EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 8.6.2023
COM(2023) 311 final
ANHANG
der
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN GERICHTSHOF, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK, DEN EUROPÄISCHEN RECHNUNGSHOF, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Vorschlag für eine Vereinbarung über die Einrichtung eines interinstitutionellen Gremiums für ethische Normen
ANHANG
Vorschlag für eine
Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem Rat, der Europäischen Kommission, dem Gerichtshof der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank, dem Rechnungshof, dem Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen über die Einrichtung eines interinstitutionellen Gremiums für ethische Normen für die Mitglieder der in Artikel 13 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) genannten Organe und beratenden Einrichtungen
BEGRÜNDUNG
Nach Artikel 13 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verfügt die Union „über einen institutionellen Rahmen, der zum Zweck hat, ihren Werten Geltung zu verschaffen, ihre Ziele zu verfolgen, ihren Interessen, denen ihrer Bürgerinnen und Bürger und denen der Mitgliedstaaten zu dienen sowie die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität ihrer Politik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen“.
Die europäischen Organe müssen sich bei ihren jeweiligen Aufgaben auf ein nicht zu beanstandendes Verhalten ihrer Mitglieder verlassen. Die Mitglieder müssen sich an die in den EU-Verträgen festgelegten ethischen Grundsätze und Verpflichtungen für die einzelnen Mitglieder der Organe sowie an die von den einzelnen Organen abgeleiteten Regeln halten.
Damit die EU-Bürgerinnen und -Bürger Vertrauen in ihre demokratischen Vertreter in den europäischen Organen und in die Arbeitsweise der Organe haben, müssen die Mitglieder der Organe höchsten Anforderungen in Bezug auf Unabhängigkeit und Integrität genügen.
In den Verträgen wurden die Pflichten der Mitglieder der meisten Organe festgelegt und ihnen wurde die Verantwortung zugewiesen, das ordnungsgemäße Verhalten der Mitglieder der Organe in Bezug auf deren Unabhängigkeit und Integrität zu gewährleisten. Das durch die Verträge geschaffene institutionelle Gleichgewicht gewährleistet die gegenseitige Kontrolle zwischen den Organen. In den Verträgen sind insbesondere Verfahren festgelegt, die es ermöglichen, auf Fehlverhalten einzelner Mitglieder der Organe zu reagieren. Die meisten Organe haben sich dafür entschieden, diesen Rahmen und die entsprechenden individuellen Verpflichtungen genauer umzusetzen, entweder in ihrer Geschäftsordnung oder in Verhaltenskodizes für ihre Mitglieder. Die einschlägigen Bestimmungen sind:
Das Europäische Parlament
In den Verträgen sind weder ausdrückliche ethische Verpflichtungen für Mitglieder des Europäischen Parlaments noch ausdrückliche Regeln oder Verfahren für den Fall eines ethischen Fehlverhaltens eines Mitglieds auf EU-Ebene festgelegt. Das Parlament hat in einem Verhaltenskodex, der seiner Geschäftsordnung beigefügt ist, Vorschriften für die Mitglieder des Europäischen Parlaments festgelegt. Artikel 8 des Verhaltenskodex für die Mitglieder des Europäischen Parlaments über das Verfahren bei möglichen Verstößen gegen den Verhaltenskodex besagt:
1. Besteht Anlass zu der Vermutung, dass ein Mitglied des Europäischen Parlaments gegen diesen Verhaltenskodex verstoßen haben könnte, verweist der Präsident die Angelegenheit, wenn es sich nicht um einen offensichtlich rechtsmissbräuchlichen Fall handelt, an den Beratenden Ausschuss.
2. Der Beratende Ausschuss prüft die Umstände des behaupteten Verstoßes und kann das betroffene Mitglied anhören. Auf der Grundlage seiner Schlussfolgerungen gibt er dem Präsidenten eine Empfehlung für einen möglichen Beschluss ab.
Bei einem behaupteten Verstoß gegen den Verhaltenskodex durch ein ständiges Mitglied oder ein Reservemitglied des Beratenden Ausschusses nimmt das betroffene Mitglied oder Reservemitglied nicht an den Arbeiten des Beratenden Ausschusses zu dem behaupteten Verstoß teil.
3. Gelangt der Präsident unter Berücksichtigung dieser Empfehlung — und nachdem er das betroffene Mitglied gegen den Verhaltenskodex verstoßen hat, fasst er einen begründeten Beschluss über eine Sanktion. Der Präsident teilt dem Mitglied den begründeten Beschluss mit.
Die verhängte Sanktion kann in einer oder mehreren der in Artikel 176 Absätze 4 bis 6 der Geschäftsordnung aufgeführten Maßnahmen bestehen.
4. Die internen Beschwerdeverfahren gemäß Artikel 177 der Geschäftsordnung stehen dem betroffenen Mitglied offen.“
Artikel 176 Absätze 4 bis 6 seiner Geschäftsordnung – Sanktionen
4. Die verhängte Sanktion kann in einer oder mehreren der folgenden Maßnahmen bestehen:
a) Rüge;
b) Verlust des Anspruchs auf Tagegeld für die Dauer von zwei bis dreißig Tagen;
c) unbeschadet der Ausübung des Stimmrechts im Plenum und in diesem Fall vorbehaltlich der strengen Einhaltung der Verhaltensregeln vorübergehende Suspendierung von der Teilnahme an allen oder einem Teil der Tätigkeiten des Parlaments für die Dauer von zwei bis dreißig Tagen, an denen das Parlament oder eines seiner Organe, Ausschüsse oder Delegationen Sitzungen abhält;
d) Verbot für das Mitglied, für eine Dauer von bis zu einem Jahr das Parlament in einer interparlamentarischen Delegation, bei einer interparlamentarischen Konferenz oder in einem interinstitutionellen Forum zu vertreten;
e) bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht eine Beschränkung der Rechte auf Zugang zu vertraulichen Informationen oder Verschlusssachen für eine Dauer von bis zu einem Jahr.
5. Die in Absatz 4 Buchstaben b bis e festgelegten Maßnahmen können bei wiederholten Verstößen oder bei Weigerung des Mitglieds, eine gemäß Artikel 175 Absatz 3 ergriffene Maßnahme zu befolgen, verdoppelt werden.
6. Der Präsident kann zusätzlich die Konferenz der Präsidenten mit einem Vorschlag über die Aussetzung oder Beendigung eines oder mehrerer durch das Mitglied ausgeübter Ämter innerhalb des Parlaments in Übereinstimmung mit dem Verfahren gemäß Artikel 21 befassen.“
Der Europäische Rat
Prüfung von Artikel 15 Absatz 5 EUV
„Der Europäische Rat wählt seinen Präsidenten mit qualifizierter Mehrheit für eine Amtszeit von zweieinhalb Jahren; der Präsident kann einmal wiedergewählt werden. Im Falle einer Verhinderung oder einer schweren Verfehlung kann der Europäische Rat ihn im Wege des gleichen Verfahrens von seinem Amt entbinden.“
Ein Verhaltenskodex für den Präsidenten des Europäischen Rates enthält weitere Regeln für das erwartete Verhalten.
Der Rat
Der Rat der Europäischen Union besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, für die Regierung des von ihm vertretenen Mitgliedstaats verbindlich zu handeln und das Stimmrecht auszuüben (Artikel 16 Absatz 2 EUV). Die auf Artikel 240 Absatz 3 AEUV gestützte Geschäftsordnung des Rates enthält keine spezifischen ethischen Verpflichtungen für einzelne Minister, die die Mitgliedstaaten im Rat vertreten. Sie stützen sich in diesem Zusammenhang auf die Verantwortung und die internen Beschlüsse jedes Mitgliedstaats, um sicherzustellen, dass seine Stimmen und Standpunkte im Rat durch den benannten Minister korrekt vertreten werden und dass die benannte Einzelperson zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Rates beiträgt und dieses achtet.
Die Europäische Kommission
Artikel 245 AEUV
„Die Mitglieder der Kommission haben jede Handlung zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist. Die Mitgliedstaaten achten ihre Unabhängigkeit und versuchen nicht, sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.
Die Mitglieder der Kommission dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein. Werden diese Pflichten verletzt, so kann der Gerichtshof auf Antrag des Rates, der mit einfacher Mehrheit beschließt, oder der Kommission das Mitglied je nach Lage des Falles gemäß Artikel 247 seines Amtes entheben oder ihm seine Ruhegehaltsansprüche oder andere an ihrer Stelle gewährte Vergünstigungen aberkennen.“
In einem Verhaltenskodex für die Mitglieder der Europäischen Kommission werden die für die Mitglieder geltenden Verpflichtungen festgelegt und präzisiert (ABl. C 65 vom 21.2.2018, S. 7).
Der Gerichtshof der Europäischen Union
Artikel 6 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Protokoll Nr. 3)
„Ein Richter kann nur dann seines Amtes enthoben oder seiner Ruhegehaltsansprüche oder anderer an ihrer Stelle gewährter Vergünstigungen für verlustig erklärt werden, wenn er nach einstimmigem Urteil der Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Der Betroffene wirkt bei der Beschlussfassung nicht mit. Ist der Betroffene ein Mitglied des Gerichts oder eines Fachgerichts, so entscheidet der Gerichtshof nach Anhörung des betreffenden Gerichts.
Der Kanzler bringt den Präsidenten des Europäischen Parlaments und der Kommission die Entscheidung des Gerichtshofs zur Kenntnis und übermittelt sie dem Präsidenten des Rates.
Wird durch eine solche Entscheidung ein Richter seines Amtes enthoben, so wird sein Sitz mit der Benachrichtigung des Präsidenten des Rates frei.“
In einem Verhaltenskodex für die Mitglieder und ehemaligen Mitglieder des Gerichtshofs der Europäischen Union werden die Verpflichtungen näher erläutert (ABl. C 397 vom 30.9.2021, S. 1).
Der Rechnungshof der Europäischen Union
Artikel 286 Absätze 5 und 6 AEUV
5. Abgesehen von regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Mitglieds des Rechnungshofs durch Rücktritt oder durch Amtsenthebung durch den Gerichtshof gemäß Absatz 6.
6. Ein Mitglied des Rechnungshofs kann nur dann seines Amtes enthoben oder seiner Ruhegehaltsansprüche oder anderer an ihrer Stelle gewährter Vergünstigungen für verlustig erklärt werden, wenn der Gerichtshof auf Antrag des Rechnungshofs feststellt, dass es nicht mehr die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt oder den sich aus seinem Amt ergebenden Verpflichtungen nicht mehr nachkommt.“
In einem Verhaltenskodex für die Mitglieder und ehemaligen Mitglieder des Hofes werden die Verpflichtungen ausführlicher dargelegt (ABl. L 128 vom 2.5.2022, S. 102).
Die Europäische Zentralbank
Artikel 11 Absatz 4 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (Protokoll Nr. 4) betreffend die Mitglieder des Direktoriums
„Ein Mitglied des Direktoriums, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des EZB-Rates oder des Direktoriums durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.“
Ein Verhaltenskodex für hochrangige EZB-Beamte enthält die ethischen Verpflichtungen, die für die Mitglieder des EZB-Rates und die Mitglieder des Aufsichtsgremiums bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Mitglieder eines hochrangigen EZB-Gremiums sowie für die Mitglieder des Direktoriums gelten (ABl. C 478 vom 16.12.2022, S. 3).
Der Ausschuss der Regionen
Artikel 300 Absatz 4 AEUV
„Die Mitglieder … des Ausschusses der Regionen sind an keine Weisungen gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.“
Mit dem Verhaltenskodex für die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen (ABl. L 20 vom 24.1.2020, S. 17-23) wird diese Bestimmung weiter umgesetzt.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
Artikel 300 Absatz 4 AEUV
„Die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses … sind an keine Weisungen gebunden. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus.“
Mit der Geschäftsordnung und dem Verhaltenskodex für die Mitglieder des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (ABl. L 149 vom 31.5.2022, S. 1) wird diese Bestimmung weiter umgesetzt.
Mit den Verträgen wurde somit ein differenzierter Rahmen in Bezug auf die individuellen Verpflichtungen der Mitglieder der Organe und das Verfahren bei Fehlverhalten geschaffen. Die meisten Organe haben sich dafür entschieden, diesen Rahmen und die entsprechenden individuellen Verpflichtungen genauer umzusetzen. Diese Organe haben interne Vorschriften entweder in ihrer Geschäftsordnung oder in Verhaltenskodizes für ihre Mitglieder erlassen und ihrem jeweiligen Präsidenten in der Regel eine besondere Zuständigkeit für die Anwendung dieser Vorschriften übertragen. In der Regel haben sie auch ein internes Beratungsgremium eingerichtet, das die Organe bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf alle oder einige dieser individuellen Verpflichtungen ihrer Mitglieder unterstützt. Gegenwärtig gibt es weder einen Mechanismus noch ein Forum, um diese internen Maßnahmen zwischen den Organen zu erörtern oder zu koordinieren, selbst in Bereichen, in denen es große Ähnlichkeiten zwischen den Organen und ihren Mitgliedern gibt. Es gibt auch keinen einzigen Ort, an dem die für die Mitglieder aller Organe geltenden Ethikregeln und -maßnahmen öffentlich zugänglich sind.
In den politischen Leitlinien der Präsidentin der Kommission vom 16. Juli 2019 wurde die Schaffung eines „unabhängigen, allen EU-Organen gemeinsamen Ethikgremiums“ befürwortet, das das Vertrauen in die EU-Organe in Bezug auf „Ethik, Transparenz und Integrität“ gewährleisten soll.
Das Europäische Parlament arbeitete zwischen 2019 und 2021 an einem Initiativbericht über die Stärkung von Transparenz und Integrität in den EU-Organen durch die Einrichtung eines unabhängigen Ethikgremiums der EU. Seine Entschließung wurde am 16. September 2021 angenommen. Die Kommission übermittelte dem Parlament am 18. Februar 2022 eine förmliche Antwort. Am 16. Februar 2023 wurde eine Entschließung angenommen, in der die Einrichtung des Ethikgremiums gefordert wird.
Ein allen Organen gemeinsames Ethikgremium wird es ermöglichen, gemeinsame Mindestnormen für das Verhalten der Mitglieder der Organe zu entwickeln. Damit wird es erstmals allen Organen die Möglichkeit bieten, die Frage ethischer Normen für ihre Mitglieder als Angelegenheit von gemeinsamem interinstitutionellem Interesse anzugehen. Was das Personal der EU-Organe betrifft, so wurden im Statut und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union bereits umfassende Vorschriften und Verfahren im Bereich der Ethik und der Disziplinarmaßnahmen festgelegt, die für das Personal aller Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gelten. Dadurch werden identische Normen und Vorschriften für den gesamten öffentlichen Dienst der EU gewährleistet, die durch Durchführungsbestimmungen, die von den einzelnen Organen erlassen werden, weiter präzisiert werden können. Um Transparenz zu gewährleisten und eine einheitliche Anwendung des Statuts zu fördern, werden die Durchführungsbestimmungen zum Statut in einem Register des Gerichtshofs der Europäischen Union zusammengestellt und sind Gegenstand eines alle drei Jahre von der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat gerichteten Berichts (Artikel 110 des Statuts). Diese Vorschriften und Maßnahnmen werden durch etablierte Strukturen und Mechanismen ergänzt, die zu einem gemeinsamen interinstitutionellen Vorgehen führen, wann immer das thematisch erforderlich ist. Die Kommission ist der Auffassung, dass im Rahmen dieser gut etablierten Strukturen und Mechanismen vorrangig geprüft werden sollte, welche Möglichkeiten für den Austausch bewährter Verfahren, gewonnener Erkenntnisse und erforderlichenfalls für eine weitere Angleichung der Vorschriften für das Personal bestehen.
Bedienstete fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Vereinbarung, da es bereits interinstitutionelle Koordinierungsmechanismen für ethische Fragen der Bediensteten gibt. Im Rahmen des Statuts und über das Kollegium der Verwaltungsleiter sollten sich die Vertragsparteien dieser Vereinbarung verpflichten, sich im Hinblick auf Generaldirektoren und gleichgestellte Personen um ein Niveau zu bemühen, das den vom Gremium festgelegten Normen gleichwertig ist.
Solche formellen interinstitutionellen Mechanismen und gemeinsame Normen für das Personal gibt es jedoch nicht für die Mitglieder der Organe, und genau hier liegt der Mehrwert eines Ethikgremiums, das die Mitglieder aller Organe und beratenden Einrichtungen der EU umfasst.
Die Entscheidungsbefugnisse für die Annahme und Anwendung der internen Ethikregeln der einzelnen Organe sollten bei den jeweiligen Organen verbleiben. Die Anwendung der internen Vorschriften fällt in erster Linie in die Zuständigkeit jedes Organs, das im Rahmen des durch die Verträge geschaffenen Systems des institutionellen Gleichgewichts und seiner gegenseitigen Kontrolle ausgeübt wird. Die Organe können nicht auf die Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse verzichten, die ihnen durch die Verträge übertragen werden. Sie können die Verantwortung für das Verhalten ihrer Mitglieder und ihr Recht, auf Verstöße gegen Ethikregeln durch einzelne Mitglieder zu reagieren, nicht delegieren. Aufgrund ihrer Verwaltungsautonomie können sie jedoch beschließen, ein Beratungsgremium einzurichten, das sie bei der Entwicklung gemeinsamer Mindestnormen für das ethische Verhalten einzelner Mitglieder und bei der Ausarbeitung ihrer jeweiligen internen ethischen Regeln und Verfahren für ihre Mitglieder unterstützt.
Die Einrichtung dieses Gremiums wird die Ermittlungsaufgaben weder beeinträchtigen noch einschränken und sich daher nicht mit den jeweiligen Befugnissen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung, der Europäischen Staatsanwaltschaft, der nationalen Polizei- und Strafverfolgungsbehörden und des Europäischen Bürgerbeauftragten überschneiden.
Diese Vereinbarung lässt die Interinstitutionelle Vereinbarung von 2021 über ein verbindliches Transparenz-Register zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sowie die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 25. Mai 1999 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Kommission über die internen Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung unberührt.
Um die Eigenverantwortung zu gewährleisten und einen Mehrwert zu schaffen, sollte es sich bei diesem Gremium um eine gemeinsame Struktur für alle Organe und beratenden Einrichtungen handeln, die ihnen durch Beratung in bestimmten Fragen und auf eine von ihnen vereinbarte Weise Orientierung und Unterstützung bietet.
Um ihrer Verpflichtung nachzukommen, die Einrichtung eines gemeinsamen Ethikgremiums für alle Organe und beratenden Einrichtungen zu unterstützen, schlägt die Kommission diese Vereinbarung zwischen diesen Organen und beratenden Einrichtungen vor, die dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem Rat, dem Gerichtshof der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank, dem Europäischen Rechnungshof, dem Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen übermittelt wird. Im Geiste der loyalen Zusammenarbeit ist es wichtig, dass so bald wie möglich eine interinstitutionelle Vereinbarung erzielt wird, und zwar rechtzeitig, damit das Ethikgremium vor den nächsten Europawahlen eingesetzt werden kann. Die Europäische Investitionsbank kann auf Antrag ebenfalls Vertragspartei dieser Vereinbarung werden, nachdem sie in Kraft getreten ist. Sie wird ab dem Tag, an dem sie einen Vertreter im Ethikgremium benennt, Vertragspartei dieser Vereinbarung. Alle Normen, die vom Ethikgremium entwickelt werden könnten, bevor die Europäische Investitionsbank tatsächlich Vertragspartei wird, gelten für sie in vollem Umfang.
Die Organe, Ämter und Agenturen der Union, die nicht zu den teilnehmenden Organen gehören, möchten möglicherweise alle derzeitigen oder künftigen gemeinsamen Normen, die vom Ethikgremium entwickelt werden, freiwillig auf die Vorschriften anwenden, die für Personen gelten, die keine Bediensteten sind und die eine ähnliche Funktion ausüben wie diejenigen, die unter diese Vereinbarung fallen. In diesem Fall nehmen sie an einem Meinungsaustausch mit den Mitgliedern des Ethikgremiums über ihre jeweiligen internen Vorschriften in Bereichen teil, in denen Normen entwickelt wurden. Sie werden für diesen besonderen Meinungsaustausch einen Vertreter benennen. Der gleiche Meinungsaustausch findet statt, wenn neue Normen entwickelt oder bestehende aktualisiert werden.
Vorschlag für eine
Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem Rat, der Europäischen Kommission, dem Gerichtshof der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank, dem Rechnungshof, dem Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen über die Einrichtung eines interinstitutionellen Gremiums für ethische Normen für die Mitglieder der in Artikel 13 des Vertrags über die Europäische Union genannten Organe und beratenden Einrichtungen
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT,
DER EUROPÄISCHE RAT,
DER RAT,
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION,
DER GERICHTSHOF DER EUROPÄISCHEN UNION,
DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK,
DER RECHNUNGSHOF,
DER EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS
UND DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN —
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Zweck dieser Vereinbarung ist die Einrichtung eines interinstitutionellen Gremiums für ethische Normen für die Mitglieder der in Artikel 13 Absätze 1 und 4 des Vertrags über die Europäische Union genannten Organe und beratenden Einrichtungen der Union (im Folgenden „Gremium“). Die Europäische Investitionsbank kann auf Antrag ebenfalls Vertragspartei dieser Vereinbarung werden, nachdem sie in Kraft getreten ist.
(2)Die Organe, Ämter und Agenturen der Union, die nicht Vertragsparteien sind, können freiwillig alle von dem Gremium ausgearbeiteten derzeitigen und künftigen gemeinsamen Mindestnormen auf die Vorschriften anwenden, die für Personen gelten, die keine Bediensteten sind und die eine ähnliche Funktion ausüben wie diejenigen, die unter diese Vereinbarung fallen.
(3)Die Arbeitsweise des Gremiums sollte weder die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten einer der Vertragsparteien noch deren jeweilige interne Organisationsbefugnisse oder das durch die Verträge geschaffene System der gegenseitigen Kontrolle beeinträchtigen. Das Gremium greift auch nicht in die Befugnisse des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) ein, das über umfangreiche Befugnisse und Fachkenntnisse bei der Untersuchung schwerwiegender Verstöße gegen die beruflichen Pflichten der Mitglieder verfügt. Alle Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen sollten das Mandat des OLAF in vollem Umfang anerkennen und unterstützen.
(4)Die Wirksamkeit der Union als Ganzes hängt von ihrer Legitimität ab, während ihre Legitimität wiederum vom Vertrauen ihrer Bürgerinnen und Bürger abhängt. Ethik, Integrität und Transparenz sind unerlässlich, um das Vertrauen der Unionsbürger in die politische, legislative und administrative Arbeit der Organe der Union aufrechtzuerhalten.
(5)Die Mitglieder der Organe und beratenden Einrichtungen der Union tragen eine besondere Verantwortung dafür, die ethischen Grundsätze und Verpflichtungen, die in den Verträgen sowie in den von jedem Organ aus ihnen abgeleiteten Regeln festgelegt sind, uneingeschränkt zu achten und zu verankern.
(6)Es ist nicht nur wichtig, dass alle Organe und beratenden Einrichtungen der Union klare und transparente Regeln festlegen und anwenden, sondern auch, dass sie über dieselben Mindestnormen für Integrität und Unabhängigkeit sowie über Mechanismen verfügen, um die Einhaltung ihrer jeweiligen ethischen Regeln sicherzustellen.
(7)Dementsprechend sollte die Aufgabe des Gremiums darin bestehen, in einer bestimmten Anzahl von Bereichen gemeinsame Mindestnormen zu entwickeln, Meinungen über die Selbstbewertung eines Organs oder einer beratenden Einrichtung hinsichtlich der Angleichung seiner bzw. ihrer internen Vorschriften an die entwickelten Normen auszutauschen und die interinstitutionelle Zusammenarbeit in diesem Bereich zu fördern.
(8)Der Meinungsaustausch auf der Grundlage einer Selbstbewertung sollte auch für die Organe, Ämter und sonstigen Stellen der Union gelten, die sich freiwillig für die Anwendung aller gemeinsamen Mindestnormen entscheiden. Zu diesem Zweck sollten sie einen Vertreter für den Meinungsaustausch benennen.
(9)Jede Vertragspartei sollte sich bemühen, bei der Ernennung ihrer ordentlichen und stellvertretenden Vertreter im Gremium für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu sorgen. Bei der Zusammensetzung des Gremiums, das aus seinen (ordentlichen und stellvertretenden) Mitgliedern, einschließlich seines Vorsitzes, sowie den unabhängigen Sachverständigen besteht, sollte ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis angestrebt werden.
(10)Nichts in dieser Vereinbarung sollte eine Vertragspartei daran hindern, ihren Mitgliedern strengere Anforderungen aufzuerlegen, insbesondere in Anbetracht eines spezifischen Risikos im Zusammenhang mit dem Mandat und den Aufgaben der Vertragspartei oder ihrer Mitglieder.
(11)Diese Vereinbarung sollte unter keinen Umständen einen Grund für eine Absenkung der von einer Vertragspartei in den unter diese Vereinbarung fallenden Bereichen bereits angewandten Normen darstellen.
(12)Die Organe sollten bei der Durchführung dieser Vereinbarung nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verfahren.
(13)Diese Vereinbarung wird von den Vertragsparteien nach Abschluss ihrer jeweiligen internen Verfahren zu diesem Zweck unterzeichnet —
TREFFEN DIE FOLGENDE VEREINBARUNG:
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
1.Mit dieser Vereinbarung wird ein interinstitutionelles Gremium für ethische Normen (im Folgenden „das Gremium“) für die Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Europäischen Rates, des Rates, der Europäischen Kommission, des Gerichtshofs der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen (im Folgenden „Vertragsparteien“) eingerichtet. Außerdem werden der Rahmen und die Grundsätze für seine Funktionsweise festgelegt.
2.Die Europäische Investitionsbank wird auf Antrag ebenfalls Vertragspartei dieser Vereinbarung, nachdem sie in Kraft getreten ist. Ihre Beteiligung an dem Gremium wird ab dem Tag wirksam, an dem sie gemäß Artikel 3 einen Vertreter in dem Gremium benennt. Alle gemeinsamen Mindestnormen, die von dem Gremium vor der tatsächlichen Beteiligung der Europäischen Investitionsbank entwickelt werden könnten, gelten für sie in vollem Umfang.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
1.Im Sinne dieser Vereinbarung bezeichnet der Ausdruck „Mitglieder der Vertragsparteien“
a)die Mitglieder des Europäischen Parlaments,
b)den Präsidenten des Europäischen Rates,
c)die Vertreter auf Ministerebene des Mitgliedstaats, der den Vorsitz im Rat innehat,
d)die Mitglieder der EU-Kommission,
e)die Mitglieder des Gerichtshofs der Europäischen Union,
f)die Mitglieder des Rechnungshofs,
g)die Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank sowie die Mitglieder des EZB-Rates und des Aufsichtsgremiums bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben,
h)die Mitglieder des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,
i)die Mitglieder des Europäischen Ausschusses der Regionen.
2.Wird die Europäische Investitionsbank Vertragspartei gemäß Artikel 1 Absatz 2, so wird die Begriffsbestimmung in Absatz 1 des vorliegenden Artikels auf die Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Investitionsbank sowie die Mitglieder des Verwaltungsrats bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ausgedehnt.
Artikel 3
Mitglieder des Gremiums
1.Jede Vertragspartei wird im Gremium durch ein Mitglied vertreten. Zu diesem Zweck ernennt jede Partei einen ordentlichen Vertreter und einen Stellvertreter, der bei Abwesenheit oder Verhinderung des ordentlichen Vertreters dem Gremium als Mitglied angehört. Die ordentlichen Vertreter und die Stellvertreter werden spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten der Vereinbarung ernannt. Jede Vertragspartei bemüht sich, bei der Ernennung ihrer ordentlichen Vertreter und Stellvertreter für Geschlechterparität zu sorgen.
2.Der ordentliche Vertreter des Gremiums ist grundsätzlich auf der Ebene eines Vizepräsidenten oder einer gleichwertigen Ebene tätig.
3.Es liegt im Ermessen jeder Vertragspartei, ihren ordentlichen Vertreter oder Stellvertreter zu ersetzen, wobei sie stets bestrebt ist, die Geschlechterparität unter den ordentlichen Vertretern und Stellvertretern zu gewährleisten. In jedem Fall endet die Amtszeit des ordentlichen Vertreters oder Stellvertreters automatisch,
a)wenn der Vertreter aus dem Amt in dem/der von ihm vertretenen Organ oder beratenden Einrichtung der Union ausscheidet,
b)jedenfalls fünf Jahre nach der ersten Benennung als ordentlicher Vertreter oder Stellvertreter.
Artikel 4
Vorsitz
1.Jede Vertragspartei führt den Vorsitz des Gremiums im abwechselnd für einen Zeitraum von einem Jahr. Die Rotation richtet sich nach der Reihenfolge der Organe gemäß Artikel 13 Absatz 1 des Vertrags. Sobald die Liste in Artikel 13 Absatz 1 des Vertrags ausgeschöpft ist, wird die Rotation mit den beiden in Artikel 13 Absatz 4 des Vertrags genannten beratenden Einrichtungen fortgesetzt. Sie wird dann mit der Europäischen Investitionsbank fortgesetzt, wenn sie Vertragspartei gemäß Artikel 1 Absatz 2 wird.
2.Der Vorsitz organisiert die Arbeit des Gremiums, stellt sicher, dass geeignete organisatorische und verfahrenstechnische Maßnahmen getroffen werden, und übermittelt allen Mitgliedern des Gremiums alle erforderlichen Informationen und Unterlagen.
Artikel 5
Unabhängige Sachverständige
1.Das Gremium wird von fünf unabhängigen Sachverständigen unterstützt, die an allen Sitzungen des Gremiums als Beobachter teilnehmen und die Mitglieder des Gremiums in allen ethischen Fragen im Zusammenhang mit dem Mandat des Gremiums beraten.
2.Die unabhängigen Sachverständigen werden von den Vertragsparteien einvernehmlich unter Berücksichtigung ihrer Kompetenz, Erfahrung, Unabhängigkeit und fachlichen Eignung ernannt. Sie verfügen über einen tadellosen beruflichen Werdegang und Erfahrung in hochrangigen Ämtern in europäischen, nationalen oder internationalen öffentlichen Organisationen. Sie werden spätestens drei Monate nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung nach einem von der Kommission festzulegenden Verfahren ernannt.
3.Die unabhängigen Sachverständigen unterzeichnen eine Erklärung über das Nichtvorliegen von Interessenkonflikten. Stellt die zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigte Behörde einen Interessenkonflikt fest, so holt sie die Stellungnahme des Gremiums ein.
4.Bei der Ernennung der unabhängigen Sachverständigen bemühen sich die Parteien um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis.
5.Die Amtszeit der unabhängigen Sachverständigen beträgt drei Jahre und kann einmal verlängert werden. Scheidet ein unabhängiger Sachverständiger vor Ablauf der dreijährigen Amtszeit aus, ernennen die Vertragsparteien einvernehmlich ein neues Mitglied für drei Jahre.
6.Die unabhängigen Sachverständigen erhalten von der Kommission den Status eines Sonderberaters und sind der Kommission administrativ zugeordnet. Ihnen werden die Reise- und Aufenthaltskosten erstattet, die ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben entstehen. Sie erhalten ein Tagegelder pro Arbeitstag, das auf der Grundlage der Dienstbezüge eines Unionsbeamten der Besoldungsgruppe AD 12 berechnet wird.
Artikel 6
Mandat
1.Das Gremium trägt zur Förderung einer gemeinsamen Kultur der Ethik und Transparenz zwischen den Vertragsparteien bei, insbesondere durch die Entwicklung gemeinsamer Mindestanforderungen an das Verhalten ihrer Mitglieder (im Folgenden „Normen“) und den Austausch bewährter Verfahren in diesem Bereich.
2.Die Aufgaben des Gremiums sind:
a)Entwicklung von Normen für das Verhalten der Mitglieder der Vertragsparteien in den in Artikel 7 genannten Bereichen;
b)Aktualisierung der Normen gemäß Artikel 8;
c)Führung eines Meinungsaustauschs auf der Grundlage der von jeder Vertragspartei oder einer freiwillig beteiligten Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union vorgenommenen Bewertung der Angleichung ihrer eigenen internen Vorschriften an die Normen gemäß Artikel 9 bzw. Artikel 19;
d)Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien in Fragen von gemeinsamem Interesse im Zusammenhang mit ihren internen Verhaltensregeln für ihre Mitglieder sowie des Austauschs mit anderen europäischen, nationalen oder internationalen Organisationen, deren Arbeit für die Festlegung der Normen von Bedeutung ist;
e)Erstellung eines Jahresberichts gemäß Artikel 17.
3.Die Funktionsweise des Gremiums berührt nicht die Zuständigkeiten der Vertragsparteien und beeinträchtigt nicht ihre jeweiligen internen Organisationsbefugnisse. Insbesondere ist das Gremium nicht für die Anwendung der internen Vorschriften einer Vertragspartei auf Einzelfälle zuständig.
Artikel 7
Entwicklung gemeinsamer Mindestnormen
1.Das Gremium entwickelt Normen für das Verhalten der Mitglieder aller Vertragsparteien. Die Normen werden im Rahmen der Verpflichtungen entwickelt, die den Mitgliedern der Vertragsparteien aus den Verträgen erwachsen, und tragen der Art ihres Mandats oder öffentlichen Amtes sowie den Besonderheiten jeder Vertragspartei Rechnung. Das durch die Verträge geschaffene System der gegenseitigen Kontrolle bleibt von den Normen unberührt.
2.Die Normen beziehen sich auf folgende Aspekte:
a)von den Mitgliedern der Vertragsparteien anzugebende Zinsen und Vermögenswerte;
b)auswärtige Tätigkeiten der Mitglieder der Vertragsparteien während ihrer Amtszeit;
c)Annahme von Geschenken, Bewirtung und Reisen, die den Mitgliedern der Vertragsparteien während ihrer Amtszeit von Dritten angeboten werden;
d)Annahme von Auszeichnungen/Orden/Preisen/Ehrengaben durch die Mitglieder der Vertragsparteien während ihrer Amtszeit;
e)Tätigkeiten der Mitglieder der Vertragsparteien nach Ablauf ihrer Amtszeit;
f)Konditionalität und ergänzende Transparenzmaßnahmen im Sinne und Anwendungsbereich der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 20. Mai 2021 über ein verbindliches Transparenz-Register, insbesondere in Bezug auf Treffen von Mitgliedern der Vertragsparteien mit Interessenvertretern im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der genannten Vereinbarung.
3.Das Gremium entwickelt ferner gemeinsame Mindestnormen für
a)allgemeine Verfahren, die von den Vertragsparteien festgelegt werden, um die Einhaltung ihrer internen Vorschriften in den in Absatz 2 genannten Bereichen sicherzustellen und zu überwachen, einschließlich Sensibilisierungsmaßnahmen, der Zusammensetzung und der Aufgaben interner Gremien für ethische Fragen, Mechanismen zur Berichterstattung an die betroffene Vertragspartei bei Verdacht auf einen Verstoß gegen die Vorschriften, einschließlich Folgemaßnahmen zu der Meldung und Schutz der Hinweisgeber vor Repressalien, auch in Fällen von Belästigung, an denen Mitglieder der Vertragsparteien beteiligt sind, und Verfahren zur Einleitung oder Verhängung von Sanktionen bei Verstößen.
b)Anforderungen an die Publizität der in den in Absatz 2 genannten Bereichen gesammelten Informationen.
4.Weitere gemeinsame Mindestnormen in anderen als den in den Absätzen 2 und 3 genannte Bereichen können mit Zustimmung aller Vertragsparteien entwickelt werden.
5.Die Mitglieder des Gremiums einigen sich im Geiste der loyalen Zusammenarbeit einvernehmlich auf die Normen.
6. Die Mitglieder des Gremiums erzielen innerhalb von sechs Monaten nach der Ernennung der Mitglieder und der unabhängigen Sachverständigen gemäß Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 5 Absatz 2 sowie nach der Entscheidung über die Entwicklung neuer Normen nach Absatz 4 eine Einigung über die Normen.
7.Die Normen werden schriftlich formalisiert und unter gebührender Berücksichtigung der Autonomie jeder Vertragspartei allen Vertragsparteien übermittelt. Die Parteien verpflichten sich, sie in ihren internen Vorschriften über das Verhalten ihrer Mitglieder umzusetzen. Die Normen werden auf der in Artikel 18 genannten Website des Gremiums veröffentlicht.
Artikel 8
Aktualisierung der gemeinsamen Mindestnormen
1.Das Gremium prüft, ob eine Aktualisierung bestehender Normen erforderlich ist, wenn ein oder mehrere Mitglieder des Gremiums eine solche Überprüfung für erforderlich halten.
2. Eine Überprüfung kann insbesondere aufgrund der Entwicklungen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, aufgrund neuer oder geänderter ethischer Verhaltensregeln internationaler Organisationen, neuer technischer Entwicklungen oder aufgrund der Notwendigkeit einer Klärung bestehender Normen infolge wiederkehrender Probleme als notwendig erachtet werden.
3.Für die Aktualisierung bestehender Normen gilt Artikel 7 Absätze 5 und 7.
Artikel 9
Meinungsaustausch über die Selbstbewertungen der Vertragsparteien
1.Jede Vertragspartei nimmt eine schriftliche Selbstbewertung ihrer internen Vorschriften und ihrer Angleichung an die gemäß Artikel 7 entwickelten Normen und alle Aktualisierungen bestehender Normen gemäß Artikel 8 vor.
2.Jede Vertragspartei schließt die Selbstbewertung innerhalb von höchstens vier Monaten nach Annahme oder Aktualisierung einer Norm ab.
3.Die Selbstbewertung wird von der betreffenden Partei in einer Sitzung des Gremiums vorgelegt.
4.Die unabhängigen Sachverständigen erstellen innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt eine schriftliche Stellungnahme zu jeder Selbstbewertung. Wird die Stellungnahme der Sachverständigen nicht einstimmig angenommen, so enthält die Stellungnahme alle abweichenden Standpunkte. Die Beratungen der Sachverständigen sind als vertraulich zu behandeln.
5.Innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der schriftlichen Stellungnahme gemäß Absatz 4 führt das Gremium auf der Grundlage der Selbstbewertung und der schriftlichen Stellungnahme einen Meinungsaustausch durch.
6.Das Sekretariat erstellt einen Bericht, der den in Absatz 5 genannten Meinungsaustausch zusammenfasst und abschließende Bemerkungen enthält. Das Gremium kann den Bericht vor seiner Billigung ändern. Es billigt den Bericht innerhalb der in Absatz 5 genannten zwei Monate einvernehmlich. Die Stellungnahme der unabhängigen Sachverständigen ist Teil des Berichts.
7.Jede Vertragspartei aktualisiert ihre internen Vorschriften jederzeit nach der Annahme der Normen durch das Gremium, spätestens jedoch vier Monate nach Billigung des Berichts durch das Gremium.
8.Weder der Meinungsaustausch nach Absatz 5 noch der Bericht nach Absatz 6 haben eine verbindliche oder rechtliche Wirkung.
9.Die Selbstbewertung gemäß Absatz 1 und der Bericht nach Absatz 6 werden gemäß Artikel 18 veröffentlicht.
Artikel 10
Austausch bewährter Verfahren
1.Das Gremium hält jährlich eine Sitzung ab, die sich speziell mit Fragen von gemeinsamem Interesse im Bereich Ethik und dem Austausch bewährter Verfahren zwischen den Vertragsparteien befasst.
2.Das Gremium kann zu der in Absatz 1 genannten Sitzung Vertreter anderer öffentlicher nationaler, europäischer oder internationaler Organisationen einladen, deren Arbeit für die Festlegung der Normen als relevant erachtet wird.
Artikel 11
Sitzungen
1.Die Sitzungen werden vom Vorsitz einberufen.
2.Zusätzlich zu den in den Artikeln 7 bis 10 genannten Sitzungen kann der Vorsitz von sich aus oder auf Antrag einer Vertragspartei innerhalb eines Monats nach Eingang dieses Antrags zusätzliche Sitzungen einberufen, um Fragen von gemeinsamem Interesse zu erörtern.
Artikel 12
Verfahren für Interessenkonflikte
1.Die Mitglieder des Gremiums und die unabhängigen Sachverständigen erklären dem Vorsitz unverzüglich jeden Umstand, der ihre Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in dem Gremium beeinträchtigen oder als beeinträchtigend wahrgenommen werden könnte.
2.Wird eine Erklärung gemäß Absatz 1 abgegeben, so gilt Folgendes:
a)Das betreffende Mitglied wird durch seinen Stellvertreter ersetzt, solange das Mitglied an der Arbeit im Gremium gehindert ist. Wird die Erklärung vom Vorsitz abgegeben, so wird dieser vorübergehend von dem Mitglied vertreten, das zu diesem Zeitpunkt das Organ vertritt, das den nächsten Vorsitz gemäß der Rotation nach Artikel 4 Absatz 1 innehaben würde;
b)der betreffende unabhängige Sachverständige nimmt nicht an dem Austausch mit den anderen Sachverständigen teil, solange der Konflikt fortbesteht.
Artikel 13
Geschäftsordnung
1.Das Gremium gibt sich innerhalb von drei Monaten nach der Ernennung der Mitglieder und der unabhängigen Sachverständigen eine Geschäftsordnung, die veröffentlicht wird.
2.In der Geschäftsordnung werden die erforderlichen Vorkehrungen festgelegt, um die Wirksamkeit der Durchführung dieser Vereinbarung zu gewährleisten.
Artikel 14
Ausgabenerstattung
Alle Kosten, die einem Mitglied des Gremiums oder seinem Stellvertreter im Zusammenhang mit seinem Amt in dem Gremium entstehen, werden von der Vertragspartei getragen, der es bzw. er angehört.
Artikel 15
Sekretariat
1.Das Sekretariat ist eine gemeinsame operative Struktur, die eingerichtet wird, um das Funktionieren des Gremiums zu gewährleisten. Es setzt sich aus den Referatsleitern oder gleichwertigen Leitern zusammen, die für die Ethikregeln für die Mitglieder jeder Vertragspartei (im Folgenden „Referatsleiter“) und deren jeweiliges Personal zuständig sind.
2.Das Sekretariat wird formell in der Kommission angesiedelt und wird vom Referatsleiter koordiniert, der innerhalb der Kommission für die Ethikregeln für die Mitglieder der Kommission zuständig ist, oder einem eigens von der Kommission zu diesem Zweck im Einvernehmen mit den anderen Vertragsparteien benannten Beamten (im Folgenden „Koordinator“). Der Koordinator vertritt das Sekretariat und überwacht dessen tägliche Arbeit im gemeinsamen Interesse der Parteien.
3.Das Sekretariat
a)erstattet Bericht an das Gremium, bereitet seine Sitzungen vor, leistet operative Unterstützung bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und erstellt den in Artikel 9 Absatz 6 genannten Bericht,
b)erstellt den in Artikel 17 genannten Entwurf eines Jahresberichts,
c)führt alle anderen Aktivitäten durch, die für die wirksame Umsetzung dieser Vereinbarung erforderlich sind,
d)leitet den gesamten eingehenden und ausgehenden Schriftverkehr mit dem Gremium an seinen Vorsitz und/oder die von dem Schriftwechsel betroffene Vertragspartei.
Artikel 16
Ressourcen
1.Die Vertragsparteien verpflichten sich im Wege einer Vereinbarung zwischen ihren Generalsekretären oder den Inhabern eines gleichwertigen Amtes, die innerhalb von drei Monaten nach der Ernennung der Mitglieder und unabhängigen Sachverständigen zu vereinbaren ist, die erforderlichen personellen, administrativen, technischen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, einschließlich einer angemessenen Personalausstattung für das Sekretariat, um die wirksame Durchführung dieser Vereinbarung zu gewährleisten.
2.Die Vertragsparteien teilen sich zu gleichen Teilen die Kosten im Zusammenhang mit den in Artikel 5 genannten unabhängigen Sachverständigen. Sie leisten der Kommission zu Beginn des Haushaltsjahres einen jährlichen finanziellen Ausgleich.
3.Jeder Antrag des Gremiums, der zusätzliche außerordentliche Verwaltungsausgaben erfordert, ist an die Vertragsparteien zu richten, die die Haushaltsanträge des Gremiums jährlich im Einklang mit ihren jeweiligen internen Vorschriften und Verfahren prüfen und genehmigen.
Artikel 17
Jahresbericht
1.Das Gremium nimmt nach einer Erörterung in der in Artikel 10 genannten Sitzung einvernehmlich einen Jahresbericht über die Tätigkeiten des Gremiums im Vorjahr an.
2.Der Jahresbericht wird auf der Website des Gremiums veröffentlicht.
Artikel 18
Website
1.Das Gremium betreibt eine Website, auf der alle für seine Tätigkeit relevanten Informationen öffentlich zugänglich sind.
2.Die Website enthält insbesondere Folgendes:
a)Zusammensetzung des Gremiums, Sitzungskalender und Tagesordnungen;
b)die gemäß Artikel 7 entwickelten und gegebenenfalls gemäß Artikel 8 aktualisierten Normen;
c)die Selbstbewertungen und Berichte gemäß Artikel 9 Absätze 1 und 6;
d) alle geltenden Vorschriften aller Vertragsparteien in den von den Normen abgedeckten Bereichen.
Sie enthält auch die gleichen Informationen für andere freiwillige Teilnehmer gemäß Artikel 19.
Artikel 19
Freiwillige Beteiligung von Organen , Ämtern und Agenturen der Union, die nicht Vertragsparteien sind
1.Organe, Ämter und Agenturen der Union, die nicht Vertragsparteien sind, können dem Gremium mitteilen, dass sie freiwillig alle derzeitigen und künftigen Normen auf die Vorschriften anwenden wollen, die für die Personen gelten, die keine Bediensteten sind und eine ähnliche Funktion wie die in Artikel 2 genannten Personen ausüben.
2.Das Gremium fordert das betreffende Organ, Amt und die betreffende Agentur der Union auf, eine schriftliche Selbstbewertung ihrer internen Vorschriften und ihrer Übereinstimmung mit den Normen vorzunehmen und einen Vertreter zu benennen, der an einem Meinungsaustausch mit den Mitgliedern des Gremiums teilnimmt. Artikel 9 Absätze 3 bist 9 gilt entsprechend.
3.Absatz 2 gilt sinngemäß, wenn das Gremium neue Normen entwickelt oder bestehende Normen aktualisiert.
Artikel 20
Überprüfung
Die Vertragsparteien bewerten die Durchführung der Vereinbarung zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten und danach regelmäßig, um gegebenenfalls die Funktionsweise des Gremiums zu verbessern und zu stärken oder die Vereinbarung zu überprüfen.
Artikel 21
Schlussbestimmungen
1.Diese Vereinbarung ist für die Vertragsparteien verbindlich. Sie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
2.Die Vertragsparteien verfahren bei der Durchführung dieser Vereinbarung nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit.
(Brüssel), den [Datum]
Im Namen des Europäischen Parlaments
…
Im Namen des Europäischen Rates
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Im Namen des Rates
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Für die Europäische Kommission
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Im Namen des Gerichtshofs der Europäischen Union
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Im Namen der Europäischen Zentralbank
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Für den Rechnungshof
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Im Namen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
…
Im Namen des Ausschusses der Regionen
…