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Document 62007CC0047
Opinion of Mr Advocate General Mazák delivered on 12 June 2008. # Masdar (UK) Ltd v Commission of the European Communities. # Appeal - Second paragraph of Article 288 EC - Action alleging unjust enrichment on the part of the Community - Community assistance programmes - Irregularities on the part of the co-contractor of the Commission - Services provided by a subcontractor - Non-payment - Risks inherent in economic activities - Principle of the protection of legitimate expectations - Duty of care of the Community administration. # Case C-47/07 P.
Schlussanträge des Generalanwalts Mazák vom 12. Juni 2008.
Masdar (UK) Ltd gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Art. 288 Abs. 2 EG - Auf ungerechtfertigte Bereicherung der Gemeinschaft gestützte Klage - Hilfsprogramme der Gemeinschaft - Vom Vertragspartner der Kommission begangene Unregelmäßigkeiten - Leistungen eines Subunternehmers - Nichtzahlung - Mit wirtschaftlichen Tätigkeiten verbundene Risiken - Grundsatz des Vertrauensschutzes - Sorgfaltspflicht der Gemeinschaftsverwaltung.
Rechtssache C-47/07 P.
Schlussanträge des Generalanwalts Mazák vom 12. Juni 2008.
Masdar (UK) Ltd gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Art. 288 Abs. 2 EG - Auf ungerechtfertigte Bereicherung der Gemeinschaft gestützte Klage - Hilfsprogramme der Gemeinschaft - Vom Vertragspartner der Kommission begangene Unregelmäßigkeiten - Leistungen eines Subunternehmers - Nichtzahlung - Mit wirtschaftlichen Tätigkeiten verbundene Risiken - Grundsatz des Vertrauensschutzes - Sorgfaltspflicht der Gemeinschaftsverwaltung.
Rechtssache C-47/07 P.
Sammlung der Rechtsprechung 2008 I-09761
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2008:342
Schlußanträge des Generalanwalts
I – Einleitung
1. Mit dem vorliegenden Rechtsmittel ersucht die Masdar (UK) Ltd (im Folgenden: Masdar) den Gerichtshof um Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 16. November 2006, Masdar/Kommission(2) (T‑333/03, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Klage abgewiesen hat, die Masdar auf der Grundlage der Art. 235 EG und 288 EG erhoben hatte und mit der sie Ersatz des Schadens beantragt hatte, den sie erlitten haben will, weil von ihr im Zusammenhang mit Gemeinschaftshilfsprojekten erbrachte Dienste nicht bezahlt wurden. Masdar macht gegen die Kommission Zahlungsansprüche in Höhe von 448 947,78 Euro zuzüglich Zinsen geltend.
2. Das Rechtsmittel wirft im Wesentlichen die Frage auf, ob das Gericht erster Instanz zu Recht festgestellt hat, dass unter den tatsächlichen und rechtlichen Umständen der vorliegenden Rechtssache, in der im Rahmen eines Gemeinschaftshilfsprogramms der Subunternehmer eines (Haupt‑)Vertragspartners der Kommission von dem Hauptunternehmer nicht für die von ihm erbrachten Dienste bezahlt worden sei, die Kommission dem Subunternehmer nicht auf der Grundlage der Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung, der Geschäftsführung ohne Auftrag, des Vertrauensschutzes oder der Sorgfaltspflicht zum Schadensersatz verpflichtet sei.
II – Sachverhalt
3. In dem angefochtenen Urteil ist der Sachverhalt, der der vorliegenden Rechtsstreitigkeit zugrunde liegt, folgendermaßen wiedergegeben worden:
„2 Anfang 1994 schloss die Kommission, vertreten durch den Stellvertretenden Generaldirektor der Generaldirektion (GD) Außenwirtschaftsbeziehungen, mit der Helmico SA, vertreten durch ihren geschäftsführenden Direktor, im Rahmen des Gemeinschaftsprogramms für technische Hilfe für die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (TACIS) einen Vertrag mit der Referenznummer MO.94.01/01.01/B002. Dieser Vertrag (im Folgenden: moldauischer Vertrag) trug den Titel ‚Hilfe beim Aufbau einer privaten Vereinigung landwirtschaftlicher Betriebe‘ und gehörte zu dem Projekt mit der Referenznummer TACIS/FD MOL 9401 (im Folgenden: moldauisches Projekt).
3 Im April 1996 schlossen Helmico und die Klägerin einen Vertrag, mit dem Helmico die Klägerin als Subunternehmerin mit der Erbringung einiger der im moldauischen Vertrag vorgesehenen Leistungen beauftragte.
4 Am 27. September 1996 schloss die Kommission, vertreten durch den Stellvertretenden Generaldirektor der GD Politische Außenbeziehungen, mit Helmico, vertreten durch ihren geschäftsführenden Direktor, den TACIS-Vertrag mit der Referenznummer RU 96/5276/00. Darin verpflichtete sich Helmico, im Rahmen eines Projektes mit dem Titel ‚Föderales System für die Zertifizierung und den Test von Saatgut‘ und der Referenznummer FD RUS 9502 (im Folgenden: russisches Projekt) Leistungen in Russland zu erbringen.
5 Im Dezember 1996 schlossen Helmico und die Klägerin einen Subunternehmervertrag für das russische Projekt, der weitgehend dem entsprach, der im April 1996 in Bezug auf das moldauische Projekt geschlossen worden war.
6 Gegen Ende 1997 begann sich die Klägerin Sorgen zu machen, weil die Zahlungen von Helmico ausblieben; diese gab an, der Grund für die Verzögerung liege bei der Kommission. Die Klägerin nahm mit den Dienststellen der Kommission Kontakt auf und erfuhr, dass diese bis jetzt alle Rechnungen von Helmico bezahlt hatte. Durch weitergehende Nachforschungen konnte die Klägerin in Erfahrung bringen, dass Helmico sie verspätet oder nicht ordnungsgemäß von den Zahlungen unterrichtet hatte, die sie von der Kommission erhalten hatte. …
7 Am 2. Oktober 1998 fand ein Treffen zwischen einem Direktor von Masdar und Vertretern der Kommission statt.
8 Am 5. Oktober 1998 sandten die Dienststellen der Kommission ein Schreiben per Fax an Helmico. In diesem Schreiben erklärte die Kommission, sie habe die Sorge, dass aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedern des Helmico-Konsortiums der Abschluss des russischen Projektes in Gefahr sei, und führte aus, sie lege großen Wert auf die Einhaltung der Bestimmungen des russischen Vertrages und den Erfolg des russischen Projektes. Sie verlangte von Helmico Zusicherungen in Form einer von Helmico und der Klägerin gemeinsam unterzeichneten Erklärung, dass zwischen beiden vollständige Übereinstimmung in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen des russischen Vertrages bestehe und dass das russische Projekt fristgemäß abgeschlossen werde. In dem Schreiben hieß es weiter, wenn eine solche Zusicherung nicht bis zum 12. Oktober 1998 bei der Kommission eingehe, werde sie nach anderen Mitteln suchen, um den Abschluss dieses Projektes gemäß den Bestimmungen des russischen Vertrages sicherzustellen.
9 Mit Faxschreiben vom 6. Oktober 1998 antwortete Helmico den Dienststellen der Kommission, dass die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedern des Konsortiums beigelegt seien und der Abschluss des russischen Projektes in keiner Weise gefährdet sei. Die Mitglieder des Konsortiums hätten sich darauf geeinigt, dass alle künftigen Zahlungen einschließlich der Zahlungen auf die Rechnungen, die in Bezug auf das russische Projekt noch in Bearbeitung seien, auf ein von der Klägerin bezeichnetes Bankkonto geleistet werden sollten und nicht auf das Bankkonto von Helmico. In dem Antwortschreiben hieß es außerdem:
‚Ferner wurde vereinbart, dass das Vertragsmanagement mit dem heutigen Tag auf Herrn S., den Vorsitzenden von Masdar, übergeht. Bitte setzen Sie sich so bald wie möglich mit uns in Verbindung, um zu bestätigen, dass Sie diese Änderungen akzeptieren.‘
10 Dieses Schreiben war von Herrn T. in seiner Eigenschaft als geschäftsführender Direktor von Helmico unterzeichnet und trug folgenden handschriftlichen Vermerk: ‚Genehmigt … S., Masdar, 6. Oktober 1998‘.
11 Ein gleichlautendes Schreiben, das auf denselben Tag datiert und vom Vorsitzenden von Masdar gegengezeichnet ist, schickte Helmico der Kommission in Bezug auf die im Rahmen des moldauischen Vertrages zu zahlenden Beträge.
12 Am 7. Oktober 1998 sandte Helmico der Kommission zwei weitere Schreiben, die von Herrn T. unterschrieben und von Herrn S. im Namen von Masdar gegengezeichnet waren. …
13 Am 8. Oktober 1998 sandte Helmico zwei Schreiben an die Leiter der betreffenden Projekte in der Abteilung ‚Verträge‘ der Kommission mit der Bitte um Leistung aller ausstehenden Zahlungen im Rahmen des russischen und des moldauischen Vertrages auf ein anderes Konto auf den Namen von Helmico in Athen. Diese Schreiben endeten mit folgender Erklärung:
‚Die vorliegenden Anweisungen können von Helmico ohne schriftliche Zustimmung des Vorsitzenden von Masdar, Herrn S., nicht widerrufen werden. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie Masdar den Stand der Zahlungsabwicklung und das Datum mitteilen könnten, an dem die Zahlungen erfolgen werden.‘
14 Am 8. Oktober 1998 unterzeichneten Helmico und die Klägerin eine Vereinbarung, in der der Vorsitzende von Masdar bevollmächtigt wurde, Gelder von den beiden Konten zu transferieren, die in den Schreiben vom 7. und 8. Oktober 1998 an die Kommission erwähnt worden waren.
15 Am 10. November 1998 gab die Kommission ihren Abschlussbericht über das russische Projekt heraus. Von den sechs Rubriken, die einer Bewertung unterzogen wurden, erhielten vier die Bewertung ‚hervorragend‘, eine weitere ‚gut‘ und eine ‚insgesamt befriedigend‘. Am 26. Februar 1999 gab die Kommission ihren Abschlussbericht über das moldauische Projekt heraus, bei dem zwei der bewerteten Rubriken die Bewertung ‚gut‘ erhielten und vier weitere ‚insgesamt befriedigend‘.
16 Im Februar 1999 führten die Beamten der Kommission eine Prüfung des moldauischen und des russischen Projektes durch. Die Prüfung des russischen Projektes wurde im April 1999 abgeschlossen. Die Prüfung des moldauischen Projektes war im Juli 1999 noch nicht abgeschlossen.
17 Am 29. Juli 1999 richteten die Dienststellen der Kommission ein Schreiben an die Klägerin, in dem sie erklärten, dass die Kommission, nachdem sie von finanziellen Unregelmäßigkeiten zwischen Helmico und der Klägerin bei der Durchführung des russischen und des moldauischen Vertrages unterrichtet worden sei, alle noch nicht geleisteten Zahlungen ausgesetzt und eine vollständige Prüfung eingeleitet hätte, um festzustellen, ob im Rahmen der Durchführung des russischen und des moldauischen Vertrages Gemeinschaftsmittel veruntreut worden seien. Da sich die Kommission der finanziellen Schwierigkeiten der Klägerin bewusst war, teilte sie ihr mit, dass sie im Rahmen des russischen Projektes einen Vorschuss von 200 000 Euro auf das Konto von Helmico überweisen werde, das in den von Helmico am 8. Oktober 1998 übermittelten Anweisungen genannt worden sei.
18 Der Betrag von 200 000 Euro wurde im August 1999 auf dieses Konto eingezahlt und anschließend auf das Konto der Klägerin überwiesen.
19 Zwischen Dezember 1999 und März 2000 schrieb der Vorsitzende von Masdar an mehrere Beamte der Kommission sowie das für ‚Außenbeziehungen‘ zuständige Mitglied der Kommission, Herrn Patten. Unter den verschiedenen angesprochenen Fragen war auch die nach der Bezahlung der von Masdar erbrachten Leistungen.
20 Am 22. März 2000 schrieb der Generaldirekter des Gemeinsamen Dienstes für Außenbeziehungen an den Vorsitzenden von Masdar, um ihm Folgendes mitzuteilen:
‚Nach intensiven Beratungen (in denen verschiedene Möglichkeiten erwogen wurden, einschließlich der endgültigen Abwicklung beider Verträge mit Hilfe zusätzlicher Zahlungen zugunsten von Masdar, berechnet anhand der von Ihnen erbrachten Arbeiten und den Ihnen entstandenen Kosten) haben die Dienststellen der Kommission letztlich beschlossen, die zuvor dem Auftraggeber, Helmico, gezahlten Gelder zurückzufordern. In rechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass jede unmittelbar an Masdar geleistete Zahlung (selbst über das Bankkonto von Helmico, für das Sie eine Vollmacht haben) im Fall der Insolvenz von Helmico als kollusiver Akt von Seiten der Direktoren oder der Gläubiger von Helmico betrachtet würde. Ferner ist nicht sicher, dass bei einem Rechtsstreit zwischen Helmico und Masdar die von der Kommission gezahlten Gelder endgültig bei Masdar verbleiben würden, wie es dem Wunsch der Kommission entspräche.‘
21 Am 23. März 2000 teilte die Kommission Helmico schriftlich mit, dass sie die ausstehenden Rechnungen nicht bezahlen werde und einen Betrag von insgesamt 2 091 168,07 Euro zurückfordere. Sie habe diese Initiative ergriffen, nachdem sie entdeckt habe, dass Helmico bei der Durchführung des moldauischen und des russischen Vertrages betrügerisch gehandelt habe.
22 Am 31. März 2000 erhob die Klägerin Klage gegen Helmico beim High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division, auf Zahlung von insgesamt 453 000 Euro für die Leistungen, die sie als Subunternehmerin im Rahmen der Durchführung des moldauischen und des russischen Vertrages erbracht habe.
23 Am 4. April 2000 erließ die Kommission nach Artikel 28 Absatz 2 der Haushaltsordnung [vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 356, S. 1)] zwei förmliche Einziehungsanordnungen an Helmico. Der Inhalt dieser Dokumente wurde den Anwälten der Klägerin am 1. Februar 2002 mitgeteilt (siehe unten, Randnr. 36).
24 Am 15. Juni 2000 sandte der Vorsitzende von Masdar dem für Außenbeziehungen zuständigen Mitglied der Kommission ein Faxschreiben, in dem er erklärte:
‚Vor 18 Monaten machten wir die Kommission auf die Schwierigkeiten aufmerksam, auf die wir mit unseren Partnern von Helmico bei den beiden oben genannten Projekten stießen. Wir erhielten Zusicherungen, wonach bei Fortführung der Projekte unsererseits die Europäische Kommission dafür sorgen werde, dass wir für unsere Leistungen bezahlt würden. Wir sind damit fortgefahren, die beiden Projekte in Ihrem Namen unter erheblichen zusätzlichen Kosten zu finanzieren und zu realisieren, obwohl uns bereits klar geworden war, dass Helmico Masdar betrogen hatte und es wahrscheinlich unmöglich sein würde, die betreffenden Mittel wiederzuerlangen.‘
25 Die Antwort des Mitglieds der Kommission mit Schreiben vom 25. Juli 2000 bestätigt den Standpunkt, den die Kommission in ihrem Schreiben vom 22. März 2000 zum Ausdruck gebracht hatte.
26 Am 5. Februar 2001 sandte der Vorsitzende von Masdar dem für Außenbeziehungen zuständigen Mitglied der Kommission erneut ein Faxschreiben, in dem er geltend machte, dass die Klägerin Vertragspartei der mit der Kommission geschlossenen Verträge, des russischen wie des moldauischen, sei und dass ihr in dem Treffen am 2. Oktober 1998 zugesichert worden sei, dass sie bezahlt werde, wenn sie mit dem russischen und dem moldauischen Projekt fortfahre.
27 Im April 2001 nahm die Klägerin mit der Kommission Kontakt auf, um die Möglichkeit zu prüfen, sich unmittelbar von dieser für die Helmico in Rechnung gestellten Arbeiten bezahlen zu lassen.
28 Mit Schreiben vom 8. Mai 2001 wiederholte das für Außenbeziehungen zuständige Mitglied der Kommission den Standpunkt der Kommission, dass die Klägerin nicht Vertragspartei des russischen und des moldauischen Vertrages sei.
29 Am 21. Mai 2001 fand ein Treffen zwischen den Anwälten der Klägerin und den Dienststellen der Kommission statt, in dem die Möglichkeit geprüft werden sollte, die Klägerin unmittelbar für die erbrachten Leistungen zu bezahlen.
30 Am 1. August 2001 wiederholten die Anwälte der Klägerin das Ersuchen um eine Kulanzzahlung der Kommission. Die Klägerin bat um Zahlung von 448 947,78 Euro oder, hilfsweise, 249 314 Euro. Die erste Zahl entsprach dem Gesamtbetrag der unbezahlt gebliebenen Rechnungen von Helmico an die Kommission, während die zweite Zahl dem Betrag entsprach, der für die nach Entdeckung des Betruges geleisteten Arbeiten berechnet worden war.
31 Am 28. August 2001 kam es zu einem Treffen zwischen den Anwälten der Klägerin und den Dienststellen der Kommission, in dem der Frage nachgegangen werden sollte, ob die Klägerin unmittelbar für die erbrachten Leistungen bezahlt werden konnte.
32 Am 10. Oktober 2001 übermittelten die Anwälte der Klägerin den Dienststellen der Kommission die Kopie eines 1998 erstellten Berichts. Dieses Dokument sollte den Dienststellen der Kommission helfen, die Spur der Direktoren von Helmico wiederzufinden.
33 Am 16. Oktober 2001 antworteten die Dienststellen der Kommission, dass die Informationen an die zuständigen Dienste der GD Haushalt, an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und an das mit den TACIS-Programmen befasste Referat Vertrags- und Finanzverwaltung weitergeleitet worden seien und dass die Dienststellen der Kommission alle notwendigen Schritte unternähmen, um die Direktoren von Helmico ausfindig zu machen.
34 Am 16. Oktober 2001 schrieben die Anwälte der Klägerin der Kommission, zwischen den Dienststellen der Kommission und der Klägerin bestehe ein stillschweigendes Einverständnis, dass die Kommission die Klägerin ab dem 8. Oktober 1998 bezahle, sofern die Klägerin dafür sorge, dass das russische und das moldauische Projekt erfolgreich abgeschlossen würden. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, die Kommission habe akzeptiert, dass die Klägerin 1998 Hauptvertragspartnerin des russischen Projekts geworden sei. Das Schreiben endete mit folgender Erklärung:
‚Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mich wissen ließen, ob die Dienststellen der Kommission den Ausführungen in diesem Schreiben folgen und, wenn ja, ob sie bereit sind, der Masdar Ltd in Erwartung des Abschlusses des gegen Helmico eingeleiteten Einziehungsverfahrens einen Vorschuss von 279 711,85 Euro zu zahlen.‘
35 Das Vorbringen der Anwälte der Klägerin wurde von den Dienststellen der Kommission mit Schreiben vom 13. November 2001 zurückgewiesen. Das Schreiben endete wie folgt:
‚Die Kommission wird auf der Grundlage der Einziehungsanordnung von den Vertretern von Helmico die von dieser Gesellschaft erhaltenen Beträge einziehen. Je nach Ausgang dieses Verfahrens werden wir gegebenenfalls weitere Schritte im Hinblick auf die Verwendung der eingezogenen Beträge erwägen.‘
36 Am 1. Februar 2002 erklärten die Dienststellen der Kommission in einem Antwortschreiben auf eine Anfrage der Anwälte der Klägerin, dass am 4. April 2000 zwei förmliche Einziehungsanordnungen an Helmico ergangen seien, eine betreffend den moldauischen Vertrag in Höhe von 1 236 200,91 Euro und die andere betreffend den russischen Vertrag in Höhe von 854 967,16 Euro, insgesamt also in Höhe von 2 091 168,07 Euro.
37 In einem Schreiben an die Dienststellen der Kommission vom 27. Februar 2002 stellten die Anwälte der Klägerin fest, dass die Beträge, auf die die beiden förmlichen Einziehungsanordnungen lauteten, ungefähr denen entsprächen, die in der Aufstellung der von der Kommission an Helmico gezahlten Beträge genannt seien. Dem entnahmen sie, dass es die Kommission nicht für notwendig gehalten habe, Einziehungsanordnungen für die Beträge zu erlassen, die Helmico der Kommission berechnet habe, von dieser aber nicht gezahlt worden seien.
38 In einem Schreiben vom 11. März 2002 bestätigten die Dienststellen der Kommission den Anwälten der Klägerin, dass sich die beiden förmlichen Einziehungsanordnungen, die die Dienststellen der Kommission am 4. April 2000 erlassen hätten, nicht auf die Beträge bezögen, die Helmico der Kommission berechnet habe, von dieser aber nicht gezahlt worden seien.
39 Am 17. Dezember 2002 übermittelte der Juristische Dienst der Kommission den Anwälten der Klägerin eine Aufstellung der Beträge, die Helmico der Kommission in Rechnung gestellt habe, sowie Termine und Beträge der Zahlungen nebst Begründungen für jede Nichtzahlung.
40 Am 18. Februar 2003 fand ein Treffen zwischen den Anwälten der Klägerin und den Dienststellen der Kommission statt.
41 Am 23. April 2003 sandten die Anwälte der Klägerin den Dienststellen der Kommission ein Einschreiben, das mit folgender Erklärung endete:
‚… Sofern die Dienststellen der Kommission nicht in der Lage sind, bis spätestens 15. Mai 2003 einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten, wie meine Mandantin für die erbrachten Leistungen zu bezahlen ist, wird gegen die Kommission beim Gericht nach den Artikeln 235 EG und 288 EG (früher Artikel 178 und 215 EG-Vertrag) Klage auf Schadensersatz erhoben werden.‘
42 Mit Faxschreiben vom 15. Mai 2003 wandte sich die Kommission an die Anwälte der Klägerin und schlug diesen ein Treffen vor, bei dem die Möglichkeit einer gütlichen Einigung erörtert werden sollte, nach der die Kommission der Klägerin den Betrag von 249 314,35 Euro für die Arbeiten zahlen würde, die nach Entdeckung des von Helmico verübten Betruges erbracht worden seien, sofern die Klägerin den Nachweis für eine Vereinbarung vorlege, der zufolge sie unmittelbar von der Kommission bezahlt würde, wenn sie das russische und das moldauische Projekt abschließe.
43 Mit Einschreiben vom 23. Juni 2003 antworteten die Anwälte der Klägerin den Dienststellen der Kommission, dass sie nicht gewillt seien, die Verhandlungen auf der von der Kommission vorgeschlagenen Grundlage fortzusetzen, und legten die Einzelheiten der Forderung der Klägerin sowie die Bedingungen dar, unter denen diese der Teilnahme an einem Treffen zustimmen würde.
44 Diesem Einschreiben folgte ein Faxschreiben vom 3. Juli 2003, in dem die Anwälte der Klägerin die Kommission um Mitteilung baten, ob bis spätestens 15. Juli 2003 ein Treffen unter den vorgeschlagenen Bedingungen organisiert werden könne; ohne ein solches Treffen werde man Klage beim Gericht erster Instanz erheben.
45 Mit Schreiben vom 22. Juli 2003 antworteten die Dienststellen der Kommission, dass sie dem Zahlungsersuchen der Klägerin nicht Folge leisten könnten.“
III – Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und angefochtenes Urteil
4. Mit ihrer am 30. September 2003 eingegangenen Klageschrift erhob Masdar beim Gericht erster Instanz eine Schadensersatzklage, wobei sie ihren Schadensersatzanspruch auf den Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung (de in rem verso), Geschäftsführung ohne Auftrag, einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und einen durch vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung der Kommission verursachten Schaden stützte.
5. Da zwischen den Parteien keine gütliche Einigung erzielt werden konnte, hat das Gericht erster Instanz die Klage abgewiesen und Masdar die Kosten auferlegt. Die Begründung des Urteils wird im Folgenden zusammengefasst.
6. Das Gericht hat zunächst die Voraussetzungen dargelegt, unter denen nach ständiger Rechtsprechung gemäß Art. 288 Abs. 2 EG eine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft sowohl wegen rechtswidrigem als auch wegen nicht als rechtswidrig nachgewiesenem Verhalten der Gemeinschaftsorgane begründet sein kann.
7. Anschließend hat das Gericht hervorgehoben, dass der Schadensersatzanspruch von Masdar, soweit er sich auf ungerechtfertigte Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag beziehe, auf Regelungen der außervertraglichen Haftung beruhe, die kein rechtswidriges Verhalten der Gemeinschaftsorgane voraussetzten, und soweit er sich auf den Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und eine vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung der Kommission beziehe, auf der Regelung der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft für rechtswidriges Verhalten beruhe.
8. Sodann hat das Gericht die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (de in rem verso) und Geschäftsführung ohne Auftrag geprüft.
9. Das Gericht hat anerkannt, dass ein Schadensersatzanspruch prinzipiell auf diese Grundsätze gestützt werden könne. Daraufhin hat es geprüft, ob in der fraglichen Rechtssache die Voraussetzungen für einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag vorlagen.
10. Nach Auffassung des Gerichts sind Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder aus Geschäftsführung ohne Auftrag nach den tatsächlichen und rechtlichen Umständen jener Rechtssache eindeutig nicht gegeben.
11. Im Rahmen dieser Feststellung hat das Gericht ausgeführt, dass nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam seien, solche Ansprüche nicht gegeben seien, wenn der Vorteil des Bereicherten oder des Geschäftsherrn seine Rechtfertigung in einem Vertrag oder einer gesetzlichen Verpflichtung finde, und dass derartige Ansprüche in der Regel nur hilfsweise geltend gemacht werden könnten, d. h., wenn ein Geschädigter über keinen anderen Anspruch verfüge, um das zu erlangen, was ihm geschuldet werde.
12. In diesem Zusammenhang hat das Gericht den vorhandenen vertraglichen Rahmen hervorgehoben, insbesondere die Vertragsbeziehung zwischen der Kommission und Helmico zum einen und zum anderen zwischen Helmico und Masdar. Es sei unbestreitbar an Helmico, die von Masdar geleisteten Arbeiten zu vergüten und gegebenenfalls für die Nichtzahlung zu haften, und eine mögliche Insolvenz von Helmico könne kein Grund dafür sein, die Haftung auf die Kommission übergehen zu lassen.
13. Einer eventuellen Bereicherung der Kommission oder Entreicherung der Klägerin fehle insofern, als sie ihren jeweiligen Ursprung in dem vorhandenen vertraglichen Rahmen habe, nicht der Rechtsgrund.
14. Aus denselben Gründen seien die Voraussetzungen für einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag in der fraglichen Rechtssache offensichtlich nicht erfüllt. Da Masdar die Dienststellen der Kommission kontaktiert habe, bevor sie sich zur Fortführung der Projekte verpflichtet habe, könne die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Helmico nicht wirksam als freiwillige Führung von Geschäften eines anderen eingestuft werden. Schließlich widersprächen die Ausführungen von Masdar auch insoweit den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, als es um die Vorstellung gehe, die der Geschäftsherr von der Handlung des Geschäftsführers gehabt habe.
15. Da Masdar den Nachweis, dass sie einen außergewöhnlichen oder besonderen Schaden erlitten habe, der über die mit ihrer Tätigkeit verbundenen wirtschaftlichen Risiken hinausgehe, nicht erbracht habe, seien die Schadensersatzansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag als nicht begründet zurückzuweisen.
16. Der Klagegrund, der sich auf einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes stützte, ist vom Gericht mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass sich den verfügbaren Unterlagen keine bestimmten Zusicherungen der Kommission entnehmen ließen, die bei Masdar berechtigte Erwartungen hätten wecken können, aufgrund deren sie sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen könne.
17. Das Vorbringen von Masdar zu der behaupteten vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung der Kommission hat das Gericht als nicht begründet zurückgewiesen. Hierzu hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die behauptete Sorgfaltspflicht nicht hinreichend substantiiert sei und kein Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden nachgewiesen worden sei.
18. Auch der Antrag auf Vernehmung eines Zeugen – nämlich von Herrn W., einem Direktor von Masdar – zum Inhalt des Treffens vom 2. Oktober 1998 ist vom Gericht zurückgewiesen worden. Das Gericht hat hierzu festgestellt, dass eine solche Aussage, selbst wenn sie entsprechend dem Vorbringen von Masdar bewiese, dass es dem gemeinsamen Willen von Kommission und Masdar entsprochen habe, dass Masdar die betreffenden Projekte abschließe, nicht als Beweis dafür genüge, dass es präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte gegeben habe, nach denen sich die Kommission verpflichtet habe, Masdar von nun an unmittelbar zu bezahlen.
IV – Anträge vor dem Gerichtshof
19. Masdar beantragt,
– das angefochtene Urteil aufzuheben;
– die Kommission zur Zahlung des Betrags von 448 947,78 Euro, den die Rechtsmittelführerin in der ersten Instanz gefordert hat, oder, hilfsweise, des Betrags von 249 314,35 Euro oder eines anderen Betrags, den der Gerichtshof für angemessen erachtet, zuzüglich Zinsen auf den festgesetzten Betrag, zu verurteilen;
– der Kommission die Kosten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens vor dem Gericht erster Instanz aufzuerlegen.
20. Die Kommission beantragt,
– das Rechtsmittel zurückzuweisen;
– hilfsweise für den Fall, dass der Gerichtshof das angefochtene Urteil ganz oder teilweise aufhebt, den Antrag der Rechtsmittelführerin auf finanzielle Entschädigung zurückzuweisen;
– der Rechtsmittelführerin die Kosten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens vor dem Gericht erster Instanz aufzuerlegen;
– hilfsweise für den Fall, dass der Gerichtshof zugunsten der Rechtsmittelführerin entscheidet, der Rechtsmittelführerin ein Drittel ihrer eigenen Kosten im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz aufzuerlegen.
V – Zum Rechtsmittel
A – Vorbemerkungen
21. Vor der Prüfung der von Masdar erhobenen Rechtsmittelgründe erscheinen einige Vorbemerkungen angebracht.
22. Zunächst ist zum Kontext der vorliegenden Rechtssache hervorzuheben, dass zwischen den Parteien, wie Masdar in der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren ausdrücklich bestätigt hat, nicht streitig ist, dass zwischen Masdar und der Kommission keine Vertragsbeziehung begründet wurde und dass solche Vertragsbeziehungen über die Erbringung von Leistungen gemäß den betreffenden Gemeinschaftshilfsprojekten nur zwischen Helmico und der Kommission zum einen und zwischen Helmico und Masdar zum anderen bestanden.
23. Aus den Angaben, die die Parteien gemacht haben, geht jedoch hervor, dass Helmico, die Masdar die Bezahlung der Leistungen schuldet, die von Masdar als Subunternehmerin gegenüber Helmico erbracht wurden, als insolvent anzusehen ist und ihre Direktoren unauffindbar sind. Die Gerichtsverfahren, die Masdar vor den englischen und walisischen Gerichten, die nach den betreffenden Subunternehmerverträgen für vertragliche Streitigkeiten zuständig waren, anstrengte, um die ihr von Helmico geschuldeten Zahlungen zu erlangen, wurden auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.
24. Vor diesem Hintergrund erhob Masdar vor dem Gericht erster Instanz eine Klage gegen die Kommission , mit der sie u. a. die Bezahlung der erbrachten Leistungen(3) zuzüglich Zinsen als Entschädigung für den erlittenen Schaden forderte.
25. Wie Masdar selbst in der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Rechtsmittelverfahren dargelegt hat, stützt sich der Anspruch gegen die Kommission im Wesentlichen auf zwei Argumentationslinien, nämlich erstens auf das Vorbringen, dass die Kommission Masdar die Zahlung der erbrachten Leistungen zugesichert habe, und zweitens auf das Argument, dass die Kommission, selbst wenn sie keine solchen Zusicherungen abgegeben habe, aufgrund außervertraglicher Haftung wegen ungerechtfertigter Bereicherung (de in rem verso) und Geschäftsführung ohne Auftrag zur Zahlung verpflichtet sei.
26. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung dargelegt haben und das Gericht erster Instanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, in der vorliegenden Rechtssache unstreitig ist, dass ein Schadensersatzanspruch prinzipiell auf die genannten Grundsätze gestützt werden kann, die sowohl im angefochtenen Urteil des Gerichts erster Instanz als auch von den Parteien als Grundsätze bezeichnet worden sind, die mit den Regeln der außervertraglichen Haftung zusammenhingen. Folglich ist im vorliegenden Verfahren nicht bestritten oder diskutiert worden, dass bzw. ob die von Masdar geltend gemachten Grundsätze in der Gemeinschaftsrechtsordnung existieren.
27. Vielmehr geht es bei dem vorliegenden Rechtsmittel um die Frage, ob das Gericht erster Instanz zu Recht festgestellt hat, dass die auf diese Grundsätze gestützten Ansprüche von Masdar jedenfalls nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht gegeben seien.
28. Masdar stützt ihr Rechtsmittel im Einzelnen auf sieben Rechtsmittelgründe.
29. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht Masdar geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt habe, dass Masdar lediglich entsprechend ihren vertraglichen Verpflichtungen Helmico gegenüber gehandelt habe, was dazu geführt habe, dass das Gericht die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgewiesen habe. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund macht Masdar geltend, das Gericht habe unabhängig von dieser Frage einen Rechtsfehler begangen, da es weder den Umstand, dass die Kommission Einziehungsbefugnisse habe, noch die Art und Weise, in der die Einziehungsbefugnisse von der Kommission ausgeübt worden seien, berücksichtigt habe. Der dritte Rechtsmittelgrund richtet sich gegen die Feststellungen des Gerichts, man könne nicht davon ausgehen, dass Masdar freiwillig gehandelt habe, die Kommission sei in der Lage gewesen, das Projekt selbst durchzuführen und der Grundsatz der Geschäftsführung ohne Auftrag setze voraus, dass der Geschäftsführer ohne Wissen des Geschäftsherrn gehandelt habe. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund macht Masdar geltend, die Feststellungen des Gerichts zu den Klagegründen der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag zum einen und zum Klagegrund des berechtigten Vertrauens zum anderen seien widersprüchlich. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund trägt Masdar vor, das Gericht habe einen Fehler begangen, als es den Anspruch der Klägerin, der auf fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung gestützt worden sei, mit der Begründung zurückgewiesen habe, Masdar habe keine ausreichenden Gründe angeführt. Mit dem sechsten und dem siebten Rechtsmittelgrund macht Masdar schließlich geltend, das Gericht habe einen Fehler begangen, als es festgestellt habe, dass Masdar von der Kommission keine Zusicherungen erhalten habe.
30. Da sich der erste, der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund auf die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag beziehen, werden sie gemeinsam geprüft. Der sechste und der siebte Rechtsmittelgrund werden ebenfalls gemeinsam geprüft, da sie sich beide gegen die Feststellung des Gerichts erster Instanz wenden, die Kommission habe keine Zusicherungen abgegeben, was zur Zurückweisung des den Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes betreffenden Anspruchs geführt hat. Außerdem sollten diese beiden Rechtsmittelgründe vor dem vierten Rechtsmittelgrund geprüft werden, mit dem Masdar geltend macht, dass die Feststellungen des Gerichts erster Instanz den Feststellungen zur ungerechtfertigten Bereicherung (de in rem verso) und zur Geschäftsführung ohne Auftrag widersprechen.
B – Zu den Rechtsmittelgründen
1. Zum ersten, zweiten und dritten Rechtsmittelgrund betreffend die Feststellungen des Gerichts erster Instanz zu den Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung (de in rem verso) und Geschäftsführung ohne Auftrag
a) Wesentliche Argumente
31. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht Masdar geltend, das Gericht erster Instanz habe einen Rechtsfehler begangen, als es in den Randnrn. 98, 99 und 101 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass Masdar lediglich entsprechend ihren vertraglichen Verpflichtungen Helmico gegenüber gehandelt habe. Da das Gericht in den Randnrn. 146 bis 148 des angefochtenen Urteils offenbar anerkannt habe, dass Masdar bei dem Treffen am 2. Oktober 1998 nicht gewillt gewesen sei, die Verträge mit Helmico weiterhin zu erfüllen, hätte das Gericht nach der Auffassung von Masdar prüfen müssen, ob Masdar weiterhin rechtlich verpflichtet gewesen sei, die Erfüllung der Subunternehmerverträge fortzusetzen. Nach englischem Recht seien der Betrug und die wesentliche Nichteinhaltung der gegenüber Masdar bestehenden Zahlungsverpflichtung von Helmico eine hinreichend schwere Vertragsverletzung, aufgrund deren Masdar die Verträge berechtigterweise als beendet ansehen und die geschuldeten Beträge sowie Schadensersatz aufgrund der Nichterfüllung von Helmico einklagen könne. Da das Gericht nicht berücksichtigt habe, dass Masdar zur Beendigung des Subunternehmervertrags berechtigt gewesen sei, liege auch ein Verfahrensfehler vor.
32. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund macht Masdar geltend, dass das Gericht unabhängig von der Frage, ob Masdar entsprechend ihren vertraglichen Verpflichtungen Helmico gegenüber gehandelt habe, einen Rechtsfehler begangen habe, als es bei der Entscheidung über eine ungerechtfertigte Bereicherung der Kommission den Umstand außer Acht ge lassen habe, dass die Kommission sich aufgrund ihrer auf der Haushaltsordnung beruhenden Einziehungsbefugnisse nicht in der Position einer normalen Vertragspartei befunden habe, da sie die Möglichkeit gehabt habe, zuvor bestehenden Vertragsbeziehungen den Inhalt zu nehmen. Insbesondere berücksichtige das Gericht in der gesamten Begründung, mit der es die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgewiesen habe, nicht, dass die Kommission bis April 2000 gewartet und erst dann eine Einziehungsanordnung gegenüber Helmico erlassen habe, als Masdar die Arbeit abgeschlossen gehabt habe.
33. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wendet sich Masdar im Einzelnen gegen bestimmte Feststellungen des Gerichts erster Instanz zur Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Argumentation zur Geschäftsführung ohne Auftrag in den Randnrn. 101 bis 103 des angefochtenen Urteils sei widersprüchlich und mit den Tatsachen offensichtlich nicht vereinbar.
34. Erstens habe das Gericht erster Instanz einen Fehler begangen, als es festgestellt habe, man könne nicht davon ausgehen, dass Masdar freiwillig gehandelt habe. Masdar habe gegenüber Helmico keine Verpflichtungen mehr gehabt, und der Umstand allein, dass sich Masdar im Oktober 1998 an die Dienststellen der Kommission gewandt habe, schließe die Freiwilligkeit ihrer späteren Handlungen nicht aus, da in dem Treffen vom 2. Oktober 1998 kein förmliches Dokument aufgesetzt worden sei.
35. Zweitens werde bestritten, dass die Kommission in der Lage gewesen sei, die Projekte selbst durchzuführen. Es sei allgemein bekannt, dass die Kommission Projekte wie diese an externe Vertragspartner vergebe, weil sie eben nicht über die internen Ressourcen verfüge, die für die Durchführung solcher Projekte benötigt würden. Außerdem habe die Kommission Masdar nicht mitgeteilt, dass sie den Vertrag beenden und sich nach einem anderen Vertragspartner umsehen werde.
36. Drittens habe das Gericht erster Instanz zu Unrecht festgestellt, der Grundsatz der Geschäftsführung ohne Auftrag sei nicht anwendbar, wenn dem Geschäftsherrn die Notwendigkeit der Handlung bewusst sei. Auch wenn dieser Grundsatz häufig zum Tragen komme, wenn dem Geschäftsherrn nicht bewusst sei, dass die Handlung zur Vermeidung eines Schadens beim Geschäftsherrn notwendig sei, gebe es keinen logischen Grund dafür, dass dem Geschäftsherrn eine solche Notwendigkeit nicht bewusst sein dürfe.
37. Nach Auffassung der Kommission ist der erste Rechtsmittelgrund unzulässig und in jedem Fall offensichtlich nicht stichhaltig. Zu keinem Zeitpunkt habe Masdar gegenüber dem Gericht erster Instanz geltend gemacht, dass sie ihre Verträge mit Helmico gekündigt habe, und aus der Akte gehe eindeutig hervor, dass sie die Verträge in der Tat nicht gekündigt habe. Zwar könne eine wesentliche Vertragsverletzung nach englischem Recht dazu führen, dass die vertragstreue Partei berechtigt sei, den Vertrag zu kündigen, doch die Vertragsverletzung als solche führe nicht zu einer Vertragsbeendigung. Ebenso unzutreffend sei der Vorwurf, dass das Gericht nicht über diese Frage entschieden habe, denn es habe in Randnr. 103 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass Masdar ihre Verträge mit Helmico weiter erfüllt habe.
38. Was das Vorbringen zu den Einziehungsbefugnissen der Kommission betreffe, sei das Gericht erster Instanz auf alle Argumente, die zur Stützung der behaupteten ungerechtfertigten Bereicherung der Kommission vorgetragen worden seien, im Wesentlichen eingegangen. Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung sei nicht gegeben, da die Kommission aufgrund ihres Vertrags mit Helmico bereichert sei und Masdar aufgrund ihres Subunternehmervertrags mit Helmico zum Tätigwerden verpflichtet gewesen sei.
39. Schließlich weist die Kommission den dritten Rechtsmittelgrund mit dem Argument zurück, dass insbesondere die Feststellung, die Kommission sei in der Lage gewesen, die Projekte selbst durchzuführen, eine Tatsachenfrage sei, die im Rechtsmittelverfahren nicht aufgeworfen werden könne, und jedenfalls die in den Randnrn. 97 ff. des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung, dass Masdar entsprechend ihren vertraglichen Verpflichtungen Helmico gegenüber gehandelt habe, für eine Zurückweisung der Argumente zur Geschäftsführung ohne Auftrag ausreiche.
b) Würdigung
40. Zunächst wird daran erinnert, dass in der Gemeinschaftsrechtsordnung das Rechtsmittelverfahren nach Art. 225 EG nicht dazu bestimmt ist, die Klage, die beim Gericht erster Instanz erhoben wurde, einer allgemeinen erneuten Prüfung durch den Gerichtshof zu unterziehen.
41. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Befugnisse des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens nämlich auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt(4) . Somit ist der Gerichtshof im Rahmen eines solchen Verfahrens allein für die Prüfung zuständig, ob das Vorbringen im Rechtsmittelverfahren einen Rechtsfehler bezeichnet, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll(5) . Daher muss ein Rechtsmittel nach den Art. 225 EG, 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und 112 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen(6) .
42. Daher wird die allgemeine Vorgehensweise des Gerichts erster Instanz im Hinblick auf die Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag, auf die sich vor allem die ersten drei Rechtsmittelgründe beziehen, insbesondere auf die Anwendung dieser Grundsätze im Rahmen der Haftung für ein nicht als rechtswidrig nachgewiesenes Verhalten(7), im Folgenden nicht gewürdigt, denn diese Frage ist im vorliegenden Rechtsmittelverfahren nicht aufgeworfen worden(8) .
43. Ich halte es jedoch für angemessen, vor der Prüfung der Begründetheit der von Masdar konkret geltend gemachten Rechtsmittelgründe zunächst einige allgemeine Bemerkungen zu den Konzeptionen der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag zu machen, um die hier angefochtenen Feststellungen des Gerichts erster Instanz in den richtigen Kontext einzubetten.
44. Im Bereich der außervertraglichen Haftung verpflichtet Art. 288 Abs. 2 EG die Gemeinschaft, den durch ihre Organe verursachten Schaden „nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind“, zu ersetzen.
45. Wie Masdar selbst in ihrer Antragsschrift eingeräumt hat, ist diese Bestimmung nicht dahin zu verstehen, dass die von den Gemeinschaftsgerichten angewandten Grundsätze der außervertraglichen Haftung den Grundsätzen, die in den Rechtsordnungen sämtlicher Mitgliedstaaten vorhanden sind, genau entsprechen müssen – oder können – oder dass sie in gewisser Weise „automatisch“ als gemeinsame Nenner aus den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten abgeleitet werden können(9) . Bis sich in diesem Bereich eine gefestigte Rechtsprechung herausgebildet hat, kann die Erörterung des konkreten Inhalts eines solchen Grundsatzes – und dies trifft im Allgemeinen auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze als Rechtsquellen zu – daher in gewissem Maß der Diskussion über die Umrisse eines Phantoms ähneln. Die Lösung, die der Gerichtshof im Rahmen von Art. 288 EG anwendet, sollte jedoch den Grundzügen der maßgeblichen Konzeptionen in den nationalen Rechtsordnungen folgen und gegebenenfalls den besonderen Anforderungen des Gemeinschaftsrechts angepasst werden.
46. Dies vorausgeschickt, zeigt ein Vergleich der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die von Masdar in der vorliegenden Rechtssache geltend gemachten Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (de in rem verso) und Geschäftsführung ohne Auftrag, dass die Anerkennung und Anwendung dieser Grundsätze äußerst unterschiedlich gehandhabt wird.
47. Allgemein kann die Haltung der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten in dieser Hinsicht jedoch als sehr vorsichtig charakterisiert werden, und dies gilt für die Geschäftsführung ohne Auftrag noch mehr als für die ungerechtfertigte Bereicherung. Während insbesondere der erstgenannte Grundsatz in einigen Rechtsordnungen noch nicht einmal existiert, sind die Grundsätze dort, wo sie als Haftungsgrundlage vorhanden sind, im Allgemeinen an strenge Voraussetzungen gebunden, und sie können nur als subsidiäre Rechtsschutzmöglichkeiten geltend gemacht werden. Regelmäßig werden solche Ansprüche oder Grundsätze als „Lückenbüßer“ und als letzter Ausweg für die Klagebegründung eingesetzt, und sie leiten sich aus allgemeinen Gerechtigkeits- und Billigkeitserwägungen ab, weshalb sie in vielen Fällen vor allem von der Rechtsprechung anerkannt und entwickelt wurden.
48. Aus denselben Gründen ist eine Haftung, die auf diesen Grundsätzen beruht, regelmäßig subsidiär gegenüber einer vertraglichen Haftung. Denn der Geltungsbereich der Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag als rechtliche Haftungsgrundlage ist allgemein in den betreffenden Mitgliedstaaten durch das Ziel geprägt, den Grundsatz zu wahren, dass ein Vertrag in der Regel Rechte oder Verpflichtungen und, in einem allgemeineren Sinne, Rechtssicherheit nur für die Vertragsparteien begründen kann.
49. Somit würde das Vorliegen einer Vertragsbeziehung einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung regelmäßig ausschließen, da die Leistung in diesem Zusammenhang nicht als „rechtsgrundlos“ erbracht angesehen würde, und auch die Voraussetzung der freiwilligen oder ohne Eigeninteresse erfolgten Führung der Geschäfte einer anderen Person, die dem Konzept der Geschäftsführung ohne Auftrag allgemein zugrunde liegt, wäre als nicht erfüllt anzusehen.
50. Was außerdem insbesondere die fragliche (Dreiecks‑)Vertragsbeziehung in der vorliegenden Rechtssache betrifft, würde einem Subunternehmer, der sich in einer vergleichbaren Lage wie Masdar befindet, aus verschiedenen Gründen, einschließlich Kausalitätserwägungen, offensichtlich in der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedstaaten grundsätzlich verwehrt werden, auf der Grundlage von ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag unmittelbar von der Partei, die den Vertrag mit dem Hauptvertragspartner abgeschlossen hat, d. h. von einer Partei, die sich in einer vergleichbaren Lage wie die Kommission in der vorliegenden Rechtssache befindet, Schadensersatz zu erlangen.
51. Vor diesem Hintergrund stand die Betrachtungsweise des Gerichts erster Instanz meines Erachtens mit den Grundmerkmalen, die die Konzeptionen der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten haben, im Wesentlichen im Einklang, als das Gericht auf der Grundlage der ausführlichen Begründung in den Randnrn. 96 bis 104 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für einen auf diese Grundsätze gestützten Anspruch in einem Fall wie dem zu prüfenden nicht vorlägen.
52. Das zentrale in den Randnrn. 97 und 98 des angefochtenen Urteils dargelegte Argument des Gerichts geht dahin, dass ein solcher Fall grundsätzlich im Rahmen der streitigen Vertragsbeziehungen und somit auf der Grundlage der vertraglichen Haftung zu würdigen sei.
53. Vor diesem Hintergrund ist speziell zum ersten Rechtsmittelgrund von Masdar darauf hinzuweisen, dass Masdar nicht vorgetragen hat, dass ihre Subunternehmerverträge mit Helmico gekündigt oder unwirksam gewesen seien, als Masdar die Verträge weiter erfüllt habe. Vielmehr macht Masdar geltend, dass sie aufgrund der Vertragsverletzung durch Helmico berechtigt gewesen sei, den Vertrag zu kündigen, und dass das Gericht hätte prüfen müssen, ob sie rechtlich weiterhin zur Vertragserfüllung verpflichtet gewesen sei.
54. Doch selbst wenn es zutreffen sollte, dass Masdar aufgrund des Umstands, dass Helmico ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllte, berechtigt war, die betroffenen Dienste nicht weiter zu erbringen und den Vertrag zu kündigen, kommt es im vorliegenden Kontext darauf nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beziehung zwischen Masdar und Helmico weiterhin durch die zwischen ihnen geschlossenen Subunternehmerverträge geregelt war, da die Vertragsverletzung, die in diesem Fall aus der unterbliebenen Zahlung seitens Helmico bestand, als solche nicht zu einer Beendigung des Vertrags führt, sondern zur Folge hat, dass die säumige Partei vertraglich haftet, wie das Gericht erster Instanz in Randnr. 98 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat,
55. Da die Haftung aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag gegenüber einer solchen vertraglichen Haftung subsidiär ist, wie das Gericht erster Instanz zu Recht in den Randnrn. 97 bis 100 festgestellt hat, konnte das Gericht den Anspruch von Masdar, der sich auf diese Grundsätze stützte, unabhängig davon, ob Masdar zu einer Kündigung der Verträge berechtigt war, zurückweisen, ohne einen Rechtsfehler zu begehen. Unter diesen Umständen kann außerdem nicht geltend gemacht werden, dass das Gericht erster Instanz einen Verfahrensfehler begangen habe, als es das Recht von Masdar, die Verträge zu kündigen, nicht berücksichtigt habe.
56. Der erste Rechtsmittelgrund ist daher nicht stichhaltig.
57. Was den Vorwurf betrifft, das Gericht hätte bei der Prüfung der Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag den Umstand berücksichtigen müssen, dass die Kommission nach der Haushaltsordnung über Einziehungsbefugnisse verfügt habe, ist für mich auch nicht nachvollziehbar, inwiefern dieser Umstand für die Würdigung der Ansprüche erheblich sein könnte.
58. Wie aus den Randnrn. 99 und 100 des angefochtenen Urteils hervorgeht, hat das Gericht erster Instanz die Anwendbarkeit dieser Grundsätze im Wesentlichen mit der Begründung ausgeschlossen, dass aufgrund der vertraglichen Natur der geleisteten Dienste – da die Kommission aufgrund ihres Vertrags mit Helmico bereichert war und Masdar im Rahmen ihres Subunternehmervertrags mit Helmico gehandelt hatte – eine Bereicherung der Kommission nicht als rechtsgrundlos angesehen werden könne und der Ausnahmehaftungstatbestand aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorliegen könne.
59. Wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, kann darüber hinaus, entgegen dem Vorbringen von Masdar, angesichts der auf die Vertragsparteien beschränkten Wirkung der Verträge nicht davon ausgegangen werden, dass die gegenüber Helmico erlassenen Einziehungsanordnungen der Vertragsbeziehung zwischen der Subunternehmerin Masdar und der Hauptvertragspartnerin Helmico ihren gesamten materiellen Inhalt entziehen würden.
60. Daher ist der zweite Rechtsmittelgrund nicht stichhaltig.
61. Was schließlich die speziellen Rechtsfehler betrifft, die das Gericht erster Instanz durch die Art und Weise begangen haben soll, in der es die Konzeption der Geschäftsführung ohne Auftrag in den Randnrn. 101 bis 103 des angefochtenen Urteils angewandt hat, ist daran zu erinnern, dass nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, der Grundsatz der Geschäftsführung ohne Auftrag nur ganz ausnahmsweise als Haftungsgrundlage herangezogen werden kann, wie das Gericht erster Instanz in Randnr. 100 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat(10) .
62. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht erster Instanz erstens in Randnr. 101 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass Masdars Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Helmico nicht wirksam als freiwillige Führung von Geschäften eines anderen eingestuft werden kann. Insbesondere reicht ein etwaiges Recht von Masdar, ihre Verträge mit Helmico zu kündigen, mit Sicherheit nicht aus, um im Gegenzug die Dienstleistungen von Masdar als freiwillig einzustufen.
63. Zweitens ist es im Zusammenhang mit der Verwaltung von Projekten wie denjenigen in der vorliegenden Rechtssache im Hinblick auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag nicht maßgebend, ob die Kommission in der Lage gewesen wäre, die Projekte selbst durchzuführen, da solche Projekte auch unter normalen Umständen häufig, wie in der vorliegenden Rechtssache, von Vertragspartnern der Kommission und nicht von der Kommission selbst durchgeführt werden. Die Aussage der Kommission in ihrem Schreiben vom 5. Oktober 1998, sie werde „nach anderen Mitteln suchen, um den Abschluss dieses Projekts … sicherzustellen“, konnte daher zu Recht vom Gericht erster Instanz angeführt werden, um die Behauptung von Masdar zu widerlegen, dass die Kommission nicht in der Lage sei, die betreffenden Projekte zu verwalten.
64. Wenn das Gericht in Randnr. 101 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die „Handlung des Geschäftsführers … in der Regel [erfolgt], ohne dass der Geschäftsherr von ihr weiß, oder wenigstens, ohne dass er sich der Notwendigkeit bewusst ist, sofort zu handeln“, ist dies meiner Meinung nach mit der Konzeption der Geschäftsführung ohne Auftrag und den strengen Voraussetzungen, an die ihre Anwendbarkeit gebunden ist, vereinbar.
65. Diese Feststellung, die nur einer von mehreren Gründen ist, die das Gericht in Randnr. 101 für seine Schlussfolgerung angeführt hat, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorlägen, wird insbesondere nicht durch das Vorbringen in Frage gestellt, es seien besondere Umstände denkbar, in denen dieser Grundsatz auch dann anwendbar sei, wenn sich der Geschäftsführer der Notwendigkeit der Handlung bewusst gewesen sei, wie in dem von Masdar angeführten Beispiel einer schwer kranken Person, die bei vollem Bewusstsein von einem Dritten ins Krankenhaus gefahren wird, das mit dem vorliegenden Fall offensichtlich nicht vergleichbar ist.
66. Die A rgumente, die im Rahmen des dritten Rechtsmittelgrundes vorgetragen werden, sind somit nicht begründet.
67. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die ersten drei Rechtsmittelgründe, die sich gegen die Feststellungen des Gerichts erster Instanz zu ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag wenden, zurückzuweisen sind.
2. Zum fünften Rechtsmittelgrund betreffend den angeblichen Fehler des Gerichts bei der Zurückweisung des Anspruchs aus fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung wegen unzureichender Begründung durch Masdar
a) Wesentliche Argumente
68. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund trägt Masdar vor, als das Gericht erster Instanz ihr Vorbringen zur fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung mit der Begründung zurückgewiesen habe, es seien keine ausreichenden Gründe angeführt worden, habe es einen Fehler begangen, da die Sache unter den besonderen Umständen, unter denen die Kommission Einziehungsbefugnisse nach der Haushaltsordnung ausübe, für sich selbst spreche.
69. Obwohl der Kommission seit Oktober 1998 die Unregelmäßigkeiten bei Helmico bekannt gewesen seien, habe sie Masdar zunächst erlaubt oder diese sogar dazu aufgefordert, die Arbeit zu vollenden, und anschließend ihre Einziehungsbefugnisse ausgeübt und Helmico auf diese Weise alle Mittel entzogen, über die diese aufgrund der Verträge verfüge. Der Kommission sei bewusst gewesen, dass dies den Mechanismus außer Kraft setzen würde, der mit Wissen und Einverständnis der Kommission für die Bezahlung von Masdar eingerichtet gewesen sei. Aus diesen Umständen lasse sich nur eine Schlussfolgerung ziehen, dass nämlich die Kommission, die zur Sorgfalt verpflichtet gewesen sei, im Hinblick auf die nachteiligen Folgen für Masdar fahrlässig oder leichtfertig gehandelt habe.
70. Schließlich trägt Masdar vor, dass die Haftungsbeschränkung, die für rein finanzielle Schäden gelte, im Vergleich zu den Voraussetzungen, denen die Haftung für rein finanzielle Schäden nach englischem Recht unterliege, im gemeinschaftsrechtlichen Kontext angesichts der besonderen Einziehungsbefugnisse der Kommission erweitert werden solle, da die Einziehungsanordnung offensichtlich dazu führe, dass schuldlosen Subunternehmern die Zahlung verwehrt werde. Hilfsweise solle die Haftungsbeschränkung auf die besonderen Umstände der vorliegenden Rechtssache ausgedehnt werden.
71. Nach Auffassung der Kommission ist das Vorbringen von Masdar sowohl unzulässig, da es sich gegen Tatsachenfeststellungen wende, als auch unerheblich, da es sich auf Gesichtspunkte beziehe, die nicht Gegenstand der Erwägungen des Gerichts erster Instanz gewesen seien. Das Gericht erster Instanz habe zu Recht festgestellt, dass Masdar ihr Vorbringen nicht hinreichend substantiiert habe, und daher den Anspruch aus Pflichtverletzung zurückgewiesen.
b) Würdigung
72. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die Ansprüche aus fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung, die Masdar vor dem Gericht erster Instanz geltend gemacht hat, insofern auf das Verhalten der Kommission bezogen, als die Kommission die Zahlungen an Helmico ausgesetzt hatte, wie das Gericht in Randnr. 140 des angefochtenen Urteils ausdrücklich festgestellt hat, ohne dass dies von Masdar im vorliegenden Verfahren bestritten worden wäre. Somit hat das Gericht in den Randnrn. 140 und 141 des angefochtenen Urteils, auf die sich der fünfte Rechtsmittelgrund bezieht, nur geprüft, ob die Kommission eine fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung beging, als sie die Zahlungen an Helmico aussetzte.
73. Soweit sich Masdar auf den Erlass der Einziehungsanordnungen bezieht – bei dem es sich um eine Entscheidung der Kommission handelt, die von der früheren Aussetzung der Zahlungen im Jahr 1999 zu unterscheiden ist – und geltend macht, die Kommission habe Masdar damit endgültig die Möglichkeit genommen, von Helmico bezahlt zu werden, und weitere Umstände der vorliegenden Rechtssache anführt, die nicht unmittelbar mit jener Aussetzung verbunden sind oder später eintraten, ist das Vorbringen von Masdar, wie die Kommission zutreffend vorgetragen hat, daher unerheblich und kann keinen Erfolg haben.
74. Somit ist dieser Teil des fünften Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
75. Was den angeblichen Fehler betrifft, der darin bestehen soll, dass das Gericht erster Instanz in Randnr. 141 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass Masdar nicht genügend Argumente zur Begründung ihres Anspruchs oder hinsichtlich Ursprung und Umfang jener Verpflichtung vorgetragen habe, ist erstens darauf hinzuweisen, dass das Fehlen einer substantiierten Begründung in dieser Hinsicht nur einer der Gründe ist, aus denen das Gericht den Anspruch aus fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung als nicht begründet zurückgewiesen hat, wie aus der Argumentation des Gerichts in Randnr. 141 hervorgeht. Das Gericht hat außerdem festgestellt, dass kein Kausalzusammenhang zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden nachgewiesen worden sei. Selbst wenn die von Masdar behauptete Sorgfaltspflicht gegeben wäre, könnte dies allein die Entscheidung des Gerichts, den Anspruch zurückzuweisen, daher nicht berühren.
76. Auch wenn zweitens zwar mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass der Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben eine allgemeine Sorgfaltspflicht obliegt, so wie sie auch an den Grundsatz der guten Verwaltung(11) gebunden ist, und ihr, je nach den Umständen, verschiedene weitere Verpflichtungen obliegen, ist es keinesfalls selbstverständlich, dass in vertraglichen Situationen wie in der vorliegenden Rechtssache eine spezielle Pflicht hinsichtlich der Interessen eines Dritten gegeben ist, die die Kommission daran hindert, unter Umständen wie den vorliegenden Zahlungen auszusetzen. Somit spricht die Sache entgegen dem Vorbringen von Masdar in den besonderen Umständen, die angeführt wurden, nicht für sich selbst, und es kann auch nicht a priori davon ausgegangen werden, dass die Kommission im Hinblick auf die nachteiligen Folgen für Masdar fahrlässig oder leichtfertig gehandelt hat.
77. Hinsichtlich der Argumente, auf die Masdar ihren Rechtsmittelgrund betreffend eine fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzung gestützt hat, bin ich daher der Auffassung, dass das Gericht erster Instanz zu Recht festgestellt hat, dass Masdar ihren Anspruch nicht hinreichend substantiiert hatte.
78. Somit ist der fünfte Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.
3. Zum sechsten und siebten Rechtsmittelgrund betreffend die Feststellungen des Gerichts erster Instanz zu fehlenden Zusicherungen der Kommission
a) Wesentliche Argumente
79. Mit dem sechsten und dem siebten Rechtsmittelgrund wendet sich Masdar gegen die Begründung im angefochtenen Urteil, mit der das Vorbringen von Masdar, die Kommission habe ihr gegenüber Zusicherungen abgegeben, die ein berechtigtes Vertrauen hätten entstehen lassen, zurückgewiesen worden ist.
80. Zur Stützung dieser Rechtsmittelgründe trägt Masdar erstens vor, das Gericht erster Instanz habe einen Fehler begangen, als es festgestellt habe, dass dem Gericht keine Beweise dafür vorlägen, dass die von Masdar geltend gemachten Zusicherungen in dem Treffen am 2. Oktober 1998 abgegeben worden seien. Angesichts der in den Randnrn. 143 und 149 des angefochtenen Urteils enthaltenen Argumente, mit denen eine Beweisaufnahme zu diesen Zusicherungen abgelehnt worden sei, habe das Gericht erster Instanz eine solche Feststellung nicht treffen dürfen.
81. Zweitens habe das Gericht erster Instanz einen Fehler begangen, als es festgestellt habe, es sei höchst unwahrscheinlich, dass die behaupteten Zusicherungen abgegeben worden seien. Die Grundlage, auf die das Gericht diese Würdigung gestützt habe, sei insofern unzutreffend und unvollständig, als sie den besonderen Kontext der Rechtssache, einschließlich des Rechts von Masdar, die Subunternehmerverträge zu kündigen, und des Rechts der Kommission, die Hauptverträge auszusetzen und Einziehungsanordnungen zu erlassen, nicht berücksichtige. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, wie der in Randnr. 148 des angefochtenen Urteils dargelegte gemeinsame Wille von Kommission und Masdar, dass die Projekte abzuschließen seien und Masdar für ihre Arbeit zu bezahlen sei, sich anders als durch die, wie auch immer geartete, Abgabe wechselseitiger Zusicherungen hätte bilden können.
82. Drittens habe das Gericht erster Instanz in Randnr. 128 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass der informelle Charakter des Treffens vom 2. Oktober 1998 dadurch bewiesen werde, dass die Kommission während dieses Treffens kein Protokoll geführt habe, und somit habe das Gericht zu Unrecht die Möglichkeit außer Acht gelassen, dass die Kommission die geltend gemachten Zusicherungen abgegeben habe.
83. Vor diesem Hintergrund könne nicht bezweifelt werden, dass die Kommission die Zusicherungen abgegeben habe.
84. Die Kommission macht dagegen geltend, Masdar versuche mit diesen Rechtsmittelgründen in Wirklichkeit, Tatsachenfragen erneut aufzuwerfen, und diese Rechtsmittelgründe seien daher unzulässig. Jedenfalls habe das Gericht die Frage, ob präzise Zusicherungen abgegeben worden seien, ausführlich geprüft, und seine Feststellungen zu dieser Frage seien richtig.
b) Würdigung
85. Mit den Argumenten, die Masdar zur Stützung des sechsten und siebten Rechtsmittelgrundes vorgetragen hat, wendet sie sich im Wesentlichen gegen die in den Randnrn. 119 bis 130 des angefochtenen Urteils enthaltene Würdigung, die das Gericht erster Instanz zu der Frage vorgenommen hat, ob in dem Treffen am 2. Oktober 1998 die von Masdar geltend gemachten Zusicherungen abgegeben wurden. Masdar ist der Auffassung, dass das Gericht erster Instanz in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles hätte feststellen müssen, dass solche Zusicherungen in der Tat von der Kommission abgegeben worden seien.
86. Somit stellt Masdar eindeutig die Beweiswürdigung in Frage, die das Gericht erster Instanz in Bezug auf die Abgabe von Zusicherungen vorgenommen hat.
87. Es ist daher in Erinnerung zu rufen, dass der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren weder für die Feststellung der Tatsachen zuständig noch grundsätzlich befugt ist, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht diese Feststellung gestützt hat. Sofern die Beweise nämlich ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden sind, ist es allein Sache des Gerichts erster Instanz, den Wert der ihm vorgelegten Beweismittel zu würdigen(12) .
88. Sofern die Beweismittel, die dem Gericht erster Instanz vorgelegt wurden, nicht verfälscht werden, ist die vom Gericht vorgenommene Beweiswürdigung daher keine Rechtsfrage, die der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt(13) .
89. Da in der vorliegenden Rechtssache nicht behauptet und jedenfalls von Masdar nicht substantiiert vorgetragen worden ist, dass die Tatsachen und Beweise, die dem Gericht erster Instanz vorgelegen hätten, verfälscht worden seien, sind der sechste und der siebte Rechtsmittelgrund insofern unzulässig, als sie sich gegen die Beweiswürdigung des Gerichts erster Instanz richten.
90. Was insbesondere die von Masdar angeführte und in den Randnrn. 143 bis 149 des angefochtenen Urteils enthaltene Weigerung des Gerichts erster Instanz betrifft, einen Zeugen zum Treffen am 2. Oktober 1998 anzuhören, ist erstens anzumerken, dass es nach ständiger Rechtsprechung allein Sache des Gerichts erster Instanz ist, zu entscheiden, ob das ihm in einer Rechtssache vorliegende Beweismaterial der Ergänzung bedarf(14) . So hat der Gerichtshof entschieden, dass selbst dann, wenn ein Antrag auf Vernehmung eines Zeugen genau bezeichnet, zu welchen Tatsachen der Zeuge vernommen werden soll, und er die Gründe angibt, die die Vernehmung des Zeugen rechtfertigen, es Sache des Gerichts erster Instanz ist, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung des genannten Zeugen zu beurteilen(15) .
91. Genau das hat das Gericht in den maßgebenden Stellen seines Urteils getan, als es in Randnr. 148 festgestellt hat, dass der erwartete Inhalt der Aussage jedenfalls nicht ausreichen würde, um die relevante Tatsache nachzuweisen, nämlich dass die Kommission zugesichert habe, Masdar zu bezahlen.
92. Zweitens ist das Vorbringen von Masdar unbegründet, soweit sie in diesem Zusammenhang anscheinend geltend macht, dass das angefochtene Urteil insofern widersprüchlich sei, als die Begründung, mit der die Zeugenanhörung abgelehnt worden sei, der Feststellung widerspreche, dass keine Zusicherungen abgegeben worden seien, da – wie das Gericht in Randnr. 148 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat – das Vorliegen eines gemeinsamen Willens der Parteien, dem zufolge Masdar das Projekt abschließen und für ihre Arbeit entlohnt werden sollte, sich eindeutig von der Abgabe präziser Zusicherungen betreffend eine unmittelbare Bezahlung von Masdar durch die Kommission unterscheidet.
93. Somit sind der sechste und der siebte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
4. Zum vierten Rechtsmittelgrund betreffend die angeblichen widersprüchlichen Feststellungen des Gerichts zu den Klagegründen der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag zum einen und zum Klagegrund des berechtigten Vertrauens zum anderen
a) Wesentliche Argumente
94. Masdar beanstandet, dass das Gericht erster Instanz bei der Prüfung, ob der Grundsatz des Vertrauensschutzes anwendbar sei, festgestellt habe, dass die enggefassten Voraussetzungen für die Anwendbarkeit nicht vorlägen, obwohl das Gericht grundsätzlich davon ausgegangen sei, dass die Kommission Masdar dazu veranlasst habe, die Dienstleistungen fortzusetzen (Randnr. 101 des angefochtenen Urteils), und dass Masdar und die Kommission den gemeinsamen Willen gehabt hätten, dass Masdar die Projekte vollenden und für ihre Arbeit bezahlt werden sollte (Randnr. 148 des angefochtenen Urteils).
95. Mit ähnlichen Argumenten wie im Rahmen der vorhergehenden Rechtsmittelgründe macht Masdar geltend, dass im Treffen am 2. Oktober 1998 und/oder im späteren Schriftwechsel mit der Kommission etwas geschehen sein könne, das Masdar veranlasst habe, die Dienstleistungen, die Gegenstand ihres Subunternehmervertrags mit Helmico gewesen seien, weiter zu erbringen. Auch wenn dieses „etwas“ möglicherweise nicht von den strengen Kriterien erfasst sei, die das Gericht erster Instanz bei der Prüfung eines Anspruchs aufgrund von Vertrauensschutz anlege, so sei es mit Sicherheit hinreichend wirksam gewesen, um Masdar dazu zu bewegen, die Dienstleistung weiter zu erbringen, was beweise, dass das Gericht zu Unrecht festgestellt habe, dass sich den verfügbaren Unterlagen keine bestimmten Zusicherungen der Kommission entnehmen ließen, die Masdar zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs berechtigten.
96. Hilfsweise trägt Masdar vor, dass die Kriterien, die das Gericht erster Instanz angewandt habe, zu streng seien und in Fällen wie dem vorliegenden zu einem ungerechten Ergebnis führten. Daher müsse entschieden werden, dass unter Umständen wie denen der vorliegenden Rechtssache auf das Vorliegen präziser Zusicherungen geschlossen werden dürfe.
97. Schließlich beanstandet Masdar die Feststellung in Randnr. 103 des angefochtenen Urteils, sie sei durch die Fortsetzung der Arbeit am Projekt ein geschäftliches Risiko eingegangen, das als normal anzusehen sei. Masdar macht geltend, kein vernünftig denkender Unternehmer hätte unter den fraglichen Umständen die Arbeit fortgesetzt, wenn nicht das Verhalten der Kommission bei ihm das berechtigte Vertrauen geweckt hätte, dass er für die geleisteten Dienste bezahlt werden würde.
98. Nach Auffassung der Kommission sind die Argumente, die im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes geltend gemacht werden, unzulässig und in jedem Fall offensichtlich nicht begründet.
b) Würdigung
99. Was zunächst den Vorwurf betrifft, die Feststellungen des Gerichts erster Instanz in Randnr. 101 des angefochtenen Urteils zum einen und in Randnr. 148 des angefochtenen Urteils zum anderen seien widersprüchlich, so stützt sich dieses Vorbringen zumindest teilweise auf eine fehlerhafte Auslegung der Randnr. 101, in der das Gericht lediglich festgestellt hat: „Die Handlung des Geschäftsführers erfolgt nämlich in der Regel, ohne dass der Geschäftsherr von ihr weiß, oder wenigstens, ohne dass er sich der Notwendigkeit bewusst ist, sofort zu handeln. Die Klägerin trägt jedoch selbst vor, dass ihre Entscheidung, die Arbeiten im Oktober 1998 fortzusetzen, auf Anregung der Kommission gefallen sei.“
100. Berücksichtigt man den Kontext, in dem diese Feststellung getroffen worden ist, so wird deutlich, dass das Gericht erster Instanz mit dieser Feststellung den Widerspruch zwischen dem von Masdar geltend gemachten Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag und ihrem Vorbringen zum V ertrauensschutz, dem zufolge die Kommission Masdar dazu veranlasst habe, die Dienstleistungen weiter zu erbringen, hervorheben und nicht dem zuletzt genannten Vorbringen beipflichten wollte. Masdar scheint implizit zu bestätigen, dass das Gericht erster Instanz diese Auffassung nicht teilte, da sie geltend macht, das Gericht hätte in seinen Feststellungen berücksichtigen müssen, dass etwas geschehen sei, das sie zur Fortsetzung der Arbeit veranlasst habe.
101. Selbst wenn man entsprechend dem Vorbringen von Masdar annimmt, dass das Gericht erster Instanz davon ausgegangen ist, dass die Kommission Masdar dazu veranlasst hat, die Dienstleistungen weiter zu erbringen, ist dies nicht zwingend mit der Feststellung gleichzusetzen, dass präzise Zusicherungen, die einen Anspruch aus Vertrauensschutz rechtfertigen würden, abgegeben worden sind.
102. Aus denselben Gründen habe ich bereits das Vorbringen zurückgewiesen, das Gericht erster Instanz habe in Randnr. 148 des angefochtenen Urteils widersprüchlich argumentiert, als es festgestellt habe, dass Masdar und die Kommission den gemeinsamen Willen gehabt hätten, die Projekte abzuschließen.
103. Das übrige Vorbringen zum vierten Rechtsmittelgrund richtet sich erneut gegen die Feststellung des Gerichts, dass keine präzisen Zusicherungen abgegeben worden seien. Wie ich bereits dargelegt habe, handelt es sich hierbei um eine Tatsachenfeststellung, die als solche nicht im Rahmen eines Rechtsmittels angefochten werden kann(16) .
104. In dieser Hinsicht genügt die Feststellung, die auch von der Kommission in der mündlichen Verhandlung zutreffend geäußert worden ist, dass das Argument, die einzige Erklärung für die Fortsetzung der Arbeiten durch Masdar – selbst wenn das dadurch eingegangene geschäftliche Risiko höher als das normale Risiko anzusehen wäre – könne darin bestehen, dass die Kommission ihr im Treffen am 2. Oktober 1998 und/oder im späteren Schriftwechsel die von Masdar geltend gemachten Zusicherungen gegeben habe, in keiner Hinsicht überzeugen kann.
105. Somit ist der vierte Rechtsmittelgrund ebenfalls zurückzuweisen.
106. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.
VI – Kosten
107. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Masdar mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem entsprechenden Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
VII – Ergebnis
108. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor:
1. das Rechtsmittel zurückzuweisen;
2. Masdar die Kosten aufzuerlegen.
(1) .
(2) – Slg. 2006, II‑4377.
(3) – Der geforderte Betrag entspricht dem Gesamtwert der Leistungen, die Gegenstand der Rechnungen waren, deren Bezahlung ausgesetzt wurde: vgl. Randnrn. 71 und 98 des angefochtenen Urteils.
(4) – Vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot (C‑348/06 P, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 49), und vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a. (C‑136/92 P, Slg. 1994, I‑1981, Randnr. 59).
(5) – Vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Girardot, oben in Fn. 4 angeführt, Randnr. 49, und Urteile des Gerichtshofs vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission (C‑352/98 P, Slg. 2000, I‑5291, Randnr. 35), und vom 30. September 2003, Eurocoton u. a./Rat (C‑76/01 P, Slg. 2003, I‑10091, Randnr. 47).
(6) – Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile des Gerichtshofs vom 28. Mai 1998, John Deere/Kommission (C‑7/95 P, Slg. 1998, I‑3111, Randnr. 19, und vom 7. Juli 2005, Le Pen/Parlament (C‑208/03 P, Slg. 2005, I‑6051, Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).
(7) – Vgl. für eine eingehende Erörterung der Haftung der Gemeinschaft ohne rechtswidriges Verhalten die Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 20. Februar 2008, FIAMM und FIAMM Technologies/Rat u. a. (C‑120/06/P und C‑121/06 P, derzeit beim Gerichtshof anhängig, Nrn. 53 bis 83).
(8) – Darüber hinaus wirft die vorliegende Rechtssache meiner Meinung nach keine Frage auf, die die öffentliche Ordnung betrifft und vom Gerichtshof von Amts wegen geprüft werden könnte oder sollte. Vgl. hierzu die strengen Kriterien, die Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen vom 30. März 2000, Salzgitter/Kommission (C‑210/98 P, Slg. 2000, I‑5843, Nrn. 140 bis 143), vorgeschlagen hat, nach denen 1. zu prüfen sei, ob die verletzte Rechtsvorschrift einem grundlegenden Ziel der Gemeinschaftsrechtsordnung diene und ob sie bei der Erreichung dieses Ziels eine erhebliche Rolle spiele; 2. zu ermitteln sei, ob die verletzte Rechtsnorm nicht nur im Interesse der unmittelbar betroffenen Personen, sondern auch im Interesse Dritter oder im Allgemeininteresse ergangen sei; 3. der Verstoß gegen die Rechtsnorm offensichtlich sein müsse, d. h., sowohl der Gerichtshof als auch Dritte müssten den Verstoß ohne Weiteres erkennen und als einen solchen einordnen können.
(9) – Vgl. in diesem Sinne Nr. 55 der Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro im Urteil FIAMM und FIAMM Technologies/Rat u. a., oben in Fn. 7 angeführt.
(10) – Vgl. Nrn. 46 bis 50.
(11) – Vgl. in diesem Sinne z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 2004, Spanien/Kommission (C‑501/00, Slg. 2004, I‑6717, Randnr. 52).
(12) – Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 22. November 2007, Sniace/Kommission (C‑260/05 P, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 35), Urteil John Deere/Kommission, oben in Fn. 6 angeführt, Randnr. 22, und Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission (C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 38).
(13) – Urteile des Gerichtshofs vom 2. März 1994, Hilti/Kommission (C‑53/92 P, Slg. 1994, Randnr. 42), und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 49).
(14) – Vgl. u. a. Urteile des Gerichtshofs vom 10. Juli 2001, Ismeri Europa/Rechnungshof (C‑315/99 P, Slg. 2001, I‑5281, Randnr. 19), vom 7. Oktober 2004, Mag Instrument/HABM (C‑136/02 P, Slg. 2004, I‑9165, Randnr. 76), und vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 67).
(15) – Vgl. u. a. Urteile Sniace/Kommission, oben in Fn. 12 angeführt, Randnr. 78, und Dansk Rørindustri u. a., oben in Fn. 14 angeführt, Randnr. 68.
(16) – Vgl. Nrn. 87 bis 88.