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Document 62013CC0518

Schlussanträge des Generalanwalts Wahl vom 24. September 2014.
The Queen, auf Antrag von/der Eventech Ltd gegen Parking Adjudicator.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) - Vereinigtes Königreich.
Vorlage zur Vorabentscheidung - Wettbewerb - Staatliche Beihilfen - Art. 107 Abs. 1 AEUV - Erlaubnis nur für London-Taxis, nicht aber für Funkmietwagen zur Benutzung der den Bussen vorbehaltenen Spuren - Begriff ‚staatliche Beihilfe‘ - Staatliche Mittel - Wirtschaftlicher Vorteil - Selektiver Vorteil - Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten.
Rechtssache C-518/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2239

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NILS WAHL

vom 24. September 2014 ( 1 )

Rechtssache C‑518/13

The Queen, auf Antrag von Eventech Ltd

gegen

The Parking Adjudicator

(Vorabentscheidungsersuchen des Court of Appeal [England & Wales] [Vereinigtes Königreich])

„Staatliche Beihilfen — Begriff der Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV — Regelung des Zugangs zu öffentlichen Infrastrukturen und deren Nutzung — Erlaubnis für Taxis, nicht aber Funkmietwagen zur Benutzung der Busspuren in der Region Greater London — Übertragung staatlicher Mittel — Selektivität — Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten“

1. 

Der Court of Appeal (England & Wales) ersucht den Gerichtshof um Klärung der Frage, ob eine streitige Busspurrregelung in London (im Folgenden: Busspurregelung) der Londoner Verkehrsbetriebe Transport for London (TfL) unter den Begriff der Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt. Nach der Regelung dürfen nur Londoner Taxis (black cabs) zu bestimmten Tageszeiten die auf öffentlichen Straßen dem öffentlichen Busverkehr vorbehaltene Busspur benutzen, während zur Personenbeförderung eingesetzte Mietwagen mit Fahrern (private hire vehicles, im Folgenden: Funkmietwagen) von der Benutzung ausgeschlossen sind.

2. 

Der Rechtsstreit ist die Folge der in den letzten Jahrzehnten erzielten technischen Fortschritte. Insbesondere hat sich das Kundenverhalten durch die Verfügbarkeit von Satellitennavigationssystemen und Smartphones mit speziellen Anwendungen zur Anforderung von Beförderungsleistungen gewandelt, so dass die Grenzen zwischen Taxis und Funkmietwagen verschwimmen. Infolgedessen stehen Taxis und Funkmietwagen in ganz Europa in erbittertem Wettbewerb, und London ist nicht die einzige Stadt, in der es zu Konflikten gekommen ist ( 2 ).

3. 

Tatsächlich bin ich der Auffassung, dass die Vorschriften über staatliche Beihilfen im Allgemeinen staatliche Maßnahmen wie die Busspurregelung unberührt lassen, sofern die Gleichbehandlung vergleichbarer Unternehmen gewährleistet ist.

I – Nationaler rechtlicher Rahmen

A – Taxis und Funkmietwagen

4.

In London werden Taxidienstleistungen sowohl von Taxis als auch von Funkmietwagen erbracht. Beide Dienstleistungsarten werden von einer unter der Aufsicht von TfL stehenden Einrichtung lizenziert. Die Lizenzen werden jedoch aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Bestimmungen und mit unterschiedlichen Auflagen erteilt.

5.

Die Lizenzierung von Taxis erfolgt nach den Bestimmungen der London Cab Order 1934 (Verordnung von 1934 über Londoner Taxis). Diese Verordnung wurde nach Maßgabe von Section 6 des Metropolitan Public Carriage Act 1869 (Gesetz von 1869 über öffentliche Droschken in der Metropole, im Folgenden: Gesetz von 1869) erlassen, nach dessen Section 8(2) ein Personenfuhrwerk in London nur dann „auf offener Straße zur Anmietung angeboten“ (ply for hire – Hervorhebung nur hier) werden darf, wenn es von einem Fahrer geführt wird, der von TfL nach Section 8 des Gesetzes von 1869 zugelassen ist. Infolgedessen dürfen also nur Taxis Fahrgäste auf der Straße aufnehmen, wenn keine Vorbestellung vorliegt.

6.

Funkmietwagen werden gesondert nach Maßgabe des Private Hire Vehicles (London) Act 1998 (Gesetz von 1998 über Privatmietfahrzeuge [London]) lizenziert. Sie dürfen in London nicht „auf offener Straße zur Anmietung angeboten“ werden, dort aber Fahrgäste aufnehmen, die die Fahrt vorbestellt haben.

B – Verkehrsregelungsbefugnisse und Busspurregelung

7.

Gemäß Section 121A des Road Traffic Regulation Act 1984 (Straßenverkehrsregelungsgesetz von 1984, im Folgenden: Gesetz von 1984) ist TfL die zuständige Verkehrsbehörde für bestimmte Straßen in Greater London, die als „GLA-Straßen“ (Straßen der Greater London Authority) bezeichnet werden ( 3 ), während für fast alle anderen Straßen in London und Greater London die einzelnen Londoner Stadtbezirksverwaltungen als Verkehrsbehörden zuständig sind.

8.

Section 6 des Gesetzes von 1984 (in geänderter Fassung) verleiht der für eine bestimmte Straße zuständigen Verkehrsbehörde die Befugnis, auf dieser Straße (oder einem bestimmten Straßenabschnitt) den Verkehr auf bestimmte Fahrzeugarten zu beschränken. In Ausübung ihrer Befugnisse nach Section 6 hat TfL Busspuren auf mehreren GLA-Straßen gewidmet. In diesem Rahmen hat sie die Busspurregelung erlassen.

9.

Die meisten Londoner Stadtbezirksverwaltungen haben ähnliche Regelungen wie TfL erlassen. Ein Beispiel hierfür ist die vom London Borough of Camden verwaltete Busspur auf der Southampton Row. Allerdings dürfen Funkmietwagen die Busspuren befahren, um Fahrgäste aufzunehmen und abzusetzen.

C – Durchsetzung

10.

Nach Section 4 des London Local Authorities Act 1996 (Gesetz von 1996 über Londoner Kommunalbehörden) können die Verkehrsbehörden Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen die gemäß Section 6 des Gesetzes von 1984 ergangenen Verfügungen erlassen.

11.

Verfügungen nach Section 6 des Gesetzes von 1984 können auch von der Polizei durchgesetzt werden, da ein Verstoß gegen solche Verfügungen bzw. ihre Nichteinhaltung gemäß Section 8(1) des genannten Gesetzes strafbar ist. In der Praxis werden Verletzungen solcher Verfügungen jedoch überwiegend im Wege des Erlasses von Bußgeldbescheiden durch die Verkehrsbehörden geahndet.

II – Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

12.

Die Eventech Ltd (im Folgenden: Eventech) ist ein verbundenes Unternehmen der Addison Lee plc (im Folgenden: Addison Lee), die einen Fuhrpark von Funkmietwagen in Greater London betreibt. Eventech ist eingetragene Halterin aller von Addison Lee betriebenen Funkmietwagen, die Addison Lee im Rahmen von Leasingverträgen selbständig erwerbstätigen Fahrern überlässt.

13.

Am 6. Oktober 2010 bzw. am 13. Oktober 2010 fuhren zwei Fahrer von Addison Lee mit ihrem jeweiligen Funkmietwagen auf der Busspur der Southampton Row in der Londoner Innenstadt. Der London Borough of Camden stellte Eventech daraufhin Bußgeldbescheide für diese beiden Benutzungen der Busspur auf der Southampton Row zu. Hiergegen legte Eventech beim Parking Adjudicator Widerspruch ein, mit dem sie die Rechtmäßigkeit der Busspurregelung bestritt.

14.

Der Parking Adjudicator wies den Widerspruch zurück. Daraufhin stellte Eventech einen Antrag auf Durchführung einer richterlichen Überprüfung beim High Court of Justice mit der Begründung, die Busspurregelung verstoße gegen die geltenden Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit, die Niederlassungsfreiheit und staatliche Beihilfen. Mit Urteil vom 13. Juli 2012 wies der High Court diesen Antrag ab.

15.

Am 7. Dezember 2012 erwirkte Eventech die Zulassung zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung des High Court, woraufhin der Court of Appeal eine mündliche Verhandlung in der Sache durchführte. Da der Court of Appeal hinsichtlich der Auslegung von Art. 107 Abs. 1 AEUV im Zweifel ist, hat er das Verfahren ausgesetzt und die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Werden unter den Umständen des vorliegenden Falls, in dem Taxis, nicht aber Funkmietwagen die Benutzung einer auf einer öffentlichen Straße eingerichteten Busspur während der für die Busspur geltenden Widmungszeiten erlaubt wird, „staatliche Mittel“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV verwendet?

2. a)

Wie lautet bei der Beurteilung, ob die für Taxis, nicht aber Funkmietwagen bestehende Erlaubnis, eine auf einer öffentlichen Straße eingerichtete Busspur während der für die Busspur geltenden Widmungszeiten zu benutzen, selektiv im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ist, die maßgebliche Zielsetzung, anhand deren die Frage zu beantworten ist, ob sich Taxis und Funkmietwagen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation befinden?

2. b)

Falls sich feststellen lässt, dass im Rahmen der Frage 2 a die maßgebliche Zielsetzung zumindest teilweise in der Schaffung eines sicheren und effizienten Beförderungssystems besteht und dass es aus Gründen der Sicherheit und/oder Effizienz gerechtfertigt ist, Taxis das Befahren von Busspuren zu erlauben, diese Gründe bei Funkmietwagen aber nicht in derselben Weise gegeben sind, kann dann davon ausgegangen werden, dass die Maßnahme nicht selektiv im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ist?

2. c)

Kommt es im Rahmen der Beantwortung der Frage 2 b darauf an, ob der Mitgliedstaat, der diese Rechtfertigungsgründe geltend macht, darüber hinaus darlegt, dass die Begünstigung von Taxis gegenüber Funkmietwagen verhältnismäßig ist und nicht über das Erforderliche hinausgeht?

3.

Ist die für Taxis, nicht aber Funkmietwagen bestehende Erlaubnis, eine auf einer öffentlichen Straße eingerichtete Busspur während der für die Busspur geltenden Widmungszeiten zu benutzen, geeignet, im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wenn sich die in Rede stehende Straße in der Londoner Innenstadt befindet und Bürger anderer Mitgliedstaaten nicht daran gehindert sind, Taxis oder Funkmietwagen zu besitzen bzw. zu fahren?

16.

Schriftliche Erklärungen sind von Eventech, TfL, der polnischen Regierung, der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde (im Folgenden: Überwachungsbehörde) eingereicht worden. Mit Ausnahme der polnischen Regierung haben diese Verfahrensbeteiligten auch in der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2014 Stellung genommen.

III – Würdigung

A – Vorbemerkungen

17.

Der Court of Appeal hat dem Gerichtshof drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die alle auf die Auslegung bestimmter Elemente des Begriffs der Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV abzielen. In der ersten Frage geht es um die Übertragung von „staatlichen Mitteln“. Die zweite Frage betrifft insbesondere drei verschiedene Aspekte der Beurteilung, ob die Busspurregelung eine „Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ bewirkt, d. h., ob die Regelung selektiv ist. Mit der dritten Frage wird schließlich um die Auslegung der Wendung „Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten“ („Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels“) ersucht.

18.

Interessanterweise war vor dem High Court of Justice in Bezug auf staatliche Beihilfen Folgendes streitig: i) die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Selektivität, ii) ob die Busspurregelung „den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht“ und iii) ob die Busspurregelung geeignet ist, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen. Einerseits also war vor dem High Court of Justice noch unstreitig, dass es aufgrund der Busspurregelung zu einer Übertragung staatlicher Mittel komme, während eben diese Frage jetzt vor dem Court of Appeal streitig und Gegenstand der ersten Frage ist ( 4 ). Andererseits ist inzwischen außer Streit, dass die Busspurregelung geeignet sei, den Wettbewerb zu verfälschen. Abgesehen von diesen Punkten ist bzw. war bei beiden Gerichten unstreitig, dass die Busspurregelung Taxis tatsächlich einen Vorteil verschafft, so dass das vorlegende Gericht hierzu keine Frage vorgelegt hat.

19.

Die einschlägigen nationalen Vorschriften führen im Bereich der mit Fahrzeugen erbrachten Beförderungsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr zu Wettbewerbsverhältnissen dergestalt, dass Taxis teilweise eine rechtliche Monopolstellung einnehmen. Sie allein dürfen „auf offener Straße zur Anmietung angeboten“, d. h. an einem Taxistand bestiegen oder an der Straße herangewunken werden. Allerdings dürfen sowohl Taxis als auch Funkmietwagen ihre Dienste bei vorbestellten Fahrten erbringen. Was den Umfang des Einsatzes von Taxis im Segment der vorbestellten Fahrten betrifft, geht aus den dem High Court vorgelegten Beweisen in Form einer Studie aus dem Jahr 2009 hervor, dass 8 % der Taxifahrten auf Vorbestellung durchgeführt wurden ( 5 ).

B – Erste Frage: Übertragung staatlicher Mittel

20.

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Busspurregelung eine Übertragung staatlicher Mittel beinhaltet. Der Gerichtshof hat deshalb klarzustellen, ob der einem bestimmten Kreis von Unternehmen vom Staat gewährte Zugang zu einer öffentlichen Infrastruktur, der zuvor nicht gegeben war, eine solche Übertragung darstellt.

21.

Eventech trägt vor, dass es bei der Busspurregelung unter drei Gesichtspunkten zu einer Übertragung staatlicher Mittel komme, nämlich i) durch den bevorzugten Zugang zu einem Vermögensgut des Staates, dessen Nutzung den Taxis nicht in Rechnung gestellt werde, ii) durch die Befreiung der Taxis von der Pflicht zur Zahlung von Geldbußen für die Benutzung der Busspuren und iii) durch den erhöhten Instandhaltungsaufwand für Busspuren, der infolge des zusätzlichen Verkehrsaufkommens durch Taxis entstehe.

22.

Was den letzten Punkt betrifft, so müssen zur Instandhaltung der Straßen, einschließlich etwaiger Busspuren, öffentliche Mittel aufgewandt werden. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die normalerweise Bussen vorbehaltene Spur aufgrund der Nutzungserlaubnis für Taxis stärker abgenutzt werden könnte, da die übrigen Spuren entsprechend weniger Instandhaltung erfordern. Daher leuchtet mir nicht ein, inwiefern die Busspurregelung unter diesem Gesichtspunkt zu einer zusätzlichen Belastung des Staates führen könnte.

23.

Im Folgenden werde ich die beiden anderen Gesichtspunkte getrennt behandeln.

1. Unentgeltlicher Zugang zu den Busspuren

24.

Die Busspurregelung ermöglicht den Taxis, den normalen Straßenverkehr zu umgehen und dadurch ohne zusätzlichen Kostenaufwand innerhalb derselben Zeitspanne mehr Taxileistungen an Entgelt zahlende Fahrgäste zu erbringen. Eine solche Erlaubnis hat einen wirtschaftlichen Wert ( 6 ). Somit stellt sich die Frage, ob dies einen Verzicht auf staatliche Mittel darstellt oder, anders ausgedrückt, ob die Mitgliedstaaten aufgrund der Vorschriften über staatliche Beihilfen verpflichtet sind, für die Nutzung öffentlicher Infrastrukturen ein Entgelt zu verlangen.

25.

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs finden sich zwar einige Hinweise, jedoch ist die hier in Rede stehende Problematik offenbar bisher noch nicht behandelt worden.

26.

Zum einen lässt sich die Rechtsprechung, der zufolge Maßnahmen, die zwar keine förmliche Übertragung staatlicher Mittel beinhalten, aber dennoch auf einen Verzicht potenzieller Einnahmen hinauslaufen ( 7 ), wohl nicht auf Sachverhalte übertragen, bei denen es um den Zugang zu einer öffentlichen Infrastruktur geht, da diese Rechtsprechung sich im Wesentlichen auf eine günstige steuerliche Behandlung bezieht ( 8 ). Ebenso lässt sich die Rechtsprechung zu staatlichen Garantien, die – wenn man die Prämien einmal außer Acht lässt – zu einer zusätzlichen Belastung führen können, weil möglicherweise die Übertragung staatlicher Mittel zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ( 9 ), nicht für die hier in Rede stehende Problematik heranziehen.

27.

Zum anderen liegt der Rechtsprechung, die für die Auffassung zu sprechen scheint, dass Markteingriffe des Vorschriftengebers, die einem bestimmten Kreis von Unternehmen einen Vorteil gegenüber einem anderen verschaffen, jedoch nicht mit einer tatsächlichen oder potenziellen Zahlung staatlicher Gelder (oder einem Ausfall oder Gewinn) verbunden sind, nicht immer ein Fall der Übertragung staatlicher Mittel zugrunde ( 10 ). Einer ähnlichen Rechtsprechungslinie ließe sich durchaus auch entnehmen, dass eine finanzielle Belastung des Staates, die schlichtweg die Folge einer bestimmten gesetzlichen Regelung ist und dieser innewohnt, ebenfalls nicht unter den Begriff der Übertragung „staatlicher Mittel“ fällt ( 11 ).

28.

Keiner der beiden vorstehend aufgeführten Rechtsprechungszüge befasst sich jedoch mit der Frage des Zugangs zu öffentlichen Infrastrukturen.

29.

Deshalb verpflichten meines Erachtens die Vorschriften über staatliche Beihilfen die Mitgliedstaaten im Allgemeinen nicht ausdrücklich, ein Entgelt für die Nutzung solcher Infrastrukturen zu verlangen, sondern stellen ihnen frei, die Anlagen entgeltlich oder unentgeltlich zugänglich zu machen ( 12 ). Als Vermögensgüter der öffentlichen Sphäre, die die Beförderung und Mobilität der Endnutzer erleichtern sollen, machen solche Infrastrukturen naturgemäß die Festlegung von Nutzungsregeln einschließlich Zugangsregeln notwendig – am deutlichsten wird dies im Bereich der Verkehrslenkung und der Aufrechterhaltung der Ordnung. Dabei handelt es sich nicht um einen kommerziellen, sondern um einen regulatorischen Aspekt, der seiner Art nach nicht die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften des Titels VII Kapitel 1 des AEU-Vertrags, einschließlich der Vorschriften über staatliche Beihilfen, rechtfertigt ( 13 ). Wie die polnische Regierung hervorhebt, kann es sein, dass die Mitgliedstaaten spezifische Regelungen für die Ordnung des Verkehrs erlassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass durch die Regelung des Zugangs zu öffentlichen Infrastrukturen Mittel übertragen werden (oder auch auf sie verzichtet wird).

30.

Angenommen, die Vorschriften über staatliche Beihilfen seien dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten im Regelfall verpflichtet sind, ein Entgelt für den Zugang zu öffentlichen Infrastrukturen oder staatlich kontrollierten Ressourcen zu verlangen, dann könnte dies dazu führen, dass die Staaten von der Schaffung oder Öffnung neuer Bereiche abgehalten werden, die zuvor nicht oder nur begrenzt zugänglich waren. Ebenso könnten Unternehmen davon abgehalten werden, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Beispielsweise könnten im vorliegenden Fall, wenn der Zugang zu Busspuren für Taxis entgeltpflichtig wäre, einige Taxis von der Beantragung des Zugangs abgehalten werden mit der Folge, dass nur die finanzkräftigsten Zugang erhielten und das Ziel der Regelung daher verfehlt würde.

31.

Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass die oben in Nr. 29 beschriebene Konstellation den Regelfall darstellt und dass je nach den Umständen andere Konstellationen vorliegen können, so dass mehrere Vorbehalte gelten. Zum einen mögen Unionsvorschriften detaillierte Regelungen in einem bestimmten Bereich vorsehen ( 14 ).

32.

Darüber hinaus gehört es zu den offensichtlichen Voraussetzungen, dass der Staat bei der Regelung des Infrastrukturzugangs auch tatsächlich eine Regelungsfunktion wahrnimmt. Hierzu gehört, dass vergleichbare Sachverhalte in gleicher Weise geregelt werden müssen, damit der Wettbewerb nicht verfälscht wird ( 15 ). Steht nämlich eine Infrastruktur allen Nutzern in gleicher Weise und ohne Diskriminierung zur Verfügung, spricht dies dafür, dass diesen Nutzern keine Beihilfe gewährt wird ( 16 ). Wenn hingegen der Staat z. B. generell ein Entgelt für den Zugang zu einer öffentlichen Infrastruktur (etwa Maut für die Nutzung einer öffentlichen Autobahn) oder anderen Ressourcen in der öffentlichen Sphäre verlangt, jedoch willkürlich verschiedenen Unternehmen den Zugang unentgeltlich erlaubt, ist durchaus denkbar, dass im Hinblick auf diese Unternehmen ein Einnahmenverzicht vorliegt. Das Urteil NOx veranschaulicht dies ( 17 ). Die niederländischen Behörden hatten die Handelbarkeit bestimmter Emissionsrechte nur für den Kreis der Großunternehmen mit einem Leistungsbedarf von mehr als 20 MWth anstatt für alle Unternehmen mit Emissionsaufkommen vorgesehen. Der Gerichtshof hat zunächst festgestellt, dass diese Differenzierung nicht durch das Ziel und den allgemeinen Zweck der Regelung, die Umweltverschmutzung industriellen Ursprungs zu verringern, gerechtfertigt sei, und ist daraufhin zu dem Ergebnis gelangt, dass die Behörden auf Einnahmen verzichtet hätten, da für die betreffenden Emissionsrechte kein Entgelt entrichtet worden sei.

33.

Hinsichtlich der Fälle, in denen der Staat in Bezug auf den Zugang zu Ressourcen in der öffentlichen Sphäre eine Regelungsfunktion in dem oben beschriebenen Sinne wahrnimmt, schließe ich mich daher im Kern der Auffassung der Kommission und der Überwachungsbehörde an; diese Auffassung geht dahin, dass sich der Staat legitimerweise dazu entscheiden kann, Einnahmen, die er eigentlich erzielen könnte, nicht zu maximieren, und dass er dabei nicht gegen die Vorschriften über staatliche Beihilfen verstößt, sofern er vergleichbare betroffene Unternehmen gleich behandelt, indem er im Voraus transparent und diskriminierungsfrei die Zugangskriterien festlegt.

34.

Bei der Busspurregelung gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sie aus anderen Gründen als zur Förderung eines allgemeinen Regelungsziels erlassen worden wäre. Deshalb und unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist es meines Erachtens unerheblich, dass an mehreren Stellen in London – darunter auch besonders verkehrsreiche Straßen – die gesamte Straße als Busspur gewidmet ist. Dies ist schlichtweg eine sich aus der Natur der Sache ergebende Konsequenz der konkreten Verkehrsregelung.

35.

Ich bin mir abschließend auch bewusst, dass bei meiner Lösung die Antwort auf die Frage, ob staatliche Mittel übertragen werden, davon abhängt, ob Gleichbehandlung gewährleistet ist. Es scheint mir jedoch auf der Hand zu liegen, dass sich der Bezug zwischen Gleichbehandlung auf der einen Seite und Übertragung staatlicher Mittel auf der anderen aus der Natur der betreffenden Ressource ergibt, d. h. aus der öffentlichen Infrastruktur. Insofern gehört die Frage, ob TfL den Grundsatz der Gleichbehandlung beachtet hat, eher zum Problemkreis der Selektivität der Busspurregelung als zu der Problematik, ob auf staatliche Mittel verzichtet worden ist. Ich werde mich daher mit dem Problemkreis der Selektivität gesondert im Rahmen der zweiten Vorlagefrage befassen, nicht zuletzt auch deshalb, weil die im Ausgangsverfahren angesprochenen Punkte grundsätzlicher Natur sind und deren individuelle Erörterung angebracht ist; gewiss wäre es für Behörden und Unternehmen gleichermaßen wünschenswert, wenn der Gerichtshof Hinweise auch zu allen diesen Punkten gäbe.

36.

Zuvor werde ich jedoch der Frage der für Taxis geltenden Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Bußgeldern nachgehen.

2. Zur für Taxis geltenden Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Bußgeldern für die Benutzung von Busspuren

37.

Wie bereits erwähnt, vertritt Eventech die Auffassung, dass die Befreiung der Taxis von der Pflicht zur Zahlung von Bußgeldern für die Benutzung der Busspuren eine zusätzliche Belastung der öffentlichen Hand bewirke. Grundlage dieser Argumentation scheinen verschiedene Entscheidungen des Gerichtshofs zu sein, denen zufolge eine Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Geldbußen einen Verzicht auf Einnahmen – ähnlich wie ein Verzicht auf Steueraufkommen und dergleichen – darstelle.

38.

Zumindest als Ausgangspunkt der Überlegungen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Geldbußen nicht immer den anderen Fällen gleichgestellt werden kann, in denen möglicherweise von einem Verzicht des Staates auf sein Recht zur Erzielung von Einnahmen auszugehen ist. Die Auffassung von Eventech, dass ein Mitgliedstaat nach den Vorschriften über staatliche Beihilfen gerügt werden könne, wenn er auf Einnahmen aus Geldbußen verzichte, setzt wohl voraus, dass die Staaten generell verpflichtet sind, gesetzliche Bußgeldtatbestände zu schaffen.

39.

Außerdem handelt es sich bei Geldbußen und Zwangsgeldern – insbesondere in ihrer Ausgestaltung als strafrechtliche Sanktionen – um Instrumente aus dem Bereich der öffentlichen Ordnung mit sowohl Abschreckungs- als auch Straffunktion. Steuern und Abgaben hingegen dienen in erster Linie Haushaltszielen, da der eigentliche Zweck des Steuersystems in der Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung der Staatsausgaben besteht ( 18 ). Zwar führen selbstverständlich sowohl Geldbußen als auch Steuern zu einer finanziellen Belastung der Adressaten, jedoch folgt daraus nicht, dass die beiden Tatbestände austauschbar wären. Ebenso wie eine Geldbuße nicht ohne Weiteres mit einer Steuer vergleichbar ist, lässt sich auch die Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Geldbußen als solche nicht einem Steuervorteil gleichstellen.

40.

Entsprechend ist eine Geldbuße auch nicht dasselbe wie ein (feststehendes oder variables) Entgelt, denn Entgelte werden in der Regel als Gegenleistung für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen gezahlt. Insoweit merkt die polnische Regierung zutreffend an, dass eine Geldbuße für eine Geschwindigkeitsübertretung kein Entgelt für eine intensivere Straßennutzung als die erlaubte ist.

41.

Die bisherigen Entscheidungen, in denen der Gerichtshof eine Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Geldbußen oder Zwangsgeldern als Einnahmenverzicht gewertet hat, sind meines Erachtens damit zu erklären, dass es dabei einfach um eine Verminderung der Unternehmenskosten ging.

42.

Die Urteile Ecotrade ( 19 ) und Piaggio ( 20 ) betreffen beide dieselben italienischen Rechtsvorschriften. In den genannten Rechtssachen war es die Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Geldbußen oder Zwangsgeldern im Rahmen eines besonderen Insolvenzverfahrens (u. a. mit einhergehenden Vergünstigungen wie staatliche Bürgschaften), die den Gerichtshof zu der Feststellung veranlassten, es sei nicht auszuschließen, dass es sich bei dem Verfahren um eine staatliche Beihilfe handele. Die betreffenden Geldbußen und Zwangsgelder wurden im Fall der Nichtzahlung von Sozialabgaben verhängt, so dass das besondere Insolvenzverfahren zu einer Verminderung der Belastungen führte, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat.

43.

Des Weiteren unterscheidet sich die Rechtssache NOx ( 21 ), auf die sich Eventech beruft, grundlegend von dem hier vorliegenden Fall. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erlaubnis der Taxis zur Benutzung von Busspuren handelbar wäre oder dass Geldbußen für die unrechtmäßige Benutzung der Busspuren vermieden werden könnten. In der Vorlageentscheidung heißt es vollkommen unmissverständlich, dass die unerlaubte Benutzung der Busspuren strafbar ist ( 22 ). Im Gegensatz dazu wies die Geldbuße bei dem der Rechtssache NOx zugrunde liegenden Sachverhalt, bei dem Unternehmen mit potenziell hohen Emissionen, die den geltenden Normwert überschreiten, jedes Jahr zu einer Spekulation darüber verleitet wurden, ob die Zahlung einer Geldbuße oder der Erwerb von Emissionsrechten günstiger wäre, ebenso wie in den Rechtssachen Ecotrade und Piaggio die klassischen Merkmale eines Unternehmenskostenfaktors auf.

44.

Die Geldbußen für die unrechtmäßige Benutzung von Busspuren lassen sich hingegen nicht auf einen bloßen Unternehmenskostenfaktor reduzieren (auch wenn einige Unternehmen sie als solche behandeln mögen). Die Bestimmungen über die Verhängung der Geldbußen finden allgemeine Anwendung und gelten daher für Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen. Zudem sind Geldbußen die logische Folge einer Wahrnehmung der Regelungsfunktion bezüglich des Zugangs zu öffentlichen Infrastrukturen: Ein solches Tätigwerden fällt wie gesagt nicht per se in den Geltungsbereich der Vorschriften über staatliche Beihilfen, sofern alle betroffenen vergleichbaren Unternehmen bei der Regelungsdurchführung gleich behandelt werden.

45.

Angesichts dessen vermag ich mich nicht der Auffassung anzuschließen, dass die Befreiung der Taxis von der Pflicht zur Zahlung von Geldbußen für die Benutzung der Busspuren eine Übertragung staatlicher Mittel beinhaltet.

3. Zwischenergebnis

46.

Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, die erste Frage in dem Sinne zu beantworten, dass bei verständiger Auslegung von Art. 107 Abs. 1 AEUV in Fällen, in denen die Behörden Taxis, nicht aber Funkmietwagen die Benutzung einer auf einer öffentlichen Straße eingerichteten Busspur während der für die Busspur geltenden Widmungszeiten erlauben, keine Übertragung „staatlicher Mittel“ vorliegt, sofern allen vergleichbaren Unternehmen Zugang zu gleichen Bedingungen gewährt wird, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

47.

Angesichts meiner Auffassung zur ersten Frage hängt die konkrete Antwort bezüglich des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens davon ab, ob die Busspurregelung selektiv ist. Dies ist Gegenstand der Fragen 2 a, 2 b und 2 c.

C – Fragen 2 a, 2 b und 2 c: Selektivität der Busspurregelung unter dem Gesichtspunkt von Art. 107 Abs. 1 AEUV

1. Einleitende Bemerkungen

48.

Wie oben in Nr. 17 angedeutet ersucht das vorlegende Gericht mit seiner in drei Teile gegliederten zweiten Frage um Hinweise zu verschiedenen Aspekten des Tatbestandsmerkmals „Selektivität“ in Art. 107 Abs. 1 AEUV.

49.

Mit der Frage 2 a möchte das vorlegende Gericht wissen, wie die maßgebliche Zielsetzung lautet, anhand deren die Frage zu beantworten ist, ob sich Taxis und Funkmietwagen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation befinden. Mit der Frage 2 b möchte der Court of Appeal klären, ob in Fällen, in denen sich feststellen lässt, dass im Rahmen der Frage 2 a die maßgebliche Zielsetzung in der Schaffung „eines sicheren und effizienten Beförderungssystems“ besteht, die Busspurregelung durch diese Zielsetzung gerechtfertigt sein kann, weil sich die Maßnahme dann nicht als selektiv im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV werten lässt. Mit der Frage 2 c erkundigt sich das vorlegende Gericht schließlich danach, ob der Mitgliedstaat im Rahmen der Rechtfertigung darlegen muss, dass die Gewährung des Vorteils in Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht.

50.

Zu beachten ist, dass sich in der Vorlageentscheidung abgesehen von einer Darstellung des Parteivorbringens im Ausgangsverfahren keine Begründung des vorlegenden Gerichts für die von ihm gewählte Formulierung der Fragen 2 a, 2 b und 2 c findet.

51.

Angesichts dieser Ungewissheit ließe sich die Frage 2 a erstens – ihrem Wortlaut gemäß – dahin verstehen, dass das vorlegende Gericht einfach wissen möchte, wie die maßgebliche Zielsetzung lautet, anhand deren Taxis und Funkmietwagen zu vergleichen sind.

52.

Dann wäre es allerdings überraschend, dass das vorlegende Gericht in der Frage 2 b selbst darauf hinweist, dass diese Zielsetzung in der Schaffung eines sicheren und effizienten Beförderungssystems bestehen könnte. Außerdem ist es im Rahmen von Art. 267 AEUV Sache der nationalen Gerichte, die anwendbaren nationalen Vorschriften darzulegen und in diesem Zusammenhang die Zielsetzung dieser Vorschriften zu bestimmen. Es ist nicht Sache des Gerichtshofs, mögliche Zielsetzungen vorzuschlagen, die zu der Feststellung führen mögen, dass eine staatliche Maßnahme nicht selektiv ist ( 23 ).

53.

Daher könnte die Frage 2 a zweitens – bei einer eher auslegenden Betrachtungsweise – dahin zu verstehen sein, dass das vorlegende Gericht eigentlich wissen möchte, ob das Vorliegen von Selektivität ausschließlich anhand des Marktes zu beurteilen ist, auf dem Taxis und Funkmietwagen miteinander in Wettbewerb stehen (d. h. der Markt der vorbestellten Fahrten), oder ob auch der Markt des „auf offener Straße zur Anmietung Anbietens“ einbezogen werden muss. Dies ist im vorliegenden Fall wohl der entscheidende Gesichtspunkt, so dass ich die Frage 2 a unter Zugrundelegung dieser Auslegung beantworten werde.

54.

Meines Erachtens möchte das vorlegende Gericht mit den Fragen 2 b und 2 c – die in gleicher Weise zusammenzuhängen scheinen wie die Fragen 2 a und 2 b – wissen, ob sich mit Sicherheits- und Effizienzaspekten begründen lässt, weshalb zu bestimmten Zeiten (wie zu Verkehrsspitzenzeiten oder in der „Rush Hour“) nur Taxis, nicht aber auch Funkmietwagen die Busspuren benutzen dürfen, und ob gegebenenfalls die entsprechenden Maßnahmen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen müssen.

55.

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen werde ich versuchen, eine stringente Antwort zu geben, wobei ich nacheinander auf die vom vorlegenden Gericht angesprochenen Punkte eingehen werde.

2. Würdigung

a) Die maßgeblichen Märkte beim Vergleich von Taxis und Funkmietwagen

56.

Als Ausnahme vom Regelfall im Rahmen der in der Region Greater London geltenden Beförderungs- und Verkehrsregelung erlaubt die Busspurregelung Taxis die Benutzung der Busspuren während bestimmter Tageszeiten, wohingegen Funkmietwagen von der Benutzung ausgeschlossen sind.

57.

Insoweit gilt nach ständiger Rechtsprechung eine staatliche Maßnahme als selektiv, wenn sie im Zuge einer bestimmten rechtlichen Regelung (sogenannter „Bezugsrahmen“) geeignet ist, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen ( 24 ).

58.

Je nachdem, ob sich Taxis und Funkmietwagen in einer vergleichbaren Situation befinden, kann also die Busspurregelung zu einer selektiven Behandlung führen ( 25 ). Eine Möglichkeit, dies zu entscheiden, besteht in der Beurteilung, ob Leistungen von Funkmietwagen und Taxis untereinander austauschbar sind. Dies wiederum erfordert eine Beantwortung der Frage, auf welche Märkte bei einem Vergleich maßgeblich abzustellen ist.

59.

Taxis und Funkmietwagen stehen auf dem Markt der vorbestellten Fahrten miteinander in Wettbewerb, und unstreitig wird dieser Wettbewerb auf jenem Markt durch die Busspurregelung beeinträchtigt. Wäre dies der einzige maßgebliche Markt, wären Taxis und Funkmietwagen eindeutig vergleichbar, und dementsprechend wäre die Busspurregelung selektiv.

60.

Man kann jedoch nicht einfach nur einen Teil des Geschäftsmodells eines Unternehmens herausgreifen und dann den Vergleich mit einem anderen Unternehmen auf dieses herausgegriffene Segment beschränken. Dies gilt sicherlich auch für das Taxigewerbe, das gewisse Besonderheiten aufweist, aufgrund deren eine Beschränkung der Vergleichbarkeitsprüfung allein auf den Markt der vorbestellten Fahrten nicht gerechtfertigt ist.

61.

Kurz gesagt, Taxis bieten Dienstleistungen an, die die vorhandenen öffentlichen Beförderungsmethoden ergänzen und in gewisser Weise wohl einer universellen öffentlichen Versorgung gleichkommen. Als die Kommunikationsmittel noch nicht so weit entwickelt waren wie heute, war das Heranwinken eines Taxis an der Straße oder das Besteigen eines Taxis an einem Taxistand eine wichtige Alternative zu den anderen verfügbaren Verkehrsmitteln. Aus diesem Grund haben Taxis herkömmlicherweise ein Monopol beim sich „auf offener Straße zur Anmietung Anbieten“, und aus demselben Grund genießen Taxis in ganz Europa in vielen Städten ähnliche Privilegien, darunter auch das Recht zur Benutzung von Busspuren.

62.

Außerdem ergibt sich – wie oben in Nr. 19 erwähnt – aus den vorgelegten Beweisen, dass lediglich 8 % der Taxifahrten vorbestellt sind. Angesichts dessen bin ich nicht überzeugt, dass der Markt der vorbestellten Fahrten der einzige Markt ist, der für die Tätigkeit von Taxis maßgeblich ist ( 26 ). Insoweit ist mir die – meines Erachtens allerdings nicht selbstverständliche – Feststellung des High Court in seinem Urteil nicht entgangen, wonach „offensichtlich keine Vorschriften erlassen werden könnten, … denen zufolge es Taxis verwehrt wäre, bei der vorbestellten Beförderung von Fahrgästen Busspuren zu benutzen“ ( 27 ). Somit dürfte es nicht gerechtfertigt sein, die Prüfung allein auf den Markt für vorbestellte Fahrten zu beschränken.

63.

An dieser Stelle ist also auf die Frage 2 b und dementsprechend auch auf die Frage 2 c einzugehen, nämlich ob bei einer gemeinsamen Betrachtung beider Märkte Taxis und Funkmietwagen aufgrund der Sicherheits- und Effizienzaspekte nicht miteinander vergleichbar sind und ob demzufolge eine nur für Taxis, nicht aber für Funkmietwagen bestehende Erlaubnis zur Benutzung der Busspuren während bestimmter Zeiten gerechtfertigt ist. Ich komme nunmehr zu dieser Problematik.

b) Zur Frage, ob Taxis und Funkmietwagen im Hinblick auf die Zielsetzung der Schaffung eines sicheren und effizienten Beförderungssystems vergleichbar sind

64.

Aus der vorstehenden Erörterung ergibt sich, dass die für einen Vergleich von Taxis und Funkmietwagen maßgeblichen Märkte der Markt des „auf offener Straße zur Anmietung Anbietens“und der Markt für vorbestellte Fahrten sind.

65.

Die These, dass auf diesen beiden Märkten zusammen genommen Taxis und Funkmietwagen nicht vergleichbar seien, wird im Wesentlichen auf vier Hauptgründe gestützt.

66.

Erstens obliegen Taxis im Gegensatz zu Funkmietwagen bestimmte Pflichten u. a. gegenüber Kunden, die sie an der Straße oder an einem Taxistand aufnehmen („Beförderungszwang“). Zu diesen Kunden können z. B. behinderte Personen gehören, für die Taxis deshalb zugänglich sein müssen.

67.

Zweitens müssen Taxis bestimmte Normen erfüllen („Eignungsvoraussetzungen“), wie etwa Form und Größe des Fahrzeugs und des Taxischilds (derzeit erfüllen lediglich zwei Modelle die Eignungsvoraussetzungen), damit sie für heranwinkende Kunden leichter erkennbar sind.

68.

Drittens unterliegen Taxis einer strengen Beförderungstarifregelung ( 28 ).

69.

Schließlich sind die Zulassungsanforderungen für Taxifahrer im Allgemeinen strenger als für Funkmietwagenfahrer und umfassen die Absolvierung einer umfassenden (als „the Knowledge“ bezeichneten) Prüfung der Ortskenntnisse in Greater London.

70.

Angesichts dieser Faktoren halte ich zwar eine Vergleichbarkeit von Taxis und Funkmietwagen auf dem Markt der vorbestellten Fahrten für gegeben, jedoch nicht in jeder Hinsicht. Grundsätzlich vermag ich daher der These zuzustimmen, dass bei gemeinsamer Betrachtung beider maßgeblichen Märkte die Zielsetzung der Schaffung eines sicheren und effizienten Beförderungssystems dazu führen kann, dass Taxis nicht mit Funkmietwagen zu vergleichen sind.

71.

Unbestreitbar operieren Taxis jedoch auch auf einem Markt, der sich mit dem der Funkmietwagen überschneidet, und können daher im Bereich der vorbestellten Fahrten ihren Wettbewerbsvorteil gegenüber Funkmietwagen ausspielen. Wie auch das vorlegende Gericht mit der Frage 2 c anzudeuten scheint, bestehen daher trotz des Umstands, dass die Schaffung eines sicheren und effizienten Beförderungssystems eine Differenzierung zwischen den beiden Unternehmenskreisen gebieten mag, doch gewisse Grenzen für das, was durch diese Zielsetzung gerechtfertigt werden kann. Meines Erachtens erfordert das Ziel der Aufrechterhaltung eines sicheren und effizienten Beförderungssystems nicht die Wettbewerbsverfälschung, die durch eine uneingeschränkte Geltung der Busspurregelung auf dem Markt der vorbestellten Fahrten eintritt.

72.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass es der Staat ist, der mit dem Erlass einer bestimmten Maßnahme deren Zielsetzung bestimmt. Daher obliegt es dem Staat, darzutun, dass bestimmte Kreise anscheinend vergleichbarer Unternehmen im Rahmen einer bestimmten Regelung angesichts der Zielsetzung der Maßnahme tatsächlich nicht vergleichbar sind ( 29 ). Anders als die polnische Regierung bin ich der Meinung, dass der Staat dabei auch dartun muss, dass eine durch die Zielsetzung der Maßnahme bedingte Ungleichbehandlung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit insofern in Einklang steht, als sie nicht über das zur Erreichung des Ziels Erforderliche hinausgeht und das Ziel nicht auch durch weniger weitreichende Maßnahmen erreicht werden könnte ( 30 ). Nur wenn die nationalen Gerichte insoweit eine umfassende Prüfung vornehmen, kann Willkür verhindert und kann sichergestellt werden, dass der Staat sich bewusst ist, dass es an ihm ist, die Erfüllung dieser Voraussetzungen nachzuweisen.

73.

Obwohl ich grundsätzlich der Ansicht zustimmen kann, dass bei Berücksichtigung von Effizienz- und Sicherheitsgründen zwischen Taxis und Funkmietwagen in Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit differenziert werden kann, muss daher außerdem eigens geprüft werden, ob die Busspurregelung zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist und nicht über das zu seiner Erreichung Erforderliche hinausgeht. Diese Prüfung ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts.

3. Zwischenergebnis

74.

Demnach schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen 2 a, 2 b und 2 c zusammen in dem Sinne zu beantworten, dass unter den Umständen des vorliegenden Falls, in dem die Behörden Taxis, nicht aber Funkmietwagen die Benutzung einer auf einer öffentlichen Straße eingerichteten Busspur während der für die Busspur geltenden Widmungszeiten erlauben, keine „Begünstigung bestimmter Unternehmen“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt, sofern die Behörden dartun, dass i) Taxis und Funkmietwagen sich in Anbetracht objektiver Erwägungen betreffend die Sicherheit und Effizienz des Beförderungssystems in einer tatsächlich und rechtlich nicht vergleichbaren Situation befinden und ii) die Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist und nicht über das zu seiner Erreichung Erforderliche hinausgeht. Die Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

75.

Die von mir vorgeschlagene Antwort auf die zweite Frage im Licht der ersten Frage bedeutet Folgendes: Wenn TfL darzutun vermag, dass sich Taxis und Funkmietwagen bei Berücksichtigung von Sicherheits- und Effizienzgründen in einer tatsächlich und rechtlich nicht vergleichbaren Situation befinden, dann kann die Erlaubnis für Taxis zur Benutzung der Busspuren während bestimmter Tageszeiten nicht als Übertragung staatlicher Mittel angesehen werden.

76.

Sollte es sich so verhalten, kommt das Vorliegen einer „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht in Betracht, da die dort für die Anwendung dieser Bestimmung festgelegten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen ( 31 ). Ungeachtet dessen werde ich aber nachstehend meine Auffassung zur dritten Frage darlegen, da es dabei ebenfalls um eine grundsätzliche Problematik geht.

D – Dritte Frage: Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

77.

Zuletzt möchte der Court of Appeal wissen, ob die Busspurregelung geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu verfälschen.

78.

Falls Taxis und Funkmietwagen bei Berücksichtigung von Sicherheits- und Effizienzgründen nicht vergleichbar sind, ist die dritte Frage sinnlos. In der Praxis bestehen keine Beschränkungen hinsichtlich der Anzahl der Taxis in London ( 32 ), und jedem Unionsbürger steht es frei, die Zulassung zum Taxifahrer zu beantragen. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, wie eine örtliche Maßnahme dieser Art den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen können soll.

79.

Bei meiner Antwort gehe ich daher von der Prämisse aus, dass Taxis und Funkmietwagen in jeder Hinsicht sehr wohl vergleichbar sind und dass dementsprechend Taxis durch die Busspurregelung selektiv ein Vorteil gewährt wird, bei dem eine Übertragung staatlicher Mittel stattfindet, die geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen.

80.

Im Gegensatz zu Eventech, der Kommission und der Überwachungsbehörde bin ich nicht der Meinung, dass das Problem durch Heranziehung des Urteils Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg ( 33 ) zu lösen ist. Der Gerichtshof hat in jenem Urteil zwar u. a. ausgeführt, dass das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels nicht vom örtlichen oder regionalen Charakter der erbrachten Verkehrsdienste oder von der Größe des betreffenden Tätigkeitsgebiets abhänge ( 34 ) (an dieser Auffassung wurde in späteren Entscheidungen festgehalten ( 35 )), jedoch ist an dieser Stelle auf zwei wichtige Aspekte hinzuweisen.

81.

Erstens wurde der Vorteil, um den es in der Rechtssache Altmark ging, einem einzigen Unternehmen im Hinblick auf eine einzige Genehmigung für die Erbringung von Omnibusbeförderungsleistungen in Form eines öffentlichen Zuschusses gewährt. Somit führte die Genehmigung natürlich zu einer Stärkung der Wettbewerbsstellung des betreffenden Unternehmens gegenüber in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen, die an der Erbringung ähnlicher Dienste in dem örtlichen Gebiet hätten interessiert sein können ( 36 ). Demgegenüber wird im vorliegenden Fall der durch die Busspurregelung entstehende Vorteil – der keine Zuschussleistung umfasst – nicht nur einem einzigen Unternehmen oder einer erheblich beschränkten Anzahl von Beförderungsunternehmen gewährt. Wie es in der Vorlageentscheidung heißt, sind Bürger anderer Mitgliedstaaten nicht daran gehindert, Taxis zu besitzen oder zu fahren, falls sie die Vorteile der Busspurregelung in Anspruch nehmen wollen.

82.

Zweitens weist der Gerichtshof im Urteil Altmark zwar in allgemeinen Formulierungen darauf hin, dass die Schwelle für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels niedrig sei, er stellt aber an keiner Stelle fest, dass dieses Tatbestandsmerkmal bei dem Vorteil, der dem betreffenden Busbeförderungsunternehmen in jener Rechtssache gewährt worden war, tatsächlich erfüllt sei ( 37 ). Der Gerichtshof beschränkt sich lediglich auf die Aussage, dass die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden könne. Das Gleiche gilt für spätere Entscheidungen zu örtlichen Tätigkeiten ( 38 ). Nicht ohne Grund lässt der Gerichtshof bei den Formulierungen, die er in Fällen dieser Art üblicherweise verwendet, in der Regel eher Vorsicht walten ( 39 ).

83.

Außerdem muss im Rahmen der Prüfung, ob das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels erfüllt ist, zwischen Waren und Dienstleistungen unterschieden werden, da Waren ihrer Natur nach einfacher exportiert werden können, so dass die Gefahr besteht, dass sich die Chancen der Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten, ihre Erzeugnisse in den Markt des die Beihilfe gewährenden Mitgliedstaats auszuführen, verringern ( 40 ). Bei Dienstleistungen, insbesondere Beförderungsdienstleistungen, verhält es sich hingegen komplizierter. Falls die betreffende Dienstleistung ein grenzüberschreitendes Potenzial aufweist, kann von einer Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ausgegangen werden ( 41 ). Bei örtlichen Dienstleistungen wird ein solches grenzüberschreitendes Potenzial nicht immer gegeben sein, so dass es dann auch nicht zu einer grenzüberschreitenden Beeinträchtigung kommen kann. Örtliche Taxidienstleistungen sind nur ein Beispiel für Fälle, in denen ein grenzüberschreitendes Potenzial nicht ersichtlich ist ( 42 ).

84.

Gleichwohl gehört es zu den Tatsachenfeststellungen des Ausgangsverfahrens, dass Taxis durch die Busspurregelung einen Vorteil erhalten. Nach der Rechtsprechung ist bei einem solchen Vorteil davon auszugehen, dass der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt wird ( 43 ). Obwohl in keiner Weise ersichtlich ist, inwiefern in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen, die ähnliche Dienstleistungen anbieten, durch die Busspurregelung betroffen sein könnten, mag die oben dargestellte Abgrenzung nicht hinreichen, um eine Abweichung von dem Ergebnis im Urteil Altmark zu begründen, wonach selbst örtliche Vorteile den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen können. Entsprechend dem Urteil Altmark lässt sich zumindest eine potenzielle Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels nicht ausschließen.

85.

Sollte der Gerichtshof entscheiden, dass die Busspurregelung in der Tat geeignet ist, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen, hätte ich angesichts der vorstehenden Ausführungen darauf hinzuweisen, dass dann offenbar keine Schwelle zu niedrig ist, um das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels zu erfüllen. De facto würde das bedeuten, dass aus der – nach der Praxis der Kommission widerleglichen ( 44 ) – Vermutung des Vorliegens einer Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels eine unwiderlegliche Vermutung wird. Unwiderlegliche Vermutungen bringen zwar den Vorteil der Rechtssicherheit mit sich, jedoch ergäben sich hier sicherlich auch Nachteile.

86.

Die Überwachungsbehörde schlägt daher nicht ohne Grund vor, der Gerichtshof möge seine Haltung bezüglich des Tatbestandsmerkmals der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels überdenken, da dieses Tatbestandsmerkmal nach ihrer Auffassung so weit ausgelegt wird, dass kaum eine Maßnahme nicht darunter falle. Nach Meinung der Überwachungsbehörde sollte vielmehr entscheidend darauf abgestellt werden, ob sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Dienstleistungen auf dem Markt des den Vorteil gewährenden Mitgliedstaats zu erbringen, verringerten.

87.

Meines Erachtens wäre es zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings verfrüht, die Abkehr von einer seit mehr als 30 Jahren gefestigten Rechtsprechung zu erwägen und das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in der von der Überwachungsbehörde vorgeschlagenen Weise einzuschränken. Nur wenn sich die einfache Vermutung hinsichtlich der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals zu einer unwiderleglichen Vermutung entwickelt, mag dieser Gedanke weiterzuverfolgen sein. Es liegt auf der Hand, dass dies einzig und allein davon abhängt, wie der Gerichtshof auf die dritte Frage antworten will.

88.

Natürlich ist denkbar, dass der Gerichtshof einfach am status quo festhält und in seiner Antwort auf die bewährte, vorsichtige Formulierung zurückgreift, der zufolge es nicht unmöglich ist, dass die Busspurregelung trotz ihres lokalen Charakters den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigt. Dies stünde auch in Einklang mit der Praxis des Gerichtshofs, dem vorlegenden Gericht – unter gebührender Berücksichtigung der Hinweise des Gerichtshofs – die abschließende Entscheidung in der Frage zu überlassen, ob nach dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt sein könnte ( 45 ). In diesem Rahmen hätte das vorlegende Gericht dann selbstverständlich die Möglichkeit, die oben in den Nrn. 81 bis 83 genannten Faktoren zu berücksichtigen, insbesondere diejenigen, die die bei ihm anhängige Rechtssache vom Urteil in der Rechtssache Altmark unterscheiden.

89.

Genau diese Antwort auf die Frage 3 möchte ich angesichts der von mir vorgeschlagenen Antworten auf die Fragen 1, 2 a, 2 b und 2 c dem Gerichtshof für den Fall vorschlagen, dass die übrigen Voraussetzungen für die Feststellung des Vorliegens einer „Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV als erfüllt angesehen werden.

IV – Ergebnis

90.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Court of Appeal (England & Wales) (Vereinigtes Königreich) vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

Bei verständiger Auslegung von Art. 107 Abs. 1 AEUV liegt in Fällen, in denen die Behörden eines Mitgliedstaats Taxis, nicht aber Funkmietwagen die Benutzung einer auf einer öffentlichen Straße eingerichteten Busspur während der für die Busspur geltenden Widmungszeiten erlauben,

keine Übertragung „staatlicher Mittel“ vor, sofern allen vergleichbaren Unternehmen Zugang zu gleichen Bedingungen gewährt wird, und

keine „Begünstigung bestimmter Unternehmen“ vor, sofern die Behörden dartun, dass i) Taxis und Funkmietwagen sich in Anbetracht objektiver Erwägungen betreffend die Sicherheit und Effizienz des Beförderungssystems in einer tatsächlich und rechtlich nicht vergleichbaren Situation befinden und ii) die Maßnahme zur Erreichung dieses Ziels geeignet ist und nicht über das zu seiner Erreichung Erforderliche hinausgeht.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob dies beim konkreten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zutrifft. Sollte dies nicht der Fall sein, schließt der bloße Umstand, dass das Recht zur Benutzung der Busspuren im Rahmen einer örtlichen Verkehrsregelung gewährt wird, allein noch nicht die Möglichkeit aus, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird, was zu prüfen ebenfalls Sache des vorlegenden Gerichts ist.


( 1 ) Originalsprache: Englisch.

( 2 ) Vgl. u. a. das Gutachten Nr. 13-A-23 der französischen nationalen Wettbewerbsbehörde (Autorité de la Concurrence) vom 16. Dezember 2013 zum Entwurf eines Dekrets über die Vorbestellung von privaten Mietwagen mit Chauffeur, die einstweilige Verfügung des französischen Conseil d’État vom 5. Februar 2014 in den Rechtssachen SAS Allocab u. a., Nrn. 374524 und 374554, das Urteil des Tribunal de commerce de Bruxelles (Handelsgericht Brüssel) vom 31. März 2014 in der Rechtssache Taxi Radio Bruxellois, A/14/01645, sowie das Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 16. September 2014 in der Rechtssache Taxi Deutschland, 03 O 329/14.

( 3 ) Nach Angaben des vorlegenden Gerichts erstreckt sich das GLA-Straßennetz auf 580 km und umfasst in groben Zügen die wichtigsten Straßen in Greater London.

( 4 ) In der mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass der Court of Appeal die Frage der Übertragung staatlicher Mittel von Amts wegen aufgeworfen und die Parteien zu einer Stellungnahme hierzu aufgefordert habe.

( 5 ) Des Weiteren ergibt sich aus der Studie, dass in 52 % der Fälle die Fahrgäste das Taxi an der Straße herangewunken und in 34 % der Fälle an einem Taxistand bestiegen hatten. Zu den verbleibenden 6 % der Fälle gibt es keine Angaben – vgl. das Urteil des High Court of Justice in der Rechtssache Eventech Ltd v The Parking Adjudicator [2012] EWHC 1903 (Admin), Abschnitte 9 und 50 (i).

( 6 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission (C‑431/07 P, EU:C:2009:223, Rn. 118 und 119 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 7 ) Vgl. Urteile Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 72) und Vent De Colère u. a. (C‑262/12, EU:C:2013:851, Rn. 19).

( 8 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil P (C‑6/12, EU:C:2013:525, Rn. 18).

( 9 ) Vgl. z. B. Urteil Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. (C‑399/10 P und C‑401/10 P, EU:C:2013:175, Rn. 106 und 107).

( 10 ) Vgl. Urteile Kirsammer-Hack (C‑189/91, EU:C:1993:907, Rn. 17 und 18), Viscido u. a. (C‑52/97 bis C‑54/97, EU:C:1998:209, Rn. 14 und 15) und PreussenElektra (C‑379/98, EU:C:2001:160, Rn. 61 und 62). Vgl. auch Urteil Van Tiggele (82/77, EU:C:1978:10, Rn. 24 und 25).

( 11 ) Vgl. Urteile Sloman Neptun (C‑72/91 und C‑73/91, EU:C:1993:97, Rn. 21) und Ecotrade (C‑200/97, EU:C:1998:579, Rn. 36).

( 12 ) Vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Kommission/Niederlande („NOx“, C‑279/08 P, EU:C:2010:799, Nr. 84).

( 13 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Selex Sistemi Integrati/Kommission (C‑113/07 P, EU:C:2009:191, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteil Niederlande und NOS/Kommission (T‑231/06 und T‑237/06, EU:T:2010:525, Rn. 93).

( 14 ) So sahen z. B. die Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste (ABl. L 117, S. 15) und die Entscheidung Nr. 128/1999/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 1998 über die koordinierte Einführung eines Drahtlos- und Mobilkommunikationssystems (UMTS) der dritten Generation in der Gemeinschaft (ABl. L 17, S. 1) einen Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten bei der Wahl des Verfahrens zur Erteilung von UMTS-Genehmigungen vor, sofern die Grundsätze des freien Wettbewerbs und der Gleichbehandlung gewahrt werden.

( 15 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission (T‑475/04, EU:T:2007:196, Rn. 110), das im Rechtsmittelverfahren bestätigt wurde (vgl. Urteil Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission [EU:C:2009:223, insbesondere Rn. 98 und 103]).

( 16 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission (T‑443/08 und T‑455/08, EU:T:2011:117, Rn. 109), das im Rechtsmittelverfahren durch das Urteil Mitteldeutsche Flughafen und Flughafen Leipzig/Kommission (C‑288/11 P, EU:C:2012:821) bestätigt wurde.

( 17 ) Urteil Kommission/Niederlande (EU:C:2011:551, im Folgenden: Urteil NOx).

( 18 ) Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung (ABl. 1998, C 384, S. 3, Nr. 26).

( 19 ) EU:C:1998:579, Rn. 42 bis 44.

( 20 ) C‑295/97, EU:C:1999:313, Rn. 41 und 42.

( 21 ) EU:C:2011:551.

( 22 ) TfL fügt hinzu, dass „die verhängte Geldbuße für unrechtmäßiges Befahren von Busspuren während der für sie geltenden Widmungszeiten jedes Mal anfällt, wenn das betreffende Fahrzeug auf die Busspur fährt, was mehrmals während einer Fahrt geschehen kann“ (Hervorhebung nur hier), d. h. theoretisch unbegrenzt oft.

( 23 ) Vgl. entsprechend Beschluss Bertazzi u. a. (C‑393/11, EU:C:2013:143, Rn. 54) sowie in diesem Sinne auch Urteil P (EU:C:2013:525, Rn. 20 und 21).

( 24 ) Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, EU:C:2001:598, Rn. 41). Vgl. auch Urteile Portugal/Kommission („Azoren“, C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 54) sowie Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (EU:C:2011:732, Rn. 75).

( 25 ) Zu berücksichtigen ist, dass die oben in Nr. 57 angeführte Rechtsprechung lediglich auf das Kriterium „einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation“ (Hervorhebung nur hier) abstellt und nicht auf eine ähnliche, geschweige denn identische tatsächliche und rechtliche Situation.

( 26 ) Ungeachtet der Genauigkeit dieses Werts wird sich angesichts der ständigen technischen Weiterentwicklung erst im Lauf der Zeit herausstellen, ob Smartphones (und die verschiedenen von den Taxi- und Funkmietwagenbetreibern geschaffenen Telefon-Apps) diese Marktstruktur auf Dauer verändern können.

( 27 ) Vgl. das oben in Fn. 5 angeführte Urteil des High Court (Abschnitt 60 [ii]).

( 28 ) Dem Law Commission Paper Nr. 347, „Taxi and Private Hire Services“, Mai 2014, Punkt 9.21 (abrufbar unter http://www.lawcom.gov.uk), über Beförderungstarife zufolge gelten für vorbestellte Fahrten dieselben Vorschriften wie für Fahrten, die aufgrund eines „auf offener Straße zur Anmietung Anbietens“ durchgeführt werden.

( 29 ) Vgl. entsprechend Urteile Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich (EU:C:2011:732, Rn. 146 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 30 ) Vgl. entsprechend Urteil Paint Graphos u. a. (C‑78/08 bis C‑80/08, EU:C:2011:550, Rn. 75).

( 31 ) Vgl. u. a. Urteil Vent De Colère u. a. (EU:C:2013:851, Rn. 15).

( 32 ) Vgl. Section 16 des Transport Act 1985 sowie Law Commission Paper Nr. 347, „Taxi and Private Hire Services“, Mai 2014, Punkt 11.1, abrufbar unter http://www.lawcom.gov.uk.

( 33 ) C‑280/00, EU:C:2003:415 (im Folgenden: Urteil oder Rechtssache Altmark).

( 34 ) Ebd. (Rn. 77 und 82).

( 35 ) Vgl. u. a. Urteil Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission (C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 135).

( 36 ) Vgl. ähnlich Urteil ACEA/Kommission (T‑297/02, EU:T:2009:189, Rn. 91) und Sache SA.34056 (2012/N) – Vereinigtes Königreich, Seilbahn für London, Entscheidung vom 27. Juni 2012, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/ 244896/244896_1341324_89_1.pdf, Nrn. 43 bis 46 (zusammengefasste Veröffentlichung in ABl. C 220, S. 6).

( 37 ) Vgl. Urteil Altmark (EU:C:2003:415, Rn. 77), wo der Gerichtshof lediglich ausführt, dass „es keineswegs ausgeschlossen ist, dass sich ein öffentlicher Zuschuss, der einem Unternehmen gewährt wird, das ausschließlich örtliche oder regionale Verkehrsdienste und keine Verkehrsdienste außerhalb seines Heimatstaats leistet, gleichwohl auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken kann“ (Hervorhebung nur hier).

( 38 ) Vgl. u. a. Urteil Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission (EU:C:2011:368, Rn. 135).

( 39 ) Vgl. ähnlich Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Kommission/Spanien (C‑409/00, EU:C:2002:475, Nr. 116).

( 40 ) Vgl. u. a. Urteil Belgien/Kommission (C‑75/97, EU:C:1999:311, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 41 ) Vgl. u. a. Urteil Xunta de Galicia (C‑71/04, EU:C:2005:493, Rn. 47 und 48) betreffend eine Beihilferegelung für den Schiffbau und den Schiffsumbau zugunsten galicischer Werften mit in- und ausländischen Kunden.

( 42 ) Vgl. hierzu die Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache GEMO (C‑126/01, EU:C:2002:273, Nr. 145), die Antwort des Mitglieds der Kommission Kinnock auf die schriftliche Anfrage E-3484/96, ABl. 1996, C 186, S. 96, sowie die Sache N 733/2000 – Italien (Ligurien), Regionalmaßnahme zur Modernisierung der öffentlichen Taxiversorgung, Entscheidung vom 25. April 2001, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/134182/ 134182_1154208_1_2.pdf (zusammengefasste Veröffentlichung in ABl. 2004, C 67, S. 11). Alle diese Quellen stammen jedoch aus der Zeit vor dem Urteil Altmark (EU:C:2003:415).

( 43 ) Vgl. Urteil Altmark (EU:C:2003:415, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. auch Urteil Philip Morris Holland/Kommission (730/79, EU:C:1980:209, Rn. 11).

( 44 ) Vgl. u. a. Sache N 258/2000 – Deutschland, Leisure Pool Dorsten, Entscheidung vom 21. Dezember 2000, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/ cases/137009/137009_1153410_12_2.pdf (zusammengefasste Veröffentlichung in ABl. 2001, C 172, S. 16), sowie Sache SA.36581 (2013/NN), Griechenland, Errichtung des Archäologischen Museums Messara (Kreta), Entscheidung vom 6. November 2013, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/250254/250254_1484489_76_2.pdf (zusammengefasste Veröffentlichung in ABl. C 353, S. 4).

( 45 ) Vgl. Urteil Fallimento Traghetti del Mediterraneo (C‑140/09, EU:C:2010:335, Rn. 51).

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