EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62007CJ0370

Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 1. Oktober 2009.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Rat der Europäischen Union.
Nichtigkeitsklage - Festlegung von Standpunkten, die im Namen der Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium zu vertreten sind - Begründungspflicht - Angabe der Rechtsgrundlage - 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES).
Rechtssache C-370/07.

European Court Reports 2009 I-08917

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:590

Rechtssache C‑370/07

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

gegen

Rat der Europäischen Union

„Nichtigkeitsklage – Festlegung von Standpunkten, die im Namen der Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium zu vertreten sind – Begründungspflicht – Angabe der Rechtsgrundlage – 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES)“

Leitsätze des Urteils

1.        Handlungen der Organe – Begründung – Verpflichtung – Umfang – Bezugnahme auf die Rechtsgrundlage eines Rechtsakts

(Art. 253 EG)

2.        Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Rechtssicherheit – Gemeinschaftsregelung

3.        Handlungen der Organe – Begründung – Verpflichtung – Umfang

(Art. 230 EG, 249 EG und 253 EG)

4.        Europäische Gemeinschaften – Begrenzte Ermächtigungen – Interne und externe Befugnisse – Verpflichtung zur Angabe der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts

(Art. 5 Abs. 1 EG, 133 EG und 175 EG)

5.        Handlungen der Organe – Angabe der zugrunde gelegten Rechtsgrundlage

(Art. 133 EG, 175 EG und 300 Abs. 2 EG)

1.        Die in Art. 253 EG verankerte Begründungspflicht verlangt, dass alle dort angesprochenen Rechtsakte eine Darstellung der Gründe enthalten, die das Organ zu ihrem Erlass veranlasst haben, so dass der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann und sowohl die Mitgliedstaaten als auch die beteiligten Dritten erfahren, unter welchen Bedingungen die Gemeinschaftsorgane den Vertrag angewandt haben. Die Verpflichtung, die Rechtsgrundlage eines Akts anzugeben, gehört zur Begründungspflicht. Zwar kann die Unterlassung der Bezugnahme auf eine bestimmte Vorschrift des Vertrags dann kein wesentlicher Fehler sein, wenn die Rechtsgrundlage eines Akts anhand anderer Bestandteile dieses Akts ermittelt werden kann; eine solche ausdrückliche Bezugnahme ist jedoch erforderlich, wenn die Betroffenen und der Gerichtshof ohne sie über die genaue Rechtsgrundlage im Unklaren gelassen würden.

(vgl. Randnrn. 37-38, 56)

2.        Das Gebot der Rechtssicherheit verlangt, dass jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen soll, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts entnimmt, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein muss und die Rechtsform vorschreibt, in der die Maßnahme zu erlassen ist.

(vgl. Randnr. 39)

3.        Die Begründungspflicht, die insbesondere durch die gerichtliche Kontrolle gerechtfertigt ist, die der Gerichtshof ausüben können muss, muss für jede Handlung gelten, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann, d. h. unabhängig von ihrer Form für alle von den Organen erlassenen Vorschriften, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen.

Ein Beschluss des Rates über die Festlegung des im Namen der Europäischen Gemeinschaft zu vertretenden Standpunkts zu bestimmten Vorschlägen, die der 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen vorgelegt wurden, erzeugt verbindliche Rechtswirkungen, indem er den Standpunkt der Gemeinschaft in Bezug auf in ihren Zuständigkeitsbereich fallende Bereiche festlegt, und hat verbindlichen Charakter zum einen für den Rat und die Kommission und zum anderen für die Mitgliedstaaten, indem er sie verpflichtet, diesen Standpunkt zu vertreten. Daher ist dieser Beschluss zu begründen und muss somit die Rechtsgrundlage anführen, auf die er gestützt ist, damit insbesondere der Gerichtshof seine gerichtliche Kontrolle ausüben kann.

(vgl. Randnrn. 42-45)

4.        Die Angabe der Rechtsgrundlage eines gemeinschaftlichen Rechtsakts ist im Hinblick auf den in Art. 5 Abs. 1 EG verankerten Grundsatz der begrenzten Ermächtigung geboten, wonach die Gemeinschaft innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele sowohl für internes als auch für völkerrechtliches Gemeinschaftshandeln tätig wird. Insoweit hat die Wahl der geeigneten Rechtsgrundlage verfassungsrechtliche Bedeutung, da die Gemeinschaft, die nur über begrenzte Ermächtigungen verfügt, diesen Beschluss mit einer Bestimmung des Vertrags verknüpfen muss, die sie ermächtigt, einen derartigen Rechtsakt zu genehmigen.

Darüber hinaus legt die Angabe der Rechtsgrundlage die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten fest.

Was den Erlass eines Beschlusses durch den Rat über die Festlegung des im Namen der Europäischen Gemeinschaft zu vertretenden Standpunkts zu bestimmten Vorschlägen, die der 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen vorgelegt wurden, angeht, so hätte eine Anwendung allein von Art. 175 EG oder von Art. 133 EG nicht dieselben Konsequenzen für die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten wie eine eventuelle Anwendung dieser beiden Bestimmungen in Verbindung miteinander, da Art. 133 EG der Gemeinschaft eine ausschließliche Zuständigkeit verleiht, während Art. 175 EG eine zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit vorsieht. Die Nichtangabe einer Rechtsgrundlage kann daher Unsicherheit über die Natur der Zuständigkeit der Gemeinschaft hervorrufen und sie in der Vertretung ihres Standpunkts bei völkerrechtlichen Verhandlungen schwächen.

(vgl. Randnrn. 46-47, 49)

5.        Die Angabe der Rechtsgrundlage hat eine besondere Bedeutung für die Wahrung der Rechte der durch das Verfahren für den Erlass eines Rechtsakts betroffenen Gemeinschaftsorgane. Hinsichtlich eines Beschlusses des Rates über die Festlegung des im Namen der Europäischen Gemeinschaft zu vertretenden Standpunkts zu bestimmten Vorschlägen, die der 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen vorgelegt wurden, kann eine solche Angabe Auswirkungen auf die Befugnisse des Parlaments haben, denn die Art. 133 EG, 175 EG und 300 Abs. 2 EG weisen ihm nicht denselben Grad an Mitwirkung beim Erlass eines Rechtsakts zu. Die Angabe der Rechtsgrundlage ist außerdem erforderlich, um die Abstimmungsmodalitäten innerhalb des Rates festzulegen, da Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 1 EG insoweit vorsieht, dass der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließt, es sei denn, das Abkommen betrifft einen Bereich, in dem für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit vorgesehen ist, oder es handelt sich um in Art. 310 EG genannte Abkommen.

(vgl. Randnr. 48)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

1. Oktober 2009(*)

„Nichtigkeitsklage – Festlegung von Standpunkten, die im Namen der Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium zu vertreten sind – Begründungspflicht – Angabe der Rechtsgrundlage – 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES)“

In der Rechtssache C‑370/07

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, eingereicht am 2. August 2007,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Valero Jordana und C. Zadra als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.‑P. Jacqué, F. Florindo Gijón und K. Michoel als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch E. Jenkinson und I. Rao als Bevollmächtigte im Beistand von D. Wyatt, QC,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter J.‑C. Bonichot, J. Makarczyk und L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2009,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 23. April 2009

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Nichtigerklärung des Beschlusses des Rates vom 24. Mai 2007 über die Festlegung des im Namen der Europäischen Gemeinschaft zu vertretenden Standpunkts zu bestimmten Vorschlägen, die der 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) vom 3. bis 15. Juni 2007 in Den Haag (Niederlande) vorgelegt wurden (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 253 EG bestimmt:

„Die Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, die vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam oder vom Rat oder von der Kommission angenommen werden, sind mit Gründen zu versehen und nehmen auf die Vorschläge oder Stellungnahmen Bezug, die nach diesem Vertrag eingeholt werden müssen.“

3        Art. 300 Abs. 2 EG in der durch den Vertrag von Nizza geänderten Fassung lautet:

„Vorbehaltlich der Zuständigkeiten, welche die Kommission auf diesem Gebiet besitzt, werden die Unterzeichnung, mit der ein Beschluss über die vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten einhergehen kann, sowie der Abschluss der Abkommen vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschlossen. Der Rat beschließt einstimmig, wenn das Abkommen einen Bereich betrifft, in dem für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie im Fall der in Artikel 310 genannten Abkommen.

Abweichend von Absatz 3 gelten diese Verfahren auch für Beschlüsse zur Aussetzung der Anwendung eines Abkommens oder zur Festlegung von Standpunkten, die im Namen der Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sobald dieses Gremium rechtswirksame Beschlüsse – mit Ausnahme von Beschlüssen zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens des betreffenden Abkommens – zu fassen hat.

Das Europäische Parlament wird über alle nach diesem Absatz gefassten Beschlüsse über die vorläufige Anwendung oder die Aussetzung eines Abkommens oder die Festlegung des Standpunkts, den die Gemeinschaft in einem durch ein Abkommen eingesetzten Gremium vertritt, unverzüglich und umfassend unterrichtet.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

4        Das am 3. März 1973 in Washington unterzeichnete Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (im Folgenden: CITES) trat am 1. Juli 1975 in Kraft. Es soll vom Aussterben bedrohte gefährdete Arten freilebender Tiere und Pflanzen insbesondere durch die Beschränkung und Reglementierung des Handels mit ihnen schützen.

5        Die Gemeinschaft ist nicht Vertragspartei des CITES. Sie hat bei den Konferenzen der CITES-Vertragsparteien einen Beobachterstatus. Seit 1982 ergreift sie jedoch autonom Maßnahmen, die die Durchführung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus dem CITES in der Gemeinschaft bezwecken.

6        Die zu einer autonomen Umsetzung des CITES erlassene jüngste Maßnahme ist die Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. 1997, L 61, S. 1). Sie wurde auf der Grundlage von Art. 130s des EG-Vertrags (nach Änderung Art. 175 Abs. 1 EG) erlassen.

7        Die Kommission übermittelte dem Rat am 4. April 2007 einen Vorschlag für die Annahme des angefochtenen Beschlusses, der sich hinsichtlich der Rechtsgrundlage dieses Beschlusses zum einen auf die Art. 175 Abs. 1 EG und 133 EG und zum anderen auf Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG stützte.

8        Der Rat nahm den angefochtenen Beschluss, der die Rechtsgrundlage, auf die er gestützt ist, nicht angibt, am 24. Mai 2007 an.

9        Mit Schreiben vom 14. Juni 2007 übermittelte der Rat diesen Beschluss dem Parlament.

10      Der angefochtene Beschluss hat folgenden Wortlaut:

„Artikel 1

Der Standpunkt der Gemeinschaft, den die Mitgliedstaaten, die gemeinsam im Interesse der Gemeinschaft handeln, in Bezug auf in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fallende Bereiche auf der 14. Konferenz der CITES-Vertragsparteien vertreten sollen, entspricht den Anhängen zu diesem Beschluss.

Artikel 2

Wenn neue wissenschaftliche oder technische Informationen, die nach der Annahme dieses Beschlusses oder vor oder während der 14. Konferenz der Vertragsparteien vorgelegt werden, Auswirkungen auf den Standpunkt im Sinne des Artikels 1 haben könnten oder wenn auf dieser Konferenz neue Vorschläge in Angelegenheiten unterbreitet werden, zu denen die Gemeinschaft noch keinen Standpunkt festgelegt hat, ist hinsichtlich der Bereiche, die in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaft fallen, durch Koordinierung an Ort und Stelle ein Standpunkt zu dem Vorschlag zu vereinbaren, bevor die Konferenz der Vertragsparteien darüber abstimmt.“

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

11      Die Kommission beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären und

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

12      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        hilfsweise, für den Fall, dass der Gerichtshof den angefochtenen Beschluss für nichtig erklärt, festzustellen, dass dessen Wirkungen fortgelten, und

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 20. November 2007 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

 Zur Klage

 Zur Zulässigkeit

14      Der Rat macht in Rahmen einer verfahrensrechtlichen Vorbemerkung geltend, dass die Klage gegenstandslos sei, weil der angefochtene Beschluss seine sämtlichen rechtlichen Wirkungen bereits entfaltet habe, denn der Standpunkt der Gemeinschaft, den er enthalte, sei bei der Konferenz der CITES-Vertragsparteien in Den Haag vom 3. bis 15. Juni 2007 abgegeben worden.

15      Die Kommission, die klarstellt, dass die Erhebung der vorliegenden Klage auf den Erlass eines Urteils durch den Gerichtshof abziele, mit dem dem Rat für die Zukunft verwehrt werde, im Rahmen der Konferenz der CITES-Vertragsparteien Rechtsakte ohne Angabe ihrer Rechtsgrundlage zu erlassen, hält die Klage für zulässig.

16      Insoweit ist zu beachten, dass die Kommission für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen solche Rechtsakte kein Rechtsschutzinteresse dartun muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 1987, Kommission/Rat, 45/86, Slg. 1987, 1493, Randnr. 3).

17      Außerdem hat der Gerichtshof bereits die Zulässigkeit von Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit eines Rechtsakts bejaht, der bereits vollzogen oder zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr anwendbar war (vgl. Urteile vom 24. Juni 1986, AKZO Chemie und AKZO Chemie UK/Kommission, 53/85, Slg. 1986, 1965, Randnr. 21, und vom 26. April 1988, Apesco/Kommission, 207/86, Slg. 1988, 2151, Randnr. 16).

18      Somit ist die Klage zulässig.

 Zur Begründetheit

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

19      Zur Begründung ihrer Klage macht die Kommission mit einem einzigen Klagegrund eine Verletzung der Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG geltend, da der angefochtene Beschluss die Rechtsgrundlage, auf die er gestützt sei, nicht angebe.

20      Die Kommission führt aus, dass sie vorgeschlagen habe, dem angefochtenen Beschluss Art. 133 EG in Verbindung mit Art. 175 EG als materielle Rechtsgrundlage zugrunde zu legen, da im Rahmen des CITES die Regelung des Handels mit den Arten und deren Erhaltung eine einander ebenbürtige Bedeutung hätten. Dadurch, dass diese doppelte Rechtsgrundlage nicht angegeben worden sei, seien den betroffenen Gemeinschaftsorganen und den Mitgliedstaaten Hinweise über ihre jeweiligen Zuständigkeiten und somit über ihre jeweilige Rolle im Rahmen der Konferenz der CITES-Vertragsparteien vorenthalten worden. Der Umstand, dass die Verordnung Nr. 338/97 nur auf Art. 175 EG gestützt sei und nicht auf Art. 133 EG in Verbindung mit Art. 175 EG, sei unerheblich, weil die Bestimmung der Rechtsgrundlage eines Akts unter Berücksichtigung seines Zieles und seines speziellen Inhalts und nicht in Anbetracht der für den Erlass anderer ähnlicher Gemeinschaftsakte herangezogenen Rechtsgrundlage vorzunehmen sei.

21      Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Rechtsgrundlage sei nur ein auf Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG gestützter Rechtsakt das geeignete rechtliche Instrument, um einen Standpunkt der Gemeinschaft festzulegen, wenn ein rechtswirksamer Beschluss der Konferenz der CITES-Vertragsparteien angenommen werden solle und der gemeinschaftliche Besitzstand durch diese Annahme berührt werden könne. Die Nichtangabe dieser Rechtsgrundlage sei Ursache für eine große Unsicherheit über das tatsächliche Verfahren des Rates gewesen und habe die Rechte des Parlaments beeinträchtigt.

22      Unter Bezugnahme auf das angeführte Urteil Kommission/Rat macht die Kommission ferner geltend, dass sich die Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses nicht aus seinen anderen Bestandteilen ableiten lasse. Im Übrigen habe der Rat in dem angefochtenen Beschluss jede Verweisung auf den Vertrag vermieden.

23      Die Kommission widerspricht dem Vorbringen des Rates, der angefochtene Beschluss sei keine Entscheidung im Sinne von Art. 249 EG. Die Unterscheidung zwischen zwei Arten von Entscheidungen, die der Rat auf der Grundlage der Verwendung zweier verschiedener Ausdrücke in der deutschen Fassung des Vertrags („Entscheidung“ und „Beschluss“) vornehme, die lediglich in zwei weiteren Sprachfassungen des Vertrags enthalten sei, nämlich in der niederländischen („beschikking“ und „besluit“) und in der slowenischen („odločba“ und „sklep“), habe insoweit keine Grundlage im Vertrag. Dieser treffe nämlich keine Unterscheidung zwischen den von Art. 253 EG erfassten Entscheidungen und anderen Entscheidungen. Hervorzuheben sei, dass die in Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG aufgeführten Akte mit dem Begriff „decisions“ [in der deutschen Sprachfassung „Beschlüsse“] bezeichnet seien, und die englische und die französische Fassung des Vertrags entsprächen in ihrem Kontext betrachtet dieser Terminologie.

24      Das Fehlen der Angabe der Rechtsgrundlage in dem angefochtenen Beschluss könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass sich dieser Akt nur an die Parteien richte, die an seinem Erlass beteiligt gewesen seien, da die Rechte der Organe gewahrt werden müssten und die vom Gerichtshof ausgeübte gerichtliche Kontrolle nicht behindert werden dürfe.

25      Die Kommission bestreitet die Erheblichkeit des Hinweises auf das Urteil vom 31. März 1971, Kommission/Rat, „AETR“ (22/70, Slg. 1971, 263), in dem es um bestimmte „Verhandlungen des Rates“ gegangen sei, da in der vorliegenden Rechtssache ein Akt in Rede stehe, der nach Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG erlassen worden und ausdrücklich in Art. 253 EG aufgeführt sei. Dagegen sei es in der Rechtssache AETR um einen unter Berücksichtigung der sehr speziellen Umstände jenes Falles erlassenen Akt gegangen, den der Gerichtshof nur unter diesen Umständen als gültig angesehen und dem die Kommission zugestimmt habe.

26      Das Fehlen der Angabe der Rechtsgrundlage in dem angefochtenen Beschluss stelle nicht nur einen rein formalen Fehler dar, weil die Wahl der Rechtsgrundlage nach Auffassung des Gerichtshofs verfassungsrechtliche Bedeutung habe (Gutachten 2/00 vom 6. Dezember 2001, Slg. 2001, I‑9713, Randnr. 5), so dass ein solcher Fehler einen Verstoß begründe, der das vom Vertrag errichtete konstitutionelle Gleichgewicht zwischen den Organen und zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten beeinträchtige. Der Rat habe die Angabe der fraglichen Rechtsgrundlage auch bewusst unterlassen und so zu verstehen gegeben, dass er die Auffassung, ihre ausdrückliche Angabe sei notwendig, nicht teile.

27      Im Übrigen sei das in Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG vorgesehene Verfahren nicht eingehalten worden, da der angefochtene Beschluss dem Parlament erst drei Wochen nach seiner Annahme, nämlich am 14. Juni 2007, übermittelt worden sei, so dass diese verspätete Übermittlung die Rechte des Parlaments beschränkt habe.

28      Schließlich bestreitet die Kommission die Erheblichkeit der ergänzenden Ausführungen des Rates zur Praxis der Festlegung von Standpunkten der Gemeinschaft und erinnert daran, dass nach der Rechtsprechung eine bloße Praxis des Rates nicht die vom Vertrag aufgestellten Regeln abändern könne (Urteil vom 23. Februar 1988, Vereinigtes Königreich/Rat, 68/86, Slg. 1988, 855, Randnr. 24).

29      Der Rat führt als Hauptargument an, dass er im vorliegenden Fall nicht verpflichtet gewesen sei, die Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses anzugeben, da dieser ein im Deutschen mit dem Ausdruck „Beschluss“ bezeichneter, vom Rat im Rahmen der Außenbeziehungen der Gemeinschaft nach Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG angenommener Akt sui generis sei. Dieser Beschluss sei von dem mit dem deutschen Ausdruck „Entscheidung“ bezeichneten Akt nach den Art. 249 EG und 253 EG zu unterscheiden.

30      Da der angefochtene Beschluss keine Auswirkung auf die Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten und die Beziehungen zwischen den Organen habe und daher nicht auf die Rechte und Rechtspflichten Dritter wie natürlicher Personen oder Gesellschaften wirke, gebe es keinen Grund für eine Begründungspflicht, denn dieser Beschluss richte sich nur an die Parteien, die an seinem Erlass beteiligt gewesen seien. Wie der Gerichtshof im Urteil AETR, in dem es um „Verhandlungen des Rates“ zum Abschluss eines völkerrechtlichen Übereinkommens gegangen sei, entschieden habe, sei der angefochtene Beschluss als solcher nicht in der abschließenden Liste der Akte enthalten, die einer Begründungspflicht unterlägen.

31      Hilfsweise macht der Rat unter Bezugnahme auf das Urteil vom 14. Dezember 2004, Swedish Match (C‑210/03, Slg. 2004, I‑11893, Randnr. 44), geltend, dass der fehlende Hinweis in einem Rechtsakt auf seine Rechtsgrundlage lediglich einen rein formalen Fehler darstelle. Das Fehlen eines solchen Hinweises in dem angefochtenen Beschluss habe nämlich keinerlei Auswirkung auf das für seine Annahme anwendbare Verfahren gehabt, da im vorliegenden Fall das in Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG vorgesehene Verfahren eingehalten worden sei. Diese Bestimmung verlange eine Übermittlung des fraglichen Akts an das Parlament nur zu Informationszwecken, sehe aber keine Frist vor und verpflichte es nicht, diesen Akt einer parlamentarischen Kontrolle zu unterwerfen.

32      Hinsichtlich der von der Kommission vorgeschlagenen doppelten materiellen Rechtsgrundlage führt der Rat aus, da die Verordnung Nr. 338/97 auf der Grundlage eines einzigen Artikels, des Art. 130s des Vertrags, erlassen worden sei, sei es nicht möglich gewesen, im Rat eine qualifizierte Mehrheit dafür zu erreichen, die vorgeschlagene kombinierte Rechtsgrundlage zugrunde zu legen.

33      Es sei wichtig gewesen, vor dem Beginn der 14. Konferenz der CITES-Vertragsparteien einen Standpunkt der Gemeinschaft gemäß den im Vertrag vorgesehenen Verfahren zu erlassen. Die fehlende Angabe der Rechtsgrundlage in dem angefochtenen Beschluss habe sich weder auf das Verfahren ausgewirkt, das zur Annahme dieses Beschlusses geführt habe, noch auf seine Rechtsverbindlichkeit, noch auf die Verhandlungen selbst, die in der Konferenz stattgefunden hätten, und auch nicht auf die Rolle der Kommission und der Mitgliedstaaten bei diesen Verhandlungen. Die Rolle der Kommission bei diesen Verhandlungen sei durch den Umstand, dass die Gemeinschaft nicht Vertragspartei des CITES sei, und nicht durch die fehlende Angabe der Rechtsgrundlage in dem angefochtenen Beschluss bestimmt – und begrenzt – gewesen.

34      Das Fehlen der Angabe der Rechtsgrundlage in dem angefochtenen Beschluss habe sich auch nicht auf die Annahme des entsprechenden innergemeinschaftlichen Rechtsakts ausgewirkt, da Art. 19 der Verordnung Nr. 338/97 vorsehe, dass die Annahme von Änderungen der Anhänge dieser Verordnung, die aus Beschlüssen der Parteien der Konferenz und aus Beschlüssen des Ständigen Ausschusses des CITES-Übereinkommens resultierten, nach einem Ausschussverfahren erfolge.

35      Zudem sei die Praxis bei der Festlegung von Standpunkten der Gemeinschaft sehr unterschiedlich, und zwar auch nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Nizza. Zum einen gebe es Beschlüsse des Rates, die sich entweder nur auf die materielle Rechtsgrundlage oder nur auf Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG bezögen. Zum anderen sei es nicht ungewöhnlich, dass die Standpunkte der Gemeinschaft durch eine vom Rat erteilte unmittelbare Genehmigung des Textes, zu dem der Standpunkt gefasst werden müsse, festgelegt würden, ohne dass diese Genehmigung mit einem Akt sui generis verbunden sei. In letzteren Fällen habe der Rat immer auf Vorschlag der Kommission unter Berücksichtigung der von ihr vorgeschlagenen Form entschieden.

36      Das Vereinigte Königreich unterstützt die gesamten Ausführungen des Rates und fügt hinzu, dass Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG keine Bestimmung enthalte, wonach Akte sui generis durch Entscheidungen nach Art. 249 EG ersetzt werden könnten. Außerdem habe die Beteiligung der Kommission an dem Verfahren, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt habe, und an den Verhandlungen über das CITES-Übereinkommen diesem Organ alle rechtlichen Garantien geboten, die Art. 253 EG Dritten verbürgen solle. Die Akte sui generis verliehen der Gemeinschaft die Flexibilität, die für eine effiziente Mitwirkung in den durch völkerrechtliche Übereinkommen eingesetzten Gremien erforderlich sei, und es laufe den Interessen der Gemeinschaft zuwider, den Rat zu verpflichten, die Rechtsgrundlage jedes Akts von der Art des im vorliegenden Fall in Rede stehenden anzugeben. Dass der Rat nach Art. 253 EG keiner strikten Verpflichtung zur Angabe der Rechtsgrundlage eines Akts sui generis unterliege, bedeute nicht, dass er diese nicht anzugeben brauche.

 Würdigung durch den Gerichtshof

37      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die in Art. 253 EG verankerte Begründungspflicht, dass alle dort angesprochenen Rechtsakte eine Darstellung der Gründe enthalten, die das Organ zu ihrem Erlass veranlasst haben, so dass der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann und sowohl die Mitgliedstaaten als auch die beteiligten Dritten erfahren, unter welchen Bedingungen die Gemeinschaftsorgane den Vertrag angewandt haben (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil vom 17. Mai 1994, Frankreich/Kommission, C‑41/93, Slg. 1994, I‑1829, Randnr. 34).

38      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gehört die Verpflichtung, die Rechtsgrundlage eines Akts anzugeben, zur Begründungspflicht (vgl. u. a. Urteile Kommission/Rat, Randnr. 9, und vom 20. September 1988, Spanien/Rat, 203/86, Slg. 1988, 4563, Randnrn. 36 bis 38).

39      Wie der Gerichtshof ebenfalls entschieden hat, verlangt das Gebot der Rechtssicherheit, dass jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen soll, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts entnimmt, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein muss und die Rechtsform vorschreibt, in der die Maßnahme zu erlassen ist (Urteil vom 16. Juni 1993, Frankreich/Kommission, C‑325/91, Slg. 1993, I‑3283, Randnr. 26).

40      Anhand dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss ohne Angabe seiner Rechtsgrundlage wirksam erlassen werden konnte. Zu diesem Zweck ist zu untersuchen, ob dieser Beschluss der Begründungspflicht unterliegt und ob in ihm folglich die Rechtsgrundlage angegeben sein muss.

41      Zur Begründung ihrer jeweiligen Auffassung tragen die Beteiligten hauptsächlich Argumente terminologischer Natur vor und stützen sich dabei auf die verschiedenen Sprachfassungen von Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG. Die Kommission macht geltend, dass der angefochtene Beschluss eine Entscheidung im Sinne von Art. 249 EG sei, die im Deutschen mit dem Ausdruck „Entscheidung“ bezeichnet werde, und dass er daher begründet werden müsse. Der Rat, unterstützt durch das Vereinigte Königreich, meint dagegen, dass es sich um einen im Deutschen mit dem Ausdruck „Beschluss“ bezeichneten Akt sui generis handele, der nicht von Art. 253 EG erfasst sei.

42      Hierzu ist festzustellen, dass die Qualifizierung des angefochtenen Beschlusses als Entscheidung im Sinne von Art. 249 EG oder als Beschluss sui generis im vorliegenden Fall nicht für die Feststellung maßgeblich ist, ob er der Begründungspflicht unterliegt. Diese Pflicht, die insbesondere durch die gerichtliche Kontrolle gerechtfertigt ist, die der Gerichtshof ausüben können muss, muss für jede Handlung gelten, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann. Nach ständiger Rechtsprechung sind anfechtbare Handlungen im Sinne von Art. 230 EG unabhängig von ihrer Form alle von den Organen erlassenen Vorschriften, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen sollen (vgl. u. a. Urteile AETR, Randnr. 42, vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9, und vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, Slg. 2008, I‑5829, Randnr. 42). Folglich unterliegt grundsätzlich jede Rechtswirkungen erzeugende Handlung der Begründungspflicht.

43      Im vorliegenden Fall legt der angefochtene Beschluss nach dem Wortlaut seines Art. 1 den Standpunkt der Gemeinschaft in den in ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen fest, der von den gemeinsam im Interesse der Gemeinschaft handelnden Mitgliedstaaten bei der 14. Konferenz der CITES-Vertragsparteien vertreten wird.

44      Der angefochtene Beschluss ist daher eine Handlung, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, indem er den Standpunkt der Gemeinschaft im Rahmen dieser 14. Konferenz festlegt, und die verbindlichen Charakter zum einen für den Rat und die Kommission und zum anderen für die Mitgliedstaaten hat, indem er sie verpflichtet, diesen Standpunkt zu vertreten.

45      Folglich ist der angefochtene Beschluss zu begründen und muss somit die Rechtsgrundlage anführen, auf die er gestützt ist, damit insbesondere der Gerichtshof seine gerichtliche Kontrolle ausüben kann.

46      Die Angabe der Rechtsgrundlage ist auch im Hinblick auf den in Art. 5 Abs. 1 EG verankerten Grundsatz der begrenzten Ermächtigung geboten, wonach die Gemeinschaft innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele sowohl für internes als auch für völkerrechtliches Gemeinschaftshandeln tätig wird (vgl. Gutachten 2/94 vom 28. März 1996, Slg. 1996, I‑1759, Randnr. 24).

47      Insoweit ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die Wahl der geeigneten Rechtsgrundlage verfassungsrechtliche Bedeutung hat, da die Gemeinschaft, die nur über begrenzte Ermächtigungen verfügt, den angefochtenen Beschluss mit einer Bestimmung des Vertrags verknüpfen muss, die sie ermächtigt, einen derartigen Rechtsakt zu genehmigen (vgl. in diesem Sinne Gutachten 2/00, Randnr. 5).

48      Die Angabe der Rechtsgrundlage hat auch eine besondere Bedeutung für die Wahrung der Rechte der durch das Verfahren für den Erlass eines Rechtsakts betroffenen Gemeinschaftsorgane. So kann in der vorliegenden Rechtssache eine solche Angabe Auswirkungen auf die Befugnisse des Parlaments haben, denn die Art. 133 EG, 175 EG und 300 Abs. 2 EG weisen ihm nicht denselben Grad an Mitwirkung beim Erlass eines Rechtsakts zu. Die Angabe der Rechtsgrundlage ist außerdem erforderlich, um die Abstimmungsmodalitäten innerhalb des Rates festzulegen. Insoweit sieht Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 1 EG vor, dass der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließt, es sei denn, das Abkommen betrifft einen Bereich, in dem für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit vorgesehen ist, oder es handelt sich um in Art. 310 EG genannte Abkommen.

49      Darüber hinaus legt die Angabe der Rechtsgrundlage die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten fest. Im vorliegenden Fall hätte eine Anwendung allein von Art. 175 EG oder von Art. 133 EG nämlich nicht dieselben Konsequenzen für die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten wie eine eventuelle Anwendung dieser beiden Bestimmungen in Verbindung miteinander, da Art. 133 EG der Gemeinschaft eine ausschließliche Zuständigkeit verleiht, während Art. 175 EG eine zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit vorsieht. Die Nichtangabe einer Rechtsgrundlage kann daher Unsicherheit über die Natur der Zuständigkeit der Gemeinschaft hervorrufen und sie in der Vertretung ihres Standpunkts bei völkerrechtlichen Verhandlungen schwächen.

50      Die Feststellung, dass der angefochtene Beschluss die Rechtsgrundlage, auf die er gestützt ist, hätte angeben müssen, kann durch die vom Rat und vom Vereinigten Königreich angeführten Argumente nicht in Frage gestellt werden.

51      Was erstens die Berufung des Rates auf das Urteil AETR betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der angefochtene Beschluss und der im Urteil AETR streitige Beschluss nicht in vergleichbaren Situationen ergangen sind. Jener Beschluss betraf die geeigneten Modalitäten einer Zusammenarbeit, um die Interessen der Gemeinschaft bei der Aushandlung und beim Abschluss des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit der Fahrzeugbesatzungen im internationalen Straßenverkehr zu wahren, und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die Umsetzung der neuen Aufteilung der Zuständigkeiten innerhalb der Gemeinschaft den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen gefährden konnte. Es handelte sich daher um einen Akt, der unter den speziellen Umständen der Rechtssache, die zu dem Urteil AETR geführt hat, erlassen worden war. Nichts Derartiges liegt im hier zu entscheidenden Fall vor, da der Rat einen Beschluss nach Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG erlassen hat.

52      Was zweitens das Argument des Vereinigten Königreichs betrifft, dass ein übermäßiger Formalismus die Effizienz der Mitwirkung der Gemeinschaft in durch völkerrechtliche Abkommen eingesetzten Gremien beeinträchtige, ist zum einen festzustellen, dass die Notwendigkeit einer Flexibilität der Handlungsmittel im Rahmen völkerrechtlicher Verhandlungen zwar eine gewisse Bedeutung haben kann, die Gemeinschaft gleichwohl nur über begrenzte Ermächtigungen verfügt und nur in deren Grenzen handeln kann. Zum anderen ist das Begründungserfordernis im Hinblick auf die Natur des fraglichen Rechtsakts und seinen Kontext zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich ist eine – je nach Fall mehr oder weniger detaillierte – Begründung dieses Akts zwar geeignet, den bei völkerrechtlichen Verhandlungen möglicherweise auftretenden Schwierigkeiten zu begegnen, die Angabe der Rechtsgrundlage des Akts kann jedoch keinen übermäßigen Begründungsaufwand darstellen. Die Nennung der Rechtsgrundlage ist daher grundsätzlich als eine Mindestangabe anzusehen, mit der dem Begründungserfordernis nachgekommen werden kann, da die Gemeinschaft den erlassen Akt mit einer Vertragsbestimmung verknüpfen muss, die sie hierzu ermächtigt.

53      Drittens kann auch dem ebenfalls vom Vereinigten Königreich angeführten Argument der Fristzwänge nicht gefolgt werden. Da die Gemeinschaft nur über begrenzte Ermächtigungen verfügt, muss der Artikel des Vertrags, aus dem sie ihre Ermächtigung ableitet, bestimmt sein, bevor sie tätig wird. Des weiteren kann die spätere Angabe der Rechtsgrundlage in einem Akt, der auf Gemeinschaftsebene Änderungen des CITES umsetzen soll, entgegen dem Vorbringen des Rates nicht ausreichen, um der Begründungspflicht nachzukommen, da die Begründung eines Akts in diesem selbst enthalten sein muss (vgl. Urteile vom 16. November 2000, Sarrió/Kommission, C‑291/98 P, Slg. 2000, I‑9991, Randnrn. 73 und 75, und vom 21. Januar 2003, Kommission/Parlament und Rat, C‑378/00, Slg. 2003, I‑937, Randnr. 66).

54      Schließlich kann auch dem Vorbringen des Rates, dass in vergleichbaren Beschlüssen in der Vergangenheit ebenfalls nicht die Rechtsgrundlage genannt worden sei, auf die sie gegründet seien, nicht gefolgt werden. Insoweit genügt nämlich der Hinweis, dass eine bloße Praxis des Rates Regeln des Vertrags nicht abändern und folglich auch kein Präjudiz schaffen kann, das die Organe der Gemeinschaft hinsichtlich der Bestimmung der zutreffenden Rechtsgrundlage binden würde (Urteile vom 23. Februar 1988, Vereinigtes Königreich/Rat, 68/86, Slg. 1988, 855, Randnr. 24, und vom 26. März 1996, Parlament/Rat, C‑271/94, Slg. 1996, I‑1689, Randnr. 24).

55      Nach alledem hätte der angefochtene Beschluss zumindest die Rechtsgrundlage, auf die er gestützt ist, anführen müssen, damit die Begründungspflicht erfüllt ist.

56      Jedoch kann die Unterlassung der Bezugnahme auf eine bestimmte Vorschrift des Vertrags dann kein wesentlicher Fehler sein, wenn die Rechtsgrundlage eines Akts anhand anderer Bestandteile dieses Akts ermittelt werden kann. Eine solche ausdrückliche Bezugnahme ist indessen erforderlich, wenn die Betroffenen und der Gerichtshof ohne sie über die genaue Rechtsgrundlage im Unklaren gelassen würden (vgl. Urteil vom 26. März 1987, Kommission/Rat, Randnr. 9).

57      Im vorliegenden Fall kann die Rechtsgrundlage nicht anhand eines anderen Bestandteils des angefochtenen Beschlusses bestimmt werden. Dieser beschränkt sich nämlich darauf, auf den Vorschlag für einen Beschluss des Rates Bezug zu nehmen, der dem Rat von der Kommission vorgelegt wurde. Im ersten Erwägungsgrund des angefochtenen Rechtsakts heißt es, dass das CITES in der Gemeinschaft durch die Verordnung Nr. 338/97 umgesetzt wird. Die Erwägungsgründe 2 bis 4 beschränken sich auf die Feststellung, dass sich einige Entschließungen der Konferenz der CITES-Vertragsparteien auf die Gemeinschaftsgesetzgebung auswirken können, dass die Gemeinschaft noch nicht Vertragspartei des CITES ist und dass die Mitgliedstaaten in den Fällen, in denen zur Erreichung der Ziele des Vertrags Gemeinschaftsvorschriften eingeführt wurden, nicht befugt sind, außerhalb des Rahmens der Gemeinschaftsorgane Verpflichtungen einzugehen, die sich auf diese Vorschriften auswirken oder deren Geltungsbereich ändern könnten.

58      Aus den beim Gerichtshof eingereichten Schriftsätzen geht außerdem hervor, dass die Wahl der einschlägigen Rechtsgrundlage im Rat Gegenstand von Kontroversen war. Auch die Kommission hat darauf hingewiesen, ohne dass ihr in diesem Punkt widersprochen worden ist, dass einige Mitgliedstaaten Einwände gegen die von ihr vorgeschlagene doppelte materielle Rechtsgrundlage erhoben hätten, wobei einige von ihnen es vorgezogen hätten, nur Art. 175 EG zugrunde zu legen, während andere Mitgliedstaaten geäußert hätten, sie seien mit der vorgeschlagenen verfahrensrechtlichen Rechtsgrundlage – Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG – nicht einverstanden.

59      Ferner führt der Rat aus, dass er bei der Annahme des angefochtenen Beschlusses gemäß dem in Art. 300 Abs. 2 Unterabs. 2 EG vorgesehenen Verfahren gehandelt habe, dass er jedoch der Auffassung gewesen sei, dass es nicht absolut erforderlich sei, die verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage zu nennen. Über die von der Kommission vorgeschlagene doppelte materielle Rechtsgrundlage habe sich keine Einigung erzielen lassen.

60      Daraus folgt, dass die Rechtsgrundlage des angefochtenen Beschlusses aus diesem nicht eindeutig abgeleitet werden kann und dass sich das Fehlen einer Angabe der Rechtsgrundlage zumindest hinsichtlich der materiellen Rechtsgrundlage aus dem Bestehen von Meinungsverschiedenheiten im Rat erklärt.

61      Unter diesen Umständen kann entgegen dem Vorbringen des Rates und des Vereinigten Königreichs das Fehlen einer Angabe irgendeiner Rechtsgrundlage in dem angefochtenen Beschluss nicht als rein formaler Fehler betrachtet werden.

62      Folglich ist der angefochtene Beschluss, da in ihm die Angabe fehlt, auf welche Rechtsgrundlage er gestützt ist, für nichtig zu erklären.

 Zum Antrag auf Fortgeltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses

63      Der Rat, insoweit unterstützt durch das Vereinigte Königreich, beantragt für den Fall, dass der Gerichtshof den angefochtenen Beschluss für nichtig erklärt, dessen Wirkungen fortgelten zu lassen. Die Kommission hat diesem Antrag nicht widersprochen.

64      Nach Art. 231 Abs. 2 EG kann der Gerichtshof, falls er dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen einer für nichtig erklärten Verordnung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind. Diese Bestimmung kann entsprechend auch auf einen Beschluss angewandt werden, wenn gewichtige Gründe der Rechtssicherheit vorliegen, die mit denen vergleichbar sind, die für den Fall der Nichtigerklärung bestimmter Verordnungen gelten, und die es rechtfertigen, dass der Gerichtshof von der Befugnis Gebrauch macht, die ihm in diesem Zusammenhang durch Art. 231 Abs. 2 EG verliehen ist (Urteil vom 6. November 2008, Parlament/Rat, C‑155/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Es ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss darauf abzielte, einen Standpunkt der Gemeinschaft zu bestimmten bei der 14. Konferenz der CITES-Vertragsparteien vom 3. bis. 15. Juni 2007 in Den Haag geprüften Vorschlägen festzulegen. Unbestritten ist insoweit, dass dieser Standpunkt der Gemeinschaft von den Mitgliedstaaten entsprechend dem angefochtenen Beschluss tatsächlich vertreten wurde.

66      Unter diesen Umständen sind aus Gründen der Rechtssicherheit die Wirkungen des angefochtenen Beschlusses, dessen Nichtigkeit mit dem vorliegenden Urteil ausgesprochen wird, aufrechtzuerhalten.

 Kosten

67      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Rates beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen. Nach Art. 69 § 4 Abs. 1 trägt das dem vorliegenden Rechtsstreit als Streithelfer beigetretene Vereinigte Königreich seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 24. Mai 2007 über den im Namen der Europäischen Gemeinschaft festzulegenden Standpunkt zu bestimmten Vorschlägen, die der 14. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) vom 3. bis 15. Juni 2007 in Den Haag, Niederlande, vorgelegt wurden, wird für nichtig erklärt.

2.      Die Wirkungen des für nichtig erklärten Beschlusses werden aufrechterhalten.

3.      Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten.

4.      Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.

Top