Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62007CJ0166

    Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 3. September 2009.
    Europäisches Parlament gegen Rat der Europäischen Union.
    Nichtigkeitsklage - Verordnung (EG) Nr.1968/2006 - Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland - Wahl der Rechtsgrundlage".
    Rechtssache C-166/07.

    Sammlung der Rechtsprechung 2009 I-07135

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:499

    Parteien
    Entscheidungsgründe
    Tenor

    Parteien

    In der Rechtssache C‑166/07

    betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, eingereicht am 23. März 2007,

    Europäisches Parlament , vertreten durch I. Klavina, L. Visaggio und A. Troupiotis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

    Kläger,

    gegen

    Rat der Europäischen Union , vertreten durch A. Vitro und M. Moore als Bevollmächtigte,

    Beklagter,

    unterstützt durch

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch L. Flynn und A. Steiblytė als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

    Irland , vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

    Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland , vertreten durch S. Behzadi-Spencer als Bevollmächtigte im Beistand von D. W. Anderson QC, Barrister,

    Streithelfer,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters T. von Danwitz (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und G. Arestis,

    Generalanwalt: Y. Bot,

    Kanzler: R. Grass,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. April 2009

    folgendes

    Urteil

    Entscheidungsgründe

    1. Mit seiner Klage begehrt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1968/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland (2007–2010) (ABl. L 409, S. 81, Berichtigung ABl. 2007, L 36, S. 31, im Folgenden: angefochtene Verordnung), weil sie nicht auf einer geeigneten Rechtsgrundlage erlassen worden sei.

    Rechtlicher Rahmen

    Völkerrechtlicher Rahmen

    Das anglo-irische Abkommen von 1985

    2. Die politischen Verhandlungen zwischen der irischen Regierung und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland Mitte der achtziger Jahre zur Festigung des Friedens und der Versöhnung der beiden Gemeinschaften Nordirlands führten am 15. November 1985 zur Unterzeichnung eines Abkommens zwischen diesen beiden Regierungen ( United Nations Treaty Series , Bd. 1413, Nr. I‑23668, im Folgenden: anglo-irisches Abkommen), dessen Art. 2 die Einrichtung einer Regierungskonferenz vorsieht, um Fragen der Politik, der Sicherheit und des Rechts einschließlich der Rechtspflege zu behandeln und sich um die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu kümmern.

    3. Nach Art. 4 Buchst. a Ziff. ii des anglo-irischen Abkommens verpflichten sich die beiden Regierungen, im Rahmen dieser Regierungskonferenz zusammenzuarbeiten, um durch die Förderung der Aussöhnung, die Wahrung der Menschenrechte, die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus und den Ausbau der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit Frieden, Stabilität und Wohlstand für die irische Insel sicherzustellen.

    4. Dieses Abkommen sieht als Aktionsbereiche u. a. die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft, Soziales und Kultur vor, in denen die beiden Regierungen nach Art. 10 Buchst. a des Abkommens zusammenarbeiten, um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung jener Gebiete in den beiden Teilen Irlands zu fördern, die am schwersten unter den Folgen der Instabilität der letzten Jahre gelitten haben. Zu diesem Zwecke prüfen die beiden Regierungen die Möglichkeit, entsprechende internationale Unterstützung zu erlangen.

    Das Abkommen über einen Internationalen Fonds für Irland

    5. Die irische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs schlossen gemäß Art. 10 Buchst. a des anglo-irischen Abkommens das Abkommen vom 18. September 1986 über den Internationalen Fonds für Irland ( United Nations Treaty Series , Bd. 1515, Nr. I‑26244, im Folgenden: IFI‑Abkommen). Mit diesem Abkommen errichteten sie den Internationalen Fonds für Irland (im Folgenden: Fonds), mit dem nach Art. 2 des Abkommens der wirtschaftliche und soziale Fortschritt gefördert sowie Kontakte, Dialog und Aussöhnung zwischen Nationalisten und Unionisten in ganz Irland unterstützt werden sollen.

    6. In Art. 4 dieses Abkommens werden die Arten von Projekten oder Aktionen aufgeführt, die vom Fonds vorrangig berücksichtigt werden sollen, nämlich die Förderung der Privatinvestitionen, insbesondere durch Risikokapitalinitiativen, Projekte grenzüberschreitender Zusammenarbeit in Wirtschaft, Bildung und Forschung, Projekte zur Verbesserung der Infrastrukturen, insbesondere in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Bildung und Umwelt, sowie Projekte der Berufsbildung im Ausland.

    7. Der Fonds ist nach Art. 5 des IFI‑Abkommens eine internationale Einrichtung mit Rechtspersönlichkeit, deren Mitglieder die beiden Vertragsparteien sind. Nach Art. 6 des Abkommens wird dieser Fonds von einem Verwaltungsrat geleitet, dessen Mitglieder und Präsident von den beiden Regierungen bestimmt werden. Sie nehmen ihre Aufgaben gemäß den von diesen Regierungen festgelegten Verfahren und Bedingungen wahr. Die Geberländer können, wenn sie es wünschen, Beobachterstatus im Verwaltungsrat erhalten.

    8. Die Geber sind die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Neuseeland, Australien und die Europäische Gemeinschaft.

    Gemeinschaftsrecht

    Die angefochtene Verordnung

    9. Die angefochtene Verordnung legt den Rechtsrahmen für die Auszahlung der Finanzbeiträge der Gemeinschaft an den Fonds im Zeitraum 2007–2010 fest. Sie wurde auf der Grundlage des Art. 308 EG erlassen.

    10. Laut dem zweiten Erwägungsgrund dieser Verordnung erkennt die Gemeinschaft an, dass sich die Ziele des Fonds, zu dem sie seit 1989 finanzielle Beiträge leistet, mit den von ihr verfolgten Zielen decken. Dem dritten Erwägungsgrund der Verordnung zufolge haben die gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 177/2005 des Rates vom 24. Januar 2005 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum [Fonds] (2005–2006) (ABl. L 30, S. 1) durchgeführten Bewertungen bestätigt, dass die Tätigkeiten des Fonds weiter unterstützt werden sollten, wobei die Ausschöpfung der Synergien zwischen Zielen und Koordinierung einerseits und den Strukturfondsinterventionen der Gemeinschaft andererseits weiter verbessert werden sollte; dies gilt insbesondere für das Sonderprogramm zur Förderung von Frieden und Versöhnung in Nordirland und den Grenzbezirken Irlands (im Folgenden: PEACE-Programm).

    11. Die angefochtene Verordnung dient, wie aus dem sechsten Erwägungsgrund hervorgeht, vor allem dazu, Frieden und Versöhnung durch Maßnahmen zu fördern, die ein breiteres Spektrum abdecken als die Maßnahmen im Rahmen der Strukturfonds und somit über die gemeinschaftliche Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hinausweisen. Im Hinblick auf die für die letzte Tätigkeitsphase des Fonds im Zeitraum 2006–2010 festgelegte Strategie sollen der Fonds und die angefochtene Verordnung nach deren 15. Erwägungsgrund letztlich dazu dienen, die Versöhnung zwischen den Gemeinschaften zu fördern. Im 16. und im 17. Erwägungsgrund der Verordnung wird u. a. ausgeführt, dass die Unterstützung der Gemeinschaft zur Stärkung der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen deren Völkern beitragen wird und dass die Annahme der Verordnung als erforderlich erachtet wird, damit die Gemeinschaft ihre Ziele im Rahmen des Gemeinsamen Marktes verwirklichen kann.

    12. Art. 1 der angefochtenen Verordnung legt den finanziellen Bezugsrahmen für den Beitrag zum Fonds im fraglichen Zeitraum fest.

    13. Art. 2 der angefochtenen Verordnung bestimmt:

    „Der Finanzbeitrag ist vom Fonds nach Maßgabe des [IFI‑Abkommens] zu verwenden.

    Bei der Verwendung des Finanzbeitrags berücksichtigt der Fonds vorrangig grenz- oder konfessionsübergreifende Vorhaben in einer Weise, dass die aus den Strukturfonds finanzierten Tätigkeiten dadurch ergänzt werden, insbesondere die Tätigkeiten im Rahmen des Programms PEACE für Nordirland und die Grenzbezirke Irlands.

    Der Beitrag ist so zu verwenden, dass eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Verbesserung in den betreffenden Gebieten erreicht wird. Er darf nicht als Ersatz für andere öffentliche und private Ausgaben dienen.“

    14. Art. 3 der Verordnung sieht vor:

    „Die Kommission nimmt für die Gemeinschaft an den Sitzungen des Verwaltungsrates des Fonds … als Beobachter teil.

    Der Fonds ist in den Sitzungen des Begleitausschusses des Programms PEACE und gegebenenfalls der Begleitausschüsse anderer Strukturfondsinterventionen als Beobachter vertreten.“

    15. Die Förderung durch den Fonds und die Zahlung des Finanzbeitrags der Gemeinschaft an den Fonds unterliegen mehreren Voraussetzungen, die in den Art. 6 bis 11 der angefochtenen Verordnung niedergelegt sind. Nach Art. 6 ist die Vorlage der Strategie für die Beendigung der Tätigkeiten des Fonds und deren Genehmigung durch die Kommission Voraussetzung für die weiteren Zahlungen an den Fonds. Darüber hinaus bestimmt Art. 7 der Verordnung, dass die Beiträge zum Fonds von der Kommission verwaltet und ratenweise ausgezahlt werden; der erste Vorschuss wird ausgezahlt, nachdem die Kommission eine vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats des Fonds unterzeichnete Verpflichtungserklärung erhalten hat, wonach der Fonds die gemäß der angefochtenen Verordnung für die Gewährung des Finanzbeitrags geltenden Bedingungen einhalten wird.

    Die Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 und das PEACE-Programm

    16. Die Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 (ABl. L 210, S. 25) enthält die allgemeinen Bestimmungen für die Strukturfonds und den Kohäsionsfonds.

    17. Das PEACE-Programm ist eine im Rahmen der Strukturfonds festgelegte Gemeinschaftsinitiative. Nach Nr. 22 des Anhangs II der Verordnung Nr. 1083/2006 wird es als grenzüberschreitendes Programm im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung im Rahmen des Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ durchgeführt. Es umfasst insbesondere Maßnahmen zur Förderung des Zusammenhalts zwischen den Gemeinschaften im Hinblick auf eine Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Stabilität in den betreffenden Regionen. Das förderfähige Gebiet umfasst ganz Nordirland und die Grenzbezirke Irlands.

    Anträge der Parteien

    18. Das Parlament beantragt,

    – die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären,

    – dem Rat der Europäischen Union die Kosten aufzuerlegen.

    19. Der Rat beantragt,

    – die Klage als unbegründet abzuweisen,

    – dem Parlament die Kosten aufzuerlegen,

    – hilfsweise, gemäß Art. 231 Abs. 2 EG die Wirkungen der angefochtenen Verordnung bis zum Erlass einer neuen Verordnung aufrechtzuerhalten und zu entscheiden, dass die Nichtigerklärung die Gültigkeit der aufgrund der angefochtenen Verordnung vorgenommenen Zahlungen und eingegangenen Verpflichtungen nicht berührt.

    20. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 20. September 2007 sind Irland, das Vereinigte Königreich und die Kommission in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

    Zur Klage

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    21. Das Parlament macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen den EG-Vertrag infolge der irrigen Wahl von Art. 308 als Rechtsgrundlage geltend.

    22. Seiner Auffassung nach verfügt der Gemeinschaftsgesetzgeber nach Art. 159 Abs. 3 EG über die für den Erlass der angefochtenen Verordnung erforderlichen Befugnisse. Diese Bestimmung gewähre den Organen nämlich die Befugnis, spezifische Aktionen zu beschließen, die sich außerhalb der Strukturfonds als erforderlich erwiesen, um die Ziele einer Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Gemeinschaft nach Art. 158 EG zu verwirklichen.

    23. Der Ausdruck „Stärkung ihres wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts“ in Art. 158 EG erfasse alle Aktionen, die der Förderung der harmonischen Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes, der Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhalts sowie der Solidarität zwischen Mitgliedstaaten und den Menschen in der Gemeinschaft dienten.

    24. Aus der angefochtenen Verordnung, der Verordnung Nr. 1083/2006 und dem Bericht vom 12. Oktober 2006 über den [Fonds] gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 177/2005 (KOM[2006] 563 endgültig) lasse sich schließen, dass die Ziele des Fonds denen entsprächen, die die Gemeinschaft im Rahmen der Strukturfonds durch ihre eigenen Interventionen in den betreffenden Regionen der beiden Teile Irlands selbst verfolge, nämlich Stärkung des sozialen Zusammenhalts und Solidarität zwischen den Menschen in Nordirland und den Grenzregionen Irlands.

    25. Bei den mit dem PEACE-Programm und mit dem Fonds verfolgten Strategien liege der Schwerpunkt auf der Versöhnung und der Verbesserung der Beziehungen zwischen den Gemeinschaften. Die zur Verwirklichung dieser beiden strategischen Prioritäten zu finanzierenden Maßnahmen seien in beiden Fällen völlig gleichartig.

    26. Die Maßnahmen zur Unterstützung der Versöhnung der Gemeinschaften in Irland stellten aber gerade deshalb zwangsläufig einen integralen Bestandteil der Kohäsionspolitik dar, weil es ohne Versöhnung und gegenseitiges Verständnis zwischen den Gemeinschaften keinen sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt in den betreffenden Regionen geben könne.

    27. Darüber hinaus sei der sechste Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung eine bloße Absichtserklärung des Rates, mit der der Rückgriff auf Art. 308 EG begründet werden solle. Art. 159 Abs. 3 EG sehe Befugnisse für spezifische Aktionen vor, ohne die Sektoren, in denen diese Aktionen angeordnet werden könnten, oder die Formen, die sie annehmen könnten, näher zu bestimmen, so dass die Gemeinschaft finanzielle Beiträge zum Fonds leisten dürfe.

    28. Das Parlament macht außerdem geltend, dass bei der Prüfung der Frage, ob Art. 308 EG als Rechtsgrundlage für die angefochtene Verordnung dienen könne, zu berücksichtigen sei, welche Ziele diese Verordnung mit der Gewährung finanzieller Beiträge an den Fonds verfolge; dagegen sei nicht zu untersuchen, welches die Ziele des Fonds selbst seien. Daher sei es unerheblich, dass der Fonds eine intergouvernementale Organisation mit Rechtspersönlichkeit sei, an der sich auch Drittstatten finanziell beteiligten.

    29. Der Rat, der von den Streithelfern unterstützt wird, macht geltend, dass Titel XVII des EG-Vertrags mit den Art. 158 EG bis 162 EG nicht die für die Tätigkeit des Fonds erforderlichen Befugnisse vorsehe und daher keine geeignete Rechtsgrundlage für die Gewährung der entsprechenden Finanzbeiträge enthalte.

    30. Nach der Struktur und der allgemeinen Systematik der Art. 158 EG und 159 EG gehöre der Begriff der spezifischen Aktionen im Sinne von Art. 159 Abs. 3 EG zu den in Art. 158 EG genannten Zielen. Die Durchführung einer spezifischen Aktion außerhalb der Strukturfonds sei daher genauso wie die Beteiligung der Gemeinschaft mit Hilfe dieser Fonds ein Mittel zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Gemeinschaft, um deren harmonische Entwicklung als Ganzes zu fördern.

    31. Dagegen habe die angefochtene Verordnung zum Ziel, einen finanziellen Beitrag zu einer internationalen Einrichtung zu leisten, deren Hauptaufgabe die Versöhnung zwischen den irischen Gemeinschaften unter Anerkennung und Berücksichtigung der historischen, politischen, kulturellen und religiösen Aspekte des Konflikts im Gebiet der Insel Irland sei. Diese Ziele könnten von Art. 158 EG, der insbesondere die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen verringern solle, ganz offensichtlich nicht erfasst sein. Die fehlende Versöhnung zwischen Nationalisten und Unionisten in den vom Fonds erfassten Gebieten gelte vielmehr als ein Hindernis dafür, dass dort eine Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts wirksam umgesetzt werden könne.

    32. Der Rat trägt weiter vor, dass die Rechtsgrundlage des PEACE-Programms ihm nicht die Befugnisse gewähre, um alle gegenwärtig unter den Fonds fallenden Maßnahmen abzudecken, auch wenn diese beiden Instrumente komplementär seien und zusammenarbeiten und sich abstimmen müssten. Die beiden Instrumente befassten sich nebeneinander mit den Aspekten der politischen Instabilität zum einen und mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zum anderen, gingen jedoch von einem unterschiedlichen Ansatz aus, wobei sich der Fonds die Versöhnung zum Ziel setze, um den Zusammenhalt zu unterstützen, das PEACE-Programm sich dagegen den Zusammenhalt zum Ziel setze, um die Versöhnung zu unterstützen. Folglich liege die hauptsächliche Komponente des Fonds außerhalb des Titels XVII des EG-Vertrags.

    33. Der Rat und Irland machen geltend, dass dieser Titel Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft betreffe, die gemäß den Modalitäten des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens einschließlich der Haushaltsordnung wahrgenommen würden. Der Rat ist der Ansicht, dass weder Titel XVII des EG-Vertrags noch der gemeinschaftliche Rechtsrahmen auf eine internationale Einrichtung Anwendung finden könne, in der die Gemeinschaft nicht einmal Mitglied sei. Selbst wenn sich der Fonds irgendwann vorrangig mit dem wirtschaftlichen Zusammenhalt statt mit der Versöhnung befassen sollte, wäre es nicht möglich, den Beitrag der Gemeinschaft auf Titel XVII des EG-Vertrags zu stützen.

    34. Der Rat trägt weiter vor, er habe es nicht als sachdienlich erachtet, die angefochtene Verordnung auf eine zweite Rechtsgrundlage zu stützen, die das Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts abdecken solle, weil das Ziel der Aussöhnung der beiden irischen Gemeinschaften die überwiegende Zielsetzung des Fonds darstelle und dieser eine Einrichtung außerhalb der Gemeinschaft sei. Das Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts sei nur eine Folge der Aussöhnungsbemühungen, die durch die Aktion einer außerhalb der Gemeinschaft angesiedelten internationalen Einrichtung erreicht werde.

    35. Die Kommission ist der Ansicht, dass der Gegenstand der angefochtenen Verordnung, nämlich in den Jahren 2007 bis 2010 einen Finanzbeitrag der Gemeinschaft zum Fonds zu leisten, der gemäß dem IFI‑Abkommen zu verwenden sei, einen Verweis auf das anglo-irische Abkommen erfordere, das nach seiner Präambel und nach den Art. 2 Buchst. a und 4 Buchst. a Ziff. ii allein den Frieden und die Versöhnung im Interesse der beiden Vertragsstaaten und insbesondere der Menschen Nordirlands zum Gegenstand habe. Ausgangspunkt sei die politische Instabilität, und es seien nicht die wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten. Die in Art. 2 des IFI‑Abkommens festgelegten Ziele dienten dazu, zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nach Art. 10 Buchst. a des anglo-irischen Abkommens beizutragen, wobei diese Zusammenarbeit selbst ein Mittel zur Erreichung des Ziels dieses Abkommens sei, nämlich Frieden und Versöhnung im Interesse der beiden Vertragsstaaten. Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, wie sie das anglo-irische Abkommen vorsehe, sei daher niemals ein eigenständiges Ziel gewesen.

    36. Es gebe zwar eine Überschneidung der Tätigkeiten des Fonds mit denen der Strukturfonds; die Tätigkeiten des Fonds deckten aber ein breiteres Spektrum ab, das über die Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hinausweise. Art. 4 des IFI‑Abkommens, der die Arten von Projekten oder Aktionen aufführe, die vom Fonds den Zielen dieses Abkommens entsprechend bevorzugt finanziert werden sollten, führe die Interventionsarten nicht erschöpfend auf und könne Aktionen erfassen, die unter die gemeinschaftliche Kohäsionspolitik fielen, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein.

    37. Schließlich seien die Artikel des Titels XVII des EG-Vertrags Rechtsgrundlagen für den Erlass von Gemeinschaftsinstrumenten zur Umsetzung der gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik. Da der Fonds jedoch kein solches Instrument sei und seine Tätigkeiten über diese Politik hinausreichten, hätte die angefochtene Verordnung nicht auf der Grundlage der Bestimmungen des Titels XVII des EG-Vertrags erlassen werden können.

    38. Irland macht geltend, dass die Besonderheit und die Einzigartigkeit des Fonds, der den Frieden und die Aussöhnung zwischen den Gemeinschaften fördern solle, berücksichtig werden müssten. Das Interesse des Fonds an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sei dagegen instrumenteller Art. Diese Entwicklung sei kein Ziel an sich, sondern ein Faktor der Versöhnung und des politischen Fortschritts. Die vier Kernbereiche der Strategie des Fonds für den Zeitraum 2006–2010 veranschaulichten seine Hauptaufgabe als Mechanismus, mit dem die Aussöhnung zwischen Nationalisten und Unionisten erreicht werden solle.

    39. Die Regierung des Vereinigten Königreichs trägt vor, dass mit den Art. 158 EG und 159 EG wirtschaftliche und soziale Ungleichgewichte zwischen den Regionen der Gemeinschaft verhindert, nicht aber Frieden und Aussöhnung zwischen den verschiedenen Gemeinschaften innerhalb einer Region gefördert werden sollten. Die neue Strategie des Fonds lege den Schwerpunkt sehr deutlich auf die Aussöhnung. Auch wenn sich der Fonds und das PEACE-Programm in bestimmter Hinsicht ergänzten, seien sie doch verschieden, da die Gemeinschaft das PEACE-Programm speziell zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Gemeinschaft geschaffen habe, während der Fonds andersartigen Belangen Rechnung trage, die außerhalb des Gemeinschaftsrahmens festgelegt worden seien.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    40. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Rückgriff auf Art. 308 EG als Rechtsgrundlage eines Rechtsakts nur dann gerechtfertigt, wenn keine andere Bestimmung des EG-Vertrags den Gemeinschaftsorganen die zum Erlass dieses Rechtsakts erforderliche Befugnis verleiht (Urteile vom 12. November 1996, Vereinigtes Königreich/Rat, C‑84/94, Slg. 1996, I‑5755, Randnr. 48, vom 28. Mai 1998, Parlament/Rat, C‑22/96, Slg. 1998, I‑3231, Randnr. 22, und vom 2. Mai 2006, Parlament/Rat, C‑436/03, Slg. 2006, I‑3733, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    41. Diese Rechtsgrundlage soll einen Ausgleich in Fällen schaffen, in denen den Gemeinschaftsorganen durch spezifische Bestimmungen des Vertrags ausdrücklich oder implizit verliehene Befugnisse fehlen, die gleichwohl erforderlich erscheinen, damit die Gemeinschaft ihre Aufgaben im Hinblick auf die Erreichung eines der vom Vertrag festgelegten Ziele wahrnehmen kann (Gutachten 2/94 vom 28. März 1996, Slg. 1996, I‑1759, Randnr. 29, sowie Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C‑402/05 P und C‑415/05 P, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 211).

    42. Im Rahmen des Zuständigkeitssystems der Gemeinschaft muss sich die Wahl der Rechtsgrundlage eines gemeinschaftlichen Rechtsakts auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören (Urteil vom 29. April 2004, Kommission/Rat, C‑338/01, Slg. 2004, I‑4829, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Gutachten 2/00 vom 6. Dezember 2001, Slg. 2001, I‑9713, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    43. Demnach ist anhand der genannten Kriterien zu prüfen, ob, wie das Parlament geltend macht, Art. 159 Abs. 3 EG eine geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass der angefochtenen Verordnung darstellt und ob diese daher auf dieser Rechtsgrundlage hätte erlassen werden müssen.

    Zu Titel XVII des EG-Vertrags

    44. In dieser Hinsicht ist das System zu prüfen, das mit Titel XVII des EG-Vertrags geschaffen wurde, der aus den Art. 158 EG bis 162 EG besteht und der Gemeinschaft die Befugnis verleiht, eine Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts zu betreiben, um eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern.

    45. Nach Art. 159 Abs. 1 EG sind die Ziele dieser Gemeinschaftspolitik, die in Art. 158 EG im Einzelnen aufgeführt sind, sowohl von den Mitgliedstaaten als auch von der Gemeinschaft bei der Festlegung und Durchführung der Gemeinschaftspolitiken zu berücksichtigen. Die Gemeinschaft unterstützt die Verwirklichung dieser Ziele insbesondere auch durch die Politik, die sie mit Hilfe der Strukturfonds führt. In diesem Zusammenhang kann sie unter bestimmten Voraussetzungen auf der Grundlage von Art. 159 Abs. 3 EG mit spezifischen Aktionen außerhalb dieser Fonds tätig werden.

    46. Art. 159 Abs. 3 EG bestimmt zwar nicht, welche Formen diese spezifischen Aktionen annehmen können. Die Gemeinschaft verfolgt jedoch mit diesen Aktionen, wie Irland, der Rat und die Kommission geltend gemacht haben, eine eigenständige Gemeinschaftspolitik, so dass Titel XVII des EG-Vertrags geeignete Rechtsgrundlagen für den Erlass von Maßnahmen der Gemeinschaft bereitstellt, die nach dem gemeinschaftsrechtlichen Rahmen verwaltet werden und inhaltlich nicht über die Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hinausgehen.

    Ziel und Inhalt der angefochtenen Verordnung

    47. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist das Ziel und der Inhalt der angefochtenen Verordnung zu prüfen, um festzustellen, ob sie den Gesetzgeber dazu hätten veranlassen müssen, bei ihrem Erlass auf Art. 159 Abs. 3 EG als Rechtsgrundlage zurückzugreifen.

    48. Hinsichtlich des Ziels der angefochtenen Verordnung ergibt sich aus den Erwägungsgründen 6, 15 und 16, dass die Verordnung vor allem dazu dient, den Frieden und die Aussöhnung zwischen den beiden Gemeinschaften Nordirlands zu fördern, und dass die Unterstützung der Gemeinschaft zur Stärkung der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen deren Völkern beitragen wird.

    49. In diesem Zusammenhang ist auch Art. 2 der angefochtenen Verordnung zu berücksichtigen, der nicht nur die Voraussetzungen für die Verwendung des Finanzbeitrags der Gemeinschaft, sondern auch die damit verfolgten Ziele betrifft.

    50. Diese Vorschrift sieht zum einen vor, dass der Fonds vorrangig grenz- oder konfessionsübergreifende Vorhaben in einer Weise berücksichtigt, dass die aus dem PEACE-Programm finanzierten Tätigkeiten dadurch ergänzt werden, und dass der Beitrag so zu verwenden ist, dass eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Verbesserung in den betreffenden Gebieten erreicht wird.

    51. Sie verweist zum anderen auf das IFI‑Abkommen. Daher sind die Hauptziele des IFI‑Abkommens, die in dessen Art. 2 beschrieben werden, als Bestandteil der angefochtenen Verordnung anzusehen. Nach Art. 2 dieses Abkommens bestehen dessen Ziele darin, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu fördern und Kontakt, Dialog und Aussöhnung zwischen Nationalisten und Unionisten in Irland zu unterstützen.

    52. Diese Feststellung wird auch durch den rechtlichen Zusammenhang bestätigt, in den sich die angefochtene Verordnung einfügt, insbesondere durch das anglo-irische Abkommen, das dem IFI‑Abkommen zugrunde liegt. Zwar besteht das Hauptziel des anglo-irischen Abkommens darin, den Frieden und die Versöhnung der beiden Gemeinschaften Nordirlands zu fördern, das Ziel des Aktionsbereichs, zu dem das IFI‑Abkommen gehört, ist jedoch, wie aus Art. 10 Abs. a dieses Abkommens hervorgeht, die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Regionen.

    53. Aus der angefochtenen Verordnung und dem Verweis auf das IFI‑Abkommen ergibt sich somit, dass die Verordnung sowohl den Frieden und die Aussöhnung zwischen den beiden Gemeinschaften Nordirlands als auch den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt der von dem bewaffneten Konflikt betroffenen Gebiete betrifft.

    54. Daraus folgt, dass die Ziele der angefochtenen Verordnung den mit der Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts verfolgten Zielen entsprechen, was auch durch den zweiten Erwägungsgrund der Verordnung bestätigt wird.

    55. Was den Inhalt der angefochtenen Verordnung anbelangt, wird in Art. 1 die Höhe des Finanzbeitrags der Gemeinschaft zum Fonds für den Zeitraum 2007–2010 bestimmt. In den Art. 2 bis 11 verweist die Verordnung hinsichtlich der Verwendung dieses Beitrags durch den Fonds auf das IFI‑Abkommen und legt die Prioritäten für die Verwendung, die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und dem Fonds sowie die Voraussetzungen für die Zahlung des Beitrags sowie die Art und Weise seiner Auszahlung fest.

    56. So bestimmt Art. 2 Abs. 2 der angefochtenen Verordnung, dass der Fonds bei der Verwendung der Gemeinschaftsbeitrags vorrangig grenz- oder konfessionsübergreifende Vorhaben in einer Weise berücksichtigt, dass die aus den Strukturfonds finanzierten Tätigkeiten, insbesondere die Tätigkeiten im Rahmen des PEACE-Programms für Nordirland und die Grenzbezirke Irlands, dadurch ergänzt werden. Nach Abs. 3 dieses Artikels ist der Beitrag so zu verwenden, dass eine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Verbesserung in den betreffenden Gebieten erreicht wird.

    57. In diesem Zusammenhang ergibt sich aus den Art. 6 und 10 der angefochtenen Verordnung, dass weitere Zahlungen der Gemeinschaft an den Fonds und die jährliche Auszahlung von der Genehmigung der von dem Fonds vorgelegten Strategie durch die Kommission abhängen. Weiter ergibt sich aus Art. 7 der angefochtenen Verordnung, dass die Auszahlung eines erheblichen Teils des jährlichen Beitrags davon abhängt, dass die Kommission eine Verpflichtungserklärung des Fonds über die Einhaltung der in dieser Verordnung genannten Bedingungen erhalten und den jährlichen Tätigkeitsbericht des Fonds gebilligt hat.

    58. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Finanzbeitrag der Gemeinschaft zum Fonds ungeachtet des Regelungszusammenhangs, in er sich einfügt, zu den spezifischen Aktionen gehört, die, wenn sie sich außerhalb der Strukturfonds als erforderlich erweisen, um die Ziele des Art. 158 EG zu erreichen, nach Art. 159 Abs. 3 EG erlassen werden können.

    59. Jedoch erlauben es weder die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und dem Fonds noch die Voraussetzungen für die Zahlung des Finanzbeitrags der Gemeinschaft und die Art und Weise seiner Auszahlung der Gemeinschaft, zu verhindern, dass dieser Beitrag von dem Fonds für Aktionen verwendet wird, die zwar die Ziele des IFI‑Abkommens wahren, aber über den Bereich der Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hinausgehen oder zumindest nicht nach den von der Gemeinschaft im Rahmen dieser Politik angewandten Kriterien verwaltet werden.

    60. Nach Art. 5 des IFI‑Abkommens ist der Fonds nämlich eine Einrichtung, die Rechtspersönlichkeit nach dem Völkerrecht besitzt. Die Gemeinschaft kann zwar an den Sitzungen des Verwaltungsrats des Fonds als Beobachter teilnehmen, und die angefochtene Verordnung schreibt eine Koordination auf allen Ebenen zwischen dem Fonds und den Strukturfonds, insbesondere dem PEACE-Programm, vor, doch ist die Gemeinschaft weder Mitglied dieser Einrichtung noch ihres Verwaltungsrats, der nach Art. 6 des IFI‑Abkommens gemäß den von den beiden Vertragsparteien festgelegten Verfahren und Bedingungen tätig wird.

    61. Ferner sieht Art. 2 Abs. 1 der angefochtenen Verordnung vor, dass der Finanzbeitrag der Gemeinschaft nach Maßgabe des IFI‑Abkommens zu verwenden ist, das, wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, die zu finanzierenden Aktionen nicht abschließend bestimmt, sondern in seinem Art. 4 lediglich die Arten von Aktionen festlegt, die vorrangig zu finanzieren sind. Durch diesen Verweis auf das IFI‑Abkommen ermöglicht die angefochtene Verordnung die Verwendung dieser Finanzbeiträge für Aktionen, deren spezifische Ziele und konkreter Inhalt zumindest zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung nicht bekannt waren, da weder die Programmplanung noch die Durchführung der Aktionen Sache der Gemeinschaft ist.

    62. Die Art. 6, 7 und 10 der angefochtenen Verordnung stellen zwar formale Voraussetzungen für die Auszahlung der Finanzbeiträge der Gemeinschaft an den Fonds auf, sie enthalten aber keine materiellen Voraussetzungen hinsichtlich der zu finanzierenden Maßnahmen, sollten diese von den in Art. 2 der angefochtenen Verordnung genannten abweichen. Daher können diese Bestimmungen der angefochtenen Verordnung entgegen dem Vorbringen des Parlaments nicht sicherstellen, dass sämtliche von der Gemeinschaft finanzierten Interventionen des Fonds tatsächlich den Zielsetzungen der Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts entsprechen.

    63. Unter diesen Umständen durfte der Gemeinschaftsgesetzgeber im sechsten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung davon ausgehen, dass die über diese Verordnung finanzierten Maßnahmen ein breiteres Spektrum als die Maßnahmen im Rahmen der Strukturfonds abdecken und somit über den Bereich der Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hinausgehen.

    64. Wie in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils ausgeführt, erfasst Art. 159 EG jedoch nur gemeinschaftsautonome Maßnahmen, die im gemeinschaftsrechtlichen Rahmen verwaltet werden und inhaltlich nicht über den Bereich der Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts hinausgehen.

    65. Art. 159 Abs. 3 EG allein verleiht der Gemeinschaft demnach nicht die Befugnis, die erforderlich ist, um die Ziele der Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts mittels eines Finanzbeitrags unter Umständen zu verfolgen, wie sie in der angefochtenen Verordnung vorgesehen sind.

    Die geeignete Rechtsgrundlage

    66. Unter diesen Umständen ist folglich zu prüfen, ob der Gesetzgeber für den Erlass der angefochtenen Verordnung sowohl auf Art. 308 EG als auch auf Art. 159 Abs. 3 EG hätte zurückgreifen müssen.

    67. Wie in Randnr. 41 des vorliegenden Urteils ausgeführt, soll Art. 308 EG einen Ausgleich in Fällen schaffen, in denen den Gemeinschaftsorganen durch spezifische Bestimmungen des EG-Vertrags ausdrücklich oder implizit verliehene Befugnisse fehlen, die gleichwohl erforderlich erscheinen, damit die Gemeinschaft ihre Aufgaben im Hinblick auf die Erreichung eines der vom Vertrag festgelegten Ziele wahrnehmen kann. Darüber hinaus ergibt sich aus Art. 308 EG, dass der Rückgriff auf diese Bestimmung erfordert, dass sich die vorgesehene Handlung auf den „Gemeinsamen Markt“ bezieht (vgl. Urteil Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, Randnr. 200).

    68. Die angefochtene Verordnung soll die Maßnahmen einer von zwei Mitgliedstaaten errichteten internationalen Einrichtung unterstützen, deren Ziel die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts ist. Wie sich aus den Art. 2 EG und 3 Abs. 1 Buchst. k EG ergibt, ist die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts – außerhalb des Titels XVII des EG-Vertrags, der der Gemeinschaft die Befugnis zur Verfolgung einer Gemeinschaftspolitik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts verleiht – ein Ziel der Gemeinschaft. Wie auch aus dem 17. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung hervorgeht, fügt sich das Ziel dieser Verordnung in den Kontext des Gemeinsamen Markts ein, da sie zu wirtschaftlichen Verbesserungen in den benachteiligten Gebieten der beiden Mitgliedstaaten und damit auf dem Gemeinsamen Markt führen soll.

    69. Nach alledem hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber, da die angefochtene Verordnung die in den Art. 2 EG und 3 Abs. 1 Buchst. k EG sowie in Titel XVII des EG-Vertrags vorgesehenen Ziele verfolgt, ohne dass dieser Titel allein der Gemeinschaft die Befugnis verleiht, um sie zu erreichen, auf Art. 159 Abs. 3 EG und 308 EG zusammen zurückgreifen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Mai 1989, Kommission/Rat, 242/87, Slg. 1989, 1425, Randnrn. 6 und 37, sowie Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, Randnrn. 211 bis 214) und dabei die entsprechenden Gesetzgebungsverfahren einhalten müssen, nämlich sowohl das so genannte Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 EG als auch die einstimmige Beschlussfassung innerhalb des Rates.

    Zum Antrag, die Wirkungen der angefochtenen Verordnung aufrechtzuerhalten

    70. Der Rat, der insoweit von allen Streithelfern unterstützt wird, beantragt für den Fall, dass der Gerichtshof die angefochtene Verordnung für nichtig erklärt, nach Art. 231 Abs. 2 EG ihre Wirkungen bis zum Erlass einer neuen Verordnung aufrecht zu erhalten und zu entscheiden, dass die Nichtigerklärung die Gültigkeit der aufgrund der angefochtenen Verordnung vorgenommenen Zahlungen und eingegangenen Verpflichtungen nicht berührt.

    71. Nach Auffassung des Rates ist die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieser Verordnung aus gewichtigen Gründen der Rechtssicherheit im Zusammenhang mit den laufenden Projekten und dem berechtigten Vertrauen der Verwaltung des Fonds erforderlich.

    72. Nach Art. 231 Abs. 2 EG kann der Gerichtshof, falls er dies für notwendig hält, diejenigen Wirkungen einer für nichtig erklärten Verordnung bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

    73. Die angefochtene Verordnung ist nach ihrem Art. 12 am 1. Januar 2007 in Kraft getreten und gilt bis zum 31. Dezember 2010. Die Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung erfolgt also zu einem Zeitpunkt, zu dem mindestens zwei der vier jährlichen Beiträge und damit der Großteil der auf sie entfallenden Zahlungen geleistet worden sind und die Verwaltung des Fonds erwarten darf, dass ihr auch der Restbetrag ausgezahlt wird.

    74. Eine Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung ohne Aufrechterhaltung ihrer Wirkungen könnte daher nachteilige Folgen haben, insbesondere hinsichtlich der Finanzbeiträge für geplante und in der Durchführungsphase befindliche Aktionen oder Projekte, und wäre geeignet, eine den gegenwärtigen und künftigen Finanzierungsgeschäften des Fonds abträgliche Ungewissheit hervorzurufen.

    75. Demnach liegen gewichtige Gründe der Rechtssicherheit vor, die es rechtfertigen, dass der Gerichtshof seine Befugnis nach Art. 231 Abs. 2 EG ausübt und die Wirkungen der für nichtig erklärten Verordnung bezeichnet, die als fortgeltend zu betrachten sind. Es ist daher zu entscheiden, dass die Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung die Gültigkeit der vor der Verkündung des vorliegenden Urteils gemäß der angefochtenen Verordnung vorgenommenen Zahlungen und eingegangenen Verpflichtungen nicht berührt, und die Wirkungen der angefochtenen Verordnung sind aufrechtzuerhalten, bis binnen angemessener Frist eine neue, auf eine geeignete Rechtsgrundlage gestützte Verordnung in Kraft tritt.

    Kosten

    76. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 69 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof jedoch die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

    77. Da der Rat und das Parlament mit ihrem Vorbringen jeweils teilweise unterlegen sind, haben sie ihre eigenen Kosten zu tragen.

    78. Nach Art. 69 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

    Tenor

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

    1. Die Verordnung (EG) Nr. 1968/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 über Finanzbeiträge der Gemeinschaft zum Internationalen Fonds für Irland (2007–2010) wird für nichtig erklärt.

    2. Die Wirkungen der Verordnung Nr. 1968/2006 werden aufrechterhalten, bis binnen angemessener Frist eine neue, auf eine geeignete Rechtsgrundlage gestützte Verordnung in Kraft tritt.

    3. Die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1968/2006 berührt nicht die gemäß dieser Verordnung erfolgten Zahlungen oder eingegangenen Verpflichtungen.

    4. Da Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

    5. Irland, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen ihre eigenen Kosten.

    Top