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Document 62002TJ0301

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Achte erweiterte Kammer) vom 11. Juni 2009.
    AEM SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Staatliche Beihilfen - Beihilferegelung der italienischen Behörden zugunsten bestimmter Unternehmen der Daseinsvorsorge in Form von Steuerbefreiungen und Vorzugsdarlehen - Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden - Nichtigkeitsklage - Individuelle Betroffenheit - Zulässigkeit - Bestehende oder neue Beihilfen - Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG.
    Rechtssache T-301/02.

    Sammlung der Rechtsprechung 2009 II-01757

    ECLI identifier: ECLI:EU:T:2009:191

    URTEIL DES GERICHTS (Achte erweiterte Kammer)

    11. Juni 2009 ( *1 )

    „Staatliche Beihilfen — Beihilferegelung der italienischen Behörden zugunsten bestimmter Unternehmen der Daseinsvorsorge in Form von Steuerbefreiungen und Vorzugsdarlehen — Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden — Nichtigkeitsklage — Individuelles Betroffensein — Zulässigkeit — Bestehende oder neue Beihilfen — Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG“

    In der Rechtssache T-301/02

    AEM SpA mit Sitz in Mailand (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Giardina, C. Croff, A. Santa Maria und G. Pizzonia,

    Klägerin,

    unterstützt durch

    ASM Brescia SpA mit Sitz in Brescia (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Caia, V. Salvadori, N. Pisani und F. Capelli,

    Streithelferin,

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci als Bevollmächtigten,

    Beklagte,

    wegen Nichtigerklärung der Art. 2 und 3 der Entscheidung 2003/193/EG der Kommission vom 5. Juni 2002 betreffend eine staatliche Beihilfe durch von Italien gewährte Steuerbefreiungen und Vorzugsdarlehen für Unternehmen der Daseinsvorsorge mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung (ABl. 2003, L 77, S. 21)

    erlässt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Achte erweiterte Kammer)

    unter Mitwirkung der Präsidentin M. E. Martins Ribeiro sowie der Richter D. Šváby, S. Papasavvas, N. Wahl (Berichterstatter) und A. Dittrich,

    Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2008

    folgendes

    Urteil

    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    1

    Die Klägerin, die AEM SpA, ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, deren Anteile zu 51% von der Gemeinde Mailand (Italien) gehalten werden. Sie wurde 1996 durch Umwandlung des gleichnamigen gemeindlichen Unternehmens gegründet. Sie sorgt hauptsächlich und namentlich im Stadtgebiet von Mailand für die Lieferung von Elektrizität und die Lieferung und den Verkauf von Erdgas und thermischer Energie.

    Nationales Recht

    2

    Die Legge no 142 ordinamento delle autonomie locali (Gesetz Nr. 142 über die Regelung der örtlichen Selbstverwaltung) vom 8. Juni 1990 (GURI Nr. 135 vom 12. Juni 1990, im Folgenden: Gesetz Nr. 142/90) reformierte in Italien die organisatorischen Rechtsinstrumente der Gemeinden für die Verwaltung öffentlicher Dienste, insbesondere in den Sektoren Wasser, Gas, Elektrizität und Verkehr. Mit Art. 22 dieses Gesetzes in der geänderten Fassung wurde die Möglichkeit für die Gemeinden vorgesehen, zur Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen Gesellschaften verschiedener Rechtsformen zu gründen. Dazu gehört die Gründung von Handelsgesellschaften oder von Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung (im Folgenden: Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90). Die Klägerin ist eine Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90.

    3

    In diesem Zusammenhang wurden den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90, die gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen erbrachten, von 1994 bis 1998 nach Art. 9bis der Legge no 488 di conversione in legge, con modificazioni, del decreto-legge 1o luglio 1986, no 318, recante provvedimenti urgenti per la finanza locale (Gesetz Nr. 488 über die Änderung und Umwandlung des Gesetzesdekrets Nr. 318 vom 1. Juli 1986 über Dringlichkeitsmaßnahmen zugunsten des örtlichen Finanzwesens in ein Gesetz) vom 9. August 1986 (GURI Nr. 190 vom 18. August 1986) von der Cassa Depositi e Prestiti (im Folgenden: CDDPP) Darlehen zu einem Sonderzinssatz (im Folgenden: CDDPP-Darlehen) gewährt.

    4

    Außerdem wurden mit Art. 3 Abs. 69 und 70 der Legge no 549 [su] misure di razionalizzazione della finanza pubblica (Gesetz Nr. 549 über Maßnahmen zur Rationalisierung der öffentlichen Finanzen) vom 28. Dezember 1995 (ordentliche Beilage zur GURI Nr. 302 vom 29. Dezember 1995, im Folgenden: Gesetz Nr. 549/95) in Verbindung mit den Bestimmungen des Decreto-legge no 331 [su] armonizzazione delle disposizioni in materia di imposte sugli oli minerali, sull’alcole, sulle bevande alcoliche, sui tabacchi lavorati e in materia di IVA con quelle recate da direttive CEE e modificazioni conseguenti a detta armonizzazione, nonché disposizioni concernenti la disciplina dei centri autorizzati di assistenza fiscale, le procedure dei rimborsi di imposta, l’esclusione dall’ILOR dei redditi di impresa fino all’ammontare corrispondente al contributo diretto lavorativo, l’istituzione per il 1993 di un’imposta erariale straordinaria su taluni beni ed altre disposizioni tributarie (Gesetzesdekret Nr. 331 über die Harmonisierung der Steuervorschriften in verschiedenen Bereichen) vom 30. August 1993 (GURI Nr. 203 vom 30. August 1993, im Folgenden: Gesetzesdekret Nr. 331/93) folgende Maßnahmen zugunsten der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 eingeführt:

    Befreiung von allen Steuern auf Einlagen im Zusammenhang mit der Umwandlung von Sonderunternehmen und Gemeindeunternehmen in Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 (im Folgenden: Befreiung von den Steuern auf Einlagen);

    vollständige Befreiung von der Körperschaftsteuer, d. h. der Steuer auf das Einkommen juristischer Personen und der örtlichen Einkommensteuer, für drei Jahre bis längstens zum Steuerjahr 1999 (im Folgenden: dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer).

    Verwaltungsverfahren

    5

    Im Anschluss an eine die genannten Maßnahmen betreffende Beschwerde forderte die Kommission mit Schreiben vom 12. Mai, 16. Juni und 21. November 1997 Auskünfte dazu bei den italienischen Behörden an.

    6

    Mit Schreiben vom 17. Dezember 1997 erteilten diese die gewünschten Auskünfte teilweise. Darüber hinaus fand auf ihren Wunsch hin am 19. Januar 1998 ein Treffen statt.

    7

    Mit Schreiben vom 17. Mai 1999 unterrichtete die Kommission die italienischen Behörden von ihrer Entscheidung, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten. Diese Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 220, S. 14) veröffentlicht.

    8

    Nach dem Eingang von Stellungnahmen betroffener Dritter und der italienischen Behörden forderte die Kommission bei Letzteren mehrfach zusätzliche Auskünfte an. Auch fanden Treffen der Kommission mit den italienischen Behörden sowie mit den beteiligten Drittbetroffenen statt.

    9

    Verschiedene Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 wie die Klägerin sowie die ACEA SpA und die Azienda Mediterranea Gas e Acqua SpA (AMGA) — die im Übrigen Nichtigkeitsklagen gegen die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende Entscheidung eingereicht haben (Rechtssachen T-297/02 und T-300/02) — machten insbesondere geltend, dass die drei fraglichen Maßnahmetypen keine staatlichen Beihilfen seien.

    10

    Die italienischen Behörden und die Confederazione Nazionale dei Servizi (Confservizi), ein Verband, in dem vor allem Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 und gemeindliche Sonderunternehmen in Italien zusammengeschlossen sind, haben sich diesem Standpunkt im Wesentlichen angeschlossen.

    11

    Demgegenüber war der Bundesverband der deutschen Industrie e. V. (BDI) der Ansicht, dass die fraglichen Maßnahmen Wettbewerbsverzerrungen nicht nur in Italien, sondern auch in Deutschland verursachen könnten.

    12

    Auch Gas-it, eine italienische Vereinigung privater Wirtschaftsteilnehmer des Gasversorgungssektors, machte geltend, die fraglichen Maßnahmen, insbesondere die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer, seien staatliche Beihilfen.

    13

    Am 5. Juni 2002 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/193/EG betreffend eine staatliche Beihilfe durch von Italien gewährte Steuerbefreiungen und Vorzugsdarlehen für [Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90] (ABl. 2003, L 77, S. 21, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

    Angefochtene Entscheidung

    14

    Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass sich ihre Prüfung nur auf die mit den streitigen Maßnahmen errichteten Beihilferegelungen von allgemeiner Tragweite und nicht auf die einzelnen Unternehmen gewährten individuellen Beihilfen beziehe. Sie führt insoweit aus, dass die Italienische Republik „keine Steuervorteile auf individueller Grundlage eingeräumt und der Kommission keinen individuellen Beihilfefall angezeigt [und dabei] sämtliche zur Bewertung des Sachverhalts erforderlichen Informationen vorgelegt [hat]“. Sie sei deshalb gehalten, eine allgemeine und abstrakte Prüfung der fraglichen Regelungen sowohl im Hinblick auf ihre Einstufung als auch in Bezug auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt vorzunehmen (Nrn. 42 bis 45 der angefochtenen Entscheidung).

    15

    Die Kommission hält die CDDPP-Darlehen und die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer (im Folgenden: fragliche Maßnahmen) für staatliche Beihilfen. Die Gewährung solcher Vorteile für die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 aus staatlichen Mitteln bewirke nämlich eine Stärkung ihrer Wettbewerbsposition gegenüber allen übrigen Unternehmen, die die gleichen Dienstleistungen erbringen wollten (Nrn. 48 bis 75 der angefochtenen Entscheidung). Die fraglichen Maßnahmen seien mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da sie weder die Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 2 und 3 EG noch diejenigen des Art. 86 Abs. 2 EG erfüllten und darüber hinaus auch noch gegen Art. 43 EG verstießen (Nrn. 94 bis 122 der angefochtenen Entscheidung).

    16

    Dagegen ist die Befreiung von den Steuern auf Einlagen nach Ansicht der Kommission keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG, da diese Steuern bei der Gründung eines neuen Wirtschaftsgebildes oder bei der Übertragung von Aktiva zwischen verschiedenen Wirtschaftsgebilden geschuldet würden. Von der Sache her verkörperten aber die Gemeindeunternehmen einerseits und die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 andererseits dasselbe Wirtschaftsgebilde. Deshalb sei ihre Befreiung von den genannten Steuern durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems gerechtfertigt (Nrn. 76 bis 81 der angefochtenen Entscheidung).

    17

    Der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung lautet:

    Artikel 1

    Die Befreiung von den [Steuern auf Einlagen] … stellt keine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 [EG] dar.

    Artikel 2

    Die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer … und die Vorteile aus den [CDDPP-]Darlehen … stellen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 [EG] dar.

    Diese Beihilfen sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

    Artikel 3

    Italien ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 2 genannte, rechtswidrig zur Verfügung gestellte Beihilfe von den Empfängern zurückzufordern.

    Die Rückforderung der Beihilfe erfolgt unverzüglich nach den nationalen Verfahren, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen.

    Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe den Empfängern zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung. Die Zinsen werden auf der Grundlage des für die Berechnung des Subventionsäquivalents der Regionalbeihilfen verwendeten Referenzsatzes berechnet.

    …“

    Verfahren und Anträge der Parteien

    18

    Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 30. September 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

    19

    Mit am 2. Januar 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die ASM Brescia SpA beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 12. Mai 2003 hat der Präsident der Fünften erweiterten Kammer des Gerichts (vormalige Besetzung) diesen Streitbeitritt zugelassen. Der Schriftsatz der Streithelferin und die Stellungnahmen der anderen Beteiligten dazu sind innerhalb der gesetzten Fristen eingereicht worden.

    20

    Mit besonderem Schriftsatz, der am 6. Januar 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben.

    21

    Am 27. Februar 2003 hat sich die Klägerin zur Einrede der Unzulässigkeit geäußert.

    22

    Am 8. August 2002 hatte die Italienische Republik beim Gerichtshof ebenfalls eine Nichtigkeitsklage gegen die angefochtene Entscheidung eingereicht, die unter der Rechtssachennummer C-290/02 in das Register eingetragen worden ist. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass jene Klage und die Klagen in den Rechtssachen T-292/02, T-297/02, T-300/02, T-301/02 und T-309/02 den gleichen Gegenstand, nämlich die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, haben und dass die Rechtssachen zusammenhängen, weil sich die in den einzelnen Rechtssachen vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ganz weitgehend überschneiden. Mit Beschluss vom 10. Juni 2003 hat der Gerichtshof das Verfahren in der Rechtssache C-290/02 gemäß Art. 54 Abs. 3 seiner Satzung bis zum Erlass der Endentscheidungen des Gerichts in den Rechtssachen T-292/02, T-297/02, T-300/02, T-301/02 und T-309/02 ausgesetzt.

    23

    Mit Beschluss vom 8. Juni 2004 hat der Gerichtshof entschieden, die Rechtssache C-290/02 an das Gericht zu verweisen, das nach Art. 2 des Beschlusses 2004/407/EG, Euratom des Rates vom 26. April 2004 zur Änderung der Artikel 51 und 54 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs (ABl. L 132, S. 5) für die Entscheidung über Klagen von Mitgliedstaaten gegen die Kommission zuständig geworden ist. Jene Rechtssache ist unter der Rechtssachennummer T-222/04 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden.

    24

    Mit Beschluss vom 5. August 2004 hat das Gericht die Entscheidung über die Unzulässigkeitseinrede der Kommission dem Endurteil vorbehalten.

    25

    Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Achte erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und es hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung den Parteien schriftliche Fragen gestellt, die fristgemäß beantwortet worden sind.

    26

    Durch Beschluss der Präsidentin der Achten erweiterten Kammer des Gerichts vom 13. März 2008 sind die Rechtssachen T-292/02, T-297/02, T-300/02, T-301/02, T-309/02, T-189/03 und T-222/04 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden worden.

    27

    Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 16. April 2008 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

    28

    Die Klägerin, unterstützt von der Streithelferin, beantragt,

    die Klage für zulässig zu erklären;

    Art. 2 der angefochtenen Entscheidung, mit dem die Kommission die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt hat, für nichtig zu erklären;

    Art. 3 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit damit der Italienischen Republik aufgegeben wird, die Beihilfen zurückzufordern, die im Rahmen der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer gewährt wurden;

    der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    29

    Die Kommission beantragt,

    die Klage als unzulässig abzuweisen;

    die Klage als unbegründet abzuweisen;

    der Klägerin und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

    Zur Zulässigkeit

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    30

    Die Kommission stellt die Klagebefugnis der Klägerin in Abrede. Diese sei von der angefochtenen Entscheidung nicht im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG individuell betroffen.

    31

    Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, die angefochtene Entscheidung sei insoweit als Rechtshandlung mit allgemeiner Geltung einzustufen, als sie eine Beihilferegelung und damit eine unbestimmte und unbestimmbare Zahl von Unternehmen betreffe, die anhand eines allgemeinen Kriteriums wie ihrer Zugehörigkeit zu einer Kategorie von Unternehmen bestimmt würden. Eine Rechtshandlung verliere ihre allgemeine Geltung und damit ihren Normcharakter nicht dadurch, dass sich die Rechtssubjekte, auf die sie zu einem bestimmten Zeitpunkt Anwendung finde, der Zahl oder sogar der Identität nach mehr oder weniger genau bestimmen ließen, solange feststehe, dass diese Anwendung aufgrund einer objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolge, die in der Rechtshandlung im Zusammenhang mit ihrer Zielsetzung umschrieben sei.

    32

    Damit ein Einzelner von einer Rechtshandlung mit allgemeiner Geltung individuell betroffen sei, müsse diese Handlung seine spezifischen Rechte berühren oder das Organ, von dem die Handlung ausgehe, verpflichtet sein, deren Folgen für die Lage des Einzelnen zu berücksichtigen. Das sei hier aber nicht der Fall. Die angefochtene Entscheidung habe nämlich Auswirkungen auf die Lage aller Unternehmen gehabt, denen die fraglichen Maßnahmen zugutegekommen seien. Folglich habe es keine Verletzung spezifischer Rechte einzelner Unternehmen gegeben, die sich von allen anderen von den fraglichen Maßnahmen profitierenden Unternehmen abgrenzen ließen. Außerdem habe die Kommission bei Erlass der angefochtenen Entscheidung deren Folgen für die Lage eines bestimmten Unternehmens weder berücksichtigen müssen noch können. Weder die Feststellung der Unvereinbarkeit noch die Rückforderungsanordnung in der angefochtenen Entscheidung bezögen sich auf die Lage einzelner Begünstigter.

    33

    Die Kommission sieht ihre Analyse in der Rechtsprechung auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen bestätigt, wonach der Umstand, Begünstigter einer für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilferegelung zu sein, für den Nachweis der individuellen Betroffenheit im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG nicht ausreiche.

    34

    An der ständigen Rechtsprechung änderten auch Rechtssachen aus jüngerer Zeit nichts. Die im Urteil des Gerichtshofs vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission (C-15/98 und C-105/99, Slg. 2000, I-8855, im Folgenden: Urteil Sardegna Lines), getroffene Entscheidung sei nicht auf alle Klagen übertragbar, die von Begünstigten einer für rechtswidrig und unvereinbar erklärten Beihilferegelung, deren Rückabwicklung angeordnet worden sei, erhoben würden. Diese Erkenntnis dränge sich insbesondere dann auf, wenn wie im vorliegenden Fall die fragliche Beihilferegelung abstrakt geprüft worden sei. Außerdem habe in der Rechtssache, in der das Urteil Sardegna Lines ergangen sei, die Klägerin in Wirklichkeit von einer Einzelbeihilfe profitiert, da es sich um einen Vorteil gehandelt habe, der aufgrund eines Rechtsakts gewährt worden sei, welcher auf der Grundlage eines durch ein weites Ermessen gekennzeichneten Regionalgesetzes ergangen sei. Zudem sei diese Sachlage Gegenstand einer eingehenden Prüfung im förmlichen Prüfverfahren gewesen.

    35

    Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich auch von demjenigen, der dem Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Italien/Kommission (C-298/00 P, Slg. 2004, I-4087, im Folgenden: Urteil Alzetta), zugrunde gelegen habe, da die Kommission im vorliegenden Fall weder die genaue Zahl oder die Identität der Empfänger der fraglichen Beihilfen gekannt noch über alle einschlägigen Informationen verfügt und auch nicht die einzelnen Beihilfebeträge gekannt habe. Außerdem gelte hier die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer ohne Weiteres, während die Beihilfen, die in der Rechtssache, in der das Urteil Alzetta ergangen sei, in Rede gestanden hätten, über eine nachgeschaltete Handlung gewährt worden seien.

    36

    Anders als die Klägerin vorbringe, komme es bei der Prüfung der Zulässigkeit nicht auf die Kenntnis von der Identität eines Unternehmens an, sondern darauf, dass die Kommission auf Merkmale des Einzelfalls aufmerksam gemacht worden sei, aufgrund deren eine individuelle Prüfung angebracht sei. In der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission aber darauf hingewiesen, dass ihr keinerlei Information zugegangen sei, die zeige, dass die fraglichen Maßnahmen, bezogen auf die Klägerin, keine Beihilfen oder aber bestehende oder mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfen seien.

    37

    Jedenfalls genügten weder die Beteiligung am förmlichen Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG noch die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Rückforderungsanordnung, um die Klägerin zu individualisieren. Da nämlich Klagen potenzieller Begünstigter einer angemeldeten Beihilferegelung nicht gemäß Art. 230 EG zulässig seien, müsse das Gleiche für Klagen von Begünstigten einer nicht angemeldeten Beihilferegelung gelten.

    38

    Schließlich wäre, wenn im vorliegenden Fall die von der Klägerin erhobene Klage für unzulässig erklärt würde, der Grundsatz eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht verletzt, denn die in den Art. 241 EG und 234 EG vorgesehenen Rechtsbehelfe seien ausreichend (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Juli 2002, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, C-50/00 P, Slg. 2002, I-6677).

    39

    Die Klägerin bringt vor, sie sei von dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer betreffe, individuell betroffen. Sie sei nämlich eine Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 und somit ein Unternehmen, das von der in Rede stehenden Beihilferegelung erfasst werde und von der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer, deren Rückabwicklung angeordnet worden sei, profitiert habe.

    40

    Die Streithelferin schließt sich im Wesentlichen dem Standpunkt und dem Großteil des Vorbringens der Klägerin an.

    Würdigung durch das Gericht

    41

    Nach Art. 230 Abs. 4 EG kann eine natürliche oder juristische Person nur dann gegen eine Entscheidung, die an eine andere Person gerichtet ist, Klage erheben, wenn diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betrifft.

    42

    Nach ständiger Rechtsprechung kann eine natürliche oder juristische Person, die nicht Adressat einer Entscheidung ist, nur dann geltend machen, von dieser individuell betroffen zu sein, wenn die Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 211, 238, und vom 2. April 1998, Greenpeace Council u. a./Kommission, C-321/95 P, Slg. 1998, I-1651, Randnrn. 7 und 28).

    43

    Demgemäß hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Unternehmen eine Entscheidung der Kommission, mit der eine sektorielle Beihilferegelung verboten wird, grundsätzlich nicht mit einer Nichtigkeitsklage anfechten kann, wenn es von ihr nur wegen seiner Zugehörigkeit zu dem fraglichen Sektor und seiner Eigenschaft als durch diese Regelung potenziell Begünstigter betroffen ist. Eine solche Entscheidung ist nämlich für das klagende Unternehmen eine generelle Rechtsnorm, die für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 2. Februar 1988, Van der Kooy u. a./Kommission, 67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnr. 15, und Urteil Alzetta, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    44

    Allerdings hat der Gerichtshof in den Randnrn. 34 und 35 des Urteils Sardegna Lines (oben in Randnr. 34 angeführt) auch entschieden, dass das Unternehmen Sardegna Lines von der in jener Rechtssache streitigen Entscheidung individuell betroffen und seine Klage gegen sie zulässig war, weil es davon nicht nur als Unternehmen des Schifffahrtssektors in Sardinien und damit als durch die Beihilferegelung zugunsten sardischer Reeder potenziell Begünstigter betroffen war, sondern auch in seiner Eigenschaft als tatsächlich Begünstigter einer nach dieser Regelung gewährten Einzelbeihilfe, deren Rückforderung die Kommission angeordnet hatte (vgl. auch in diesem Sinne Urteil Alzetta, oben in Randnr. 35 angeführt, Randnr. 39).

    45

    Zu prüfen ist somit, ob die Klägerin tatsächlich Empfängerin einer im Rahmen einer sektoriellen Beihilferegelung gewährten Einzelbeihilfe ist, deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. September 2007, Salvat père & fils u. a./Kommission, T-136/05, Slg. 2007, II-4063, Randnr. 70).

    46

    Dazu ist festzustellen, dass erstens aus der Antwort der Klägerin auf die schriftlichen Fragen, die das Gericht insoweit gestellt hat, hervorgeht, dass sie durchaus tatsächlich Empfängerin einer im Rahmen der fraglichen Beihilferegelung gewährten Einzelbeihilfe ist. Sie führt nämlich aus, sie habe in den Jahren 1996 bis 1999 von der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer profitiert. Die Italienische Republik hat dem nicht widersprochen.

    47

    Zweitens ergibt sich aus Art. 3 der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission die Rückforderung der fraglichen Beihilfe angeordnet hat.

    48

    Die Klägerin ist deshalb von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen.

    49

    Da Art. 3 der angefochtenen Entscheidung der Italienischen Republik aufgibt, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die in Art. 2 der Entscheidung genannte, rechtswidrig zur Verfügung gestellte Beihilfe von den Empfängern zurückzufordern, und die Klägerin, der die Beihilfe zugutegekommen ist, diese zurückzahlen muss, ist die Klägerin auch als von der Entscheidung unmittelbar betroffen anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Salvat père & fils u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 75).

    50

    Nach alledem ist die vorliegende Klage für zulässig zu erklären, soweit sie den Teil der angefochtenen Entscheidung betrifft, in dem es um die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer geht.

    Zur Begründetheit

    51

    Die Klägerin stützt ihre Klage auf folgende fünf Klagegründe:

    Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG und Art. 253 EG in Bezug auf die Einstufung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als staatliche Beihilfe;

    Verstoß gegen Art. 88 Abs. 1 EG und Art. 253 EG durch die Einstufung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als neue Beihilfe;

    Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und Art. 253 EG;

    Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit sowie Begründungsmangel;

    Rechtswidrigkeit der Rückforderungsanordnung.

    Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG und Art. 253 EG in Bezug auf die Einstufung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als staatliche Beihilfe

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    52

    Mit diesem Klagegrund macht die Klägerin geltend, die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer sei keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG. Der Klagegrund gliedert sich in drei Teile, die auf einen Untersuchungsmangel, das Fehlen einer Wettbewerbsverzerrung und das Fehlen einer Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel gestützt werden.

    — Zum ersten Teil des Klagegrundes: Untersuchungsmangel

    53

    Die Klägerin macht zunächst geltend, der angefochtenen Entscheidung hafte hinsichtlich der Ermittlung der Gefahren, die von der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer auf den verschiedenen Märkten für Leistungen der örtlichen Daseinsfürsorge für den Wettbewerb ausgingen, ein allgemeiner Untersuchungsmangel an. Anders als die Kommission ist sie der Ansicht, es gebe keinen „umfassenden Markt für Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge“ und die Kommission hätte eine Marktanalyse nach Produkt und/oder geografischem Gebiet vornehmen müssen, was sie sodann in die Lage versetzt hätte, die Auswirkungen der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer auf jeden einzelnen Markt zu beurteilen. Der in Nr. 68 der angefochtenen Entscheidung erwähnte Markt der örtlichen öffentlichen Dienstleistungskonzessionen unterscheide sich vom Markt der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen. Außerdem liege ein Begründungsmangel hinsichtlich der Entscheidung der Kommission für eine allgemeine und abstrakte Prüfung vor.

    54

    Die Klägerin beruft sich auch auf die Entscheidung 98/182/EG der Kommission vom 30. Juli 1997 über von der Region Friaul-Julisch Venetien gewährte Beihilfen an Güterkraftverkehrsunternehmen der Region (ABl. 1998, L 66, S. 18). Darin sei nämlich die nach nationalem Recht eingeführte Regelung nur in Bezug auf manche Sektoren als staatliche Beihilfe eingestuft worden. Zudem seien einzelne Beihilfen je nach der Tätigkeit der begünstigten Unternehmen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen worden. Diese Entscheidung zeige, dass eine vertiefte Analyse der Lage in den verschiedenen Sektoren einer umfassenden Beihilferegelung machbar sei.

    55

    Die Kommission weist darauf hin, dass sie, weil es sich in der vorliegenden Sache um eine Beihilferegelung handele, zu einer allgemeinen und abstrakten Bewertung gezwungen gewesen sei. Außerdem hätten die italienischen Behörden ihr gegenüber nicht präzisiert, welche der betroffenen Dienstleistungen vom Wettbewerb auf Gemeinschaftsebene abgeschottet gewesen seien.

    — Zum zweiten Teil des Klagegrundes: Fehlen einer Wettbewerbsverzerrung

    56

    Das Vorbringen der Klägerin baut auf drei Hauptargumenten auf.

    57

    Sie macht erstens geltend, die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 seien nicht auf wettbewerbsorientierten Märkten tätig und die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer zu ihren Gunsten habe somit nicht den Wettbewerb auf den Märkten für Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge verfälschen können.

    58

    Der Sektor der elektrischen Energieerzeugung sei nämlich erst im Jahr 1999 durch die Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 1997, L 27, S. 20) liberalisiert worden. Außerdem habe die Klägerin bis zum 31. Dezember 1999 keinerlei Tätigkeit auf dem Markt für die in der Wahl ihres eigenen Energielieferanten freien Endkunden ausgeübt. Auch sei die Lieferung elektrischer Energie dem Wettbewerb entzogen gewesen, da die Rechtsvorschriften über die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen eine Monopolsituation für die einzelnen geografischen Gebiete mit sich gebracht hätten.

    59

    Der Vertrieb von Gas sei erst im Jahr 2000 durch die Umsetzung der Richtlinie 98/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt (ABl. L 204, S. 1) in Italien liberalisiert worden.

    60

    Die Kommission hätte im vorliegenden Fall ihrer Herangehensweise in der Entscheidung 98/693/EG vom 1. Juli 1998 bezüglich der von Spanien beim Erwerb von Nutzfahrzeugen gewährten Beihilfen „Plan Renove Industrial“ (August 1994 bis Dezember 1996) (ABl. L 329, S. 23) folgen müssen, in der sie befunden habe, dass die Maßnahmen in Ermangelung von Wettbewerb keine staatlichen Beihilfen begründet hätten.

    61

    Zweitens bringt die Klägerin vor, die angefochtene Entscheidung sei hinsichtlich der Möglichkeit für die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90, auf Märkten außerhalb des Zuständigkeitsgebiets ihrer Stammgemeinde tätig zu werden, auf eine falsche Sachverhaltswürdigung gestützt.

    62

    Den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 seien die Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge in anderen Gemeinden nicht frei zugänglich gewesen. Die Konzessionsdirektvergabe sei nämlich an das Einverständnis zwischen diesen Gemeinden und der die fragliche Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 beherrschenden Gemeinde sowie an die allgemeine Bedingung, dass den Interessen der Stammgebietskörperschaft genügt werde, geknüpft gewesen.

    63

    Die Klägerin stellt klar, dass sie jedenfalls in dem Zeitraum, in dem die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer gegolten habe, an keiner Ausschreibung für die Vergabe von Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge in anderen geografischen Gebieten teilgenommen habe. Sie habe deshalb gegenüber den Unternehmen, die anders behandelt worden seien, keinerlei Vorteil gehabt. Außerdem hätten alle in diesen Sektoren tätigen Unternehmen langfristige Exklusivkonzessionen besessen.

    64

    Drittens macht die Klägerin geltend, dass die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90, obwohl sie die Form von Aktiengesellschaften mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung angenommen und sich damit an den für die Privatunternehmen geltenden Kriterien ausgerichtet hätten, mit dem alleinigen Ziel errichtet worden seien, die Erbringung von Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge sicherzustellen. Ihr Tätigkeitsbereich beschränke sich deshalb auf die Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge. Aus diesem Grund sei es nicht gerechtfertigt, wie die Kommission anzunehmen, dass es den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 frei gestanden habe, sich auf anderen Märkten zu betätigen, während die Sonderunternehmen der Gemeinden allein auf den Märkten für Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge hätten tätig sein dürfen. Inhalt und Gegenstand der Tätigkeiten der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 seien gegenüber den Sonderunternehmen der Gemeinden weitgehend gleich geblieben. Die Klägerin stellt klar, sie sei bis zum Jahr 1999 nur in den vorbehaltenen Sektoren Gas und Elektrizität tätig gewesen und habe sich erst nach 1999 im Telekommunikationssektor betätigt.

    65

    Da die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 zur Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen gegründet worden seien, hätten sie nicht an Ausschreibungen für die Vergabe solcher Dienstleistungen teilgenommen. Deshalb sei die Argumentation der Kommission, die von einem Wettbewerb um den Auftragszuschlag ausgehe, nicht überzeugend, denn im Sektor der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen habe es keinen dem Wettbewerb offenstehenden Markt gegeben.

    66

    Das von der Kommission in Fn. 61 (Nr. 92) der angefochtenen Entscheidung zitierte Urteil des Großen Senats der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) Nr. 4989 vom 6. Mai 1995 erkenne nur die private Rechtsnatur der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 an, äußere sich aber nicht zu deren Möglichkeit, sich frei auf verschiedenen Märkten zu betätigen. Das Urteil bestätige auch, dass die Entscheidung, eine Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 zu gründen, automatisch dazu führe, dieser die Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge exklusiv zuzuweisen.

    67

    Jedenfalls begründe der Einsatz von Gewinnen aus der exklusiven Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch ein Unternehmen zur Ausdehnung seiner Tätigkeit auf den benachbarten, dem Wettbewerb offenstehenden Markt an sich keinen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln. Folglich könne die Möglichkeit für die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90, sich auf anderen Märkten zu betätigen, kein Argument für die Einstufung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als staatliche Beihilfe sein.

    68

    Zu Art. 253 EG bringt die Klägerin vor, der Begründungspflicht komme im allgemeinen Rahmen der staatlichen Beihilfen eine besondere und, wenn die einen Steuervorteil gewährenden staatlichen Maßnahmen wie im vorliegenden Fall eine hohe Zahl von Privatpersonen beträfen, eine ganz wesentliche Bedeutung zu. Das Erfordernis einer angemessenen Begründung sei umso zwingender, als es sich hier um besondere Märkte — diejenigen für Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge — handele, die bisweilen durch eine Monopolsituation gekennzeichnet seien.

    69

    Wenn auch die Analyse der konkreten Wettbewerbsbedingungen für die herkömmlichen Industrie- und Handelssektoren oberflächlich sein könne, so gelte dies nicht für Sektoren, die weitgehend reglementiert und Sonderunternehmen vorbehalten seien, wie es in den 90er-Jahren bei den Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge in Italien der Fall gewesen sei.

    70

    Was die wettbewerbswidrige Wirkung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer in Bezug auf andere Märkte angehe, so lege die Kommission nicht dar, dass der Wettbewerb potenziell oder tatsächlich verfälscht worden sei, sie nenne die betroffenen Märkte nicht näher und sie zeige auch nicht auf, dass die angebliche Verfälschung auf die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer zurückzuführen sei. Die Kommission habe sich damit begnügt, allgemein auf „andere Produktmärkte …, auf denen innergemeinschaftlicher Handel besteht“, und „andere Bereiche als die sogenannte lokale Daseinsvorsorge“ (Nr. 74 der angefochtenen Entscheidung) zu verweisen. Sie hätte aber die Auswirkung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer auf den Wettbewerb in den anderen Sektoren eingehender und erschöpfender prüfen müssen.

    71

    Der angefochtenen Entscheidung fehle eine Begründung auch insoweit, als sie ohne Angabe von Gründen zwischen den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 einerseits und den gemeindlichen Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die im Besitz derselben Gebietskörperschaften stünden und von der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer profitierten, andererseits unterscheide.

    72

    Die Streithelferin schließt sich im Wesentlichen dem Standpunkt und dem Vorbringen der Klägerin zum Verstoß gegen Art. 87 EG an.

    73

    Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen entgegen.

    — Zum dritten Teil des Klagegrundes: Fehlen einer Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel

    74

    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, der innergemeinschaftliche Handel sei im vorliegenden Fall nicht beeinträchtigt. Dafür führt sie an, dass die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 direkt mit den Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge beauftragt seien. Auswahlverfahren seien nur in den Gebieten durchgeführt worden, wo kein gemeindliches Unternehmen oder keine Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 tätig gewesen sei. Die Kommission irre mit ihrer Auffassung, dass gerade das Bestehen der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer einen Anreiz für die Gemeinden geschaffen habe, die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 unmittelbar mit den Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge zu beauftragen, anstatt Ausschreibungen durchzuführen. Vielmehr hätte sich keine Gemeinde darauf eingelassen, Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 zu gründen, wenn sie nicht den Zuschlag für die gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen in Form einer unmittelbaren Konzession hätte erteilen können. Andernfalls hätten sich die Gemeinden nämlich dem Risiko ausgesetzt, dass sich „ihre“ Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 bei Ausschreibungen einem Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern gegenübersähen.

    75

    Die Klägerin weist außerdem auf die Mitteilung der Kommission vom 20. September 2000 zu den Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa (ABl. 2001, C 17, S. 4) hin, in der die Kommission ausgeführt habe, dass die Wettbewerbsregeln nur dann gälten, wenn die fraglichen Tätigkeiten den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten. Nach einer allgemeinen, in Randnr. 32 dieser Mitteilung angeführten Regel beeinträchtige z. B. eine Tätigkeit, die sich nur unwesentlich auf den Markt auswirke, wie dies bei einer Reihe von Leistungen der Daseinsvorsorge für ein räumlich begrenztes Gebiet der Fall sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten normalerweise nicht. Die Kommission habe aber nicht dargelegt, aus welchen Gründen der vorliegende Fall von dieser allgemeinen Regel abweiche.

    76

    Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung ihre Beurteilung der Auswirkung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer auf den innergemeinschaftlichen Handel unzureichend begründet. Sie habe nämlich nicht auf die eigentlichen Bedingungen der einzelnen Märkte für Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge abgestellt, sondern sich mit der Feststellung begnügt, es „sei nicht auszuschließen, dass die Existenz der Beihilfe für Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 einen Anreiz für die Gemeinden geschaffen habe, die Erbringer von Dienstleistungen unmittelbar zu beauftragen, anstatt nach offenen Verfahren Konzessionen zu vergeben“.

    77

    Die Streithelferin schließt sich im Wesentlichen dem Standpunkt der Klägerin zum Verstoß gegen Art. 87 EG an.

    78

    Die Kommission hält den innergemeinschaftlichen Handel im vorliegenden Fall für beeinträchtigt und die angefochtene Entscheidung in dieser Hinsicht für hinreichend begründet.

    Würdigung durch das Gericht

    79

    Eingangs ist daran zu erinnern, dass eine Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG nur dann vorliegt, wenn alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss diese Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss es sich um einen selektiven Vorteil handeln. Viertens muss die Maßnahme den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (Urteile des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C-280/00, Slg. 2003, I-7747, im Folgenden: Urteil Altmark, Randnrn. 74 und 75, und vom 3. März 2005, Heiser, C-172/03, Slg. 2005, I-1627, Randnr. 27).

    80

    Hier wendet sich die Klägerin im Wesentlichen gegen die Einstufung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als staatliche Beihilfe. Sie macht geltend, dass erstens die Kommission eine Analyse nach Märkten hätte vornehmen müssen und dass zweitens zwei der vier Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 1 EG — Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und Auswirkung auf den Wettbewerb — nicht vorlägen. Außerdem sei die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Prüfung dieser beiden Voraussetzungen unzureichend oder nicht begründet.

    — Zum ersten Teil des Klagegrundes: Untersuchungsmangel

    81

    Zur Analyse nach Märkten ist festzustellen, dass die in Rede stehende Maßnahme eine bestimmte Kategorie von Unternehmen, nämlich die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90, betrifft. Um in den Genuss der betreffenden Regelung zu kommen, genügt es, eine solche Gesellschaft zu sein.

    82

    Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Regelung über die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht nur auf besondere Dienstleistungen anwendbar ist und dass die Tätigkeiten der Unternehmen, die unter diese Regelung fallen, nicht auf den Sektor der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen beschränkt sind. Es handelt sich nämlich um eine einzige Beihilferegelung und nicht um verschiedene, nach der Tätigkeit oder dem betreffenden Markt geordnete Beihilferegelungen.

    83

    Deshalb war die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falls nicht gehalten, zur Beurteilung der Auswirkungen der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer eine Prüfung nach Sektoren durchzuführen.

    84

    Zum Verweis auf die Entscheidung 98/182 ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall, anders als in der Sache, in der jene Entscheidung erging, die nur einen Sektor betraf, eine große Bandbreite von Sektoren betroffen ist.

    85

    Zum Vorbringen, dass sich der Markt für Konzessionen vom Markt der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen unterscheide, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Gebietskörperschaften, um die gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen sicherzustellen, des Rechtsinstituts der Konzession bedienen können und dass der Markt für Konzessionen in diesem Sektor dem Wettbewerb auf Gemeinschaftsebene offensteht und den Regeln des EG-Vertrags unterliegt.

    86

    Was schließlich die Rüge eines Begründungsmangels angeht, ist darauf zu verweisen, dass die Kommission in den Nrn. 42 bis 45 der angefochtenen Entscheidung begründet hat, weshalb sie die fragliche Regelung allgemein und abstrakt geprüft hat.

    87

    In Anbetracht des Vorstehenden ist der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes zurückzuweisen.

    — Zum zweiten und zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: Fehlen einer Wettbewerbsverzerrung und einer Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel

    88

    Zur zweiten und zur vierten der oben in Randnr. 79 genannten Voraussetzungen ist daran zu erinnern, dass die Kommission im Rahmen ihrer Beurteilung dieser beiden Voraussetzungen nicht verpflichtet ist, eine tatsächliche Auswirkung der Beihilfen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten und eine tatsächliche Wettbewerbsverzerrung nachzuweisen, sondern nur zu prüfen hat, ob die Beihilfen geeignet sind, diesen Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano, C-148/04, Slg. 2005, I-11137, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    89

    Auch ist daran zu erinnern, dass sich die Kommission im Fall einer Beihilferegelung darauf beschränken kann, die Merkmale dieser Regelung zu untersuchen, um in der Begründung ihrer Entscheidung zu beurteilen, ob die Regelung aufgrund der in ihr vorgesehenen Modalitäten ihrem Wesen nach vor allem Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen Mitgliedstaaten beteiligen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. März 2002, Italien/Kommission, C-310/99, Slg. 2002, I-2289).

    90

    Ferner ist daran zu erinnern, dass jede einem auf dem Gemeinschaftsmarkt tätigen Unternehmen gewährte Beihilfe Verfälschungen des Wettbewerbs hervorrufen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. März 2002, Diputación Foral de Álava/Kommission, T-92/00 und T-103/00, Slg. 2002, II-1385, Randnr. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    91

    Außerdem gibt es keinen Schwellenwert oder Prozentsatz, bis zu dem man davon ausgehen könnte, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt wäre. Weder der verhältnismäßig geringe Umfang einer Beihilfe noch die verhältnismäßig geringe Größe des begünstigten Unternehmens schließen nämlich von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus (Urteile des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, „Tubemeuse“, C-142/87, Slg. 1990, I-959, Randnr. 43, vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, C-278/92 bis C-280/92, Slg. 1994, I-4103, Randnr. 42, und Urteil Altmark, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnr. 81)

    92

    Der Gerichtshof hat zudem darauf hingewiesen, dass es keineswegs ausgeschlossen ist, dass sich ein öffentlicher Zuschuss, der einem Unternehmen gewährt wird, das ausschließlich örtliche oder regionale Verkehrsdienste und keine Verkehrsdienste außerhalb seines Heimatstaats leistet, gleichwohl im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken kann. Gewährt nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen einen öffentlichen Zuschuss, so kann dadurch die Erbringung von Verkehrsdiensten durch dieses Unternehmen beibehalten oder ausgeweitet werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Verkehrsdienste auf dem Markt dieses Staates zu erbringen, verringern (Urteil Altmark, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnrn. 77 und 78).

    93

    Im vorliegenden Fall ist erstens zur Voraussetzung der Beeinträchtigung des Wettbewerbs festzustellen, dass die Klägerin zwar — unter Bezugnahme vor allem auf ihre eigenen Tätigkeitsfelder — geltend gemacht hat, die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 seien nicht auf wettbewerbsorientierten Märkten tätig; sie hat aber keinen tragfähigen Nachweis für ihr Vorbringen erbracht, dass die Wirtschaftssektoren der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen zur damaligen Zeit dem Wettbewerb nicht offengestanden hätten. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Beihilferegelung handelt, die eine Vielzahl von Sektoren erfasst, und nicht um verschiedene Beihilferegelungen für bestimmte einzelne Sektoren.

    94

    Die Tatsache, dass die fragliche Beihilferegelung unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit nur für die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 gilt, und der Umstand, dass diese Unternehmen, wie bereits oben in den Randnrn. 81 bis 83 ausgeführt, tatsächlich in verschiedenen Wirtschaftssektoren tätig sind, reichen für die Schlussfolgerung aus, dass die in Rede stehende Maßnahme geeignet ist, sich auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten auszuwirken.

    95

    Dazu ist darauf hinzuweisen, dass, wie die Kommission in den Nrn. 73 und 84 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, manche der betroffenen Sektoren wie diejenigen der pharmazeutischen Produkte, der Abfälle, der Gasversorgung, der Elektrizität und der Wasserversorgung durch einen gewissen Grad an Wettbewerb geprägt waren, als die fragliche Maßnahme in Kraft trat.

    96

    Außerdem sind die Tätigkeiten der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 nicht auf den Sektor der Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge beschränkt. Die fragliche Maßnahme kann daher die Expansion dieser Gesellschaften auf andere, dem Wettbewerb offenstehende Märkte erleichtern und damit Verzerrungen sogar in anderen Sektoren als denen der Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge bewirken. Insoweit ergibt sich aus dem Gesetz Nr. 142/90 in seiner Auslegung durch die Corte suprema di cassazione im Urteil Nr. 4989 vom 6. Mai 1995 und durch den Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) im Urteil Nr. 4586 vom 3. September 2001, dass die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 in anderen Gebieten sowohl in Italien als auch im Ausland und in anderen Bereichen als ihrem satzungsmäßigen Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen tätig werden können, sofern ihnen dies nicht Mittel in beträchtlichem Ausmaß entzieht und auch nicht geeignet ist, der betreffenden Körperschaft Schaden zuzufügen.

    97

    Dazu ist festzustellen, dass die Satzung der Klägerin in die gleiche Richtung weist. Daraus geht nämlich hervor, dass sie Niederlassungen, Vertretungen, Tochtergesellschaften und Zweigstellen in Italien und im Ausland errichten kann. Weiter ist der Satzung zu entnehmen, dass der Geschäftszweck ein weites Tätigkeitsfeld umfasst. Außerdem ist vorgesehen, dass die Klägerin Anteile und Beteiligungen an anderen italienischen oder ausländischen Gesellschaften oder Unternehmen erwerben kann, die einen entsprechenden, ähnlichen oder komplementären Gesellschaftszweck haben

    98

    Was das Vorbringen der Klägerin betrifft, dass die Wettbewerbsregeln an sich nicht daran hinderten, die mit der Erbringung einer gemeinwirtschaftlichen Dienstleistung erzielten Gewinne für die Ausweitung einer Tätigkeit auf einen anderen Markt einzusetzen, ist festzustellen, dass für den Fall, dass eine Gesellschaft, die eine staatliche Beihilfe erhalten hat und in der Folge ihre Gewinne steigern konnte, ihre Tätigkeit auf einen anderen, dem Wettbewerb offenstehenden Markt ausweitet, eine gewisse Auswirkung auf den Wettbewerb nicht auszuschließen ist.

    99

    Schließlich ist mit der Kommission festzustellen, dass die Unternehmen in den Tätigkeitssektoren der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 miteinander im Wettbewerb um den Zuschlag für die örtlichen öffentlichen Dienstleistungskonzessionen in den verschiedenen Gemeinden stehen und dass der Markt dieser Konzessionen ein Markt ist, der dem Wettbewerb offensteht (Nrn. 67 und 68 der angefochtenen Entscheidung). Es kommt nicht darauf an, dass sich die Klägerin während des Geltungszeitraums der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht an Ausschreibungen für die Vergabe von Aufträgen über Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge in anderen geografischen Gebieten beteiligt hat.

    100

    Das Vorbringen, es habe keinen Wettbewerb und somit auch keine Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel gegeben, weil in Wirklichkeit die betreffenden Dienstleistungen den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 unmittelbar zugeschlagen worden seien, ist zurückzuweisen. Zum einen entkräftet der unmittelbare Zuschlag nicht die in den vorstehenden Randnummern getroffene Feststellung, dass der fragliche Markt zumindest durch einen gewissen Grad an Wettbewerb geprägt war. Zum anderen ginge das Vorbringen eher dahin, die eingeschränkten Auswirkungen der in Rede stehenden Maßnahme auf den Wettbewerb und nicht das Fehlen von Wettbewerb auf dem betroffenen Markt zu belegen. Wie nämlich die Kommission in Nr. 71 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, ist nicht auszuschließen, dass gerade die Existenz der Beihilfe für Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 einen Anreiz für die Gemeinden geschaffen hat, diese unmittelbar mit den Dienstleistungen zu beauftragen, anstatt Konzessionen in offenen Verfahren zu vergeben.

    101

    Was konkret die Frage angeht, ob die fragliche Maßnahme den auf dem Markt bestehenden Grad an Wettbewerb verfälscht hat oder zu verfälschen drohte, so ist festzustellen, dass diese Maßnahme die Wettbewerbsstellung der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 gegenüber allen anderen auf dem betreffenden Markt tätigen italienischen oder ausländischen Unternehmen stärkte. Wie die Kommission in Nr. 62 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, befinden sich Unternehmen, die nicht die Rechtsform der Kapitalgesellschaft haben und deren Kapital nicht mehrheitlich von Gebietskörperschaften gehalten wird, in einer nachteiligen Situation, wenn sie sich im Rahmen einer Ausschreibung um den Zuschlag für die Erbringung einer bestimmten Leistung in einem bestimmten Gebiet bewerben.

    102

    Nach alledem verfälscht die fragliche Maßnahme im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen.

    103

    Zur Voraussetzung der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ist zweitens zunächst daran zu erinnern, dass es nicht darauf ankommt, ob die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 allein auf dem nationalen Markt oder in ihrem Stammgebiet tätig sind. Der zwischenstaatliche Handel wird nämlich dann von der fraglichen Maßnahme berührt, wenn sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Dienste auf dem italienischen Markt zu erbringen, verringern (vgl. oben, Randnr. 92).

    104

    Somit hat die Kommission in Nr. 70 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, dass die fragliche Maßnahme ein Hindernis für ausländische Unternehmen, die sich in Italien niederlassen oder ihre Dienstleistungen dort anbieten wollten, bilden könne und sich damit im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG auf den innergemeinschaftlichen Handel auswirke.

    105

    Zum einen nämlich schadet die fragliche Maßnahme ausländischen Unternehmen, die an Ausschreibungen zur Vergabe örtlicher öffentlicher Dienstleistungskonzessionen in Italien teilnehmen, da die öffentlichen Unternehmen, denen die betreffende Regelung zugutekommt, wettbewerbsfähigere Preise anbieten können als ihre inländischen oder Gemeinschaftswettbewerber, die nicht in deren Genuss kommen. Zum anderen macht die in Rede stehende Maßnahme Investitionen in den Sektor der örtlichen Daseinsvorsorge in Italien (z. B. über den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung) für die Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten weniger attraktiv, weil die Maßnahme den erworbenen Betrieben aufgrund der Natur ihrer neuen Anteilseigner nicht (oder nicht mehr) zugutekäme (Nr. 69 der angefochtenen Entscheidung).

    106

    Zur Rüge eines Begründungsmangels der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die beiden hier erörterten Voraussetzungen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Nrn. 62 bis 64, 69, 73 und 74 der angefochtenen Entscheidung die Gründe hinreichend dargelegt hat, aus denen sie der Ansicht war, dass die fragliche Beihilfe geeignet war, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Außerdem muss die Kommission, wie bereits ausgeführt, nicht die tatsächlichen Auswirkungen der bereits gewährten Beihilfen darlegen (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, C-301/87, Slg. 1990, I-307, Randnr. 33).

    107

    Nach alledem ist die Einstufung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als staatliche Beihilfe in der angefochtenen Entscheidung nicht fehlerhaft, so dass der zweite und der dritte Teil dieses Klagegrundes zurückzuweisen sind.

    108

    Mithin ist der vorliegende Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

    Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 88 Abs. 1 EG und Art. 253 EG durch die Einstufung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als neue Beihilfe

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    109

    Die Klägerin macht hilfsweise geltend, die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer sei eine bestehende Beihilfe, und die Kommission habe deshalb mit der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 88 Abs. 1 und 2 EG verstoßen.

    110

    Die Befreiung von der Einkommensteuer habe schon vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags gegolten. Diese Befreiung habe es nämlich für die gemeindlichen Unternehmen und die Sonderunternehmen bereits seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts gegeben, und sie sei zugunsten der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 in Form der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer fortgeführt worden.

    111

    Die Klägerin untermauert ihr Vorbringen mit einem Verweis auf die Urteile des Gerichtshofs vom 9. August 1994, Namur-Les assurances du crédit (C-44/93, Slg. 1994, I-3829, Randnr. 33), und des Gerichts vom 30. April 2002, Government of Gibraltar/Kommission (T-195/01 und T-207/01, Slg. 2002, II-2309), woraus sich ergebe, dass die Kommission die neuen Gesichtspunkte einer geänderten Beihilferegelung prüfen müsse. Hier habe sich aber das Tätigkeitsfeld der mit den gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen beauftragten Unternehmen nicht geändert. Das Gesetz Nr. 142/90 solle es nämlich den örtlichen Körperschaften ermöglichen, ihre eigenen örtlichen Dienste in einer anderen Rechtsform als der gemeindlicher Unternehmen zu organisieren.

    112

    Die Begründung in der angefochtenen Entscheidung sei unlogisch und widersprüchlich. Einerseits nämlich räume die Kommission im Rahmen der Prüfung der Befreiung von den Steuern auf Einlagen ein, dass die gemeindlichen Unternehmen und die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 im Wesentlichen das gleiche Wirtschaftsgebilde verkörperten. Andererseits halte sie die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 für die Zwecke der Würdigung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer für Gebilde, die sich wirtschaftlich und sachlich von den Gemeinden unterschieden. Die Kommission sei in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Befreiung von den Steuern auf Einlagen keine staatliche Beihilfe sei. Da aber die Voraussetzungen für diese Befreiung und die Voraussetzungen für die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer gleich seien, hätte die Kommission zu der Ansicht gelangen müssen, dass auch die letztgenannte Befreiung keine staatliche Beihilfe sei.

    113

    Außerdem heiße es in Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1): „Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.“ Das bedeute, dass die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer für die Zeit bis zur Liberalisierung der betroffenen Sektoren nicht als neue Beihilfe angesehen werden könne, weil sie in vom Wettbewerb abgeschotteten Sektoren gegriffen habe.

    114

    Die Klägerin macht aus denselben Gründen auch einen Begründungsmangel geltend.

    115

    Die Streithelferin schließt sich im Wesentlichen dem Standpunkt und dem Vorbringen der Klägerin an.

    116

    Die Kommission tritt diesem Vorbringen unter Verweis auf die Nrn. 86 bis 91 der angefochtenen Entscheidung entgegen. Sie fügt hinzu, die in der angefochtenen Entscheidung gezogene Schlussfolgerung finde nach heutigem Stand Bestätigung in Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung Nr. 659/1999 (ABl. L 140, S. 1).

    Würdigung durch das Gericht

    117

    Im Urteil Namur-Les assurances du crédit (oben in Randnr. 111 angeführt, Randnr. 13) hat der Gerichtshof entschieden, dass sich sowohl aus dem Inhalt als auch aus den Zielsetzungen der Bestimmungen des Art. 88 EG ergibt, dass als bestehende Beihilfen im Sinne des Abs. 1 dieser Vorschrift die Beihilfen anzusehen sind, die vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags bestanden, sowie diejenigen, die unter den Voraussetzungen des Art. 88 Abs. 3 EG einschließlich derjenigen, die sich aus der Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof im Urteil vom 11. Dezember 1973, Lorenz (120/73, Slg. 1973, 1471, Randnrn. 4 bis 6), ergeben, ordnungsgemäß durchgeführt werden durften, während als neue Beihilfen, für die die Anzeigepflicht nach der letztgenannten Vorschrift gilt, die Maßnahmen anzusehen sind, die auf die Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen gerichtet sind, wobei sich die Umgestaltung auf bestehende Beihilfen oder auf bei der Kommission angemeldete ursprüngliche Vorhaben beziehen kann.

    118

    Die in der Rechtsprechung zu den bestehenden Beihilfen entwickelten Regeln sind in Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 659/1999 übernommen und festgeschrieben worden.

    119

    Danach sind bestehende Beihilfen

    i)

    alle Beihilfen, die vor Inkrafttreten des EG-Vertrags in dem entsprechenden Mitgliedstaat bestanden;

    ii)

    genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat genehmigt wurden;

    iii)

    Beihilfen, die als genehmigt gelten, weil die Kommission innerhalb einer Frist von zwei Monaten, die grundsätzlich am Tag nach dem Eingang der vollständigen Anmeldung der Beihilfe beginnt und der Kommission für eine vorläufige Prüfung zur Verfügung steht, keine Entscheidung erlassen hat;

    iv)

    Beihilfen, bei denen die Zehnjahresfrist zur Rückforderung abgelaufen ist;

    v)

    Beihilfen, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfen waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.

    120

    Nach Art. 1 Buchst. c der genannten Verordnung gelten Änderungen bestehender Beihilfen als neue Beihilfen.

    121

    Im Wesentlichen stellen Maßnahmen, die auf die Einführung von Beihilfen oder die Änderung bestehender Beihilfen gerichtet sind, neue Beihilfen dar. Insbesondere wird die ursprüngliche Regelung in eine neue Beihilferegelung ungewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern selbst betrifft. Um eine derartige wesentliche Änderung kann es sich jedoch nicht handeln, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt (Urteil Government of Gibraltar, oben in Randnr. 111 angeführt, Randnrn. 109 bis 111).

    122

    Im vorliegenden Fall steht fest, dass die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht unter die zweite, die dritte oder die vierte Fallgestaltung im Sinne des Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 659/1999 fällt, die es ermöglichen, eine Beihilfemaßnahme als eine bestehende Beihilfe anzusehen. Zudem hat sich die Klägerin nicht darauf berufen.

    123

    Zur ersten von Art. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 659/1999 erfassten Fallgestaltung ist zunächst festzustellen, dass die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer durch das Gesetzesdekret Nr. 331/93 und das Gesetz Nr. 549/95 eingeführt wurde. Im Jahr 1990, als mit dem Gesetz Nr. 142/90 die organisatorischen Rechtsinstrumente der Gemeinden für die Verwaltung der Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge reformiert wurden und u. a. die Möglichkeit eingeführt wurde, Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung zu errichten, war für diese Gesellschaften keinerlei Befreiung von der Einkommensteuer vorgesehen.

    124

    Alle von 1990 bis zum Inkrafttreten von Art. 66 des Gesetzesdekrets Nr. 331/93 am 30. August 1993 gegründeten Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 unterlagen nämlich der Einkommensteuer.

    125

    Folglich musste der italienische Gesetzgeber, wie von der Kommission in Nr. 91 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, um die für die Gebietskörperschaften geltende Steuerregelung auf die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 auszuweiten, mehrere Jahrzehnte nach Inkrafttreten des EG-Vertrags neue Rechtsvorschriften verabschieden.

    126

    Selbst wenn man außerdem zugestehen würde, dass die Steuerbefreiung für die gemeindlichen Unternehmen vor Inkrafttreten des EG-Vertrags eingeführt worden und bis 1995 in Kraft geblieben wäre, änderte das doch nichts daran, dass sich die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 wesentlich von den gemeindlichen Unternehmen unterscheiden. Die Ausdehnung der für die gemeindlichen Unternehmen und die Sonderunternehmen geltenden Steuervorteile auf eine neue Kategorie von Begünstigten wie die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 stellt aber eine von der ursprünglichen Regelung trennbare Änderung dar. Wie im Urteil des Consiglio di Stato Nr. 4586 vom 3. September 2001 ausgeführt wird, gibt es nämlich rechtliche Unterschiede zwischen den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 und den gemeindlichen Unternehmen, die insbesondere darin liegen, dass die Erstgenannten keiner strengen territorialen Begrenzung wie die Letztgenannten unterliegen und dass ihre Tätigkeitsfelder viel weiter sind. Wie bereits oben in Randnr. 96 hervorgehoben, haben die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 die Möglichkeit, sich außerhalb ihres Stammgebiets sowohl in Italien als auch im Ausland und in anderen Bereichen als ihrem satzungsmäßigen Bereich der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen zu betätigen, sofern ihnen dies nicht Mittel in beträchtlichem Ausmaß entzieht und auch nicht geeignet ist, der betreffenden Körperschaft Schaden zuzufügen.

    127

    Folglich haben sich, selbst wenn die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 in die Rechte und Pflichten der gemeindlichen Unternehmen eingetreten sind, die Rechtsvorschriften, die ihren sachlichen und räumlichen Tätigkeitsbereich regeln, wesentlich geändert.

    128

    Deshalb fällt die mit Art. 3 Abs. 70 des Gesetzes Nr. 549/95 in Verbindung mit Art. 66 Abs. 14 des Gesetzesdekrets Nr. 331/93 eingeführte dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht unter Art. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 659/1999.

    129

    Was das zweite Argument der Klägerin betrifft, das auf Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 gestützt wird, so kann diese Bestimmung nur auf Maßnahmen Anwendung finden, die bei ihrer Einführung keine Beihilfen waren. Insoweit genügt die Feststellung, dass die in Rede stehende Maßnahme zu einem Zeitpunkt eingeführt wurde, als die Märkte — wenn auch sehr wahrscheinlich in unterschiedlichem Ausmaß — jedenfalls dem Wettbewerb offenstanden. Deshalb fällt die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht unter Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999.

    130

    Daher liegt kein Begründungsmangel vor. Die Tatsache, dass es in den Sektoren, in denen die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 tätig sind, einen gewissen Wettbewerb gab, war der Grund, weshalb die Kommission das Vorbringen verworfen hat, dass die fragliche Maßnahme als bestehende Beihilfe gelten müsse (Nrn. 82 bis 85 der angefochtenen Entscheidung).

    131

    Zu dem Widerspruch schließlich, der darin bestehen soll, dass die gemeindlichen Unternehmen und die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 einerseits bei der Prüfung der Befreiung von den Steuern auf Einlagen im Wesentlichen als die Verkörperung des gleichen Wirtschaftsgebildes betrachtet und andererseits im Rahmen der Prüfung der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer als wirtschaftlich und sachlich unterschiedliche Gebilde angesehen würden, ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung unter Berufung auf die von der italienischen Regierung erteilte Auskunft die erste Befreiung für durch die Natur und den inneren Aufbau des fraglichen Systems gerechtfertigt hielt. Ob diese Würdigung richtig ist, kann dahinstehen, denn der Umstand, dass der Kommission etwa ein Fehler in Bezug auf die Befreiung von den Steuern auf Einlagen unterlaufen wäre, bedeutet nicht, dass ein anderer Teil der angefochtenen Entscheidung für nichtig erklärt werden müsste.

    132

    In Anbetracht des Vorstehenden ist die fragliche Maßnahme nicht als bestehende Beihilfe anzusehen. Der zweite Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

    Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und Art. 253 EG

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    133

    Die Klägerin macht geltend, der Kommission sei ein Fehler unterlaufen, als sie die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht als eine gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare staatliche Beihilfe angesehen habe.

    134

    Sie bringt vor, die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer habe die Neustrukturierung der betroffenen Unternehmen und den Übergang von einer monopolistischen zu einer wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft ermöglicht. Die Kommission hätte somit die gleiche Beurteilung vornehmen müssen wie in ihrer Entscheidung vom 10. November 1999 betreffend Übergangsbestimmungen zur Abschaffung der Befreiung städtischer Verkehrsbetriebe von der Körperschaftssteuer (ABl. C 379, S. 11) und ihrer Entscheidung 2000/410/EG vom 22. Dezember 1999 zur geplanten Beihilferegelung Frankreichs zugunsten des französischen Hafensektors (ABl. 2000, L 155, S. 52). In jenen beiden Entscheidungen habe die Anwendung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG auf staatliche Maßnahmen nämlich nur darauf abgezielt, den Übergang von einem monopolistischen zu einem liberalisierten System mit einem Verfahren zur Privatisierung des Aktienbestands der betroffenen Gesellschaften sicherzustellen.

    135

    Ohne die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer hätten die Gemeinden ihre gemeindlichen Unternehmen nie in Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 umgewandelt. Im Übrigen habe diese Maßnahme für eine Transparenz der Finanzbeziehungen zwischen den öffentlichen Stellen und den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 gesorgt, und es sei eine Übergangszeit vorgesehen worden, um die Neustrukturierung der Unternehmen zu ermöglichen, ohne gleichzeitig die Kontinuität der Daseinsvorsorge zu beeinträchtigen. Außerdem hätten für die betroffenen Unternehmen strenge Vorgaben hinsichtlich ihres Gebiets und ihrer Geschäftsbereiche gegolten. Da die Geschäftsbereiche der Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 begrenzt gewesen seien, sei die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer gerechtfertigt gewesen.

    136

    Zu ihrer eigenen Lage bringt die Klägerin vor, sie habe nach ihrer Privatisierung im Jahr 1998 ihre Einrichtungen grundlegend neu organisiert und umstrukturiert, und die Vorteile daraus seien in vollem Umfang der Stadt Mailand zugutegekommen.

    137

    Die Streithelferin schließt sich im Wesentlichen dem Standpunkt und dem Vorbringen der Klägerin an.

    138

    Die Kommission tritt dem vorliegenden Klagegrund unter Hinweis auf die Nrn. 97 ff. der angefochtenen Entscheidung entgegen.

    Würdigung durch das Gericht

    139

    Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission im Bereich des Art. 87 Abs. 3 EG über ein weites Ermessen verfügt (Urteil des Gerichtshofs vom 24. Februar 1987, Deufil/Kommission, 310/85, Slg. 1987, 901, Randnr. 18). Die Nachprüfung durch den Gemeinschaftsrichter muss sich also darauf beschränken, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten und die Tatsachen richtig ermittelt worden sind und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt.

    140

    Was zunächst die Begründung angeht, ergibt sich im vorliegenden Fall aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG geprüft hat, ob die Beihilfe erstens in Ansehung der einschlägigen Leitlinien und zweitens losgelöst davon für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden konnte. Sie hat in diesem Zusammenhang die Gründe dargelegt, aus denen sie zu einem ablehnenden Ergebnis gekommen ist (Nrn. 97 ff. der angefochtenen Entscheidung).

    141

    Ferner ist aus den Akten klar ersichtlich, dass die Voraussetzungen dafür, dass der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer die in Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vorgesehene Ausnahme zugutekommt, nicht erfüllt waren. Die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer zielte nicht auf die Wiederherstellung der Rentabilität der Begünstigten ab und war auch nicht Unternehmen in Schwierigkeiten vorbehalten. Selbst wenn dies jedoch der Fall gewesen wäre, ist weder ein Umstrukturierungsplan noch eine Maßnahme zum Ausgleich der Wettbewerbsverzerrungen, die der Gewährung der in Rede stehenden Beihilfen innewohnten, vorgelegt worden. Nach der Rechtsprechung können aber Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten nur dann nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden, wenn sie mit einem tragfähigen Umstrukturierungsplan verbunden sind, der der Kommission im nötigen Detail vorzulegen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 2001, Frankreich/Kommission, C-17/99, Slg. 2001, I-2481, Randnr. 45).

    142

    Zum Vorbringen, die fragliche Maßnahme habe den Übergang von einer monopolistischen zu einer wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft erleichtert, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht darlegt, inwieweit diese Maßnahme zu einer Zunahme des Wettbewerbs geführt hätte. Wie nämlich bereits ausgeführt, waren die betreffenden Märkte bereits durch einen gewissen Grad an Wettbewerb geprägt, und die in Rede stehende Maßnahme konnte den Wettbewerb somit verfälschen.

    143

    Zum gerügten Widerspruch zu anderen Entscheidungen der Kommission, mit denen ein Übergangssystem genehmigt worden sei, ist festzustellen, dass sich aus den beiden von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidungen ergibt, dass eine Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. Was die Entscheidung vom 10. November 1999 betrifft, war, wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, den durch die Steuerbefreiung Begünstigten in jener Sache bis zur Öffnung ihrer eigenen Heimatmärkte die Teilnahme an Ausschreibungen außerhalb ihres Stammgebiets untersagt. Bei der Entscheidung 2000/410 hing die Gewährung der in jenem Fall in Rede stehenden Beihilfen von der Tätigung von Investitionen im Hinblick auf die Übertragung und Erneuerung bestehender Ausrüstungen ab.

    144

    Der dritte Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

    Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit sowie Begründungsmangel

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    145

    Die Klägerin stellt den von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit in Abrede und macht insoweit einen Begründungsmangel geltend.

    146

    Sie bringt zunächst vor, das Diskriminierungsverbot, das allgemeinen Charakter habe, sei vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit zu unterscheiden, der besonderen Charakter habe. Beide Grundsätze würden durch die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer nicht verletzt.

    147

    Weder die Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten noch die italienischen Unternehmen, die nicht aus einer Umwandlung eines gemeindlichen Unternehmens in eine Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 hervorgegangen seien, erfüllten die Voraussetzungen für die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer. Diese sei somit nicht diskriminierend zur Begünstigung der italienischen Unternehmen angewandt worden.

    148

    Der Genuss der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer sei weder an die Staatszugehörigkeit des Unternehmens noch an die Staatsangehörigkeit der Anteilseigner geknüpft, da, wie die Kommission in Nr. 121 der angefochtenen Entscheidung ausführe, die Möglichkeit eines Unternehmens, in den Genuss der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer zu kommen, allein von seiner Rechtsform (d. h. in eine Aktiengesellschaft umgewandelte ehemalige öffentliche Körperschaft) und seiner Beteiligungsstruktur (öffentliche Mehrheitsbeteiligung) abhänge. Die angefochtene Entscheidung sei deshalb auch widersprüchlich.

    149

    Im Übrigen habe der Umstand, dass die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 unmittelbar und auf Ausschließlichkeitsbasis mit der Erbringung der Leistungen der örtlichen Daseinsvorsorge im Gebiet ihrer Stammgemeinde beauftragt worden seien, die Möglichkeit ausgeschlossen, dass irgendein anderes — ob italienisches oder aus einem anderen Mitgliedstaat stammendes — Unternehmen auf den Markt dieser Dienste hätte eintreten können.

    150

    Außerdem könnten die Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten, die eine Minderheitsbeteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 hielten, mittelbar in den Genuss der Vorteile der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer kommen.

    151

    Das Diskriminierungsverbot gebiete auch, dass unterschiedliche Sachverhalte nicht in gleicher Weise behandelt würden. Da sich die Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 aufgrund ihres begrenzten Geschäftsfelds nicht in der gleichen Lage befänden wie die „herkömmlichen“ Unternehmen, sei somit die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer gerechtfertigt.

    152

    Die Streithelferin schließt sich im Wesentlichen dem Standpunkt der Klägerin an.

    153

    Die Kommission hält den vorliegenden Klagegrund für nicht stichhaltig. Sie erinnert insoweit daran, dass nach ständiger Rechtsprechung eine staatliche Beihilfe, die gegen andere Bestimmungen des EG-Vertrags als Art. 87 EG verstoße, nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könne.

    Würdigung durch das Gericht

    154

    Es ist daran zu erinnern, dass der erste und der dritte Klagegrund zurückgewiesen worden sind, weil die dreijährige Befreiung von der Körperschaftsteuer eine Beihilfe ist und die Voraussetzungen dafür, dass ihr die Ausnahme des Art. 87 Abs. 3 EG zugutekäme, nicht erfüllt sind. Deshalb geht es bei der Feststellung der Unvereinbarkeit der dreijährigen Befreiung von der Körperschaftsteuer mit dem Gemeinsamen Markt wegen des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot und den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit um eine Hilfsbegründung der angefochtenen Entscheidung. Der vierte Klagegrund geht daher ins Leere.

    155

    Der vierte Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen.

    Zum fünften Klagegrund: Rechtswidrigkeit der Rückforderungsanordnung

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    156

    Die Klägerin macht geltend, die Rückforderungsanordnung verstoße gegen den EG-Vertrag und die Rechtsvorschriften über seine Anwendung. Die Kommission gebe der Italienischen Republik in der angefochtenen Entscheidung unbedingt und allgemein auf, alle Vorteile, die den Gesellschaften im Sinne des Gesetzes Nr. 142/90 zugutegekommen seien, zurückzufordern, obwohl sie eingeräumt habe, dass manche — von ihr jedoch nicht identifizierte — Beihilfen möglicherweise mit dem EG-Vertrag vereinbar seien. Die Kommission habe nämlich in der angefochtenen Entscheidung die Möglichkeit offengelassen, dass manche Einzelfälle unter die De-minimis-Regel fielen, je nach Situation des Begünstigten als bestehende Beihilfen gelten könnten oder aus Gründen, die mit dem besonderen Fall zu tun hätten, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien.

    157

    Die angefochtene Entscheidung sei somit in doppelter Hinsicht rechtswidrig: zum einen, weil die Kommission die Rückforderung von gegebenenfalls mit dem EG-Vertrag vereinbaren Beihilfen anordne, und zum anderen, weil sie die Italienische Republik zwinge, zu bestimmen, welche konkreten Maßnahmen Beihilfen seien. Der Beistand, den die Komission leisten müsse, könne die Unsicherheiten, die sich im vorliegenden Fall aus dem Rückforderungsverfahren ergäben, nicht wettmachen.

    158

    Die Streithelferin schließt sich dem Standpunkt der Klägerin an.

    159

    Die Kommission weist die Ansicht der Klägerin zurück, dass die abstrakte Beurteilung einer Beihilferegelung ohne eingehende Prüfung der einzelnen Anwendungsfälle keine Grundlage für eine Rückforderungsanordnung bilden könne.

    Würdigung durch das Gericht

    160

    Wie oben in Randnr. 89 ausgeführt, kann sich die Kommission nach ständiger Rechtsprechung im Fall einer Beihilferegelung auf die Untersuchung der Merkmale der Regelung beschränken.

    161

    Nach der Rechtsprechung braucht eine negative Entscheidung über eine Beihilferegelung auch keine Analyse der Beihilfen zu enthalten, die im Einzelfall aufgrund dieser Regelung gewährt worden sind. Erst bei der Rückforderung der Beihilfen ist es erforderlich, die konkrete Situation jedes einzelnen betroffenen Unternehmens zu untersuchen (Urteil vom 7. März 2002, Italien/Kommission, oben in Randnr. 89 angeführt, Randnr. 91).

    162

    Sodann ist nach ständiger Rechtsprechung die Beseitigung einer rechtswidrigen Beihilfe im Wege ihrer Rückforderung, gegebenenfalls zuzüglich der Zahlung der dazugehörigen Zinsen, die logische Folge der Feststellung ihrer Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt (Urteile Tubemeuse, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 66, vom 14. Januar 1997, Spanien/Kommission, C-169/95, Slg. 1997, I-135, Randnr. 47, und vom 29. Juni 2004, Kommission/Rat, C-110/02, Slg. 2004, I-6333, Randnr. 41).

    163

    Diese Rechtsprechung gilt zudem sowohl für Einzelbeihilfen als auch für Beihilfen, die im Rahmen einer Beihilferegelung fließen.

    164

    Die allgemeine und abstrakte Bewertung einer Beihilferegelung schließt jedoch nicht aus, dass in Einzelfällen der auf der Grundlage dieser Regelung gewährte Betrag dem Verbot des Art. 87 Abs. 1 EG entgeht, weil z. B. die individuelle Gewährung einer Beihilfe unter die De-minimis-Regel fällt. Dies erklärt die Vorbehalte in den Nrn. 72, 85 und 126 der angefochtenen Entscheidung.

    165

    Zwar beschränkt sich die Rolle der nationalen Stellen, wenn die Kommission eine Beihilfe in einer Entscheidung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, auf die Durchführung dieser Entscheidung, und sie verfügen insoweit über keinen Wertungsspielraum (Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 1977, Steinicke & Weinlig, 78/76, Slg. 1977, 595, Randnr. 10). Das hindert die nationalen Stellen jedoch nicht daran, bei der Durchführung dieser Entscheidung die angesprochenen Vorbehalte zu berücksichtigen. Deshalb ordnet die Kommission entgegen der Ansicht der Klägerin nur die Rückforderung der Beihilfen im Sinne des Art. 87 EG an und nicht der Beträge, die, obwohl sie im Rahmen der fraglichen Regelung geflossen sind, keine Beihilfen, bestehende Beihilfen oder aufgrund einer Gruppenfreistellungsverordnung, der De-minimis-Regel oder einer anderen Entscheidung der Kommission vereinbare Beihilfen sind.

    166

    Zu dem Vorbringen, die angefochtene Entscheidung sei rechtswidrig, weil die Italienische Republik gezwungen sei, zu bestimmen, welche konkreten Maßnahmen Beihilfen seien, ist sodann darauf hinzuweisen, dass der Beihilfebegriff ein Rechtsbegriff und anhand objektiver Kriterien auszulegen ist. Die zuständige Behörde verfügt insoweit über kein Ermessen bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG. Hinzu kommt, dass das nationale Gericht für die Auslegung der Begriffe der Beihilfe und der bestehenden Beihilfe zuständig ist und sich bei seiner Entscheidungsfindung in Bezug auf etwaige Besonderheiten einzelner Anwendungsfälle gegebenenfalls des Ersuchens um Vorabentscheidung an den Gerichtshof bedienen kann.

    167

    Folgte man der Ansicht der Klägerin, dass die abstrakte Beurteilung einer Beihilferegelung ohne eingehende Prüfung der einzelnen Anwendungsfälle keine Grundlage für eine Rückforderungsanordnung bilden könne, liefe das außerdem darauf hinaus, systematisch die Möglichkeit der Rückforderung rechtsgrundlos gezahlter Beihilfen auszuschließen und die Art. 87 EG und 88 EG so ihres Sinns zu entleeren. Der Kommission als der einzigen für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt zuständigen Stelle wäre es dann unmöglich, die zahlreichen Anwendungsfälle von Beihilferegelungen zu prüfen.

    168

    Deshalb ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen.

    169

    Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

    Kosten

    170

    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr, wie von der Kommission beantragt, die Kosten aufzuerlegen.

    171

    Die Streithelferin trägt nach Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

     

    Aus diesen Gründen hat

    DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.

     

    2.

    Die AEM SpA trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission.

     

    3.

    Die ASM Brescia SpA trägt ihre eigenen Kosten.

     

    Martins Ribeiro

    Šváby

    Papasavvas

    Wahl

    Dittrich

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juni 2009.

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

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