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Document 62005TJ0029
Judgment of the General Court (Fourth Chamber) of 8 September 2010.#Deltafina SpA v European Commission.#Competition - Agreements, decisions and concerted practices -Spanish market for the purchase and first processing of raw tobacco - Decision finding an infringement of Article 81 EC - Price-fixing and market-sharing - Consistency between the statement of objections and the contested decision - Rights of the defence - Definition of the relevant market - Fines - Gravity of the infringement - Aggravating circumstances - Role as leader - Cooperation.#Case T-29/05.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 8. September 2010.
Deltafina SpA gegen Europäische Kommission.
Wettbewerb - Kartelle - Spanischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes - Übereinstimmung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung - Verteidigungsrechte - Definition des relevanten Marktes - Geldbußen - Schwere der Zuwiderhandlung - Erschwerende Umstände - Rolle als Anführer - Zusammenarbeit.
Rechtssache T-29/05.
Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 8. September 2010.
Deltafina SpA gegen Europäische Kommission.
Wettbewerb - Kartelle - Spanischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak - Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird - Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes - Übereinstimmung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung - Verteidigungsrechte - Definition des relevanten Marktes - Geldbußen - Schwere der Zuwiderhandlung - Erschwerende Umstände - Rolle als Anführer - Zusammenarbeit.
Rechtssache T-29/05.
Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-04077
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2010:355
Rechtssache T‑29/05
Deltafina SpA
gegen
Europäische Kommission
„Wettbewerb – Kartelle – Spanischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes – Übereinstimmung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung – Verteidigungsrechte – Definition des relevanten Marktes – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Rolle als Anführer – Zusammenarbeit“
Leitsätze des Urteils
1. Wettbewerb – Kartelle – Zurechnung an ein Unternehmen – Entscheidung der Kommission, mit der die Verantwortlichkeit eines Unternehmens festgestellt wird, das auf einem dem betroffenen Markt unmittelbar nachgeschalteten Markt tätig ist und aktiv und vorsätzlich an dem Kartell beteiligt war
(Art. 3 Abs.1 Buchst. g EG und Art. 81 Abs. 1 EG)
2. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt – Wahrung der Verteidigungsrechte – Umfang
(Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates)
3. Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beurteilungskriterien
(Art. 81 Abs. 1 EG)
4. Handlungen der Organe – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission)
5. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilung – Einzelfallprüfung
(Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission)
6. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Beurteilung – Wechselbeziehung zwischen den drei ausdrücklich in den Leitlinien der Kommission erwähnten Kriterien – Einstufung einer Zuwiderhandlung als besonders schwer – Vorrangige Rolle des Kriteriums der Art der Zuwiderhandlung
(Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission)
7. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Konkrete Auswirkungen auf den Markt
(Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 Teil A Abs. 1)
8. Wettbewerb – Geldbußen – Rechtlicher Rahmen – Bestimmung – Unbeachtlichkeit der früheren Entscheidungspraxis der Kommission
(Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates)
9. Handlungen der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang
(Art. 253 EG)
10. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt – Wahrung der Verteidigungsrechte
(Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 2)
11. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Rolle als Anführer der Zuwiderhandlung – Begriff
(Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 2)
12. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Mildernde Umstände – Beurteilung – Erforderlichkeit der gesonderten Berücksichtigung aller Umstände – Fehlen – Gesamtbeurteilung
(Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3)
13. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Mildernde Umstände – Von den kartellinternen Vereinbarungen abweichendes Verhalten – Beurteilung
(Verordnungen Nr. 17, Art. 15, und Nr. 1/2003, Art. 23 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3 zweiter Gedankenstrich)
14. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Mildernde Umstände – Beendigung der Zuwiderhandlung vor dem Eingreifen der Kommission – Ausschluss
(Verordnungen Nr. 17, Art. 15 Abs. 2, und Nr. 1/2003, Art. 23 Abs. 3 des Rates; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3 dritter Gedankenstrich)
15. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Bestimmung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen
(Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission)
16. Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Zuwiderhandlungen – Geldbußen – Bestimmung – Kriterien – Anhebung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen – Zulässigkeit – Voraussetzungen
(Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 82 EG; Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 des Rates)
1. Die Kommission geht nicht dadurch über die Grenzen des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots hinaus, dass sie die Verantwortlichkeit eines Unternehmens für eine Zuwiderhandlung gegen diese Vorschrift für den Fall feststellt, dass sich dieses, obwohl es auf einem Markt tätig ist, der demjenigen unmittelbar nachgeschaltet ist, auf dem die wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken ausgeübt wurden, aktiv und vorsätzlich an einem Kartell zwischen Herstellern beteiligt, die auf einem anderen Markt als es selbst tätig sind.
Ein Unternehmen kann nämlich gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot verstoßen, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist.
Daher kann sich ein Unternehmen an der Durchführung einer Wettbewerbsbeschränkung auch dann beteiligen, wenn es seine eigene Handlungsfreiheit auf dem Markt, auf dem es hauptsächlich tätig ist, nicht einschränkt. Jede andere Auslegung könnte nämlich die Bedeutung des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots in einer Weise mindern, die im Widerspruch zu seiner Wirksamkeit und seinem in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG niedergelegten Hauptziel der Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes stünde, da die aktive Beteiligung eines Unternehmens an einer Wettbewerbsbeschränkung dann allein deshalb nicht verfolgt werden könnte, weil diese Beteiligung nicht von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem relevanten Markt ausgeht, auf dem die Beschränkung eintritt oder eintreten soll.
Eine Betrachtung der Wendung „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“ im Licht der mit Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG verfolgten Ziele spricht für eine Konzeption des Kartells und des zuwiderhandelnden Unternehmens, bei der nicht danach unterschieden wird, in welchem Sektor oder auf welchem Markt die betroffenen Unternehmen tätig sind.
Es entspricht den Erfordernissen des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit, einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die Zuwiderhandlung insgesamt zur Last zu legen, wenn zwei Voraussetzungen, eine objektive und eine subjektive, erfüllt sind.
Was die erste Voraussetzung betrifft, ist diese, sofern es um das Verhältnis zwischen auf demselben relevanten Markt tätigen Unternehmen sowie zwischen solchen Wettbewerbern und ihren Kunden geht, erfüllt, wenn das teilnehmende Unternehmen – auch in untergeordneter Stellung, nebensächlich oder passiv – zur Durchführung des Kartells beigetragen hat, etwa durch eine stillschweigende Billigung und die unterbliebene Anzeige des entsprechenden Kartells bei den Behörden.
Was die zweite Voraussetzung betrifft, kann einem beteiligten Unternehmen im Übrigen die Gesamtheit einer Zuwiderhandlung nur dann zur Last gelegt werden, wenn es seinen eigenen Willen so geäußert hat, dass deutlich wird, dass es – und sei es nur stillschweigend – die Ziele des Kartells teilt.
(vgl. Randnrn. 48-49, 51, 57-58, 62)
2. Die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, verlangt vor allem, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann.
Eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren ist anhand der Rügen zu beurteilen, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Entscheidung erhoben hat, die dieses Verfahren beendet. Unter diesen Umständen setzt die Feststellung einer Verletzung der Verteidigungsrechte voraus, dass die Rüge, die dem Unternehmen zufolge in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erhoben worden sein soll, von der Kommission in ihrer abschließenden Entscheidung ausgesprochen wird. In einer bloß unterschiedlichen Darstellung des Sachverhalts, mit der diesem in der endgültigen Entscheidung genauer Rechnung getragen werden soll, kann keine inhaltliche Änderung der Beschwerdepunkte gesehen werden.
(vgl. Randnrn. 113-115, 120)
3. Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen, die die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes hemmen könnte. Außerdem darf diese Beeinträchtigung nicht nur geringfügig sein. Damit ergibt sich eine Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel im Allgemeinen daraus, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind.
Art. 81 Abs. 1 EG setzt nämlich nicht voraus, dass die Kartelle, auf die er sich bezieht, den innergemeinschaftlichen Handel tatsächlich spürbar beeinträchtigen, sondern lässt den Nachweis genügen, dass sie hierzu geeignet sind.
(vgl. Randnrn. 167-169)
4. Auch wenn die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind.
(vgl. Randnr. 230)
5. Die Kommission ist dadurch, dass sie in den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, ihre Vorgehensweise bei der Bewertung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind.
(vgl. Randnr. 230)
6. Bei den drei Kriterien, die nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln zu berücksichtigen sind, handelt es sich um die Art des Verstoßes, seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie die Größe des betreffenden räumlichen Marktes. Diese drei Kriterien für die Bewertung der Schwere des Verstoßes haben im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt insbesondere bei der Einstufung der Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ eine vorrangige Rolle.
Insoweit ergibt sich aus der Beschreibung der besonders schweren Verstöße in den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die insbesondere wie hier auf die Festsetzung der Preise abzielen, allein schon aufgrund ihres Wesens als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet zu sein brauchen. Dies wird dadurch bekräftigt, dass zwar in der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, während die Beschreibung der besonders schweren Verstöße kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder von Auswirkungen in einem besonderen räumlichen Bereich enthält.
Zwischen den drei Kriterien für die Ermittlung der Schwere eines Verstoßes besteht insofern eine Wechselbeziehung, als ein höherer Schweregrad hinsichtlich des einen oder anderen Kriteriums die geringere Schwere der Zuwiderhandlung unter anderen Aspekten ausgleichen kann.
Der Umfang des räumlichen Marktes stellt nur eines der drei einschlägigen Kriterien für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung insgesamt dar und ist kein eigenständiges Kriterium in dem Sinn, dass nur Zuwiderhandlungen, die die Mehrzahl der Mitgliedstaaten betreffen, als „besonders schwer“ eingestuft werden könnten. Weder der EG-Vertrag noch die Verordnung Nr. 17 oder die Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien oder die Rechtsprechung lassen die Annahme zu, dass nur räumlich sehr ausgedehnte Beschränkungen so eingestuft werden können. Der geringe Umfang des relevanten räumlichen Marktes steht daher der Einstufung der festgestellten Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht entgegen. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf den geringen Umfang des relevanten Produktmarkts, da der Umfang des Produktmarkts grundsätzlich kein Kriterium darstellt, das zwingend zu berücksichtigen ist, sondern für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und die Festsetzung der Geldbuße nur ein Kriterium unter anderen bildet.
Der den Tabakverarbeitern und einem betroffenen Unternehmen, zu dessen Tätigkeiten die Vermarktung von verarbeitetem Tabak gehört, vorgeworfene Verstoß, der in der Festsetzung der Preise der verschiedenen Rohtabaksorten in Spanien und der Aufteilung der Mengen für jede Sorte Rohtabak, die jeder Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnte, besteht, ist seiner Art nach klar ein besonders schwerer Verstoß. Solche Zuwiderhandlungen werden als besonders schwerwiegend eingestuft, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt oder offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft bedeuten.
(vgl. Randnrn. 231, 233-234, 238, 240-242)
7. Im Rahmen der Beurteilung der Schwere des Verstoßes gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln bei Festsetzung der Geldbuße hat die Tatsache, dass die Kommission nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass das Kartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hat, keinen Einfluss auf die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“.
Der Ausgangsbetrag der Geldbuße, den die Kommission nach der Schwere der Zuwiderhandlung festgelegt hat, kann nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil konkrete Auswirkungen auf den Markt nicht hinreichend nachgewiesen sind.
(vgl. Randnrn. 250-251)
8. Die frühere Entscheidungspraxis der Kommission bildet nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen.
(vgl. Randnrn. 292, 426)
9. Die Begründung einer Einzelfallentscheidung muss die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, weil die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand des Zusammenhangs, in dem dieser Rechtsakt erlassen wurde, sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.
(vgl. Randnr. 319)
10. Die Kommission erfüllt ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung anführt sowie darlegt, ob diese „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sei. Damit macht sie die Angaben, die für eine Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße erforderlich sind. Eine Verpflichtung der Kommission, den beschuldigten Unternehmen zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte konkrete Angaben zur Höhe der in Aussicht genommenen Geldbußen zu machen, liefe jedoch darauf hinaus, von ihr eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der endgültigen Entscheidung zu verlangen.
In diesem Zusammenhang führt die Einstufung eines Unternehmens als Anführer zu erheblichen Auswirkungen auf die Höhe der gegen dieses Unternehmen zu verhängenden Geldbuße. So handelt es sich gemäß Nr. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, um einen erschwerenden Umstand, der zu einer nicht unerheblichen Steigerung des Grundbetrags der Beihilfe führt. Außerdem schließt eine solche Einstufung gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit eine wesentliche Herabsetzung der Geldbuße von vornherein aus, selbst wenn das als Anführer eingestufte Unternehmen alle Bedingungen für eine solche Herabsetzung erfüllt. Daher obliegt es der Kommission, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die aus ihrer Sicht einschlägigen Gesichtspunkte anzuführen, um dem Unternehmen, das als Anführer eines Kartells eingestuft werden kann, Gelegenheit zu geben, sich zu einer solchen Rüge zu äußern. Da eine solche Mitteilung nur ein Schritt im Verfahren zur Annahme der endgültigen Entscheidung ist und daher keine endgültige Stellungnahme der Kommission darstellt, kann nicht verlangt werden, dass diese in diesem Stadium bereits eine rechtliche Bewertung der Kriterien vornimmt, auf die sie sich in ihrer endgültigen Entscheidung über die Einstufung eines Unternehmens als Anführer des Kartells stützen wird.
(vgl. Randnrn. 324-325, 327)
11. Bei der Festsetzung der Geldbuße für den Verstoß gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln muss ein betroffenes Unternehmen, um als Anführer angesehen zu werden, eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein und eine besondere und konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren getragen haben.
Auch wenn mit den von der Kommission angeführten Umständen dargetan wird, dass dieses Unternehmen eine aktive und unmittelbare Rolle in einem Kartell gespielt hat, sind sie gleichwohl kein ausreichender Nachweis dafür, dass es eine bedeutende Antriebskraft für dieses Kartell darstellte, vor allem, wenn nichts in den Akten darauf hinweist, dass das betroffene Unternehmen irgendeine Initiative ergriffen hätte, um dieses Kartell zu errichten oder eines der anderen Unternehmen zu einem Beitritt zu bewegen, und wenn auch nichts in den Akten darauf hinweist, dass das betroffene Unternehmen die Tätigkeiten übernommen hat, die normalerweise mit der Rolle des Anführers eines Kartells verbunden sind, wie beispielsweise den Vorsitz bei den Treffen oder die Zentralisierung und Verteilung bestimmter Informationen.
(vgl. Randnrn. 332-335)
12. Die Kommission muss sich bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen für Verstöße gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln grundsätzlich an ihre eigenen Leitlinien halten. Die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, schreiben ihr aber nicht vor, alle in Nr. 3 der Leitlinien aufgeführten mildernden Umstände stets gesondert zu berücksichtigen; die Kommission ist nicht verpflichtet, insoweit automatisch eine zusätzliche Herabsetzung zu gewähren, weil die Frage, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände angemessen ist, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Weg einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist.
Der Erlass der Leitlinien hat der früheren Rechtsprechung nicht ihre Bedeutung genommen, nach der die Kommission über ein Ermessen verfügt, das es ihr erlaubt, bei der Bemessung der von ihr zu verhängenden Geldbußen insbesondere nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder nicht.
Da sich aus den Leitlinien kein zwingender Anhaltspunkt dafür ergibt, welche mildernden Umstände berücksichtigt werden können, ist davon auszugehen, dass der Kommission ein gewisser Spielraum verblieben ist, um im Weg einer Gesamtwürdigung über die Höhe einer etwaigen Herabsetzung der Geldbußen wegen mildernder Umstände zu entscheiden.
(vgl. Randnrn. 347-348)
13. Bei der Festsetzung der Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln braucht die Kommission das Vorliegen eines mildernden Umstands wegen tatsächlicher Nichtanwendung einer Vereinbarung nur anzuerkennen, wenn das Unternehmen, das diesen Umstand geltend macht, nachweisen kann, dass es sich der Anwendung der Vereinbarung so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hat, dass dadurch sogar deren Funktionieren gestört wurde, und dass es der Vereinbarung auch nicht scheinbar zugestimmt und dadurch andere Unternehmen zu deren Anwendung veranlasst hat. Unternehmen könnten nämlich das Risiko, eine beträchtliche Geldbuße zahlen zu müssen, zu leicht minimieren, wenn sie zunächst aus einer rechtswidrigen Vereinbarung Vorteil ziehen und anschließend eine Herabsetzung der Geldbuße mit der Begründung beanspruchen könnten, dass sie bei der Durchführung der Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Rolle gespielt hätten, obgleich ihre Haltung andere Unternehmen dazu veranlasste, sich in stärkerem Maße wettbewerbsschädigend zu verhalten.
(vgl. Randnr. 350)
14. Bei der Festsetzung der Geldbuße wegen Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln kann die in Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, erwähnte „Beendigung der Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen)“ logischerweise nur dann einen mildernden Umstand bilden, wenn es Gründe für die Annahme gibt, dass die fraglichen Unternehmen durch dieses Eingreifen zur Beendigung ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens veranlasst wurden, während der Fall, dass die Zuwiderhandlung bereits vor dem ersten Eingreifen der Kommission beendet worden war, dieser Bestimmung der Leitlinien nicht unterfällt.
(vgl. Randnrn. 354-355)
15. Der Kommission steht hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen für Verstöße gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln ein weites Ermessen zu; sie kann insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Untersuchungen gehören. Sie verfügt bei der Beurteilung von Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen. Die Herabsetzung einer Geldbuße wegen Kooperation ist nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Unternehmens der Kommission die Wahrnehmung ihrer Aufgabe erleichtert hat, diese Zuwiderhandlungen festzustellen und zu verfolgen. Die Kommission darf bei der Beurteilung der Kooperation der Unternehmen nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung außer Acht lassen, der verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist.
(vgl. Randnrn. 389-390, 399)
16. Die Kommission ist dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in einer bestimmten Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der durch die Verordnung Nr. 1/2003 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen.
Die Wirtschaftsteilnehmer sind nicht berechtigt, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können.
Folglich können Unternehmen, die von einem Verwaltungsverfahren betroffen sind, das zu einer Geldbuße führen kann, nicht darauf vertrauen, dass die Kommission das zuvor praktizierte Bußgeldniveau nicht überschreiten wird.
Jedes Unternehmen, das von einem Verwaltungsverfahren betroffen ist, das zur Verhängung einer Geldbuße führen kann, muss die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Kommission jederzeit entscheiden kann, die Höhe der Geldbußen gegenüber den in der Vergangenheit verhängten Geldbußen zu erhöhen.
(vgl. Randnrn. 426, 435)
URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer
8. September 2010(*)
„Wettbewerb – Kartelle – Spanischer Markt für den Kauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Festsetzung der Preise und Aufteilung des Marktes – Übereinstimmung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung – Verteidigungsrechte – Definition des relevanten Marktes – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Rolle als Anführer – Zusammenarbeit“
In der Rechtssache T‑29/05
Deltafina SpA mit Sitz in Orvieto (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Jacchia, A. Terranova, I. Picciano, F. Ferraro, J.‑F. Bellis und F. Di Gianni,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission, zunächst vertreten durch É. Gippini Fournier und F. Amato, dann durch É. Gippini Fournier und V. Di Bucci als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K (2004) 4030 endg. der Kommission vom 20. Oktober 2004 in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 – Rohtabak – Spanien), hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerin in dieser Entscheidung verhängten Geldbuße
erlässt
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten O. Czúcz, der Richterin I. Labucka und des Richters K. O’Higgins (Berichterstatter),
Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2009
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Die Klägerin, die Deltafina SpA, ist eine italienische Gesellschaft, deren Haupttätigkeit in der Erstverarbeitung von Rohtabak und der Vermarktung von verarbeitetem Tabak besteht. Sie steht über ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der amerikanischen Gesellschaft Universal Corp., der amerikanischen Gesellschaft Universal Leaf Tobacco Company Inc. (im Folgenden: Universal Leaf), zu 100 % in deren Besitz.
2 Universal Leaf hält auch das gesamte Kapital der Tabacos Españoles, SL (im Folgenden: Taes), eines der vier Erstverarbeitungsunternehmen für Rohtabak in Spanien (im Folgenden: Verarbeiter oder spanische Verarbeiter).
3 Die Unternehmensgruppe, zu der die verschiedenen vorstehend in den Randnrn. 1 und 2 erwähnten Gesellschaften gehören, wird im Folgenden als „Universal-Gruppe“ bezeichnet.
4 Auf der Grundlage von Informationen, aus denen hervorging, dass die spanischen Rohtabakverarbeiter und -erzeuger gegen Art. 81 EG verstoßen hatten, führte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 3. und 4. Oktober 2001 in den Geschäftsräumen von dreien dieser Verarbeiter, namentlich der Compañia española de tabaco en rama, SA (im Folgenden: Cetarsa), der Agroexpansión, SA und der World Wide Tobacco España, SA (im Folgenden: WWTE) sowie der Asociación Nacional de Empresas Transformadoras de Tabaco (im Folgenden: Anetab) Nachprüfungen gemäß Art. 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) durch.
5 Außerdem führte die Kommission am 3. Oktober 2001 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen des Hauses der Tabakberufe und der Europäischen Vereinigung der Tabakverarbeiter und am 5. Oktober 2001 in den Geschäftsräumen der Federación nacional de cultivadores de tabaco (im Folgenden: FNCT) durch.
6 Unter Berufung auf die Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) kündigten die Verarbeiter und die Anetab der Kommission mit Schreiben vom 16. Januar 2002 an, dass sie bereit seien, mit ihr zusammenzuarbeiten.
7 Mit Schreiben vom 21. Januar 2002 übermittelten sie der Kommission bestimmte Informationen.
8 Mit Schreiben vom 15. Februar 2002 teilte Universal Leaf der Kommission mit, dass sie die Initiative von Taes zur Kooperation im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit uneingeschränkt unterstütze. Sie wies auch darauf hin, dass Deltafina zusammen mit Taes einen Vermerk über deren Rolle und Aktivitäten auf dem spanischen Tabakmarkt erarbeite und dass sie hoffe, dass Deltafina auf diese Weise ebenfalls die Vorteile aus der Mitteilung über Zusammenarbeit nutzen könne.
9 Am 18. Februar 2002 schickte Taes der Kommission den vorstehend in Randnr. 8 erwähnten Vermerk.
10 Danach richtete die Kommission gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 mehrere Auskunftsverlangen an die spanischen Verarbeiter, an die Anetab sowie die FNCT. Sie ersuchte auch das spanische Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung (im Folgenden: Ministerium für Landwirtschaft) um Auskünfte über die für landwirtschaftliche Erzeugnisse geltende spanische Regelung.
11 Am 11. Dezember 2003 leitete die Kommission das der vorliegenden Rechtssache zugrunde liegende Verfahren ein und erließ eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die sie an 20 Unternehmen und Vereinigungen, u. a. die spanischen Verarbeiter, Deltafina, Universal, Universal Leaf, die Anetab und die FNCT, richtete.
12 Diese Unternehmen und Vereinigungen erhielten mittels einer ihnen übersandten CD-ROM Einsicht in die Ermittlungsakten der Kommission und nahmen zu den Beschwerdepunkten der Kommission schriftlich Stellung. Deltafina gab ihre schriftliche Stellungnahme am 1. März 2004 ab.
13 Am 29. März 2004 fand eine Anhörung statt, an der Deltafina teilnahm.
14 Nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen und in Kenntnis des Abschlussberichts des Anhörungsbeauftragten in dieser Sache erließ die Kommission am 20. Oktober 2004 die Entscheidung K (2004) 4030 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 − Rohtabak – Spanien) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), von der eine Zusammenfassung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 19. April 2007 (ABl. L 102, S. 14) veröffentlicht wurde.
15 Die angefochtene Entscheidung betrifft zwei auf dem spanischen Markt für Rohtabak gegründete und durchgeführte horizontale Kartelle.
16 Das erste Kartell, das die Verarbeiter und Deltafina betraf, zielte darauf ab, jedes Jahr zwischen 1996 und 2001 den (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreis für jede Sorte Rohtabak festzulegen und die Mengen jeder Rohtabaksorte aufzuteilen, die die einzelnen Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnten (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 74 bis 76 und 276 der angefochtenen Entscheidung). Von 1999 bis 2001 vereinbarten die Verarbeiter und Deltafina untereinander auch die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der in den Tabellen im Anhang zu den „Anbauverträgen“ enthaltenen einzelnen Rohtabaksorten sowie „zusätzliche Bedingungen“, d. h. den Mindestpreis pro Erzeuger und den Mindestpreis pro Erzeugergemeinschaft (vgl. u. a. Erwägungsgründe 77 bis 83 und 276 der angefochtenen Entscheidung).
17 Das vorstehend in Randnr. 16 beschriebene Kartell wird im Folgenden als „Verarbeiterkartell“ bezeichnet.
18 Das zweite in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Kartell umfasste die drei in Spanien bestehenden landwirtschaftlichen Verbände, nämlich die Asociación agraria de jóvenes agricultores (im Folgenden: ASAJA), die Unión de pequeños agricultores (im Folgenden: UPA) und die Coordinadora de organizaciones de agricultores y ganaderos (im Folgenden: COAG) sowie die Confederación de cooperativas agrarias de España (im Folgenden: CCAE). Dieses Kartell sollte jedes Jahr zwischen 1996 und 2001 die Preisklassen für die einzelnen Qualitätsstufen der in den Tabellen im Anhang zu den „Anbauverträgen“ enthaltenen einzelnen Rohtabaksorten sowie die „zusätzlichen Bedingungen“ festlegen (vgl. u. a. Erwägungsgründe 77 bis 83 und 277 der angefochtenen Entscheidung).
19 Das vorstehend in Randnr. 18 beschriebene Kartell wird im Folgenden als „Erzeugerkartell“ bezeichnet.
20 In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission die Auffassung, dass diese Kartelle jeweils nur eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG darstellten (vgl. u. a. Erwägungsgründe 275 bis 277 der angefochtenen Entscheidung).
21 In Art. 1 dieser Entscheidung macht sie neun Unternehmen, u. a. die spanischen Verarbeiter und Deltafina, für das Verarbeiterkartell und die ASAJA, die UPA, die COAG und die CCAE (im Folgenden zusammen: die Erzeugervertreter) für das Erzeugerkartell verantwortlich.
22 In Art. 2 der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission diesen Unternehmen und den Erzeugervertretern auf, sofern nicht bereits geschehen, die in Art. 1 festgestellte Zuwiderhandlung umgehend einzustellen und sich fortan jeder wettbewerbsbeschränkenden Praktik zu enthalten, die dasselbe oder ein ähnliches Ziel verfolgt oder sich in derselben oder ähnlicher Weise auswirkt.
23 In Art. 3 der angefochtenen Entscheidung werden folgende Geldbußen verhängt:
– Deltafina: 11 880 000 Euro,
– Cetarsa: 3 631 500 Euro,
– Agroexpansión: 2 592 000 Euro,
– WWTE: 1 822 500 Euro,
– Taes: 108 000 Euro,
– ASAJA: 1 000 Euro,
– UPA: 1 000 Euro,
– COAG: 1 000 Euro,
– CCAE: 1 000 Euro.
24 Die Höhe der gegen Deltafina verhängten Geldbuße berücksichtigt u. a. deren führende Rolle im Verarbeiterkartell (Erwägungsgründe 435 und 436 der angefochtenen Entscheidung). Wegen dieser Rolle erhöht die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße wegen erschwerender Umstände um 50 %. Aufgrund mildernder Umstände wird Deltafina jedoch eine Herabsetzung um 40 % des Grundbetrags der Geldbuße (Erwägungsgründe 437 und 438 der angefochtenen Entscheidung) und aufgrund ihrer Mitwirkung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens eine Herabsetzung um 10 % der Geldbuße (Erwägungsgründe 448 bis 456 der angefochtenen Entscheidung) gewährt.
25 Aus Art. 3 der angefochtenen Entscheidung geht ebenfalls hervor, dass die Muttergesellschaften von WWTE für die Zahlung der gegen WWTE und die Muttergesellschaft von Agroexpansión für die gegen Agroexpansión festgesetzte Geldbuße gesamtschuldnerisch haften.
Verfahren und Anträge der Parteien
26 Mit Klageschrift, die am 20. Januar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Deltafina die vorliegende Klage erhoben.
27 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen der in Art. 64 seiner Verfahrensordnung vorgesehenen prozessleitenden Maßnahmen die Parteien zur Vorlage bestimmter Schriftstücke und zur Beantwortung von Fragen aufgefordert. Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgemäß nachgekommen.
28 Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 9. Juni 2009 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
29 Deltafina beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
– hilfsweise, die Geldbuße herabzusetzen;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
30 Die Kommission beantragt,
– die Klage als teilweise unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen;
– andernfalls jede Partei zur Tragung ihrer eigenen Kosten zu verurteilen, wenn die Klägerin in gleichem Maß wie die Kommission unterliegt, oder die Klägerin zur Tragung ihrer Kosten sowie eines Teils der Kosten der Kommission zu verurteilen, wenn die Klägerin im Wesentlichen unterliegt.
Rechtliche Würdigung
31 Deltafina stützt ihre Klage auf elf Gründe:
– erstens, Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der persönlichen Haftung sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch;
– zweitens, Verstoß gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren, wesentliche Formvorschriften und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch;
– drittens, Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] (ABl. 2004, C 101, S. 81) sowie unzureichende Begründung;
– viertens, Verstoß gegen Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil A und Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch;
– fünftens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil B der Leitlinien und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie Ermessensmissbrauch;
– sechstens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 2 der Leitlinien sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch;
– siebtens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 3 der Leitlinien sowie Ermessensmissbrauch;
– achtens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 5 Buchst. a der Leitlinien;
– neuntens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Einleitung und Nr. 4 der Leitlinien, Abschnitt B Buchst. e und Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie unzureichende Begründung und Ermessensmissbrauch;
– zehntens, Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie Ermessensmissbrauch und
– elftens, Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des Verbots der Rückwirkung von Strafen und des Vertrauensschutzes sowie Ermessensmissbrauch.
32 Die ersten drei Klagegründe werden im Rahmen des Hauptantrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht. Die folgenden sieben Gründe werden hilfsweise vorgebracht und beziehen sich auf den Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße. Der letzte Klagegrund wird äußerst hilfsweise für den Fall vorgebracht, dass die vorangehenden sieben Klagegründe zurückgewiesen werden, und zielt ebenfalls auf Herabsetzung der Geldbuße.
1. Zur Zulässigkeit der Rügen eines Ermessensmissbrauchs
33 Deltafina wirft der Kommission im Rahmen der verschiedenen Gründe, die sie zur Stützung ihrer Klage geltend macht, mit Ausnahme des dritten und des achten Klagegrundes, u. a. Ermessensmissbrauch vor.
34 Nach ständiger Rechtsprechung betrifft der Begriff des Ermessensmissbrauchs den Fall, dass eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen Zweck einsetzt als demjenigen, zu dem sie ihr übertragen worden sind. Eine Entscheidung ist nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest maßgeblich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der EG-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteile des Gerichtshofs vom 13. November 1990, Fedesa u. a., C‑331/88, Slg. 1990, I‑4023, Randnr. 24, und vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 99).
35 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Deltafina eine Reihe von Rügen, die auf Ermessensmissbrauch gestützt sind, lediglich in abstrakter Weise vorbringt, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür oder Erläuterungen dazu zu geben oder auch deutlich zu machen, welches Ziel die Kommission tatsächlich mit der angefochtenen Entscheidung verfolgt. In der vorgetragenen Weise genügen diese Rügen nicht den Anforderungen des Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung, da sie nicht hinreichend deutlich und genau sind, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Sie sind daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnrn. 333 und 334).
2. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der persönlichen Haftung sowie unzureichende Begründung
36 Der erste Klagegrund besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil rügt Deltafina, die Kommission mache sie für eine Zuwiderhandlung auf einem Markt verantwortlich, auf dem sie nicht tätig sei. Im zweiten Teil macht sie geltend, die ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen seien weder in Art. 81 Abs. 1 EG noch in Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen. Im dritten Teil führt sie an, die Kommission habe sie zu Unrecht als Anführer eines Verarbeiterkartells eingestuft. Im vierten Teil schließlich trägt sie vor, die Kommission habe es versäumt, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt abzugrenzen.
37 Das Gericht wird die ersten beiden Teile zusammen und dann den dritten und den vierten Teil getrennt prüfen.
38 Zur Rüge einer Verletzung der Begründungspflicht, die Deltafina im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes unabhängig von den vier Teilen geltend macht, ist festzustellen, dass sie dazu keinerlei Erläuterung vorträgt. Diese Rüge ist daher gemäß Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen (siehe oben, Randnr. 35).
Zum ersten und zum zweiten Teil: Die Kommission mache Deltafina für eine Zuwiderhandlung auf einem Markt verantwortlich, auf dem diese nicht tätig sei, und die Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen seien weder in Art. 81 Abs. 1 EG noch in Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen
– Vorbringen der Parteien
39 Erstens macht Deltafina geltend, sie sei nicht auf dem Einkaufs- und Verarbeitungsmarkt für Rohtabak in Spanien tätig, so dass sie, vorausgesetzt, es handele sich hierbei um den relevanten Markt, nicht für ein Verhalten auf diesem Markt verantwortlich gemacht werden könne.
40 Zweitens sei sie, da sie nicht als Verarbeiter in Spanien zugelassen und daher weder zur Verhandlung und zum Abschluss von Verträgen mit den spanischen Erzeugern von Rohtabak noch zur Mitwirkung bei der Aufteilung der zu erwerbenden Rohtabakmengen befugt gewesen sei, nicht daran beteiligt gewesen, Vereinbarungen zwischen den Verarbeitern auszuarbeiten oder durchzuführen. Ihr könne nicht die Rolle des „Täters oder Mittäters der Verhaltensweisen“ und schon gar nicht die des Anführers des Verarbeiterkartells zugeschrieben werden, sondern allenfalls die Rolle einer „objektiv und subjektiv außerhalb des Kartells stehenden Person, die aber mittelbar die Verhaltensweisen der Täter durch Teilnahme an Zusammenkünften, Austausch von Informationen und Mitteilungen, Vermittlung bei Streitigkeiten zwischen den Teilnehmern sowie der Aufbewahrung von Unterlagen und Informationen [begünstige]“. Dieses Verhalten werde jedoch weder von Art. 81 Abs. 1 EG noch von Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 erfasst und könne daher nicht mit einer Sanktion belegt werden.
41 Deltafina stützt ihr Vorbringen auf die Entscheidung 2005/349/EG der Kommission vom 10. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-2/37.857 – Organische Peroxide) (ABl. 2005, L 110, S. 44, im Folgenden: Entscheidung Organische Peroxide). Darin habe die Kommission einen Verstoß eines außerhalb des fraglichen Kartells stehenden Unternehmens, des Beratungsunternehmens AC‑Treuhand AG, gegen Art. 81 Abs. 1 EG wegen bestimmter Verhaltensweisen angenommen, die den ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen vergleichbar seien. Obwohl dieses Beratungsunternehmen bei der Organisation und Durchführung des Kartells eine maßgebende Rolle gespielt habe und als dessen „Hüter“ betrachtet worden sei, sei es, „weil es noch kaum Präzedenzfälle [gebe]“, nur mit einer symbolischen Geldbuße in Höhe von 1 000 Euro belegt worden.
42 Die Kommission entgegnet erstens, die Auffassung von Deltafina, Art. 81 Abs. 1 EG sei auf Unternehmen, die auf dem relevanten Markt nicht unmittelbar tätig seien, nicht anwendbar, finde im Wortlaut dieser Bestimmung keine Stütze. Für dessen Anwendung komme es darauf an, dass das betroffene Unternehmen an einer wettbewerbsbeschränkenden Praktik beteiligt gewesen sei, die zumindest potenziell spürbare Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten habe.
43 Zweitens entbehre das Vorbringen von Deltafina, die ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen fielen nicht unter das Verbot von Art. 81 Abs. 1 EG, nicht nur jeglicher Grundlage, sondern werde auch durch verschiedene Angaben in der Klageschrift widerlegt.
44 Im Übrigen sei Deltafina selbst der Auffassung, ihre Rolle könne mit der Rolle gleichgesetzt werden, die AC‑Treuhand in der Rechtssache eingenommen habe, die zu der Entscheidung Organische Peroxide geführt habe, und eine solche Rolle könne gemäß Art. 81 Abs. 1 EG geahndet werden.
– Würdigung durch das Gericht
45 Was den ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes anbelangt, ist zwischen den Parteien unstreitig, dass Deltafina in Spanien, dem im vorliegenden Fall räumlich relevanten Markt, weder Rohtabak bei den Erzeugern kauft, noch Tätigkeiten der Erstverarbeitung von Rohtabak ausübt. Deltafina ist in diesem Mitgliedstaat nur auf der nachfolgenden Wirtschaftsstufe tätig, d. h., sie kauft verarbeiteten Tabak für den Weiterverkauf an Tabakfabrikanten.
46 Festzustellen ist daher, dass Deltafina auf dem relevanten Markt, d. h., wie nachstehend in Randnr. 82 festzustellen sein wird, dem spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak, nicht tätig ist.
47 Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Kommission nicht berechtigt war, gegen Deltafina eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG zu verhängen.
48 Wie das Gericht bereits in Randnr. 122 seines Urteils vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission (T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501), befunden hat, kann ein Unternehmen gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot verstoßen, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist.
49 In diesem Sinne hat das Gericht in Randnr. 127 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, festgestellt, dass sich ein Unternehmen an der Durchführung einer Wettbewerbsbeschränkung auch dann beteiligen kann, wenn es seine eigene Handlungsfreiheit auf dem Markt, auf dem es hauptsächlich tätig ist, nicht einschränkt. Jede andere Auslegung könnte nämlich die Bedeutung des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots in einer Weise mindern, die im Widerspruch zu seiner Wirksamkeit und seinem in Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG niedergelegten Hauptziel der Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes stünde, da die aktive Beteiligung eines Unternehmens an einer Wettbewerbsbeschränkung dann allein deshalb nicht verfolgt werden könnte, weil diese Beteiligung nicht von einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem relevanten Markt ausgeht, auf dem die Beschränkung eintritt oder eintreten soll. In Randnr. 128 dieses Urteils hat das Gericht befunden, dass eine Betrachtung der Wendung „Vereinbarungen zwischen Unternehmen“ im Licht der mit Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG verfolgten Ziele ebenfalls für eine Konzeption des Kartells und des zuwiderhandelnden Unternehmens spricht, bei der nicht danach unterschieden wird, in welchem Sektor oder auf welchem Markt die betroffenen Unternehmen tätig sind.
50 Im vorliegenden Fall steht jedoch, wie nachfolgend in den Randnrn. 122 bis 133 näher ausgeführt wird, fest, dass Deltafina mit den Verarbeitern aktiv und unmittelbar an einem Kartell beteiligt war, von dem sie wusste oder wissen musste, dass es den Wettbewerb im Sektor Rohtabak in Spanien ausschließen oder beschränken sollte.
51 Die vorstehend in Randnr. 48 dargelegte Beurteilung des Gerichts trifft im vorliegenden Fall umso mehr zu, als AC‑Treuhand als Beratungsunternehmen in keiner Weise als Wettbewerber oder auf der Seite von Angebot oder Nachfrage auf dem Markt des betreffenden Erzeugnisses, nämlich dem Markt für organisches Peroxid, tätig war, während Deltafina als Hauptabnehmer der spanischen Verarbeiter auf einem Markt in Spanien tätig war, der demjenigen unmittelbar nachgeschaltet ist, auf dem die umstrittenen wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken ausgeübt wurden. Außerdem war Deltafina in Italien auf demselben sachlich relevanten Markt wie dem vorliegenden tätig.
52 Der erste Teil des ersten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
53 Der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes beruht auf der Annahme, dass Deltafina an dem Verarbeiterkartell nicht in gleicher Weise wie diese aktiv und unmittelbar beteiligt war, sondern dessen Durchführung lediglich „mittelbar“ begünstigt hat.
54 Wie bereits vorstehend in Randnr. 50 festgestellt worden ist und wie nachfolgend in den Randnrn. 122 bis 133 noch darzulegen sein wird, ist diese Annahme unrichtig.
55 Jedenfalls ist auch die Auffassung von Deltafina, die Unternehmen, die nur in untergeordneter Stellung, beiläufig oder passiv zu einem Kartell beigetragen hätten, verstießen nicht gegen Art. 81 Abs. 1 EG, so dass gegen sie keine Geldbuße gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verhängt werden könne, unrichtig.
56 Daher hat das Gericht im Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, eine derartige Auffassung nach dem Hinweis auf die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmen aufgrund seiner Beteiligung an einem Kartell als Mittäter der gesamten Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden kann, zurückgewiesen (Randnrn. 129 bis 136).
57 Insbesondere hat das Gericht in diesem Urteil festgestellt, dass es den Erfordernissen des Grundsatzes der persönlichen Verantwortlichkeit entspricht, einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die Zuwiderhandlung insgesamt zur Last zu legen, wenn zwei Voraussetzungen, eine objektive und eine subjektive, erfüllt sind.
58 Zu der ersten Voraussetzung hat das Gericht festgestellt, dass die Rechtsprechung, sofern es um das Verhältnis zwischen auf demselben relevanten Markt tätigen Unternehmen sowie zwischen solchen Wettbewerbern und ihren Kunden geht, diese als erfüllt ansieht, wenn das teilnehmende Unternehmen – auch in untergeordneter Stellung, nebensächlich oder passiv – zur Durchführung des Kartells beigetragen hat, etwa durch eine stillschweigende Billigung und die unterbliebene Anzeige des entsprechenden Kartells bei den Behörden (Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 133).
59 Um zu dieser Feststellung zu gelangen, hat das Gericht zunächst darauf hingewiesen, dass es für einen hinreichenden Nachweis der Beteiligung des betreffenden Unternehmens an dem Kartell ausreicht, dass die Kommission belegt, dass das Unternehmen an Sitzungen teilgenommen hat, bei denen wettbewerbswidrige Vereinbarungen geschlossen wurden, ohne sich offen dagegen auszusprechen (Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 130). Um die Beteiligung eines Unternehmens an einer einheitlichen Vereinbarung darzutun, die eine Gesamtheit von zu unterschiedlichen Zeiten begangenen Zuwiderhandlungen umfasst, muss die Kommission beweisen, dass das Unternehmen durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte, dass es das von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigte oder an den Tag gelegte tatsächliche Verhalten kannte oder vernünftigerweise vorhersehen konnte und dass es bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In dieser Hinsicht führt die stillschweigende Billigung einer rechtswidrigen Initiative, ohne sich offen von deren Inhalt zu distanzieren oder sie bei den Verwaltungsbehörden anzuzeigen, dazu, dass die Fortsetzung der Zuwiderhandlung begünstigt und ihre Entdeckung verhindert wird. Diese Komplizenschaft stellt eine passive Form der Beteiligung an der Zuwiderhandlung dar und ist daher geeignet, die Verantwortlichkeit eines Unternehmens im Rahmen einer einheitlichen Vereinbarung auszulösen. Diese Grundsätze finden entsprechend auf Sitzungen Anwendung, an denen nicht nur miteinander konkurrierende Erzeuger, sondern auch deren Kunden teilgenommen haben.
60 Sodann hat das Gericht in Randnr. 131 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, in Bezug auf die Bestimmung der persönlichen Verantwortung eines Unternehmens, das sich nicht so umfassend und intensiv wie andere Unternehmen an dem Kartell beteiligt hat, festgestellt, dass sich nach der Rechtsprechung zwar die Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG notwendigerweise aus einem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen ergeben, die alle Mittäter der Zuwiderhandlung sind, dass deren Beteiligung aber insbesondere in Abhängigkeit von den Merkmalen des relevanten Marktes und der Stellung des einzelnen Unternehmens auf diesem Markt, den verfolgten Zielen und der gewählten oder vorgesehenen Art und Weise der Durchführung verschiedene Formen aufweisen kann; die Verantwortung des einzelnen Unternehmens für die gesamte Zuwiderhandlung einschließlich des Verhaltens, das zwar tatsächlich von anderen beteiligten Unternehmen an den Tag gelegt worden ist, aber dieselbe wettbewerbswidrige Zielsetzung oder Wirkung hat, kann dabei nicht allein deshalb ausgeschlossen sein, weil jedes Unternehmen sich auf eine ihm eigene Art und Weise an der Zuwiderhandlung beteiligt.
61 Das Gericht hat schließlich in Randnr. 132 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, befunden, dass die Tatsache, dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt hat oder dass es bei den Aspekten, an denen es beteiligt war, eine untergeordnete Rolle gespielt hat, daher für den Nachweis des Vorliegens einer Zuwiderhandlung dieses Unternehmens irrelevant ist. Die gegebenenfalls begrenzte Bedeutung der Beteiligung des betroffenen Unternehmens kann somit seine persönliche Verantwortung für die gesamte Zuwiderhandlung nicht in Frage stellen, doch kann sie sich nichtsdestoweniger auf die Beurteilung des Umfangs und der Schwere der Zuwiderhandlung und gegebenenfalls die Bemessung der Sanktion auswirken.
62 Zur zweiten Voraussetzung hat das Gericht in Randnr. 134 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, festgestellt, dass einem beteiligten Unternehmen im Übrigen die Gesamtheit einer Zuwiderhandlung nur dann zur Last gelegt werden kann, wenn es seinen eigenen Willen so geäußert hat, dass deutlich wird, dass es – und sei es nur stillschweigend – die Ziele des Kartells teilt. Diese subjektive Voraussetzung ist zum einen in den Kriterien der stillschweigenden Billigung des Kartells und der fehlenden öffentlichen Distanzierung von seinem Inhalt enthalten, da diese Kriterien die Vermutung implizieren, dass das betroffene Unternehmen weiterhin die Ziele und die Durchführung des Kartells billigt; sie ist zum anderen die Rechtfertigung dafür, dass das betroffene Unternehmen als mitverantwortlich betrachtet werden kann, da es durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte, die Zuwiderhandlungen der anderen Beteiligten kannte oder vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.
63 Nach Randnr. 136 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, finden die vorstehend in den Randnrn. 57 bis 62 dargelegten Grundsätze entsprechend auf die Beteiligung eines Unternehmens Anwendung, das aufgrund seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und seines beruflichen Sachverstands die Wettbewerbswidrigkeit der fraglichen Verhaltensweisen erkennen musste und so die Begehung der Zuwiderhandlung in nicht zu vernachlässigender Weise unterstützen konnte.
64 Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina rechtsfehlerhaft als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft
– Vorbringen der Parteien
65 Deltafina macht geltend, die Kommission habe sie rechtsfehlerhaft als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft.
66 Hierfür trägt sie folgende Gesichtspunkte vor, durch die sich ihre Lage von der anderer Unternehmen unterscheide, die in anderen Fällen als Anführer eines Kartells angesehen worden seien:
– Sie habe im Hinblick auf das den Verarbeitern vorgeworfene Verhalten keine impulsgebende Rolle wahrgenommen.
– Sie habe kein Unternehmen dazu bewegt – und erst recht nicht dazu gezwungen –, sich dem Verarbeiterkartell anzuschließen.
– Sie habe auf niemanden Druck ausgeübt und sei dazu ohnehin nicht in der Lage gewesen.
– Sie habe keine Rolle bei der Leitung oder Überwachung des Verarbeiterkartells wahrgenommen, das zudem auch über keine „Leitungsorgane“ verfügt habe.
– Ihr Vorsitzender, Herr M., habe nur an vier Sitzungen des Verarbeiterkartells teilgenommen und dabei nicht dessen „Strategien inszenieren“ können.
– Sie habe nicht das Verhalten des „Preisführers“ (price leader) auf der Nachfrageseite annehmen können, da sie nicht auf derselben Stufe der Wirtschaftskette wie die spanischen Verarbeiter tätig gewesen sei und daher keinen Rohtabak bei den Erzeugern erworben habe.
– Sie habe zu keiner Zeit über die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit verfügt, Sanktionen oder Retorsionsmaßnahmen gegen Mitglieder des Verarbeiterkartells zu verhängen, die den gemeinsamen Maßnahmen nicht entsprochen hätten.
67 Im Übrigen bestreitet Deltafina das Vorbringen der Kommission, wonach die ihr zugeschriebene Anführerrolle in der angefochtenen Entscheidung nur als erschwerender Umstand berücksichtigt worden sei. Diese Rolle sei nämlich der einzige Vorwurf, der gegen sie erhoben worden sei.
68 Die Kommission hält dem zunächst entgegen, selbst wenn sie Deltafina zu Unrecht als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet hätte, könnte dies das Unternehmen nicht von jeder Verantwortung für die ihr vorgeworfenen Zuwiderhandlungen entbinden, sondern allenfalls zu einer Ermäßigung der Geldbuße führen. Die Anführerrolle von Deltafina im Verarbeiterkartell sei in der angefochtenen Entscheidung nämlich nur als erschwerender Umstand bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt worden.
69 Im Übrigen sei der vorliegende Teil jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen. Hierzu weist die Kommission zum einen darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung ihre frühere Entscheidungspraxis als solche nicht als Rechtsrahmen für wettbewerbsrechtliche Geldbußen diene. Zum anderen verweist sie auf den 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der hinreichend deutlich und genau angebe, aus welchen Gründen Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet worden sei.
– Würdigung durch das Gericht
70 Festzustellen ist, dass Deltafina den vorliegenden Teil zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung vorgebracht hat und sie damit wie mit den ersten beiden Teilen dartun will, dass die Kommission sie nicht für das Verarbeiterkartell hätte verantwortlich machen dürfen.
71 Wie die Kommission zu Recht geltend macht, wurde die Anführerrolle von Deltafina im Verarbeiterkartell in der angefochtenen Entscheidung nur im Zusammenhang mit der Bemessung der Geldbuße, und zwar als erschwerender Umstand, berücksichtigt (vgl. Erwägungsgründe 435 und 436 der angefochtenen Entscheidung). Entgegen den Ausführungen von Deltafina hat die Kommission die Verantwortlichkeit von Deltafina für die Zuwiderhandlung nicht daraus abgeleitet, dass sie im Verarbeiterkartell eine führende Rolle gespielt habe, sondern aus der vor allem auf die in den Erwägungsgründen 359 bis 369 der angefochtenen Entscheidung zusammengefassten Gründe gestützten Feststellung, dass sie unmittelbar und aktiv an diesem Kartell beteiligt gewesen sei. Die Deltafina zugeschriebene Eigenschaft des Anführers des Verarbeiterkartells hatte, mit anderen Worten, keine Auswirkungen auf ihre Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung.
72 Die Kommission hat Deltafina im Wesentlichen aufgrund derselben Verhaltensweisen als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft, aus denen sie auch ihre Beteiligung an diesem Kartell hergeleitet hat. Wie die Kommission zu Recht in ihren Schriftsätzen feststellt, geht es jedoch bei der Frage, ob ein Unternehmen an einem Kartell beteiligt war und gegebenenfalls bei der Frage nach dem Ausmaß und der Intensität dieser Beteiligung um zwei unterschiedliche Beurteilungen, nämlich erstens um die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG und zweitens um die Bestimmung des Strafmaßes.
73 Nach alledem kann der dritte Teil des ersten Klagegrundes, selbst wenn er begründet sein sollte, nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen. Er ist daher im Rahmen dieses Klagegrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen. Jedoch wird er bei der Prüfung des sechsten Klagegrundes zu berücksichtigen sein, der teilweise auf denselben Argumenten beruht.
Zum vierten Teil: Die Kommission habe es unterlassen, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt abzugrenzen
– Vorbringen der Parteien
74 Deltafina wirft der Kommission vor, es unterlassen zu haben, in der angefochtenen Entscheidung die relevanten Produktmärkte und räumlichen Märkte abzugrenzen.
75 Hierzu bezieht sich Deltafina zunächst auf die Randnrn. 27 ff. des Urteils des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Adriatica di Navigazione/Kommission (T‑61/99, Slg. 2003, II‑5349). Nach Randnr. 30 dieses Urteils könnten die Rügen wegen der Abgrenzung des relevanten Marktes durch die Kommission auch andere Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EG betreffen als das Bestehen einer „Vereinbarung“ zwischen Unternehmen, „die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten“ und „die Beeinträchtigung des Wettbewerbs“, wie z. B. die Reichweite des fraglichen Kartells, seinen einheitlichen oder umfassenden Charakter oder das Ausmaß der individuellen Beteiligung jedes der betroffenen Unternehmen. Es handele sich dabei um Gesichtspunkte, die mit dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für die Begehung kollektiver Zuwiderhandlungen und mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen wie den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit eng verknüpft seien. Nach Randnr. 32 dieses Urteils sei es „daher wünschenswert, dass die Kommission, wenn sie eine Entscheidung erlässt, in der die Beteiligung eines Unternehmens an einer komplexen, kollektiven und ununterbrochenen Zuwiderhandlung, wie sie bei Kartellen oft vorliegt, festgestellt wird, über die Prüfung der besonderen Tatbestandsmerkmale des Artikels [81 Abs. 1 EG] hinaus berücksichtigt, dass eine solche Entscheidung nur insoweit zur persönlichen Verantwortlichkeit jedes ihrer Adressaten führen kann, als deren Beteiligung an den geahndeten kollektiven Verhaltensweisen nachgewiesen ist und diese zutreffend umrissen sind. Da eine derartige Entscheidung erhebliche Folgen für die Beziehungen der betroffenen Unternehmen nicht nur zur Verwaltung, sondern auch zu Dritten haben kann, hat die Kommission den oder die relevanten Märkte zu prüfen und in den Gründen der Entscheidung, in der eine Zuwiderhandlung gegen Artikel [81 Abs. 1 EG] geahndet wird, genau genug zu bestimmen, um die Funktionsweise des Marktes, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, zu erfassen und gleichzeitig den wesentlichen Anforderungen der Rechtssicherheit zu genügen.“
76 Ferner trägt Deltafina vor, da sie nicht auf dem Markt tätig gewesen sei, auf dem das wettbewerbsbeschränkende Verhalten stattgefunden habe, verstoße die Kommission gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, wenn sie sie für verantwortlich für diese Verhaltensweisen erkläre und gegen sie eine Sanktion verhänge.
77 Aus dem gleichen Grund stelle die Kommission schließlich in der angefochtenen Entscheidung keine „Verbindung zwischen [diesen] Verhaltensweisen und den Wirkungen auf dem Markt auf, die, selbst wenn ihrem Gegenstand nach eine Zuwiderhandlung vorliegt, in einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Ausdruck kommen muss“. Der Hinweis der Kommission im 368. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf Randnr. 136 des Urteils des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission (T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141), gehe fehl.
78 Die Kommission hält dem Vorbringen von Deltafina zunächst entgegen, sie habe in der angefochtenen Entscheidung den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang des Marktes hinreichend deutlich und genau bestimmt, auf dem die fraglichen wettbewerbswidrigen Praktiken erfolgt seien.
79 Sodann weist die Kommission den Vorwurf von Deltafina zurück, sie habe den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit verletzt, indem sie diese als für die fraglichen wettbewerbsbeschränkenden Praktiken verantwortlich betrachtet habe, obwohl die Gesellschaft nicht auf dem Markt, auf dem diese Verhaltensweisen beobachtet worden seien, tätig gewesen sei.
80 Die Kommission hält schließlich das Vorbringen von Deltafina, da diese nicht auf dem fraglichen Markt tätig gewesen sei, habe es keine Verbindung zwischen dem betreffenden rechtswidrigen Verhalten und dessen Aufwirkungen auf diesen Markt gegeben, für „vollkommen unsinnig“. Die Tatsache, dass Deltafina auf dem Markt, auf dem die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken festgestellt worden seien, nicht unmittelbar tätig gewesen sei, entbinde sie weder von ihrer Verantwortlichkeit für diese Praktiken, noch müsse sie zu dem Schluss führen, dass sie sich nicht auf diesen Markt ausgewirkt hätten. Unter Bezugnahme insbesondere auf Randnr. 136 des Urteils European Night Services u. a./Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, trägt sie vor, nach ständiger Rechtsprechung sei es nicht erforderlich, die konkreten Wirkungen von Übereinkünften auf dem Markt zu beurteilen, die den Wettbewerb, wie im vorliegenden Fall, offensichtlich beschränkten.
– Würdigung durch das Gericht
81 Entgegen dem Vorbringen von Deltafina hat es die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht versäumt, den Produktmarkt und den räumlichen Markt abzugrenzen.
82 Aus dieser Entscheidung geht nämlich hinreichend deutlich und genau hervor, dass es sich bei dem relevanten Markt um den spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak handelt. Die Kommission gibt vor allem in den Erwägungsgründen 19 bis 65 der angefochtenen Entscheidung eine genaue Beschreibung der in der Erstverarbeitung von Rohtabak tätigen Unternehmen in Spanien – indem sie u. a. Einzelheiten zum Einkauf und zur Verarbeitung von Rohtabak sowie zu den geschäftlichen Beziehungen zwischen den Unternehmen nennt –, der Erzeuger von Rohtabak, ihrer Vertreter, unterschiedlicher Gesichtspunkte zum Rohtabaksektor in Spanien, wie z. B. Erzeugungsgebiete, Menge und Wert der Erzeugung, Verkaufswert, verschiedene Rohtabaksorten und deren (maximale) durchschnittliche Lieferpreise, sowie des für Rohtabak geltenden gemeinschaftlichen und innerstaatlichen Gesetzesrahmens.
83 Im Übrigen können die Bedingungen für die Funktionsweise des Marktes, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, aufgrund der Untersuchung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vollständig erfasst werden, auch wenn Deltafina unter Hinweis auf den letzten Satz von Randnr. 32 des Urteils Adriatica di Navigazione/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, das Gegenteil behauptet.
84 Das Vorbringen von Deltafina, die Kommission habe es unterlassen, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt zu bestimmen, ist umso weniger begründet, als aus zahlreichen Unterlagen hervorgeht, dass sie durchaus verstanden hat, dass es sich hierbei um den spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak handelt. So beruhen, um nur ein Beispiel zu nennen, alle Argumente, auf die sie den ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes stützt, eben darauf.
85 Der vierte Teil des ersten Klagegrundes entbehrt daher jeder sachlichen Grundlage.
86 Dem von Deltafina vorgetragenen Argument, die Kommission habe den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit missachtet, indem sie Deltafina für ein Kartell verantwortlich gemacht habe, das auf einem Markt durchgeführt worden sei, auf dem dieses Unternehmen nicht tätig gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Wie bereits vorstehend in den Randnrn. 48 und 49 ausgeführt, kann ein Unternehmen das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot verletzen, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist. Ausschlaggebend für die Einhaltung der Anforderungen an den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, wenn einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die Zuwiderhandlung insgesamt zur Last gelegt werden soll, ist, dass dieses Unternehmen die beiden vorstehend in den Randnrn. 57 bis 63 erwähnten Voraussetzungen − die objektive und die subjektive − erfüllt; dies trifft, wie vorstehend in den Randnrn. 122 bis 133 festgestellt, bei Deltafina zu.
87 Entgegen dem Vorbringen von Deltafina (siehe oben, Randnr. 77) schließlich geht allein daraus, dass sie auf dem relevanten Markt nicht tätig war, nicht hervor, dass das Verarbeiterkartell keine nachteiligen Auswirkungen auf den Wettbewerb auf diesem Markt haben konnte.
88 Nach alledem ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
89 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der erste Klagegrund in keinem seiner Teile durchgreift.
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren, wesentliche Formvorschriften und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie unzureichende Begründung
90 Der zweite Klagegrund besteht aus vier Teilen. Im ersten Teil beanstandet Deltafina, die Kommission habe ihr in der angefochtenen Entscheidung eine andere Rolle als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugeschrieben. Im zweiten Teil macht sie geltend, das ihr vorgeworfene Verhalten müsse vielmehr ihrem Vorsitzenden vorgeworfen werden. Im dritten Teil trägt sie vor, die Kommission habe ihr den Zugang zu bestimmten belastenden Unterlagen verwehrt. Im vierten Teil schließlich macht sie geltend, die Kommission habe in der Mitteilung der Klagegründe den Produktmarkt und den relevanten räumlichen Markt nicht hinreichend genau abgegrenzt.
91 Was die Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht anbelangt, die Deltafina im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorbringt, ohne sie ausdrücklich einem der vier Teile zuzuordnen, trägt sie dazu keinerlei Erläuterung vor. Die Rüge ist daher gemäß Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen (siehe oben, Randnr. 35).
Zum ersten Teil: Die Kommission habe Deltafina in der angefochtenen Entscheidung eine andere Rolle zugeschrieben als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte
– Vorbringen der Parteien
92 Deltafina macht geltend, die Kommission habe ihr dadurch, dass sie sie in der angefochtenen Entscheidung als „Täter“ oder „Mittäter“ für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht und als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft habe, eine andere – bedeutendere – Rolle als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugeschrieben.
93 Zur Begründung verweist sie auf eine Reihe von Unterschieden im Wortlaut der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung. Unter anderem werde in der angefochtenen Entscheidung behauptet, sie sei unmittelbar und aktiv an den umstrittenen Vereinbarungen und Praktiken beteiligt gewesen, während ihr in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht vorgeworfen werde, an diesen Vereinbarungen und Praktiken beteiligt gewesen zu sein; ein solcher Vorwurf werde nur gegenüber den spanischen Verarbeitern erhoben. Auch werde in der Mitteilung der Beschwerdepunkte an keiner Stelle erwähnt, dass Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet werden könnte. Außerdem rügt Deltafina eine Reihe von Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.
94 Deltafina trägt vor, die Kommission habe mit dieser Vorgehensweise nicht nur eine Behauptung aufgestellt, die nicht durch Angaben in den Akten belegt werde, sondern auch ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt. Insbesondere habe die Kommission es ihr verwehrt, sich zu der in der angefochtenen Entscheidung gegen sie vorgebrachten Einstufung als Täter oder Mittäter einer Zuwiderhandlung und als Anführer des Verarbeiterkartells zu äußern.
95 Die Kommission hält dem entgegen, sie habe Deltafina niemals als „Täter“ oder „Mittäter“ der fraglichen wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken eingestuft, zumal diese Einstufungen im Wettbewerbsrecht auch keine „rechtliche Bedeutung“ besäßen. Unter Berufung auf die Ausführungen zum Sachverhalt in den Erwägungsgründen 362 bis 366 der angefochtenen Entscheidung weist sie darauf hin, dass sie dort zu der Schlussfolgerung gelangt sei, Deltafina sei in vollem Umfang an diesen Praktiken „beteiligt“ gewesen und daher als „uneingeschränkt“ mitverantwortlich für die Zuwiderhandlung zu betrachten.
96 In der Mitteilung der Beschwerdepunkte habe sie die Feststellung, dass Deltafina an dem Verarbeiterkartell beteiligt und damit für den Verstoß gegen Art. 81 EG mitverantwortlich gewesen sei, auf denselben Sachverhalt gestützt. Im Übrigen habe sich Deltafina in ihrer Erwiderung auf diese Mitteilung der Beschwerdepunkte weitgehend gegen die Rolle verteidigt, die ihr im Verarbeiterkartell zugeschrieben worden sei. Keiner der von Deltafina geltend gemachten „redaktionellen Unterschiede“ zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung könne daher eine Verletzung der Verteidigungsrechte von Deltafina belegen.
97 Im Übrigen weist die Kommission die Kritik von Deltafina an bestimmten Erwägungen der angefochtenen Entscheidung zurück.
98 Angesichts der in den Erwägungsgründen 363 bis 365 der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Verhaltensweisen entbehre es keineswegs einer sachlichen Begründung, wenn sie, wie im 361. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geschehen, feststelle, dass Deltafina eine „besonders aktive“ Rolle im Verarbeiterkartell gespielt habe.
99 Aus dem Vorstehenden folge, dass sie weder ermessensfehlerhaft gehandelt noch die Verteidigungsrechte von Deltafina verletzt habe, indem sie diese als an den in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten wettbewerbswidrigen Handelspraktiken beteiligt angesehen und sie für mitverantwortlich für diese Praktiken erklärt habe.
100 Auf die Kritik von Deltafina an ihrer Einstufung in der angefochtenen Entscheidung als Anführer des Verarbeiterkartells entgegnet die Kommission zunächst, diese könne, ihre Begründetheit einmal unterstellt, allenfalls zu einer Herabsetzung der Geldbuße führen.
101 Nach ständiger Rechtsprechung erfülle sie auch ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweise, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung anführe sowie angebe, ob diese „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sei (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 199). Die nach dieser Rechtsprechung erforderlichen Angaben seien in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten.
102 Schließlich habe es jedenfalls keine Auswirkungen auf die Verteidigung von Deltafina, dass sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht ausdrücklich angegeben habe, dass sie die besondere Rolle, die dieses Unternehmen im Rahmen des Verarbeiterkartells gespielt habe, als erschwerenden Umstand bewerten wolle. So habe dieses in seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, S. 31 bis 37, ausdrücklich Argumente vorgebracht, die seine Rolle herunterspielen sollten.
– Würdigung durch das Gericht
103 Der vorliegende Teil besteht im Wesentlichen aus zwei Punkten. Zum einen macht Deltafina geltend, ihre Rolle in dem Verarbeiterkartell werde in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der angefochtenen Entscheidung unterschiedlich bewertet. Zum anderen bestreitet sie die Richtigkeit der Bewertung in der angefochtenen Entscheidung.
104 Hinsichtlich beider Punkte rügt Deltafina u. a. ihre Einstufung als Anführer des Verarbeiterkartells. So wirft sie der Kommission im Rahmen des ersten Punktes vor, diese habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Umstand nicht erwähnt, dass sie als Anführer des Verarbeiterkartells betrachtet werden könne, und habe dadurch ihre Verteidigungsrechte verletzt. Im Rahmen des zweiten Punktes macht sie geltend, in der angefochtenen Entscheidung werde die Schlussfolgerung der Kommission, sie habe eine solche Rolle in dem Verarbeiterkartell eingenommen, nicht hinreichend belegt.
105 Wie bereits vorstehend in Randnr. 71 festgestellt und von der Kommission zu Recht hervorgehoben, wurde die Deltafina zugeschriebene Eigenschaft als Anführer des Verarbeiterkartells in der angefochtenen Entscheidung nur im Zusammenhang mit der Bemessung der Geldbuße, und zwar als erschwerender Umstand, berücksichtigt. Selbst wenn die dieser Einstufung entgegengehaltene Verletzung der Verteidigungsrechte dargetan oder diese Einstufung nicht rechtlich hinreichend bewiesen worden sei, könnte dies nicht die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zur Folge haben, auf die der vorliegende Teil abzielt, sondern höchstens eine Herabsetzung der gegen Deltafina verhängten Geldbuße. Die vorgebrachte Kritik ist daher im Rahmen des vorliegenden Teils als ins Leere gehend zurückzuweisen. Sie wird nachstehend im Rahmen des sechsten Klagegrundes geprüft, auf den Deltafina ihren Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße stützt und der im Wesentlichen auf denselben Erwägungen beruht.
106 Die übrigen Rügen, auf die Deltafina den vorliegenden Teil stützt, werfen drei verschiedene Fragen auf, erstens, auf welcher Grundlage die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu dem Schluss gelangt ist, Deltafina habe gegen Art. 81 EG verstoßen, zweitens, ob es hierbei Unterschiede zwischen der Entscheidung und der Mitteilung der Beschwerdepunkte gibt, und drittens, ob die erwähnte Schlussfolgerung der Kommission hinreichend gerechtfertigt sei.
107 Zur ersten Frage ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung, wie bereits vorstehend in den Randnrn. 15 bis 21 festgestellt, zwei auf dem spanischen Markt für Rohtabak gegründete und durchgeführte horizontale Kartelle betrifft, das Kartell der spanischen Verarbeiter und Deltafina und das Kartell der Erzeugervertreter. Der angefochtenen Entscheidung zufolge werden beide Kartelle durch eine Reihe von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Handelspraktiken gekennzeichnet und stellen jeweils eine einzige und fortgesetzte Verletzung von Art. 81 Abs. 1 EG dar (vgl. u. a. Erwägungsgründe 275 bis 277 und 296 bis 298 der angefochtenen Entscheidung).
108 Die spanischen Verarbeiter und Deltafina werden für die gesamte erste Verletzung und die Erzeugervertreter für die gesamte zweite Verletzung verantwortlich gemacht (vgl. u. a. Art. 1 und Erwägungsgründe 358, 359 und 366 der angefochtenen Entscheidung).
109 Aus mehreren Erwägungsgründen der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission davon ausgeht, dass Deltafina wie die spanischen Verarbeiter Vereinbarungen geschlossen und/oder sich an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt hat, die darauf abzielten, jedes Jahr zwischen 1996 und 2001 den (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreis für jede Sorte Rohtabak − alle Qualitäten − festzulegen und die Mengen für jede Rohtabaksorte aufzuteilen, die die einzelnen Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnten (vgl. u. a. die Erwägungsgründe 85, 88, 112, 144, 274, 276, 278, 279, 281 bis 283, 285 bis 287, 301, 303, 305 und 357 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem wird davon ausgegangen, dass Deltafina wie die spanischen Verarbeiter zwischen 1999 und 2001 Abkommen geschlossen und/oder an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt war, die die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der in den Tabellen im Anhang zu den „Anbauverträgen“ enthaltenen einzelnen Rohtabaksorten festlegen und zusätzliche Bedingungen erfüllen sollten (vgl. u. a. Erwägungsgründe 85, 274, 276, 290 und 357 der angefochtenen Entscheidung).
110 Deltafina wird, mit anderen Worten, vorgeworfen, unmittelbar und aktiv an dem Verarbeiterkartell beteiligt gewesen zu sein (vgl. u. a. Erwägungsgründe 357, 361, 366 und 369 der angefochtenen Entscheidung). Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission vor allem im 369. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hinweist, dass „die Rolle von Deltafina in diesem konkreten Fall als direkt und führend und nicht auf die Funktion des externen Koordinators und/oder Unterstützers beschränkt ist“.
111 In den Erwägungsgründen 359 bis 366 der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission unter Hinweis auf weitere Erwägungsgründe dieser Entscheidung dar, auf welchen Erwägungen und besonderen Tatsachen ihre vorstehend in den Randnrn. 109 und 110 erwähnten Schlussfolgerungen beruhen.
112 Es handelt sich dabei um folgende Erwägungen und Tatsachen:
– Der Vorsitzende von Deltafina und – gelegentlich – andere Vertreter von Deltafina nahmen an bestimmen Treffen des Verarbeiterkartells teil (Erwägungsgründe 67, 112 und 363 der angefochtenen Entscheidung), konkret an dem Treffen vom 13. März 1996 in Madrid (Spanien) (Erwägungsgründe 88 und 92 der angefochtenen Entscheidung), vom 17. Dezember 1996 (117. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), vom 30. Januar 1997 in Rom (Italien) (118. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und vom März 1999 (186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
– Nahm Deltafina an einem bestimmten Treffen des Verarbeiterkartells nicht teil, so wurde sie in der Regel von den Verarbeitern über die Lage auf dem Rohtabakmarkt in Spanien und über deren Vorgehensweisen unterrichtet (Erwägungsgründe 112, 133 bis 136, 140 bis 143, 145, 149 und 364 der angefochtenen Entscheidung).
– Im Jahr 1997 wurde dem Vorsitzenden von Deltafina auch ein Vermerk übergeben, den die spanischen Verarbeiter bei einem ihrer Treffen verfasst und unterzeichnet hatten und der die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen im Einzelnen wiedergab (Erwägungsgründe 122 und 364 der angefochtenen Entscheidung).
– Deltafina schaltete sich in die Organisation des Verarbeiterkartells ein, insbesondere in Form von Briefen zur Sicherstellung einer reibungslosen Umsetzung der rechtswidrigen Vereinbarungen, und damit als Vermittler bei Auseinandersetzungen zwischen ihnen (Erwägungsgründe 140 und 365 der angefochtenen Entscheidung).
– Deltafina nahm eine zentrale Rolle bei den Verhandlungen zwischen den spanischen Verarbeitern und den Erzeugervertretern über die Preisklassen für Überschusstabak aus der Ernte von 1999 ein (Erwägungsgründe 207, 221 und 365 der angefochtenen Entscheidung).
113 Zur zweiten Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt, der auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muss (Urteile des Gerichtshofs vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, Slg. 1979, 461, Randnr. 9, und vom 2. Oktober 2003, ARBED/Kommission, C‑176/99 P, Slg. 2003, I‑10687, Randnr. 19).
114 Dieser Grundsatz verlangt vor allem, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die die Kommission an ein Unternehmen richtet, gegen das sie eine Sanktion wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln zu verhängen beabsichtigt, die wesentlichen diesem Unternehmen zur Last gelegten Gesichtspunkte wie den ihm vorgeworfenen Sachverhalt, dessen Einstufung und die von der Kommission herangezogenen Beweismittel enthält, damit sich das Unternehmen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens, das gegen es eingeleitet worden ist, sachgerecht äußern kann (vgl. Urteil ARBED/Kommission, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnr. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).
115 Zudem ist eine Verletzung der Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren anhand der Rügen zu beurteilen, die die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Entscheidung erhoben hat, die dieses Verfahren beendet (Urteile des Gerichts vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission, T‑30/91, Slg. 1995, II‑1775, Randnr. 60, und ICI/Kommission, T‑36/91, Slg. 1995, II‑1847, Randnr. 70). Unter diesen Umständen setzt die Feststellung einer Verletzung der Verteidigungsrechte voraus, dass die Rüge, die dem Unternehmen zufolge in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht erhoben worden sein soll, von der Kommission in ihrer abschließenden Entscheidung ausgesprochen wird.
116 Im vorliegenden Fall unterscheidet die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte wie in der angefochtenen Entscheidung zwischen zwei horizontalen Kartellen, die durch ein Netz von Vereinbarungen und/oder konzertierten Praktiken auf dem spanischen Markt für Rohtabak gekennzeichnet sind, wobei das erste den Sektor der Erstverarbeitung und das zweite den der Erzeugung umfasst, und bezeichnet diese Kartelle jeweils als einzige und fortgesetzte Verletzung von Art. 81 Abs. 1 EG (vgl. u. a. Nrn. 1, 316 bis 318 und 338 bis 340 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Wie in der angefochtenen Entscheidung werden die spanischen Verarbeiter und Deltafina darin für die gesamte erste Verletzung und die Erzeugervertreter für die gesamte zweite Verletzung verantwortlich gemacht (vgl. u. a. Nrn. 411, 412 und 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte).
117 Was Deltafina anbelangt, geht aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte klar hervor, dass diese Gesellschaft wie in der angefochtenen Entscheidung aufgrund ihrer unmittelbaren und aktiven Beteiligung an der Tätigkeit des Verarbeiterkartells für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wird. So stellt die Kommission in Nr. 415 Satz 1 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, der mit dem 361. Erwägungsgrund Satz 1 der angefochtenen Entscheidung fast übereinstimmt, fest, dass „Deltafina … eine besonders aktive Rolle bei der restriktiven Praktik der Rohtabakverarbeiter in Spanien [gespielt habe]“. Ebenso stellt die Kommission u. a. in Nr. 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die ähnlich wie der 366. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung lautet, fest, dass „Deltafina eine aktive Rolle bei der Ausarbeitung und der Durchführung der zwischen den [Verarbeitern] ab dem Jahr 1996 geschlossenen Vereinbarung über durchschnittliche Preise und über die Mengen sowie bei der Aushandlung von Preisklassen für Überschusstabak im Jahr 2000 zugeschrieben werden“ müsse.
118 Im Übrigen entsprechen die Begründung und der Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Rüge einer unmittelbaren und aktiven Beteiligung von Deltafina an der entsprechenden Verletzung stützt, im Wesentlichen der Begründung und dem Sachverhalt, die sie in der angefochtenen Entscheidung vorbringt und die vorstehend in Randnr. 112 festgestellt worden sind (vgl. u. a. Nrn. 412 bis 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und die verschiedenen Nummern dieser Mitteilung, auf die dort Bezug genommen wird).
119 Festzustellen ist daher, dass sich die angefochtene Entscheidung entgegen dem Vorbringen von Deltafina im Hinblick auf die Gründe, aus denen diese für die Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht wird, nicht von der Mitteilung der Beschwerdepunkte unterscheidet. Aufgrund der Mitteilung der Beschwerdepunkte hätte Deltafina ohne Weiteres verstehen müssen, dass sich die Kommission wie in der angefochtenen Entscheidung auf ihre unmittelbare und aktive Beteiligung an den Tätigkeiten des Verarbeiterkartells stützen wollte. Da Deltafina durch die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht nur von dem Vorwurf einer unmittelbaren und aktiven Beteiligung an der Zuwiderhandlung, sondern auch von dem Sachverhalt, auf den die Kommission diese Rüge in der angefochtenen Entscheidung stützt, Kenntnis nehmen konnte, war die Klägerin voll und ganz in der Lage, ihre Verteidigung im Verwaltungsverfahren sicherzustellen.
120 Deltafina wird zwar in der angefochtenen Entscheidung an mehreren Stellen ausdrücklich in der Weise erwähnt, dass sie neben den spanischen Verarbeitern an den Vereinbarungen und/oder den umstrittenen konzertierten Praktiken teilgenommen habe (siehe oben, Randnr. 109), nicht aber in der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine unterschiedliche Darstellung des Sachverhalts, mit der diesem in der angefochtenen Entscheidung nur genauer Rechnung getragen werden soll, und in der keine inhaltliche Änderung der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten Beschwerdepunkte gesehen werden kann. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die endgültige Entscheidung der Kommission nicht notwendig ein Abbild der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu sein braucht (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission, 41/69, Slg. 1970, 661, Randnr. 91, und vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 14; Urteil des Gerichts vom 8. Oktober 1996, Compagnie maritime belge de transports u. a./Kommission, T‑24/93 bis T‑26/93 und T‑28/93, Slg. 1996, II‑1201, Randnr. 113).
121 Ebenso stellt die Kommission in Nr. 413 der Mitteilung der Beschwerdepunkte unter Hinweis auf ihre Entscheidung 80/1334/EWG vom 17. Dezember 1980 betreffend ein Verfahren nach [Art. 81 EG] (IV/29.869 – Gussglas in Italien) (ABl. L 383, S. 9, im Folgenden: Entscheidung Gussglas) fest, dass nach ihrer Entscheidungspraxis „ein Unternehmen, das bei der Durchführung von Wettbewerbsbeschränkungen, die ausdrücklich Zweck der fraglichen Vereinbarungen sind, ‚bewusst‘ mitgewirkt hat, für die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen ‚mitverantwortlich‘ gemacht werden kann“. Diese Bemerkung, die sich so in der angefochtenen Entscheidung nicht wiederfindet und die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte im Abschnitt über die Adressaten, insbesondere Deltafina, enthalten ist, könnte dem ersten Anschein nach dahin ausgelegt werden, dass die Kommission Deltafina lediglich vorwirft, sie habe die Begehung der Zuwiderhandlung begünstigt, nicht aber, sie sei an dem Kartell unmittelbar und aktiv beteiligt gewesen. Einer solchen Auslegung kann jedoch nicht gefolgt werden, da sie die Mitteilung der Beschwerdepunkte insofern nicht berücksichtigt, als Deltafina darin, insbesondere in den Nrn. 415 und 420, eindeutig vorgeworfen wird, aktiv an dem Verarbeiterkartell beteiligt gewesen zu sein (siehe oben, Randnr. 117). Tatsächlich wollte die Kommission mit dieser Feststellung in Randnr. 413 der Mitteilung der Beschwerdepunkte – selbst wenn man bedauern kann, dass sie dies nicht genauer formuliert hat – zum Ausdruck bringen, dass ein Unternehmen gegen das in Art. 81 Abs. 1 EG vorgesehene Verbot verstoßen könne, wenn sein mit anderen Unternehmen abgestimmtes Verhalten den Wettbewerb auf einem relevanten Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes beschränken solle, ohne dass dies notwendig voraussetze, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig sei. Dies wird deutlich, wenn diese Feststellung im Zusammenhang mit der Entscheidung Gussglas gelesen wird, auf die sie zurückgeht.
122 Hinsichtlich der dritten Frage bestreitet Deltafina nicht, dass der Sachverhalt, auf den sich die Kommission, wie vorstehend in Randnr. 112 festgestellt, in den Erwägungsgründen 359 bis 366 der angefochtenen Entscheidung beruft, um sie für einen Verstoß gegen Art. 81 EG verantwortlich zu machen, auf Beweismittel gestützt ist, die in den Akten enthalten sind. Tatsächlich stellt Deltafina im Rahmen des vorliegenden Teils die Schlussfolgerung der Kommission in Frage, aufgrund dieses Sachverhalts könne ihr die gesamte erste Verletzung zugerechnet werden.
123 In dieser Hinsicht sind, wie dargelegt, nur zwei Voraussetzungen, eine objektive und eine subjektive, erforderlich, um einem an einem Kartell beteiligten Unternehmen die gesamte Verletzung zuzurechnen (siehe oben, Randnrn. 57 bis 63). Was die erste Voraussetzung anbelangt, muss dieses Unternehmen – auch in untergeordneter Stellung, beiläufig oder passiv – zur Durchführung des Kartells beigetragen haben. Was die zweite Voraussetzung anbelangt, muss das Unternehmen seinen eigenen Willen so geäußert haben, dass deutlich wird, dass es – und sei es nur stillschweigend – die Ziele des Kartells teilt.
124 Im vorliegenden Fall hat Deltafina für den Zeitraum der Zuwiderhandlung erwiesenermaßen aktiv und unmittelbar zur Durchführung des Kartells beigetragen.
125 So ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass zwei Vertreter von Deltafina, ihr Vorsitzender Herr M. und ihr Verkaufsdirektor Herr C., an dem ersten Treffen des Verarbeiterkartells, der Sitzung vom 13. März 1996 in Madrid, teilgenommen haben, bei dem Preise und Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 erörtert sowie eine Preisvereinbarung getroffen worden sind. Aus einem im 95. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Fax von WWTE an Deltafina vom 10. April 1996 geht hervor, dass Deltafina aktiv am Abschluss dieser Vereinbarung beteiligt war und das Protokoll über die Vereinbarung erstellt hat. Aus diesem Fax sowie dem Fax von Agroexpansión an Deltafina vom 22. April 1996 geht ebenfalls hervor, dass WWTE und Agroexpansión sich bei Deltafina über die Missachtung der Vereinbarung durch Cetarsa beschwert haben.
126 Ein weiteres Treffen des Verarbeiterkartells war für den 17. Dezember 1996 anberaumt. Bei diesem Treffen war Herr M. anwesend. Er und Herr C. haben auch an dem Treffen des Verarbeiterkartells vom 30. Januar 1997 in Rom teilgenommen, bei dem Vereinbarungen über die Preise und die Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 getroffen worden sind. Aus den Akten geht hervor, dass Herr M. einen während dieses letzten Treffens verfassten und von den spanischen Verarbeitern unterzeichneten Vermerk aufbewahrt hat, in dem die Einzelheiten dieser unterschiedlichen Vereinbarungen dargelegt waren und der schließlich auf Bitten der Verarbeiter vernichtet worden ist.
127 In der Folge wurde Deltafina mehrfach von WWTE und Agroexpansión über die Lage auf dem spanischen Rohtabakmarkt informiert und erhielt Beschwerden, dass die vorstehend in Randnr. 126 erwähnten Vereinbarungen sowie weitere Vereinbarungen, die in den ersten Monaten des Jahres 1997 geschlossen worden seien, nicht eingehalten würden. So sandte WWTE am 29. April 1997 ein Fax an Herrn M., in dem sie ihn darauf hinwies, dass der (durchschnittliche) Mindestpreis, zu dessen Zahlung sich Cetarsa gegenüber den Erzeugern verpflichtet habe, der im Beisein von Herrn M. geschlossenen Vereinbarung zwischen den Verarbeitern entgegenlaufe und es daher unmöglich sei, die Zusage einzuhalten, einen Durchschnittspreis von 50/60 ESP pro Kilo zu zahlen. Auf dieses Fax hin forderte Herr M. mit Fax vom selben Tag auf Geschäftspapier von Deltafina WWTE auf, „Ruhe zu bewahren“, und stellte fest: „… immer mehr zu zahlen, hilft niemandem“. Am 30. April 1997 sandte Agroexpansión ein Fax an Herrn M., in dem sie ihm u. a. mitteilte: „Wieder einmal waren die Vereinbarungen und Treffen mit den anderen [Verarbeitern] nutzlos und lächerlich. Agroexpansión ist auf den Kompromiss eingegangen und wird 5 Mio. kg kaufen, aber 30 ESP mehr als im letzten Jahr zahlen.“ Mit Fax vom 9. Juli 1997 beschwerte sich WWTE erneut bei Deltafina über das Verhalten von Cetarsa, indem sie u. a. die Notwendigkeit bekräftigte, „dass in dem Sektor endlich Frieden einkehrt“, und dass „eine Einigung ohne Vereinbarung“ erzielt werde. Im Fax von WWTE hieß es weiter: „Wie Du bei vielen Gelegenheiten gesagt hast: Eine Vereinbarung über Preise ist ohne Vereinbarung über Mengen nicht möglich. Die Vereinbarung über Mengen kann sich nicht nur auf ein Jahr beziehen … Es bedarf einer Vereinbarung [für einen Zeitraum von] möglicherweise fünf Jahren [oder] mindestens drei Jahren.“
128 Am 1. Oktober 1997 sandte Agroexpansión ein Fax an Deltafina, um ihr mitzuteilen, dass WWTE zugesagt habe, höhere Preise als vereinbart zu zahlen. Daraufhin schrieb Herr M. am selben Tag auf Geschäftspapier von Deltafina an WWTE, um sie darauf hinzuweisen, dass sich, wenn sich diese Information als richtig erweise, ein ernsthaftes Problem stelle und ihr Verhalten als ein „heftiger Angriff“ gegen Agroexpansión ausgelegt werden könne. WWTE äußerte sich dazu mit Fax vom 2. Oktober 1997 an Deltafina.
129 Am 6. November 1997 sandte WWTE ein Fax an Deltafina, in dem sie u. a. darauf hinwies, dass sie „alles“ versuche, damit eine Vereinbarung über die Mengen zustande komme, und dass sie bei dem Treffen, zu dem sie mit den anderen Verarbeitern am 20. November 1997 zusammenkommen werde, „die Absicherung [der] Vereinbarungen durch Hinterlegung bedeutender Summen Geld vorschlagen wird. Dies wird eine gewisse Sicherheit in die Ausführung der Vereinbarungen bringen.“ Diesem Fax war eine Tabelle mit Informationen über bestimmte Preise beigefügt, die von den spanischen Verarbeitern jeweils gezahlt wurden.
130 Deltafina wurde von Taes über die Rahmenvereinbarung über die Bedingungen für den Einkauf während des Wirtschaftsjahrs 1998/1999 unterrichtet, die von den Verarbeitern im Anschluss an dieses Treffen bei dem Treffen in Madrid am 20. Januar 1998 geschlossen worden war.
131 Aus einem Tätigkeitsbericht von Agroexpansión vom 6. April 1999 geht hervor, dass Herr M. im März 1999 an einem Treffen mit den spanischen Verarbeitern und der Anetab teilnahm, bei der die Rohtabakpreise und die Aufteilung der Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 erörtert wurden.
132 Deltafina trat schließlich im Jahr 2000 in die Verhandlungen mit den Verarbeitern und den Erzeugervertretern ein, die sich auf die Preisklassen für den Überschussrohtabak von 1999 bezogen. Im Hinblick auf eine für Ende Februar 2000 anberaumte Sitzung der Anetab sandte Herr M. am 15. Februar ein Fax auf Geschäftspapier von Deltafina an Cetarsa, Agroexpansión und WWTE, um ihnen dazu seine Überlegungen, Anregungen und Vorschläge zukommen zu lassen.
133 Angesichts der objektiven Umstände der Beteiligung von Deltafina insgesamt ist festzustellen, dass sie in voller Kenntnis der Sachlage vorsätzlich an dem Verarbeiterkartell mitgewirkt hat. Es ist nämlich offensichtlich, dass Deltafina sich entweder über den wettbewerbswidrigen und rechtswidrigen Zweck dieses Kartells nicht im Unklaren sein konnte oder ihn kannte, wobei dieser Zweck vor allem darin bestand, Treffen mit wettbewerbswidrigem Ziel abzuhalten und sensible Informationen auszutauschen, woran sie während des gesamten Zeitraums der Zuwiderhandlung und im Zusammenhang mit einem Vermerk über die Einzelheiten bestimmter Vereinbarungen über die Preise und die Einkaufsmengen von Rohtabak, den sie verwahrte, aktiv beteiligt war. Hinzuzufügen ist in diesem Zusammenhang, dass Deltafina angesichts der wichtigen Rolle, die sie auf dem Einkaufsmarkt für verarbeiteten spanischen Tabak einnahm, und ihrer Rolle als Verantwortlicher für die Koordinierung und Überwachung der Handelstätigkeiten der Universal-Gruppe in Europa (siehe nachstehend Randnrn. 142 und 268 bis 272) ein Interesse daran hatte, dass die fraglichen wettbewerbswidrigen Praktiken durchgeführt würden.
134 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ohne Verletzung der Verteidigungsrechte von Deltafina zu Recht festgestellt hat, dass die Klägerin für die Zuwiderhandlung, die in dem Verarbeiterkartell besteht, verantwortlich war.
135 Der erste Teil ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil: Das Deltafina vorgeworfene Verhalten müsse vielmehr ihrem Vorsitzenden vorgeworfen werden
– Vorbringen der Parteien
136 Deltafina macht geltend, das ihr vorgeworfene Verhalten hätte lediglich ihrem Vorsitzenden, Herrn M., zugeschrieben werden können, da dieser im Rahmen des Verarbeiterkartells stets im eigenen Namen und nicht als Vertreter oder Organ der Gesellschaft gehandelt habe.
137 Die spanischen Verarbeiter hätten Herrn M. aufgrund der von ihm gebotenen Neutralität und der Autorität, über die er in der Tabakindustrie sowohl in Spanien und Italien als auch in der übrigen Welt verfügt habe, als „Hüter ihrer Vereinbarungen“ gewählt.
138 Die Kommission beantragt, das Vorbringen von Deltafina zurückzuweisen.
– Würdigung durch das Gericht
139 Aus einer Reihe von Unterlagen in den Akten geht hervor, dass Herr M. an dem Verarbeiterkartell nicht im eigenen Namen, sondern in seiner Eigenschaft als Vertreter von Deltafina beteiligt war.
140 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Herr M. Vorsitzender dieser Gesellschaft ist.
141 Außerdem wurde Herr M. bei bestimmten Treffen des Kartells von einem anderen Vertreter von Deltafina begleitet, der wichtige Funktionen innerhalb dieser Gesellschaft innehatte (siehe oben, Randnrn. 125 und 126). Im Übrigen fand die Sitzung vom 30. Januar 1997 in Rom (siehe oben, Randnr. 126) in den Geschäftsräumen von Deltafina statt, und der Schriftverkehr von Herrn M. an die spanischen Verarbeiter im Rahmen des Verarbeiterkartells erfolgte auf Geschäftspapier der Gesellschaft. Außerdem setzte Herr M. im Fax vom 29. April 1997 an WWTE neben seinen eigenen Namen den Namen der Gesellschaft (siehe oben, Randnr. 127).
142 Schließlich sollten mit der Beteiligung von Herrn M. an den Aktivitäten des Verarbeiterkartells eindeutig die Geschäftsinteressen von Deltafina auf dem spanischen Markt wahrgenommen werden. So ist Deltafina zum einen für die Zusammenarbeit und die Überwachung der Handelstätigkeit der Universal-Gruppe in Europa verantwortlich und besitzt durch den Kauf von Rohtabak von ihrer Schwestergesellschaft in Spanien, Taes, ein unmittelbares Interesse. Zum anderen hat Deltafina, abgesehen davon, dass sie fast den gesamten verarbeiteten Tabak von Taes kaufte (27. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), bedeutende Verträge über den Ankauf von verarbeitetem Tabak mit Cetarsa (Erwägungsgründe 20 und 29 der angefochtenen Entscheidung) und Agroexpansión (Erwägungsgründe 21 und 29 der angefochtenen Entscheidung) geschlossen. Wie aus bestimmten Aktenstücken hervorgeht und zwischen den Parteien unstreitig ist, beeinflusste der von den spanischen Verarbeitern für den Einkauf von Rohtabak gezahlte Preis unmittelbar den von Deltafina für den Einkauf von verarbeitetem Tabak gezahlten Preis (vgl. auch den 32. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
143 Des Weiteren besaß Deltafina dem Bericht von Taes vom 18. Februar 2002 (siehe oben, Randnr. 9) zufolge durch den Abschluss der Vereinbarung über den Kaufpreis von Überschussrohtabak von 1999 ein geschäftliches Interesse, da sie zusätzliche Mengen an verarbeitetem Tabak erwerben wollte. Ferner wird in dem Schriftwechsel zwischen Deltafina und den spanischen Verarbeitern im Rahmen des Verarbeiterkartells mehrfach ausdrücklich auf die Lage von Deltafina Bezug genommen.
144 Nach alledem ist der zweite Teil als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina den Zugang zu bestimmten belastenden Unterlagen verweigert
– Vorbringen der Parteien
145 Deltafina macht geltend, dadurch, dass ihr der Zugang zu Dokumenten verweigert worden sei, aus denen sich ergebe, dass sie die Rolle des Anführers des Kartells gespielt habe, habe die Kommission ihre Verteidigungsrechte und ihr Recht auf ein faires Verfahren verletzt.
146 Die Kommission habe ihrem Antrag auf Zugang zu den Stellungnahmen der anderen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht entsprochen, den sie mit Fax vom 23. März 2004 gestellt und mit Fax vom 24. November 2004 wiederholt habe. Die Hauptpunkte, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung beziehe, um ihr die Anführerrolle zuzuschreiben, seien jedoch Teil der Erwiderungen von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte.
147 Die Kommission bestreitet, ihre Feststellung, dass Deltafina eine führende Rolle im Rahmen des Verarbeiterkartells gespielt habe, aus Gesichtspunkten hergeleitet zu haben, die in der Erwiderung von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten gewesen seien. Wie aus dem 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgehe, hätten Agroexpansión und WWTE diese Rolle oder, genauer, den „Sachverhalt, aus dem sich diese Rolle ergibt“, einfach bestätigt. Sie hätten keinen Sachverhaltsgesichtspunkt vorgetragen, der Deltafina nicht schon in der Mitteilung der Beschwerdepunkte entgegengehalten worden sei und gegen den sie sich daher nicht habe verteidigen können.
– Würdigung durch das Gericht
148 Aus denselben Gründen, die vorstehend in den Randnrn. 70 bis 73 und 105 angeführt sind, ist das Vorbringen, auf das Deltafina den vorliegenden Teil stützt, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Es ist nachfolgend im Rahmen des sechsten Klagegrundes zu prüfen, auf den Deltafina ihren Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße stützt.
Zum vierten Teil: Die Kommission habe den relevanten Produktmarkt und den räumlichen Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend genau bestimmt
– Vorbringen der Parteien
149 Deltafina macht geltend, die Kommission habe den relevanten Produktmarkt und den räumlichen Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend genau bestimmt und dadurch ihre Verteidigungsrechte nachhaltig beeinträchtigt.
150 Wenn dieser Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte „unmissverständlich“ bestimmt worden wäre, hätte sie der Kommission tatsächliche und rechtliche Argumente vortragen können, aufgrund deren diese zu anderen Schlussfolgerungen als den in der angefochtenen Entscheidung gezogenen gelangt wäre. Insbesondere wäre es ihr ermöglicht worden, Argumente zu ihrer Präsenz auf dem relevanten Markt und ihrer dortigen Rolle vorzubringen.
151 Die Kommission tritt dem Vorbringen von Deltafina entgegen.
– Würdigung durch das Gericht
152 Zunächst ergibt sich aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte hinreichend klar und genau, dass es sich bei dem relevanten Markt um den spanischen Markt für den Einkauf und die Erstverarbeitung von Rohtabak handelt. In der Mitteilung der Beschwerdepunkte beschreibt die Kommission wie in der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnrn. 82 und 83) die Erstverarbeiter von Rohtabak in Spanien – wobei sie vor allem Einzelheiten zum Einkauf und zur Verarbeitung von Rohtabak sowie zu den zwischen den Unternehmen bestehenden Handelsbeziehungen aufführt –, die Erzeuger von Rohtabak und ihre Vertreter, verschiedene Aspekte des Rohtabaksektors in Spanien, wie z. B. die Erzeugungsgebiete, den Verkaufswert, die verschiedenen Rohtabaksorten und die (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreise für diese jeweiligen Sorten sowie den für Rohtabak geltenden gemeinschaftlichen und innerstaatlichen Gesetzesrahmen (vgl. Nrn. 15 bis 81 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Aufgrund der Untersuchung der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte war vollkommen klar, wie der Markt, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, funktionierte.
153 Ferner geht aus der Erwiderung von Deltafina auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hervor, dass es diese nicht nur sehr wohl verstanden hat, wie die Kommission den relevanten Markt im vorliegenden Fall aufgefasst hat, sondern dass sie sich auch zu ihrer Rolle auf diesem Markt geäußert hat.
154 Daher ist der vierte Teil des zweiten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
155 Nach alledem kann der zweite Klagegrund nicht durchgreifen.
Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] sowie unzureichende Begründung
Vorbringen der Parteien
156 Deltafina macht geltend, die Kommission habe nicht hinreichend dargetan, dass die fraglichen restriktiven Praktiken den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt hätten.
157 Sie stützt diese Behauptung zunächst darauf, dass die Kommission sich widerspreche, indem sie zum einen im 316. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung behaupte, dass „[d]ie restriktive Praktik zwischen den [Verarbeitern] und Deltafina … [unmittelbare oder mittelbare, tatsächliche oder potenzielle] Auswirkungen auf die Handelsströme zwischen Spanien und den anderen Mitgliedstaaten [hatte], da das Ziel der restriktiven Praktik darin bestand, den Export von in Spanien verarbeitetem Tabak zu garantieren“, und zum anderen im 412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, ihr liege „kein aussagekräftiges Belegmaterial vor, das Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen der von den Erzeugern und [Verarbeitern] begangenen Verletzungen auf den Markt zulässt“.
158 Ferner rügt Deltafina, die Kommission sei im vorliegenden Fall „aus dem einzigen objektiven Grund“ von einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ausgegangen, „weil ein anderes Produkt als dasjenige des wahrscheinlich relevanten Marktes manchmal auf andere Märkte ausgeführt werden kann“. So berücksichtige die Kommission einen dem relevanten Markt nachgelagerten Markt, den Markt für verarbeiteten Tabak. Außerdem beschreibe die Kommission weder die „Marktkräfte“ auf diesem nachgelagerten Markt, noch erkläre sie, wie dieser „in wettbewerbswidriger und erheblicher Weise“ durch Verhaltensweisen auf dem relevanten Markt hätte beeinträchtigt werden können. Deltafina wirft der Kommission auch vor, außer Acht zu lassen, dass der Rohtabakmarkt ein „ausschließlich nationaler Markt“ sei, da nichtspanische Unternehmen in Spanien als Verarbeiter nicht zugelassen seien und bei den spanischen Erzeugern keinen Rohtabak kaufen könnten. Es gebe auch weder Einfuhren von Rohtabak aus Spanien noch Ausfuhren von Rohtabak dorthin.
159 Ferner habe die Kommission gegen Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] verstoßen, in der es u. a. heiße: „Die Behörde …, die vorbringt, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar beeinträchtigt werden könnte, muss darlegen, warum eine bestimmte Vereinbarung wahrscheinlich nur mittelbare oder potenzielle Auswirkungen haben wird. Hypothetische oder spekulative Auswirkungen genügen nicht, um die Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts zu begründen.“
160 Deltafina macht schließlich geltend, das fragliche Kartell ähnele einem „[Kartell, das] nur einen einzigen Mitgliedstaat [betrifft]“, im Sinne der Nrn. 78 bis 82 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG]. Diesen Leitlinien zufolge bestehe die „Fähigkeit dieser Kartelle zur Verfälschung des Handels im Wesentlichen darin, dass sie Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten auszuschließen könnten“. In der angefochtenen Entscheidung weise jedoch nichts darauf hin, dass im vorliegenden Fall eine solche Ausschlusswirkung vorliege. Vielmehr sei wegen der regulatorischen Schranken, die der Niederlassung ausländischer Verarbeiter in Spanien entgegenstünden, und der Eigenschaften des Rohtabaks, aufgrund deren dieses Erzeugnis sofort nach der Ernte in der Nähe des Anbauorts verarbeitet werden müsse, „das Auftreten selbst mittelbarer Auswirkungen, bei deren Eintreten eine nur hypothetische Beeinträchtigung des Handels in eine potenzielle Beeinträchtigung umgewandelt werden könne“, wenig wahrscheinlich.
161 Nach Auffassung der Kommission ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
162 Zunächst sei die Bedingung, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt werde, erfüllt, wenn sich anhand einer Gesamtheit rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lasse, dass die fragliche Vereinbarung den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell in einem der Erreichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteiligen Sinn beeinflussen könne. Für die Anwendung von Art. 81 EG sei es daher nicht erforderlich, darzutun, dass der Warenverkehr tatsächlich beeinträchtigt werde.
163 Sodann weist die Kommission darauf hin, dass sie in den Erwägungsgründen 316 und 317 der angefochtenen Entscheidung die Gründe dargelegt habe, warum die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken den Handel zwischen Mitgliedstaaten „beeinflussen können“. Es gebe keinen Widerspruch zwischen den Erwägungsgründen 316 und 412 der angefochtenen Entscheidung.
164 Im Übrigen bestreite Deltafina weder, dass ein Kartell in Bezug auf den Kaufpreis von Rohtabak Auswirkungen auf den Preis von verarbeitetem Tabak haben könne, noch, dass der spanische verarbeitete Tabak hauptsächlich zur Ausfuhr bestimmt sei. Angesichts dieser Umstände müsse die Kommission nicht den Markt für verarbeiteten Tabak beschreiben, um zu dem Schluss zu gelangen, dass ein Kartell Auswirkungen auf die Ausfuhr dieses Erzeugnisses haben könne.
165 Die Kommission weist schließlich das Vorbringen von Deltafina zurück, da sich das fragliche Kartell als ein Kartell darstelle, das sich nur auf einen einzigen Mitgliedstaat beziehe, habe sie darzutun, dass Wettbewerber anderer Mitgliedstaaten ausgeschlossen würden. Sie verweist hierzu u. a. auf den 317. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung.
Würdigung durch das Gericht
166 Nach gefestigter Rechtsprechung müssen Auslegung und Anwendung des Tatbestandsmerkmals der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten in den Art. 81 EG und 82 EG vom Zweck dieses Merkmals ausgehen, auf dem Gebiet der Wettbewerbsregeln den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts von dem des Rechts der Mitgliedstaaten abzugrenzen. In den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen dabei alle Kartelle und alle Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die für die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird (Urteile des Gerichtshofs vom 31. Mai 1979, Hugin Kassaregister und Hugin Cash Registers/Kommission, 22/78, Slg. 1979, 1869, Randnr. 17, und vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner, C‑475/99, Slg. 2001, I‑8089, Randnr. 47).
167 Ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur dann beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen, die die Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes hemmen könnte. Außerdem darf diese Beeinträchtigung nicht nur geringfügig sein (Urteile des Gerichtshofs vom 28. April 1998, Javico, C‑306/96, Slg. 1998, I‑1983, Randnr. 16, und Ambulanz Glöckner, oben in Randnr. 166 angeführt, Randnr. 48).
168 Damit ergibt sich eine Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel im Allgemeinen daraus, dass mehrere Voraussetzungen erfüllt sind, die für sich allein genommen nicht unbedingt entscheidend sind (Urteile des Gerichtshofs vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a., C‑215/96 und C‑216/96, Slg. 1999, I‑135, Randnr. 47, und vom 29. April 2004, British Sugar/Kommission, C‑359/01 P, Slg. 2004, I‑4933, Randnr. 27).
169 Außerdem setzt Art. 81 Abs. 1 EG nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass die Kartelle, auf die er sich bezieht, den innergemeinschaftlichen Handel tatsächlich spürbar beeinträchtigen, sondern lässt den Nachweis genügen, dass sie hierzu geeignet sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado, C‑238/05, Slg. 2006, I‑11125, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).
170 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.
171 Die Kommission hat im Einzelnen im 316. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass dieses Tatbestandsmerkmal des Art. 81 EG erfüllt gewesen sei, da das Verarbeiterkartell geeignet gewesen sei, sich auf die Ausfuhren von verarbeitetem Tabak aus Spanien in die anderen Mitgliedstaaten auszuwirken.
172 Hierzu ist festzustellen, dass, wie aus verschiedenen Passagen der angefochtenen Entscheidung hervorgeht (vgl. u. a. Erwägungsgründe 20, 23, 27, 32 und 84 der angefochtenen Entscheidung), zum einen der Kaufpreis von Rohtabak den Preis von verarbeitetem Tabak unmittelbar beeinflusst und zum anderen der spanische verarbeitete Tabak hauptsächlich zur Ausfuhr bestimmt ist. Diese im Übrigen von Deltafina nicht bestrittenen Voraussetzungen reichen aus, um darzutun, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, sich auf die Ausfuhr von spanischem verarbeitetem Tabak auszuwirken, so dass Deltafina nicht rügen konnte, die Kommission habe die „Marktkräfte“ für dieses Erzeugnis nicht beschrieben.
173 Zwar hat die Kommission die Prüfung, ob die Voraussetzung der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten erfüllt ist, auf ein Erzeugnis – verarbeiteten Tabak – bezogen, das sich auf einem dem relevanten Markt nachgelagerten Markt befindet. Wie Deltafina jedoch in der Klageschrift ausdrücklich festgestellt hat, entspricht diese Vorgehensweise nicht nur der Rechtsprechung, nach der der Einfluss auf die Handelsströme mittelbar sein kann (siehe oben, Randnr. 167), sondern auch den Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG]. In Nr. 38 dieser Leitlinien heißt es u. a.: „Mittelbare Auswirkungen entstehen häufig in Bezug auf Waren, die mit den von einer Vereinbarung oder Verhaltensweise erfassten Waren verwandt sind. Mittelbare Auswirkungen können sich … ergeben, wenn eine Vereinbarung oder Verhaltensweise Einfluss auf grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten von Unternehmen hat, welche die von der Vereinbarung oder Verhaltensweise erfassten Waren nutzen oder anderweitig darauf zurückgreifen. Solche Auswirkungen können beispielsweise entstehen, wenn eine Vereinbarung oder Verhaltensweise ein Zwischenerzeugnis betrifft, das zwar nicht gehandelt, aber bei der Lieferung eines gehandelten Endprodukts verwendet wird.“
174 Außerdem wird die Schlussfolgerung der Kommission, das Verarbeiterkartell sei geeignet, sich auf die Ausfuhr von spanischem verarbeitetem Tabak und damit auf den innergemeinschaftlichen Handel auszuwirken, nicht durch die Feststellung im 412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung widerlegt, wonach „[ihr] … kein aussagekräftiges Belegmaterial vorliegt, das Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen der von den Erzeugern und [Verarbeitern] begangenen Verletzungen auf den Markt zulässt. Faktisch ist es nicht möglich, im Nachhinein die Preise zu ermitteln, zu denen der Rohtabak auf dem Markt in Spanien gehandelt worden wäre, wenn das dargelegte Verfahren nicht stattgefunden hätte.“ Mit dieser Aussage, die im Zusammenhang mit der Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung getroffen wird, beschränkt sich die Kommission auf die Feststellung, dass sie die tatsächlichen Wirkungen des Verarbeiterkartells auf den Markt nicht genau messen könne. Sie schließt nicht aus, dass das Kartell solche Wirkungen haben könnte. Wie nachfolgend in den Randnrn. 245 bis 259 genauer darzulegen sein wird, hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung bei der Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung vielmehr im Gegenteil berücksichtigt, dass das Verarbeiterkartell seit 1998 konkrete Wirkungen auf den Markt hatte.
175 Da der Gedankengang der Kommission im 316. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus den vorstehend ausgeführten Gründen für sich allein hinreichend beweist, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu haben, müssen die Rügen, die Deltafina gegen das von der Kommission im 317. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hilfsweise vorgebrachte Argument, dass „eine Vereinbarung, ein Beschluss oder eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise, die sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats bezieht, dazu geeignet ist, die Aufteilung der nationalen Märkte zu stärken und damit die gegenseitige wirtschaftliche Durchdringung zu behindern, deren Verwirklichung Gegenstand des EG-Vertrags ist“, geltend macht, nicht geprüft werden.
176 Was schließlich den spürbaren Charakter der Handelsbeeinträchtigung durch das Verarbeiterkartell anbelangt, hat die Kommission im 317. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dieses Kartell habe alle anerkannten Verarbeiter in Spanien zusammengebracht, diese kauften praktisch den gesamten in Spanien jedes Jahr erzeugten Rohtabak, das Kartell habe sich auf die gesamte Menge des so erworbenen Rohtabaks bezogen und der Rohtabak sei nach seiner Verarbeitung überwiegend zur Ausfuhr verkauft worden. Diese verschiedenen Punkte reichen für den Nachweis aus, dass das Verarbeiterkartell geeignet war, sich spürbar auf den innergemeinschaftlichen Handel auszuwirken.
177 Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
178 Daher können die Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg haben.
3. Zu den Anträgen auf Herabsetzung der Geldbuße
Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil A und Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien und der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ sowie unzureichende Begründung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
179 In den Erwägungsgründen 404 bis 458 der angefochtenen Entscheidung prüft die Kommission die Frage, welche Geldbußen gegen die Adressaten zu verhängen sind.
180 Im 405. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist sie darauf hin, dass sie bei der Festlegung der Geldbuße die Schwere und die Dauer der Verletzung berücksichtigen müsse.
181 Um den der Schwere entsprechenden Ausgangsbetrag zu bestimmen, prüft die Kommission zunächst in den Erwägungsgründen 407 bis 414 der angefochtenen Entscheidung die Schwere des fraglichen Verstoßes.
182 So weist sie zunächst im 407. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass für eine solche Prüfung die Art des Verstoßes, seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar seien, sowie die Größe des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen seien.
183 Sodann stellt die Kommission im 408. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest: „Die Produktion von Rohtabak in Spanien macht 12 % der Produktionsmenge der Gemeinschaft aus. Insgesamt wird in Spanien auf 14 571 Hektar Land Tabak angebaut. Die Anbauflächen befinden sich vor allem in den autonomen Regionen Extremadura (84 %), Andalusien (11,5 %) und Kastilien-León (3 %). Der Markt ist verhältnismäßig klein und überwiegend auf eine Region in Spanien konzentriert.“
184 Im 409. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wird „[d]ie Verletzung … als besonders schwer eingestuft, da sie die Festsetzung von Preisen und Aufteilung der Mengen von Rohtabaksorten in Spanien betrifft“.
185 In Bezug auf die Erzeugervertreter weist die Kommission im 410. Erwägungsgrund darauf hin, dass diese an Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen teilgenommen hätten, die u. a. die Festsetzung von Preisklassen pro Qualitätsstufe für jede Rohtabaksorte – innerhalb welcher die Erzeuger später den Endpreis des Rohtabaks bei der Lieferung ausgehandelt hätten – sowie den durchschnittlichen Mindestpreis pro Erzeuger und pro Erzeugergemeinschaft beträfen. Selbst wenn die Spannen innerhalb der Preisklassen sehr breit gewesen seien und eine Differenz von 100 % bis 380 % zwischen dem Mindest- und dem Höchstpreis für jede Qualitätsstufe einer Rohtabaksorte ausgemacht hätten, hätten die Erzeugervertreter das Ziel verfolgt, durch die Vereinbarung eines durchschnittlichen Mindestpreises – pro Erzeuger und pro Erzeugergemeinschaft – einen höheren Endverkaufspreis für ihren Rohtabak zu erzielen, als er durch den Wettbewerb auf dem Markt zustande gekommen sei.
186 Hinsichtlich der spanischen Verarbeiter und Deltafina hebt die Kommission im 411. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass diese, abgesehen davon, dass sie ebenfalls eine Vereinbarung über die Preisklassen pro Qualitätsstufe und zusätzliche Bedingungen getroffen hätten, „unter der Hand verschiedene andere Aspekte der anzuwendenden Preise und Mengen, insbesondere die durchschnittlichen Lieferhöchstpreise für jede Rohtabaksorte (alle Qualitäten) sowie die Mengen des von den einzelnen [Verarbeitern] zu kaufenden Rohtabaks [vereinbart]“ hätten. Außerdem hätten sie seit 1998 ausgefeilte Entschädigungs- und Übertragungsmechanismen eingesetzt, um ihr geheimes Kartell über Preise und Mengen durchzusetzen.
187 Im 412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission schließlich darauf hin, dass ihr „kein aussagekräftiges Belegmaterial [vorliegt], das Rückschlüsse auf die tatsächlichen Auswirkungen der von den Erzeugern und [Verarbeitern] begangenen Verletzungen auf dem Markt zulässt. Faktisch ist es nicht möglich, im Nachhinein die Preise zu ermitteln, zu denen der Rohtabak auf dem Markt in Spanien gehandelt worden wäre, wenn das dargelegte Verhalten nicht stattgefunden hätte.“ Nach dem folgenden Erwägungsgrund „lässt sich jedoch feststellen, dass zumindest seit 1998 das Kartell der [Verarbeiter] als Folge der geheimen Preis- und Mengenabsprachen vor und nach dem Abschluss von Anbauverträgen und bis zum Abschluss der letzten Transaktionen voll funktionsfähig und aktiv war und somit sehr wahrscheinlich einen bedeutenden Einfluss auf den Markt ausgeübt hat“.
188 Im 414. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission darauf hin, dass auf der Grundlage der vorausgehenden Überlegungen festzustellen sei, dass beide Verletzungen als „besonders schwer“ einzustufen seien. Sie werde aber „die relativ geringe Größe des Produktmarkts berücksichtigen“.
189 Anschließend gelangt die Kommission zu einer unterschiedlichen Behandlung der fraglichen Unternehmen, da „die jeweilige Gewichtung aller betreffenden Unternehmen sowie die tatsächlichen Auswirkungen ihres ungesetzlichen Handelns bei der Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbuße berücksichtigt werden [müssen]. Auf diese Weise soll die abschreckende Wirkung der für jedes Unternehmen festgesetzten Geldbuße im Verhältnis zu ihrem Beitrag zu den illegalen Verhaltensweisen stehen“ (415. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
190 So unterscheidet sie zunächst zwischen dem Verarbeiterkartell einerseits (Erwägungsgründe 416 bis 424 der angefochtenen Entscheidung) und dem Erzeugerkartell andererseits (Erwägungsgründe 425 bis 431 der angefochtenen Entscheidung).
191 In Bezug auf das Verarbeiterkartell ist die Kommission sodann der Ansicht, dass „die Höhe der Geldbußen gemäß dem jeweiligen Beitrag zu den illegalen Verhaltensweisen und der Marktposition der einzelnen Parteien … abgestuft werden sollte“ (416. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
192 Hierzu erklärt die Kommission, dass „gegen Deltafina angesichts seiner starken Marktposition als Hauptabnehmer von verarbeitetem spanischem Tabak der höchste Ausgangsbetrag festgesetzt werden sollte (die Wirtschaftsbeziehungen von Deltafina mit Cetarsa, Agroexpansión und Taes werden in [den Randnrn.] 20, 21 und 27 behandelt). Wegen dieser Nachfragemacht hat Deltafina mehr als irgendein anderer die Fähigkeit, das Verhalten der spanischen Verarbeiter zu beeinflussen“ (417. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
193 In Bezug auf die spanischen Verarbeiter ist die Kommission der Ansicht, dass deren „Beitrag … zu den illegalen Verhaltensweisen … im Allgemeinen als gleich angesehen werden kann“ (418. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Größe und der jeweilige Marktanteil der beteiligten Verarbeiter sollten jedoch berücksichtigt werden.
194 Auf dieser Grundlage teilt die Kommission die spanischen Verarbeiter in drei Gruppen ein:
– Einer ersten Gruppe ordnet sie Cetarsa zu, da diese mit einem Marktanteil von etwa 67 % beim Einkauf von spanischem Rohtabak unter den spanischen Verarbeitern eindeutig führend sei, so dass ihr der höchste Ausgangsbetrag der Geldbuße aufzuerlegen sei (419. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
– Einer zweiten Gruppe ordnet sie Agroexpansión und WWTE zu, da diese jeweils einen Marktanteil von etwa 15 % hielten und ihnen der gleiche Ausgangsbetrag aufzuerlegen sei (420. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
– Einer dritten Gruppe ordnet sie schließlich Taes zu, da diese lediglich einen Marktanteil von 1,6 % halte und ihr daher der niedrigste Ausgangsbetrag aufzuerlegen sei (421. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
195 Um eine hinreichend abschreckende Wirkung der Geldbuße sicherzustellen, hält die Kommission die Anwendung eines Multiplikators auf den für WWTE sowie den für Agroexpansión festgesetzten Ausgangsbetrag für erforderlich. Obwohl diese beiden Gesellschaften einen relativ geringen Anteil am spanischen Markt hielten, gehörten sie zu multinationalen Gruppen von „beträchtlicher wirtschaftlicher und finanzieller Stärke“ und hätten „darüber hinaus … unter dem entscheidenden Einfluss ihrer jeweiligen Mutterunternehmen gehandelt“ (422. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Daher sei es erforderlich, den Ausgangsbetrag unter Anwendung eines Vervielfältigungsfaktors zu erhöhen, welcher einerseits der Größe der Gruppen, denen die beiden Unternehmen angehörten, und andererseits ihrer Größe im Verhältnis zu den anderen spanischen Verarbeitern Rechnung trage (423. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). So wendet sie auf den Ausgangsbetrag von WWTE einen Multiplikator von 1,5 – also eine Erhöhung um 50 % – und auf den Ausgangsbetrag für Agroexpansión einen Multiplikator von 2 – also eine Erhöhung um 100 % – an.
196 Aus diesen Gründen setzt die Kommission im 424. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung folgende Ausgangsbeträge der Geldbußen fest:
– Deltafina: 8 000 000 Euro
– Cetarsa: 8 000 000 Euro
– WWTE: 1 800 000 Euro x 1,5 = 2 700 000 Euro
– Agroexpansión: 1 800 000 Euro x 2 = 3 600 000 Euro
– Taes: 200 000 Euro.
197 Im Hinblick auf die Erzeugervertreter ist die Kommission schließlich der Ansicht, dass gegen jeden von ihnen lediglich eine symbolische Geldbuße von 1 000 Euro festgesetzt werden sollte (Erwägungsgründe 425 und 430 der angefochtenen Entscheidung). Dies sei u. a. dadurch gerechtfertigt, dass „der Rechtsrahmen für die gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen zu erheblicher Unsicherheit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns von Erzeugervertretern und [Verarbeitern] bei ihren gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen führen kann“ (428. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Außerdem solle berücksichtigt werden, dass „Verhandlungen über Standardverträge und deren Ergebnisse im Allgemeinen öffentlich bekannt waren und dass vor Beginn dieses Verfahrens keine Behörde ihre Rechtmäßigkeit gemäß spanischem Recht oder Gemeinschaftsrecht in Frage gestellt hatte“ (429. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
Vorbringen der Parteien
198 Mit ihrem vierten Klagegrund, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina im Wesentlichen geltend, die Kommission habe bei Bewertung der Schwere der Verletzung und bei Festsetzung des Ausgangsbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße die Leitlinien nicht beachtet und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit sowie „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ missachtet. Außerdem sei die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend begründet.
199 Im Rahmen dieses vierten Klagegrundes bringt Deltafina eine Reihe von Rügen und Argumenten vor, die in sieben Teile gegliedert werden können.
200 Erstens rügt sie, die Kommission habe die Verletzung als „besonders schwer“ eingestuft, obwohl sie eingeräumt habe, dass der relevante Markt eine „relativ geringe Größe“ aufgewiesen habe.
201 Zweitens wirft sie der Kommission vor, die Verletzung als „besonders schwer“ eingestuft zu haben, obwohl ihr kein Beweis für konkrete Wirkungen auf den Markt vorgelegen habe, und daher Nr. 1 Teil A der Leitlinien missachtet zu haben. Aus einem Bericht ihres Ökonomen vom 13. Januar 2005, auf den sie verweist, ergebe sich, dass die beanstandeten Verhaltensweisen wahrscheinlich keine Auswirkungen auf den spanischen Rohtabakmarkt gehabt hätten. Insbesondere werde in diesem Bericht dargetan, dass sich die Preise der spanischen Haupttabaksorte während des Zeitraums der Zuwiderhandlung keineswegs stabilisiert oder verringert, sondern um 21 % erhöht hätten und dass die Preise für spanischen Tabak im selben Zeitraum „im Wesentlichen mit den Preisen in Europa und … der Welt übereingestimmt“ hätten.
202 Drittens sei die angefochtene Entscheidung widersprüchlich, da die Kommission einerseits im 413. Erwägungsgrund feststelle, dass „das Kartell der [Verarbeiter] voll funktionsfähig und aktiv war“ und andererseits in den Erwägungsgründen 85, 88, 111, 113, 122, 126, 130, 133, 144, 175, 186, 206, 229, 231, 232, 233, 235, 239, 244, 255, 256, 257, 284, 294, 295, 296, 307 und 319 vom Gegenteil ausgehe.
203 Viertens macht Deltafina geltend, die Kommission habe den Sachverhalt verzerrt, indem sie im 417. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, sie sei der Hauptabnehmer von verarbeitetem spanischem Tabak und könne wegen ihrer Nachfragemacht das Verhalten der spanischen Verarbeiter beeinflussen. Sie stützt sich hierbei wiederum auf den Bericht ihres Ökonomen vom 13. Januar 2005, vor allem auf die Tabelle 5 dieses Berichts, aus der hervorgehe, dass ihr durchschnittlicher Marktanteil am Kauf von verarbeitetem spanischem Tabak 27,5 %, der Marktanteil von Dimon (einschließlich Agroexpansión) 25,2 %, von Cetarsa 31,6 % und von Standard Commercial Tobacco Co., Inc (einschließlich WWTE) ungefähr 15 % betragen habe.
204 Deltafina führt ferner aus, entgegen der im Amtsblatt gemäß Art. 30 der Verordnung Nr. 1/2003 veröffentlichten Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung sei sie nicht „wichtigster Kunde der drei spanischen Verarbeiter“ gewesen. Nach der Tabelle 7 des erwähnten Berichts ihres Ökonomen habe sie während des Zeitraums der Zuwiderhandlung die gesamte Produktion ihrer Schwestergesellschaft Taes, 32,3 % der Produktion von Cetarsa, durchschnittlich 19,8 % der Produktion von Agroexpansión und einen kleinen Teil der Produktion von WWTE gekauft. Tatsächlich sei Hauptkunde von Cetarsa ein „historischer Kunde“, mit dem diese verbunden sei, nämlich Altadis, SA (vormals Tabacalera), Hauptkunde von Agroexpansión die Gruppe Dimon und Hauptkunde von WWTE die Gruppe Standard.
205 Deltafina rügt schließlich die Auffassung der Kommission, für die Bestimmung der Marktanteile am Einkauf von verarbeitetem spanischem Tabak seien die zwischen Cetarsa und Tabacalera/Altadis vorgenommenen Verkäufe außer Acht zu lassen (siehe nachstehend, Randnr. 218).
206 Fünftens macht Deltafina geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass „der Rechtsrahmen für die gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen zu erheblicher Unsicherheit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns von Erzeugervertretern und [Verarbeitern] bei ihren gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen führen kann“ (428. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und dass „Verhandlungen über Standardverträge und deren Ergebnisse im Allgemeinen öffentlich waren und dass vor Beginn dieses Verfahrens keine Behörde ihre Rechtmäßigkeit gemäß spanischem Recht oder Gemeinschaftsrecht in Frage gestellt hatte“ (429. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Aufgrund dieser Umstände habe die Kommission nur gegen die Erzeuger eine symbolische Geldbuße in Höhe von 1 000 Euro verhängt und in der angefochtenen Entscheidung nicht erläutert, warum diese Lösung nicht auch in ihrem – Deltafinas – Fall gelte. Im Übrigen habe die Kommission gegen Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien verstoßen, wonach „[d]ie Begründung für eine [solche] Geldbuße … im Text der Entscheidung aufgeführt sein [sollte]“.
207 Sechstens rügt Deltafina unter Berufung auf die „Sanktionsgleichheit“, die Kommission habe bei der Prüfung der Schwere des Verstoßes nicht berücksichtigt, dass ihr, anders als den spanischen Verarbeitern, kein „rechtswidriges Kartellverhalten und keine vertikalen Vereinbarungen mit den Erzeugern, ihren Vereinigungen und Kooperativen“ vorgeworfen worden seien.
208 Siebtens führt Deltafina aus, die Kommission habe den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, da sie erheblich von ihrer früheren Praxis im Bereich der Berechnung der Geldbußen bei Absprachen abgewichen sei, die nur Unternehmen einbezogen habe, die auf dem Produktmarkt tätig gewesen seien, auf dem sich der rechtswidrige Sachverhalt ereignet habe. Unter Berufung auf einen zweiten Bericht ihres Ökonomen vom 13. Januar 2005 weist sie darauf hin, dass diese Art Kartell im Lauf der Jahre 1991 bis 2004 durch Geldbußen geahndet worden sei, deren Gesamtbetrag sich auf durchschnittlich 0,91 % des Wertes des relevanten Marktes belaufen habe. Sie wirft der Kommission auch vor, in der angefochtenen Entscheidung nicht angegeben zu haben, aus welchen Gründen sie es für erforderlich gehalten habe, von ihrer früheren Praxis abzurücken.
209 Nach alledem beantragt Deltafina die Herabsetzung der Geldbuße durch das Gericht.
210 Nach Auffassung der Kommission ist der vierte Klagegrund in keinem seiner Teile begründet.
211 Die Kommission macht als Erstes geltend, sie habe bei Festlegung des Ausgangsbetrags der Geldbuße die geringe Größe des relevanten Marktes berücksichtigt, obwohl die fragliche Verletzung ihrer Art nach „besonders schwer“ gewesen sei.
212 Als Zweites tritt sie dem Vorbringen von Deltafina entgegen, ihr liege kein Nachweis vor, dass die fragliche Verletzung konkrete Auswirkungen auf den Markt gehabt habe.
213 Hierzu weist sie erstens darauf hin, dass die restriktiven Praktiken bei der Festsetzung der Preise und der Aufteilung der Versorgungsquellen an sich besonders schwere Verletzungen darstellten, selbst wenn die konkreten Auswirkungen dieser Praktiken auf den Markt nicht bewiesen seien (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso Española/Kommission, T‑348/94, Slg. 1998, II‑1875, Randnr. 232, und European Night Services u. a./Kommission, oben in Randnr. 77 angeführt, Randnr. 136).
214 Zweitens wiederholt sie unter Berufung auf den 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass das Verarbeiterkartell zumindest seit 1998 vollständig durchgeführt und beachtet worden sei, und weist darauf hin, dass daher nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen sei, dass Auswirkungen auf den Markt möglich gewesen seien, selbst wenn diese nicht messbar seien. Wenn keine Auswirkungen des Kartells auf die Entwicklung der Rohtabakpreise möglich gewesen seien, hätten die Verarbeiter und Deltafina im Übrigen keinen Grund gehabt, sich mehr als fünf Jahre lang daran zu beteiligen.
215 Drittens stellt sie fest, der Bericht des Ökonomen von Deltafina vom 13. Januar 2005 belege nicht, dass das Verarbeiterkartell keine konkreten Auswirkungen auf den Markt gehabt habe.
216 Als Drittes macht die Kommission geltend, die anderen von Deltafina herangezogenen Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung stünden nicht im Widerspruch zu ihrer Feststellung im 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung.
217 Als Viertes sei ihre Feststellung, Deltafina habe eine Vorrangstellung auf dem spanischen Rohtabakmarkt eingenommen, nicht fehlerhaft.
218 Hierzu macht die Kommission geltend, der von Deltafina benannte Ökonom habe in seinem Bericht vom 13. Januar 2005 Cetarsa unter den Käufern von verarbeitetem Tabak angeführt, obwohl diese Gesellschaft keinen verarbeiteten Tabak bei Dritten erwerbe. Wenn er die Verkäufe von Cetarsa an Tabacalera/Altadis zu den Gesamtumsätzen auf dem spanischen Markt für verarbeiteten Tabak zählen wolle, seien die Angaben in seinem Bericht nicht richtig, da diese Verkäufe „nicht mit Verkäufen an Drittausführer (wie Universal/Deltafina, Standard und Dimon) verglichen werden [könnten], von denen die Dynamik des Verarbeiterkartells ausgehe“. Bis Mitte der Neunzigerjahre habe Cetarsa fast den gesamten von ihr verarbeiteten Tabak an Tabacalera verkauft, und die beiden Unternehmen seien zumindest bis 1998 in staatlicher Hand gewesen. Daher seien die Handelstätigkeiten zwischen Tabacalera und Cetarsa in den ersten Jahren des Verarbeiterkartells, d. h. von 1996 bis 1998, Verkäufen innerhalb derselben Gruppe gleichzustellen gewesen und könnten nicht in die Berechnung der von Dritten erworbenen Mengen Tabak einbezogen werden („Ausfuhrtabak“). Indem somit die Verkäufe von Cetarsa an Tabacalera/Altadis ausgenommen würden, liege der durchschnittliche Marktanteil von Deltafina auf dem Einkaufsmarkt von verarbeitetem Tabak in Spanien von 1996 bis 2001 erheblich über 27,5 % und sei jedenfalls der größte.
219 Außerdem bestehe kein Zweifel, dass Deltafina auch der Hauptkunde von Cetarsa, Agroexpansión und Taes gewesen sei.
220 Unter Bezugnahme auf verschiedene Passagen der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission schließlich darauf hin, dass Deltafina noch andere „Handelsbeziehungen“ mit den Verarbeitern unterhalte, da sie „mit Cetarsa Verträge für die Behandlung und das Dreschen eines Teils des Tabaks von Taes und Agroexpansión unterzeichnet“ habe.
221 Aufgrund der Tabakkäufe von Taes, Agroexpansión und Cetarsa und aufgrund des Abschlusses von Verträgen mit Cetarsa über die Tabakverarbeitung von Taes habe Deltafina eine „ganz besondere“ Rolle auf dem spanischen Markt eingenommen.
222 Als Fünftes macht die Kommission geltend, sie habe in der angefochtenen Entscheidung ihre Beurteilung der Folgen hinreichend begründet, die die Ungewissheit, die sich aus dem spanischen Rechtsrahmen ergebe, für das Verhalten der verschiedenen Unternehmen und betroffenen Vereinigungen mit sich gebracht habe.
223 Als Sechstes weist die Kommission die Kritik daran als unbegründet zurück, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass Deltafina nicht vorgeworfen worden sei, sie habe „an den Unterredungen und rechtswidrigen vertikalen Verhandlungen“ mit den Erzeugern, ihren Vereinigungen und ihren Genossenschaften teilgenommen.
224 Als Siebtes macht die Kommission geltend, sie sei niemals – weder formell noch informell – eine Verpflichtung eingegangen, die von Deltafina behauptete Praxis im Bereich der Berechnung der Geldbußen zu berücksichtigen. Im Übrigen verfüge sie im Rahmen der Verordnung Nr. 1/2003 über einen weiten Wertungsspielraum für die Festsetzung der Höhe der Geldbußen, beurteile die Schwere der Verletzungen nach verschiedenen Gesichtspunkten, die nicht auf einer zwingenden oder abschließenden Liste von Kriterien beruhten, die berücksichtigt werden müssten, und ihre frühere Entscheidungspraxis sei als solche kein Rechtsrahmen für die Geldbußen auf dem Gebiet des Wettbewerbs, da dieser nur in der Verordnung Nr. 1/2003 festgelegt sei.
Würdigung durch das Gericht
225 Der Prüfung der verschiedenen Rügen von Deltafina sind einige allgemeine Erwägungen zur Bestimmung der Höhe der Geldbußen und vor allem zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung vorauszuschicken.
– Allgemeine Erwägungen
226 Nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 „[ist b]ei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße … sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen“. Dies sah auch Art. 15 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 17 vor, die in der vorliegenden Rechtssache zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung galt.
227 Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission über einen Ermessensspielraum für die Festsetzung der Höhe der Geldbuße, um das Verhalten der Unternehmen auf die Einhaltung der Wettbewerbsregeln auszurichten (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, Slg. 1995, II‑1165, Randnr. 59, vom 11. Dezember 1996, Van Megen Sports/Kommission, T‑49/95, Slg. 1996, II‑1799, Randnr. 53, und vom 21. Oktober 1997, Deutsche Bahn/Kommission, T‑229/94, Slg. 1997, II‑1689, Randnr. 127).
228 Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Urteile des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 241, und Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 129).
229 Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission die Höhe der gegen die verschiedenen Adressaten verhängten Geldbuße anhand der allgemeinen Methode festgesetzt hat, die sie sich in den Leitlinien auferlegt hat, selbst wenn diese in der Entscheidung nicht ausdrücklich erwähnt werden.
230 Auch wenn die Leitlinien nicht als Rechtsnorm qualifiziert werden können, die die Verwaltung auf jeden Fall zu beachten hat, stellen sie doch eine Verhaltensnorm dar, die einen Hinweis auf die zu befolgende Verwaltungspraxis enthält und von der die Verwaltung im Einzelfall nicht ohne Angabe von Gründen abweichen kann, die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 91). Die Kommission ist dadurch, dass sie in den Leitlinien ihre Vorgehensweise bei der Bewertung der Schwere eines Verstoßes präzisiert hat, nicht daran gehindert, die Schwere umfassend anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls einschließlich der Gesichtspunkte zu beurteilen, die in den Leitlinien nicht ausdrücklich erwähnt sind (Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169, Randnr. 237).
231 Nach der in den Leitlinien vorgesehenen Methode wählt die Kommission als Ausgangspunkt bei der Berechnung der gegen die fraglichen Unternehmen zu verhängenden Geldbußen einen nach der Schwere des Verstoßes ermittelten Betrag. Bei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes sind seine Art und seine konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen (Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien).
232 In diesem Rahmen werden die Verstöße in drei Gruppen unterteilt, nämlich die „minder schweren Verstöße“, für die die in Betracht kommenden Bußgeldbeträge zwischen 1 000 und 1 Million Euro betragen, die „schweren Verstöße“, für die Bußgeldbeträge zwischen 1 000 und 20 Millionen Euro in Betracht kommen, und die „besonders schweren Verstöße“ mit in Betracht kommenden Bußgeldbeträgen oberhalb von 20 Millionen Euro (Nr. 1 Teil A Abs. 2 erster bis dritter Gedankenstrich der Leitlinien). Zu den besonders schweren Verstößen führt die Kommission aus, es handele sich im Wesentlichen um horizontale Beschränkungen wie z. B. „Preiskartelle“, Marktaufteilungsquoten und sonstige Beschränkungen der Funktionsweise des Binnenmarkts, wie z. B. die Abschottung der nationalen Märkte oder Missbräuche marktbeherrschender Stellungen von Unternehmen in Quasimonopolstellung (Nr. 1 Teil A Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien).
233 Des Weiteren haben die drei vorstehend in Randnr. 231 aufgeführten Kriterien für die Bewertung der Schwere des Verstoßes im Rahmen der Gesamtprüfung nicht das gleiche Gewicht. Die Art der Zuwiderhandlung spielt insbesondere bei der Einstufung der Zuwiderhandlungen als „besonders schwer“ eine vorrangige Rolle. Insoweit ergibt sich aus der Beschreibung der besonders schweren Verstöße in den Leitlinien, dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die insbesondere wie hier auf die Festsetzung der Preise abzielen, allein schon aufgrund ihres Wesens als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet zu sein brauchen. Dies wird dadurch bekräftigt, dass zwar in der Beschreibung der schweren Verstöße ausdrücklich erwähnt wird, dass sie Auswirkungen auf den Markt haben und in einem größeren Teil des Gemeinsamen Marktes zum Tragen kommen, während die Beschreibung der besonders schweren Verstöße kein Erfordernis konkreter Auswirkungen auf den Markt oder von Auswirkungen in einem besonderen räumlichen Bereich enthält (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 178, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 150).
234 Schließlich besteht zwischen den drei Kriterien für die Ermittlung der Schwere eines Verstoßes insofern eine Wechselbeziehung, als ein höherer Schweregrad hinsichtlich des einen oder anderen Kriteriums die geringere Schwere der Zuwiderhandlung unter anderen Aspekten ausgleichen kann (Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission, oben in Randnr. 230 angeführt, Randnr. 241).
– Zum ersten Teil: Nichtberücksichtigung des relativ geringen Umfangs des Produktmarkts
235 Aus dem 408. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission bei Bewertung der Schwere der Verletzung den geringen Umfang sowohl des betreffenden räumlichen Marktes als auch des relevanten Produktmarkts berücksichtigt hat.
236 Aus diesem Erwägungsgrund in Verbindung mit dem 409. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnr. 184), und vor allem aus der Verwendung des Adverbs „toutefois“ (jedoch) in der französischen Fassung dieses Erwägungsgrundes geht hervor, dass die Verletzung trotz des geringen Umfangs jedes dieser beiden Märkte nach Ansicht der Kommission als „besonders schwer“ einzustufen war, da sie „die Festsetzung von Preisen und Aufteilung der Mengen von Rohtabaksorten in Spanien betrifft“.
237 Zunächst ist festzustellen, dass diese Beurteilung begründet ist.
238 So stellt der Umfang des räumlichen Marktes nach den Leitlinien nur eines der drei einschlägigen Kriterien für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung insgesamt dar. Von diesen voneinander unabhängigen Kriterien spielt die Art der Zuwiderhandlung eine vorrangige Rolle (siehe oben, Randnrn. 233 und 234).
239 Der den Verarbeitern und Deltafina vorgeworfene Verstoß, der in der Festsetzung der Preise der verschiedenen Rohtabaksorten in Spanien und der Aufteilung der Mengen für jede Sorte Rohtabak, die jeder Verarbeiter bei den Erzeugern kaufen konnte, besteht, ist seiner Art nach klar ein besonders schwerer Verstoß. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 81 Abs. 1 Buchst. a, b und c EG aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die in der unmittelbaren oder mittelbaren Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen bestehen, ausdrücklich für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt. Die Rechtsprechung hat solche Zuwiderhandlungen, insbesondere wenn es sich um horizontale Kartelle handelt, als besonders schwerwiegend eingestuft, da sie einen unmittelbaren Eingriff in die wesentlichen Wettbewerbsparameter auf dem betreffenden Markt (Urteil des Gerichts vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission, T‑141/94, Slg. 1999, II‑347, Randnr. 675) oder offenkundige Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft bedeuten (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Randnr. 303). Weiter ist zu beachten, dass zu den besonders schweren Verstößen im Sinne von Nr. 1 Teil A Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Leitlinien „im Wesentlichen … horizontale Beschränkungen wie z. B. Preiskartelle [und] Marktaufteilungsquoten“ gehören. Hinzu kommt, dass das Verarbeiterkartell, wie im 411. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, geheime Abmachungen enthielt, was einen Umstand darstellt, der die Schwere der Zuwiderhandlung verstärken kann.
240 Dagegen ist der Umfang des räumlichen Marktes kein eigenständiges Kriterium in dem Sinn, dass nur Zuwiderhandlungen, die die Mehrzahl der Mitgliedstaaten betreffen, als „besonders schwer“ eingestuft werden könnten. Weder der EG-Vertrag noch die Verordnung Nr. 17 oder die Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien oder die Rechtsprechung lassen die Annahme zu, dass nur räumlich sehr ausgedehnte Beschränkungen so eingestuft werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Juli 2005, Scandinavian Airlines System/Kommission, T‑241/01, Slg. 2005, II‑2917, Randnr. 87).
241 Der geringe Umfang des relevanten räumlichen Marktes steht daher der Einstufung der im vorliegenden Fall festgestellten Zuwiderhandlung als „besonders schwer“ nicht entgegen.
242 Dies gilt umso mehr im Hinblick auf den geringen Umfang des relevanten Produktmarkts, da der Umfang des Produktmarkts grundsätzlich kein Kriterium darstellt, das zwingend zu berücksichtigen ist, sondern für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und die Festsetzung der Geldbuße nur ein Kriterium unter anderen bildet (vgl. in diesem Sinne Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 132).
243 Ferner hat die Kommission, auch wenn sie der Auffassung war, dass der geringe Umfang des relevanten räumlichen Marktes und des relevanten Produktmarkts einer Einstufung der Zuwiderhandlung als besonders schwer nicht entgegenstehe, diesen geringen Umfang bei der Festlegung des Ausgangsbetrags der Geldbußen nach der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt (vgl. u. a. den 414. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). So hat sie für Deltafina nur einen Ausgangsbetrag von 8 000 000 Euro festgesetzt, obwohl sie, da es sich um eine besonders schwere Zuwiderhandlung handelte, gemäß den Leitlinien einen Ausgangsbetrag von mindestens 20 000 000 Euro in Betracht ziehen konnte.
244 Nach alledem ist der erste Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
– Zum zweiten Teil: Beurteilung der konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt
245 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Nr. 1 Teil A Abs. 1 der Leitlinien „[b]ei der Ermittlung der Schwere eines Verstoßes … seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen [sind]“.
246 Zu beachten ist auch, dass die Art der Zuwiderhandlung bei der Einstufung von Zuwiderhandlungen als besonders schwer eine vorrangige Rolle spielt und dass Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die auf die Festsetzung der Preise oder auf die Aufteilung der Märkte abzielen, allein schon ihrer Art nach als „besonders schwer“ eingestuft werden können, ohne dass diese Verhaltensweisen durch eine besondere Auswirkung oder einen besonderen räumlichen Umfang gekennzeichnet sein müssen (siehe oben, Randnr. 233).
247 In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt, dass das Verarbeiterkartell ab 1998 konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte, auch wenn sie diese Zuwiderhandlung einerseits bereits ihrer Art nach als „besonders schwer“ eingestuft hatte (Erwägungsgründe 409 bis 411 der angefochtenen Entscheidung) und andererseits der Ansicht war, dass diese Auswirkungen nicht genau messbar gewesen seien (412. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
248 Wenn die Kommission somit den konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt Rechnung tragen will, muss sie konkrete, glaubwürdige und hinreichende Indizien vorlegen, auf deren Grundlage der tatsächliche Einfluss, den die Verletzung auf den Wettbewerb auf diesem Markt haben konnte, beurteilt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnrn. 73 bis 75).
249 Im vorliegenden Fall hat die Kommission jedoch in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der der Beurteilung der Schwere der Verletzung gewidmet ist (vgl. den 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), keine solchen Indizien beigebracht, aus denen sie auf tatsächliche Auswirkungen des Verarbeiterkartells seit 1998 auf den Markt schließen konnte, sondern lediglich darauf Bezug genommen, dass dieses Kartell ab diesem Zeitpunkt voll funktionsfähig und aktiv war, was nur ein Anfangsindiz für das Vorliegen solcher Auswirkungen darstellen konnte (siehe nachstehend, Randnr. 252).
250 Die Tatsache, dass die Kommission in diesem Teil der angefochtenen Entscheidung nicht rechtlich hinreichend dargetan hat, dass das Verarbeiterkartell konkrete Auswirkungen auf den Markt hatte, hat jedoch keinen Einfluss auf die Einstufung der Zuwiderhandlung als „besonders schwer“. Diese Einstufung bleibt angesichts der Art dieser Zuwiderhandlung völlig angemessen (siehe oben, Randnrn. 233, 238, 239 und 246).
251 Ferner ist das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Auffassung, dass der Ausgangsbetrag der Geldbuße, den die Kommission nach der Schwere der Zuwiderhandlung festgelegt hat, nicht deshalb in Frage gestellt werden kann, weil konkrete Auswirkungen auf den Markt nicht hinreichend nachgewiesen sind.
252 Als Erstes stellt die tatsächliche Durchführung des Kartells ein Anfangsindiz für das Vorliegen von Auswirkungen auf den Markt dar, da das Verarbeiterkartell alle in Spanien anerkannten Verarbeiter zusammengebracht hat, diese fast den gesamten dort jedes Jahr erzeugten Rohtabak kauften und sich dieses Kartell auf den gesamten von den Verarbeitern erworbenen Rohtabak bezog.
253 Als Zweites enthält die angefochtene Entscheidung an anderer Stelle als bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung Hinweise auf konkrete Auswirkungen auf den Markt.
254 So stellt die Kommission im 173. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest: „1998 setzte sich die in den vorangegangenen Jahren erlebte Preiseskalation nicht fort. Preise fielen sogar.“ Agroexpansión habe ihr in einer Erklärung vom 15. Februar 2002 Folgendes erläutert: „Im Laufe des Wirtschaftsjahrs 1998/1999 hielten sich die spanischen [Verarbeiter] im Großen und Ganzen an die … beschriebenen Kompromisse. Es ist [ihnen] z. B. gelungen, zum ersten Mal eine gewisse Stabilität des Marktes zu erreichen, die dazu geführt hat, dass sich die Eskalation der Einkaufspreise, die für die letzten Jahre kennzeichnend war, nicht weiter fortgesetzt hat und dass der Produktionssektor sein gemeinsames Verhandlungspotenzial voll ausschöpfen konnte.“
255 Ebenso erläutert die Kommission im 301. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass der durchschnittliche Lieferhöchstpreis, den die Verarbeiter und Deltafina vereinbart hatten, „sehr direkt den tatsächlich bezahlten Endpreis für jede Rohtabaksorte bestimmt“ und „[d]ie Auswirkungen [der] Verletzung auf den Wettbewerb … insofern beträchtlich [waren], als die [Verarbeiter] dank der Vereinbarung eines durchschnittlichen Lieferhöchstpreises für die Erzeuger in der Lage waren, die von ihnen an die Erzeuger gezahlten Endpreise weitgehend einander anzugleichen und sie zu ihrem eigenen Vorteil auf ein Niveau zu drücken, das unterhalb dessen lag, was aus einem freien Wettbewerb resultiert hätte“.
256 Im 314. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission schließlich fest, die Tabelle im 38. Erwägungsgrund dieser Entscheidung zeige, dass „die Preise sich seit 1998 … stabilisierten und tatsächlich sanken (1998 wurde ein Rückgang um 4,8 % für alle Sorten verzeichnet)“. Unter Hinweis auf den 173. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiederholt sie, dass Agroexpansión ebenfalls das Vorliegen einer Verbindung zwischen dem Verarbeiterkartell und der Preissenkung bestätigt habe.
257 Die vorstehenden Ausführungen werden nicht durch die Feststellungen in dem Bericht des Ökonomen von Deltafina vom 13. Januar 2005 in Frage gestellt. Dieser erkennt nämlich zum einen ausdrücklich an, dass 1998 eine Preissenkung aller Rohtabaksorten stattgefunden habe. Zum anderen geht aus dem Bericht im Hinblick auf den Zeitraum 1999–2001 hervor, dass zwar die Preise der Sorte „Virginia“ gestiegen, die Preise der anderen Sorten aber stabil geblieben oder gesunken seien. Ferner kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Preise der Sorte „Virginia“ ohne das Kartell in noch erheblicherem Maß gestiegen wären oder dass die Preise der anderen Tabaksorten gestiegen wären, anstatt stabil zu bleiben oder zu sinken. Der Vergleich, der in dem Bericht zwischen der Entwicklung der Preise der Sorte „Virginia“ auf dem spanischen Markt einerseits und auf dem Markt der drei anderen wichtigsten Erzeugermitgliedstaaten andererseits angestellt wird, ist nicht schlüssig, da die Wettbewerbsbedingungen und die für diese nationalen Märkte jeweils geltenden Regelungen nicht notwendigerweise gleichwertig sind.
258 Als Drittes hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Schwere der Zuwiderhandlung zwar unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen des Verarbeiterkartells auf dem Markt bestimmt, weil aber solche Auswirkungen nur zeitweise während der Zuwiderhandlung, im vorliegenden Fall ab 1998, eingetreten sind, und wegen des geringen Umfangs des relevanten räumlichen Marktes und des relevanten Produktmarkts hat sie gegen Deltafina nur einen Ausgangsbetrag von 8 000 000 Euro festgesetzt, obwohl sie, da es sich um eine besonders schwere Verletzung handelte, nach den Leitlinien einen Ausgangsbetrag von mindestens 20 000 000 Euro hätte in Erwägung ziehen können.
259 Nach alledem ist der zweite Teil des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.
– Zum dritten Teil: Widerspruch zwischen dem 413. Erwägungsgrund der angefochten Entscheidung und anderen Erwägungsgründen dieser Entscheidung
260 Entgegen dem Vorbringen von Deltafina ist festzustellen, dass kein Widerspruch zwischen dem 413. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach „das Kartell der [Verarbeiter] voll funktionsfähig und aktiv war“, und den anderen von Deltafina angeführten Erwägungsgründen besteht.
261 Zunächst beruht die Feststellung von Deltafina auf einem verkürzten Verständnis der fraglichen Passage des 413. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung. Die Kommission geht darin nur von einer vollen Funktionsfähigkeit und Aktivität des Verarbeiterkartells ab dem Jahr 1998 aus. Die Erwägungsgründe 85, 88, 111, 122, 133, 144, 284 und 307 der angefochtenen Entscheidung betreffen jedoch die Durchführung dieses Kartells in den Jahren 1996 und 1997.
262 Was sodann die Angaben in den Erwägungsgründen 113, 126 und 130 der angefochtenen Entscheidung anbelangt, so sind diese nicht einschlägig, da sie das Kartell der Erzeugervertreter und nicht das Verarbeiterkartell betreffen.
263 Ebenso geht es in den Erwägungsgründen 175, 206, 229, 231 bis 233, 235, 239, 255 bis 257, 294, 295 und 319 der angefochtenen Entscheidung um Probleme hinsichtlich der bilateralen Verhandlungen zwischen den Verarbeitern einerseits und den Erzeugervertretern andererseits. Wie aber im 295. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, „[ändert] der Fehlschlag der bilateralen Verhandlungen zwischen [Verarbeitern] und Erzeugervertretern nichts am wettbewerbsschädigenden Verhalten der [Verarbeiter]“. Die genannten Probleme sind, mit anderen Worten, für die Durchführung und Beachtung des Verarbeiterkartells ab 1998 ohne Bedeutung.
264 Was den 186. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung anbelangt, so sind danach zwar die Verhandlungen zwischen den Verarbeitern Anfang des Jahres 1999 erfolglos geblieben, jedoch heißt es darin auch, diese hätten beschlossen, die Rahmenvereinbarung des Vorjahrs zu verlängern. Dies ergibt sich noch klarer aus dem folgenden Erwägungsgrund.
265 Im 244. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der das Jahr 2001 betrifft, weist die Kommission lediglich darauf hin, dass sie „keine Belege dafür [besitzt], dass während der Ernteperiode Informationen ausgetauscht wurden“. Sie behauptet hierzu nicht, die Abkommen zwischen Deltafina und den spanischen Verarbeitern seien in jenem Jahr nicht vollständig umgesetzt worden. Vielmehr stellt sie im Gegenteil im 236. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Rahmenvereinbarung von 1998 im Jahr 2001 verlängert worden sei. Zudem ergibt sich aus dem 240. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass alle spanischen Verarbeiter im Lauf des Verwaltungsverfahrens ausdrücklich eingestanden haben, dass diese Rahmenvereinbarung bis zum 3. Oktober 2001 verlängert worden sei.
266 Was schließlich den 296. Erwägungsgrund anbelangt, weist die Kommission dort nur darauf hin, dass die Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die zwischen den Verarbeitern und Deltafina ausgehandelt worden sein, als „einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung“ anzusehen seien.
267 Der dritte Teil des vierten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
– Zum vierten Teil: fehlerhafte Einstufung von Deltafina als Hauptkäufer von verarbeitetem Tabak in Spanien
268 Entgegen dem Vorbringen von Deltafina ist die Kommission fehlerfrei davon ausgegangen, dass dieses Unternehmen eine führende Rolle auf dem Einkaufsmarkt für verarbeiteten spanischen Tabak eingenommen habe.
269 Als Erstes wird diese Beurteilung der Kommission durch die Angaben in dem Bericht des Ökonomen von Deltafina keineswegs bestritten. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Cetarsa in Tabelle 5 dieses Berichts unter den Unternehmen genannt wird, die spanischen verarbeiteten Tabak ankaufen, obwohl es sich um ein Erstverarbeitungsunternehmen handelt, das keinen verarbeiteten Tabak bei Dritten kauft. Wie Deltafina in ihrer Antwort auf eine der schriftlichen Fragen, die ihr das Gericht gestellt hat, erklärt hat, beziehen sich die Angaben in dieser Tabelle jedoch auf die Verkäufe von spanischem verarbeitetem Tabak an die Zigarettenhersteller. Sodann ist festzustellen, dass auch unter Berücksichtigung der Daten, die der Ökonom von Deltafina vorgelegt hat, diese und nicht Cetarsa in den Jahren 2000 und 2001 der Hauptverkäufer von spanischem verarbeitetem Tabak war. So hielt Deltafina in diesen Jahren Anteile von 31,6 % und 28,7 % des Verkaufsmarkts für spanischen verarbeiteten Tabak, während die Marktanteile von Cetarsa 26,7 % und 27,6 % betrugen.
270 Als Zweites kann nicht in Abrede gestellt werden, dass Deltafina der Hauptkunde von drei der vier spanischen Verarbeiter war. So ist zunächst zwischen den Parteien unstreitig, das Taes den größten Teil seiner Erzeugung an Deltafina verkaufte. Wie sodann aus dem 21. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und Tabelle 7 des Berichts des Ökonomen von Deltafina hervorgeht, war diese in den Jahren 1996 bis 1998 bei weitem größter Kunde von Agroexpansión. Im Übrigen hat Cetarsa in ihrer Antwort vom 15. März 2002 auf ein Auskunftsersuchen der Kommission als ihre Hauptkunden, in der Reihenfolge ihrer Bedeutung, Deltafina, Altadis und Dimon genannt. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Deltafina derselben Tabelle zufolge in den Jahren 1999 und 2000 Kunde von vier spanischen Verarbeitern war.
271 Als Drittes ist auch darauf hinzuweisen, dass Deltafina außer den vorstehend aufgeführten Handelsbeziehungen weitere Handelsbeziehungen mit bestimmten Verarbeitern unterhielt. Wie aus dem 29. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dessen Richtigkeit Deltafina nicht in Frage stellt, hatte sie mit Cetarsa, die überschüssige Verarbeitungskapazitäten besaß, für einen Teil des Tabaks von Taes und Agroexpansión Verträge über das Behandeln und Dreschen abgeschlossen.
272 Die vorstehenden Ausführungen zeigen rechtlich hinreichend, dass, wie die Kommission im 417. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung feststellt, Deltafina mehr als jeder andere in der Lage war, das Verhalten der spanischen Verarbeiter zu beeinflussen.
273 Daher ist der vierte Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
– Zum fünften Teil: unzureichende Begründung der Folgerungen, die aus der durch den gesetzlichen Rahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden hervorgerufenen Unsicherheit für die Bemessung der Geldbuße zu ziehen seien
274 Entgegen dem Vorbringen von Deltafina erläutert die Kommission in der angefochtenen Entscheidung sehr genau, aus welchen Gründen es angesichts der durch den Rechtsrahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden hervorgerufenen Unsicherheit bei der Verhandlung über Standardvereinbarungen nur im Fall der Erzeugervertreter gerechtfertigt sei, eine symbolische Geldbuße zu verhängen.
275 Hierzu ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung, wie in den Erwägungsgründen 275 bis 277 der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst und bereits vorstehend in den Randnrn. 15 bis 21 und 107 dargelegt, zwei horizontale Kartelle betrifft, von denen das erste die spanischen Verarbeiter und Deltafina und das zweite die Erzeugervertreter betrifft. Aus diesen Erwägungsgründen folgt auch, dass die Kartelle jeweils durch eine Reihe von Vereinbarungen und/oder abgestimmten Handelspraktiken gekennzeichnet sind und eine einzige und fortgesetzte Verletzung von Art. 81 Abs. 1 EG darstellen.
276 Aus der angefochtenen Entscheidung geht ebenfalls eindeutig hervor, dass das Verarbeiterkartell zwei Bereiche umfasse:
– Zum einen haben die Verarbeiter und Deltafina zwischen 1996 und 2001 unter der Hand Vereinbarungen geschlossen und/oder an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen teilgenommen, um jedes Jahr den (maximalen) durchschnittlichen Lieferpreis für die einzelnen Rohtabaksorten (alle Qualitäten) festzulegen und die Tabakmengen aufzuteilen, die von jedem Verarbeiter gekauft werden könnten (vgl. u. a. die Zusammenfassung in den Erwägungsgründen 276 und 278 der angefochtenen Entscheidung und zur Einstufung dieses Teils des Kartells als „geheim“ die Erwägungsgründe 411, 413, 438 und 454 der angefochtenen Entscheidung).
– Zum anderen haben die Verarbeiter und Deltafina zwischen 1999 und 2001 auch Vereinbarungen geschlossen und/oder an aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen teilgenommen, um die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der einzelnen Rohtabaksorten und zusätzliche Bedingungen festzulegen, die sie den Erzeugervertretern bei den gemeinsamen Verhandlung zwischen diesen beiden Sektoren vorgeschlagen haben (vgl. u. a. die Zusammenfassung in den Erwägungsgründen 276 und 280 der angefochtenen Entscheidung).
277 Was das Kartell der Erzeugervertreter anbelangt, wird in der angefochtenen Entscheidung klar dargelegt, dass sich dieses durch eine Reihe von Vereinbarungen und/oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Zeitraum zwischen 1996 und 2001 auszeichnet, die im Wesentlichen darauf abzielen, jährlich die Preisklassen für jede Qualitätsstufe der einzelnen Rohtabaksorten und zusätzliche Bedingungen festzulegen, die die Erzeugervertreter sodann den Verarbeitern bei den gemeinsamen Verhandlungen zwischen den beiden Sektoren vorschlagen (vgl. u. a. die Zusammenfassung in den Erwägungsgründen 277 und 318 der angefochtenen Entscheidung).
278 Aus der angefochtenen Entscheidung geht, mit anderen Worten, klar hervor, dass das Verarbeiterkartell sehr viel umfassender war als das Kartell der Erzeugervertreter, da es einen geheimen Teil umfasste, der unabhängig von den gemeinsamen Verhandlungen zwischen den beiden Sektoren zustande gekommen ist.
279 Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung im Zusammenhang mit der Festsetzung der Geldbuße die Auswirkungen prüft, die der gesetzliche Rahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden auf das Verhalten der verschiedenen Adressaten hatte, und dies genau begründet.
280 So prüft die Kommission erstens das Kartell der Erzeugervertreter (Erwägungsgründe 425 bis 430 der angefochtenen Entscheidung).
281 Hierzu weist die Kommission zunächst unter Berufung auf die Erwägungsgründe 350 ff. der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die anwendbaren nationalen Regeln die spanischen Erzeugervertreter und Verarbeiter nicht verpflichteten, eine Vereinbarung über die Preisklassen und die zusätzlichen Bedingungen zu treffen. Auch wenn diese Regeln zwischen 1982 und 2000 vorgesehen hätten, dass eine Genehmigung der Standardvereinbarungen durch das Ministerium für Landwirtschaft voraussetze, dass sie eine Klausel zum „garantierten Mindestpreis“ und „dem Preis, den der Erzeuger für das Rohmaterial erhalten muss“, enthielten, verpflichteten sie jedoch die Parteien, die diese Standardvereinbarungen verhandelten, nicht zu einer Einigung über „die tatsächlichen Beträge, die in die Preisklauseln … einzufügen waren“. Im Übrigen habe das Ministerium für Landwirtschaft zwischen 1995 und 1998 Standardverträge mit einer Preisklausel ohne konkrete Zahlen genehmigt (426. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
282 Sodann führt die Kommission im 427. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bestimmte Gesichtspunkte an, aufgrund deren sie im folgenden Erwägungsgrund gleichwohl davon ausgeht, dass „der Rechtsrahmen für die gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen zu erheblicher Unsicherheit im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Handelns von Erzeugervertretern und [Verarbeitern] bei ihren gemeinsamen Verhandlungen über Standardvereinbarungen führen kann“. Es handelt sich dabei um folgende Gesichtspunkte:
– Den zwischen 1995 und 1998 geschlossenen und vom Ministerium für Landwirtschaft genehmigten Standardverträgen zufolge handelten sämtliche Erzeugervertreter gemeinsam die Preislisten und die zusätzlichen Bedingungen mit jedem einzelnen Verarbeiter aus.
– Im Jahr 1999 habe das Ministerium für Landwirtschaft sogar die Preistabellen genehmigt, die bereits von allen Erzeugervertretern und den vier Verarbeitern gemeinsam ausgehandelt worden seien.
– Diese Preisklassen seien in die Anhänge des in jenem Jahr im Boletín Oficial del Estado veröffentlichten Standardvertrags eingefügt worden.
– In den Jahren 2000 und 2001 habe das Ministerium für Landwirtschaft die Vertreter der beiden Sektoren zu einer Reihe von Treffen eingeladen, die teilweise im Ministerium selbst stattgefunden hätten und in deren Rahmen eine Einigung über die Preisklassen habe erzielt werden sollen, und die Parteien auf diese Weise ermuntert, ihre gemeinsamen Verhandlungen über diese Preisklassen fortzuführen.
283 Im 429. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung heißt es, dass Verhandlungen über Standardverträge und deren Ergebnisse grundsätzlich allgemein zugänglich waren und dass vor Beginn dieses Verfahrens keine Behörde ihre Rechtmäßigkeit gemäß spanischem Recht oder Gemeinschaftsrecht in Frage gestellt habe.
284 Aus dem 430. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht schließlich hervor, dass die Kommission aufgrund der vorstehend in den Randnrn. 282 und 283 aufgeführten Gesichtspunkte gegen die Erzeugervertreter nur eine symbolische Geldbuße von 1 000 Euro festsetzte.
285 Was zweitens das Verarbeiterkartell anbelangt, äußert sich die Kommission in den Erwägungsgründen 437 und 438 der angefochtenen Entscheidung zum Einfluss des Rechtsrahmens in Spanien und zur Haltung der spanischen Behörden.
286 Hierbei unterscheidet sie zwischen dem Teil dieses Kartells, das sich auf die „öffentliche“ Verhandlung und die Abschlüsse von Standardverträgen mit den Erzeugervertretern bezieht – vor allem die Aushandlung von Preisklassen und zusätzlichen Bedingungen –, und dem „geheimen“ Teil dieses Kartells.
287 So gelten zum einen dem 437. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zufolge die Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 427 bis 429 der angefochtenen Entscheidung zum Verhalten der Erzeugervertreter (siehe oben, Randnrn. 282 und 283) auch für den ersten dieser beiden Teile des Verarbeiterkartells.
288 Was zum anderen den „geheimen“ Teil dieses Kartells anbelangt, stellt die Kommission im 438. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass das Verhalten der Verarbeiter „weit über den geltenden Rechtsrahmen hinausging und auch nicht durch die öffentlichen Verhandlungen und Vereinbarungen mit den Erzeugervertretern zu rechtfertigen ist“. Im selben Erwägungsgrund räumt sie jedoch ein, dass „die öffentlichen Verhandlungen zwischen Erzeugervertretern und [Verarbeitern] zumindest bis zu einem gewissen Grad den materiellen Rahmen insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit zu Verhandlungen untereinander sowie zur Annahme einer gemeinsamen Position bestimmten. In diesem Rahmen konnten die [Verarbeiter] abgesehen von ihrer gemeinsamen Position bei den öffentlichen Verhandlungen ihre geheime Strategie für durchschnittliche Lieferhöchstpreise und Mengen verfolgen.“
289 Wie aus dem letzten Satz des 438. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat die Kommission in Anbetracht der vorstehend in den Randnrn. 287 und 288 erwähnten Gesichtspunkte entschieden, den Grundbetrag der gegen die Verarbeiter und Deltafina festgesetzten Geldbuße aufgrund der mildernden Umstände um 40 % zu senken.
290 Nach alledem ist der fünfte Teil des vierten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
– Zum sechsten Teil: Nichtberücksichtigung der Tatsache, dass Deltafina an den Verhandlungen zwischen den spanischen Verarbeitern und den Erzeugervertretern nicht teilgenommen habe
291 Der sechste Teil des vierten Klagegrundes geht in tatsächlicher Hinsicht fehl, da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt hat, dass die „vertikalen“ Absprachen und Vereinbarungen zwischen den spanischen Verarbeitern einerseits und den Erzeugervertretern andererseits gegen Art. 81 EG verstoßen haben. Daher kann der Umstand, dass Deltafina an diesen Absprachen und Vereinbarungen nicht teilgenommen hat, weder irgendeinen Einfluss auf die Beurteilung der Schwere der ihr vorgeworfenen Verletzung noch folglich auf die Höhe des Ausgangsbetrags der in ihrem Fall verhängten Geldbuße haben.
– Zum siebten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, soweit die Kommission von ihrer früheren Verwaltungspraxis abgerückt sei
292 Da die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (Urteil LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 101 angeführt, Randnr. 234), greift der siebte Teil des vierten Klagegrundes nicht durch.
– Ergebnis in Bezug auf den vierten Klagegrund
293 Nach alledem ist der vierte Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil B der Leitlinien und den Grundsatz der Gleichbehandlung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
294 In den Erwägungsgründen 432 und 433 der angefochtenen Entscheidung prüft die Kommission die Frage nach der Dauer der den Verarbeitern und Deltafina vorgeworfenen Zuwiderhandlung.
295 Zunächst weist die Kommission unter Hinweis auf den 92. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die restriktive Praktik der Verarbeiter am 13. März 1996 begonnen habe (432. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
296 Sodann führt sie aus, diese Praktik habe den Erklärungen der Verarbeiter zufolge am 3. Oktober 2001 geendet. Da sich jedoch die „jüngsten ihr vorliegenden Beweise“ auf ein im 260. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähntes Treffen am 10. August 2001 bezögen, bestimmt sie dieses Datum als das Ende der Zuwiderhandlung (432. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
297 Dementsprechend legt die Kommission die Dauer der Zuwiderhandlung auf fünf Jahre und vier Monate fest, was einer Zuwiderhandlung über einen langen Zeitraum entspricht. Sie erhöht daher im 433. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung den Ausgangsbetrag der Geldbußen gegen die spanischen Verarbeiter und Deltafina um 50 %.
Vorbringen der Parteien
298 Im Rahmen ihres fünften Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, trägt Deltafina vor, die Kommission fasse in den Erwägungsgründen 432 und 433 der angefochtenen Entscheidung einfach alle Verhaltensweisen − die den Verarbeitern vorgeworfenen „tatsächlichen“ und die Deltafina vorgeworfenen „virtuellen“ Praktiken − zusammen, lege die Dauer der Zuwiderhandlung auf „länger als fünf Jahre und vier Monate“ fest, halte diese Zuwiderhandlung in Bezug auf sämtliche Parteien für eine Verletzung über einen langen Zeitraum und erhöhe den Ausgangsbetrag der Geldbuße gegen jede dieser Parteien um 50 %. Nach Auffassung der Klägerin hätte die Kommission zumindest, soweit sie ihr eine „Mitverantwortung für Vorsatz, die nicht in Tatsachen oder spezifischen Verhaltensweisen verankert [sei]“, auferlegt habe, den „Ausgangstag“ der Zuwiderhandlung genau bestimmen, d. h. „angeben [müssen], wo und wann der Wille von Deltafina eingesetzt habe, von außen zu der Zuwiderhandlung der vier spanischen Verarbeiter beizutragen, indem sie Einfluss auf deren Verhalten nahm oder es bestimmte“.
299 Deltafina beantragt daher, die Geldbuße unter Berücksichtigung der Tatsache herabzusetzen, dass die Zuwiderhandlung nur von mittlerer Dauer gewesen sein könne.
300 Die Kommission hält dem entgegen, der Ausgangspunkt des Verarbeiterkartells müsse auf den 13. März 1996, das Datum des ersten Treffens, gelegt werden.
Würdigung durch das Gericht
301 Im 432. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission als Ausgangspunkt des Verarbeiterkartells ausdrücklich den 13. März 1996 bestimmt.
302 Wie aus dem 92. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, auf den der 432. Erwägungsgrund verweist, entspricht dieses Datum dem Zeitpunkt, zu dem – den Erklärungen von Taes, WWTE und Agroexpansión zufolge – Deltafina und die spanischen Verarbeiter zu einem ersten Treffen zusammenkamen, um Preise und Einkaufsmengen von Rohtabak für das Wirtschaftsjahr 1996/1997 zu erörtern.
303 Die Kommission konnte dieses Datum in Bezug auf Deltafina umso eher als Ausgangspunkt für die Zuwiderhandlung betrachten, als diese, wie bereits vorstehend in Randnr. 125 ausgeführt, bei dem fraglichen Treffen sowohl durch ihren Präsidenten, Herrn M., als auch durch ihren Verkaufsdirektor, Herrn C., vertreten war.
304 Zudem beruht das Vorbringen von Deltafina auf der unrichtigen Prämisse, dass sie das Verarbeiterkartell lediglich von außen unterstützt habe (siehe oben, Randnrn. 122 bis 133).
305 Da Deltafina die Auffassung der Kommission, die Zuwiderhandlung sei am 10. August 2001 beendet worden, nicht in Frage stellt, hat die Kommission zu Recht die Dauer dieser Zuwiderhandlung auf mehr als fünf Jahre und vier Monate – das entspricht einer Zuwiderhandlung von langer Dauer im Sinne der Leitlinien – festgelegt und daher den Ausgangsbetrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße um 50 % erhöht.
306 Der fünfte Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 2 der Leitlinien sowie unzureichende Begründung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
307 Aus dem 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass der Betrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände erhöht worden ist, da das Unternehmen eine führende Rolle im Verarbeiterkartell eingenommen hat.
308 Hierzu führt die Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus:
„Aus den in Erwägungsgrund (361) [der angefochtenen Entscheidung] dargestellten Tatsachen geht hervor, dass Deltafina beim Entwurf und bei der Umsetzung der Vereinbarungen über durchschnittliche Lieferhöchstpreise und Mengen zwischen den [Verarbeitern] nach 1996 eine Schlüsselrolle gespielt hat. Deltafina (vertreten durch ihren Vorsitzenden) veranlasste die spanischen [Verarbeiter] zur Koordinierung ihrer Einkaufsstrategien und fungierte als Bewahrungsstelle und Schiedsstelle für die wettbewerbswidrigen Vereinbarungen der [Verarbeiter], insbesondere zu Beginn des wettbewerbswidrigen Verhaltens.“
309 Im 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fügt die Kommission hinzu, dass „[d]ie führende Rolle von Deltafina im Kartell der [Verarbeiter] außerdem durch die Erwiderung von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte sowie durch die sich anschließenden … Anhörungen untermauert“ werde.
Vorbringen der Parteien
310 Mit dem sechsten Klagegrund, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina geltend, da die Kommission ihre führende Rolle als erschwerend ansehe, sei die angefochtene Entscheidung in zweierlei Hinsicht fehlerhaft.
311 Erstens sei die angefochtene Entscheidung mit einem Begründungsfehler behaftet, sofern sich die Kommission im 435. Erwägungsgrund dieser Entscheidung darauf beschränke, vage auf die „in Erwägungsgrund (361) dargestellten Tatsachen“ zu verweisen.
312 Hierzu führt Deltafina aus, diese Tatsachen beschränkten sich auf die Teilnahme an Zusammenkünften, Vorschläge, die Entgegennahme von Informationen, die Aufbewahrung eines Schriftstücks, das Versenden von Schreiben, die Vermittlung bei Streitigkeiten und die Teilnahme an Diskussionen, d. h. auf „passive, externe und auf eine bloße Anwesenheit beschränkte Verhaltensweisen oder vielmehr solche, die mittelbar die Tätigkeiten der spanischen Verarbeiter als den tatsächlichen Protagonisten des Kartells unterstützten“. Sie bewiesen nicht, dass sie in dem Kartell die Anführerrolle eingenommen habe.
313 Zweitens weist Deltafina darauf hin, dass die Kommission sich, um ihr eine solche Rolle zuzuschreiben, auf bestimmte Teile der Erwiderungen von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt habe. Sie wirft der Kommission wiederum vor, es abgelehnt zu haben, ihr Zugang zu diesen Stellungnahmen zu gewähren, und damit ihre Verteidigungsrechte nachhaltig verletzt zu haben.
314 Aus diesen verschiedenen Gesichtspunkten beantragt Deltafina, die Geldbuße herabzusetzen, indem aus deren Berechnung die von der Kommission aufgrund erschwerender Umstände vorgenommene Erhöhung um 50 % ausgenommen werde.
315 Die Kommission beantragt, diesen sechsten Klagegrund zurückzuweisen.
316 Erstens gebe sie in der angefochtenen Entscheidung hinreichend deutlich und genau an, aus welchen Gründen sie von einer führenden Rolle von Deltafina in dem Kartell ausgehe. Sie beruft sich u. a. auf den 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der auf den Sachverhalt in den Erwägungsgründen 361 bis 369 dieser Entscheidung verweist.
317 Dieser Sachverhalt belege deutlich die Deltafina zugeschriebene Rolle als Anführer des Kartells.
318 Unter Verweis auf die vorstehend in Randnr. 147 wiedergegebenen Erwägungen tritt die Kommission zweitens dem Vorbringen entgegen, die Verteidigungsrechte von Deltafina dadurch verletzt zu haben, dass sie ihr keinen Zugang zu der Erwiderung von Agroexpansión und WWTE auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt habe.
Würdigung durch das Gericht
319 Was als Erstes die Behauptung der unzureichenden Begründung anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Begründung einer Einzelfallentscheidung die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, weil die Frage, ob sie den Erfordernissen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts des fraglichen Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand des Zusammenhangs, in dem dieser Rechtsakt erlassen wurde, sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).
320 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die Gründe hinreichend genau angegeben hat, auf die sie die Einstufung von Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells gestützt hat. So hat sie in diesem Erwägungsgrund nicht nur die Verhaltensweisen von Deltafina, die ihrer Ansicht nach eine solche Einstufung rechtfertigen, klar bezeichnet, sondern auch ausdrücklich auf den in den Erwägungsgründen 361 ff. der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Sachverhalt verwiesen, die ihrerseits auf weitere Erwägungsgründe verweisen.
321 Außerdem hat die Kommission im 436. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, Agroexpansión und WWTE hätten in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Anhörung die führende Rolle von Deltafina in dem Verarbeiterkartell bestätigt.
322 Daher ist die Rüge einer unzureichenden Begründung als unbegründet zurückzuweisen.
323 Als Zweites ist die von Deltafina im Rahmen des ersten Teils des zweiten Klagegrundes vorgebrachte Rüge (siehe oben, Randnrn. 104 und 105) zu prüfen, die Kommission habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte den Umstand nicht erwähnt, dass sie als Anführer des Verarbeiterkartells angesehen werden könnte, und damit ihre Verteidigungsrechte verletzt.
324 Hierzu ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Kommission ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen erfüllt, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung anführt sowie darlegt, ob diese „vorsätzlich oder fahrlässig“ begangen worden sei. Damit macht sie die Angaben, die für eine Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnr. 428, und vom 18. Dezember 2008, Coop de France bétail et viande u. a./Kommission, C‑101/07 P und C‑110/07 P, Slg. 2008, I‑10193, Randnr. 49).
325 Im Übrigen geht aus der Rechtsprechung hervor, dass eine Verpflichtung der Kommission, den beschuldigten Unternehmen zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte konkrete Angaben zur Höhe der in Aussicht genommenen Geldbußen zu machen, darauf hinausliefe, von ihr eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der endgültigen Entscheidung zu verlangen (vgl. in diesem Sinne Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 21).
326 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission gemäß der erwähnten Rechtsprechung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße gegen Deltafina wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte angeführt hat. So hat sie in Nr. 459 dieser Mitteilung u. a. darauf hingewiesen, dass sie zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlungen der Tatsache Rechnung tragen wollte, dass Vereinbarungen zur Festlegung von Preisen und Mengen zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsverstößen gehörten. In Nr. 460 der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat sie zu der Zuwiderhandlung, die den Verarbeitern vorgeworfen wird, angeführt, diese habe am 13. März 1996 begonnen und deren Erklärungen zufolge am 3. Oktober 2001 geendet. Das letzte ihr zur Verfügung stehende Beweismittel beziehe sich jedoch auf ein Treffen vom 10. August 2001. Die Kommission hat schließlich in Nr. 461 der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen, dass sie sämtliche in dieser Mitteilung beschriebenen Umstände des Falles berücksichtigt habe, insbesondere die Rolle, die jeder einzelne Adressat dieser Mitteilung gespielt habe, den Einfluss, den die spanische Regelung auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf das Verhalten dieser Adressaten haben könne, und die Zusammenarbeit der Verarbeiter und ihrer Vereinigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit.
327 Allerdings hat die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angegeben, dass Deltafina wahrscheinlich als Anführer eingestuft würde. Diese Einstufung führt jedoch zu erheblichen Auswirkungen auf die Höhe der gegen das fragliche Unternehmen zu verhängenden Geldbuße. So handelt es sich gemäß Nr. 2 der Leitlinien um einen erschwerenden Umstand, der zu einer nicht unerheblichen Steigerung des Grundbetrags der Beihilfe führt. Außerdem schließt eine solche Einstufung gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit eine wesentliche Herabsetzung der Geldbuße von vornherein aus, selbst wenn das als Anführer eingestufte Unternehmen alle Bedingungen für eine solche Herabsetzung erfüllt. Daher obliegt es der Kommission, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die aus ihrer Sicht einschlägigen Gesichtspunkte anzuführen, um dem Unternehmen, das als Anführer eines Kartells eingestuft werden kann, Gelegenheit zu geben, sich zu einer solchen Rüge zu äußern. Da eine solche Mitteilung nur ein Schritt im Verfahren zur Annahme der endgültigen Entscheidung ist und daher keine endgültige Stellungnahme der Kommission darstellt, kann nicht verlangt werden, dass diese in diesem Stadium bereits eine rechtliche Bewertung der Kriterien vornimmt, auf die sie sich in ihrer endgültigen Entscheidung über die Einstufung eines Unternehmens als Anführer des Kartells stützen wird.
328 Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den Sachverhaltskriterien, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zur Einstufung von Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells vorgebracht hat, ihren eigenen Erklärungen zufolge um die im 435. Erwägungsgrund dieser Entscheidung zusammengefassten Umstände. Was die Angaben im ersten Satz des 436. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung anbelangt (siehe oben, Randnr. 321), nimmt das Gericht die Erklärung der Kommission zur Kenntnis, dass WWTE und Agroexpansión in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Anhörung lediglich die vorstehend erwähnten Umstände bestätigt und in tatsächlicher Hinsicht nichts vorgetragen hätten, was Deltafina nicht bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zur Kenntnis gebracht worden sei (siehe oben, Randnrn. 147 und 316 bis 318). Unter diesen Umständen ist unabhängig davon, ob diese Umstände, auf die die Kommission sich ihrem Vortrag zufolge gestützt hat, als Nachweis dafür ausreichen, dass Deltafina Anführer des Verarbeiterkartells gewesen ist, davon auszugehen, dass die Kommission deren Verteidigungsrechte nicht dadurch verletzt hat, dass sie es ablehnte, ihr vor der Annahme der angefochtenen Entscheidung Zugang zu den Antworten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu gewähren.
329 Im Übrigen ist festzustellen, dass die Tatsachen, von denen die Kommission somit in der angefochtenen Entscheidung für die Einstufung von Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells ausgegangen ist, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte bereits aufgeführt worden sind, so dass Deltafina sich dazu vor der Annahme dieser Entscheidung wirksam äußern konnte. So waren die im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Tatsachen schon in den Nrn. 416 bis 420 der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten.
330 Daher hat die Kommission die Verteidigungsrechte von Deltafina nicht verletzt, indem sie es unterlassen hat, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte anzugeben, dass diese als Anführer des Verarbeiterkartells angesehen werden könnte.
331 Drittens ist zu prüfen, ob die Tatsachen, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, um Deltafina als Anführer des Verarbeiterkartells einzustufen, eine solche Einstufung zuließen. Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 312) sowie im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 73) und des ersten Teils des zweiten Klagegrundes (siehe oben, Randnr. 105) rügt Deltafina, die Kommission habe nicht dargetan, dass sie in dem Verarbeiterkartell eine solche Rolle eingenommen habe.
332 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das fragliche Unternehmen, um als Anführer angesehen zu werden, eine wichtige Antriebskraft für das Kartell gewesen sein (Urteile des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 374, und vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg. 2008, II‑881, Randnr. 423) und eine besondere und konkrete Verantwortung für dessen Funktionieren tragen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil BASF/Kommission, Randnrn. 300 und 375).
333 Auch wenn mit den von der Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Umständen dargetan wird, dass Deltafina eine aktive und unmittelbare Rolle im Verarbeiterkartell gespielt hat, sind sie jedoch kein ausreichender Nachweis dafür, dass diese Gesellschaft eine bedeutende Antriebskraft für dieses Kartell darstellte oder ihre Rolle wichtiger war als die aller anderen spanischen Verarbeiter. Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass Deltafina, selbst wenn die Kommission ihr aus den vorstehend in den Randnrn. 122 bis 133 erwähnten Gründen zu Recht die gesamte Zuwiderhandlung zugerechnet hat, doch im Lauf eines Zuwiderhandlungszeitraums von mehr als fünf Jahren nur an einer sehr begrenzten Anzahl von Treffen des Verarbeiterkartells – d. h. höchstens an vier von fast dreißig Treffen – teilgenommen hat, bei denen die rechtswidrigen Abkommen geschlossen wurden, und dass sie nur in verhältnismäßig beschränktem Umfang an dem Schriftwechsel und Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern dieses Kartells beteiligt war.
334 Im Übrigen weist nichts in den Akten darauf hin, dass Deltafina irgendeine Initiative ergriffen hätte, um dieses Kartell zu errichten oder irgendeinen der spanischen Verarbeiter zu einem Beitritt zu bewegen. Insbesondere ist die Behauptung der Kommission im 435. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wonach Deltafina „die spanischen [Verarbeiter] zur Koordinierung ihrer Einkaufsstrategien [veranlasste],“ nicht hinreichend dargetan. Der schlichte Umstand, dass WWTE in ihrem Fax vom 9. Juli 1997 (siehe oben, Randnr. 127) erwähnt, dass der Vorsitzende von Deltafina wiederholt festgestellt habe, dass „eine Vereinbarung über die Preise ohne Vereinbarung über die Mengen nicht möglich ist“, kann für die Untermauerung dieser Behauptung nicht ausreichen. Dies gilt umso mehr, als sich diesem Fax vielmehr entnehmen lässt, dass WWTE selbst wünschte, dass ein Abkommen über die Mengen geschlossen werde, wobei sie sogar die Notwendigkeit hervorhob, dass es eine Laufzeit von fünf oder zumindest drei Jahren haben müsse. Hierzu weist WWTE in dem im 143. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung erwähnten Fax vom 6. November 1997 an den Vorsitzenden von Deltafina darauf hin, dass sie versuche, „alles [daranzusetzen], eine Vereinbarung über Mengen zu schließen“, indem sie auf dem folgenden Treffen des Verarbeiterkartells „die Absicherung [der] Vereinbarungen durch Hinterlegung großer Geldbeträge“ vorschlagen würde.
335 Es weist auch nichts in den Akten darauf hin, dass Deltafina die Tätigkeiten übernommen hat, die normalerweise mit der Rolle des Anführers eines Kartells verbunden sind, wie beispielsweise den Vorsitz bei den Treffen oder die Zentralisierung und Verteilung bestimmter Informationen. Zwar hat Deltafina über einen kurzen Zeitraum einen Vermerk verwahrt, der Einzelheiten zu bestimmten rechtswidrigen Vereinbarungen enthielt, doch handelt es sich dabei nur um einen Einzelfall. Ebenso waren, auch wenn aus den Akten hervorgeht, dass Deltafina als Vermittler bei Streitigkeiten zwischen den Verarbeitern tätig war, solche Eingriffe eher selten und beschränkten sich auf die ersten beiden Jahre des Verarbeiterkartells. Im Übrigen waren sie nicht mit einer konkreten Drohung oder einer disziplinierenden Maßnahme verbunden.
336 Der sechste Klagegrund greift also teilweise durch, so dass die angefochtene Entscheidung abzuändern ist, sofern Deltafina darin die Anführerrolle als erschwerender Umstand unterstellt wird. Die konkreten Auswirkungen dieser Abänderung werden nachfolgend in den Randnrn. 437 bis 439 im Einzelnen dargestellt.
Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 3 der Leitlinien
Vorbringen der Parteien
337 Deltafina rügt, die Kommission habe im vorliegenden Fall die mildernden Umstände, die in Nr. 3 zweiter und dritter Gedankenstrich der Leitlinien angesprochen seien – „tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße“ und die „Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission“ –, nicht berücksichtigt.
338 So macht Deltafina als Erstes geltend, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nachdrücklich eine „zumindest teilweise“ Nichtbeachtung von Vereinbarungen und Verletzungen in den Jahren 1996 (Erwägungsgründe 85, 88 und 111 der angefochtenen Entscheidung), 1997 (Erwägungsgründe 113, 122, 126, 130 und 133 der angefochtenen Entscheidung), 1998 (Erwägungsgründe 144 und 175 der angefochtenen Entscheidung), 1999 (Erwägungsgrund 186 der angefochtenen Entscheidung), 2000 (Erwägungsgründe 206, 229, 231 bis 233 und 235 der angefochtenen Entscheidung) und 2001 (Erwägungsgründe 239, 244 und 255 bis 257 der angefochtenen Entscheidung) feststellt. Sie bezieht sich auch auf bestimmte Passagen der Erwägungsgründe 295, 307 und 319 der angefochtenen Entscheidung.
339 In diesem Zusammenhang weist Deltafina darauf hin, dass das Gericht in seinem Urteil vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission (T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473), festgestellt habe, dass die Leitlinien, „nunmehr ausdrücklich die Berücksichtigung der tatsächlichen Nichtanwendung einer Vereinbarung über einen Verstoß als mildernden Umstand vorsehen“ (Randnr. 191), dass Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien nicht nur den Fall betreffe, „dass eine Absprache unabhängig vom individuellen Verhalten des jeweiligen Unternehmens insgesamt nicht durchgeführt werde“ (Randnr. 188), und dass „entsprechend dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen die relative Schwere des Tatbeitrags des Unternehmens zu prüfen ist“ (Randnr. 189).
340 Deltafina rügt als Zweites, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die ihr vorgeworfene Verletzung am 10. August 2001, d. h. vor dem Zeitpunkt ihres ersten Eingreifens, beendet worden sei.
341 Nach alledem beantragt Deltafina die Herabsetzung ihrer Geldbuße.
342 Die Kommission beantragt die Zurückweisung des siebten Klagegrundes.
343 Als Erstes macht sie geltend, sie sei nicht gehalten gewesen, im vorliegenden Fall den mildernden Umstand gemäß Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien zu berücksichtigen.
344 Die Tatsache, dass das Kartell vor 1998 nicht in vollem Umfang beachtet worden sei, sei bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt worden, da der Ausgangsbetrag der Geldbuße ungeachtet der besonderen Schwere dieser Zuwiderhandlung auf 8 000 000 Euro statt auf 20 000 000 Euro festgesetzt worden sei.
345 Ferner sieht sie ihre Auffassung durch die Randnrn. 189 und 192 des Urteils Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 339 angeführt, sowie durch die Randnrn. 276 und 277 des Urteils des Gerichts vom 8. Juli 2004, Mannesmannröhren-Werke/Kommission (T‑44/00, Slg. 2004, II‑2223, Randnrn. 276 und 277), bestätigt. Deltafina habe sich nicht nur niemals eindeutig und nachdrücklich gegen die Durchführung des Kartells mit den Verarbeitern gewandt, sondern sei diesem Kartell auch uneingeschränkt beigetreten, indem sie bei der Koordinierung und der Vermittlung eine besonders aktive Rolle gespielt habe.
346 Als Zweites meint die Kommission, sie sei auch nicht gehalten gewesen, die Tatsache, dass die Verletzung vor ihrem ersten Eingreifen beendet worden sei, als mildernden Umstand zu berücksichtigen.
Würdigung durch das Gericht
347 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission bei der Festsetzung der Höhe von Geldbußen grundsätzlich an ihre eigenen Leitlinien halten muss (siehe oben, Randnr. 230). Diese schreiben ihr aber nicht vor, alle in Nr. 3 der Leitlinien aufgeführten mildernden Umstände stets gesondert zu berücksichtigen; die Kommission ist nicht verpflichtet, insoweit automatisch eine zusätzliche Herabsetzung zu gewähren, weil die Frage, ob eine Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände angemessen ist, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Weg einer Gesamtwürdigung zu beurteilen ist.
348 Der Erlass der Leitlinien hat der früheren Rechtsprechung nicht ihre Bedeutung genommen, nach der die Kommission über ein Ermessen verfügt, das es ihr erlaubt, bei der Bemessung der von ihr zu verhängenden Geldbußen insbesondere nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder nicht. Da sich aus den Leitlinien kein zwingender Anhaltspunkt dafür ergibt, welche mildernden Umstände berücksichtigt werden können, ist davon auszugehen, dass der Kommission ein gewisser Spielraum verblieben ist, um im Weg einer Gesamtwürdigung über die Höhe einer etwaigen Herabsetzung der Geldbußen wegen mildernder Umstände zu entscheiden (vgl. Urteil Raiffeisen Zentralbank Österreich/Kommission, oben in Randnr. 230 angeführt, Randnr. 473 und die dort angeführte Rechtsprechung).
349 Zum ersten Vorwurf von Deltafina ist darauf hinzuweisen, dass die „tatsächliche Nichtanwendung der Vereinbarungen über Verstöße“ gemäß Nr. 3 zweiter Gedankenstrich der Leitlinien einen mildernden Umstand darstellen kann.
350 Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Kommission das Vorliegen eines mildernden Umstands wegen tatsächlicher Nichtanwendung einer Vereinbarung nur anzuerkennen braucht, wenn das Unternehmen, das diesen Umstand geltend macht, nachweisen kann, dass es sich der Anwendung der Vereinbarung so eindeutig und nachdrücklich widersetzt hat, dass dadurch sogar deren Funktionieren gestört wurde, und dass es der Vereinbarung auch nicht scheinbar zugestimmt und dadurch andere Unternehmen zu deren Anwendung veranlasst hat. Unternehmen könnten nämlich das Risiko, eine beträchtliche Geldbuße zahlen zu müssen, zu leicht minimieren, wenn sie zunächst aus einer rechtswidrigen Vereinbarung Vorteil ziehen und anschließend eine Herabsetzung der Geldbuße mit der Begründung beanspruchen könnten, dass sie bei der Durchführung der Zuwiderhandlung nur eine begrenzte Rolle gespielt hätten, obgleich ihre Haltung andere Unternehmen dazu veranlasste, sich in stärkerem Maße wettbewerbsschädigend zu verhalten (Urteil Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Randnr. 345 angeführt, Randnrn. 277 und 278).
351 Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes trägt Deltafina nichts vor, woraus sich entnehmen ließe, dass sie sich dem Verarbeiterkartell so klar und nachdrücklich widersetzt hätte, dass dadurch sogar dessen Funktionieren gestört worden sei. Sie führt nämlich lediglich bestimmte Erwägungsgründe der angefochtenen Entscheidung an, die, wie bereits vorstehend in den Randnrn. 260 bis 267 festgestellt, entweder im Hinblick auf die vorliegende Rüge nicht einschlägig sind, vor allem da sie nicht das Verarbeiterkartell betreffen, oder in denen lediglich festgestellt wird, dass dieses Kartell bis 1998 von seinen Mitgliedern generell und nicht nur von Deltafina nicht vollständig durchgeführt und beachtet worden sei.
352 Zu diesem letzten Punkt ist darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass das Verarbeiterkartell erst seit 1998 vollständig durchgeführt worden ist, zu den Umständen gehört, die die Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und bei der Festlegung des Ausgangsbetrags der Geldbuße nach Maßgabe dieser Schwere berücksichtigt hat. Die Kommission hat nämlich für Deltafina nur einen Ausgangsbetrag in Höhe von 8 000 000 Euro festgelegt, obwohl sie nach den Leitlinien einen Ausgangsbetrag von mindestens 20 000 000 Euro hätte in Betracht ziehen können, da es sich um eine besonders schwere Zuwiderhandlung handelte.
353 Die erste Rüge von Deltafina kann daher keinen Erfolg haben.
354 Zur zweiten Rüge ist darauf hinzuweisen, dass die „Beendigung der Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission (insbesondere Nachprüfungen)“ gemäß Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien zu den mildernden Umständen gehört.
355 Diese Beendigung kann logischerweise nur dann einen mildernden Umstand bilden, wenn es Gründe für die Annahme gibt, dass die fraglichen Unternehmen durch dieses Eingreifen zur Beendigung ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens veranlasst wurden, während der Fall, dass die Zuwiderhandlung bereits vor dem ersten Eingreifen der Kommission beendet worden war, dieser Bestimmung der Leitlinien nicht unterfällt (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 158).
356 Im vorliegenden Fall wurde die Zuwiderhandlung aber – wie Deltafina geltend macht – am 10. August 2001 beendet, d. h. vor dem ersten Eingreifen der Kommission, dem 3. Oktober 2001. Diese Beendigung kann daher keinen mildernden Umstand für die Festsetzung der Geldbuße darstellen.
357 Im Übrigen kann eine Herabsetzung der Geldbuße wegen der Beendigung einer Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission nicht automatisch eintreten, sondern hängt von einer Bewertung der Umstände des Einzelfalls durch die Kommission im Rahmen ihres Ermessens ab. Insoweit erscheint die Anwendung von Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien zugunsten eines Unternehmens besonders angezeigt, wenn der wettbewerbswidrige Charakter des fraglichen Verhaltens nicht offenkundig ist. Umgekehrt erscheint ihre Anwendung grundsätzlich weniger angebracht, wenn das fragliche Verhalten, sofern es erwiesen ist, klar wettbewerbswidrig ist (Urteil Mannesmannröhren-Werke/Kommission, oben in Randnr. 345 angeführt, Randnr. 281).
358 Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht angenommen werden, dass Deltafina einen vernünftigen Zweifel an dem wettbewerbswidrigen Charakter ihres Verhaltens haben konnte, da es sich hierbei um die Beteiligung an einem horizontalen Kartell handelte, das auf Festlegung der Preise und Aufteilung der Mengen abzielte und das einen geheimen Teil umfasste, und daher einen offensichtlichen Verstoß gegen Art. 81 EG darstellte.
359 Daher kann der zweite Klagegrund von Deltafina nicht durchgreifen.
360 Nach alledem ist der siebte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 5 Buchst. a der Leitlinien
Vorbringen der Parteien
361 Im Rahmen ihres achten Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, wirft Deltafina der Kommission vor, für die Berechnung der Obergrenze von 10 % gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ihre Umsätze im Geschäftsjahr 2002/2003 nicht berücksichtigt zu haben. Die Kommission hätte die Umsätze für das zum 31. März 2004 abgeschlossene Geschäftsjahr berücksichtigen müssen, da ihr Geschäftsjahr jedes Jahr zum 31. März abgeschlossen werde und die angefochtene Entscheidung am 20. Oktober 2004 angenommen worden sei.
362 Ihre Umsätze in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr hätten sich auf 127 360 989 Euro belaufen, also auf einen Betrag, der unter dem im 443. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Betrag von 133 228 000 Euro gelegen habe. Die gegen Deltafina verhängte Geldbuße hätte daher vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit 12 736 000 Euro nicht überschreiten dürfen.
363 Die Kommission räumt ein, dass zur Beurteilung, ob die Obergrenze von 10 % überschritten gewesen sei oder nicht, die Umsätze im Lauf des zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahrs zu berücksichtigen gewesen seien. Die Obergrenze wäre jedoch auch bei Berücksichtigung dieser Umsätze nicht überschritten worden.
364 Hilfsweise macht die Kommission geltend, das Gericht habe in seinem Urteil vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission (T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 352 bis 354), entschieden, dass die Obergrenze von 10 % auf den „Endbetrag der … ermittelten Geldbuße“ anzuwenden sei und nicht in einem früheren Stadium, also vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit. Im vorliegenden Fall überschreite jedoch der Endbetrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße, d. h. 11 880 000 Euro, unbestritten nicht 10 % ihrer Umsätze in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr.
Würdigung durch das Gericht
365 Im 439. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung legt die Kommission die Höhe der Geldbuße gegen Deltafina vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit auf 13 200 000 Euro fest. Im 443. Erwägungsgrund dieser Entscheidung führt sie aus, dieser Betrag solle nicht nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gesenkt werden, „[d]a sich der Gesamtumsatz von Deltafina im Jahr 2003 auf 133 228 000 Euro“ belaufen habe.
366 Gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ist der Umsatz, der zur Berechnung der Obergrenze von 10 % im Sinne dieser Bestimmung zu berücksichtigen ist, der Umsatz des vorausgegangenen Geschäftsjahrs. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, hätte die Kommission daher zur Bestimmung, ob diese Obergrenze überschritten war oder nicht, den Umsatz von Deltafina in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr berücksichtigen müssen.
367 Die Kommission ist daher im 443. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht von dem Umsatz ausgegangen, den Deltafina in dem zum 31. März 2003 abgeschlossenen Geschäftsjahr erzielt hat.
368 Gleichwohl geht der auf diesen Rechtsfehler gestützte Klagegrund ins Leere, da die Obergrenze von 10 % auch bei Berücksichtigung des Umsatzes nicht überschritten worden ist, den Deltafina in dem zum 31. März 2004 abgeschlossenen Geschäftsjahr erzielt hat. Aus einer Tabelle in dem der Klageschrift beigefügten Jahresabschluss von Deltafina zum 31. März 2004 geht hervor, dass sich deren Umsatz auf 139 904 230,95 Euro belief, d. h. auf einen Betrag, der das Zehnfache des genannten Betrags von 13 200 000 Euro überstieg. Hierzu ist festzustellen, dass von dem Betrag auszugehen ist, der sich neben dem Rechnungsposten „Erlöse aus Umsätzen und Dienstleistungen“ dieser Tabelle befindet, und nicht, wie es Deltafina getan hat, von dem Betrag neben dem Titel „Gesamterlöse“, der Rechnungsposten umfasst, die nicht berücksichtigt werden können, im vorliegenden Fall die Posten „Vorratsveränderung bei Endprodukten“ und „Andere Erzeugnisse und Erlöse“.
369 Nach alledem ist der achte Klagegrund als ins Leere gehend zurückzuweisen.
Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Einleitung und Nr. 4 der Leitlinien, Abschnitt B Buchst. e und Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie unzureichende Begründung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
370 In den Erwägungsgründen 448 bis 456 der angefochtenen Entscheidung äußert sich die Kommission zur Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit im Fall der Verarbeiter und Deltafina.
371 Als Erstes führt sie an, diese hätten die Anwendung der Mitteilung vor der Veröffentlichung der Beschwerdepunkte beantragt (449. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
372 Als Zweites stellt sie fest, Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit sei auf die spanischen Verarbeiter anwendbar. Obwohl ihr der Großteil der wesentlichen Nachweise für die Verletzung schon vorgelegen habe, hätten ihr die von den Verarbeitern zur Verfügung gestellten Informationen geholfen, die Verletzung zu klären und zu beweisen (Erwägungsgründe 450 und 451 der angefochtenen Entscheidung).
373 Als Drittes vertritt die Kommission die Auffassung, Taes sollten wegen ihrer „besonders hilfreichen“ Kooperation während des Verfahrens − vor allem die Beteiligung von Deltafina an der Zuwiderhandlung betreffend − und der Tatsache, dass sie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt nie bestritten habe, in Übereinstimmung mit Abschnitt D Abs. 2 erster und zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit 40 % der Geldbuße erlassen werden (452. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
374 Als Viertes macht die Kommission geltend, dass die von Cetarsa und WWTE zur Verfügung gestellten Informationen zwar wichtig gewesen seien, dass sie sich aber nicht als so nützlich für ihre Untersuchung erwiesen hätten wie die von Taes überlassenen Informationen (453. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). In ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte hätten Cetarsa und WWTE eine Behauptung aufgestellt, die nicht den Tatsachen entsprochen habe. Sie entscheidet daher, diesen beiden Verarbeitern gemäß Abschnitt D Abs. 2 erster Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit eine Herabsetzung der Geldbuße um 25 % zu gewähren.
375 Als Fünftes stellt die Kommission fest, dass auch Agroexpansión nützliche Informationen zur Verfügung gestellt habe, den Sachverhalt jedoch in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte „ebenso wie Cetarsa und WWTE“ bestritten habe (454. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Sie fügt hinzu, Agroexpansión habe geleugnet, dass die Vereinbarungen der Verarbeiter über (maximale) durchschnittliche Lieferpreise geheim gewesen seien. In Anbetracht dieser Umstände gewährt sie dieser Gesellschaft eine Herabsetzung der Geldbuße um 20 %.
376 Als Sechstes setzt die Kommission schließlich die gegen Deltafina verhängte Geldbuße um 10 % herab (456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Obwohl weder Universal noch Deltafina Angaben zu einem Beitrag von Deltafina zur Kooperation von Taes mit der Kommission gemacht hätten, könne nicht außer Acht gelassen werden, dass ein Teil der Dokumente im Anhang des Vermerks von Taes vom 18. Februar 2002 offenbar von Deltafina stamme und im Hinblick auf diese Kooperation bereitgestellt worden sei. Die Kommission wiederholt, dass die von Taes bereitgestellten Informationen besonders wertvoll für ihre Untersuchung und zudem Voraussetzung für den Nachweis der Verantwortlichkeit von Deltafina gewesen seien. Gleichwohl habe Deltafina nicht unmittelbar deutlich gemacht, in welcher Form und in welchem Umfang sie zur Kooperation bereit gewesen sei, und sie habe in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte den darin erhobenen Vorwürfen zu ihrer Verantwortlichkeit widersprochen. Im Übrigen weist sie auch darauf hin, dass Deltafina „nicht die Anforderungen erfüllt, die unter Abschnitt B Buchst. e der [Mitteilung über Zusammenarbeit] vorausgesetzt werden“.
Vorbringen der Parteien
377 Im Rahmen ihres neunten Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina geltend, die Kommission habe bei der Bewertung ihrer Kooperation im Lauf des Verwaltungsverfahrens eine Reihe von Fehlern begangen. Diese Rügen können in vier Teile zusammengefasst werden.
378 Im Rahmen des ersten Teils macht Deltafina geltend, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie der Begründetheit der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhobenen Vorwürfe zu ihrer Verantwortlichkeit widersprochen habe. So habe sie sich, indem sie zugegeben habe, dass Herr M. im eigenen Namen gehandelt habe, darauf beschränkt, die Auslegung und die rechtliche Würdigung bestimmter Tatsachen durch die Kommission zu bestreiten. Zudem habe auch Taes in einem Vermerk vom 18. Februar 2002 eine solche Erklärung abgegeben, und es sei merkwürdig, dass gegen diese gleichwohl eine niedrigere Geldbuße festgesetzt worden sei als gegen sie.
379 Im Rahmen des zweiten Teils trägt Deltafina vor, die Kommission habe die Mitteilung über Zusammenarbeit verletzt, indem sie ihr im 456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung vorgeworfen habe, nicht die Anforderung gemäß Abschnitt B Buchst. e dieser Mitteilung zu erfüllen. Im vorliegenden Fall finde diese jedoch keine Anwendung, da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Abschnitt D dieser Mitteilung anwende, der gerade den Fall betreffe, dass „ein Unternehmen … zusammen[arbeitet], ohne dass es alle [in den Abschnitten B und C aufgeführten] Voraussetzungen erfüllt“. Die Kommission habe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zudem keine Verhaltensweisen gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit gerügt und in der angefochtenen Entscheidung jedenfalls nicht nachgewiesen, dass Deltafina Täter solcher Verhaltensweisen gewesen sei.
380 Im Rahmen des dritten Teils vertritt Deltafina die Auffassung, dass die angefochtene Entscheidung insofern „mit einem schweren Widerspruch in der Begründung behaftet“ sei, als die Kommission die Geldbuße ihr gegenüber in geringerem Maß herabgesetzt habe als gegenüber Taes. Da die Kommission im 360. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung feststelle, dass sie die Koordinierung und Beaufsichtigung der Aktivitäten der Universal-Gruppe in Europa, einschließlich derjenigen ihrer Tochtergesellschaft Taes, wahrnehme, sollten ihr sinnvollerweise „nicht nur die Verantwortlichkeiten, sondern auch die Vorteile, … zugute[kommen]“. Außerdem könnten die besonders nützlichen „Beiträge“ von Taes, vor allem was ihre Beteiligung an dem Verarbeiterkartell anbelange, nur von ihr selbst stammen. Sie hebt hervor, dass sie mit der Kommission ab dem Zeitpunkt zusammengearbeitet habe, zu dem Taes in die vorliegende Rechtssache verwickelt worden sei. Die der Kommission übermittelten Angaben seien sowohl im Namen von Taes als auch in ihrem Namen gemacht und unter der Aufsicht von Universal gemeinsam mit den Vertretern und Leitungsorganen der beiden Gesellschaften vorbereitet worden und stammten weitgehend von ihr selbst.
381 Deltafina macht schließlich im Rahmen des vierten Teils geltend, die Kommission habe die Mitteilung über Zusammenarbeit in diskriminierender Weise angewandt. Hierbei rügt sie zunächst, dass gegen Cetarsa, WWTE und Agroexpansión eine niedrigere Geldbuße festgesetzt worden sei als gegen sie, obwohl diese, „wenn auch in anderem Maße“, den Sachverhalt bestritten hätten. Sodann weist sie darauf hin, dass WWTE und Agroexpansión erst in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erstmals erklärt hätten, dass sie eine Anführerrolle in dem Verarbeiterkartell eingenommen habe. Zweifel an der „Intensität und der Loyalität ihrer Zusammenarbeit in den beiden vorangegangenen Jahren“ seien daher angebracht. Sie wirft der Kommission schließlich vor, in ihrem Fall die Anforderungen gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht angewandt zu haben.
382 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen beantragt Deltafina die Herabsetzung ihrer Geldbuße um denselben Prozentsatz, der auf die Geldbuße gegen Taes angewandt worden sei, d. h. um 40 %.
383 Die Kommission hält keinen dieser Teile für begründet.
384 Als Erstes macht sie geltend, Deltafina habe in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt, dass alle ihr vorgeworfenen Verhaltensweisen vielmehr Herrn M. zuzurechnen gewesen seien, der ausschließlich im eigenen Namen gehandelt habe. Diese Feststellung stelle jedoch einen „offensichtlichen Versuch [dar], den Sachverhalt zu verdrehen“.
385 Als Zweites bestreitet sie, Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit fehlerhaft angewandt zu haben. Zum einen schließe die Tatsache, dass sie Abschnitt D dieser Mitteilung anwende, nicht aus, dass sie zur Bestimmung des Prozentsatzes, um den die Geldbuße des kooperierenden Unternehmens herabzusetzen sei, berücksichtige, dass dieses Unternehmen bestimmte in den Abschnitten B und C dieser Mitteilung genannte Bedingungen nicht erfülle. Zum anderen sei die Behauptung falsch, sie habe Deltafina keine Verhaltensweisen im Sinne von Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit vorgeworfen.
386 Als Drittes meint sie, sie sei nicht gehalten, die Geldbuße gegen Deltafina um denselben Prozentsatz herabzusetzen wie die Geldbuße gegen Taes.
387 Zum einen sei Deltafina nicht wegen ihrer Koordinierung und Beaufsichtigung der Aktivitäten von Taes für den Verstoß gegen Art. 81 EG verantwortlich gemacht worden, sondern weil sie selbst eine „Reihe bedeutender, zum Teil entscheidender Verhaltensweisen im Rahmen des Kartells [der Verarbeiter]“ durchgeführt habe. Zum anderen habe sich die Zusammenarbeit von Deltafina auf die gemeinsame Abfassung des Vermerks vom 18. Februar 2002 mit Taes beschränkt.
388 Als Viertes ist die Kommission der Auffassung, sie habe den Grundsatz der Gleichbehandlung nicht verletzt, indem sie für Deltafina einen geringeren Prozentsatz angewandt habe, als er anderen Adressaten der angefochten Entscheidung zugutegekommen sei.
Würdigung durch das Gericht
389 Der Kommission steht hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen ein weites Ermessen zu; sie kann insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Dienststellen der Kommission durchgeführten Untersuchungen gehören. In diesem Zusammenhang verfügt die Kommission bei der Beurteilung von Qualität und Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnrn. 81 und 88).
390 Die Herabsetzung einer Geldbuße wegen Kooperation ist nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Unternehmens der Kommission die Wahrnehmung ihrer Aufgabe erleichtert hat, Zuwiderhandlungen gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln festzustellen und zu verfolgen (vgl. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 499 und die dort angeführte Rechtsprechung); außerdem muss das Verhalten ein Zeichen echter Zusammenarbeit sein (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnrn. 395 und 396).
391 In der Mitteilung über Zusammenarbeit hat die Kommission die Voraussetzungen näher bestimmt, unter denen Geldbußen für Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit ihr zusammenarbeiten, entweder nicht oder niedriger festgesetzt werden können (vgl. Abschnitt A Nr. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit).
392 Nach Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit kann gegenüber einem Unternehmen die Höhe der Geldbuße wesentlich, d. h. um mindestens 75 %, niedriger festgesetzt werden oder auf die Festsetzung der Geldbuße ganz verzichtet werden, wenn es sämtliche Anforderungen nach Abschnitt B Buchst. a bis e erfüllt. Nach Abschnitt B Buchst. e kann die Höhe der Geldbuße nicht niedriger festgesetzt oder auf die Festsetzung der Geldbuße ganz verzichtet werden, wenn ein Unternehmen „zu der rechtswidrigen Handlung angestiftet oder bei ihrer Durchführung eine entscheidende Rolle gespielt hat“.
393 Nach Abschnitt C dieser Mitteilung „[wird die Geldbuße g]egenüber einem Unternehmen, das die unter Abschnitt B Buchstaben b) bis e) genannten Voraussetzungen erfüllt und die geheime Absprache anzeigt, nachdem die Kommission aufgrund einer Entscheidung bei den am Kartell beteiligten Unternehmen eine Nachprüfung vorgenommen hat, die keine ausreichenden Gründe für die Eröffnung eines Verfahrens im Hinblick auf den Erlass einer Entscheidung geliefert hat, … um 50 bis 75 % niedriger festgesetzt“.
394 Abschnitt D („Spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße“) der Mitteilung über Zusammenarbeit sieht vor:
„1. Arbeitet ein Unternehmen mit der Kommission zusammen, ohne dass es alle Voraussetzungen [der Abschnitte B und C] erfüllt, so wird die Höhe der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt.
2. Dies gilt insbesondere, wenn
– ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen;
– ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet.“
395 Vor diesem Hintergrund ist die Begründetheit des vorliegenden Klagegrundes zu prüfen. Der zweite Teil des Klagegrundes wird als Letzter geprüft werden.
396 Zum ersten Teil ist festzustellen, dass die Kommission im 456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen hat, dass Deltafina in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte „in wesentlichen Punkten … den darin dargelegten Ergebnissen zur Haftbarkeit des Unternehmens“ widersprochen habe. In dieser Erwiderung hat Deltafina ihre Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung entschieden zurückgewiesen, indem sie wiederholt vorgebracht hat, dass Herr M., der im Rahmen des Verarbeiterkartells ausschließlich im eigenen Namen und nicht als Vertreter der Gesellschaft gehandelt habe, haften müsse. Mit dieser Vorgehensweise hat Deltafina den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellten Sachverhalt in Frage gestellt und sich nicht nur darauf beschränkt, ihn anders auszulegen oder der rechtlichen Würdigung, die die Kommission vorgenommen hat, zu widersprechen.
397 Zu dem von Deltafina daraus abgeleiteten Recht, dass Taes nicht vorgeworfen werde, den Sachverhalt inhaltlich bestritten zu haben, obwohl auch sie im Lauf des Verwaltungsverfahrens festgestellt habe, dass Herr M. ausschließlich im eigenen Namen gehandelt habe, genügt die Feststellung, dass sie damit anders als Deltafina keine sie unmittelbar betreffende Tatsache zurückweisen und ihre eigene Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung in Frage stellen wollte.
398 Zum dritten Teil ist zunächst festzustellen, dass er auf einer unzutreffenden Prämisse beruht. Wie aus den Erwägungsgründen 359 bis 366 der angefochtenen Entscheidung und den Randnrn. 107 bis 112 des vorliegenden Urteils eindeutig hervorgeht, wurde Deltafina nicht aufgrund von Überwachungs- und Kontrollaufgaben hinsichtlich der Aktivitäten von Taes, sondern aufgrund ihrer unmittelbaren und aktiven Beteiligung an dem Verarbeiterkartell für verantwortlich für die Zuwiderhandlung erklärt.
399 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung der Kooperation von Mitgliedern eines Kartells nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung außer Acht lassen darf, der verletzt ist, wenn vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich oder unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 364 angeführt, Randnr. 394 und die dort angeführte Rechtsprechung).
400 Die Kommission hat jedoch ihr Ermessen nicht offensichtlich überschritten, indem sie die Auffassung vertrat, dass die Kooperation von Taes nützlicher gewesen sei als die von Deltafina.
401 Wie bereits vorstehend in den Randnrn. 396 und 397 ausgeführt, hat Deltafina, anders als Taes, bestimmte Tatsachen im Sinne von Abschnitt D Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit inhaltlich bestritten.
402 Im Übrigen hat Deltafina, anders als Taes, niemals unmittelbar mit der Kommission zusammengearbeitet. Insbesondere war die Kommission zu Recht der Auffassung, dass sich die Zusammenarbeit von Deltafina darauf beschränkt habe, dass sie an der Abfassung des Vermerks von Taes vom 18. Februar 2002 beteiligt gewesen sei (siehe oben, Randnrn. 8 und 9). Universal Leaf hat nämlich in ihrem Schreiben vom 15. Februar 2002 an die Kommission eine Kooperation von Deltafina nur in Bezug auf die Vorbereitung dieses Vermerks festgestellt. Später haben weder Universal Leaf noch Taes oder Deltafina der Kommission mitgeteilt, dass Deltafina weiterhin über Taes bei der Untersuchung kooperiere oder dass die Informationen, die sie von Taes erhalten habe, gemeinsam mit Deltafina erstellt worden seien.
403 Daher hat die Kommission die Geldbuße gegen Deltafina zu Recht in geringerem Maß herabgesetzt als gegen Taes.
404 Zum vierten Teil ist festzustellen, dass Deltafina keine Benachteiligung im Verhältnis zu Cetarsa, WWTE und Agroexpansión geltend machen kann, da ihre Kooperation weit begrenzter war als die von diesen Unternehmen geleistete Zusammenarbeit.
405 Haben Cetarsa, WWTE und Agroexpansión, wie Deltafina in ihrer Klageschrift selbst feststellt, inhaltlich bestimmte Tatsachen ebenfalls bestritten, so geschah dies jedoch zum einen „in anderem Umfang“ als bei Deltafina. So hat allein Deltafina dadurch, dass sie in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte wiederholt geltend gemacht hat, dass ihr Vorsitzender im eigenen Namen gehandelt habe, während des gesamten Verwaltungsverfahrens jede Beteiligung an den Aktivitäten des Verarbeiterkartells bestritten.
406 Während Cetarsa, WWTE und Agroexpansión der Kommission im Lauf des Verwaltungsverfahrens sehr nützliche Gesichtspunkte mitgeteilt haben (vgl. Erwägungsgründe 453 und 454 der angefochtenen Entscheidung), beschränkte sich zum anderen die Zusammenarbeit mit Deltafina, wie bereits vorstehend in Randnr. 402 festgestellt, auf die Beteiligung an der Abfassung des Vermerks von Taes vom 18. Februar 2002.
407 Der vierte Teil ist daher als nicht begründet zurückzuweisen.
408 Zum zweiten Teil schließlich ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission in keiner Weise daran gehindert ist, im Rahmen ihres weiten Ermessens auf diesem Gebiet die Tatsache zu berücksichtigen, dass das fragliche Unternehmen keine der Anforderungen gemäß Abschnitt B Buchst. a bis e der Mitteilung über Zusammenarbeit erfüllt, wenn sie bei der Anwendung von Abschnitt D dieser Mitteilung innerhalb der in Abs. 1 dieses Abschnitts vorgesehenen Spanne von 10 % bis 50 % den Prozentsatz für die diesem Unternehmen zu gewährende Ermäßigung bestimmen soll.
409 Sodann ist festzustellen, dass aus den Schriftsätzen der Kommission sowie ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung hervorgeht, dass die Kommission ihren Hinweis im 456. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, Deltafina habe die Anforderungen gemäß Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit nicht erfüllt, darauf bezogen hat, dass Deltafina Anführer des Verarbeiterkartells gewesen sei. Wie aus Abschnitt B Buchst. e der Mitteilung über Zusammenarbeit hervorgeht, gedenkt die Kommission nicht, eine wesentlich niedrigere Geldbuße festzusetzen – und erst recht nicht, keine Geldbuße festzusetzen –, wenn der Betroffene eine besonders entscheidende Rolle in dem Kartell, z. B. die Rolle eines Anführers, Initiators oder Anstifters, gespielt hat.
410 Wie vorstehend in den Randnrn. 331 bis 335 festgestellt, reichen die Unterlagen der Kommission jedoch nicht aus, um darzutun, dass Deltafina eine Anführerrolle gespielt hat. Daher hat die Kommission rechtsfehlerhaft gehandelt, indem sie neben anderen Gesichtspunkten einer Anführerrolle von Deltafina Rechnung getragen hat, um den Prozentsatz für die Ermäßigung der Geldbuße aufgrund der Kooperation auf nur 10 % festzusetzen.
411 Nach alledem greift der neunte Klagegrund teilweise durch, so dass die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Festsetzung des für Deltafina geltenden Ermäßigungssatzes abzuändern ist. In Wahrnehmung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hält das Gericht es für angemessen, die Geldbuße um 15 % herabzusetzen, um der Kooperation von Deltafina Rechnung zu tragen. Die konkreten Folgen dieser Neufassung werden nachstehend in den Randnrn. 437 bis 439 bestimmt.
Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Vorbringen der Parteien
412 Im Rahmen ihres zehnten Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, wirft Deltafina der Kommission vor, bei Herabsetzung des endgültigen Betrags ihrer Geldbuße nicht gemäß Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien dem „wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhang von Rohtabak in Spanien“ Rechnung getragen zu haben.
413 Deltafina stützt diesen Klagegrund darauf, dass der Tabakanbau in der Europäischen Union infolge der Beendigung der in der gemeinsamen Marktorganisation für Tabak vorgesehenen Prämienregelung einen strukturellen Rückgang erfahren habe. So werde nach einer vierjährigen Übergangsphase im Jahr 2010 eine neue Marktorganisation eingeführt, bei der die Einkommensbeihilfen nicht mehr von der Tabakerzeugung abhingen, sondern an die Ziele der Umstellung und der Unterstützung verschiedener Anbauarten gebunden seien. Nach den Vorhersagen der Kommission werde „die Nettowirkung des neuen Modells eine sehr behutsame Reduzierung der gemeinschaftlichen Tabakherstellung mit der Folge sein, dass der größte Teil der landwirtschaftlichen Beschäftigung dieses Sektors außerhalb der Familie und der Erstverarbeitungsindustrie nicht beibehalten werden“ könne. Außerdem würden die in der Union angebauten Tabaksorten nicht als strategisch für das verarbeitende Gewerbe angesehen und könnten leicht durch in Drittländern zu niedrigeren Kosten angebauten Tabak ersetzt werden. Schließlich machten die Prämien derzeit mehr als 80 % des Einkommens der Erzeuger aus.
414 Hinzu komme, dass die Kommission in ihrer Entscheidung 2003/600/EG vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/C.38.279/F3 – Viandes bovines françaises) (ABl. L 209, S. 12) ausdrücklich den „besonderen wirtschaftlichen Zusammenhang“ im Sinne von Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien berücksichtigt habe. So habe die Kommission in dieser Rechtssache die gegen die Parteien jeweils verhängten Geldbußen bis zu 60 % herabgesetzt.
415 Nach Auffassung der Kommission war der von Deltafina geltend gemachte strukturelle Rückgang bei der Festsetzung der Geldbuße nicht zu berücksichtigen. Der zehnte Klagegrund sei daher als unbegründet zurückzuweisen.
Würdigung durch das Gericht
416 Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien bestimmt:
„Nach Durchführung der vorstehenden Berechnungen kann es je nach Fall angezeigt sein, im Hinblick auf die entsprechende Anpassung der vorgesehenen Geldbußen einige objektive Faktoren zu berücksichtigen, wie z. B. ein besonderer wirtschaftlicher Zusammenhang, die von den Beteiligten an dem Verstoß eventuell erzielten wirtschaftlichen oder finanziellen Vorteile … und die besonderen Merkmale der betreffenden Unternehmen wie z. B. ihre tatsächliche Steuerkraft in einem gegebenen sozialen Umfeld.“
417 Es ist festzustellen, dass die Kommission entgegen dem Vorbringen von Deltafina in keiner Weise verpflichtet war, einen angeblichen strukturellen Rückgang des Tabakanbaus in der Union zu berücksichtigen, um die endgültige Höhe ihrer Geldbuße auf der Grundlage von Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien festzusetzen, da dieser Rückgang zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nur ein künftiges ungewisses Ereignis darstellte.
418 Ferner kann sich Deltafina nicht auf die Entscheidung 2003/600 berufen, da der Sachverhalt in dieser Rechtssache nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist. Im Einzelnen lag im vorliegenden Fall keiner der außergewöhnlichen Umstände vor, die von der Kommission in dieser Entscheidung gemäß Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien berücksichtigt worden sind. Im Übrigen verfügt die Kommission nach ständiger Rechtsprechung im Bereich der Festsetzung der Höhe der Geldbußen über ein weites Ermessen und ist bei dessen Ausübung nicht an frühere eigene Beurteilungen gebunden (Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnr. 82).
419 Demnach ist der zehnte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum elften Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des Verbots der Rückwirkung von Strafen und des Vertrauensschutzes
Vorbringen der Parteien
420 Im Rahmen ihres elften Klagegrundes, der hilfsweise vorgebracht wird, macht Deltafina zunächst geltend, die Kommission habe den Grundsatz des Vertrauensschutzes dadurch verletzt, dass sie sich nicht ihrer früheren Entscheidungspraxis entsprechend darauf beschränkt habe, gegen sie eine symbolische Geldbuße festzusetzen. Sie stützt dieses Vorbringen darauf, dass die Kommission in der Entscheidung Organische Peroxide wegen der relativen Neuheit der Situation, die darin bestanden habe, dass nicht nur die Mitgliedsunternehmen des Kartells, sondern auch die Unternehmen, die, ohne auf dem relevanten Markt tätig zu sein, dieses Kartell organisiert und unterstützt hätten, gegen die Gesellschaft AC‑Treuhand nur eine Geldbuße in Höhe von 1 000 Euro verhängt habe. Aus dieser Entscheidung, der entsprechenden Pressemitteilung sowie Nr. 33 des Berichts der Kommission über die Wettbewerbspolitik von 2003 (XXXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik – 2003) gehe hervor, dass die Kommission der Ansicht gewesen sei, sie könne von ihrer Praxis, in einem solchen Fall nur eine symbolische Geldbuße zu verhängen, nur für die Zukunft abweichen. Alle Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen lägen zeitlich vor dem 11. August 2001, also zwei Jahre und vier Monate vor der Entscheidung Organische Peroxide.
421 Ferner macht Deltafina einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung geltend, indem sie auf die folgenden Ausführungen des Gerichts hinweist: „Im Bereich der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln verlangt die Beachtung dieses Grundsatzes zweifellos, dass gegenüber Unternehmen, die im selben Zeitraum Zuwiderhandlungen derselben Art begangen haben, unabhängig von dem zwangsläufig zufallsbedingten Zeitpunkt, zu dem eine Entscheidung gegen sie ergeht, die gleiche gesetzliche Sanktionsandrohung besteht. Insoweit ist dieser Grundsatz eng mit dem Verbot der Rückwirkung von Strafen verbunden, wonach eine Sanktion, die wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln gegen ein Unternehmen verhängt wird, der Sanktion entsprechen muss, die zur Zeit der Zuwiderhandlung vorgesehen war“ (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 70).
422 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen fordert Deltafina das Gericht auf, die Geldbuße auf den symbolischen Betrag von 1 000 Euro herabzusetzen.
423 Nach Auffassung der Kommission ist der elfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
424 Hierzu weist die Kommission zunächst darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung ihre frühere Entscheidungspraxis als solche nicht als Rechtsrahmen für wettbewerbsrechtliche Geldbußen diene. Ferner wiederholt sie, dass die Sache, in der die Entscheidung Organische Peroxide ergangen sei, nicht mit der vorliegenden Rechtssache vergleichbar sei. Im Übrigen enthielten weder diese Entscheidung noch die entsprechende Pressemitteilung, noch der Bericht über die Wettbewerbspolitik von 2003 (XXXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik – 2003) präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen, dass für Verhaltensweisen, wie sie Deltafina vorgeworfen würden, „besonders geringe“ Geldbußen verhängt würden.
Würdigung durch das Gericht
425 Als Erstes ist zum Vorwurf eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes festzustellen, dass keiner der von Deltafina vorgebrachten Gesichtspunkte bei ihr ein solches Vertrauen auf ihre Ahndung durch eine nur symbolische Geldbuße entstehen lassen könnte.
426 In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die frühere Entscheidungspraxis der Kommission nicht selbst den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet (siehe oben, Randnr. 292). Die Kommission ist dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in einer bestimmten Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der durch die Verordnung Nr. 1/2003 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (vgl. entsprechend Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Randnr. 120 angeführt, Randnr. 109). Zudem sind die Wirtschaftsteilnehmer nicht berechtigt, auf die Beibehaltung einer bestehenden Situation zu vertrauen, die die Gemeinschaftsorgane im Rahmen ihres Ermessens ändern können (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Delacre u. a./Kommission, C‑350/88, Slg. 1990, I‑395, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich können Unternehmen, die von einem Verwaltungsverfahren betroffen sind, das zu einer Geldbuße führen kann, nicht darauf vertrauen, dass die Kommission das zuvor praktizierte Bußgeldniveau nicht überschreiten wird (Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission, T‑202/98, T‑204/98 und T‑207/98, Slg. 2001, II‑2035, Randnr. 146, und LR AF 1998/Kommission, oben in Randnr. 101 angeführt, Randnr. 243).
427 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass sich jeder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann, bei dem die Gemeinschaftsverwaltung begründete Erwartungen geweckt hat (Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 1987, Van den Bergh en Jurgens und Van Dijk Food Products [Lopik]/Kommission, 265/85, Slg. 1987, 1155, Randnr. 44), wobei eine Verletzung dieses Grundsatzes nur dann geltend gemacht werden kann, wenn die Verwaltung präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gegeben hat (vgl. Urteil Tokai Carbon u. a./Kommission, oben in Randnr. 364 angeführt, Randnr. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung).
428 Im vorliegenden Fall war die Tatsache, dass die Kommission in mehreren, der Entscheidung Organische Peroxide vorangegangenen Entscheidungen gegen Unternehmen, die zur Durchführung eines Kartells beigetragen haben, aber auf dem relevanten Markt nicht tätig waren, keine Geldbuße verhängt hat, nicht geeignet, bei Deltafina ein Vertrauen zu begründen, dass sie solche Unternehmen künftig nicht verfolgen und mit einer Sanktion belegen wird. Wie das Gericht bereits in den Randnrn. 163 bis 165 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, befunden hat, ist die Neuorientierung der Entscheidungspraxis der Kommission in der Entscheidung Organische Peroxide auf eine korrekte Auslegung der Tragweite des in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellten Verbots gestützt.
429 Diese Neuorientierung der Entscheidungspraxis der Kommission war für Deltafina umso vorhersehbarer, als es mit der Entscheidung Gussglas in Italien aus dem Jahr 1980 einen Präzedenzfall gab. Auch konnte die Entscheidungspraxis der Kommission aus der Zeit nach 1980 vernünftigerweise nicht als endgültige Aufgabe des ursprünglichen, in der Entscheidung Gussglas in Italien verfolgten Ansatzes verstanden werden. Diese Entscheidungspraxis beschränkt sich darauf, die Beratungsunternehmen nicht zu verurteilen und mit einer Sanktion zu belegen, ohne den ursprünglichen, in der Entscheidung Gussglas verfolgten Ansatz zu verwerfen (Urteil AC‑Treuhand/Kommission, oben in Randnr. 48 angeführt, Randnr. 164).
430 Was das Vorbringen von Deltafina anbelangt, aus der Entscheidung Organische Peroxide, der entsprechenden Pressemitteilung sowie Nr. 33 des Berichts der Kommission über die Wettbewerbspolitik von 2003 (XXXIII. Bericht über die Wettbewerbspolitik – 2003) gehe hervor, dass die Kommission nur für die Zukunft erklärt habe, sie werde sich nicht mehr darauf beschränken, eine nur symbolische Geldbuße zu verhängen, ohne dass es erforderlich sei, festzustellen, ob diese Texte präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen enthielten, genügt die Feststellung, dass diese Texte mehr als sechs Jahre, nachdem die Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen begonnen haben, und mehr als zwei Jahre nach ihrer Beendigung veröffentlicht worden sind. Deltafina konnte daher zu dem Zeitpunkt, als sie die fragliche Zuwiderhandlung begangen hat, nicht annehmen, dass die Kommission nur eine symbolische Geldbuße gegen sie verhängen werde.
431 Schließlich ist, wie bereits vorstehend in Randnr. 51 festgestellt, die Lage von Deltafina im vorliegenden Fall nicht mit der Lage von AC‑Treuhand in der Sache zu vergleichen, in der die Entscheidung Organische Peroxide ergangen ist. Während es sich bei AC‑Treuhand um ein Beratungsunternehmen handelte, das in keiner Weise als Wettbewerber oder auf der Seite von Angebot oder Nachfrage auf dem in dieser Rechtssache fraglichen Produktmarkt tätig war, war Deltafina als Hauptabnehmer der spanischen Verarbeiter auf einem Markt in Spanien tätig, der demjenigen unmittelbar nachgeschaltet war, auf dem die wettbewerbsbeschränkenden Handelspraktiken ausgeübt wurden. Im Übrigen war Deltafina in Italien auf dem Markt der ersten Verarbeitung tätig und unterhielt sehr enge Geschäftsbeziehungen zu bestimmten spanischen Verarbeitern.
432 Als Zweites ist zu dem von Deltafina behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungspraxis der Kommission als solche nicht als Rechtsrahmen für wettbewerbsrechtliche Geldbußen dient (siehe oben, Randnr. 292).
433 Allerdings hat die Kommission bei der Verhängung solcher Geldbußen die allgemeinen Rechtsgrundsätze zu beachten, zu denen der Grundsatz der Gleichbehandlung gehört.
434 Daher können die von Deltafina vorgenommenen Vergleiche mit anderen Entscheidungen der Kommission über Geldbußen im Hinblick auf die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur einschlägig sein, sofern die Umstände der Sachen, die zu diesen anderen Entscheidungen geführt haben, mit denjenigen im vorliegenden Fall vergleichbar sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Januar 2004, JCB Service/Kommission, T‑67/01, Slg. 2004, II‑49, Randnr. 187). Wie jedoch bereits vorstehend in den Randnrn. 51 und 431 festgestellt, ist die Situation von Deltafina im vorliegenden Fall nicht vergleichbar mit der Situation von AC‑Treuhand in der Sache, in der die Entscheidung Organische Peroxide ergangen ist.
435 Als Drittes ist zum Vorwurf einer Verletzung des Rückwirkungsverbots von Strafen festzustellen, dass, wie aus den Randnrn. 137 bis 150 des Urteils AC‑Treuhand/Kommission, vorstehend in Randnr. 48 angeführt, hervorgeht, jedes Unternehmen, das zur Durchführung eines Kartells beigetragen hat, einschließlich der Unternehmen, die nicht auf dem relevanten, von der Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Markt tätig sind, zum Zeitpunkt der fraglichen Zuwiderhandlung vernünftigerweise vorhersehen konnte, dass das in Art. 81 Abs. 1 EG aufgestellte Verbot grundsätzlich für es galt. Im Übrigen muss angesichts der vorstehend in Randnr. 426 angestellten Erwägungen jedes Unternehmen, das von einem Verwaltungsverfahren betroffen ist, das zur Verhängung einer Geldbuße führen kann, die Möglichkeit berücksichtigen, dass die Kommission jederzeit entscheiden kann, die Höhe der Geldbußen gegenüber den in der Vergangenheit verhängten Geldbußen zu erhöhen. Daher hat die Kommission dadurch, dass sie gegen Deltafina nicht nur eine bloß symbolische Geldbuße verhängt hat, nicht gegen das Verbot der Rückwirkung von Strafen verstoßen.
436 Angesichts der vorangegangenen Erwägungen ist der elfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zur Festsetzung des Endbetrags der gegen Deltafina verhängten Geldbuße
437 Gemäß den Randnrn. 331 bis 336 sowie 410 und 411 des vorliegenden Urteils ist die angefochtene Entscheidung insofern abzuändern, als die Kommission darin nicht hinreichend dargetan hat, dass Deltafina eine Anführerrolle im Verarbeiterkartell gespielt hat. Daher durfte die Kommission weder die Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände um 50 % erhöhen noch diese angebliche Rolle berücksichtigen, um die Geldbuße aufgrund der Kooperation um 10 % herabzusetzen.
438 Im Übrigen bleiben die in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Erwägungen der Kommission sowie die im vorliegenden Fall zur Berechnung der Geldbußen angewandte Methode unberührt.
439 Der Endbetrag der Geldbuße wird somit wie folgt berechnet: Der Ausgangsbetrag der gegen Deltafina verhängten Geldbuße (12 000 000 Euro) wird aufgrund mildernder Umstände um 40 % ermäßigt, was zu einem Betrag von 7 200 000 Euro vor Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit führt. Dieser Betrag wird aufgrund der Mitteilung um 15 % herabgesetzt. Der Endbetrag der gegen Deltafina zu verhängenden Geldbuße beläuft sich somit auf 6 120 000 Euro.
Kosten
440 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.
441 Da im vorliegenden Fall der Klage teilweise stattgegeben worden ist, erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falles geboten, dass Deltafina drei Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten der Kommission trägt, während die Kommission ein Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten von Deltafina trägt.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Vierte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Der Betrag der in Art. 3 der Entscheidung K (2004) 4030 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 Absatz 1 [EG] (Sache COMP/C.38.238/B.2 − Rohtabak – Spanien) gegen Deltafina SpA verhängten Geldbuße wird auf 6 120 000 Euro festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Deltafina trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten der Kommission; diese trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten und der Kosten von Deltafina.
Czúcz |
Labucka |
O’Higgins |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. September 2010.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Verfahren und Anträge der Parteien
Rechtliche Würdigung
1. Zur Zulässigkeit der Rügen eines Ermessensmissbrauchs
2. Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der persönlichen Haftung sowie unzureichende Begründung
Zum ersten und zum zweiten Teil: Die Kommission mache Deltafina für eine Zuwiderhandlung auf einem Markt verantwortlich, auf dem diese nicht tätig sei, und die Deltafina vorgeworfenen Verhaltensweisen seien weder in Art. 81 Abs. 1 EG noch in Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehen
– Vorbringen der Parteien
– Würdigung durch das Gericht
Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina rechtsfehlerhaft als Anführer des Verarbeiterkartells eingestuft
– Vorbringen der Parteien
– Würdigung durch das Gericht
Zum vierten Teil: Die Kommission habe es unterlassen, in der angefochtenen Entscheidung den relevanten Markt abzugrenzen
– Vorbringen der Parteien
– Würdigung durch das Gericht
Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren, wesentliche Formvorschriften und die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit sowie unzureichende Begründung
Zum ersten Teil: Die Kommission habe Deltafina in der angefochtenen Entscheidung eine andere Rolle zugeschrieben als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte
– Vorbringen der Parteien
– Würdigung durch das Gericht
Zum zweiten Teil: Das Deltafina vorgeworfene Verhalten müsse vielmehr ihrem Vorsitzenden vorgeworfen werden
– Vorbringen der Parteien
– Würdigung durch das Gericht
Zum dritten Teil: Die Kommission habe Deltafina den Zugang zu bestimmten belastenden Unterlagen verweigert
– Vorbringen der Parteien
– Würdigung durch das Gericht
Zum vierten Teil: Die Kommission habe den relevanten Produktmarkt und den räumlichen Markt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend genau bestimmt
– Vorbringen der Parteien
– Würdigung durch das Gericht
Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG, Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 43 der Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] sowie unzureichende Begründung
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
3. Zu den Anträgen auf Herabsetzung der Geldbuße
Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 2 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil A und Nr. 5 Buchst. d der Leitlinien und der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, „der Gleichbehandlung und der Sanktionsgleichheit“ sowie unzureichende Begründung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
– Allgemeine Erwägungen
– Zum ersten Teil: Nichtberücksichtigung des relativ geringen Umfangs des Produktmarkts
– Zum zweiten Teil: Beurteilung der konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt
– Zum dritten Teil: Widerspruch zwischen dem 413. Erwägungsgrund der angefochten Entscheidung und anderen Erwägungsgründen dieser Entscheidung
– Zum vierten Teil: fehlerhafte Einstufung von Deltafina als Hauptkäufer von verarbeitetem Tabak in Spanien
– Zum fünften Teil: unzureichende Begründung der Folgerungen, die aus der durch den gesetzlichen Rahmen in Spanien und die Haltung der spanischen Behörden hervorgerufenen Unsicherheit für die Bemessung der Geldbuße zu ziehen seien
– Zum sechsten Teil: Nichtberücksichtigung der Tatsache, dass Deltafina an den Verhandlungen zwischen den spanischen Verarbeitern und den Erzeugervertretern nicht teilgenommen habe
– Zum siebten Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, soweit die Kommission von ihrer früheren Verwaltungspraxis abgerückt sei
– Ergebnis in Bezug auf den vierten Klagegrund
Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 1 Teil B der Leitlinien und den Grundsatz der Gleichbehandlung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 2 der Leitlinien sowie unzureichende Begründung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 3 der Leitlinien
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Nr. 5 Buchst. a der Leitlinien
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zum neunten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Einleitung und Nr. 4 der Leitlinien, Abschnitt B Buchst. e und Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit und den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie unzureichende Begründung
Zusammenfassung der angefochtenen Entscheidung
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003, Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zum elften Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des Verbots der Rückwirkung von Strafen und des Vertrauensschutzes
Vorbringen der Parteien
Würdigung durch das Gericht
Zur Festsetzung des Endbetrags der gegen Deltafina verhängten Geldbuße
Kosten
* Verfahrenssprache: Italienisch.