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Document 61997CC0178

Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 26. November 1998.
Barry Banks u. a. gegen Theatre royal de la Monnaie.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal du travail de Bruxelles - Belgien.
Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer - Anwendbares Recht - Tragweite der E-101-Bescheinigung.
Rechtssache C-178/97.

Sammlung der Rechtsprechung 2000 I-02005

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1998:571

61997C0178

Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 26. November 1998. - Barry Banks u. a. gegen Theatre royal de la Monnaie. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal du travail de Bruxelles - Belgien. - Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer - Anwendbares Recht - Tragweite der E-101-Bescheinigung. - Rechtssache C-178/97.

Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-02005


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Unterliegen ein Opernsänger oder ein Dirigent, die gewöhnlich in einem Mitgliedstaat erwerbstätig sind und deren Tätigkeit nach dem Recht dieses Mitgliedstaats als eine selbständige Tätigkeit gilt, in dem Fall, daß sie sich infolge eines Engagements in einen anderen Mitgliedstaat begeben, um dort einige Tage lang aufzutreten, weiterhin dem System der sozialen Sicherheit des ersten Mitgliedstaats oder fallen sie statt dessen in den Anwendungsbereich des Systems der sozialen Sicherheit des zweiten Staates, nach dessen Recht es sich bei derselben Tätigkeit um eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis handelt?

So kann man die vom Tribunal de travail Brüssel (Belgien) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen nach der Auslegung der Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a und 14c Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71(1) (im folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) zusammenfassen.

I - Sachverhalt und Ausgangsverfahren

2 Die Kläger des Ausgangsverfahrens, d. h. Herr Banks und neun weitere Opernsänger sowie ein Dirigent, unterstützt von drei weiteren Künstlern, die als Streithelfer zugelassen wurden, sind britische Staatsangehörige mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich. Sie wurden vom Beklagten, dem Théâtre Royal de la Monnaie Brüssel (im folgenden: TRM) für Auftritte in Belgien innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeitspannen in den Jahren 1993 bis 1995 engagiert.

3 Die Kunst des Operngesangs, die in der Kulturgeschichte der westlichen Welt eine so lange Tradition hat(2) und die so schwer zu beherrschen ist(3), verfehlte im vorliegenden Fall ihre oft bei vielen Menschen beobachtete Wirkung(4).

4 In den meisten Verträgen der Kläger hieß es, die Proben fänden zwischen dem 4. und 22. Januar 1994 und die Vorstellungen zwischen dem 23. Januar und dem 5. Februar 1994 statt. Die Gesamtarbeitszeit betrage also 25 Tage. Der Dirigent arbeitete noch vom 21. bis 23. Dezember 1993. Die drei Streithelfer hatten früher für das TRM gearbeitet: Die Herren Appleton und Davies waren jeweils vom 11. April bis 30. Juni 1992 und vom 22. April bis 30. Juni 1992 engagiert. Herr Curtis war vom 15. Januar bis zum 13. März 1993, vom 10. bis 21. November 1993 und vom 25. Oktober 1994 bis zum 28. Februar 1995 beschäftigt.

5 Die Kläger legten während der Laufzeit ihrer Verträge bzw. nach Klageerhebung gemäß Artikel 11a der Verordnung (EWG) Nr. 574/72(5), die die Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 1408/71 enthält, die vom zuständigen Träger des Vereinigten Königreichs ausgestellte E-101-Bescheinigung vor. Diese Bescheinigungen beziehen sich auf den Zeitraum, in dem die Künstler beim TRM unter Vertrag standen; ihnen zufolge sind die Betroffenen im Vereinigten Königreich Selbständige, führen für die Dauer des Vertrages in Belgien Arbeit für eigene Rechnung aus und unterliegen für die Dauer ihres Vertrages gemäß Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 weiterhin dem britischen Recht.

6 Gemäß Artikel 3 Absatz 2 der belgischen Königlichen Verordnung vom 28. November 1969 zur Durchführung des Gesetzes vom 27. Juni 1969 zur Änderung des Arrêté-loi vom 28. Dezember 1944 über die soziale Sicherheit der im Lohn- oder Gehaltsverhältnis stehenden Arbeitnehmer hat das TRM jedoch in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber von den Gagen der Kläger die zum belgischen System der sozialen Sicherheit für die Anzahl der in Belgien geleisteten Arbeitstage geschuldeten Beiträge einbehalten.

7 Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist eine Klage auf Verurteilung des TRM, dessen internationales Ansehen unbestreitbar ist(6), den Klägern die von ihren Gagen einbehaltenen Beiträge zum System der sozialen Sicherheit zu erstatten, weil diese Beträge unrechtmäßig abgezogen worden seien, da die Kläger gemäß Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 weiterhin dem Recht der sozialen Sicherheit des Vereinigten Königreichs unterlegen hätten.

II - Die Vorlagefragen

8 Das Tribunal de travail Brüssel hat das Verfahren bis zur Entscheidung des Rechtsstreits ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. a) Erfaßt der Begriff "Arbeit" in Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 jede - im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder selbständig erbrachte - Arbeitsleistung, deren Dauer zwölf Monate nicht überschreitet?

b) Falls der Begriff "Arbeit" im Sinne von Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a ausschließlich selbständige Tätigkeit bedeutet, bestimmt sich dieser Begriff dann anhand des Rechts der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die selbständige Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, oder anhand des Rechts der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die "Arbeit" ausgeführt wird?

2. Welche Zeiteinheit ist bei der Würdigung des Begriffes "gleichzeitig" in Artikel 14c der Verordnung Nr. 1408/71 zugrunde zu legen, oder anhand welcher Kriterien ist dieser Begriff zu bestimmen?

3. a) i) Ist der Vordruck E 101, dessen Ausstellung insbesondere in den Artikeln 11a und 12a Absatz 7 der Verordnung Nr. 2001/83(7) vorgesehen ist, in bezug auf die Rechtswirkungen, die er bescheinigt, bindend

- für den zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in dem die zweite Tätigkeit ausgeübt wird;

- für die Person, der der Erwerbstätige, der eine Tätigkeit im Gebiet der beiden Mitgliedstaaten ausübt, die Leistungen erbringt?

ii) Falls diese Frage bejaht wird, wie lange besteht diese Bindungswirkung?

b) Entfaltet der Vordruck E 101 Rückwirkung, soweit die Zeiten, die er bescheinigt, vor seiner Ausstellung oder seiner Vorlage liegen?

III - Gemeinschaftsrecht

9 Die für die Beantwortung der Vorlagefragen einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 1408/71 sind folgende:

Artikel 13

"Allgemeine Regelung

(1) Vorbehaltlich des Artikels 14c unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt folgendes:

a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis (iLoG.) beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat;

b) eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt;

..."

Artikel 14

"Sonderregelung für andere Personen als Seeleute, die eine abhängige Beschäftigung iLoG. ausüben

Vom Grundsatz des Artikels 13 Absatz 2 Buchstabe a gelten folgende Ausnahmen und Besonderheiten

1. a) Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, iLoG. beschäftigt wird und die von diesem Unternehmen zur Ausführung einer Arbeit für dessen Rechnung in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats entsandt wird, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet und sie nicht eine andere Person ablöst, für welche die Entsendungszeit abgelaufen ist.

..."

Artikel 14a

"Sonderregelung für andere Personen als Seeleute, die eine selbständige Tätigkeit ausüben

Vom Grundsatz des Artikels 13 Absatz 2 Buchstabe b gelten folgende Ausnahmen und Besonderheiten:

1. a) Eine Person, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt und die eine Arbeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausführt, unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit zwölf Monate nicht überschreitet;

..."

Artikel 14c

"Sonderregelung für Personen, die im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten gleichzeitig eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und eine selbständige Tätigkeit ausüben

(1) Eine Person, die im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten gleichzeitig eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und eine selbständige Tätigkeit ausübt, unterliegt:

a) vorbehaltlich Buchstabe b den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausübt ..."

10 Artikel 11a Absatz 1 der Verordnung Nr. 574/72(8) bestimmt:

"(1) Der Träger, den die zuständige Behörde desjenigen Mitgliedstaats bezeichnet, dessen Rechtsvorschriften weiterhin anzuwenden sind, stellt

a) auf Antrag des Selbständigen in den Fällen des Artikels 14a Absatz 1 und des Artikels 14b Absatz 2 der Verordnung [Nr. 1408/71] ... eine Bescheinigung darüber aus, daß und bis zu welchem Zeitpunkt diese Rechtsvorschriften weiterhin für den Selbständigen gelten."

11 Der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften für den Arbeitnehmer gelten, verwendet für die Ausstellung dieser Bescheinigung das Formblatt E 101 entsprechend dem von der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer(9) (im folgenden: Verwaltungskommission) mit dem Beschluß Nr. 130(10) erstellten Muster.

IV - Vorbemerkungen

12 Bevor ich mich den Vorlagefragen zuwende, möchte ich auf die Bedenken hinweisen, die diese Rechtssache bei mir weckt, vor allem hinsichtlich des Verfahrens, mit dem der Gerichtshof um eine Entscheidung über die Weigerung des belgischen Sozialversicherungsträgers ersucht wird, eine von einem Träger eines anderen Mitgliedstaats ausgestellte E-101-Bescheinigung anzuerkennen, wonach die betreffende Person in diesem Mitgliedstaat eine selbständige Tätigkeit ausübt, für eine bestimmte Zeit eine Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wird und während der gesamten Dauer dieser Tätigkeit weiterhin dem Sozialversicherungsrecht des Mitgliedstaats unterliegt, dem der Träger angehört, der diese Bescheinigung ausgestellt hat.

13 Das ist der eigentliche Gegenstand der Auseinandersetzung, denn die Parteien des Ausgangsverfahrens stimmen darin überein, daß die Künstler während der Zeit, in der sie in Belgien arbeiteten, keine Beiträge zum dortigen System der sozialen Sicherheit hätten leisten müssen, da sie weiterhin dem britischen Sozialversicherungsrecht unterlagen. Aus dem dargelegten Sachverhalt ergibt sich nämlich, daß im Ausgangsverfahren die Verurteilung des TRM angestrebt wird, den Klägern die zum System der sozialen Sicherheit der Lohn- und Gehaltsempfänger gezahlten Beiträge zurückzuzahlen. Diese seien von ihren Gagen unrechtmäßig abgezogen worden, da die Kläger während ihrer Tätigkeit in Belgien weiterhin dem System der sozialen Sicherheit für Selbständige im Vereinigten Königreich unterlegen hätten. In dieser Hinsicht behauptet das TRM - das in diesem Rechtsstreit Beklagter ist -, die mit den Künstlern geschlossenen Verträge seien zwar aus seiner Sicht keine Verträge über eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis gewesen, aber dennoch habe es ihnen die Sozialversicherungsbeiträge abgezogen, weil das belgische Recht das System für im Lohn- oder Gehaltsverhältnis stehende Arbeitnehmer auf Bühnenkünstler ausgedehnt habe und das belgische Office national de sécurité sociale (ONSS), das bei Sachen zur Zwangsvollstreckung befugt sei, sich weigere, den E-101-Bescheinigungen irgendeine Geltung beizumessen.

14 Die Kommission hat den letztgenannten Punkt in ihren Ausführungen bestätigt, und der Beklagte hat ihn in den zu den Akten gereichten Unterlagen ausführlich erläutert. So steht z. B. fest, daß der Rechtsanwalt der Künstler das ONSS am 16. Februar 1994 schriftlich zur Rückzahlung der Beiträge aufgefordert hat, die das TRM abgezogen hatte, um sie an das ONSS abzuführen. Auch steht fest, daß der Direktor des TRM den Administrateur général des ONSS mit Schreiben vom 1. März 1994 um Auskunft darüber ersucht hat, ob er die vom Sozialversicherungsträger des Vereinigten Königreichs ausgestellten E-101-Bescheinigungen anerkennt. Schließlich liegt die Antwort des ONSS vom 2. September 1994 vor, in der folgendes erklärt wird:

"Was $self-employed persons` [Selbständige] angeht, den Status, auf den sich die vom TRM engagierten Sänger berufen, lehnt das ONSS es ab, die ausgestellten Entsendungsbescheinigungen anzuerkennen. Dieser Standpunkt beruht auf einer Entscheidung des Generaldirektors der Sécurité sociale du Ministère de la Prévoyance sociale (Ministerium für Sozialfürsorge), wonach das Problem der $self-employed persons` zunächst einer einheitlichen gemeinschaftsweiten Lösung bedarf."

15 Das ONSS bekräftigte diese Auffassung, indem es ein Schreiben beifügte, das es im November 1995 an das TRM gesandt hatte. Dabei handelte es sich um ein Begleitschreiben zu einem Beitragsblatt zweier britischer Künstler (die am Ausgangsverfahren nicht beteiligt sind), mit dem eine frühere Berechnung aufgehoben wurde, mit der angeblich irrtümlich anerkannt worden war, daß diese Künstler in Belgien nicht beitragspflichtig seien. Diese Auffassung des ONSS, heißt es in dem Schreiben, beruhe auf einem Vermerk von Frau Clotuche, seinerzeit Generaldirektorin der Sécurité Sociale, vom 21. Mai 1993, den es streng einhalten müsse. Der Vermerk lautet:

"Ich teile Ihnen mit, daß ich die Abteilung für internationale Beziehungen aufgefordert habe, im Rahmen der EWG eine Lösung des Problems der britischen $self-employed persons` zu finden, denn außer Belgien haben auch andere Länder mit diesem Problem zu tun. Solange keine Lösung auf Gemeinschaftsebene gefunden ist, sind Entsendungen von $self-employed persons` nach meiner Auffassung zurückzuweisen."

16 Die Akten enthalten auch ein Schreiben vom 15. Februar 1994, mit dem die Kläger des Ausgangsverfahrens sich bei der Kommission über denselben Sachverhalt beschwert haben, bevor sie sich an die belgischen Gerichte wandten. Die Kommission trägt vor, sie habe am 7. Februar 1995 ein Mahnschreiben an das Königreich Belgien gesandt, und da sie keine zufriedenstellende Antwort erhalten habe, habe sie beschlossen, am 13. Dezember 1995 eine mit Gründen versehene Stellungnahme abzugeben. Die Übersendung dieser Stellungnahme habe sie jedoch aufgrund des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzt. Die Klage auf Erstattung der unrechtmäßig einbehaltenen Beiträge ist am 18. September 1995 beim Tribunal du travail Brüssel erhoben worden, und der Vorlagebeschluß ist bei der Kanzlei des Gerichtshofes am 7. Mai 1997 eingegangen.

17 Mit diesen Überlegungen möchte ich keineswegs rügen, daß die Kommission das von ihr gegen das Königreich Belgien eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren ausgesetzt hat. Auch möchte ich im vorliegenden Fall nicht beanstanden, wie sie die ihr gemäß den Artikeln 155 und 169 EG übertragenen Befugnisse ausgeübt hat, denn es steht der Kommission frei, ein Vertragsverletzungsverfahren zu eröffnen oder nicht, und sobald dieses Verfahren einmal eröffnet ist, ist es allein ihre Sache, zu entscheiden, ob sie das Verfahren fortsetzt oder nicht. Der Gerichtshof hat hierzu entschieden, daß die Kommission in Anbetracht ihrer Rolle als Hüterin des Vertrages allein für die Entscheidung zuständig ist, ob es angebracht ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, und wegen welcher dem betroffenen Mitgliedstaat zuzurechnenden Handlung oder Unterlassung dieses Verfahrens zu eröffnen ist(11).

18 Der Gerichtshof hat allerdings auch folgendes erklärt: "[Der Kommission] fällt kraft ihres Amtes ... die Aufgabe zu, die Ausführung des Vertrages und der auf seiner Grundlage von den Organen erlassenen Vorschriften durch die Mitgliedstaaten zu überwachen und etwaige Verstöße gegen die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen feststellen zu lassen, damit sie abgestellt werden"(12).

19 Angesichts der Weigerung der für die soziale Sicherheit zuständigen belgischen Behörden, die normalerweise mit dem Formblatt E 101 verbundenen Wirkungen anzuerkennen, das von der Verwaltungskommission festgelegt wurde, um die Durchführung der Verordnungen Nrn. 1408/71 und 574/72 durch die Mitgliedstaaten zu erleichtern, stellt sich die Frage, ob es im Interesse einer wirksamen und einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht besser gewesen wäre, wenn die Kommission ungeachtet des bei den belgischen Gerichten anhängigen Ausgangsverfahrens, dem ein durchaus echter Streit zugrunde liegt, und des dem Gerichtshof hierzu vorgelegten Vorabentscheidungsersuchens das Vertragsverletzungsverfahren fortgesetzt hätte.

V - Prüfung der Vorlagefragen

20 Die Kläger und der Beklagte, die französische, die deutsche und die niederländische Regierung sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission haben innerhalb der nach Artikel 20 der EG-Satzung des Gerichtshofes vorgesehenen Frist schriftliche Erklärungen eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 1998 haben sich die Vertreter der Kläger und die des Beklagten, die Bevollmächtigten der deutschen, der französischen, der irischen und der niederländischen Regierung sowie der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Bevollmächtigte der Kommission geäußert.

A - Zur ersten Frage

21 Mit der ersten Frage, deren Punkte a und b meines Erachtens zusammen zu beantworten sind, möchte das nationale Gericht wissen, ob der Begriff "Arbeit" in Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 sich auf die Ausübung jeder wirtschaftlichen Tätigkeit - ob als Lohn- oder Gehaltsempfänger oder als Selbständiger - bezieht. Falls der Gerichtshof der Ansicht sein sollte, daß dieser Begriff sich ausschließlich auf eine selbständige Tätigkeit bezieht, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob sich der Charakter dieser Tätigkeit dann nach dem Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats bestimmt, in dem der Betroffene die selbständige Tätigkeit gewöhnlich ausübt, oder nach dem Recht des Staates, in den er sich zur Leistung der Arbeit begeben hat.

22 Die Kläger tragen vor, daß der streitige Begriff, der in keinem der Artikel der Verordnung Nr. 1408/71 definiert ist, sowohl die Arbeit als Lohn- oder Gehaltsempfänger wie auch die Arbeit als Selbständiger erfasse und daß der Gerichtshof zur Verhinderung etwaiger Mißbräuche klarstellen sollte, ob die in dem zweiten Mitgliedstaat geleistete Arbeit nur dann unter diese Vorschrift falle, wenn sie im Zusammenhang mit dem Beruf stehe, den der Betroffene in seinem Wohnsitzstaat ausübe. Falls sich der fragliche Begriff nach Ansicht des Gerichtshofes ausschließlich auf eine Arbeit als Selbständiger beziehen sollte, müsse der Charakter der Arbeit nach dem Recht des Mitgliedstaats beurteilt werden, in dem die Person ihre selbständige Tätigkeit gewöhnlich ausübe.

23 Das TRM ist der Ansicht, daß dieser Begriff jede Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit umfasse, unabhängig von ihrer Bewertung nach dem Arbeitsrecht oder dem Recht der sozialen Sicherheit, sofern die Dauer zwölf Monate nicht überschreite und die Arbeit während der gesamten Zeit demselben Leistungsempfänger erbracht werde. Das TRM schlägt wie die Kläger vor, die fragliche Arbeit in dem Fall, daß der Gerichtshof dieser Auslegung nicht folgen sollte, nach dem Recht des Mitgliedstaats zu beurteilen, in dem die Person ihre selbständige Tätigkeit gewöhnlich ausübe.

24 Die französische Regierung erklärt, der Begriff "Arbeit" sei - selbst wenn Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a dies nicht ausdrücklich sage - dahin auszulegen, daß er sich ausschließlich auf selbständige Arbeit beziehe, und die Frage, ob die betreffende Person Lohn- oder Gehaltsempfänger oder selbständig sei, beantworte sich nach dem Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit erbracht werde.

25 Die deutsche und die niederländische Regierung stimmen darin überein, daß der Begriff "Arbeit" ausschließlich selbständige Tätigkeiten bezeichne und daß sich die Frage, ob eine Arbeit im Rahmen einer Tätigkeit als Lohn- oder Gehaltsempfänger oder als Selbständiger erbracht werde, nach dem Recht des Mitgliedstaats beantworte, in dem sich die Person vorübergehend aufhalte. Für diese Auslegung spreche die Tatsache, daß Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz vorsehe, daß auf einen Erwerbstätigen die Lex loci laboris Anwendung finde. Auf diese Ausnahmeregelung könne sich ein in einen anderen Mitgliedstaat entsandter Erwerbstätiger unter folgenden Voraussetzungen berufen: Die Arbeit in dem zweiten Staat müsse vorübergehender Art sein, ihre Dauer dürfe zwölf Monate nicht überschreiten, und der Erwerbstätige müsse während der fraglichen Zeit eine organische Verbindung mit dem Herkunftsstaat beibehalten.

Beide Regierungen sind darüber besorgt, daß Arbeitskräfte aus dem Vereinigten Königreich entsandt würden, die nach dem Recht dieses Staates selbständig (self-employed persons) seien, und denen die Stelle für soziale Sicherheit mit dem Formblatt E 101 bescheinige, daß für sie gemäß Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 weiterhin britisches Recht gelte. Diese Arbeitnehmer begäben sich gestützt auf diese Bescheinigung nach Deutschland (dort seien es 60 000 Personen) oder in die Niederlande, wo sie im Bausektor beschäftigt würden. Falls der Gerichtshof den Begriff "Arbeit" so auslege, daß er auch eine Tätigkeit als Lohn- oder Gehaltsempfänger erfasse, hätte das sehr ernste Folgen, denn wenn diese Arbeitnehmer weiterhin den britischen Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit unterlägen, wären ihre Sozialabgaben erheblich niedriger als die der Lohn- oder Gehaltsempfänger in den beiden Aufnahmeländern. Das würde wegen der niedrigeren Kosten der von diesen Personen geleisteten Arbeit einen unlauteren Wettbewerb darstellen.

26 Die Regierung des Vereinigten Königreichs ist demgegenüber der Ansicht, daß der streitige Begriff sowohl Arbeit als Lohn- oder Gehaltsempfänger als auch Arbeit als Selbständiger mit einer Dauer von bis zu zwölf Monaten erfasse. Falls der Gerichtshof anderer Meinung sein sollte, sei der Charakter der Arbeit nach dem Recht des Mitgliedstaats zu bestimmen, in dem die selbständige Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt werde.

27 Die Kommission verweist erstens darauf, daß der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1390/81(13), die am 1. Juli 1982 in Kraft getreten und mit der die Verordnung Nr. 1408/71 auf Selbständige ausgedehnt worden sei, erlassen habe, um diesen denselben Schutz wie den Lohn- oder Gehaltsempfängern zu gewährleisten.

In dem ersten Vorschlag, den sie dem Rat 1977 unterbreitet habe(14), habe sich die streitige Vorschrift auf einen Erwerbstätigen bezogen, der seine "Berufstätigkeit" gewöhnlich im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübe und "eine Dienstleistung" im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats erbringe. Der zweite, 1978 vorgelegte Vorschlag(15) habe sich bezogen auf eine "Person, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt und die eine Dienstleistung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats erbringt". Für die Kommission sei klar gewesen, daß der Anwendungsbereich der streitigen Vorschrift auf Tätigkeiten beschränkt bleiben müsse, die in einem anderen Mitgliedstaat von Selbständigen ausgeführt würden. Der Rat habe jedoch beschlossen, den Begriff "Arbeit" zu verwenden, ohne im Gegensatz zu dem, was er für vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsandte Lohn- oder Gehaltsempfänger und für Seeleute vorgesehen habe, klarzustellen, ob die Arbeit für Rechnung eines Unternehmens oder für eigene Rechnung ausgeführt werden müsse. Angesichts des vom Rat letztlich angenommenen Wortlauts meine sie, daß der Begriff "Arbeit" beide Fälle umfasse.

Zur Lösung des von der deutschen und der niederländischen Regierung genannten Problems etwaiger Mißbräuche schlage sie vor, daß der Mitgliedstaat, dessen Recht der Erwerbstätige unterliege, für die Ausstellung einer E-101-Bescheinigung vorschreibe, daß der Betroffene eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich in seinem Gebiet ausgeübt habe und im Rahmen des Systems der sozialen Sicherheit für Selbständige ordnungsgemäß versichert gewesen sei.

Sollte sich der Begriff "Arbeit" nach Ansicht des Gerichtshofes auf Arbeit als Selbständiger beschränken, obliege es dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet die wirtschaftliche Tätigkeit vorübergehend ausgeübt werde, den Charakter der Arbeit zu bestimmen.

28 Der Gerichtshof hat nach Abschluß des schriftlichen Verfahrens beschlossen, an die Kommission vier Fragen zu richten, die sie bis zum 31. Juli 1998 beantworten sollte. Er hat sie erstens aufgefordert, zu erklären, ob der in ihren Vorschlägen verwendete Begriff "Dienstleistungen" mit dem in den Artikeln 59 und 60 des EG-Vertrags verwendeten Begriff übereinstimme. Zweitens hat er sie gefragt, ob die Kläger des Ausgangsverfahrens ihrer Ansicht nach eine Dienstleistung im Sinne ihrer genannten Vorschläge erbracht haben. Die dritte Frage bezieht sich darauf, ob der Ausdruck "Arbeit für eigene Rechnung", auf die Artikel 14b Nummer 2 der Verordnung Nr. 1408/71 verweist, dem Begriff der Dienstleistung im Sinne der Artikel 59 und 60 des Vertrages entspreche, und schließlich sollte die Kommission klarstellen, welche Rechtsvorschrift(en) für einen Erwerbstätigen gelten, der als Lohn- oder Gehaltsempfänger für ein Unternehmen in einem Mitgliedstaat tätig ist und sich während eines Urlaubs in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort vorübergehend eine Tätigkeit für eigene Rechnung auszuüben.

29 Die Kommission trägt vor, der in ihren Vorschlägen enthaltene Begriff "Dienstleistungen" beziehe sich auf die Ausübung einer Tätigkeit, die nach dem Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie ausgeübt werde, als selbständige Tätigkeit anzusehen sei, und nicht auf eine Tätigkeit im Sinne der Artikel 59 und 60 des Vertrages. Daher sei davon auszugehen, daß die Kläger des Ausgangsverfahrens in Belgien nur dann eine Dienstleistung im Sinne des in ihren Vorschlägen enthaltenen Begriffes erbracht hätten, wenn die von ihnen in Belgien ausgeübte Tätigkeit nach belgischem Recht eine selbständige Tätigkeit sei. Aus demselben Grund sei der in Artikel 14b Nummer 2 der Verordnung Nr. 1408/71 verwendete Ausdruck "Arbeit für eigene Rechnung" dahin auszulegen, daß er sich auf eine Tätigkeit beziehe, die nach dem Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, unter dessen Flagge das Schiff fahre, als selbständige Tätigkeit gelte. Bei einem Arbeitnehmer, der gewöhnlich in einem Mitgliedstaat erwerbstätig sei und eine Urlaubszeit dazu nutze, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort für eigene Rechnung zu arbeiten, handelt es sich nach Ansicht der Kommission um einen Fall der gleichzeitigen Ausübung von Tätigkeiten in zwei Mitgliedstaaten. Wenn also die zweite Tätigkeit nach dem Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem sie gewöhnlich ausgeübt werde, als eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis angesehen werde, gelte hierfür Artikel 14 Nummer 2 der Verordnung Nr. 1408/71, gelte sie nach diesem Recht jedoch als selbständige Tätigkeit, komme Artikel 14c zur Anwendung.

30 Die Kommission weist in ihren schriftlichen Erklärungen zutreffend darauf hin, daß Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 bislang noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war(16). Seine Bedeutung ist also anhand seines Wortlauts unter Berücksichtigung seines Kontextes und anhand seines Zweckes zu bestimmen. Nach ständiger Rechtsprechung sind nämlich "nicht nur der Wortlaut [der] Vorschriften [der Verordnung Nr. 1408/71] zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden"(17).

31 Der Rat meinte, mit der durch die Verordnung Nr. 1408/71 erfolgten Koordinierung der verschiedenen nationalen Systeme der sozialen Sicherheit die ihm nach Artikel 51 EG obliegende Verpflichtung erfuellt zu haben, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer herzustellen. Zu der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit bezog sich der Titel II dieser Verordnung mit nicht weniger als zehn Artikeln, den Artikeln 13 bis Artikel 17a, die meisten davon mit mehreren Absätzen, auf die Bestimmung des für Wanderarbeitnehmer geltenden Rechts. All diese Vorschriften haben den Zweck, durch eine minuziöse Aufzählung jede mögliche Kollision von Gesetzen zu vermeiden, sowohl in positiver Hinsicht, damit der Erwerbstätige nicht gleichzeitig den Rechtsvorschriften mehrerer Staaten unterliegt, als auch in negativer Hinsicht, damit dem Erwerbstätigen nicht durch das Fehlen eines anwendbaren Rechts der Schutz auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit entzogen wird. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes "bilden die Bestimmungen des Titels II der Verordnung ein vollständiges und einheitliches System von Kollisionsnormen, das bezweckt, die Arbeitnehmer, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, dem System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaats zu unterwerfen, so daß die Kumulierung anwendbarer nationaler Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden"(18).

32 Der Grundsatz, daß ein Wanderarbeitnehmer lediglich dem Recht eines einzigen Mitgliedstaats unterliegt, ist in Artikel 13 der Verordnung Nr. 1408/71 festgelegt. Nach der Auslegung des Gerichtshofes schließt dieser Grundsatz jede Möglichkeit aus, daß die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten für ein und denselben Zeitabschnitt kumulativ angewendet werden(19).

Die einzige Ausnahme von diesem Grundsatz ist in Artikel 14c Absatz 1 Buchstabe b vorgesehen, der für Personen gilt, die gleichzeitig im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt sind und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausüben und die sich in einer der im Anhang VII der Verordnung genannten Situationen befinden. In diesem Fall unterliegen sie dem Recht jedes dieser Staaten(20).

33 Der Gerichtshof hat außerdem festgestellt, daß die Verpflichtung, die in Titel II genannten Kollisionsregeln zu beachten, für die Betroffenen bedeutet, daß sie sich das auf sie anwendbare Recht nicht aussuchen können(21), und daß sie für die Mitgliedstaaten bedeutet, daß sie nicht bestimmen können, inwieweit ihr eigenes Recht und nicht das Recht eines anderen Mitgliedstaats anwendbar ist(22).

34 Ein weiterer wichtiger Grundsatz des Titels II der Verordnung Nr. 1408/71 ist der, daß ein Wanderarbeitnehmer dem Recht des Mitgliedstaats unterliegt, in dem er seine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (Lex loci laboris). Gemäß Artikel 13 Absatz 2 gilt, daß eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staates unterliegt, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat. Dasselbe gilt für eine Person, die eine selbständige Tätigkeit ausübt, denn sie unterliegt selbst dann dem Recht des Staates, in dem sie arbeitet, wenn sie im Gebiet eines anderen Staates wohnt. Für eine Person, die ihre Tätigkeit an Bord eines Schiffes ausübt, gilt das Recht des Staates, unter dessen Flagge das Schiff fährt, auf dem sie ihrer Berufstätigkeit nachgeht.

35 Von diesem Grundsatz gibt es - wie könnte es anders sein - einige Ausnahmen. Diese sind in den Artikeln 14 (für Arbeitnehmer), 14a (für Selbständige) und 14b (für Seeleute) geregelt. Im folgenden will ich diese drei Ausnahmen untersuchen.

36 Artikel 14 gilt nur für Personen, die im Lohn- oder Gehaltsverhältnis stehen. In Artikel 14 Nummer 1 ist festgelegt, welches Recht für eine Person gilt, die in einem Mitgliedstaat für ein Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, arbeitet und die von diesem Unternehmen für dessen Rechnung zur Ausführung einer zeitlich befristeten Arbeit in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird. Sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit den Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreitet, der unter bestimmten Umständen um weitere zwölf Monate verlängert werden kann, unterliegt die Person weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Staates. Artikel 14 Nummer 2, auf dessen Inhalt ich nicht im einzelnen eingehen werde, da er für die Lösung des vorliegenden Rechtsstreits nicht einschlägig ist, betrifft das Recht, das für eine Person gilt, die gewöhnlich im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist.

37 Der Gerichtshof hat die dem gegenwärtigen Artikel 14 Nummer 1 entsprechende Vorschrift der Verordnung Nr. 3(23) - der Vorgängerin der Verordnung Nr. 1408/71 - wie folgt ausgelegt: "Diese Ausnahmebestimmung ... soll dazu dienen, Hindernisse für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu überwinden, die gegenseitige wirtschaftliche Durchdringung zu fördern und dabei administrative Schwierigkeiten für die Arbeitnehmer, die Unternehmen und die Sozialversicherungsträger zu vermeiden. Ohne diese Ausnahmebestimmung wäre ein im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässiges Unternehmen verpflichtet, seine gewöhnlich den Sozialversicherungsvorschriften dieses Staates unterstehenden Arbeitnehmer bei den Sozialversicherungssystemen der anderen Mitgliedstaaten anzumelden, in die sie zur Verrichtung von Arbeiten von kurzer Dauer entsandt werden. Dem Arbeitnehmer wäre dies übrigens häufig nachteilig, weil die innerstaatlichen Rechtsvorschriften im allgemeinen bestimmte Sozialleistungen bei kurzer Versicherungsdauer nicht gewähren."(24)

38 Die Artikel 14a und 14b wurden in die Verordnung Nr. 1408/71 durch die Verordnung Nr. 1390/81 eingefügt, durch die die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten auf die Selbständigen, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, ausgedehnt wurde.

39 In Artikel 14a Nummer 1 ist festgelegt, welches Recht für die Person gilt, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt und sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort für begrenzte Zeit zu arbeiten. Sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit den Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreitet, der unter bestimmten Umständen um weitere zwölf Monate verlängert werden kann, unterliegt die Person weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Staates. Genau das ist die streitige Vorschrift, die in Ermangelung einer Klarstellung durch den Gesetzgeber dazu geführt hat, daß die Beteiligten in der vorliegenden Rechtssache über die Frage streiten, ob die Vorschrift nur Arbeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder auch eine selbständige Tätigkeit erfaßt.

In Artikel 14a Nummer 2, auf den ich ebenfalls nicht näher eingehen werde, da dies für die Lösung des vorliegenden Rechtsstreits unnötig ist, ist festgelegt, welches Recht für eine Person gilt, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt.

40 Die letzte Ausnahmeregelung zum allgemeinen Grundsatz der Anwendung der Lex loci laboris auf Wanderarbeitnehmer, auf die ich eingehen möchte, ist die in Artikel 14b über Seeleute. Der Gesetzgeber verwendet hier wieder die im gesamten Titel II übliche Terminologie und bestimmt, daß eine Person weiterhin dem Recht des Mitgliedstaats unterliegt, in dem sie eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausübt, wenn sie von dem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, entsandt wurde, um an Bord eines Schiffes, das unter der Flagge eines anderen Mitgliedstaats fährt, für Rechnung des Unternehmens zu arbeiten. Außerdem ist in Artikel 14b Nummer 2 bestimmt, daß eine Person weiterhin dem Recht des Mitgliedstaats unterliegt, in dem sie gewöhnlich eine selbständige Tätigkeit ausübt, wenn sie an Bord eines Schiffes, das unter der Flagge eines anderen Mitgliedstaats fährt, für begrenzte Zeit für eigene Rechnung arbeitet.

41 Zwischen Artikel 14 Nummer 1, der für eine Person gilt, die in einem Mitgliedstaat für ein Unternehmen arbeitet und von diesem für dessen Rechnung in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wurde, um dort zu arbeiten, und Artikel 14b Nummer 1, der für eine Person gilt, die von einem Unternehmen, dem sie gewöhnlich angehört, entsandt wurde, um an Bord eines Schiffes, das unter der Flagge eines anderen Mitgliedstaats fährt, für Rechnung des Unternehmens zu arbeiten, besteht zweifellos eine Übereinstimmung. In beiden Fällen unterliegt die Person nur dann weiterhin dem Recht der sozialen Sicherheit des ersten Staates, wenn die voraussichtliche Dauer der Arbeit den Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreitet, der unter bestimmten Umständen um weitere zwölf Monate verlängert werden kann, und wenn die in dem zweiten Mitgliedstaat ausgeübte Arbeit weiterhin für Rechnung desselben Unternehmens geleistet wird.

42 Diese Übereinstimmung kommt in den Beschlüssen Nrn. 128(25) und 162(26) der Verwaltungskommission über die Anwendung der Artikel 14 Nummer 1 und 14b Nummer 1 zum Ausdruck. In dem ersten dieser beiden Beschlüsse wird hervorgehoben, daß einer der entscheidenden Gesichtspunkte für die Anwendung der beiden Vorschriften das Vorliegen einer arbeitsrechtlichen Bindung zwischen dem Unternehmen und dem von diesem eingestellten Arbeitnehmer ist, die insbesondere in der Zahlung des Entgelts und in der Erhaltung des Abhängigkeitsverhältnisses des Arbeitnehmers gegenüber dem Unternehmen besteht.

Gemäß dem zweiten Beschluß ist davon auszugehen, daß eine Arbeit für Rechnung des Unternehmens des Entsendestaats ausgeführt wird, wenn feststeht, daß diese Arbeit für dieses Unternehmen ausgeführt wird und daß eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmen, das ihn entsandt hat, fortbesteht. Um festzustellen, ob eine solche arbeitsrechtliche Bindung weiter besteht und ob das Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers gegenüber dem Unternehmen, das ihn entsandt hat, aufrechterhalten bleibt, ist ein Bündel von Merkmalen zu berücksichtigen, insbesondere die Verantwortung für Anwerbung, Arbeitsvertrag, Entlassung und Bestimmung der Art der Arbeit. Außerdem wird in diesem Beschluß verlangt, daß der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften für die betreffende Person maßgebend bleiben, den betreffenden Arbeitgeber und den betreffenden Arbeitnehmer ordnungsgemäß über die Voraussetzungen unterrichtet, unter denen der entsandte Arbeitnehmer weiterhin unter seine Rechtsvorschriften fällt. Der Arbeitgeber ist ferner davon zu unterrichten, daß während der gesamten Zeit der Entsendung Kontrollen durchgeführt werden können, um zu überprüfen, ob die Entsendung noch anhält. Diese Kontrollen können sich insbesondere auf die Entrichtung der Beiträge und die Aufrechterhaltung der arbeitsrechtlichen Bindung erstrecken.

43 Der Gesetzgeber hat allerdings nicht festgelegt, daß eine Person, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt und sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort für begrenzte Zeit zu arbeiten, nur dann dem Recht des ersten Staates unterliegt, wenn sie diese Arbeit für eigene Rechnung verrichtet, und er hat in den Wortlaut der einschlägigen Vorschrift auch keinen Hinweis aufgenommen, wonach eine Auslegung in dem einen oder anderen Sinne möglich wäre.

44 Da Artikel 14a eingefügt wurde, als der Rat die erforderlichen Anpassungen der Verordnung Nr. 1408/71 vornahm, um ihre Anwendung auch auf Selbständige auszudehnen, liegt es nahe, auf die Begriffe Niederlassungsrecht im Sinne von Artikel 52 des Vertrages und Dienstleistungsfreiheit im Sinne der Artikel 59 und 60 des Vertrages zurückzugreifen, wie es die Kommission offenbar in ihren späteren Vorschlägen getan hat.

45 Ist es angesichts der Umstände des Erlasses der Vorschrift denkbar, daß der Rat mit dem Begriff "Arbeit" nur eine selbständige Tätigkeit gemeint haben sollte?

46 Meines Erachtens läßt sich die Vorschrift aus den folgenden Gründen nicht so auslegen:

- Erstens ist der Rat nicht den Vorschlägen der Kommission gefolgt; ich nehme daher an, daß er bewußt einen viel weiteren Begriff als diejenigen gewählt hat, die ihm vorgeschlagen worden waren.

- Zweitens bestimmt Artikel 14b Nummer 2, der zur selben Zeit wie der vorangehende Artikel zur Festlegung des für Seeleute geltenden Rechts erlassen wurde, die sich in ähnlichen Situationen befinden, daß die Arbeit, die eine Person leistet, die an Bord eines unter der Flagge eines anderen Mitgliedstaats fahrenden Schiffes fährt, für eigene Rechnung ausgeführt werden muß.

- Drittens braucht zur Auslegung der Verordnung Nr. 1408/71 nicht auf die Vorschriften des Vertrages über die Freizügigkeit und über die Dienstleistungsfreiheit zurückgegriffen zu werden. Das hat der Gerichtshof in dem Urteil De Jaeck(27) festgestellt, wonach die in der Verordnung verwendeten Begriffe des Arbeitnehmers und des Selbständigen auf die in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit enthaltenen Definitionen verweisen und von der Natur der ausgeübten Tätigkeit unabhängig sind. In dem Urteil Martínez Sala(28) hat der Gerichtshof erklärt, daß im Rahmen des Artikels 48 des Vertrages und der Verordnung Nr. 1612/68(29) als Arbeitnehmer anzusehen ist, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Somit besitzt eine Person die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71, sofern sie auch nur gegen ein einziges Risiko bei einem der in Artikel 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 genannten allgemeinen oder besonderen Systeme der sozialen Sicherheit unabhängig vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses pflichtversichert oder freiwillig versichert ist.

47 Als der Rat die Situation eines in einem Mitgliedstaat als Selbständiger geltenden Erwerbstätigen regelte, der sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort für begrenzte Zeit eine Arbeit zu verrichten, hat er das Recht dieser Person, während dieses Aufenthalts weiterhin dem Recht des ersten Staates zu unterliegen, nicht von der Voraussetzung abhängig gemacht, daß sie die die in dem zweiten Staat ausgeübte Tätigkeit auch für eigene Rechnung ausübt. Die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers war vielmehr, mit dem Begriff "Arbeit" sämtliche wirtschaftlichen Tätigkeiten zu erfassen, unbeschadet ihrer Bewertung nach dem Arbeitsrecht und dem Recht der sozialen Sicherheit des zweiten Staates.

48 Bestimmte Ausführungen des Gerichtshofes im Urteil De Jaeck(30) können für die Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache nützlich sein. Er hat erklärt, daß es zwar richtig sei, daß sich die Vorschriften des Titels II der Verordnung nach ihrem Wortlaut auf Personen bezögen, die eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit ausübten, und nicht auf Arbeitnehmer oder Selbständige; eine logische und kohärente Auslegung des persönlichen Geltungsbereichs der Verordnung und des durch sie geschaffenen Systems von Kollisionsregeln gebiete es aber, die fraglichen Begriffe des Titels II der Verordnung im Licht der Definitionen von Artikel 1 Buchstabe a auszulegen. Ebenso wie sich die Einstufung einer Person als Arbeitnehmer oder Selbständiger im Sinne der Artikel 1 Buchstabe a und 2 Absatz 1 der Verordnung nach dem nationalen System der sozialen Sicherheit richte, dem diese Person angeschlossen sei, seien folglich unter einer Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des Titels II der Verordnung Tätigkeiten zu verstehen, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet sie ausgeübt würden, nach den dort im Bereich der sozialen Sicherheit geltenden Rechtsvorschriften als solche angesehen würden.

49 Gemäß dieser Auffassung ist - um zur Auslegung von Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a zurückzukehren - die Frage, ob es sich bei dieser Tätigkeit um eine selbständige Tätigkeit handelt, nach dem Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats zu beurteilen, in dem die wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird. Im Anschluß an diese Beurteilung nach dem Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, kann dem Betroffenen die Eigenschaft als Selbständiger zuerkannt werden.

50 Am vorliegenden Sachverhalt zeigt sich sehr deutlich, wie die logische und kohärente Auslegung des persönlichen Anwendungsbereichs der Verordnung und das vom Gerichtshof entwickelte System der Kollisionsnormen funktionieren. Die Kläger des Ausgangsverfahrens üben gewöhnlich eine wirtschaftliche Tätigkeit im Vereinigten Königreich aus. In Anwendung des allgemeinen Grundsatzes unterliegen sie der Lex loci laboris, in ihrem Fall also dem Recht des Vereinigten Königreichs. Nach dem Recht der sozialen Sicherheit dieses Mitgliedstaats gilt diese Tätigkeit als eine "selbständige Tätigkeit". Deshalb sind die Kläger "Selbständige" im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71. Hätten die Kläger diese wirtschaftliche Tätigkeit im Vereinigten Königreich aufgegeben und sich zu ihrer Ausübung nach Belgien begeben, wären sie im Sinne der Verordnung zu Arbeitnehmern geworden, denn nach dem Recht der sozialen Sicherheit Belgiens gilt die Tätigkeit eines Opernsängers als Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. In beiden Fällen sind die Begriffe völlig unabhängig davon, wie das Arbeitsrecht des jeweiligen Mitgliedstaats diese Tätigkeit bewertet.

Dieses Beispiel zeigt, wie leicht der Charakter ein und derselben Tätigkeit nach dem Recht der sozialen Sicherheit zweier Mitgliedstaaten unterschiedlich bewertet werden kann. Daraus ergibt sich das Erfordernis einer Koordination, damit für einen Wanderarbeitnehmer in jeder möglichen Situation das Recht nur eines Mitgliedstaats gilt, wobei dieses Recht in der gesamten Gemeinschaft klar und einheitlich bestimmbar sein muß.

51 Von dem allgemeinen Grundsatz, daß ein Arbeitnehmer der Lex loci laboris unterliegt, gibt es, wie gesagt, bestimmte Ausnahmen, aufgrund deren es möglich ist, daß er weiterhin dem Recht des Staates unterliegt, in dem er gewöhnlich seine Tätigkeit ausübt. Die erste Voraussetzung hierfür ist, daß die voraussichtliche Dauer der Tätigkeit, deretwegen der Arbeitnehmer sich in den anderen Mitgliedstaat begibt, den Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreitet, der unter bestimmten Umständen um weitere zwölf Monate verlängert werden kann. Diese Voraussetzung gilt in gleichem Maße für alle Arbeitnehmer.

Bei Arbeitnehmern einschließlich Seeleuten ist die zweite Voraussetzung, daß die Tätigkeit während der Dauer des Aufenthalts außerhalb des Herkunftstaats für Rechnung des Unternehmens ausgeübt wird. Meiner Ansicht nach besagt diese Voraussetzung nicht, daß die Tätigkeit in dem zweiten Mitgliedstaat eine solche im Lohn- oder Gehaltsverhältnis im engeren Sinne sein muß, sondern vielmehr, daß der entsandte Arbeitnehmer eine Bindung zu dem Unternehmen, für das er gewöhnlich tätig ist, behalten muß, damit ihn die Bewertung der konkreten Tätigkeit nach dem Recht der sozialen Sicherheit des zweiten Staates, in dem sie ausgeübt wird, nicht berührt, da dies nicht das anwendbare Recht ist.

Bei Seeleuten, die gewöhnlich eine selbständige Tätigkeit ausüben, besteht die zweite Voraussetzung darin, daß sie die Tätigkeit, die sie an Bord eines Schiffes ausüben, das unter der Flagge eines anderen Mitgliedstaats fährt, während der gesamten Dauer des Aufenthalts außerhalb des Herkunftstaats für eigene Rechnung ausüben.

52 Bei Arbeitnehmern, die gewöhnlich eine selbständige Tätigkeit in einem Mitgliedstaat ausüben und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats arbeiten, sieht die Verordnung Nr. 1408/71 jedoch offenbar außer der begrenzten Dauer der Tätigkeit keine weitere Voraussetzung dafür vor, daß sie weiterhin dem Recht der sozialen Sicherheit des ersten Staates unterliegen.

53 Bedeutet das, daß jeder sich zum Beispiel dem System der sozialen Sicherheit für selbständige Arbeitnehmer in einem Mitgliedstaat anschließen kann, bevor er sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort im Bausektor ein Jahr lang zu arbeiten, und geltend machen kann, daß das Recht der sozialen Sicherheit des zweiten Staates auf ihn nicht anwendbar sei, da er weiterhin dem Recht des ersten Staates unterliege?

54 Ich meine, daß Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a keine Rechtfertigung für eine derartige Rechtsumgehung sein kann und daß es nur dann zu Mißbräuchen kommen kann, wenn der Tatbestand der Vorschrift nicht hinreichend beachtet wird.

55 Nach dem Wortlaut von Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1408/71 ist zwar auf eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausübt, das Recht dieses Staates anwendbar, und solange die Situation, in der sie sich befindet, unverändert ist, unterliegt sie allein diesem Recht.

Ein mit den vorgenannten Vergünstigungen verbundener Auslandsaufenthalt im Sinne von Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a liegt aber nur dann vor, wenn die betreffende Person die selbständige Tätigkeit "gewöhnlich" in einem der Mitgliedstaaten ausübt. Ich halte es für offenkundig, daß eine Person diese Voraussetzung nicht erfuellt, die sich heute dem System der sozialen Sicherheit für Selbständige anschließt und schon morgen eine E-101-Bescheinigung beantragt, um unter deren Schutz in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten.

56 Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache eines jeden Mitgliedstaats, durch den Erlaß von Rechtsvorschriften die Voraussetzungen festzulegen, unter denen eine Person einem System der sozialen Sicherheit oder einem bestimmten Zweig eines solchen Systems beitreten kann oder muß, solange es dabei nicht zu einer Diskriminierung zwischen Inländern und Angehörigen der übrigen Mitgliedstaaten kommt(31).

Das Gemeinschaftsrecht erstreckt sich nicht auf die Voraussetzungen, die jeder Mitgliedstaat für den Beitritt von Personen, die in seinem Gebiet wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, zu dem einen oder anderen System der sozialen Sicherheit aufstellt. Wendet jedoch der zuständige Träger eines Mitgliedstaats eine Vorschrift der Verordnung Nr. 1408/71, z. B. Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a, an, so übt er eine ihm vom Gemeinschaftsrecht eingeräumte Befugnis aus, indem er als Träger handelt, der ein dem betroffenen Erwerbstätigen nach dieser Verordnung gewährtes Recht zuerkennen kann. Er ist daher verpflichtet, zu prüfen, ob die in dieser Vorschrift festgelegten Voraussetzungen erfuellt sind, bevor er dem Erwerbstätigen das Recht zuerkennt, während der Dauer der Arbeit, die er in einem anderen Mitgliedstaat verrichten wird, weiterhin seinen Rechtsvorschriften zu unterliegen.

57 Meines Erachtens hängt die Anwendung von Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a von folgenden Voraussetzungen ab:

- Erstens muß die selbständige Tätigkeit, die zur Zugehörigkeit zu dem entsprechenden System der sozialen Sicherheit führt, "gewöhnlich" ausgeübt werden. Damit dürfte eine Zugehörigkeit aus Gefälligkeitsgründen von vornherein ausscheiden.

- Zweitens muß der Beteiligte sich "zur Ausführung einer Arbeit" in einen anderen Mitgliedstaat begeben. Die Vorschrift spricht nicht von "arbeiten", vom "Ausüben einer wirtschaftlichen Tätigkeit", und verwendet auch keine andere insoweit denkbare Bezeichnung. Eine Arbeit ausführen bedeutet, eine konkrete, bestimmte Arbeit ausführen, deren Inhalt vorab festgelegt ist und deren realer Charakter durch entsprechende Verträge nachgewiesen werden kann, wie es die Kläger im Ausgangsfall getan haben.

- Die dritte Voraussetzung hängt mit der zweiten zusammen: Die voraussichtliche Dauer der Arbeit darf den Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschreiten, der um weitere zwölf Monate verlängert werden kann, wenn die Arbeit aufgrund unvorhersehbarer Umstände länger dauert. Die Dauer muß im voraus geschätzt worden und in der Bescheinigung angegeben sein.

- Viertens muß es sich um eine Arbeit handeln. Damit ist die Ausführung mehrerer Arbeiten nacheinander ausgeschlossen, sei es für einen oder für mehrere Leistungsempfänger. Hierfür wäre meines Erachtens die Ausstellung von Einzelbescheinigungen erforderlich.

- Fünftens besteht die stillschweigende Voraussetzung, daß der Betroffene während der Ausführung der Arbeit in dem anderen Staat die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche Infrastruktur, so gering sie auch sein mag, beibehalten muß, um die Tätigkeit nach seiner Rückkehr normal fortsetzen zu können.

58 Vergleicht man die für die verschiedenen Arten von Erwerbstätigen geltenden Voraussetzungen, ist festzustellen, daß nach Artikel 14 Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 der in einen anderen Mitgliedstaat entsandte Arbeitnehmer dann weiterhin dem Recht der sozialen Sicherheit des ersten Staats unterliegt, wenn die von ihm auszuführende Arbeit für Rechnung eben des Unternehmens erfolgt, bei dem er beschäftigt ist. Nach dieser Vorschrift muß er seine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nicht gewöhnlich in dem ersten Staat ausgeübt haben, bevor er in den anderen Staat entsandt wurde. Dies gilt für Arbeitnehmer, die in dem Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen seinen Sitz oder eine Filiale hat, eingestellt wurden, um in einen anderen Mitgliedstaat entsandt zu werden(32). Der bei Arbeitnehmern entscheidende Punkt ist, daß sie von dem Unternehmen entsandt wurden, bei dem sie gewöhnlich beschäftigt sind, d. h., daß zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmen, das die Entsendung verfügt, eine arbeitsrechtliche Bindung besteht.

59 Handelt es sich dagegen um eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine selbständige Tätigkeit ausübt und sich in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort zu arbeiten, so ist nach Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a erforderlich, daß die selbständige Tätigkeit in dem ersten Mitgliedstaat gewöhnlich ausgeübt wird, damit dessen Recht der sozialen Sicherheit weiterhin anwendbar ist. Der entscheidende Punkt bei Erwerbstätigen, die eine selbständige Tätigkeit ausüben, ist, daß sie diese Tätigkeit gewöhnlich in einem Mitgliedstaat ausüben. Ich möchte betonen, daß die Erfuellung dieser Voraussetzung und die Tatsache, daß der Ortswechsel erfolgen muß, um eine bestimmte Arbeit von im voraus festgelegter Dauer zu leisten, implizieren, daß der Erwerbstätige während dieser Zeit die Infrastruktur beibehält, die für die Ausübung seiner Tätigkeit in seinem Herkunftsland erforderlich ist, denn andernfalls könnte er nach Abschluß der Arbeit kaum in den anderen Mitgliedstaat zurückkehren und dort diese Tätigkeit gewöhnlich ausüben.

Mit Infrastruktur meine ich insbesondere Büroräume, die Entrichtung von Beiträgen zum System der sozialen Sicherheit, die Zahlung von direkten Steuern wie von Steuern für die beruflichen Tätigkeiten, den Besitz einer Gewerbeerlaubnis und einer Umsatzsteuernummer sowie die Eintragung bei Handelskammern und Berufsverbänden unter Zahlung der entsprechenden Beiträge. All das kann natürlich Gegenstand der notwendigen Kontrollen durch den zuständigen Träger des Mitgliedstaats sein, dessen Recht der Beteiligte weiterhin unterliegt; dieser Träger wird dabei von Amts wegen oder auf Antrag des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats, in dem der Beteiligte die Arbeit ausführt, tätig.

60 Gestützt auf diese Überlegung schlage ich dem Gerichtshof vor, dem nationalen Gericht zu antworten, daß der in Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 enthaltene Begriff "Arbeit" sich auf die Ausübung jeder wirtschaftlichen Tätigkeit bezieht und daß die Tatsache, daß das Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit ausgeführt wird, diese als eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder als eine selbständige Tätigkeit ansieht, für die Anwendung dieser Vorschrift unerheblich ist.

B - Zur zweiten Frage

61 Mit seiner zweiten Frage möchte das nationale Gericht im wesentlichen wissen, wie festzustellen ist, ob eine Person im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten gleichzeitig eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und eine selbständige Tätigkeit im Sinne von Artikel 14c der Verordnung Nr. 1408/71 ausübt.

62 Die Kläger tragen vor, Artikel 14c sei dann anwendbar, wenn die Tätigkeiten während einer unbestimmten Zeit fortwährend und gleichzeitig in zwei Mitgliedstaaten ausgeübt würden, jedenfalls aber für eine längere Zeit als die ihres Auftretens in einer Oper in Belgien, und wenn sowohl die selbständige Tätigkeit als auch die Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis eher dauerhaft als zeitlich begrenzt sei und im Rahmen einer gewissen festen und fortwährenden Integration in die Wirtschaft beider Staaten ausgeübt werde.

63 Das TRM ist der Ansicht, Artikel 14c regele Situationen, die durch eine gewisse Dauerhaftigkeit gekennzeichnet seien, während Artikel 14a sich auf Situationen von begrenzter Dauer beziehe. Deshalb schlägt es dem Gerichtshof vor, den Begriff "gleichzeitige Ausübung" im Sinne von Artikel 14c dahin auszulegen, daß der Betroffene für die von ihm im Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ausgeübte Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis mit einer voraussichtlichen Dauer von mehr als zwölf Monaten und gleichzeitig für die selbständige Tätigkeit, die er während derselben Zeit im Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten ausübt, dem Recht der sozialen Sicherheit unterliegt.

64 Die französische Regierung ist der Ansicht, daß es sich dann um die gleichzeitige Ausübung einer Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und einer selbständigen Tätigkeit in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten handele, wenn der Betroffene aufgrund der Ausübung dieser Tätigkeiten gleichzeitig dem Recht der sozialen Sicherheit von zwei oder mehreren Mitgliedstaaten unterliege, das für Arbeitnehmer und für Selbständige gelte.

65 Die deutsche Regierung meint demgegenüber, daß eine "gleichzeitige" Ausübung von Tätigkeiten in zwei Mitgliedstaaten vorliege, wenn der Betroffene mit gewisser Regelmäßigkeit abwechselnd in jedem dieser Staaten arbeite, nicht aber, wenn sich die Beschäftigung - wie bei den Künstlern im Ausgangsfall - auf ein oder zwei Engagements in einem anderen Mitgliedstaat beschränke.

66 Die niederländische Regierung meint, für die Feststellung, ob eine Person "gleichzeitig" in verschiedenen Mitgliedstaaten Tätigkeiten im Sinne von Artikel 14c ausübe, sei bei der Prüfung jedes Einzelfalls zu berücksichtigen, ob die Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Ländern zum normalen Arbeitsschema der Person gehöre, ob diese Tätigkeiten regelmäßig ausgeübt würden und ob es sich um echte Tätigkeiten handele. Anhand dieser Kriterien gelangt die niederländische Regierung zu der Schlußfolgerung, daß Artikel 14c auf die Kläger des Ausgangsverfahrens keine Anwendung finde, weil sie während der Aufführungszeit ausschließlich in Belgien gearbeitet hätten und nach Abschluß der Vorstellungen in ihr Herkunftsland zurückgekehrt seien.

67 Die Regierung des Vereinigten Königreichs ist der Auffassung, daß Artikel 14c für eine Person gelte, die eine selbständige Tätigkeit in einem Staat mit einer Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis in einem anderen Mitgliedstaat dauerhaft und ständig kombiniere.

68 Nach Ansicht der Kommission liegt das wesentliche Kriterium für die Annahme einer gleichzeitigen Ausübung im Sinne von Artikel 14c in der regelmäßigen und vorhersehbaren Wiederholung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten innerhalb eines bestimmten Zeitraums, der einen Monat, aber auch mehrere Jahre betragen könne. Die Dauer dieser parallel oder regelmäßig abwechselnd ausgeübten Tätigkeit sei von geringer Bedeutung, und die Tätigkeit brauche nicht zeitlich begrenzt zu sein.

69 Zur Auslegung von Artikel 14c der Verordnung Nr. 1408/71 und zur Beantwortung der Frage, wann eine Person eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und eine selbständige Tätigkeit gleichzeitig im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten ausübt, ist meiner Ansicht nach auch hier auf den genauen Wortlaut der Vorschrift unter Berücksichtigung ihres Kontextes abzustellen.

70 Gemäß ihrem Wortlaut müssen die Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und die selbständige Tätigkeit in verschiedenen Mitgliedstaaten gleichzeitig ausgeübt werden. Dies ist übrigens die einzige Voraussetzung, die in der Vorschrift aufgestellt wird.

Soweit diese Vorschrift bestimmt, welches Recht für eine Person gilt, die wirtschaftliche Tätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, ist sie mit Artikel 14 Nummer 2 vergleichbar, der sich auf eine Person bezieht, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt, und mit Artikel 14a Nummer 2, der für eine Person gilt, die eine selbständige Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt.

71 Zwischen Artikel 14c auf der einen und den Artikeln 14 und 14a auf der anderen Seite besteht indes ein wesentlicher Unterschied. Artikel 14c bestimmt lediglich, daß die Tätigkeiten gleichzeitig, nicht aber, daß sie gewöhnlich in einem oder mehreren Mitgliedstaaten ausgeübt werden müssen, während die Tätigkeiten nach den beiden anderen Vorschriften gewöhnlich in den beiden Staaten ausgeübt werden müssen.

72 In der Praxis setzt die Anwendung dieser Vorschrift erstens voraus, daß der Auslandsaufenthalt weder unter Artikel 14 Nummer 1 Buchstabe a noch unter Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a fällt, denn in beiden Fällen gilt weiter das Recht des Mitgliedstaats, in dem der Betroffene eingestellt wurde, wenn es sich bei ihm um eine Person im Lohn- oder Gehaltsverhältnis handelt, oder des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet er gewöhnlich die selbständige Tätigkeit ausübt. Das Recht des Mitgliedstaats, in dem er die vorübergehende Arbeit ausführt, spielt für die Beurteilung des Charakters der Arbeit keine Rolle.

73 Zweitens erfaßt diese Vorschrift gemäß dem Urteil De Jaeck(33) jede Person, die in einem Mitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die nach dessen Recht der sozialen Sicherheit im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum entsprechenden System als selbständige Tätigkeit angesehen wird, und gleichzeitig in einem anderen Mitgliedstaat einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht, die nach dem Recht der sozialen Sicherheit dieses Staates im Hinblick auf die Zugehörigkeit zu dem für Arbeitnehmer geltenden System als Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis gilt.

Ein gutes Beispiel für die Anwendungsfälle von Artikel 14c(34) ist das des Herrn Hervein, eines französischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Frankreich, der in verschiedenen Unternehmen mit Sitz in Frankreich und Belgien das Amt des Vorsitzenden, eines Mitglieds oder eines geschäftsführenden Mitglieds des Verwaltungsrats ausgeübt hatte und nach dem französischen Recht der sozialen Sicherheit als ein Arbeitnehmer, nach dem belgischen Recht der sozialen Sicherheit hingegen als Selbständiger galt.

74 Sind diese Voraussetzungen erfuellt, so bin ich mit der Kommission der Ansicht, daß die - nicht unbedingt beschränkte - Dauer dieser parallel oder regelmäßig abwechselnd ausgeübten doppelten Tätigkeit kaum von Bedeutung ist.

75 Aus den vorstehenden Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor, dem nationalen Gericht zu antworten, daß eine Person gleichzeitig eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und eine selbständige Tätigkeit im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 14c der Verordnung Nr. 1408/71 ausübt, wenn sie sich in keiner der in Artikel 14 Nummer 1 und Artikel 14a Nummer 1 genannten Situationen befindet und wenn sie in einem Mitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die nach dem Recht der sozialen Sicherheit dieses Staates im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum entsprechenden System der sozialen Sicherheit als eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis gilt, und zugleich in einem anderen Mitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die nach dem Recht der sozialen Sicherheit dieses Staates im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum System für Selbständige als selbständige Tätigkeit gilt.

C - Zur dritten Frage

76 Mit der dritten Frage, die meines Erachtens in ihrer Gesamtheit zu prüfen ist, möchte das nationale Gericht wissen, welche rechtlichen Wirkungen die Bescheinigung hat, deren Ausstellung insbesondere in den Artikeln 11a und 12a Absatz 7 der Verordnung Nr. 574/72 vorgesehen ist, insbesondere, ob sie Rechte begründet oder rein deklaratorischer Art ist und ob ihr eine Rückwirkung zukommt.

77 Die Kläger des Ausgangsverfahrens erklären, daß die vom zuständigen Träger ausgestellte Bescheinigung für den Träger der sozialen Sicherheit eines Staates sowie für Leistungsempfänger insofern prima facie bindend sei, als sie das anzuwendende Recht und den Zeitraum festlege, für den der Betroffene weiterhin diesem Recht unterliege. Habe der Träger des zweiten Mitgliedstaats Zweifel an der Gültigkeit oder am Inhalt der Bescheinigung, müsse er sich, falls er sie unberücksichtigt lassen wolle, mit dem ausstellenden Träger in Verbindung setzen, um sowohl die Gültigkeit als auch den Inhalt zu überprüfen. Komme es zu keiner Einigung der beiden Träger, müsse sich der des zweiten Staates an die Verwaltungskommission wenden. Solange diese nicht der Bescheinigung die Bindungswirkung aberkenne, wirke sie weiterhin gegenüber dem Träger der sozialen Sicherheit des zweiten Mitgliedstaats.

78 Das TRM trägt vor, man könne ihm nicht vorschreiben, die Bescheinigung anzuerkennen, da es sich um ein Dokument handele, das für den belgischen Träger der sozialen Sicherheit bestimmt sei, der sich weigere, es anzuerkennen. Diese Bescheinigung binde nur den Träger der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit ausgeführt werde, insofern, als diese in der Bescheinigung als selbständige Arbeit bezeichnet und angegeben werde, welches Recht anzuwenden sei. Diese Bindungswirkung halte an, solange der Träger der sozialen Sicherheit die von ihm ausgestellte Bescheinigung nicht zurückgezogen oder geändert habe bzw. solange sie nicht durch eine gerichtliche Entscheidung für nichtig erklärt oder geändert worden sei. Wenn die E-101-Bescheinigung ausgestellt oder vorgelegt werde, nachdem die Arbeit in einem anderen Mitgliedstaat bereits aufgenommen worden sei, so habe sie keine Bindungswirkung und keine Rückwirkung.

79 Die französische Regierung meint, dass der Träger der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit ausgeführt werde, die Angaben als gültig anerkennen müsse, die in der E-101-Bescheinigung von dem Träger des Mitgliedstaats gemacht worden seien, in dem der Betroffene wohne, und daß diese Bescheinigung Rückwirkung haben könne.

80 Nach Ansicht der deutschen Regierung wird mit dem streitigen Formblatt bescheinigt, daß der Beteiligte weiterhin dem Recht des Mitgliedstaats des Trägers der sozialen Sicherheit unterliege, der die Bescheinigung ausgestellt habe. Insofern sei das Formblatt nur für den letztgenannten Träger bindend und nicht für den Träger des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit geleistet werde, der an diesem Vorgang nicht mitgewirkt habe. Unter diesen Umständen könne sich die E-101-Bescheinigung auf einen vor ihrer Ausstellung oder ihrer Vorlage liegenden Zeitraum auswirken.

81 Nach Ansicht der niederländischen Regierung bindet die E-101-Bescheinigung weder den Träger des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt werde, noch den Empfänger der Arbeitsleistung, doch begründe sie die Vermutung, daß es sich um einen der Fälle des Titels II der Verordnung Nr. 1408/71 handele. Der Träger des Ortes, an dem die Arbeit geleistet werde, könne indes nachweisen, daß die Person, der die Bescheinigung ausgestellt worden sei, eine Arbeit ausführe, die nicht den Angaben in der Bescheinigung entspreche. Soweit der Sachverhalt den Angaben in der Bescheinigung entspreche, könne ihr eine Rückwirkung zuerkannt werden.

82 Die Auffassung der Regierung des Vereinigten Königreichs weicht von der Ansicht aller anderen Beteiligten ab, denn sie schlägt dem Gerichtshof vor, festzustellen, daß die E-101-Bescheinigung den Träger der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit ausgeführt werde, und die Person binde, der die Arbeitsleistung im zweiten Mitgliedstaat erbracht werde, es sei denn, die Bescheinigung sei vom Träger, der sie ausgestellt habe, widerrufen worden. Außerdem habe diese Bescheinigung insoweit Rückwirkung, als die Zeiten, auf die sie sich beziehe, zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung oder Vorlage bereits abgelaufen seien.

83 Die Kommission ist demgegenüber der Ansicht, daß die streitige Bescheinigung keinen unwiderlegbaren Beweis erbringe, der dem Träger eines anderen Mitgliedstaats oder der Person, die die fragliche Arbeitsleistung in Anspruch genommen habe, entgegengehalten werden könne. Zudem könne zwar die Ausstellung der Bescheinigung nach Aufnahme oder gar Beendigung der Arbeit in dem anderen Mitgliedstaat bei dem Träger dieses Staates oder beim Arbeitgeber begründete Zweifel wecken und unausweichliche Verwaltungsprobleme aufwerfen, doch spreche nichts dagegen, daß diese Bescheinigung eine Rückwirkung habe.

84 Nach den Artikeln 11a und 12a Absatz 7 der Verordnung Nr. 574/72 stellt der Träger, den die zuständige Behörde desjenigen Mitgliedstaats bezeichnet, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, eine Bescheinigung u. a. darüber aus, daß der Erwerbstätige diesen Rechtsvorschriften weiterhin unterliegt. Die Verwaltungskommission hat gemäß Artikel 2 der Verordnung Nr. 574/72 eine Reihe von Formblättern entwickelt, um die Anwendung der Verordnungen Nrn. 1408/71 und 574/72 zu erleichtern. Für die Bescheinigung des anwendbaren Rechts gilt das Formblatt E 101, das die Verwaltungskommission zusammen mit mehreren anderen Formblättern mit ihrem Beschluß Nr. 130 festgelegt hat(35).

85 Der Gerichtshof hat in dem Urteil Knoeller(36) erklärt, daß die Artikel 33 und 34 der Verordnung Nr. 4(37), der Vorgängerin der Verordnung Nr. 574/72, sowie die Vorschriften der Verwaltungskommission über das Formblatt E 26 (über den Nachweis zurückgelegter Versicherungszeiten, entspricht dem jetzigen Formblatt E 205)(38) im Lichte der Artikel 48 bis 51 EWG-Vertrag auszulegen seien, die Grundlage, Rahmen und Grenzen der auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit ergangenen Verordnungen bildeten. Der Gerichtshof hat ferner erklärt, daß diese Artikel die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb des Gemeinsamen Marktes dadurch fördern sollten, daß sie es ihnen unter anderem ermöglichten, Ansprüche geltend zu machen, die sich aus in verschiedenen Mitgliedstaaten zurückgelegten Beschäftigungszeiten ergäben. Die rechtliche Bedeutung des Formblatts E 26 müsse daher so beurteilt werden, daß die praktische Wirksamkeit dieser Artikel und der Verordnungen über die Rechte der Wanderarbeitnehmer auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit nicht gefährdet werde.

86 Das Formblatt E 101 dient, wie gesagt, dazu, klarzustellen, welches Recht anzuwenden ist, und gilt - was für den vorliegenden Fall wichtig ist - für die Fälle der Artikel 14 Nummer 1 Buchstabe a, 14a Nummer 1 Buchstabe a und 14c Nummer 1 Buchstabe a. Es enthält zwei Seiten, deren eine vom zuständigen Träger des Mitgliedstaats ausgefuellt wird, dessen Recht der Erwerbstätige unterliegt, während die andere Seite (die Rückseite) Hinweise enthält. Der deutschen Fassung des Formblatts werden folgende Angaben bescheinigt:

- Eigenschaft des Erwerbstätigen als Beschäftigter im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder als Selbständiger;

- persönliche Angaben des Erwerbstätigen, seine ständige Anschrift und Versicherungsnummer;

- Anschrift des Arbeitgebers oder Ort der selbständigen Tätigkeit;

- voraussichtliche Dauer, unter Angabe des Anfangs- und des Endzeitpunkts der Tätigkeit, für die der Betroffene entsandt wird oder eine selbständige Tätigkeit ausübt;

- Name und Anschrift des Unternehmens, für das er die Arbeit verrichten wird, und

- Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften er weiterhin unterliegt, mit genauer Angabe der für den Auslandsaufenthalt geltenden Vorschrift der Verordnung Nr. 1408/71 mit Angabe von dessen Anfangs- und Endzeitpunkt.

Das letzte Feld ist dem Träger vorbehalten, der die Bescheinigung ausstellt: Bezeichnung des Trägers, seine Anschrift, Datum der Ausstellung des Dokuments, Unterschrift der zuständigen Person sowie Stempel des Trägers.

87 Die Rückseite enthält die Hinweise für den Erwerbstätigen und für den zuständigen Träger des Aufenthaltsorts. Was den Träger des Staates angeht, dessen Rechtsvorschriften der Erwerbstätige unterliegt, wird nur darauf hingewiesen, daß er die Bescheinigung auf Antrag des Erwerbstätigen oder dessen Arbeitgebers ausstellen und dem Antragsteller aushändigen muß. Außerdem muß der Träger eine Ausfertigung der Bescheinigung an die Staatliche Sozialversicherungsanstalt (Office national de sécurité sociale) in Brüssel senden, wenn der Erwerbstätige nach Brüssel entsandt wird.

88 Die den Akten beigefügten E-101-Bescheinigungen, die den Aufenthalt der Kläger des Ausgangsverfahrens in Belgien für ihre Mitwirkung an einer Opernaufführung in Brüssel erfassen, wurden vom Department of Social Security, Overseas Branch, in Newcastle upon Tyne ausgestellt und abgestempelt. Dies war der Träger, den die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats seinerzeit gemäß Anhang 10 Buchstabe L Nummer 1 der Verordnung Nr. 574/72 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2195/91(39) geänderten Fassung benannt hatte. Gemäß diesen Bescheinigungen galt das britische Recht während des Auslandsaufenthalts weiter, dessen Dauer im übrigen durch die Angaben in den von den Klägern geschlossenen Verträgen bestätigt wird.

Die von mir bei der Prüfung der ersten Vorlagefrage genannten Voraussetzungen von Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a sind also offenbar erfuellt. Danach handelt es sich um Personen, die im Vereinigten Königreich gewöhnlich eine Tätigkeit für eigene Rechnung ausüben und sich zur Ausführung einer konkreten Arbeit, deren Inhalt in einem Vertrag festgelegt und deren Dauer von Anfang bis Ende vorab bekannt ist, in ein anderes Land begeben.

Die Ausstellung dieser Bescheinigung zugunsten einer dem ausstellenden Träger angeschlossenen Person und die Erklärung, daß während der Dauer der von dieser in einem anderen Mitgliedstaat ausgeführten Arbeit für sie weiter die Rechtsvorschriften des Trägerstaats gelten, bedeutet praktisch nicht nur, daß der entsandte Erwerbstätige von der Beitragspflicht im zweiten Mitgliedstaat befreit ist, sondern auch, daß sich der Träger des ersten Staates für die soziale Absicherung des Arbeitnehmers für zuständig erklärt.

89 Generalanwalt Lenz hat in seinen Schlußanträgen in der Rechtssache Calle Grenzshop Andresen(40), denen ich mich in vollem Umfang anschließe, einen sehr detaillierten und gut begründeten Standpunkt hinsichtlich der Rechtswirkungen der E-101-Bescheinigung vertreten.

90 Seine Ausführungen in dieser Rechtssache beruhten darauf, daß das vorlegende nationale Gericht erklärt hatte, daß die im Ausgangsverfahren vorgelegte E-101-Bescheinigung von einer unzuständigen Stelle ausgestellt worden war. Jene Rechtssache unterscheidet sich vom vorliegenden Fall dadurch, daß sich hier der belgische Träger der sozialen Sicherheit offen weigert, die Gültigkeit der E-101-Bescheinigungen anzuerkennen, und zwar nicht in einem konkreten Fall, in dem er Zweifel hätte, ob die bescheinigten Angaben den Tatsachen entsprechen, sondern systematisch in allen Fällen, in denen der zuständige Träger des Vereinigten Königreichs Bescheinigungen für Personen ausstellt, die in diesem Mitgliedstaat eine selbständige Tätigkeit ausüben.

91 Generalanwalt Lenz hat in den genannten Schlußanträgen bereits zutreffend folgendes hervorgehoben: "Könnte die Aussage einer zuständigen mitgliedstaatlichen Behörde von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats ohne weiteres in Frage gestellt werden, wäre der Sinn der formalisierten Beweiserbringung über eine verbindliche Erklärung zur anwendbaren Rechtsordnung verfehlt. Darüber hinaus würde eines der Strukturprinzipien der Verordnung Nr. 1408/71, d. h. die Anwendbarkeit nur einer mitgliedstaatlichen Rechtsordnung gefährdet."(41)

92 Im Urteil Romano(42) hingegen, in dem es um die Gültigkeit des Beschlusses Nr. 101 der Verwaltungskommission zur Festsetzung des Zeitpunkts ging, der für die Festlegung der Umrechnungskurse für die Berechnung bestimmter Leistungen maßgeblich ist, war der Gerichtshof der Ansicht, daß eine Stelle wie die Verwaltungskommission vom Rat nicht ermächtigt werden könne, Rechtsakte mit normativem Charakter zu erlassen. Ein Beschluß der Verwaltungskommission könne zwar für die Sozialversicherungsträger, denen die Durchführung des Gemeinschaftsrechts auf diesem Gebiet übertragen sei, ein Hilfsmittel darstellen. Er sei aber nicht geeignet, sie zu verpflichten, bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts bestimmte Methoden anzuwenden oder von einer bestimmten Auslegung auszugehen.

93 Ich bin daher der Auffassung, daß eine Bescheinigung, die die genannten Merkmale aufweist und deren Muster von der Verwaltungskommission erstellt wurde, um die Anwendung der Verordnung Nr. 1408/71 zu erleichtern, nur eine deklaratorische Wirkung hat, daß ihr aber eine widerlegbare Gültigkeitsvermutung hinsichtlich aller in ihr enthaltenen Punkte zukommt und daß sie für die zuständige Stelle des Mitgliedstaats bindend ist, in den sich der Erwerbstätige zur zeitlich begrenzten Arbeitsleistung begibt.

Meines Erachtens kann die vom zuständigen Träger eines Mitgliedstaats ausgestellte Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften nur an die nationalen Behörden eines anderen Mitgliedstaats im weiten Sinne gerichtet sein, genauer gesagt, an den zuständigen Träger dieses Staates. Deshalb kann die E-101-Bescheinigung für denjenigen, der die Arbeitsleistungen vorübergehend in Anspruch genommen hat, nur in dem von mir genannten Sinne verbindlich sein, wenn er nach dem nationalen Recht der sozialen Sicherheit für diesen konkreten Fall als zuständiger Träger gilt(43).

94 Der Gerichtshof hat im Urteil Knoch(44) mehrere Vorlagefragen des Bundessozialgerichts beantwortet, die dahin gingen, ob die Bescheinigung, die in Artikel 84 Absatz 2 der Verordnung Nr. 574/72 vorgesehen ist, der für arbeitslose Arbeitnehmer gilt, die während der Zeit ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Mitgliedstaat wohnten, für den Träger eines anderen Mitgliedstaats und die Gerichte dieses Staates bindend ist. Der Gerichtshof wies zunächst darauf hin, daß diese Bescheinigung ein von der Verwaltungskommission abgefaßtes Formblatt sei, deren Maßnahmen keinen normativen Charakter hätten, und fügte hinzu, daß es dem zuständigen Träger des Mitgliedstaats, in dem der Betroffene wohne, oder dem nationalen Gericht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens völlig freistehe, den Inhalt dieser Bescheinigung zu überprüfen. Demzufolge stelle die gemäß Artikel 84 Absatz 2 der Verordnung Nr. 574/72 ausgestellte Bescheinigung weder für den bei Arbeitslosigkeit zuständigen Träger eines anderen Mitgliedstaats noch für die Gerichte dieses Staates einen unwiderlegbaren Beweis dar.

95 Enthält die E-101-Bescheinigung in einem konkreten Fall nachweislich materielle Fehler oder hat der zuständige Träger eines Mitgliedstaats sie aufgrund von Angaben ausgestellt, die nicht den Tatsachen entsprechen, so ist die Bescheinigung von diesem Träger für nichtig zu erklären, und es ist anschließend zu prüfen, welches Recht auf den Betroffenen in der fraglichen Zeit anzuwenden ist. Natürlich steht es den Trägern der Mitgliedstaaten frei, sich miteinander in Verbindung zu setzen, wenn sie in einem konkreten Fall Zweifel an der Anwendbarkeit einer Vorschrift und an dem von dem Betroffenen vorgelegten Beweis haben.

96 Was die Dauer der Bindungswirkung der E-101-Bescheinigung angeht, sehen weder die Verordnungen Nrn. 1408/71 und 574/72 noch die bisher von der Verwaltungskommission erlassenen Beschlüsse für die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften eine Frist vor oder geben an, bis wann diese Bescheinigung wirksam ist.

In dem Dokument wird allerdings bescheinigt, daß der Betroffene in der Zeit zwischen zwei konkreten Daten weiterhin den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem er gewöhnlich eine selbständige Tätigkeit ausübt; außerdem trägt die Bescheinigung das Datum ihrer Ausstellung. Da es sich um eine Erklärung handelt, die sich auf einen bestimmten Zeitraum bezieht, sehe ich keinen Grund für die Annahme, daß diese Wirkungen in dem Sinne zeitlich begrenzt sein sollten, daß die Bescheinigung nach Ablauf einer bestimmten Frist völlig wertlos würde.

97 Dieselbe Überlegung gilt meines Erachtens für etwaige Rückwirkungen der Bescheinigung, zumal Nummer 1 des Beschlusses Nr. 126(45) der Verwaltungskommission bestimmt, daß der in den Artikeln 11 und 11a der Verordnung Nr. 572/72 genannte Träger eine Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften (Vordruck E 101) ausstellen muß, und selbst wenn die Ausstellung dieser Bescheinigung erst nach Beginn der Tätigkeit beantragt wird, die der u. a. unter Artikel 14a Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1408/71 fallende Arbeitnehmer und Selbständige im Gebiet des anderen als des zuständigen Staates ausübt.

Da diese Bescheinigung nach Aufnahme der Arbeit oder sogar - wenn diese von sehr kurzer Dauer war - nach deren Abschluß ausgestellt wurde, entfaltet sie Rückwirkung für den Zeitraum, auf den sie sich bezieht.

98 Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, auf die dritte Frage zu antworten, daß das Formblatt E 101 nur deklaratorische Wirkung hat, daß ihm aber eine widerlegbare Gültigkeitsvermutung hinsichtlich aller in ihm enthaltenen Punkte zukommt und daß es für die zuständige Stelle des Mitgliedstaats bindend ist, in den sich der Erwerbstätige zur zeitlich begrenzten Arbeitsleistung begibt. Das Formblatt ist für die Person, die die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, nur dann bindend, wenn sie nach dem nationalen Recht der sozialen Sicherheit der im konkreten Fall zuständige Träger ist. Da die untersuchten Vorschriften für die Ausstellung der E-101-Bescheinigung keine Frist vorsehen und keine Aussage darüber enthalten, bis wann die Bescheinigung wirkt, kann weder ihre Gültigkeitsdauer begrenzt, noch kann ihr eine Rückwirkung abgesprochen werden.

Ergebnis

Gemäß den vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Tribunal du travail Brüssel wie folgt zu beantworten:

1. Der in Artikel 14a Nummer 1 Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 und durch die Verordnung (EWG) Nr. 3811/86 des Rates vom 11. Dezember 1986 geänderten und aktualisierten Fassung enthaltene Begriff "Arbeit" bezieht sich auf die Ausübung jeder wirtschaftlichen Tätigkeit. Die Tatsache, daß das Recht der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Arbeit ausgeführt wird, diese als eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis oder als eine selbständige Tätigkeit ansieht, ist für die Anwendung dieser Vorschrift unerheblich.

2. Eine Person übt gleichzeitig eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis und eine selbständige Tätigkeit im Gebiet verschiedener Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 14c der Verordnung Nr. 1408/71 aus, wenn sie sich in keiner der in Artikel 14 Nummer 1 und Artikel 14a Nummer 1 genannten Situationen befindet und wenn sie in einem Mitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die nach dem Recht der sozialen Sicherheit dieses Staates im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum entsprechenden System der sozialen Sicherheit als eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis gilt, und zugleich in einem anderen Mitgliedstaat eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die nach dem Recht der sozialen Sicherheit dieses Staates im Hinblick auf die Zugehörigkeit zum System für Selbständige als selbständige Tätigkeit gilt.

3. Das Formblatt E 101 hat nur deklaratorische Wirkung, doch kommt ihm eine widerlegbare Gültigkeitsvermutung hinsichtlich aller in ihm enthaltenen Punkte zu, und es ist für die zuständige Stelle des Mitgliedstaats bindend, in den sich der Erwerbstätige zur zeitlich begrenzten Arbeitsleistung begibt. Das Formblatt ist für die Person, die die Arbeitsleistung in Anspruch nimmt, nur dann bindend, wenn sie nach dem nationalen Recht der sozialen Sicherheit der im konkreten Fall zuständige Träger ist. Da die untersuchten Vorschriften für die Ausstellung der E-101-Bescheinigung keine Frist vorsehen und keine Aussage darüber enthalten, bis wann die Bescheinigung wirkt, kann weder ihre Gültigkeitsdauer begrenzt, noch kann ihr eine Rückwirkung abgesprochen werden.

(1) - Verordnung des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) und durch die Verordnung (EWG) Nr. 3811/86 des Rates vom 11. Dezember 1986 (ABl. L 355, S. 5) geänderten und aktualisierten Fassung.

(2) - Die erste uns überlieferte Oper ist "Euridice", Ende des 16. Jahrhunderts komponiert von Jacopo Peri. Von "Dafne", einer dramatischen Fabel desselben Autors, sind nur einige musikalische Fragmente erhalten geblieben, und "L'Amfiparnaso" von Orazio Vecchio, verschiedentlich als das erste Beispiel einer lyrischen Oper bezeichnet, ist nur ein umfangreiches Werk der Polyphonie unter Einbeziehung von kleinen Liedern, Pantomimen, Madrigalen und Dialogen. "Euridice" wurde am 6. Oktober 1600 anläßlich der Hochzeit von Maria de Medici mit Heinrich IV. von Frankreich im Palazzo Pitti in Florenz uraufgeführt.

(3) - Giuseppe Di Stefano schreibt in "L'arte del canto" (Erstauflage 1989 bei Rusconi Libri SpA): "Ich hielt es für ein unerreichbares Ziel, Opernsänger im vollen Sinne des Wortes zu werden. Eine Romanze zu singen war leicht, aber in Kostüm aufzutreten, sich entsprechend zu bewegen, sich die Noten und ihre musikalische Bedeutung zu merken, die Texte auswendig zu lernen und ihnen die angemessene Bedeutung zu verleihen, stets den schönsten und treffendsten Ton anzustreben und schließlich dem Dirigenten unmerklich zu folgen, das erschien mir gewaltig!"

(4) - Im selben Werk berichtet Di Stefano, während seines Militärdienstes in Frugarolo in der Provinz Alessandria am Anfang des 2. Weltkriegs habe ihn der Militärarzt zum Vorsingen bestellt. "Ich glaube, ich habe nie so eilfertig dem Wunsch eines Dirigenten entsprochen, wie ich damals diesem Befehl nachgekommen bin. In strammer Haltung habe ich in einem Zug $Che gelida mannina`, die bekannte Romanze aus G. Puccinis $La Bohème` gesungen". Der Offizier lächelte und entschied auf der Stelle: "Du verläßt das Artilleriebataillon und arbeitest bei mir in der Krankenstation. Dort bist Du dem rauhen Klima weniger ausgesetzt."

(5) - Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 86) und anschließend durch die Verordnung Nr. 3811/86 geänderten und aktualisierten Fassung.

(6) - Am 14. Juli 1959 gab Maria Callas am TRM ein denkwürdiges Konzert, in dem sie zwei musikalisch und dramatisch besonders ausdrucksstarke Arien von Verdi, "Ernani involami" (aus der Oper "Ernani") und "Tu che la vanità" (aus "Don Carlos") sang. Der Dirigent und Schriftsteller René Leibowitz schrieb in einem in der von Jean-Paul Sartre herausgegebenen Zeitschrift Les temps modernes veröffentlichten Artikel, das wunderbare Theater in Brüssel könne stolz sein, eine Sängerin zu Gast gehabt zu haben, die "unter den Sopranistinnen einzigartig ist und deren künstlerischer Rang selbst den der berühmtesten Stars übertrifft" (J. Ardoin, Callas. El arte y la vida, Ed. Pomaire, Barcelona, 1979, S. 4).

(7) - Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 zur Änderung und Aktualisierung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 (ABl. L 230, S. 6).

(8) - Dieser Artikel gehört zur Verordnung Nr. 574/72 und nicht zu der vom vorlegenden Gericht zitierten Verordnung Nr. 2001/83. Die Verordnung Nr. 2001/83 besteht aus drei Artikeln, in denen neben ihrem Inkrafttreten vorgesehen ist, daß der Titel, das Inhaltsverzeichnis und die Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 1408/71 und 574/72 die in den Anhängen I und II der Verordnung Nr. 2001/83 wiedergegebenen Fassungen erhalten.

(9) - Die Verwaltungskommission wurde durch Artikel 80 der Verordnung Nr. 1408/71 geschaffen. Sie ist der Kommission der Europäischen Gemeinschaften angegliedert und setzt sich aus einem Regierungsvertreter eines jeden Mitgliedstaats zusammen. Die meisten ihr zugewiesenen Aufgaben sind in Artikel 81 der vorgenannten Verordnung und in Artikel 2 der Verordnung Nr. 574/72 beschrieben.

(10) - Beschluß Nr. 130 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 17. Oktober 1985 über die zur Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und (EWG) Nr. 574/72 des Rates erforderlichen Vordrucke (E 001; E 101 bis 127; E 201 bis 215; E 301 bis 303; E 401 bis 411) (ABl. 1986, L 192, S. 1).

(11) - Urteil vom 11. August 1995 in der Rechtssache C-431/92 (Kommission/Deutschland, Slg. 1995, I-2189, Randnr. 22).

(12) - Ebenda, Randnr. 21.

(13) - Verordnung des Rates vom 12. Mai 1981 zur Ausdehnung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf die Selbständigen und ihre Familienangehörigen (ABl. L 143, S. 1).

(14) - ABl. 1978, C 14, S. 9.

(15) - ABl. C 246, S. 2.

(16) - Der Gerichtshof ist allerdings zur Zeit in der Rechtssache C-3/98 (Schacht) aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Hof van beroep Gent (Belgien) mit einer derartigen Auslegungsfrage befaßt. Die Vorlagefrage wurde im Amtsblatt 1998, C 72, S. 9, veröffentlicht.

(17) - Urteil vom 13. März 1997 in der Rechtssache C-131/95 (Huijbrechts, Slg. 1997, I-1409, Randnr. 16). In demselben Sinne siehe auch die Urteile vom 1. April 1993 in den Rechtssachen C-136/91 (Findling Wälzlager, Slg. 1993, I-1793, Randnr. 11) und vom 2. Juni 1994 in der Rechtssache C-30/93 (AC-ATEL Electronics, Slg. 1994, I-2305, Randnr. 21).

(18) - Urteil Huijbrechts, zitiert in Fußnote 17, Randnr. 17, sowie in demselben Sinne die Urteile vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-71/93, Van Poucke, Slg. 1994, I-1101, Randnr. 22, vom 16. Februar 1995 in der Rechtssache C-425/93 (Calle Grenzshop Andresen, Slg. 1995. I-269, Randnr. 9) und vom 11. Juni 1998 in der Rechtssache C-275/96 (Kuusijärvi, Slg. 1998, I-3419, Randnr. 28).

(19) - Urteil vom 5. Mai 1977 in der Rechtssache 102/76 (Perenboom, Slg. 1977, 815, Randnr. 11).

(20) - In meinen Schlußanträgen in den Rechtssachen C-340/94 (De Jaeck, Slg. 1997, I-461, insbesondere I-494) und C-221/95 (Hervein und Hervillier, Slg. 1997, I-609, insbesondere I-634), die beide am 30. Januar 1997 durch Urteil entschieden wurden, habe ich dem Gerichtshof vorgeschlagen, über die Beantwortung der Vorlagefragen hinaus Artikel 14c Absatz 1 Buchstabe b und Anhang VII der Verordnung Nr. 1408/71 insoweit für nichtig zu erklären, als darin vorgesehen ist, daß Personen, die gleichzeitig im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt sind und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine selbständige Tätigkeit ausüben, dem Recht jedes dieser Staaten unterliegen.

(21) - Urteil vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-60/93 (Aldewereld, Slg. 1994, I-2991, Randnrn. 18 bis 20).

(22) - Urteile vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 60/85 (Luijten, Slg. 1986, 2365, Randnr. 14), vom 3. Mai 1990 in der Rechtssache C-2/89 (Kits van Heijningen, Slg. 1990, I-1755, Randnr. 20) und vom 4. Oktober 1991 in der Rechtssache C-196/90 (De Paep, Slg. 1991, I-4815, Randnr. 18) sowie in der Rechtssache Kuusijärvi (zitiert in Fußnote 18, Randnr. 30).

(23) - Verordnung Nr. 3 des Rates vom 25. September 1958 über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer (ABl. 1958, 30, S. 561).

(24) - Urteil vom 17. Dezember 1970 in der Rechtssache 35/70 (Manpower, Slg. 1970, 1251, Randnrn. 10 bis 12). In demselben Sinne siehe auch Urteil vom 5. Dezember 1967 in der Rechtssache 19/67 (Van der Vecht, Slg. 1967, 461, insbesondere 473).

(25) - Beschluß Nr. 128 vom 17. Oktober 1985 zur Durchführung des Artikels 14 Absatz 1 Buchstabe a und des Artikels 14b Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates hinsichtlich der auf entsandte Arbeitnehmer anzuwendenden Rechtsvorschriften (ABl. 1986, C 141, S. 6).

(26) - Beschluß Nr. 162 vom 31. Mai 1996 zur Auslegung des Artikels 14 Absatz 1 und des Artikels 14b Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates hinsichtlich der auf entsandte Arbeitnehmer anzuwendenden Rechtsvorschriften (ABl. L 241, S. 28).

(27) - Zitiert in Fußnote 20, Randnr. 19.

(28) - Urteil vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-85/96 (Slg. 1998, I-2691, Randnrn. 32 und 36).

(29) - Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2).

(30) - Zitiert in Fußnote 20, Randnrn. 22 und 23.

(31) - Urteile vom 28. Februar 1989 in der Rechtssache 29/88 (Schmitt, Slg. 1989, 581) und vom 20. Oktober 1993 in der Rechtssache C-297/92 (Baglieri, Slg. 1993, I-5211, Randnr. 13).

(32) - Der Gerichtshof hat diesen Fall bereits in den Urteilen Van der Vecht und Manpower untersucht, zitiert in Fußnote 24.

(33) - Urteil zitiert in Fußnote 20, siehe oben.

(34) - Vgl. Urteil Hervein und Hervillier, zitiert in Fußnote 20, und meine Schlußanträge vom 11. Juli 1996 in dieser Rechtssache (Slg. 1996, I-611).

(35) - Zitiert in Fußnote 10.

(36) - Urteil vom 11. März 1982 in der Rechtssache 93/81 (Slg. 1982, 951, Randnr. 9).

(37) - Verordnung Nr. 4 des Rates vom 3. Dezember 1958 zur Durchführung und Ergänzung der Verordnung Nr. 3 (ABl. 1958, Nr. 30, S. 597).

(38) - Das zur Zeit geltende Formblatt wurde mit dem Beschluß Nr. 158 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 27. November 1995 über die Muster der zur Durchführung der Verordnungen Nrn. 1408/71 und 574/72 erforderlichen Vordrucke (E 201 bis E 215) (ABl. 1996, L 336, S. 1) erstellt.

(39) - Verordnung (EWG) Nr. 2195/91 des Rates vom 25. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung Nr. 1408/71 und der Verordnung Nr. 574/72 (ABl. L 206, S. 2).

(40) - Schlußanträge in der in Fußnote 18 zitierten Rechtssache (Slg. 1995, I-271, insbesondere I-282).

(41) - Ebenda, Nr. 61.

(42) - Urteil vom 14. Mai 1981 in der Rechtssache 98/80 (Slg. 1981, 1241, Randnr. 20).

(43) - Vgl. z. B. Urteil vom 3. Juni 1992 in der Rechtssache C-45/90 (Paletta, Slg. 1992, I-3423). Nach deutschem Recht ist der Arbeitgeber während der ersten sechs Krankheitswochen der zuständige Träger für Geldleistungen an den Arbeitnehmer.

(44) - Urteil vom 8. Juli 1992 in der Rechtssache C-102/91 (Slg. 1992, I-4341, Randnrn. 53 f.).

(45) - Beschluß Nr. 126 vom 17. Oktober 1985 zur Anwendung des Artikels 14 Absatz 1 Buchstabe a, des Artikels 14a Absatz 1 Buchstabe a, des Artikels 14b Absätze 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (ABl. 1986, C 141, S. 3).

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