgabe der Verträge“ zu verstehen ist, habe ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:490, Nrn. 93 und 94) dargelegt.

    ( 55 ) Urteil Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:2400, Rn. 50).

    ( 56 ) Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:490, Nr. 104).

    ( 57 ) Vgl. auch Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 1 EUV. Die Beschlüsse des Europäischen Rates werden nach Maßgabe der in den Verträgen vorgesehenen Verfahren durchgeführt (vgl. Art. 22 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV).

    ( 58 ) Beispielsweise gibt es kein Äquivalent zu der in Art. 288 AEUV enthaltenen Aufzählung der für das interne Tätigwerden der Union zur Verfügung stehenden Rechtsakte.

    ( 59 ) Vgl. Art. 47 EUV.

    ( 60 ) Vgl. auch meine Schlussanträge in den Rechtssachen Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:334, Nr. 107) und in der Rechtssache Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:490, Nr. 94).

    ( 61 ) Vgl. meine Schlussanträge in den Rechtssachen Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:334, Nrn. 112 bis 121 und 123). Zur Möglichkeit, Art. 218 AEUV in anderem Rahmen anzuwenden, vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Deutschland/Rat (C‑399/12, EU:C:2014:289, Nrn. 101 bis 114).

    ( 62 ) Vgl. Urteil Rat/Kommission (C‑409/13, EU:C:2015:217, Rn. 64 und 65).

    ( 63 ) Vgl. Urteil Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:663, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 64 ) Zu Art. 218 AEUV vgl. Urteil Kommission/Rat (C‑425/13, EU:C:2015:483, Rn. 62), in dem der Gerichtshof diesen Artikel dahin charakterisiert, dass er „insofern eine eigene, allgemeine Bestimmung von verfassungsmäßiger Bedeutung darstellt, als er den Unionsorganen bestimmte Kompetenzen verleiht“.

    ( 65 ) Zu Art. 218 AEUV vgl. Urteil Kommission/Rat (C‑425/13, EU:C:2015:483, Rn. 64).

    ( 66 ) Vgl. z. B. Urteil Kommission/Schweden (C‑246/07, EU:C:2010:203, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 67 ) Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:490, Nr. 99).

    ( 68 ) Siehe insbesondere oben, Nr. 75.

    ( 69 ) Zu der sich aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit ergebenden Verpflichtung zur Konsultation vgl. Urteil Rat/Kommission (C‑73/14, EU:C:2015:663, Rn. 86).

    ( 70 ) Urteil Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:2400, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    ( 71 ) Vgl. z. B. Urteil Parlament und Kommission/Rat (C‑103/12 und C‑165/12, EU:C:2014:2400, Rn. 93).

    ( 72 ) Generalanwalt Wahl hat sich besorgt angesichts der immer wieder gestellten Anträge auf Aufrechterhaltung der Wirkungen geäußert, da damit der Gerichtshof im Wesentlichen ersucht werde, eine Entscheidung zu treffen, die keine Konsequenzen habe, was nicht die typische Aufgabe eines Gerichts sei – vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in den Rechtssachen Parlament und Kommission/Rat (C‑132/14 bis C‑136/14, EU:C:2015:425, Nr. 40).

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