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Document 62013CC0439

    Schlussanträge des Generalanwalts N. Jääskinen vom 4. Dezember 2014.
    Elitaliana SpA gegen Eulex Kosovo.
    Rechtsmittel – Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Gemeinsame Aktion 2008/124/GASP – Ausschreibung für die Hubschrauberunterstützung für die Eulex-Mission im Kosovo – Klage gegen die Vergabeentscheidung – Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV – Art. 275 Abs. 1 AEUV – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Art. 263 Abs. 1 AEUV – ‚Einrichtung oder sonstige Stelle der Union‘ – Maßnahmen, die der Europäischen Kommission zuzurechnen sind – Entschuldbarer Irrtum.
    Rechtssache C-439/13 P.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:2416

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    NIILO JÄÄSKINEN

    vom 4. Dezember 2014 ( 1 )

    Rechtssache C‑439/13 P

    Elitaliana SpA

    gegen

    Eulex Kosovo

    „Rechtsmittel — Gemeinsame Aktion 2008/124/GASP — Ausschreibung für die Hubschrauberunterstützung für die Eulex-Mission im Kosovo — Entscheidung, den Auftrag an einen anderen Bieter als die Klägerin zu vergeben — Nichtigkeitsklage und Klage auf Ersatz des angeblich entstandenen Schadens — „Einrichtung oder sonstige Stelle der Union“ im Sinne von Art. 263 Abs. 1 AEUV — Ermittlung des richtigen Beklagten für von dem Missionsleiter getroffene Entscheidungen — Unzulässigkeit der Klage beim Gericht der Europäischen Union — Entschuldbarer Irrtum — Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union — Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes“

    I – Einleitung

    1.

    Am 4. Februar 2008 nahm der Rat der Europäischen Union die Gemeinsame Aktion 2008/124/GASP über die Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo, Eulex Kosovo ( 2 ), an.

    2.

    Im Rahmen dieser Mission wurde die Bekanntmachung einer nichtoffenen Ausschreibung für ein Projekt mit dem Titel „Hubschrauberunterstützung für die Eulex-Mission im Kosovo“ im Hinblick auf den Abschluss eines Dienstleistungsvertrags veröffentlicht. Die Elitaliana SpA (im Folgenden: Elitaliana) nahm an dieser Ausschreibung teil. Ihr Angebot wurde an zweiter Stelle gereiht. Der Missionsleiter von Eulex Kosovo vergab den in Rede stehenden Auftrag an den erstgereihten Bieter.

    3.

    Elitaliana erhob beim Gericht der Europäischen Union eine Klage gegen Eulex Kosovo.

    4.

    Im Verfahren vor dem Gericht erhob Eulex Kosovo eine Einrede der Unzulässigkeit, die sie erstens darauf stützte, dass ihr nicht die Beklagteneigenschaft zukomme, und zweitens darauf, dass das Gericht nicht für Maßnahmen in Bezug auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) zuständig sei.

    5.

    Mit dem Beschluss Elitaliana/Eulex Kosovo ( 3 ) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) hat das Gericht die Klage als unzulässig abgewiesen.

    6.

    Mit dem vorliegenden Rechtsmittel beantragt Elitaliana die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

    7.

    Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels hat der Gerichtshof darüber zu entscheiden, ob Eulex Kosovo rechtlich für die vom Leiter dieser Mission getroffenen Entscheidungen haftet, und insbesondere darüber, ob eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV gegen Eulex Kosovo erhoben werden kann, eine Frage, die neu zu sein scheint. Der Gerichtshof hat außerdem zu dem Vorbringen von Elitaliana Stellung zu nehmen, es liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor und sie habe hinsichtlich der Ermittlung des Beklagten im Verfahren vor dem Gericht einen entschuldbaren Irrtum begangen.

    II – Rechtlicher Rahmen

    8.

    Nach Art. 1 Abs. 1 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 wurde Eulex Kosovo von der Europäischen Union als Rechtsstaatlichkeitsmission im Kosovo eingerichtet.

    9.

    Aus Art. 2 Abs. 1 der Gemeinsamen Aktion 2008/124/GASP geht hervor, dass Eulex Kosovo die Institutionen des Kosovo, einschließlich der Justiz- und Strafverfolgungsbehörden, bei ihren Fortschritten auf dem Weg zu stabilen und verantwortungsbewussten Einrichtungen und bei der weiteren Entwicklung und Festigung eines unabhängigen multiethnischen Justizwesens sowie von multiethnischen Polizei- und Zolldiensten unterstützt und sicherstellt, dass diese Organe frei von politischer Einflussnahme sind und international anerkannte Standards und bewährte europäische Praktiken anwenden.

    10.

    Art. 6 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 legt die Struktur von Eulex Kosovo fest. So bestimmt Art. 6 Abs. 1, dass Eulex Kosovo eine einheitliche Mission der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) im gesamten Kosovo ist. Nach Art. 6 Abs. 2 werden im Rahmen von Eulex Kosovo ein Hauptquartier und regionale und örtliche Büros im Kosovo, eine Unterstützungskomponente in Brüssel (Belgien) und erforderlichenfalls Verbindungsbüros eingerichtet. Nach Art. 6 Abs. 3 setzt sich Eulex Kosovo aus einem Missionsleiter und Personal sowie einer Polizei-, einer Justiz- und einer Zollkomponente zusammen.

    11.

    Nach Art. 7 Abs. 1 und 2 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 fungiert der Direktor des Zivilen Planungs- und Durchführungsstabs als Ziviler Operationskommandeur für Eulex Kosovo, der unter der politischen Kontrolle und strategischen Leitung des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees (PSK) und unter der Gesamtverantwortung des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (Hoher Vertreter) bei Eulex Kosovo die Anordnungsbefugnis und Kontrolle auf strategischer Ebene ausübt. Nach Art. 7 Abs. 3 stellt er eine ordnungsgemäße und effiziente Umsetzung der Ratsbeschlüsse und der Beschlüsse des PSK sicher; zu diesem Zweck erteilt er auch die erforderlichen Weisungen auf strategischer Ebene an den Missionsleiter, berät ihn und liefert technische Unterstützung.

    12.

    In Art. 11 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 wird die Befehlskette von Eulex Kosovo dargestellt. Nach seinem Abs. 2 nimmt das PSK unter Verantwortung des Rates und des Hohen Vertreters die politische Kontrolle und strategische Leitung von Eulex Kosovo wahr. Nach Art. 11 Abs. 3 und 4 erstattet der Zivile Operationskommandeur, der der Befehlshaber von Eulex Kosovo auf strategischer Ebene ist, über den Hohen Vertreter dem Rat Bericht. Nach Art. 11 Abs. 5 übt der Missionsleiter die Anordnungs- und Kontrollbefugnis über Eulex Kosovo im Einsatzgebiet aus und untersteht unmittelbar dem Zivilen Operationskommandeur.

    13.

    Schließlich geht aus Art. 12 Abs. 1 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 hervor, dass das PSK unter der Verantwortung des Rates die politische Kontrolle und strategische Leitung von Eulex Kosovo wahrnimmt.

    III – „Streitige Maßnahmen “, Verfahren vor dem Gericht, angefochtener Beschluss und Verfahren vor dem Gerichtshof

    A – Streitige Maßnahmen

    14.

    Der Erlass der streitigen Maßnahmen wird im angefochtenen Beschluss wie folgt dargestellt:

    „2

    Am 18. Oktober 2011 wurde die Bekanntmachung einer nichtoffenen Ausschreibung für ein Projekt mit dem Titel ‚Hubschrauberunterstützung für die Eulex-Mission im Kosovo‘ im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2011/S 200-324817) mit der Referenznummer EuropeAid/131516/D/SER/XK im Hinblick auf den Abschluss eines Dienstleistungsvertrags veröffentlicht. Diese Bekanntmachung enthielt folgende Angabe: ‚Öffentlicher Auftraggeber: der Leiter von Eulex Kosovo, Pristina, Kosovo‘.

    3

    Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011, dem u. a. Anleitungen für die Bieter beigefügt waren, ersuchte der Leiter von Eulex Kosovo die Klägerin, … Elitaliana …, eine italienische Gesellschaft, deren Tätigkeitsbereich in gegenüber öffentlichen Einrichtungen erbrachten Hubschrauberdiensten besteht, am nichtoffenen Ausschreibungsverfahren teilzunehmen.

    4

    Die Klägerin machte im Rahmen des oben genannten Verfahrens ein Angebot.

    5

    Mit Schreiben vom 29. März 2012 unterrichtete der Direktor der Verwaltung und der Unterstützungsdienste von Eulex Kosovo die Klägerin darüber, dass ihr Angebot an zweiter Stelle gereiht worden war.

    6

    Mit Schreiben vom 2. April 2012 beantragte die Klägerin gegenüber Eulex Kosovo den Zugang zu bestimmten vom erstgereihten Bieter vorgelegten Dokumenten. Mit Schreiben vom 17. April 2012 verweigerte der Leiter von Eulex Kosovo den Zugang zu diesen Dokumenten.

    7

    Am 24. April 2012 vergab der Leiter von Eulex Kosovo den in Rede stehenden Auftrag an den erstgereihten Bieter.“

    B – Verfahren vor dem Gericht

    15.

    Das Verfahren vor dem Gericht lässt sich, soweit für das vorliegende Rechtsmittel relevant, wie folgt zusammenfassen.

    16.

    Mit Klageschrift, die am 23. Mai 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Elitaliana eine Klage gegen Eulex Kosovo erhoben, mit der sie beantragt hat,

    die Maßnahmen von Eulex Kosovo in Bezug auf die ihr von Eulex Kosovo mit Schreiben vom 29. März 2012 mitgeteilte Vergabe des Auftrags „EuropeAid/131516/D/SER/XK – Hubschrauberunterstützung für die Eulex-Mission im Kosovo (PROC/272/11)“ an einen anderen Bieter sowie jede andere damit verbundene Maßnahme und insbesondere das Schreiben vom 17. April 2012, mit dem Eulex Kosovo ihr den Zugang zu den beantragten Dokumenten verweigert hat, für nichtig zu erklären;

    Eulex Kosovo zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr dadurch entstanden ist, dass der genannte Auftrag nicht an sie vergeben worden ist;

    Eulex Kosovo die Kosten aufzuerlegen.

    17.

    Mit besonderem Schriftsatz, der am 14. September 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Eulex Kosovo gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Eulex Kosovo hat beantragt, die Klage als unzulässig abzuweisen und Elitaliana sämtliche Kosten aufzuerlegen.

    18.

    Elitaliana hat am 28. November 2012 ihre Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit abgegeben und beantragt, die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen und auf jeden Fall das als Beklagten angesehene Organ von der Klage zu benachrichtigen.

    C – Angefochtener Beschluss

    19.

    Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht die Klage für unzulässig erklärt und dies auf den ersten von Eulex Kosovo geltend gemachten Unzulässigkeitsgrund gestützt.

    20.

    Zunächst hat das Gericht die Einrede von Eulex Kosovo geprüft, soweit diese geltend gemacht hat, dass „ihr im vorliegenden Fall nicht die Beklagteneigenschaft zukommen könne, da sie keine unabhängige Einrichtung sei“ (angefochtener Beschluss, Rn. 18 bis 37).

    21.

    Das Gericht hat seine Prüfung mit der Frage begonnen, ob Eulex Kosovo Beklagteneigenschaft zukommt, genauer gesagt, ob Eulex Kosovo eine Einrichtung oder sonstige Stelle der Union im Sinne von Art. 263 Abs. 1 AEUV darstellt (angefochtener Beschluss, Rn. 19 bis 21).

    22.

    Nach einer Prüfung des Wortlauts von Art. 1 Abs. 1, Art. 6, Art. 7 Abs. 1 und 2 sowie Art. 11 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 ist das Gericht zu folgendem Ergebnis gekommen (angefochtener Beschluss, Rn. 26):

    „Angesichts der oben genannten Bestimmungen verfügt Eulex Kosovo über keine Rechtspersönlichkeit und ist es nicht vorgesehen, dass sie Partei eines Verfahrens vor den Unionsgerichten sein kann.“

    23.

    Nachdem das Gericht anschließend festgestellt hat, dass Elitaliana die Nichtigerklärung der von Eulex Kosovo in Bezug auf die Vergabe eines Auftrags getroffenen Maßnahmen begehrte, hat es geprüft, wem die in Rede stehende Entscheidung zuzurechnen ist, und ist zu folgendem Ergebnis gekommen (angefochtener Beschluss, Rn. 34): „Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die vom Leiter von Eulex Kosovo im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe des in Rede stehenden Auftrags erlassenen Maßnahmen der Kommission zuzurechnen sind, der die Beklagteneigenschaft nach Art. 263 Abs. 1 AEUV zukommt. Diese Handlungen sind somit gerichtlich nachprüfbar, wie es der von der Klägerin geltend gemachte Grundsatz verlangt, wonach jede Handlung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, gerichtlich nachprüfbar sein muss …“. Das Gericht hat hinzugefügt (angefochtener Beschluss, Rn. 35), dass „Eulex Kosovo [folglich] keine Beklagteneigenschaft [hat]“.

    24.

    Sodann hat Elitaliana hilfsweise geltend gemacht, dass das Gericht, falls Eulex Kosovo keine Beklagteneigenschaft habe, erstens die Partei ermitteln könne, der gegenüber das Verfahren dann fortgesetzt werden könne (angefochtener Beschluss, Rn. 38).

    25.

    Das Gericht hat jedoch festgestellt, dass im vorliegenden Fall die Bezeichnung von Eulex Kosovo in der Klageschrift keinen Fehler von Elitaliana darstelle. Vielmehr gehe aus dem Inhalt der Klageschrift eindeutig hervor, dass Elitaliana die Absicht gehabt habe, die Klage ausdrücklich gegen Eulex Kosovo zu erheben, die nach Ansicht von Elitaliana eine Einrichtung oder sonstige Stelle der Union im Sinne von Art. 263 Abs. 1 AEUV darstelle, was Elitaliana übrigens in ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit bestätigt habe (angefochtener Beschluss, Rn. 39).

    26.

    Zweitens hat Elitaliana beantragt, ihr zuzuerkennen, dass es sich um einen entschuldbaren Irrtum handelt, und hat hierzu die Rechtsprechung vorgetragen, die das Vorliegen eines solchen Fehlers anerkenne, falls das Verhalten des betroffenen Unionsorgans für sich genommen oder als entscheidender Faktor geeignet gewesen sei, bei einem gutgläubigen Bürger, der alle Sorgfalt aufwende, die von einem Wirtschaftsteilnehmer mit normalem Kenntnisstand zu verlangen sei, eine verständliche Verwirrung hervorzurufen (angefochtener Beschluss, Rn. 40).

    27.

    Hierzu hat das Gericht festgestellt, dass das Vorliegen eines entschuldbaren Irrtums nach der von Elitaliana erwähnten Rechtsprechung lediglich dazu führen könne, dass die Klage nicht als verspätet abgewiesen werde. Im vorliegenden Fall stehe aber fest, dass Elitaliana die Klagefrist eingehalten habe (angefochtener Beschluss, Rn. 42).

    28.

    Das Gericht hat außerdem angemerkt, dass Elitaliana zu keinem Zeitpunkt eine Klage auch gegen eine andere Partei als Eulex Kosovo erhoben habe, sondern sich darauf beschränkt habe, das Gericht zu ersuchen, den Beklagten zu ermitteln, gegen den die vorliegende Klage erhoben werden müsste, um zulässig zu sein (angefochtener Beschluss, Rn. 42).

    29.

    Das Gericht hat seine Prüfung in Rn. 45 des angefochtenen Beschlusses mit folgender Schlussfolgerung beendet:

    „Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, dass mangels der Beklagteneigenschaft von Eulex Kosovo die Klage, die die Klägerin gegen Eulex Kosovo erhoben hat, unzulässig ist, und zwar sowohl der Antrag auf Nichtigerklärung als auch der Antrag auf Schadensersatz, der eng mit dem Antrag auf Nichtigerklärung verbunden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1989, Bossi/Kommission, 346/87, [EU:C:1989:59], Randnr. 31 und Beschluss Elti/Delegation der Union in Montenegro, [T‑395/11, EU:T:2012:274], Randnr. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung), ohne dass über die angebliche Unzuständigkeit des Gerichts hinsichtlich der aufgrund der Bestimmungen des [EUV] über die … GASP erlassenen Maßnahmen entschieden zu werden braucht“ (angefochtener Beschluss, Rn. 45).

    D – Verfahren vor dem Gerichtshof

    30.

    Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Elitaliana, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und der Klage stattzugeben oder, falls der Gerichtshof der Ansicht sein sollte, dass der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif ist, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen.

    31.

    Eulex Kosovo beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Elitaliana die Kosten aufzuerlegen.

    IV – Zu den Rechtsmittelgründen

    32.

    Elitaliana stützt ihr Rechtsmittel auf die folgenden drei Rechtsmittelgründe:

    „1.

    Beurteilungsfehler, weil Eulex [Kosovo] nicht als Einrichtung/sonstige Stelle im Sinne von Art. 263 AEUV anerkannt wird. Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Sinne einer vollen Verwirklichung der Verteidigungsrechte, die sich aus dem allgemeineren Grundsatz der Gleichbehandlung ergeben“ ( 4 ),

    „2.

    Beurteilungsfehler in Bezug auf die angebliche Gleichstellung von Eulex [Kosovo] mit den Delegationen. Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Sinne einer vollen Verwirklichung der Verteidigungsrechte, die sich aus dem allgemeineren Grundsatz der Gleichbehandlung ergeben“ ( 5 ), und

    „3.

    Beurteilungsfehler in Bezug auf das angebliche Fehlen eines entschuldbaren Irrtums. Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Sinne einer vollen Verwirklichung der Verteidigungsrechte, die sich aus dem allgemeineren Grundsatz der Gleichbehandlung ergeben“ ( 6 ).

    33.

    Den drei Rechtsmittelgründen ist ein als „Prämisse“ ( 7 ) bezeichneter Abschnitt vorangestellt, der sich auf den „heute in den Art. 6 und 13 [der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK)] verankert[en Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes]“ bezieht, den der Gerichtshof anerkennen solle, „indem er den folgenden Rechtsmittelgründen stattgibt“.

    34.

    Im Rahmen der Prüfung ist zunächst diese Prämisse zu untersuchen.

    A – Zur „Prämisse

    1. Vorbringen der Parteien

    35.

    Elitaliana führt zu diesem Grundsatz Folgendes aus:

    „17

    Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes stellt inzwischen ein Leitprinzip des Rechtssystems der Gemeinschaft dar, das heute in den Art. 6 und 13 EMRK verankert ist, die gewährleisten, dass jede Person ein Recht darauf hat, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre Ansprüche und Verpflichtungen von einem Gericht verhandelt wird, wobei der Zugang zu einem Gericht, um effektiv zu sein, jeder Person die eindeutige und effektive Möglichkeit geben muss, die Maßnahme anzufechten, die ihre Rechtssphäre verletzt hat. Etwaige Beschränkungen sind mit den genannten Bestimmungen nur vereinbar, wenn sie die Möglichkeiten des Zugangs einer Person nicht so sehr beeinträchtigen, dass das Recht in seinem Wesensgehalt verletzt wird.

    18

    Der angefochtene Beschluss, der zum einen auf das angebliche Fehlen der Rechtspersönlichkeit von Eulex gestützt wurde (das alles andere als offensichtlich und vor allem für einen sorgfältigen Dritten nicht feststellbar war, da es nie erwähnt worden war) und mit dem zum anderen ein entschuldbarer Irrtum verneint wurde (obwohl das Gericht das Vorliegen der Voraussetzungen dafür festgestellt hat), hat Elitaliana in der Praxis die Möglichkeit genommen, das gewählte rechtliche Instrument zu nutzen, da ihr ihre Verteidigungsrechte verweigert wurden, von denen wir hoffen, dass der Gerichtshof sie anerkennt, indem er den folgenden Rechtsmittelgründen stattgibt.“

    36.

    Eulex Kosovo macht geltend, dieses Vorbringen werde von Elitaliana hilfsweise für den Fall angeführt, dass der Gerichtshof sich als zuständig ansehe, was er aber nicht sei. Auf jeden Fall habe das Gericht nicht die Art. 6 und 13 EMRK verletzt.

    2. Würdigung

    37.

    Elitaliana trägt vor, das Gericht habe gegen die Art. 6 und 13 EMRK verstoßen, indem es festgestellt habe, dass Eulex Kosovo keine Rechtspersönlichkeit habe, und einen entschuldbaren Irrtum hinsichtlich der Identität der Beklagten verneint habe.

    38.

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die in den Art. 6 und 13 EMRK festgelegten Grundsätze denjenigen entsprechen, die nunmehr in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankert sind, der im vorliegenden Fall grundsätzlich anzuwenden war. Ein Verstoß gegen Art. 47 der Charta kann allerdings nur geltend gemacht werden, wenn Klagen gegen die Organe, deren Zuständigkeit anzunehmen plausibel ist, aus anderen als aus prozessualen Gründen für unzulässig erklärt werden und der Kläger in einem solchen Fall über keinen effektiven gerichtlichen Rechtsbehelf verfügen würde ( 8 ).

    39.

    Die beim Gericht erhobene Klage wurde gegen eine Partei gerichtet, die nach Ansicht des Gerichts nicht der richtige Beklagte war. Aus der Rechtsmittelschrift ergibt sich, dass Elitaliana der Auffassung ist, diese Feststellung komme einer Verletzung ihrer Grundrechte gleich, die im vorliegenden Fall in Art. 47 der Charta gewährleistet seien.

    40.

    Die Feststellung, dass Eulex Kosovo nicht die richtige Beklagte ist, sei es, weil sie nicht parteifähig ist, sei es aus anderen Gründen, erlaubt es nicht, auf fehlenden gerichtlichen Rechtsschutz zu schließen.

    41.

    Die Art. 47 der Charta betreffende Problematik ist nämlich an dieser Stelle eindeutig verfrüht. Wenn die Klage gegen eine Partei erhoben worden ist, die nicht der richtige Beklagte ist, kann deswegen kein Verstoß gegen diesen Artikel vorliegen. Die Situation von Elitaliana kann nur dann anhand dieser Bestimmung geprüft werden, wenn eine Klage gegen den richtigen Beklagten beim zuständigen Gericht erhoben worden ist, das das Fehlen von Rechtsbehelfen feststellt.

    42.

    Daher geht das Vorbringen von Elitaliana zu diesem Punkt ins Leere. Auf ihre Behauptung, dass es für sie äußerst schwierig gewesen sei, den Beklagten zu ermitteln, der beim Gericht zu verklagen sei, werde ich im Rahmen des dritten Rechtsmittelgrundes zurückkommen.

    B – Erster Rechtsmittelgrund: Nichtanerkennung von Eulex Kosovo als eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union im Sinne von Art. 263 Abs. 1 AEUV

    1. Vorbringen der Parteien

    43.

    Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht Elitaliana geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es zu dem Ergebnis gekommen sei, dass „Eulex Kosovo über keine Rechtspersönlichkeit [verfügt] und … es nicht vorgesehen [ist], dass sie Partei eines Verfahrens vor den Unionsgerichten sein kann“ (angefochtener Beschluss, Rn. 26). Eulex Kosovo besitze alle erforderlichen Merkmale, um als Einrichtung oder sonstige Stelle der Union im Sinne von Art. 263 Abs. 1 AEUV angesehen zu werden.

    44.

    Eulex Kosovo beantragt die Zurückweisung dieses Rechtsmittelgrundes.

    2. Würdigung

    45.

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt der in Art. 263 AEUV vorgesehene Mechanismus einer gerichtlichen Kontrolle für die vom Unionsgesetzgeber geschaffenen Einrichtungen und sonstigen Stellen, denen Befugnisse zum Erlass von für natürliche und für juristische Personen verbindlichen Rechtsakten auf spezifischen Gebieten eingeräumt wurden, z. B. für die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA), die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), die Europäische Chemikalienagentur (ECHA), das Gemeinschaftliche Sortenamt (CPVO) und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) ( 9 ).

    46.

    Für die Beurteilung, ob eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle unter die Definition des Art. 263 Abs. 1 AEUV fällt, ist das Instrument zu prüfen, durch das diese Einheit errichtet wurde. Der Rechtsprechung lassen sich in dieser Hinsicht mindestens zwei Kriterien entnehmen ( 10 ), die Eulex Kosovo nicht zu erfüllen scheint.

    47.

    Erstens sieht die Gemeinsame Aktion 2008/124 weder vor, dass Eulex Kosovo Rechtspersönlichkeit besitzt – was häufig geschieht, z. B. bei Maßnahmen zur Errichtung von Agenturen ( 11 ) –, noch auch nur, dass sie vor den Unionsgerichten parteifähig ist ( 12 ).

    48.

    Zweitens enthalten die Maßnahmen zur Schaffung von Einrichtungen und sonstigen Stellen häufig eine Bestimmung, in der der einschlägige Artikel des Vertrags genannt und zugleich der Umfang der Rechtsbehelfe festgelegt ist ( 13 ). In der Gemeinsamen Aktion 2008/124 fehlt aber eine solche Bestimmung.

    49.

    Zur Stützung ihres Vorbringens beruft sich Elitaliana auf das Urteil des Gerichts in der Rechtssache Sogelma/AER ( 14 ). In diesem Urteil hat das Gericht seine Zuständigkeit für eine nach Art. 230 Abs. 4 EG (jetzt Art. 263 AEUV) erhobene Klage gegen eine Maßnahme der Europäischen Agentur für den Wiederaufbau (EAR) geprüft. Dieses Urteil ist aber in einem ganz anderen Kontext erlassen worden, und das Gericht hat gerade festgestellt, dass die EAR eine Einrichtung der Gemeinschaft ist, die Rechtspersönlichkeit besitzt, und dass die Verordnung, durch die die Agentur errichtet wurde, ausdrücklich die Zuständigkeit des Gerichtshofs vorsieht ( 15 ).

    50.

    Der Umstand, dass das errichtende Instrument ausdrücklich einen Rechtsbehelf beim Gerichtshof vorsieht, bestätigt diese Verbindung mit Art. 263 AEUV. Allerdings ermöglicht nach meiner Auffassung das Fehlen einer solchen Bestimmung für sich allein nicht, festzustellen, dass keine solche Verbindung besteht.

    51.

    Auch wenn eine ausdrückliche Bestimmung zur Verleihung der Rechtspersönlichkeit an die in Rede stehende Einheit fehlt, begründet nämlich meines Erachtens der Wortlaut von Art. 263 Abs. 5 AEUV eine sehr starke Vermutung in dem Sinne, dass, wenn die Organe eine Einheit errichten, die den Einzelnen betreffende Entscheidungen treffen kann, dennoch ein Rechtsweg bestehen muss. In einer solchen Situation kann diese Vermutung eines Rechtswegs an sehr enge Voraussetzungen geknüpft werden. Für eine mit eigener Persönlichkeit ausgestattete Einheit, die eigene rechtliche Befugnisse hat und der Aufgaben einer bestimmten Natur zugewiesen werden, könnte die Vermutung sprechen, dass sie vor den europäischen Gerichten klagen und verklagt werden kann, auch wenn eine ausdrückliche Bestimmung fehlt ( 16 ).

    52.

    Eine Prüfung der Gemeinsamen Aktion 2008/124 zeigt, dass es sich um eine gemeinsame Mission des Rates und der Kommission handelt. Diese Gemeinsame Aktion sieht für Eulex Kosovo keine eigene Rechtspersönlichkeit vor. Nach ihren Art. 11 und 12 nehmen nämlich der Rat und das PSK die politische Kontrolle und die strategische Leitung wahr. Des Weiteren unterstellt ihr Art. 16 den finanziellen Aspekt der Mission der Kontrolle der Kommission.

    53.

    Vor diesem Hintergrund komme ich zu dem Ergebnis, dass Eurlex Kosovo keine Einrichtung oder sonstige Stelle im Sinne von Art. 263 Abs. 1 AEUV ist. Es handelt sich vielmehr um eine gemeinsame Mission der beiden Organe. Dies vorausgeschickt ist es nach meiner Auffassung nicht ausgeschlossen, der Mission grundsätzlich die Rechtspersönlichkeit aufgrund einer funktionellen Betrachtung zuzuerkennen ( 17 ). Die Mission wurde durch einen Rechtsakt errichtet, und sie ist z. B. in der Lage, Entscheidungen mit Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu treffen. Allerdings zeigt der Aufbau der Gemeinsamen Aktion 2008/124 die Absicht, die Mission institutionell von den beiden genannten Organen abhängig zu machen ( 18 ). Eine ähnliche Situation, und zwar zwischen der Kommission und dem Kernforschungszentrum, war schon von Generalanwalt Roemer in der Rechtssache Ufficio imposte consumo/Kommission geprüft worden ( 19 ). Somit handelt es sich im vorliegenden Fall um eine vorübergehende interinstitutionelle Kooperationsstruktur und nicht um eine Organisation, die eine eigene rechtliche Existenz hat.

    54.

    Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass Eulex Kosovo nicht als eine Einheit angesehen werden kann, gegen die eine Klage auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 1 AEUV erhoben werden kann. Daher hat das Gericht zu Recht festgestellt, dass Eulex Kosovo keine Einrichtung oder sonstige Stelle der Union im Sinne dieser Bestimmung ist.

    55.

    Ich schlage daher vor, die erste Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

    C – Zweiter Rechtsmittelgrund: Fehlerhafte Gleichstellung der Mission Eulex Kosovo mit den Delegationen der Europäischen Union

    1. Vorbringen der Parteien

    56.

    Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht Elitaliana geltend, das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Eulex Kosovo nach der Rechtsprechung des Gerichts zur Delegation der Union in Montenegro als eine Delegation der Kommission angesehen werden müsse und die Kommission daher das Organ sei, das nach Art. 263 Abs. 1 AEUV für die betreffende Handlung vor den Unionsgerichten einzustehen habe (angefochtener Beschluss, Rn. 27 bis 35).

    57.

    Eulex Kosovo beantragt die Zurückweisung dieses Rechtsmittelgrundes.

    2. Würdigung

    a) Die Unterscheidung zwischen Delegationen und Missionen

    58.

    Im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Delegation und Mission ist zunächst auf zwei Aspekte der Präsenz der Europäischen Union außerhalb ihres Hoheitsgebiets hinzuweisen.

    59.

    Der erste Aspekt betrifft die auswärtige Präsenz und das auswärtige Handeln nach dem EG-Vertrag. Dieser Rahmen umfasst die Delegationen in Drittstaaten und bei internationalen Organisationen. Die größtenteils vom Gericht stammende Rechtsprechung ist durchaus eindeutig und meiner Ansicht nach richtig. Die Zuständigkeit des Gerichtshofs beruht auf den Standardbestimmungen des Vertrags, wie denjenigen über die Nichtigkeitsklage und die Schadensersatzklage. Nach der Rechtsprechung des Gerichts, die dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der Einrichtung des EAD ( 20 ) vorausgegangen ist, ist in einer solchen Situation der zu Verklagende tatsächlich die Kommission. Die Delegationen sind der Kommission angegliedert, und jede Klage muss gegen die Kommission gerichtet werden ( 21 ). Daher ist eine ausschließlich gegen eine Delegation erhobene Klage vom Gericht als unzulässig beurteilt worden ( 22 ).

    60.

    Der zweite Aspekt betrifft das auswärtige Handeln im Rahmen der GASP. Es handelt sich u. a. um Maßnahmen zur Errichtung von GASP-Missionen in Drittstaaten. Die Rechtsprechung, die ebenfalls vom Gericht stammt, ist nicht umfangreich. Es wurden nur einige Klagen erhoben und danach zurückgenommen, so dass die betreffenden Rechtssachen gestrichen wurden ( 23 ). Unter den wenigen Rechtssachen, in denen das Gericht eine Entscheidung getroffen hat, ist die Rechtssache H/Rat u. a. anzuführen. In dem angefochtenen Beschluss bezieht sich das Gericht ebenfalls auf den Beschluss des Präsidenten des Gerichts über einstweilige Anordnungen. ( 24 ). Im Hauptsacheverfahren H/Rat u. a. hat das Gericht die Klage als unzulässig abgewiesen, wogegen allerdings ein Rechtsmittel eingelegt worden ist ( 25 ). Diese Rechtssache betraf die Polizeimission der Europäischen Union in Bosnien und Herzegowina ( 26 ). Angesichts der wenigen Entscheidungen des Gerichts über die GASP-Missionen ist festzustellen, dass die Rechtsprechung in diesem Bereich keineswegs gefestigt ist.

    61.

    Nach meiner Auffassung ist die Rechtsprechung des Gerichts zu den Delegationen der Union nicht auf die von der Union errichteten Missionen übertragbar, auch wenn diese beiden Arten von Strukturen sicherlich ähnliche Merkmale wie das Fehlen einer eigenen Rechtspersönlichkeit haben. Wenn keine ausdrücklichen Bestimmungen vorliegen, ist mithin die wirkliche Natur der Verbindung zwischen den Missionen und den Organen zu prüfen.

    62.

    Zu betonen ist, dass die Argumentation des Gerichts im angefochtenen Beschluss nicht auf einer vollständigen Analogie zwischen der Stellung einer Delegation und der einer Mission beruht. Zwar erwähnt das Gericht einen Beschluss über die Delegation der Europäischen Union in Montenegro ( 27 ), es will damit aber darauf hinweisen, dass „die aufgrund von delegierten Befugnissen erlassenen Handlungen normalerweise dem delegierenden Organ zugerechnet werden, das für die betreffende Handlung vor Gericht einzustehen hat“ (angefochtener Beschluss, Rn. 33). Nachdem es diese Feststellung getroffen hat, hat es in Rn. 34 des angefochtenen Beschlusses Folgendes ausgeführt:

    „Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die vom Leiter von Eulex Kosovo im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe des in Rede stehenden Auftrags erlassenen Maßnahmen der Kommission zuzurechnen sind, der die Beklagteneigenschaft nach Art. 263 Abs. 1 AEUV zukommt. Diese Handlungen sind somit gerichtlich nachprüfbar, wie es der von der Klägerin geltend gemachte allgemeine Grundsatz verlangt, wonach jede Handlung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union, die dazu bestimmt ist, Rechtswirkungen gegenüber Dritten zu erzeugen, gerichtlich nachprüfbar sein muss“.

    63.

    Entgegen dem Vorbringen von Elitaliana hat das Gericht daher die GASP-Missionen nicht den Delegationen der Kommission gleichgestellt.

    b) Die Verbindung zwischen den Missionen und den Organen

    64.

    Zum ersten Rechtsmittelgrund habe ich festgestellt, dass Eulex Kosovo nicht alle erforderlichen Merkmale aufweist, um selbst die Fähigkeit zu haben, sich vor dem Gerichtshof im Rahmen von Art. 263 Abs. 1 AEUV zu verteidigen. Ich habe ebenso darauf hingewiesen, dass die Mission Eulex Kosovo nicht der Kommission als Delegation angegliedert ist. Deshalb ist die Verbindung dieser Mission zu den Organen zu untersuchen.

    65.

    Aus der Gemeinsamen Aktion 2008/124 ergibt sich, dass Eulex Kosovo als eine vom Rat und von der Kommission getrennte Einheit errichtet worden ist. Insbesondere geht aus den Elementen der Gemeinsamen Aktion 2008/124 und des zwischen dem Missionsleiter und der Kommission geschlossenen Vertrags hervor, dass die Verbindungen zur Kommission hinsichtlich der Verwaltung und der finanziellen Aspekte außergewöhnlich eng sind. Das Gericht hat hierzu die Ansicht vertreten, dass diese Elemente zusammengenommen eine Delegierung von normalerweise durch die Kommission ausgeübten Befugnissen auf Eulex Kosovo und ihren Missionsleiter darstellten. Es kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass die von Eulex Kosovo einschließlich seines Missionsleiters erlassenen Maßnahmen letztlich der Kommission zuzurechnen seien (angefochtener Beschluss, Rn. 34). Das Gericht argumentiert dabei folgendermaßen:

    „30

    Es ist festzustellen, dass die im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe des in Rede stehenden öffentlichen Auftrags getroffenen Maßnahmen den Haushalt von Eulex Kosovo betreffen.

    31

    Nach Art. 16 Abs. 2 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 werden alle Ausgaben gemäß den für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union geltenden Vorschriften und Verfahren der Gemeinschaft verwaltet. Nach Art. 8 Abs. 5 dieser Gemeinsamen Aktion trägt der Missionsleiter die Verantwortung für die Ausführung des Haushalts von Eulex Kosovo und unterzeichnet zu diesem Zweck einen Vertrag mit der Europäischen Kommission. Wie aus den Akten hervorgeht, hat der Leiter von Eulex Kosovo einen solchen Vertrag mit der Kommission unterzeichnet. Die Kommission hat somit einige Aufgaben der Ausführung des Haushalts von Eulex Kosovo an den Leiter von Eulex Kosovo übertragen, wie dies in Art. 54 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1) in geänderter Fassung vorgesehen ist.

    32

    Diese Übertragung spiegelt sich insbesondere in Art. 16 Abs. 3 und 4 der Gemeinsamen Aktion 2008/124 wider, der die Finanzierung betrifft. Nach Abs. 3 kann nämlich der Missionsleiter technische Vereinbarungen über die Beschaffung von Einsatzmitteln, Dienstleistungen und Räumlichkeiten für Eulex Kosovo nur vorbehaltlich der Zustimmung der Kommission schließen. Abs. 4 bestimmt, dass der Missionsleiter der Kommission in vollem Umfang über die im Rahmen seines Vertrags unternommenen Tätigkeiten Bericht erstattet und diesbezüglich deren Aufsicht unterliegt.“

    66.

    Diese Argumentation, der ich mich anschließe, ist frei von Rechtsfehlern. Das Gericht hat zutreffend festgestellt, dass in Ermangelung eigener Rechtsfähigkeit ein Anknüpfungspunkt zu den betreffenden Aufgaben zu suchen ist; im vorliegenden Fall, da es um im Rahmen des Verfahrens zur Vergabe des in Rede stehenden öffentlichen Auftrags getroffene Maßnahmen geht, zu Haushaltsfragen. Entgegen der Ansicht von Elitaliana beruht die Argumentation des Gerichts nicht auf einer Gleichstellung der Mission Eulex Kosovo mit den Delegationen der Union, sondern auf einem funktionalen Vorgehen hinsichtlich der betreffenden Aufgaben.

    67.

    Daher ist der zweite Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

    D – Dritter Rechtsmittelgrund: Angebliches Fehlen des entschuldbaren Irrtums

    1. Vorbringen der Parteien

    68.

    Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund trägt Elitaliana vor, das Gericht sei zu Unrecht der Ansicht gewesen, dass kein entschuldbarer Irrtum bei der Ermittlung des Beklagten vorliege, wobei es festgestellt habe, dass „das Vorliegen eines entschuldbaren Irrtums … lediglich dazu führen kann, dass die Klage nicht als verspätet abgewiesen wird“ (angefochtener Beschluss, Rn. 42). Elitaliana vertritt die Auffassung, dass die Rechtsprechung zum entschuldbaren Irrtum auch bezüglich der Identität des Beklagten herangezogen werden könne, und beantragt, dass der Gerichtshof gegebenenfalls den richtigen Beklagten ermittelt.

    69.

    Eulex Kosovo beantragt die Zurückweisung dieses Rechtsmittelgrundes.

    2. Würdigung

    70.

    Ich weise gleich zu Beginn darauf hin, dass das Gericht festgestellt hat, dass im vorliegenden Fall die Bezeichnung von Eulex Kosovo in der Klageschrift keinen Fehler von Elitaliana darstelle (angefochtener Beschluss, Rn. 39). Im angefochtenen Beschluss hat das Gericht jedoch anerkannt, dass „es für [Elitaliana] zweifellos schwierig [war], die Partei zu ermitteln, der die in Rede stehenden Maßnahmen zuzurechnen waren und die über die Beklagteneigenschaft verfügte“ (Rn. 41).

    71.

    Diese Feststellung, die meines Erachtens völlig gerechtfertigt ist, beruht auf der vom Gericht vertretenen Prämisse, dass die Klage gegen die Kommission hätte erhoben werden müssen.

    72.

    Ich teile die Auffassung des Gerichts, dass die Rechtsprechung zum entschuldbaren Irrtum das Vorbringen von Elitaliana nicht stützen kann. Diese Rechtsprechung bezieht sich nämlich auf die Verfahrensfristen ( 28 ) und kann nicht in einer Situation geltend gemacht werden, in der sich der Kläger über die Identität des Beklagten irrt.

    73.

    Selbst wenn man von einem solchen Fehler ausginge, könnte dem Beklagten, gegen den die Klage erhoben worden ist, deshalb nicht die rechtliche Fähigkeit zuerkannt werden, darauf zu antworten. Daher kann der entschuldbare Irrtum nicht in diesem Sinne geltend gemacht werden. Ein entschuldbarer Irrtum könnte nur in einem gegen eine andere Partei angestrengten anderen Verfahren in Betracht kommen und als Rechtfertigung dafür angeführt werden, dass die Nichtigkeitsklage und/oder Schadensersatzklage möglicherweise verspätet erhoben wurde.

    74.

    Abschließend erinnere ich daran, dass das Gericht zu seiner angeblichen Unzuständigkeit nicht Stellung genommen hat ( 29 ) und dass Elitaliana den angefochtenen Beschluss insoweit nicht beanstandet hat. Diese Frage kann mit einer anderen Klage aufgeworfen werden, und wenn das Gericht darüber entschieden hat, wird der Gerichtshof im Stadium des Rechtsmittelverfahrens in der Lage sein, die Richtigkeit der Entscheidung des Gerichts zu prüfen. Da sich das Gericht aber im vorliegenden Fall hierzu nicht geäußert hat, ist es auch nicht Aufgabe des Gerichtshofs, über diesen Punkt zu entscheiden.

    75.

    Das Gericht hat somit keinen Rechtsfehler begangen, als es in dem angefochtenen Beschluss das Vorbringen von Elitaliana, es liege ein entschuldbarer Irrtum vor, zurückgewiesen hat.

    76.

    Da keiner der Rechtsmittelgründe begründet ist, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

    V – Ergebnis

    77.

    Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Elitaliana SpA die Kosten aufzuerlegen.


    ( 1 )   Originalsprache: Französisch.

    ( 2 )   ABl. L 42, S. 92.

    ( 3 )   T‑213/12, EU:T:2013:292).

    ( 4 )   Rn. 19 bis 32 der Rechtsmittelschrift.

    ( 5 )   Rn. 33 bis 39 der Rechtsmittelschrift.

    ( 6 )   Rn. 40 bis 47 der Rechtsmittelschrift.

    ( 7 )   Rn. 16 bis 18 der Rechtsmittelschrift.

    ( 8 )   Im Beschluss H/Rat u. a. (T‑271/10, EU:T:2014:702) war das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Rechtsbehelf bei den nationalen Behörden gegeben sei.

    ( 9 )   Vgl. Urteile Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat (C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 81) und Liivimaa Lihaveis (C‑562/12, EU:C:2014:2229, Rn. 46).

    ( 10 )   Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Liivimaa Lihaveis (C‑562/12, EU:C:2014:155, Nrn. 34 bis 36).

    ( 11 )   Siehe etwa Art. 100 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur [ECHA], zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1, Berichtigung in ABl. 2007, L 136, S. 3, im Folgenden: REACH-Verordnung), wonach diese Agentur eine Einrichtung der Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist. Die von der Europäischen Union geschaffenen Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit werden im Unionshaushalt getrennt behandelt, vgl. dazu Dokument COM(2012) 300 final vom 25. Mai 2012, Draft General Budget of the European Commission for the Financial Year 2013. Working Document Part III. Bodies set up by the European Union and having legal personality (Dokument in englischer Sprache verfügbar).

    ( 12 )   Im Privatrecht und im öffentlichen Recht ist es durchaus möglich, dass eine Einheit ohne eigene Rechtspersönlichkeit dennoch vor den Gerichten parteifähig ist. Zur Parteifähigkeit vgl. Urteil Überseering (C‑208/00, EU:C:2002:632) und meine Schlussanträge in der Rechtssache VALE Építési (C‑378/10, EU:C:2011:841, Nr. 37).

    ( 13 )   Siehe etwa Art. 94 Abs. 1 der REACH-Verordnung, wonach zur Anfechtung einer Entscheidung der Widerspruchskammer der ECHA oder – im Fall nicht widerspruchsfähiger Entscheidungen der ECHA – nach Maßgabe des Artikels 263 AEUV Klage beim Gericht oder beim Gerichtshof erhoben werden kann.

    ( 14 )   T‑411/06, EU:T:2008:419).

    ( 15 )   Urteil Sogelma/AER (EU:T:2008:419, Rn. 34 und 50).

    ( 16 )   Allerdings ist hervorzuheben, dass der vorliegende Fall sich von dem Urteil Les Verts/Parlament (294/83, EU:C:1986:166, Rn. 23, 24) unterscheidet.

    ( 17 )   Vgl. Beschluss 2010/427/EU des Rates vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes (ABl. L 201, S. 30), nach dessen Art. 1 der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) „eine funktional eigenständige Einrichtung der Europäischen Union [ist], die vom Generalsekretariat des Rates [der Europäischen Union] und von der [Europäischen] Kommission getrennt ist und über die erforderliche Rechts- und Geschäftsfähigkeit verfügt, um ihre Aufgaben auszuführen und ihre Ziele zu erreichen“ (Hervorhebung nur hier). Vgl. ferner Gatti, M. „Diplomats at the Bar: The European External Action Service before EU Courts“, European Law Review, 2014, S. 664.

    ( 18 )   Im Gegensatz zum EAD, der nach Art. 1 Abs. 2 des Beschlusses 2010/427 eine funktional eigenständige Einrichtung ist und über eine Passivlegitimation verfügt, besitzt Eulex Kosovo diese Merkmale nicht. Die von Eulex Kosovo in ihrer Rechtsmittelbeantwortung dargelegten Argumente können auf folgende Weise zusammengefasst werden: Erstens habe Eulex Kosovo vielmehr den Status einer Krisenbewältigungsoperation unter der Verantwortung des Rates, der sie errichtet habe und der die politische Kontrolle sowie die strategische Leitung wahrnehme. Zweitens werde der Wille des Gesetzgebers, die Missionen als einfache „Operationen“ und nicht als Einrichtungen zu sehen, durch den Umstand unterstrichen, dass die Mitgliedstaaten Personal durch „Abkommandierung“ zur Mission abordneten, aber dass „[d]ie Zuständigkeit für die von einem oder gegen ein Personalmitglied [von Eulex Kosovo] erhobenen Ansprüche im Zusammenhang mit der Abordnung … bei dem beitragenden Staat oder dem beitragenden EU-Organ [liegt], von dem das Personalmitglied abgeordnet wurde. Der beitragende Staat oder das beitragende EU-Organ ist auch für die Erhebung von Klagen gegen die abgeordnete Person zuständig“ (vgl. Art. 10 Abs. 2 der Gemeinsamen Aktion 2008/124). Drittens nähmen Drittstaaten an den Tätigkeiten von Eulex Kosovo teil. Viertens habe der Missionsleiter von Eulex Kosovo mit der Kommission einen Vertrag geschlossen, wonach „sich die Kommission die Dienste von Herrn Xavier Bout de Marnhac als Sonderberater sichert“, der also nicht auf der Grundlage eines Auswahlverfahrens nach dem Verfahren der Einrichtungen der Unionsorgane, sondern als unabhängiger Berater für einen bestimmten Zeitraum eingestellt worden sei.

    ( 19 )   2/68‑IMM (EU:C:1968:45, 665).

    ( 20 )   Siehe oben, Fn. 17.

    ( 21 )   Urteil IDT Biologika/Kommission (T‑503/10, EU:T:2012:575).

    ( 22 )   Beschluss Tecnoprocess/Kommission und Delegation der Union in Marokko (T‑264/09, EU:T:2011:319).

    ( 23 )   Vgl. etwa Beschlüsse Fucci/MINUK (T‑51/05, EU:T:2005:175) und Unity OSG FZE/Rat und EUPOL Afghanistan (T‑511/08, EU:T:2010:138).

    ( 24 )   Vgl. Beschluss H/Rat u. a. (T‑271/10 R, EU:T:2010:315) und angefochtener Beschluss (Rn. 26).

    ( 25 )   Vgl. Beschluss H/Rat u. a. (EU:T:2014:702) und Rechtssache H/Rat u. a. (C‑455/14 P, beim Gerichtshof anhängig).

    ( 26 )   Vgl. Gemeinsame Aktion 2002/210/GASP des Rates vom 11. März 2002 über die Polizeimission der Europäischen Union (ABl. L 70, S. 1) und der Beschluss 2009/906/GASP des Rates vom 8. Dezember 2009 über die Polizeimission der Europäischen Union (EUPM) in Bosnien und Herzegowina (ABl. L 322, S. 22).

    ( 27 )   Beschluss Elti/Delegation der Union in Montenegro (T‑395/11, EU:T:2012:274).

    ( 28 )   Vgl. angefochtener Beschluss, Rn. 40.

    ( 29 )   Vgl. Rn. 45 des angefochtenen Beschlusses, zitiert in Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge. Übrigens scheint der angefochtene Beschluss in Rn. 45 einen Druckfehler zu enthalten. Statt „hinsichtlich der aufgrund der Bestimmungen des AEUV über die die GASP erlassenen Maßnahmen“ muss es vermutlich „hinsichtlich der aufgrund der Bestimmungen des EUV über die die GASP erlassenen Maßnahmen“ heißen. Das Gleiche gilt für Rn. 18 des angefochtenen Beschlusses.

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