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Document 52023AE1362
Opinion of the European Economic and Social Committee on ‘Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions on the Revision of the EU Pollinators Initiative — A new deal for pollinators’ (COM(2023) 35 — final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Überarbeitung der EU-Initiative für Bestäuber — Ein neuer Deal für Bestäuber“ (COM(2023) 35 final)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Überarbeitung der EU-Initiative für Bestäuber — Ein neuer Deal für Bestäuber“ (COM(2023) 35 final)
EESC 2023/01362
ABl. C 349 vom 29.9.2023, p. 173–178
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
29.9.2023 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 349/173 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Überarbeitung der EU-Initiative für Bestäuber — Ein neuer Deal für Bestäuber“
(COM(2023) 35 final)
(2023/C 349/26)
Berichterstatterin: |
Jarmila DUBRAVSKÁ |
Ko-Berichterstatter: |
Veselin MITOV |
Befassung |
Europäische Kommission, 24.1.2023 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
Zuständige Fachgruppe |
Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umwelt |
Annahme in der Fachgruppe |
28.6.2023 |
Verabschiedung im Plenum |
13.7.2023 |
Plenartagung Nr. |
580 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
182/0/3 |
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt die ehrgeizige Mitteilung der Kommission (1), mit der auf den immer stärkeren Rückgang der wilden Bestäuber in der EU reagiert wird. Allerdings weist er darauf hin, dass fünf Jahre nach dem Start der ursprünglichen Initiative noch keine ausreichenden Fortschritte zu verzeichnen sind, insbesondere im Hinblick auf die Erhebung der Daten, die erforderlich sind, um das politische Handeln voranzutreiben. Der EWSA stellt fest, dass die mangelnde klare Führung ein Knackpunkt bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen ist, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die vorliegende Mitteilung rasch zu billigen. |
1.2. |
Der Rückgang der Bestäuber ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen, darunter unzureichende Nahrungsquellen, Vernachlässigung der Fruchtfolge, Einsatz von Pestiziden in verschiedenen Mitgliedstaaten, Pestizidverbrauch pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche, Verhalten der Stadt- und Landbewohner, Eindringen und Verbreitung gebietsfremder Insekten- und Pflanzenarten, Fressfeinde, Bienenhaltungsverfahren der Imker, Krankheitserreger wie Viren sowie klimawandelbedingte Faktoren. Der EWSA begrüßt die Einführung eines europaweiten Systems zur Überwachung von Bestäubern (EU Pollinator Monitoring Scheme — EU-PoMS). |
1.3. |
Für den EWSA sind ein Ausbau der Verwaltungskapazitäten in allen Mitgliedstaaten sowie die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Behörden, privaten Interessenträgern, Forschungseinrichtungen und landwirtschaftlichen Akteuren entscheidend. Zudem weist der EWSA auf den Mangel an spezialisierten Fachkräften in diesem Bereich hin. |
1.4. |
Der EWSA fordert nachdrücklich, umfassend in Forschung, Entwicklung und Innovation zu investieren, damit — unter anderem im Rahmen des Programms „Horizont Europa“ — aussagekräftige wissenschaftliche Daten gesammelt und geeignete Initiativen ergriffen werden können, um den Rückgang der Bestäuberpopulationen umzukehren. Eine Koordinierung auf EU-Ebene ist maßgeblich, um sicherzustellen, dass die nationalen Daten über eine spezielle EU-Plattform für Bestäuber, die einen offenen Datenzugang ermöglicht, konsolidiert und analysiert werden. |
1.5. |
Der EWSA plädiert für die Auflegung eines Programms und einer Strategie für bestäuberfreundliche städtische Gebiete, die auf den verstärkten Einsatz von Verfahren der Flächenbewirtschaftung setzen, die die Förderung der Vielfalt an Bestäubern und den Erhalt natürlicher Lebensräume in städtischen und stadtnahen Regionen zum Ziel haben. |
1.6. |
Um erhebliche Fortschritte zu erzielen, müssen die EU und die Mitgliedstaaten für einen raschen Austausch von Erkenntnissen sorgen und den Forschungsschwerpunkt auf nachhaltige landwirtschaftliche Verfahren und einen wirksamen integrierten Pflanzenschutz legen. |
1.7. |
Der EWSA ruft dazu auf, die Landwirte im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsberatung auf nationaler und regionaler Ebene angemessen über Umweltmaßnahmen aufzuklären, unter anderem über den Einsatz von für Bestäuber ungefährlichen Pestiziden mit geringem Risiko und den integrierten Pflanzenschutz. Zudem sind Schulungsprogramme erforderlich, die Wissen über die Ökologie von Bestäubern, ihre Bestimmung und die Wiederherstellung ihrer Lebensräume vermitteln. |
1.8. |
Der EWSA regt an, im Rahmen einer EU-Studie genaue Daten über die Auswirkungen der von Mobilfunkantennen ausgehenden elektromagnetischen Strahlung auf wilde Bestäuber in ihren natürlichen Lebensräumen zu erheben und die für einen wirksamen Schutz von Bestäubern erforderlichen politischen Maßnahmen zu ermitteln. |
1.9. |
Der EWSA hält es für erforderlich, anhand von Satellitendaten eine Messgröße zur Messung der Lichtverschmutzung in der gesamten EU zu entwickeln, um die regionalen und lokalen Auswirkungen auf die Bestäuber zu messen und zu beobachten. |
1.10. |
Der EWSA begrüßt, dass die Kommission den Ausschuss der Regionen um Unterstützung bei der Umsetzung der Bestäuberinitiative ersucht hat, bedauert jedoch, dass der EWSA im Zusammenhang mit den beiden Initiativen bisher nicht erwähnt wurde. Insbesondere wurde nicht berücksichtigt, dass er u. a. diese Strategie durch die Sensibilisierung der Sozialpartner, zivilgesellschaftlicher Organisationen und der Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedstaaten bei verschiedenen Gruppen von Interessenträgern bekannt machen kann. |
1.11. |
Der EWSA unterstreicht die Notwendigkeit einer angemessenen finanziellen Ausstattung, um die in der Kommissionsmitteilung skizzierten Erwartungen zu erfüllen und die verschiedenen politischen Maßnahmen und Instrumenten, die sich auf die Erhaltung wilder Bestäuber auswirken, aufeinander abzustimmen. Außerdem müssen Mittel bereitgestellt werden, um die breite Öffentlichkeit besser über den Rückgang der Bestäuber und dessen Auswirkungen auf unser Leben aufzuklären und die Folgen eines Nichthandelns für künftige Generationen deutlich zu machen. |
1.12. |
Die Umsetzung strenger Maßnahmen ist wesentlich, um wilde Bestäuber während der Risikobewertung und bei der Verwendung von Pestiziden zu schützen. Der EWSA fordert mehr Transparenz in Bezug auf den Einsatz von Pestiziden in der EU und in Drittländern. |
1.13. |
Die wirksamste Lösung wäre eine weltweite Vereinbarung über die Verringerung des Einsatzes chemisch-synthetischer Pestizide, was globales Engagement und einen fairen Wettbewerb sichern würde. Wir müssen diesen Kraftakt im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes sowie intensiverer internationaler Verhandlungen stemmen, auch wenn wir einen langen Atem brauchen werden. Dies umfasst auch eine ernsthafte Debatte über ein Ausfuhrverbot von Pestiziden, die in der EU bereits verboten sind. |
2. Allgemeine Bemerkungen
2.1. |
Die Anerkennung der wesentlichen Vorteile, die Bestäuber bieten, und der von ihnen erbrachten Ökosystemleistungen ist für die Verwirklichung mehrerer Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen von zentraler Bedeutung. Bestäuber sind ein wichtiger Anzeiger für den Gesundheitszustand unserer Umwelt und von unverzichtbarem wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Nutzen. |
2.2. |
Die Kommission hat eine Überprüfung der EU-Initiative für Bestäuber eingeleitet, mit der auf den anhaltenden Rückgang der wilden Bestäuber in der EU reagiert werden soll. Der EWSA unterstützt die ehrgeizige Mitteilung, ist allerdings der Auffassung, dass fünf Jahre nach dem Start der ursprünglichen Initiative wenig Fortschritte zu verzeichnen sind, insbesondere im Hinblick auf die Erhebung aller verfügbaren und erforderlichen Daten, um das politische Handeln voranzutreiben. |
2.3. |
Bestäuber sind nicht nur ein wesentlicher Bestandteil funktionierender Ökosysteme, sondern auch die Grundlage für das Leben auf unserem Planeten. Die Bienen sind die bekanntesten unter den tausenden bekannten Arten wilder Bestäuber. Der Rückgang der wilden Bestäuber wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Der EWSA betont die Bedeutung des Vorsorgeprinzips für ihren Schutz. |
2.4. |
Der EWSA begrüßt die in der vorliegenden Mitteilung beschriebenen ehrgeizigen Pläne, weist jedoch darauf hin, dass die Fristen für die Umsetzung der langen Liste künftiger Vorhaben ausreichend lang angesetzt werden müssen. Angesichts des dringenden Handlungsbedarfs hätte sich der EWSA klare kurzfristige Maßnahmen und Ansätze erhofft, die auf den bisherigen Erfahrungen aufbauen und sich auf den Bericht über die ursprüngliche Initiative für Bestäuber (2) stützen. Der EWSA macht deutlich, dass unverzüglich und in allen Bereichen und in allen Mitgliedstaaten gehandelt werden muss, und begrüßt die Einführung eines europaweiten Systems zur Überwachung von Bestäubern (EU Pollinator Monitoring Scheme — EU-PoMS). |
2.5. |
Der EWSA fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, sich rasch auf kurz-, mittel- und langfristig zu ergreifende Maßnahmen zu einigen und diese schnell in Angriff zu nehmen. Er erwartet eine zügige Billigung der vorliegenden Mitteilung. |
2.6. Faktoren, die den Rückgang der Bestäuber beeinflussen
2.6.1. |
Die Populationen wilder Bestäuber werden durch zahlreiche Faktoren beeinflusst (3). Dazu gehören vor allem die Umwelt sowie neben der Vernachlässigung der Fruchtfolge und der Fokussierung der Landwirte auf maximale Ernteerträge, auch das Verhalten der Stadt- und Landbewohner. Der Rückgang der Bestäuber kann auch auf andere Faktoren zurückzuführen sein, wie bspw. unzureichende Nahrungsquellen, das Eindringen und die Verbreitung gebietsfremder Insekten- und Pflanzenarten, Fressfeinde, den Einsatz von Pestiziden in ländlichen und städtischen Gebieten, Bienenhaltungsverfahren der Imker, Krankheitserreger wie Viren sowie klimawandelbedingte Faktoren. |
2.6.2. |
Der EWSA weist ferner darauf hin, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Bestäuber einerseits und dem Pestizidverbrauch pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche und der Lebensmittelproduktion in den Mitgliedstaaten andererseits besteht (4). Notfallzulassungen der Mitgliedstaaten für den Einsatz von Pestiziden zeugen von den praktischen Problemen, die sich angesichts des Dilemmas ergeben, einen wirksamen Pflanzenschutz und gleichzeitig die Qualität und Quantität des Ertrags zu gewährleisten. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat festgestellt, dass es nur für etwa ein Drittel der in Notfällen gewährten Ausnahmeregelungen für den Einsatz dieser Neonicotinoide Alternativen gegeben hätte. Der EWSA verweist auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Januar 2023 in der Rechtssache C-162/21, wonach die Mitgliedstaaten keine weiteren Notfallzulassungen für Produkte erteilen dürfen, die Neonicotinoide enthalten. |
3. PRIORITÄT I: Verbesserung der Kenntnisse über den Rückgang der Bestäuber sowie seine Ursachen und Folgen
3.1. |
Der EWSA hält es für dringend erforderlich, die Verwaltungskapazitäten in den Mitgliedstaaten auszubauen und die Zusammenarbeit zwischen Behörden und privaten Interessenträgern, einschließlich Forschungseinrichtungen und der Wissenschaft, zu stärken, ohne dabei den Agrarsektor aus dem Blick zu verlieren. |
3.2. |
Der Austausch von Wissen und Fachkompetenz zwischen verschiedenen Interessenträgern und deren gemeinsame Anstrengungen sind entscheidend für die Entwicklung kosteneffizienter Maßnahmen und die Schaffung von Synergien. Ein solcher umfassender Ansatz erfordert eine wirksame Zusammenarbeit zwischen politischen Entscheidungsträgern, Interessenvertretern und der breiten Öffentlichkeit. |
3.3. |
Der EWSA weist darauf hin, dass neben dem Rückgang der Bestäuberpopulationen auch Experten auf diesem Gebiet fehlen. Die nationalen Anstrengungen zur Sammlung einschlägiger Daten, einschließlich der Datenerhebung und -analyse, müssen im Rahmen einer EU-Plattform für Bestäuber, die einen offenen Zugang zu den Daten ermöglicht, auf EU-Ebene koordiniert werden. Über eine solche Plattform, die den Aufbau einer Open-Source-Datengemeinschaft und eine Sammlung erprobter Algorithmen und Modelle bereitstellt, können Einzelpersonen einen Beitrag zu den kollektiven Bemühungen leisten. |
3.4. |
Der EWSA fordert handfeste und umfangreiche Mittel für Forschung, Entwicklung und Innovation, um alle erforderlichen wissenschaftlichen Informationen zusammenzutragen und geeignete Initiativen zu verfolgen, um den Trend des Rückgangs der Bestäuber umzukehren. |
3.5. |
Der EWSA begrüßt, dass die Kommission den Bereich Bestäuber nach Annahme der ursprünglichen Initiative als eigenes Thema in das Horizont 2020-Arbeitsprogramm für 2018-2020 aufgenommen hat. Im Rahmen des Programms „Horizont Europa“ müssen zusätzliche Mittel für die Forschung zu Bestäubern vorgesehen werden, unter anderem für die Erforschung der Ursachen des Rückgangs und für die Beobachtung von Bestäuberarten und -populationen in der EU, auch in städtischen Gebieten. |
4. PRIORITÄT II: Verbesserung der Erhaltung von Bestäubern und Bekämpfung der Ursachen ihres Rückgangs
4.1. |
Der EWSA weist darauf hin, wie wichtig die Verfügbarkeit von Daten über Bestäuber für die weitere Festlegung von Strategien zur Erhaltung von Bestäubern ist, und erwartet konkrete und quantifizierbare Zielvorgaben auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten für die Wiederherstellung der Populationen und Lebensräume von Bestäubern in der EU. |
4.2. |
Der EWSA empfiehlt als wichtige erste Maßnahme, die aktuellen und möglichen Lebensräume und Netze für Bestäuber in Städten zu kartieren, und unterstützt die Initiative der Kommission, die Städte zur Umsetzung des Ratgebers für bestäuberfreundliche Städte (5) zu ermutigen. Darüber hinaus spricht sich der EWSA für die Auflegung eines Programms und die Entwicklung einer Vision für bestäuberfreundliche Städte aus, mit denen für eine bessere Flächenbewirtschaftung gesorgt wird, um die Vielfalt an Bestäubern zu fördern und Naturräume in städtischen Gebieten und im städtischen Umfeld zu erhalten. Der EWSA hat sich bereits dafür ausgesprochen, dass der „Boden […] in allen Mitgliedstaaten umsichtig bewirtschaftet werden [muss], dabei müssen ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit erreicht und die erforderlichen Finanzierungsmöglichkeiten vorgesehen werden“ (6). |
4.3. |
Für den stabilen Erhalt der Menge und Vielfalt der Bestäuberpopulationen auf dem Land ist es entscheidend, durch eine entsprechende Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen geeignete Bedingungen zu schaffen. Der EWSA betont, dass es ohne öffentliche Maßnahmen, die Landwirten eine angemessene finanzielle Unterstützung bieten, nicht möglich sein wird, nachhaltigere Lebensmittelsysteme zu erreichen. Mittel aus der GAP sind nicht die einzige Möglichkeit zur Bereitstellung von Unterstützung. |
4.4. |
Alle Maßnahmen, die zu einer stabilen Verbreitung der Bestäuberpopulationen beitragen sollen, müssen einer Realitätsprüfung unterzogen werden. Möglicherweise widersprüchliche Maßnahmen müssen ausgeschlossen und geeignete Maßnahmen systematisch gefördert werden. Der EWSA ist der Auffassung, dass es bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen keine klare Führung gibt, und rechnet mit einer erheblichen Diskrepanz zwischen den Anstrengungen der einzelnen Mitgliedstaaten. |
4.5. |
Die in den Mitgliedstaaten bestehenden großen Unterschiede beim Einsatz von Pestiziden pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche führen zu Unterschieden nicht nur beim Naturschutz, sondern auch bei der Produktion. Die EU und die Mitgliedstaaten sollten sich um eine rasche Wissensverbreitung bemühen und die Forschungsanstrengungen auf die Agrarökologie, einen nachhaltigen Einsatz von Pestiziden und bewährte Verfahren des integrierten Pflanzenschutzes konzentrieren. |
4.6. |
Der EWSA empfiehlt die Einführung eines transparenten Kontrollsystems, um für Pestizide in eingeführten Lebensmitteln dieselben Höchstgehalte an Pestizidrückständen durchzusetzen wie für in der Union erzeugte Lebensmittel. Der EWSA hat die Kommission bereits aufgefordert, den Grundsatz der Gegenseitigkeit der Standards rasch anzuwenden, um Wettbewerbsverzerrungen für die europäischen Landwirte möglichst gering zu halten (7). Die Verbraucher sollten geschützt werden und auf ein Angebot an hochwertigen Produkten zu fairen Preisen zurückgreifen können. |
4.7. |
Der EWSA fordert, die Landwirte im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsberatung auf nationaler und regionaler Ebene angemessen über Umweltmaßnahmen aufzuklären, unter anderem über den Einsatz von für Bestäuber ungefährlichen Pestiziden mit geringem Risiko und den integrierten Pflanzenschutz. |
4.8. |
Bis 2024 müssen Indikatoren für den Zustand der Bestäuberpopulation entwickelt werden, damit die Indikatoren im Rahmen der GAP bewertet werden können. Ein wesentlicher Schritt ist die Durchführung einer umfassenden Bewertung, um zu ermitteln, inwiefern die GAP dazu beiträgt, den Rückgang der Bestäuber aufzuhalten und Praktiken zu fördern, mit denen dieser rückläufige Trend umgekehrt wird. Die Mitgliedstaaten sollten sich dafür einsetzen, dass die im Rahmen der GAP bereitgestellten Mittel für technische Hilfe auch den Bestäubern zugutekommen. Zusätzliche Mittel sollten zudem für den Schutz der Verbraucher und der Umwelt eingesetzt werden. |
4.9. |
Blühstreifen bieten verschiedenen Bestäuberarten einen Lebensraum und werden zweifellos zu ihrem Schutz beitragen. Von diesen Blühstreifen könnte allerdings auch eine Gefahr für Bienen und andere Bestäuber ausgehen, wenn sie in Grundwassernähe angelegt werden und sich entsprechende Pestizide noch im Boden befinden. Daher wären Mittel erforderlich, um klare Anweisungen für das Anlegen von Blühstreifen zu erforschen und zu entwickeln. |
4.10. |
Einigen wissenschaftlichen Studien (8) zufolge kann die von Mobilfunkantennen ausgehende elektromagnetische Strahlung Auswirkungen auf die Populationen wilder Bestäuber in ihren natürlichen Lebensräumen haben. Darüber hinaus bewertete der Wissenschaftliche Ausschuss „Gesundheitsrisiken, Umweltrisiken und neu auftretende Risiken“ (SCHEER) der Europäischen Kommission das Risiko, dass sich elektromagnetische Strahlung (insbesondere im Zusammenhang mit 5G) negativ auf die Umwelt auswirkt, im Jahr 2018 mit dem höchstmöglichen Gefahrenwert (9). Zusätzliche Bewertungen des Eklipse-Netzwerks wie auch unabhängige Forschungsergebnisse haben bestätigt, dass eine Schädigung von Insektenpopulationen durch elektromagnetische Felder plausibel ist (10). Der EWSA fordert die Durchführung einer EU-Studie, die genaue Daten zu diesem Thema und zu den für einen wirksamen Schutz der Bestäuber erforderlichen politischen Maßnahmen liefert. |
4.11. |
Der EWSA hält es für erforderlich, anhand von Satellitendaten eine EU-weite Messgröße zur Messung der Lichtverschmutzung zu entwickeln, um die regionalen und lokalen Auswirkungen auf die Bestäuber zu messen und zu beobachten. |
4.12. |
Die im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik bereitgestellten Mittel können genutzt werden, um in den Schutz und die Wiederherstellung der Natur und der biologischen Vielfalt, die Eindämmung des Klimawandels und die Gewährleistung einer nachhaltigen Stadtentwicklung, bspw. die Einführung von naturbasierten Lösungen für eine grüne Infrastruktur für Bestäuber, zu investieren. In diesem Zusammenhang begrüßt der EWSA die Empfehlung 11.2 der Kommission. |
5. PRIORITÄT III: Mobilisierung der Gesellschaft und Förderung der strategischen Planung und der Zusammenarbeit auf allen Ebenen
5.1. |
Der EWSA begrüßt, dass die Kommission den Europäischen Ausschuss der Regionen um Unterstützung bei der Umsetzung der Initiative für Bestäuber auf Ebene der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ersucht hat. Er bedauert allerdings, dass er im Zusammenhang mit dieser Initiative (11) bzw. mit der ursprünglichen Initiative (12) bisher nicht erwähnt wurde, insbesondere was seine Rolle als Sprachrohr der Zivilgesellschaft angeht. Der EWSA hofft, dass ihm konkrete Aufgaben übertragen werden, um diese Strategie bei verschiedenen Gruppen von Interessenträgern bekannt zu machen, u. a. durch die Sensibilisierung der Sozialpartner, zivilgesellschaftlicher Organisationen und der Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedstaaten. |
5.2. |
Es sollten spezielle Kommunikationsinstrumente eingesetzt werden, um die Bürgerinnen und Bürger über den Rückgang der Bestäuber aufzuklären und ihnen dessen Auswirkungen auf unser Leben sowie die Folgen eines Nichthandelns (einschließlich der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen für künftige Generationen) vor Augen zu führen. Außerdem sollten in allen Mitgliedstaaten Informationskampagnen in den öffentlich-rechtlichen Medien gefördert werden. Es müssen Mittel bereitgestellt werden, um die breite Öffentlichkeit u. a. über die sozialen Medien und durch kurze Beiträge zur Hauptsendezeit im Fernsehen besser aufzuklären. |
5.3. |
Der EWSA verweist auf die wichtige Rolle der „Koalition der Willigen für Bestäuber“ (13), eine von der EU unterstützte Plattform, deren Mitglieder sich dafür engagieren, Wissen und bewährte Verfahren auszutauschen, die Forschung über die Erhaltung von Bestäubern voranzutreiben und sich im Wege der Zusammenarbeit gegenseitig zu unterstützen. |
5.4. |
Der EWSA plädiert dafür, Schulungsprogramme für landwirtschaftliche Berater, Land- und Forstwirte, Landbewirtschafter und Landschaftsarchitekten aufzulegen, um das Wissen über die Ökologie von Bestäubern, ihre Bestimmung und die Wiederherstellung ihrer Lebensräume zu verbessern. |
6. Abschließende Bemerkungen
6.1. |
Die Kommission hat eine Prioritätenliste mit 42 Maßnahmen erstellt, für die jeweils genaue Fristen vorgegeben sind. Für die vorgeschlagenen Maßnahmen sollte ein detaillierter Zeitplan für die Vorbereitung und die anschließende Erprobung festgelegt werden. Ein solcher Zeitplan wäre für alle Beteiligten sowohl leichter zu überwachen als auch leichter zu erfüllen. |
6.2. |
Der EWSA ist der Auffassung, dass eine wirksame Zusammenarbeit und eine angemessene Mittelzuweisung maßgeblich für die Abstimmung der verschiedenen Maßnahmen und Instrumente, die sich auf die Erhaltung wilder Bestäuber auswirken, sein werden. Der EWSA betont die Bedeutung der Bereitstellung entsprechender Mittel, um den in der Kommissionsmitteilung formulierten Erwartungen gerecht zu werden. |
6.3. |
Verbesserte Standards sind notwendig, um wilde Bestäuber sowohl während der Risikobewertung als auch bei der Verwendung von Pestiziden zu schützen. Wenn es nicht gelingt, eine mutige Strategie zur Eindämmung des Einsatzes von Pestiziden anzunehmen, sind die Zukunft der Bienen und anderer Bestäuber, unser gesamtes Ökosystem und die Ernährungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger in der EU gefährdet. In Bezug auf den tatsächlichen Einsatz von Pestiziden in der EU ist mehr Transparenz erforderlich. |
6.4. |
Nach Auffassung des EWSA wäre der wirksamste Ansatz und die ideale Lösung eine weltweite Vereinbarung über die Verringerung des Einsatzes chemisch-synthetischer Pestizide, was globales Engagement und einen fairen Wettbewerb sichern würde. Wir müssen diesen Kraftakt in den internationalen Verhandlungen im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes stemmen, auch wenn wir einen langen Atem brauchen werden. Dies umfasst auch eine ernsthafte Debatte über ein Ausfuhrverbot von Pestiziden in Drittländer, die in der EU bereits verboten sind. |
Brüssel, den 13. Juli 2023
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Oliver RÖPKE
(1) COM(2023) 35 final.
(2) COM(2021) 261 final.
(3) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Europäische Bürgerinitiative ‚Bienen und Bauern retten‘ “ (Initiativstellungnahme) (ABl. C 100 vom 16.3.2023, S. 45).
(4) Eurostat, Agri-environmental indicator — consumption of pesticides.
(5) Europäische Kommission, Ein Ratgeber für bestäuberfreundliche Städte.
(6) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/841 hinsichtlich des Geltungsbereichs, der Vereinfachung der Compliance-Vorschriften, der Festlegung der Zielwerte der Mitgliedstaaten für 2030 und der Verpflichtung, bis 2035 gemeinsam Klimaneutralität im Sektor Landnutzung, Forstwirtschaft und Landwirtschaft zu erreichen, und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1999 hinsichtlich der Verbesserung der Überwachung, der Berichterstattung, der Verfolgung der Fortschritte und der Überprüfung“ (COM(2021) 554 final) (ABl. C 152 vom 6.4.2022, S. 192).
(7) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/2115“ (COM(2022) 305 final — 2022/0196 (COD)) (ABl. C 100 vom 16.3.2023, S. 137).
(8) Electromagnetic radiation of mobile telecommunication antennas affects the abundance and composition of wild pollinators.
(9) SCHEER, Statement on emerging health and environmental issues (2018).
(10) Risk to pollinators from anthropogenic electro-magnetic radiation (EMR).
(11) COM(2023) 35 final.
(12) COM(2018) 395 final.
(13) Koalition der Willigen für Bestäuber, Promote Pollinators.