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Document 62006TJ0377

Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 24. März 2011.
Comap SA gegen Europäische Kommission.
Wettbewerb - Kartelle - Sektor der Rohrverbindungen aus Kupfer und Kupferlegierungen - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung - Geldbußen - Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße - Verhältnismäßigkeit.
Rechtssache T-377/06.

Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-01115

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2011:108

Rechtssache T-377/06

Comap SA

gegen

Europäische Kommission

„Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Rohrverbindungen aus Kupfer und Kupferlegierungen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße – Verhältnismäßigkeit“

Leitsätze des Urteils

1.      Wettbewerb – Kartelle – Beweis

(Art. 81 Abs. 1 EG)

2.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beweis

(Art. 81 Abs. 1 EG)

3.      Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer

(Art. 81 Abs. 1 EG)

4.      Wettbewerb – Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Begriff – Mit der Pflicht jedes Unternehmens, sein Marktverhalten selbständig zu bestimmen, unvereinbare Koordinierung und Zusammenarbeit

(Art. 81 Abs. 1 EG)

5.      Wettbewerb – Kartelle – Teilnahme eines Unternehmens an wettbewerbswidrigen Initiativen – Stillschweigende Billigung ohne offene Distanzierung ausreichend für die Verantwortlichkeit des Unternehmens

(Art. 81 Abs. 1 EG)

6.      Wettbewerb – Kartelle – Verbot – Zuwiderhandlungen – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die als einheitliche Zuwiderhandlung eingestuft werden können – Begriff

(Art. 81 Abs. 1 EG)

7.      Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Unternehmen, das sich an einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung beteiligt hat – Von den kartellinternen Vereinbarungen abweichendes Verhalten

(Art. 81 Abs. 1 EG)

8.      Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission, Titel D)

1.      In Bezug auf die Beweisführung für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG ist darauf hinzuweisen, dass es der Kommission obliegt, genaue und übereinstimmende Beweise beizubringen, die die feste Überzeugung begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung begangen worden ist. Hat das Unionsgericht Zweifel, muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt. Nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise muss jedoch diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei einer Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt.

Ferner ist es üblich, dass die Tätigkeiten, mit denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen verbunden sind, im Geheimen ablaufen, die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und die Unterlagen darüber auf ein Minimum beschränkt werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke, wie z. B. Sitzungsprotokolle, findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können.

(vgl. Randnrn. 56-58)

2.      Eine bedeutende Rolle spielen die Erklärungen, die im Rahmen der Kronzeugenpolitik abgegeben werden. Diese Erklärungen im Namen der Unternehmen haben eine nicht unerhebliche Beweiskraft, da sie mit beträchtlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken verbunden sind. Jedoch kann eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einer Absprache beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen ebenfalls beschuldigten Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweismittel untermauert wird.

(vgl. Randnr. 59)

3.      Die Dauer der Zuwiderhandlung ist ein Tatbestandsmerkmal des Begriffs „Zuwiderhandlung“ im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG, für das die Kommission beweispflichtig ist. Soweit es an Beweisen fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, muss die Kommission zumindest Beweise beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinander liegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist.

(vgl. Randnr. 60)

4.      Ein Informationsaustausch muss nicht notwendigerweise gegenseitig sein, um gegen den Grundsatz des autonomen Marktverhaltens zu verstoßen. Die Offenlegung sensibler Informationen beseitigt die Ungewissheit hinsichtlich des künftigen Verhaltens eines Wettbewerbers und beeinflusst damit unmittelbar oder mittelbar die Strategie des Adressaten der Informationen.

(vgl. Randnr. 70)

5.      Der Begriff der offenen Distanzierung ist als Verantwortlichkeitsentlastungselement restriktiv auszulegen. Die Mitteilung, deren Zweck die offene Distanzierung von einer wettbewerbswidrigen Praktik ist, muss entschieden und klar bekundet werden, so dass die übrigen Kartellteilnehmer die Absicht des fraglichen Unternehmens genau verstehen. Die Kommission kann mangels einer ausdrücklichen Distanzierung davon ausgehen, dass die Zuwiderhandlung nicht beendet worden ist.

(vgl. Randnrn. 75-76, 102)

6.      In Bezug auf Verhaltensweisen, die darin bestehen, über mehrere Jahre hinweg regelmäßige multi- und bilaterale Kontakte konkurrierender Hersteller mit dem Ziel herzustellen, unzulässige Praktiken zur künstlichen Regulierung des Kupferfittingmarkts, u. a. über das Preisniveau, festzulegen, ist es für die Frage, ob das fragliche Kartell fortgesetzt worden ist, unerheblich, dass sich bestimmte Merkmale oder die Intensität dieser Praktiken nach den Nachprüfungen durch die Kommission geändert haben, da der Zweck der wettbewerbswidrigen Praktiken, d. h. die Absprachen über die Fittingpreise, unverändert blieb. Es ist insofern plausibel, dass ein Kartell nach den Nachprüfungen der Kommission eine weniger strukturierte Form und eine Tätigkeit von unterschiedlicher Intensität aufweist. Aus dem Umstand, dass es in einem Kartell Zeiträume mit unterschiedlich intensiven Aktivitäten geben kann, folgt jedoch nicht, dass geschlossen werden, dass es beendet worden ist.

(vgl. Randnrn. 82, 85)

7.      Der Umstand, dass ein Kartell nicht beachtet wird, ändert nichts am Vorliegen dieses Kartells selbst. Die Kartellteilnehmer bleiben nämlich Konkurrenten, von denen jeder jederzeit versucht sein kann, sich die Disziplin der anderen im Bereich der kartellierten Preise zunutze zu machen, um seine eigenen Preise mit dem Ziel herabzusetzen, seinen Marktanteil zu vergrößern, aber gleichzeitig ein verhältnismäßig hohes allgemeines Preisniveau aufrechtzuerhalten.

(vgl. Randnrn. 98-99)

8.      Eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund einer Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Verhalten des betreffenden Unternehmens der Kommission ermöglicht hat, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung leichter festzustellen und sie gegebenenfalls zu beenden. Eine niedrigere Festsetzung der Geldbuße auf der Grundlage der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 1996 kann nur gerechtfertigt sein, wenn die gelieferten Informationen und allgemeiner das Verhalten des betreffenden Unternehmens insoweit als Zeichen einer echten Zusammenarbeit des Unternehmens angesehen werden können.

(vgl. Randnr. 114)







URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

24. März 2011(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Sektor der Rohrverbindungen aus Kupfer und Kupferlegierungen – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Dauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑377/06

Comap SA mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte A. Wachsmann und C. Pommiès, dann Rechtsanwälte A. Wachsmann und D. Nourissier und schließlich Rechtsanwälte A. Wachsmann und S. de Guigné,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Nijenhuis und V. Bottka als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt N. Coutrelis,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf teilweise Nichtigerklärung der Entscheidung K(2006) 4180 der Kommission vom 20. September 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F‑1/38.121 – Rohrverbindungen) sowie auf Herabsetzung der gegen die Klägerin mit der Entscheidung verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und A. Dittrich,

Kanzler: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2010

folgendes

Urteil

 Sachverhalt und angefochtene Entscheidung

1        Mit der Entscheidung K(2006) 4180 endg. vom 20. September 2006 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/F‑1/38.121 – Rohrverbindungen) (Zusammenfassung in ABl. 2007, L 283, S. 63, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) stellte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften fest, dass mehrere Unternehmen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten, indem sie sich während unterschiedlicher Zeiträume zwischen dem 31. Dezember 1988 und dem 1. April 2004 an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen und abgestimmter Verhaltensweisen auf dem Markt für Rohrverbindungen (Fittings) aus Kupfer und Kupferlegierungen, die das gesamte EWR-Gebiet abdeckten, beteiligt hätten. Die Zuwiderhandlung habe in der Festsetzung der Preise, der Vereinbarung von Preislisten, Preisnachlässen und Rückvergütungen sowie von Mechanismen zur Durchführung von Preiserhöhungen, in der Aufteilung der nationalen Märkte und der Kunden, im Austausch anderer geschäftlicher Informationen sowie in der Teilnahme an regelmäßigen Treffen und im Unterhalten anderer Kontakte, um die Zuwiderhandlung zu erleichtern, bestanden.

2        Die Klägerin, die Comap SA, eine Herstellerin von Kupferfittings, und ihre damalige Muttergesellschaft, die Holding Legris Industries SA, gehören zu den Adressaten der angefochtenen Entscheidung.

3        Am 9. Januar 2001 informierte die Mueller Industries Inc., eine andere Herstellerin von Kupferfittings, die Kommission über das Bestehen eines Kartells in der Fittingbranche und in anderen verwandten Branchen auf dem Kupferrohrmarkt und erklärte ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit gemäß der Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996) (114. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

4        Am 22. und 23. März 2001 führte die Kommission im Zuge ihrer Ermittlungen zu Kupferrohren und -fittings in den Betriebsstätten mehrerer Unternehmen unangekündigte Nachprüfungen nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), durch (119. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

5        Im Anschluss an diese ersten Nachprüfungen teilte die Kommission im April 2001 ihre Ermittlungen zu Kupferrohren in drei verschiedene Verfahren auf, nämlich das Verfahren in der Sache COMP/E‑1/38.069 (Kupfer-Installationsrohre), das Verfahren in der Sache COMP/F-1/38.121 (Rohrverbindungen) und das Verfahren in der Sache COMP/E-1/38.240 (Industrierohre) (120. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

6        Am 24. und 25. April 2001 führte die Kommission weitere unangekündigte Nachprüfungen in den Betriebsstätten der Delta plc durch, einer Gesellschaft an der Spitze eines internationalen Maschinenbaukonzerns, zu dessen Bereich „Engineering“ mehrere Fittinghersteller gehörten. Diese Nachprüfungen betrafen ausschließlich Fittings (121. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

7        Ab Februar/März 2002 sandte die Kommission an die betroffenen Unternehmen mehrere Auskunftsverlangen zunächst nach Art. 11 der Verordnung Nr. 17 und später nach Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) (122. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

8        Im September 2003 beantragte die IMI plc die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996. Diesem Antrag folgten die Anträge der Delta-Gruppe (März 2004) und der FRA.BO SpA (Juli 2004). Der letzte Antrag auf Anwendung der Kronzeugenregelung wurde im Mai 2005 von der Advanced Fluid Connections plc gestellt (Erwägungsgründe 115 bis 118 der angefochtenen Entscheidung).

9        Am 22. September 2005 leitete die Kommission in der Sache COMP/F‑38.121 (Rohrverbindungen) ein Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung ein und nahm eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die sie u. a. der Klägerin zusandte (Erwägungsgründe 123 und 124 der angefochtenen Entscheidung).

10      Am 20. September 2006 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung.

11      In Art. 1 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die Klägerin vom 31. Januar 1991 bis zum 1. April 2004 gegen die Art. 81 EG und 53 EWR-Abkommen verstoßen habe.

12      Für diese Zuwiderhandlung setzte die Kommission gegen Legris Industries in Art. 2 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung eine Geldbuße in Höhe von 46,8 Millionen Euro fest, für deren Zahlung die Klägerin in Höhe von 18,56 Millionen Euro gesamtschuldnerisch verantwortlich gemacht wurde.

13      Bei der Festsetzung der Höhe der dem jeweiligen Unternehmen auferlegten Geldbuße wandte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Methode an, die die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 [KS] festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3; im Folgenden: Leitlinien von 1998), vorsehen.

14      Was zunächst die Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nach Maßgabe der Schwere der Zuwiderhandlung anbelangt, stufte die Kommission diese aufgrund ihrer Art und ihrer räumlichen Reichweite als besonders schwerwiegend ein (755. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

15      Da die Kommission ferner davon ausging, dass zwischen den betroffenen Unternehmen erhebliche Unterschiede bestünden, wandte sie eine differenzierte Behandlung an und stellte insoweit auf deren – anhand ihrer Marktanteile bestimmte – relative Bedeutung auf dem betroffenen Markt ab. Auf dieser Grundlage teilte sie die betroffenen Unternehmen in sechs Gruppen ein (758. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

16      Die Klägerin wurde in die vierte Gruppe eingeordnet, für die der Ausgangsbetrag mit 14,25 Millionen Euro festgesetzt wurde (765. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

17      Aufgrund der Dauer der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung (13 Jahre und zwei Monate) erhöhte die Kommission die Geldbuße um 130 % (775. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), was zur Folge hatte, dass der Grundbetrag der Geldbuße mit 32,7 Millionen Euro festgesetzt wurde (777. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

18      Sodann wurde die Fortsetzung der Beteiligung an der Zuwiderhandlung nach den Nachprüfungen der Kommission als erschwerender Umstand angesehen, der eine Erhöhung des gegen die Klägerin festgesetzten Grundbetrags der Geldbuße um 60 % rechtfertige (785. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

19      In Anwendung der nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 für Geldbußen geltenden Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes setzte die Kommission die der Klägerin auferlegte Geldbuße auf 18,56 Millionen Euro herab.

 Verfahren und Anträge der Parteien

20      Mit Klageschrift, die am 14. Dezember 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

21      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Achte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und der Klägerin und der Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts schriftlich Fragen gestellt, die sie am 19. November 2009 und am 26. November 2009 beantwortet haben.

22      Die Parteien haben in der Sitzung am 4. Februar 2010 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

23      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission die Klägerin für andere Zeiträume als denjenigen von Dezember 1997 bis März 2001 verurteilt hat;

–        Art. 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung durch Herabsetzung der gegen die Klägerin festgesetzten Geldbuße abzuändern;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

24      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

25      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf eine Frage des Gerichts mitgeteilt, dass sie ihre Beteiligung an dem Kartell für die Jahre 1995 bis 1997 nicht in Abrede stelle.

 Rechtliche Würdigung

26      Die Klägerin macht zwei Arten von Klagegründen geltend, zum einen solche hinsichtlich der Dauer ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung und zum anderen solche hinsichtlich der Bemessung der Geldbuße.

 Zur Dauer der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung

 Vorbringen der Parteien

27      Die Klägerin bestreitet ihre Beteiligung an dem Kartell für die Zeit nach den Untersuchungen der Kommission vor Ort im März 2001. Außerdem sei die angebliche Zuwiderhandlung in der Zeit von September 1992 bis Dezember 1994 (also während eines Zeitraums von 27 Monaten) unterbrochen gewesen, so dass der vor Dezember 1994 liegende Sachverhalt verjährt sei.

–       Zur Zeit nach März 2001

28      Unter Hinweis auf die Rechtsprechung zur Beweislastverteilung und zum Beweismaßstab macht die Klägerin geltend, die Kommission habe sich im Hinblick auf die angebliche Fortsetzung der Zuwiderhandlung nach den bei bestimmten Wettbewerbern im März 2001 vorgenommenen Nachprüfungen widersprochen. Sie verweist hierzu auf den 590. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, in dem die Kommission festgestellt habe, dass das Kartell nach März 2001 (und mindestens bis Juni 2003) einen „Zeitraum [durchlaufen habe], in dem … eine geringere Intensität und eingeschränkte Kontakte … zu verzeichnen [gewesen seien]“, während sie im 600. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung behaupte, dass bis April 2004 „die Teilnehmer kein neues System oder keine neue Form der Koordinierung entwickeln mussten“, in der angefochtenen Entscheidung dabei aber für die Zeit nach April 2001 die European Fittings Manufacturers Association (EFMA, Vereinigung der europäischen Fittinghersteller), die den „Dreh- und Angelpunkt“ darstelle, um den die von der Kommission beanstandeten wettbewerbswidrigen Praktiken organisiert worden seien, nicht mehr erwähnt werde.

29      Sämtliche Kontakte, die zwischen den fraglichen Wettbewerbern in dieser Zeit stattgefunden hätten – mit Ausnahme der Kontakte anlässlich der Treffen des Logistikausschusses der Fédération française des négociants en appareils sanitaires, chauffage, climatisation et canalisations (Französischer Verband der Großhändler im Sanitär-, Installations- und Warmluftheizungsbereich, FNAS), bei denen es sich um völlig legitime und sporadische Ereignisse gehandelt habe und die sich auf andere geografische Zonen als die Zone bezogen hätten, die Gegenstand der europaweiten Absprachen in dem vorangegangenen Zeitraum gewesen sei –, hätten sich auf bilateraler Ebene abgespielt. Außerdem hätten an diesen Kontakten andere Personen als in dem vorangegangenen Zeitraum mitgewirkt; vor allem aber sei das Bestehen dieser Kontakte nur auf die von FRA.BO beigebrachten angeblichen Beweise und auf die offiziellen Protokolle der von der FNAS durchgeführten und geleiteten Treffen gestützt worden.

30      In der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission nämlich zwischen drei Sachverhaltskomplexen unterschieden, die sich zeitlich nicht lückenlos aneinander angeschlossen hätten: den bilateralen Kontakten mit FRA.BO, dem Vorkommnis auf der Messe in Essen (Deutschland) und den Treffen des FNAS‑Logistikausschusses.

31      Zu den bilateralen Kontakten mit FRA.BO macht die Klägerin zunächst geltend, dass die im Antrag von FRA.BO auf Anwendung der Kronzeugenregelung enthaltenen Behauptungen nicht begründet seien. Sie seien ungenau, nicht belegt und/oder im Hinblick auf die tatsächliche Lage, wie sie sich nach Aussage der Klägerin und den in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgelegten Unterlagen sowie ihrer Stellungnahme vom 20. Februar und vom 15. März 2006 darstelle, nicht glaubhaft.

32      Die Klägerin trägt ferner vor, erstens seien diese bilateralen Kontakte aus betrieblichen und geschäftlichen Erwägungen legitim. Sie verweist dazu auf die gegenseitigen Lieferungen, die solche Kontakte gerechtfertigt hätten, und auf die entsprechenden genauen Umsatzzahlen für die Zeit von 2001 bis 2005, die sie in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführt habe.

33      Zweitens habe es auch Kontakte mit FRA.BO über eine mögliche betriebliche Zusammenarbeit gegeben, da FRA.BO den Wunsch geäußert habe, einen Teil ihres Überschusses im Bereich der Kupferfittings und Gaskästen aus ihrer Fabrik Meteor, die in der Gegend von Lyon (Frankreich) liege, zu verkaufen; dies habe zu mehreren telefonischen wie auch unmittelbaren Kontakten geführt.

34      Drittens habe es ebenfalls wiederholt Kontakte im Zusammenhang mit dem Wunsch von FRA.BO gegeben, einen neuen Fittingtyp auf den europäischen Markt zu bringen, das „kombinierte Wasser-Gas-Fitting“. Obwohl dieser neue Fittingtyp in Italien bereits genehmigt sei, habe es das Europäische Komitee für Normung (CEN) aus Sicherheitsgründen abgelehnt, seine Zustimmung zur Ausweitung der Genehmigung „auf ganz Europa“ zu geben. Aus diesem Grund habe FRA.BO Kontakt mit ihren Wettbewerbern aufgenommen und versucht, eine gemeinsame Akte zugunsten dieses Fittingtyps zusammenzustellen und in Brüssel (Belgien) Lobbyarbeit zu leisten. Zwar habe sie mit diesem Vorhaben keinen Erfolg gehabt, es sei aber zu Kontakten gekommen. Die Kontakte vom 4. und 5. Juni 2003 zwischen Frau P. (FRA.BO) und Herrn Le. (Mitglied der Belegschaft der Klägerin) seien in diesem Zusammenhang zu sehen.

35      Schließlich sei das Vorbringen von FRA.BO, wie es von der Kommission wiedergegeben worden sei, nicht belegt. Die Klägerin widerspricht hierzu erstens der Behauptung von FRA.BO, diese habe sie anlässlich eines Telefongesprächs am 5. Februar 2004 zwischen Herrn Le. und Frau P. im Voraus von ihren Preisbeschlüssen für 2004 bezüglich Frankreichs und Spaniens sowie hinsichtlich ihrer griechischen Tochtergesellschaft unterrichtet. Die Ankündigung der Preiserhöhung durch ihre griechische Tochtergesellschaft sei am 12. Januar 2004 erfolgt, so dass sie bei diesem Telefongespräch bereits bekannt gewesen sei. In Frankreich habe die Preiserhöhung für Kupferfittings 2004 14 % und nicht, wie von FRA.BO behauptet, 8 % betragen. Im Übrigen habe FRA.BO entgegen ihrer Behauptung, sie beabsichtige, in Bezug auf Spanien keine Preiserhöhungen anzukündigen, 2004 eine Erhöhung von 2,5 % vorgenommen.

36      Zweitens habe sich die Kommission im 514. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung mit dem Hinweis auf „Treffen bei Industriemessen und an Flughäfen“ vage Erklärungsversuche von FRA.BO zu eigen gemacht. Die Klägerin rügt, dass FRA.BO kein genaues Beispiel für einen wettbewerbswidrigen Austausch nenne. Die einzige Begegnung zwischen Vertretern von FRA.BO und der Klägerin habe anlässlich einer Messe im April 2003 in Padua (Italien) stattgefunden, bei der nur ganz allgemein die Lage auf dem italienischen Markt angeschnitten worden sei. Die Kommission könne den Erklärungen von FRA.BO mangels eines Belegs und angesichts ihres äußerst vagen Charakters nicht als Beweis zu ihren Lasten anerkennen und verwenden.

37      Zur Messe in Essen führt die Klägerin aus, um die Kontinuität der Zuwiderhandlung nach 2001 und deren räumliche Reichweite darzutun, berufe sich die Kommission im Zusammenhang mit zufälligen Treffen auch auf eine Begegnung, die am 18. März 2004 zwischen Herrn K. (einem Mitglied der Belegschaft der Klägerin) und Herrn H. (IBP) anlässlich dieser Messe stattgefunden habe. Es habe sich jedoch um ein Treffen ohne wettbewerbswidrigen Charakter gehandelt, das nicht mit den Ereignissen vor März 2001 in Verbindung gebracht werden könne, und die Klägerin sei sich zum Zeitpunkt dieses Treffens ihrer wettbewerbsrechtlichen Verantwortung deutlich bewusst gewesen.

38      Nach Aussage von IBP habe Herr K. Herrn H. gebeten, ihn über die Entwicklung der Preispolitik von IBP in Deutschland zu unterrichten. Dieses Gespräch stehe jedoch im Zusammenhang mit der von ihr durchgeführten Überwachung des Wettbewerbs, denn sie habe über ihre Kunden von der nächsten Preiserhöhung von IBP erfahren. Außerdem habe Herr H. nur eine sehr vage Antwort ohne irgendwelche Angaben über den Prozentsatz der Erhöhung oder den Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe gegeben, obwohl sie unmittelbar bevorgestanden habe. Die neue Preisliste von IBP sei kaum mehr als zehn Tage nach diesem Gespräch veröffentlicht worden. Es habe darüber hinaus keinen bilateralen Austausch zwischen Herrn H. und Herrn K. gegeben. Die Erklärung von IBP weise keineswegs darauf hin, dass Herr K. Herrn H. irgendwelche Informationen geliefert habe.

39      Dieses Treffen anlässlich der Messe in Essen stelle einen bilateralen und zufälligen Kontakt dar, der nicht wettbewerbswidriger Natur gewesen sei. Da das Bestehen verschiedener bilateraler Kontakte in einem insgesamt wettbewerbskonformen Rahmen nicht ausreiche, um die Kontinuität eines Kartells rechtlich hinreichend zu belegen, hätte die Kommission die zufällige Begegnung in Essen aus ihren Unterlagen entfernen müssen. Es gebe jedenfalls weder ein Anzeichen für eine geplante Abstimmung zwischen der Klägerin und IBP über deren jeweiliges Marktverhalten noch eine Willensübereinstimmung in Bezug auf ein bestimmtes Verhalten auf dem deutschen Markt im März 2004. Ganz abgesehen davon, dass die Erklärungen eines Unternehmens im Rahmen seines Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung nur einen Beweis mit geringer Beweiskraft darstellten, lasse sich den Unterlagen der Kommission nicht der geringste Beweis für einen Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften auf dem deutschen Markt im März 2004 entnehmen.

40      Ferner weise das in der Erklärung von IBP erwähnte Gespräch keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem von der Kommission beanstandeten Kartell auf. Nach den Nachprüfungen der Kommission vor Ort im März 2001 habe kein wettbewerbswidriger Austausch stattgefunden. Es sei daher weit hergeholt, einen „Zusammenhang zwischen dem Kern der [angefochtenen] Entscheidung und einer kurzen Begegnung auf den Gängen einer Messe darzutun“. Diese Begegnung stehe im Übrigen in keinem Zusammenhang mit der EFMA und der Preisstruktur in Europa und habe zwischen zwei Personen stattgefunden, von denen nicht behauptet werde, sie hätten an den früheren umstrittenen Praktiken teilgenommen. Im Übrigen habe sie mehr als drei Jahre nach der Einstellung dieser Praktiken aufgrund der Untersuchungen der Kommission stattgefunden. Die Kommission habe rechtsirrig diese im Grunde unbedeutende Begebenheit als Beweis für die Kontinuität mit der früheren Zuwiderhandlung ausgegeben.

41      Im Übrigen habe der Vorstandsvorsitzende der Klägerin, Herr B., am 16. März 2004 ein Schreiben an die FNAS geschickt, um sich von den „sprachlichen Entgleisungen“ in der Sitzung vom 20. Januar 2004 und der Telefonkonferenz vom 16. Februar 2004 des FNAS‑Logistikausschusses zu distanzieren. Dies zeige, dass die Klägerin nicht die Absicht gehabt habe, an einem wettbewerbswidrigen Austausch teilzunehmen.

42      Zum FNAS‑Logistikausschuss wirft die Klägerin der Kommission vor, Rechtsfehler, Sachverhaltsfehler und Beurteilungsfehler begangen zu haben, indem sie davon ausgegangen sei, dass die in den Erwägungsgründen 522 bis 526 erwähnten Treffen des FNAS-Logistikausschusses einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt hätten, so dass sie mit den Ereignissen vor den Nachprüfungen der Kommission vor Ort im März 2001 in Verbindung gebracht werden könnten. Die bei diesen Treffen angesprochenen Themen seien vom Kontext eines angeblich im Rahmen der Zusammenkünfte der EFMA organisierten „gesamteuropäischen Kartells“, das den Kern der angefochtenen Entscheidung darstelle, sehr weit entfernt gewesen. Hilfsweise weist die Klägerin darauf hin, dass die angefochtene Entscheidung mit einem Begründungswiderspruch behaftet sei, sofern die Kommission darin die Haftung der FNAS und ihrer Mitglieder (der Großhändler), von denen einige dem Logistikausschuss angehört hätten, ausschließe, aber an der Haftung der Klägerin festhalte. Die FNAS habe die Treffen ausgerichtet und die Protokolle dazu erstellt. Da die FNAS als Forum für die Teilnehmer des angeblichen Kartells nicht verurteilt worden sei, gebe es keinen hinreichenden Beweis für die ihr vorgeworfene Zuwiderhandlung.

43      Im Anschluss an Erläuterungen zum Zweck und zur Organisation der FNAS führt die Klägerin zunächst näher aus, anders als die Ereignisse vor den Nachprüfungen im März 2001 seien die Sitzungen des FNAS‑Logistikausschusses völlig transparent verlaufen, was also nicht mit der Feststellung der Kommission im 548. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung übereinstimme, nach der Kartellaktivitäten wie die vorliegende normalerweise heimlich ausgeübt würden, die Zusammenkünfte geheim stattfänden und entsprechende Unterlagen auf ein Minimum beschränkt würden.

44      Die Klägerin bestreitet sodann das Vorbringen der Kommission, die Treffen des FNAS‑Logistikausschusses hätten eine europaweite Reichweite gehabt. In keinem der entsprechenden Sitzungsprotokolle sei festgestellt worden, dass es in diesen Sitzungen um etwas anderes hätte gehen können als um die Frage der Verpackung der Kupferfittings in Frankreich. Wenn Parallelen zur Lage in anderen Ländern gezogen worden seien, so nur, um als Beispiel zu dienen, nicht aber, um die Verpackung der Fittings in diesen anderen Ländern zu ändern.

45      Was die fraglichen Treffen betreffe, gehe aus dem Sitzungsprotokoll der ersten Sitzung des FNAS‑Logistikausschusses vom 25. Juni 2003 hervor, dass sowohl die Großhändler als auch die Hersteller ihre Besorgnis über die Schrumpfung des Marktes geäußert und die Großhändler die Hersteller gebeten hätten, ihre Verpackungen anzupassen, damit sie besser mit den anderen Verteilungsnetzen, wie dem Versandhandel, konkurrieren könnten. Die Hersteller seien insofern um die Auswirkungen auf die Herstellungskosten besorgt gewesen, die diese neue Verpackungsart mit sich bringe. Die entsprechenden Erörterungen hätten auf keinen Fall den Wettbewerb behindert.

46      Dasselbe gelte für die zweite Sitzung, die am 15. Oktober 2003 stattgefunden habe.

47      Gegenstand der Sitzung vom 3. November 2003 seien im Wesentlichen die Verhandlungen zwischen den Großhändlern und den französischen Herstellern über die Liste der Erzeugnisse gewesen, deren Verpackung geändert werden müsse. Entgegen dem Vorbringen der Oystertec plc, das sich die Kommission zu eigen gemacht habe, sei es den Herstellern in keinem Fall darum gegangen, eine gemeinsame Festsetzung der Preise für Kupferfittings auf dem Gebiet der Europäischen Union vorzunehmen.

48      Was die Sitzung vom 20. Januar 2004 und die Telefonkonferenz vom 16. Februar 2004 anbelangt, weist die Klägerin auf ihre entschiedene Haltung gegenüber den beiden „Entgleisungen“ von Herrn La. (Vertreter der Klägerin im FNAS‑Logistikausschuss) hin, der ersten bei der Sitzung vom 20. Januar 2004, als er von „Mehrkosten von 13 % (anstelle der ursprünglich vorgesehenen 10 %)“ gesprochen habe, und der zweiten im Protokoll der Telefonkonferenz vom 16. Februar 2004, die sich auf die Geltendmachung einer Erhöhung der Herstellerpreise im April 2004 um 5 % bezogen habe. Sie habe sich von dieser Art Gedankenaustausch distanziert, zunächst bei der Begegnung mit dem Vorsitzenden der FNAS am 3. März 2004, dann mittels eines an die FNAS gerichteten Schreibens. Dieses Schreiben sei nach ständiger Rechtsprechung eine öffentliche Distanzierung. Im Übrigen sei der Wortlaut dieses Schreibens, entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht vage, und es sei sofort an alle Mitglieder der FNAS verteilt worden.

49      In der Erwiderung stellt die Klägerin bestimmte Daten in der von der Kommission im Zusammenhang mit ihrer Verteidigung erstellten chronologischen Tabelle in Frage, die sie nicht beträfen und folglich zu entfernen seien.

–       Zur Zeit zwischen 1992 und 1994

50      Die Klägerin macht geltend, zumindest für die Zeit vom 10. September 1992 bis 13. Dezember 1994, also für einen Zeitraum von 27 Monaten, gebe es keinen Nachweis für sie betreffende wettbewerbswidrige Handlungen. Diese Unterbrechung von 27 Monaten hätte daher rechtlich die Verjährung nach sich gezogen.

51      Was die Fernkopie vom 14. Juni 1993 betreffend die Preisliste der Klägerin für Zeit ab 1. Juli 1993 anbelange, auf die im 218. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werde, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass IMI diese Liste vor deren Verteilung an ihre Kunden erhalten habe. Die Liste sei zum einen schon vor diesem Zeitpunkt gedruckt und zum anderen vor ihrem Inkrafttreten auch unter den Kunden verteilt worden.

52      Außerdem hätten in dieser Zeit vier Treffen der EFMA stattgefunden, ohne dass die Kommission geltend mache, dass anlässlich der offiziellen Treffen wettbewerbswidrige Zusammenkünfte oder Treffen der sogenannten „Super EFMA“ stattgefunden hätten.

53      Im Übrigen gehe aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Klägerin während des fraglichen Zeitraums als selbständige Wettbewerberin auf dem Markt tätig gewesen sei, ohne in irgendeiner Weise die Ergebnisse einer Absprache mit Konkurrenten zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die Randnrn. 71 bis 77 des Urteils des Gerichts vom 14. Oktober 2004, Bayerische Hypo- und Vereinsbank/Kommission (T‑56/02, Slg. 2004, II‑3495), macht die Klägerin geltend, dass die Feststellung, die in jener Rechtssache getroffen worden sei, für den fraglichen Zeitraum auf die vorliegende Rechtssache übertragbar sei. Insofern ergebe sich ihr wettbewerbskonformes und autonomes Verhalten aus der Fernkopie der Mueller Industries an die Viega GmbH & Co. KG vom 12. Mai 1992, auf die die Kommission im 217. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung Bezug nehme, der Notiz von Herrn P. (IMI Italia), die im 221. Erwägungsgrund dieser Entscheidung erwähnt werde, und der Fernkopie des griechischen Händlers von IMI vom 6. September 1994, die im 229. Erwägungsgrund der Entscheidung erwähnt werde.

54      Da kein wettbewerbswidriges Verhalten der Klägerin in der Zeit vom 10. September 1992 bis 13. Dezember 1994 geltend gemacht werden könne, wirft die Klägerin der Kommission vor, die für die Unterbrechung einer Zuwiderhandlung und die Verjährung geltenden Regeln nicht beachtet zu haben. Sie verweist hierzu auf die Rechtsprechung, nach der die Kommission, um die Fortdauer der vorgeworfenen Zuwiderhandlung festzustellen, „Beweismaterialien [beibringen müsse], die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich [hinreichend] nahe beieinanderliegen“. Eine Zeitspanne von 27 Monaten zwischen zwei Treffen, an denen sie teilgenommen habe, könne nicht als „zeitlich nahe beieinanderliegend“ im Sinne des Urteils des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission (T‑43/92, Slg. 1994, II‑441), angesehen werden. Aufgrund der Unterbrechung der behaupteten Zuwiderhandlung hätte die Kommission zumindest feststellen müssen, dass im Anschluss an den ersten von Mueller Industries am 9. Januar 2001 eingereichten Antrag auf Kronzeugenbehandlung zwischen dem Ende des erstens Zeitraums, dem 10. September 1992, und dem Beginn der Untersuchung der Kommission im Jahr 2001 ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren verstrichen sei.

55      Die Kommission beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

56      Einleitend ist in Bezug auf die Beweisführung für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG darauf hinzuweisen, dass es der Kommission obliegt, genaue und übereinstimmende Beweise beizubringen, die die feste Überzeugung begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung begangen worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 1984, CRAM und Rheinzink/Kommission, 29/83 und 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 20). Hat das Gericht Zweifel, muss dies dem Unternehmen zugutekommen, an das sich die Entscheidung richtet, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird. Das Gericht kann daher nicht davon ausgehen, dass die Kommission das Vorliegen der betreffenden Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn bei ihm noch Zweifel in dieser Hinsicht bestehen; dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung zur Verhängung einer Geldbuße handelt (Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 215).

57      Nach ständiger Rechtsprechung muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei einer Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 180 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Ferner ist es üblich, dass die Tätigkeiten, mit denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen verbunden sind, im Geheimen ablaufen, die Zusammenkünfte heimlich stattfinden und die Unterlagen darüber auf ein Minimum beschränkt werden. Selbst wenn die Kommission Schriftstücke, wie z. B. Sitzungsprotokolle, findet, die eine unzulässige Kontaktaufnahme zwischen Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen, handelt es sich folglich normalerweise nur um lückenhafte und vereinzelte Belege, so dass es häufig erforderlich ist, bestimmte Einzelheiten durch Schlussfolgerungen zu rekonstruieren. In den meisten Fällen muss daher das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnrn. 55 bis 57, und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 51).

59      Eine bedeutende Rolle spielen hierbei die Erklärungen, die im Rahmen der Kronzeugenpolitik abgegeben werden. Diese Erklärungen im Namen der Unternehmen haben eine nicht unerhebliche Beweiskraft, da sie mit beträchtlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken verbunden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnrn. 205 und 211, und Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission, oben in Randnr. 58 angeführt, Randnr. 103). Jedoch kann eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einer Absprache beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen beschuldigten Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweismittel untermauert wird (vgl. Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 219 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Auch hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung ist die Kommission beweispflichtig, da die Dauer ein Tatbestandsmerkmal der Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG ist. Es gelten die vorstehend genannten Grundsätze (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnrn. 94 bis 96). Soweit es an Beweismaterial fehlt, mit dem die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, muss die Kommission nach der Rechtsprechung im Übrigen zumindest Beweismaterial beibringen, das sich auf Fakten bezieht, die zeitlich so nahe beieinanderliegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung begangen worden ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

–       Zur Zeit nach März 2001

61      Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass sie vor den Nachprüfungen der Kommission im März 2001 an dem Kartell teilgenommen hat.

62      Auch bestreitet die Klägerin die ihr von der Kommission vorgeworfenen Ereignisse – die Teilnahme an den Zusammenkünften der FNAS, die Kontakte zwischen der Klägerin und FRA.BO sowie die Begegnung auf der Messe in Essen – als solche nicht. Sie bestreitet jedoch den wettbewerbswidrigen Charakter dieser Ereignisse und stellt in Abrede, dass diese Teil einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung in der Zeit vor März 2001 seien.

63      Die Klägerin zieht schließlich die Verlässlichkeit der Erklärungen von FRA.BO in Zweifel.

64      Es ist folglich zu bestimmen, ob die nach den Nachprüfungen der Kommission im März 2001 festgestellten Verhaltensweisen als wettbewerbswidrige Kontakte eingestuft werden müssen und ob sie den Schluss auf eine Fortsetzung derselben Zuwiderhandlung zulassen.

65      Was erstens die bilateralen Kontakte betrifft, ergibt sich aus der Erklärung von FRA.BO im Rahmen ihres Antrags auf Kronzeugenbehandlung und verschiedenen im Verwaltungsverfahren beigebrachten schriftlichen Belegen, dass der Austausch vertraulicher Informationen zwischen den Wettbewerbern nach den Untersuchungen der Kommission fortgesetzt worden ist.

66      Die gegen die Klägerin verwendeten Beweismittel bestehen in Telefonaufzeichnungen von FRA.BO und einigen handschriftlichen Eintragungen im Notizbuch von Frau P. (FRA.BO).

67      Mit ihrem Vorbringen, es habe sich um zulässige Kontakte gehandelt, die insbesondere gegenseitige Lieferungen, ein Projekt zur industriellen Zusammenarbeit und eine von FRA.BO gewünschte gemeinsame Strategie gegenüber dem CEN in Bezug auf die Vereinheitlichung eines Fittingtyps betroffen hätten, stellt die Klägerin nicht in Frage, dass ein Austausch vertraulicher Informationen, Preisabsprachen und Preiserhöhungen stattgefunden hat. Im Übrigen gibt es für dieses Vorbringen keinen Beweis, wie etwa Rechnungen oder Bestellungen für den fraglichen Zeitraum. Abgesehen davon, dass die Klägerin zum ersten Mal in der Gegenerwiderung, also zu spät, Rechnungen für gegenseitige Lieferungen vorgelegt hat, beziehen sich diese Unterlagen auch nur auf die Zeit nach 2004.

68      Zudem hat sich die Kommission nicht nur auf die Erklärungen von FRA.BO gestützt. Aus den handschriftlichen Eintragungen von Frau P. (FRA.BO) ergibt sich nämlich, dass die Klägerin und FRA.BO in der Unterredung vom 5. Juni 2003 die von IBP in Frankreich praktizierten Preise erörtert haben, was keinerlei Zusammenhang mit der Frage der Vereinheitlichung eines neuen Fittingtyps aufweist. Weiterhin ergibt sich aus den handschriftlichen Eintragungen im Notizbuch von Frau P. zu einem Telefongespräch vom 5. Februar 2004, dass die Vorausberechnungen von Preiserhöhungen in Frankreich und Griechenland zur Sprache gekommen sind. Im Übrigen ändert entgegen den Behauptungen der Klägerin der Umstand, dass die tatsächlichen Erhöhungen möglicherweise nicht den im Notizbuch von Frau P. erwähnten Erhöhungen entsprachen, nichts daran, dass die beiden Unternehmen Informationen über ihre Preise ausgetauscht haben.

69      Was zweitens die Begegnung zwischen Herrn H. (IBP) und dem Vertreter der Klägerin auf der Messe in Essen am 18. März 2004 betrifft, ergibt sich aus der Erklärung von Herrn H., dass er eine Frage zu den Preisen beantwortet und IBP eine Preiserhöhung für Ende März 2004 vorhergesehen hat. Da die Klägerin nicht bewiesen hat, dass diese Information bereits öffentlich bekannt gewesen war, und das offizielle Schreiben von IBP zu dieser Erhöhung erst am 30. März 2004 übermittelt worden ist, handelte es sich um einen Kontakt, der – ob einmalig oder nicht – im Zusammenhang mit der Preispolitik auf dem deutschen Markt stand.

70      Im Übrigen ist das Argument, dieser Austausch sei mangels Gegenseitigkeit oder deshalb, weil die Klägerin selbst bereits eine Preiserhöhung beschlossen habe, nicht wettbewerbswidrig, nicht erheblich. Die Rechtsprechung verlangt nicht, dass ein Informationsaustausch gegenseitig sein muss, um gegen den Grundsatz des autonomen Marktverhaltens zu verstoßen. Der Rechtsprechung zufolge beseitigt vielmehr die Offenlegung sensibler Informationen die Ungewissheit hinsichtlich des künftigen Verhaltens eines Wettbewerbers und beeinflusst damit unmittelbar oder mittelbar die Strategie des Adressaten der Informationen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, Slg. 2006, I‑11125, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Was drittens die Beteiligung der Klägerin an den Zusammenkünften der FNAS betrifft, ist den Sitzungsprotokollen zu entnehmen, dass bei den Sitzungen des FNAS‑Logistikausschusses preisbezogene Fragen, wie z. B. Fragen zu den Vertriebsspannen und den Erhöhungen der Fittingpreise, erörtert worden sind.

72      Hierzu ist festzustellen, dass das Protokoll vom 25. Juni 2003 auf die Wettbewerbserklärung Bezug nimmt, der zufolge „zumindest gewährleistet werden soll, dass sich die Preise stabilisieren“. Aus dem Protokoll vom 15. Oktober 2003 geht hervor, dass die Aquatis France SAS, IBP und die Klägerin den anderen Herstellern Informationen über die Aufteilung ihrer Verkäufe zwischen bestimmten Produktkategorien sowie über ihre Margen zur Verfügung gestellt haben. Bei dem Treffen vom 3. November 2003 fand ein Informationsaustausch über künftige Preiserhöhungen statt. Aus dem Protokoll vom 20. Januar 2004 ergibt sich auch, dass Herr La. nach einem Gedankenaustausch vorgeschlagen hat, dass „die Hersteller ihre Kunden über eine mögliche Erhöhung von 6 % unterrichten, die mit der Erhöhung der Materialkosten zusammenhängt, um die Reaktion des Marktes zu testen und gleichzeitig die Verpackungskosten zu bereinigen“. Dem Protokoll zufolge „sollte diese Preiserhöhung die gesamte Produktpalette erfassen und der Einheitspreis der neuen Verpackungen daher um 5,3 % oder 5,4 % erhöht werden“. Im Anschluss an diese Zusammenkunft fand schließlich am 16. Februar 2004 eine Telefonkonferenz statt, in der jeder Hersteller zu der vorgesehenen Preiserhöhung Stellung nahm.

73      Auch wenn die Gespräche mit den Lieferanten über ihren Wunsch nach einer Anpassung der Verpackung wettbewerbsrechtlich keine Folgen hatten und ein solches Anliegen zusätzliche Herstellungskosten verursachte, ist eine Absprache über den Prozentsatz, der sich auf die von den Lieferanten zu übernehmenden Kosten oder auf den von den Herstellern zu tragenden Kostenanteil niederschlägt, als solche jedoch nicht ohne Folgen für den Markt. Es handelt sich hierbei um eine Frage, die ein Unternehmen autonom regeln muss. Dasselbe gilt für die Vertriebsspannen und die Erhöhungen der Fittingpreise.

74      Zur räumlichen Reichweite der im Rahmen der Zusammenkünfte der FNAS geführten Gespräche ist entgegen den Erwägungen der Kommission in den Erwägungsgründen 575 und 584 der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass sie sich nur auf den französischen Markt bezogen haben. Aus den Protokollen dieser Zusammenkünfte geht nämlich nicht hervor, dass diese sich auch „auf Spanien, Italien, das Vereinigte Königreich, Deutschland und den europäischen Markt im Allgemeinen“ bezogen haben. Daher ist festzustellen, dass das Zusammenwirken im Rahmen der Zusammenkünfte der FNAS keine gesamteuropäische Reichweite hatte. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Treffen der FNAS, wie die Kommission bemerkt, zwischen den Vertretern europäisch auftretender Unternehmen stattgefunden haben.

75      Zu dem Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin vom 16. März 2004 an den Präsidenten der FNAS, das die Klägerin als eine offene Distanzierung von den Zuwiderhandlungen im Rahmen des Treffens des FNAS‑Logistikausschusses vom 20. Januar 2004 und der anschließenden Telefonkonferenz vom 16. Februar 2004, an denen u. a. Herr La. teilgenommen hat, versteht, ist festzustellen, dass der Begriff der offenen Distanzierung als Verantwortlichkeitsentlastungselement restriktiv auszulegen ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2006, Westfalen Gassen Nederland/Kommission, T‑303/02, Slg. 2006, II‑4567, Randnr. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Mitteilung, deren Zweck die offene Distanzierung von einer wettbewerbswidrigen Praktik ist, entschieden und klar bekundet werden muss, so dass die übrigen Kartellteilnehmer die Absicht des fraglichen Unternehmens genau verstehen (Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnr. 120).

77      Im vorliegenden Fall ist die vom Vorstandsvorsitzenden in seinem Schreiben an den Präsidenten der FNAS verwendete Formulierung zu allgemein, um daraus auf eine offene Distanzierung zu schließen. In diesem Schreiben ist nur von Bedenken hinsichtlich möglicher Gespräche über die Preise zwischen den Beteiligten, von einem Verweis auf die interne Politik der Klägerin auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts und in diesem Rahmen von dem an den Vorsitzenden der FNAS gerichteten Ersuchen die Rede, Maßnahmen zur Vermeidung einer solchen wettbewerbswidrigen Praxis zu ergreifen, ohne überhaupt anzugeben, dass sie tatsächlich stattgefunden hatte und dass dieses Schreiben im Zusammenhang mit der Tatsache stand, dass sein Vertreter Preisabsprachen eingeleitet hatte.

78      Im Übrigen war dieses Schreiben erstens nur an den Präsidenten der FNAS gerichtet, und die Klägerin hat keine „gleichlautende Abschrift“ dieses Schreibens an die übrigen Beteiligten geschickt.

79      Zweitens enthält dieses Schreiben auch kein entsprechendes Ersuchen an die FNAS. Daher ist für den Schluss auf eine Distanzierung der Klägerin von dem Kartell unerheblich, dass das Schreiben am 7. April 2004 auf Initiative der FNAS zusammen mit der entsprechenden Antwort des Präsidenten der FNAS vom 31. März 2004, in der auf das Ziel der im Rahmen des FNAS‑Logistikausschusses eingerichteten Arbeitsgruppe hingewiesen wurde, an die Mitglieder des FNAS‑Logistikausschusses verteilt wurde.

80      Selbst unterstellt, das Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Klägerin an den Präsidenten der FNAS könne als offene Distanzierung betrachtet werden, ist, wie die Kommission zu Recht vorgetragen hat, schließlich darauf hinzuweisen, dass es erst am Ende des Zeitraums eingetroffen ist, für den die Zuwiderhandlung festgestellt worden ist, und dass es daher nicht die Feststellungen der Kommission hinsichtlich der Beteiligung der Klägerin an dem Kartell vor dem 16. Februar 2004, dem Zeitpunkt der letzten Sitzung, in Frage stellen kann.

81      In diesem Stadium ist daher zu schließen, dass die beanstandeten Verhaltensweisen aus der Zeit nach den Nachprüfungen der Kommission im März 2001 wettbewerbswidrig waren. Sie sind auch rechtlich hinreichend belegt.

82      Was die Frage der Fortsetzung der vor März 2001 festgestellten Zuwiderhandlung angeht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Zuwiderhandlung darin bestand, über mehrere Jahre hinweg regelmäßige multi- und bilaterale Kontakte konkurrierender Hersteller mit dem Ziel herzustellen, unzulässige Praktiken zur künstlichen Regulierung des Fittingmarkts, u. a. über das Preisniveau, festzulegen.

83      Diese Kontakte wurden anlässlich von Treffen hergestellt, die im Rahmen von Berufsverbänden − genauer, im Rahmen der EFMA (während der Treffen der sogenannten „Super EFMA“) − Handelsmessen, Ad-hoc-Zusammenkünften und eines bilateralen Gedankenaustauschs ausgerichtet worden sind. Im Allgemeinen wurden die Initiativen zur Erörterung einer Preiserhöhung auf europäischer Ebene ergriffen und das Ergebnis auf nationaler Ebene umgesetzt, wobei es in jedem Land für die Hersteller einen eigenen Prozess der Preiskoordinierung und lokale Vereinbarungen gab, die die auf europäischer Ebene getroffenen Vereinbarungen ergänzten.

84      Die nach März 2001 beanstandeten Verhaltensweisen haben auch in Kontakten im Rahmen von Berufsverbänden (Treffen der FNAS), in bilateralen Kontakten bezüglich der Wettbewerbsparameter und in anlässlich von Handelsmessen (Messe in Essen) hergestellten Kontakten bestanden.

85      Da sich der Zweck der wettbewerbswidrigen Praktiken, d. h. die Preisabsprachen, nicht geändert hat, ist es für die Frage, ob das fragliche Kartell fortgesetzt worden ist, unerheblich, dass sich bestimmte Merkmale oder die Intensität dieser Praktiken geändert haben. Es ist vielmehr plausibel, dass das Kartell nach den Nachprüfungen der Kommission eine weniger strukturierte Form und eine Tätigkeit von unterschiedlicher Intensität aufgewiesen hat. Aus dem Umstand, dass es in einem Kartell Zeiträume mit unterschiedlich intensiven Aktivitäten geben kann, folgt jedoch nicht, dass in diesem Fall geschlossen werden kann, dass es beendet worden ist.

86      Auch wenn die Zahl der Kartellteilnehmer nach den Nachprüfungen vom März 2001 von neun auf vier gesunken ist, waren, wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die Hauptteilnehmer des Kartells vor diesen Nachprüfungen (nämlich die Klägerin, IBP und die ehemaligen Tochtergesellschaften von IMI) immer noch an dem Kartell beteiligt. Ferner waren einige der Personen, die schon vor März 2001 an dem Kartell beteiligt waren, auch an den nach diesem Zeitpunkt beanstandeten Verhaltensweisen beteiligt.

87      Was die räumliche Reichweite der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung angeht, haben sich die Zusammenkünfte der FNAS zwar nur auf den französischen Markt bezogen (siehe oben, Randnr. 74), andere nationale Märkte, wie der deutsche, der griechische, der spanische und der italienische Markt, waren, wie sich aus den Telefonkontakten zwischen der Klägerin und FRA.BO und dem auf der Messe in Essen hergestellten Kontakt zwischen der Klägerin und IBP ergibt, aber gleichwohl offensichtlich auch von den wettbewerbswidrigen Kontakten zwischen Konkurrenten nach März 2001 betroffen.

88      Da das Verhalten jedes der Teilnehmer, einschließlich des Verhaltens der Klägerin, denselben wettbewerbswidrigen Zweck verfolgte, nämlich den Wettbewerb auf dem Fittingmarkt durch Preisabsprachen und Preiserhöhungen sowie den Austausch vertraulicher Informationen zu kontrollieren und zu beschränken, durfte die Kommission von der Fortführung einer früheren Zuwiderhandlung ausgehen.

89      Diese Feststellung wird durch die übrigen Argumente, die die Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes vorbringt, dass nämlich die FNAS die Treffen ausgerichtet und die Protokolle dazu erstellt habe, dass die FNAS selbst nicht Adressatin der angefochtenen Entscheidung gewesen sei und dass zudem die Sitzungen völlig transparent verlaufen seien, nicht berührt.

90      Zum Ersten ist das Vorbringen, dass die Protokolle der Sitzungen von der FNAS erstellt worden seien, unerheblich, sofern feststeht, dass die Klägerin in diesen Sitzungen vertreten gewesen sei. Da die Protokolle an sie verteilt worden sind, hatte die Klägerin die Möglichkeit, sie entweder schriftlich oder in der nachfolgenden Sitzung zu verbessern oder die Punkte zu bezeichnen, mit denen sie nicht einverstanden war.

91      Zum Zweiten ist auch das Vorbringen, dass die FNAS selbst nicht Adressatin der angefochtenen Entscheidung sei, unerheblich. Gemäß dem 606. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung war die Kommission der Auffassung, dass, „obgleich Beweise dafür vorliegen, dass die Hersteller eine Vereinbarung erzielten und diese Advanced Fluid Connections zufolge auch umsetzten, … nichts darauf [hindeutet], dass die FNAS die ihr von den Herstellern anvertraute Aufgabe aktiv annahm und/oder die Umsetzung der Vereinbarung tatsächlich erleichterte“. Daher konnte die Kommission im 607. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung davon ausgehen, dass die FNAS an der fraglichen Vereinbarung nicht beteiligt und die angefochtene Entscheidung daher nicht an sie zu richten war.

92      Nach alledem ist der Klagegrund, die Klägerin sei nach März 2001 nicht an dem Kartell beteiligt gewesen, zurückzuweisen.

–       Zum Zeitraum zwischen 1992 und 1994

93      Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin den Sachverhalt in Bezug auf ihre Beteiligung an dem Kartell weder hinsichtlich des Zeitraums zwischen dem 31. Dezember 1991 und dem 10. September 1992 noch hinsichtlich des Zeitraums zwischen Dezember 1997 und März 2001 bestreitet. Außerdem hat die Klägerin in der Sitzung vorgetragen, dass sie ihre Beteiligung an dem Kartell hinsichtlich des Zeitraums von 1995 bis 1997 nicht bestreite. Daher bleibt die angefochtene Entscheidung nur noch insofern zu prüfen, als die Kommission darin die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung im Zeitraum zwischen dem 10. September 1992 und dem 13. Dezember 1994 festgestellt hat.

94      Die Befugnis der Kommission, Geldbußen für Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften zu verhängen, verjährt gemäß Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 grundsätzlich in fünf Jahren. Gemäß Art. 25 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 „[beginnt b]ei dauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen … die Verjährung erst mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet ist“. Gemäß Art. 25 Abs. 3 und 5 der Verordnung Nr. 1/2003 wird die Verjährung durch jede auf Ermittlung oder Verfolgung der Zuwiderhandlung gerichtete Handlung der Kommission unterbrochen und beginnt nach jeder Unterbrechung von neuem.

95      Im vorliegenden Fall hat die Kommission am 22. März 2001 mit ihren Nachprüfungen begonnen. Daraus ergibt sich, dass für eine Zuwiderhandlung, die vor dem 22. März 1996 beendet worden ist, keine Geldbuße verhängt werden kann. Es ist folglich zu bestimmen, ob die verschiedenen in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Umstände belegen, dass die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell während des Zeitraums vom 10. September 1992 bis 13. Dezember 1994 fortgesetzt oder beendet wurde.

96      Hierzu ist festzustellen, dass die Gesamtheit der Beweismittel, die zugunsten des in den Erwägungsgründen 214, 217, 218, 221, 224, 225, 229 und 232 der angefochtenen Entscheidung dargestellten Sachverhalts angebracht werden, ausreicht, um zu dem Schluss zu gelangen, dass die Klägerin ihre Beteiligung an dem Kartell in dem besagten Zeitraum nicht beendet hat.

97      Vor allem bezieht sich die Kommission im 214. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf handschriftliche Eintragungen über die Klägerin von Mitte oder Ende 1992, in denen von einer Preisliste die Rede ist, die im Januar 1993 (in allen Ländern mit Ausnahme von Frankreich) und im April 1993 (in Frankreich) in Kraft treten sollte. Außerdem wird im 217. Erwägungsgrund eine Fernkopie von Mueller Industries an Viega vom 12. Mai 1993 erwähnt, in der der Klägerin vorgeworfen wird, sie habe die Vereinbarung, an der sie mitgewirkt habe, nicht durchgehend eingehalten. Dem lässt sich entnehmen, dass die Klägerin sich nicht aus dem Abkommen zurückgezogen hat. Das Gleiche gilt für die von einem Importeur und Händler an Herrn W. (IMI) übermittelte Fernkopie vom 6. September 1994 (229. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), in der festgestellt wird, die Klägerin habe die „Vereinbarungen“ nicht eingehalten.

98      Zum letzten Punkt genügt der Hinweis, dass der Umstand, dass ein Kartell nicht beachtet wird, nichts am Vorliegen dieses Kartells selbst ändert. Vorliegend kann daher nicht bereits allein deshalb davon ausgegangen werden, dass die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung während des in Rede stehenden Zeitraums beendet wurde, weil die Klägerin das Kartell zu ihrem Vorteil ausgenutzt hat, indem sie sich nicht genau an die vereinbarten Preise gehalten hat.

99      Die Kartellteilnehmer bleiben nämlich Konkurrenten, von denen jeder jederzeit versucht sein kann, sich die Disziplin der anderen im Bereich der kartellierten Preise zunutze zu machen, um seine eigenen Preise mit dem Ziel herabzusetzen, seinen Marktanteil zu vergrößern, aber gleichzeitig ein verhältnismäßig hohes allgemeines Preisniveau aufrechtzuerhalten. Dass die Klägerin die vereinbarten Preise nicht vollständig angewandt hat, bedeutet jedenfalls nicht, dass sie damit die Preise angewandt hätte, die sie ohne das Kartell hätte praktizieren können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 74 und 75).

100    Aus der im 221. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähnten Notiz von Herrn P. vom 15. März 1994 geht schließlich hervor, dass die Klägerin bei den Gesprächen über den italienischen Markt anwesend war, die am 11. und 13. März 1994 stattfanden.

101    Selbst wenn die Klägerin nicht an sämtlichen oder sogar an keinem Treffen teilnahm, die zwischen dem 10. September 1992 und dem 13. Dezember 1994 im Rahmen des Kartells stattfanden, bedeutet dies angesichts der Besonderheiten des fraglichen Kartells, das sich durch mindestens ein- oder zweimal jährlich stattfindende multi- und bilaterale Kontakte, Ad-hoc-Kontakte sowie dadurch auszeichnet, dass es nicht außergewöhnlich war, dass ein Kartellmitglied nicht konsequent an jedem Treffen teilnahm, nicht, dass die Klägerin sich zwischenzeitlich aus dem Kartell zurückgezogen hat.

102    Im Übrigen ist auch festzustellen, dass die Klägerin sich nicht offen von dem Kartell distanziert hat. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Kommission mangels einer ausdrücklichen Distanzierung nämlich nicht davon ausgehen, dass die Zuwiderhandlung nicht beendet worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Archer Daniels Midland/Kommission, oben in Randnr. 76 angeführt, Randnrn. 119 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Daraus folgt, dass das Vorbringen hinsichtlich der Unterbrechung der Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung in der Zeit vom 10. September 1992 bis 13. Dezember 1994 zurückzuweisen ist.

104    Nach alledem ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

 Zur Bemessung der Geldbuße

 Vorbringen der Parteien

105    Hilfsweise wirft die Klägerin der Kommission vor, die Vorschriften über die Bemessung von Geldbußen verkannt zu haben. Weder die Leitlinien von 1998 noch die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 seien beachtet worden. Erstens sei der Ausgangsbetrag der gegen sie verhängten Geldbuße im Vergleich zu den gegen die übrigen Unternehmen verhängten Geldbußen unverhältnismäßig. Zweitens habe sie keine führende Rolle gespielt. Drittens hätte die Kommission die Geldbuße unter Berücksichtigung der räumlichen Reichweite und der Intensität der Zusammenarbeit anpassen müssen. Schließlich habe die Kommission eine Ermäßigung der Geldbuße wegen Nichtbestreitens eines wesentlichen Teils der Rügen zu Unrecht abgelehnt.

106    Die Kommission beantragt, den Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch das Gericht

107    Zur ersten Rüge, der Ausgangsbetrag der Geldbuße sei unverhältnismäßig, ist festzustellen, dass die Kommission Kartellmitglieder nach Maßgabe der von den jeweiligen Unternehmen gehaltenen Marktanteile in Kategorien einteilen darf. Hierzu hat die Kommission in der Klagebeantwortung ausgeführt, dass der Umsatz und der Marktanteil der Gruppe Legris Industries bezüglich der Fittings im Jahr 2000 etwa das Dreifache des Umsatzes und des Marktanteils von FRA.BO und von Mueller Industries, das Zweieinhalbfache des Umsatzes und des Marktanteils von Flowflex Holding Ltd und mehr als das Doppelte des Umsatzes und des Marktanteils von Sanha Kaimer GmbH & Co. KG ausgemacht habe. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission zu Recht einen Ausgangsbetrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße (14,25 Millionen Euro) festgelegt, der zwei- bis dreimal so hoch war wie der Ausgangsbetrag der genannten Unternehmen (5,5 Millionen Euro). Auch wenn die Tabelle im Anhang der angefochtenen Entscheidung aus Gründen der Vertraulichkeit nur weite Richtwerte für die Größe und die jeweilige Bedeutung der Unternehmen enthält, geht aus der vertraulichen Fassung dieser Tabelle und den ihr zugrunde liegenden Daten hervor, dass die Kommission die Kartellmitglieder in schlüssiger und sachlich gerechtfertigter Weise in Kategorien eingeteilt hat.

108    Das Vorbringen der Klägerin, jedenfalls sei der Ausgangsbetrag der ihr auferlegten Geldbuße unverhältnismäßig, da er 77 % des Höchstbetrags der Geldbuße betrage, die gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gegen sie verhängt werden könne, ist zurückzuweisen.

109    Erstens haben die Klägerin und ihre Muttergesellschaft zur Zeit des Sachverhalts ein einziges Unternehmen dargestellt, das als Urheber die ihnen in der angefochtenen Entscheidung vorgeworfene Zuwiderhandlung begangen hat. Daher hat die Kommission bei der Bemessung des Ausgangsbetrags der Geldbuße zu Recht auf die Daten dieses Unternehmens abgestellt.

110    Zweitens ist vor allem der Umstand von Bedeutung, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße zu der Zuwiderhandlung bei deren Gesamtwürdigung und unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere im Verhältnis steht. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der von dem Unternehmen erzielte Umsatz bei Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße kein entscheidendes Kriterium für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung ist. Im Übrigen gehört die fragliche Zuwiderhandlung ihrer Art nach zu den schwersten Zuwiderhandlungen gemäß Art. 81 EG, was nach den Leitlinien von 1998 zu einem Ausgangsbetrag der Geldbuße von mehr als 20 Millionen Euro führen kann.

111    Drittens erfolgt die Anwendung der Obergrenze von 10 % der Umsätze gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 in einem der letzten Schritte der Bemessung der Geldbuße, d. h. nach der Bemessung der Geldbuße anhand der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung und nach der Berücksichtigung etwaiger mildernder oder erschwerender Umstände. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung mehrere Adressaten „das Unternehmen“ darstellen, die Obergrenze auf der Grundlage der Gesamtumsätze dieses Unternehmens berechnet werden kann. Wird dagegen, wie im vorliegenden Fall, diese wirtschaftliche Einheit gespalten, so dass sie zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung aus zwei unterschiedlichen Unternehmen besteht, kann diese Obergrenze für jeden der Adressaten der Entscheidung gesondert festgesetzt werden. Dies ist jedoch unabhängig von der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der Bestimmung des Ausgangsbetrags der Geldbuße. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung nur der Endbetrag der Geldbuße die Grenze von 10 % des Gesamtumsatzes nicht übersteigen darf. Dagegen ist es nicht untersagt, dass der Zwischenbetrag bei Bemessung der Geldbuße die genannte Grenze übersteigt (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 277 und 278).

112    Was die zweite Rüge betrifft, die eine Ermäßigung der Geldbuße rechtfertigen soll, dass nämlich die Klägerin nicht zu den Anführern des Kartells gehört habe, sondern eine passive Rolle gespielt oder als Mitläufer agiert habe, genügt die Feststellung, dass die Klägerin, wie sie selbst eingeräumt hat, an der Hälfte der 160 kollusiven Treffen, die in der Zeit von 1991 bis 2001 stattgefunden haben, teilgenommen hat. Zwar kann es nach der Rechtsprechung ein Anhaltspunkt für die bloß passive Mitwirkung eines Unternehmens an einem Kartell sein, dass es deutlich seltener als seine Wettbewerber an den Treffen teilnimmt. Die Klägerin kann jedoch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Häufigkeit ihrer Teilnahme an den Treffen, achtmal pro Jahr, als „deutlich seltener“ als die der anderen zu werten ist und dass sie daher nur eine passive Rolle gespielt oder als Mitläufer agiert habe.

113    Zur dritten Rüge, die Kommission hätte die Geldbuße unter Berücksichtigung der räumlichen Reichweite und der Intensität der Zusammenarbeit anpassen müssen, genügt der Hinweis, dass der Umstand, dass die Intensität des Kartells nach den Nachprüfungen der Kommission geringer war, keinen Einfluss auf die Einstufung dieses Kartells als besonders schwer und lang andauernd hatte, die gemäß den Leitlinien von 1998 eine Erhöhung um 10 % für jedes Jahr der Zuwiderhandlung rechtfertigte. Obwohl dieses Kartell ferner anfangs eine begrenzte räumliche Reichweite hatte, hat es danach eine gesamteuropäische Reichweite angenommen, so dass kein Grund vorliegt, die im Hinblick auf die Dauer geltenden Erhöhungssätze unter Berücksichtigung der räumlichen Reichweite des Kartells zu differenzieren.

114    Die vierte Rüge schließlich ist ebenfalls zurückzuweisen. Aus der Rechtsprechung geht nämlich hervor, dass eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund einer Zusammenarbeit während des Verwaltungsverfahrens nur dann gerechtfertigt ist, wenn das Verhalten des betreffenden Unternehmens der Kommission ermöglicht hat, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung leichter festzustellen und sie gegebenenfalls zu beenden (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, SCA Holding/Kommission, C‑297/98 P, Slg. 2000, I‑10101, Randnr. 36). Aus der Rechtsprechung folgt ebenfalls, dass eine niedrigere Festsetzung der Geldbuße auf der Grundlage der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 1996 nur gerechtfertigt sein kann, wenn die gelieferten Informationen und allgemeiner das Verhalten des betreffenden Unternehmens insoweit als Zeichen einer echten Zusammenarbeit des Unternehmens angesehen werden können (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 111 angeführt, Randnrn. 388 bis 403, insbesondere Randnr. 395). Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass der Sachverhalt nur für den Zeitraum von Dezember 1997 bis März 2001, d. h. drei Jahre von einer Gesamtdauer der Beteiligung an der Zuwiderhandlung von mehr als 13 Jahren, nicht bestritten worden ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Argumente, mit denen die Klägerin ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung nach den Nachprüfungen sowie im Zeitraum von 1992 bis 1994 bestreitet, zurückgewiesen worden sind. Die Kommission hat daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie es abgelehnt hat, gemäß den Bestimmungen in Abschnitt D der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 1996 zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Sachverhalt teilweise nicht bestritten hat.

115    Daher ist dieser Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

116    Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

117    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei auf Antrag die Kosten zu tragen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Comap SA trägt die Kosten.

Martins Ribeiro

Wahl

Dittrich

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. März 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.

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