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Document 52023AE0921

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Gigabit-Netzen für die elektronische Kommunikation und zur Aufhebung der Richtlinie 2014/61/EU (Gigabit-Infrastrukturverordnung)“ [COM(2023) 94 final — 2023/0046 (COD)]

    EESC 2023/00921

    ABl. C 349 vom 29.9.2023, p. 116–120 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    29.9.2023   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 349/116


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Gigabit-Netzen für die elektronische Kommunikation und zur Aufhebung der Richtlinie 2014/61/EU (Gigabit-Infrastrukturverordnung)“

    [COM(2023) 94 final — 2023/0046 (COD)]

    (2023/C 349/18)

    Berichterstatter:

    Maurizio MENSI

    Befassung

    Rat der Europäischen Union, 3.4.2023

    Europäisches Parlament, 29.3.2023

    Rechtsgrundlage

    Artikel 114 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    26.6.2023

    Verabschiedung im Plenum

    12.7.2023

    Plenartagung Nr.

    580

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    173/1/1

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt den Vorschlag der Kommission für eine Gigabit-Infrastrukturverordnung und befürwortet Ziele und Inhalt.

    1.2.

    Allerdings hält der EWSA rasch und effektiv wirkende, vereinfachte Verfahren sowie angemessene Bedingungen und Preise, die überall in der EU einheitlich angewandt werden können, für erforderlich, um die Ziele der Gigabit-Infrastrukturverordnung zu erreichen. Konkrete Leitlinien der Kommission wären in diesem Zusammenhang besonders hilfreich.

    1.3.

    Der EWSA erkennt an, dass die gemeinsame Nutzung der bestehenden Infrastruktur für die Verwirklichung der Ziele der digitalen Dekade der EU bis 2030 äußerst wichtig ist, und betont, dass die Sicherheit und Robustheit der Netze sowie ihr Schutz garantiert werden müssen. Die Verwirklichung der Konnektivitätsziele der EU erfordert eine umfassende Strategie, die die neuesten Technologien mit resilienten, autonomen und sicheren Lieferketten verbindet. Daher sollte die Gigabit-Infrastrukturverordnung dazu genutzt werden, Netzbetreiber dazu anzuhalten, Technologiekomponenten einzusetzen, die ein hohes Maß an digitaler Sicherheit gewährleisten, die Gefahr von Netzunterbrechungen verringern und dieser angemessen entgegenwirken.

    1.4.

    Der EWSA hält es für wichtig, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, Maßnahmen, die mit dem Unionsrecht in Einklang stehen, beizubehalten oder einzuführen, die über die in der Gigabit-Infrastrukturverordnung festgelegten Mindestanforderungen hinausgehen, wie in Erwägungsgrund 11 ausdrücklich festgestellt wird.

    1.5.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass der Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität (VHC-Netze) und der Gigabit-Internetanbindung für die Entwicklung und den sozioökonomischen Zusammenhalt äußerst wichtig ist, da dies entscheidend zur gleichberechtigten wirtschaftlichen Entwicklung von KMU und freiberuflichen Dienstleistungen, zu digitalen Arbeitsplätzen und zur Erbringung elektronischer Dienste in abgelegenen Gebieten beiträgt.

    1.6.

    Nach Ansicht des EWSA sollten die zentralen Informationsstellen, über die Eigentümer öffentlicher Infrastrukturen Mindestinformationen über physische Infrastrukturen bereitstellen müssen, mit anderen, auf nationaler Ebene bereits bestehenden Datenbanken verknüpft bzw. in diese aufgenommen werden, um Doppelarbeit zu vermeiden und Kosten zu sparen.

    1.7.

    Nach Auffassung des EWSA würden gestraffte und digitalisierte Genehmigungsverfahren dem Ausbau elektronischer Kommunikationsnetze entscheidende Impulse geben, allerdings ist die Verpflichtung zu einer stillschweigenden Erteilung von Genehmigungen für die Wegerechte eventuell nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und könnte dem Eigentumsrecht gemäß den Artikeln 17 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abträglich sein.

    1.8.

    Der EWSA verweist auf mögliche Kosteneinsparungen durch den raschen Bau der Infrastruktur, die Koordinierung der Bauarbeiten, die Schaffung von Synergien zwischen den verschiedenen Netzbetreibern und die gemeinsame Nutzung bestehender physischer Infrastrukturen. Auf diese Weise wird die Umweltbelastung verringert, weil weitere Tief- und Hochbauarbeiten vermieden werden, was zur Erreichung der Umweltziele beiträgt.

    1.9.

    Seines Erachtens sollte der Vorschlag nachprüfbare Maßnahmen enthalten, mit denen eine ausgewogene Entwicklung und ein gleichberechtigter Zugang zu VHC-Netzen sichergestellt werden, um im Einklang mit der Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen eine Vertiefung der Kluft zwischen Ländern und Regionen mit unterschiedlichem Entwicklungstempo und Entwicklungskapazitäten zu verhindern und den Zugang zu einer hochwertigen Netzanbindung mit einem verfügbaren Internetzugang für alle Menschen in der EU, auch einkommensschwache Menschen, zu gewährleisten.

    2.   Hintergrund der Stellungnahme

    2.1.

    Der Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität, einschließlich Glasfaser- und 5G-Netzen ist auf EU-Ebene eine strategische Priorität im Rahmen der Bemühungen um die Verwirklichung der strategischen Ziele und der Digitalziele der EU bis 2030. Eine Vielzahl innovativer Anwendungen, mit denen zahlreiche Wirtschaftszweige der EU wie der Handel, die Automobilindustrie, das verarbeitende Gewerbe, das Gesundheitswesen, der Verkehr, die Landwirtschaft und Versorgungsunternehmen umgestaltet und zukunftssicher gemacht werden können, ist auf den Zugang zu VHC-Netzen angewiesen.

    2.2.

    Die Europäische Kommission hat im Jahr 2014 die Richtlinie über die Senkung der Breitbandkosten (1) als eine der Initiativen zur Beseitigung von Hindernissen und zur Förderung des Ausbaus von VHC-Netzen vorgelegt, um den Netzausbau durch harmonisierte Maßnahmen auf EU-Ebene zur Senkung der Kosten des Ausbaus zu erleichtern und Anreize dafür zu schaffen. Acht Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie sind deren Ziele jedoch bei weitem noch nicht erreicht. Im Bericht der Kommission von 2018 über die Umsetzung der Richtlinie sowie in den Beiträgen wichtiger Interessenträger zu der von der Kommission im Dezember 2020 diesbezüglich eingeleiteten öffentlichen Konsultation wird die Notwendigkeit einer Überprüfung der Richtlinie deutlich hervorgehoben. Lediglich 20 % der Teilnehmer an der Konsultation waren der Ansicht, dass die Richtlinie den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation zu geringeren Kosten erleichtert, nur 11 % vertraten die Auffassung, dass durch die Richtlinie der mit der Genehmigung verbundene Zeitaufwand und die Kosten gesunken sind.

    2.3.

    Das Ziel der Richtlinie, die Verbesserung der Breitbandversorgung, wurde nur teilweise erreicht. Zwar ist der Anteil der Haushalte, die über einen Internetzugang mit 30 Mbit/s verfügen, dem Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) zufolge von 58,1 % im Jahr 2013 auf 90 % im Jahr 2022 gestiegen, doch wurde die Richtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten uneinheitlich umgesetzt und zuweilen unterschiedlich ausgelegt.

    2.4.

    Die Kommission ist sich bewusst, dass die Richtlinie effektiver werden muss, daher hat sie ein Verfahren zur Überarbeitung auf den Weg gebracht und eine Verordnung (die Gigabit-Infrastrukturverordnung) vorgeschlagen. Mit der Gigabit-Infrastrukturverordnung sollen die Mängel der Richtlinie über die Senkung der Breitbandkosten behoben und ein Beitrag zur kosteneffizienten und rechtzeitigen Einführung der VHC-Netze geleistet werden. Diese Netze werden für die Verwirklichung der Ziele und Digitalziele der EU bis 2030 gebraucht.

    2.5.

    Der Vorschlag stützt sich auf die im September 2020 angenommene Empfehlung für ein Konnektivitätsinstrumentarium, mit der auf den zunehmenden Konnektivitätsbedarf infolge der COVID-19-Pandemie reagiert werden sollte und die darauf abzielte, die Kosten für den Ausbau von Gigabit-Netzen zu senken und die rasche Bereitstellung von 5G-Funkfrequenzen sicherzustellen. Zu diesem Zweck legten die Mitgliedstaaten im März 2021 39 bewährte Verfahren vor (22 davon dienen der Senkung der Ausbaukosten), die in das Konnektivitätsinstrumentarium aufgenommen werden sollen.

    2.6.

    Mit der Gigabit-Infrastrukturverordnung sollen der Europäischen Kommission zufolge die Konnektivität in der EU verbessert, Innovationen gefördert und Anreize für Investitionen geschaffen werden. Die Verordnung wird dazu beitragen, den Ausbau der physischen Infrastruktur für Gigabit-Netze zu beschleunigen, indem die Koordinierung von Bauarbeiten zwischen den Netzbetreibern verstärkt wird, denn auf diese Bauarbeiten entfallen bis zu 70 % der Kosten für den Netzausbau. Mit der Verordnung sollen zudem die Verwaltungsverfahren für den Aufbau neuer Netze gestrafft werden, indem der Zugang zu physischer Infrastruktur und die Transparenz bei geplanten Bauarbeiten verbessert wird, klarere Bedingungen für den Zugang zu physischen Infrastrukturen (einschließlich gebäudeinterner Infrastrukturen) geschaffen und die Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen beschleunigt und digitalisiert werden. Die Anträge auf Genehmigung müssen innerhalb von 15 Tagen beantwortet werden und gelten innerhalb von vier Monaten nach ihrem Eingang als stillschweigend genehmigt.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1.

    Der EWSA begrüßt das Ziel der Kommission, die Richtlinie über die Senkung der Breitbandkosten an die jüngsten und aktuellen Entwicklungen der Technik, der Märkte und der Regulierung anzupassen und einen effizienteren und rascheren Ausbau nachhaltigerer Netze zu fördern, für die Angleichung an den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (EKEK) (2) zu sorgen und im Rahmen des europäischen Grünen Deals einen Beitrag zu einer größeren Umweltfreundlichkeit der Informations- und Kommunikationstechnologie zu leisten.

    3.2.

    Der EWSA begrüßt die Entscheidung, wegen des Risikos von Verzögerungen und Uneinheitlichkeit bei der Umsetzung einer Richtlinie in den Mitgliedstaaten auf eine Verordnung statt einer Richtlinie als Rechtsinstrument zurückzugreifen. Eine Verordnung stellt Einheitlichkeit sicher und wirkt der Fragmentierung nationaler Rechtsvorschriften entgegen, was für die Verwirklichung der ehrgeizigen Konnektivitätsziele der Kommission bis 2030 äußerst wichtig ist. Eine Richtlinie würde wahrscheinlich erst nach Ablauf der Frist in Kraft treten und damit dem Ziel der Kommission, rasch günstige rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, zuwiderlaufen. Zudem könnte eine Verzögerung bei der Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für den Ausbau die Entwicklung des digitalen Binnenmarkts gefährden. Durch die jüngsten Entwicklungen im Digitalbereich kann die Integration des Binnenmarkts mit dem Aufkommen grenzüberschreitend tätiger Akteure eine neue Ebene erreichen, was die Investitionstätigkeit ankurbelt.

    3.3.

    Die unzureichende und uneinheitliche Umsetzung der Richtlinie über die Senkung der Breitbandkosten und fehlende Leitlinien haben zu fragmentierten nationalen Rechtsvorschriften und zu Rechtsunsicherheit geführt. Dies hat Hindernisse für grenzüberschreitende Investitionen und Tätigkeiten sowie Hürden für Unternehmen geschaffen, die sich Größenvorteile auf EU-Ebene erhofft hatten, mit denen sie die Vorteile des EU-Binnenmarkts nutzen wollten. Daher ist eine stärkere Harmonisierung erforderlich, um die Entwicklung grenzüberschreitender Tätigkeiten in diesem Bereich zu fördern und ein Europa der zwei Geschwindigkeiten zu verhindern.

    3.4.

    Mit den in dem Vorschlag enthaltenen Maßnahmen werden im Wesentlichen folgende Ziele verfolgt: Verbesserung der sektorübergreifenden Koordinierung, Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, vollständige Digitalisierung des Verfahrens für den Zugang zu Informationen über bestehende Infrastrukturen und geplante Bauarbeiten sowie für die Einreichung von Genehmigungsanträgen, Vereinfachung der Wiederverwendung öffentlicher Infrastrukturen und des Ausbaus der Netzinfrastruktur für Betreiber, Vorbereitung auf Innovationen, damit alle neuen Gebäude und Gebäude, die umfassend renoviert werden, mit einer Glasfaser- und glasfaserfähigen Infrastruktur ausgestattet werden, sowie Beitrag zur Nachhaltigkeit durch eine Verringerung der Umweltauswirkungen elektronischer Kommunikationsnetze durch die Förderung der gemeinsamen Nutzung von Infrastrukturen und die Einführung effizienterer Technologien, die Wiederverwendung bestehender Infrastrukturen und eine bessere Koordinierung von Bauarbeiten.

    3.5.

    Die Betreiber können Genehmigungsanträge digital einreichen und alle erforderlichen Informationen über die bestehende Infrastruktur und geplante Bauarbeiten digital abrufen. Der Kommission zufolge wird den Betreibern dadurch ein Ausbau der Netze zu geringeren Kosten ermöglicht. In der Folgenabschätzung wird von Einsparungen in Höhe von 4,5 Mrd. EUR ausgegangen, bei den staatlichen Zuschüssen von einem Rückgang um 2,4 Mrd. EUR.

    3.6.

    Auch die Begriffsbestimmungen wurden im Vergleich zu der Richtlinie über die Senkung der Breitbandkosten erweitert. Der Vorschlag gilt für Netzbetreiber, die Zugang gewähren, einschließlich Betreiber zugehöriger Einrichtungen wie Leitungsrohre, Masten und Pfähle, für physische Infrastrukturen, einschließlich Infrastrukturen, die sich im Eigentum öffentlicher Stellen, wie lokaler Behörden, befinden, sowie für Gebäude und Gebäudeeingänge und sonstige Objekte, einschließlich Straßenmobiliar wie Lichtmasten, Verkehrsschilder, Verkehrsampeln, Reklametafeln sowie Bus- und Straßenbahnhaltestellen und U-Bahnhöfe.

    3.7.

    Mit dem Vorschlag werden neue Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz bestehender physischer Infrastrukturen eingeführt. So werden beispielsweise Eigentümer öffentlicher Infrastrukturen verpflichtet, Mindestinformationen über physische Infrastrukturen über zentrale Informationsstellen bereitzustellen. Darüber hinaus enthält der Vorschlag strengere Regeln für die Koordinierung geplanter Bauarbeiten, wie sie bereits in der Richtlinie über die Senkung der Breitbandkosten vorgesehen sind, aber in Bezug auf Umfang und Anwendungsbereich hier erheblich erweitert werden. Beispielsweise müssen die im Vorschlag vorgesehenen Informationen über Bauarbeiten vom Netzbetreiber in digitaler Form mindestens drei Monate vor Einreichung des ersten Genehmigungsantrags über eine zentrale Informationsstelle zur Verfügung gestellt werden. Da in vielen EU-Ländern bereits Datenbanken mit diesen Informationen zur Verfügung stehen, sollte die zentrale Informationsstelle nach Ansicht des EWSA mit anderen Datenbanken verknüpft bzw. in diese aufgenommen werden, um Doppelarbeit zu vermeiden und Kosten zu sparen.

    3.8.

    Der Vorschlag sieht auch Maßnahmen zu Genehmigungsverfahren vor, die auf nationaler Ebene vereinheitlicht und durch die Einführung einer stillschweigenden Genehmigung, die vier Monate nach Einreichung eines Antrags als erteilt gilt, in vollem Umfang zugänglich gemacht werden müssen. Darüber hinaus soll das Zeichen „glasfaserfähig“ vergeben werden, das angibt, ob ein Gebäude die Anforderungen für die einfache Installation eines VHC-Netzes wie Glasfaser erfüllt, was eine Voraussetzung für die Erteilung von Baugenehmigungen für neue Gebäude werden muss. Diese Gebäude sollten allerdings mit VHC-Netzen ausgestattet werden, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen und den größtmöglichen Nutzen aus den getätigten Investitionen zu ziehen.

    3.9.

    Der EWSA hält es für wichtig, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, Maßnahmen, die mit dem Unionsrecht in Einklang stehen, beizubehalten oder einzuführen, die über die in der Gigabit-Infrastrukturverordnung festgelegten Mindestanforderungen hinausgehen, wie in Erwägungsgrund 11 ausdrücklich festgestellt wird. Hierin wird zu Recht festgehalten, dass diese Verordnung nationalen, mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Maßnahmen nicht entgegensteht, die die gemeinsame Nutzung bestehender physischer Infrastrukturen fördern oder einen effizienteren Aufbau neuer physischer Infrastrukturen ermöglichen, indem sie die in der Gigabit-Infrastrukturverordnung festgelegten Rechte und Pflichten ergänzen.

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1.

    Der Vorschlag steht im Einklang mit dem im Dezember 2020 in Kraft getretenen europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation, mit dem der Rechtsrahmen der EU für die elektronische Kommunikation aktualisiert wurde, und trägt zur Verwirklichung seiner Ziele hinsichtlich der Schaffung von Anreizen für Investitionen in moderne Konnektivitätsnetze bei. Während der Kodex in erster Linie auf die Verbesserung des Wettbewerbs abzielt, Anforderungen an Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht enthält und nicht nur für physische Infrastrukturen, sondern auch für elektronische Kommunikationsnetze wie Glasfaserkabel gilt, besteht der Hauptzweck der Gigabit-Infrastrukturverordnung darin, Hindernisse beim Netzausbau aus dem Weg zu räumen, wobei aktuelle Entwicklungen der Technik, der Märkte und der Regulierung berücksichtigt werden.

    4.2.

    Im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele der Gigabit-Infrastrukturverordnung begrüßt der EWSA die Angleichung an die Begriffsbestimmungen des Kodex. Diesbezüglich hält er rasch und effektiv wirkende, vereinfachte Verfahren sowie angemessene Bedingungen und Preise, die überall in der EU einheitlich angewandt werden können, für äußerst wichtig. Der EWSA würde in diesem Zusammenhang Leitlinien der Kommission besonders begrüßen.

    4.3.

    Gemäß dem im Rahmen der digitalen Dekade bis 2030 der EU festgelegten Ziel, dass alle europäischen Haushalte bis 2030 über Gigabit- und schnelle Mobilfunknetze verfügen sollten, und im Gegensatz zu der Richtlinie über die Senkung der Breitbandkosten fördert der Vorschlag für eine Verordnung den Ausbau von VHC-Netzen durch Zugangsverpflichtungen für Eigentümer physischer Infrastrukturen unabhängig von ihrer Marktstellung. Der EWSA unterstützt die Ausweitung des Geltungsbereichs, die es allen Einrichtungen, die Infrastruktur bereitstellen, ermöglicht, die in der Gigabit-Infrastrukturverordnung vorgesehenen zügigen Genehmigungsverfahren in Anspruch zu nehmen. Seines Erachtens muss der Rechtsrahmen jedoch ausreichend weit gespannt sein, um den unterschiedlichen Bedürfnissen aller am Aufbau von VHC-Netzen Beteiligten in der EU gerecht zu werden.

    4.4.

    Der EWSA erkennt an, dass die gemeinsame Nutzung der bestehenden Infrastruktur für die Verwirklichung der Ziele der digitalen Dekade der EU bis 2030 äußerst wichtig ist, und betont, dass die Sicherheit und Robustheit der Netze sowie ihr Schutz garantiert werden müssen. Das Erreichen der Konnektivitätsziele der EU erfordert eine umfassende Strategie, die die neuesten Technologien mit resilienten, autonomen und sicheren Lieferketten verbindet. Dadurch sollen Unterbrechungen der Dienste aufgrund von Ausfällen oder Cyberangriffen verhindert werden. Daher sollte die Gigabit-Infrastrukturverordnung dazu genutzt werden, Netzbetreiber dazu anzuhalten, Technologiekomponenten einzusetzen, die ein hohes Maß an digitaler Sicherheit gewährleisten, die Gefahr von Netzunterbrechungen verringern und dieser angemessen entgegenwirken. Die Robustheit, Widerstandsfähigkeit und Cybersicherheit des Netzes sind für die erfolgreiche Verwirklichung der Ziele, die mit der Gigabit-Infrastrukturverordnung im Einklang mit dem bestehenden EU-Rechtsrahmen und relevanten Aspekten verfolgt werden, äußerst wichtig, auch im Hinblick auf künftige Maßnahmen der EU in diesem Bereich, die in das neue Mandat der Kommission ab 2024 aufzunehmen wären.

    4.5.

    Der EWSA betont, dass angemessene Bedingungen und Preise neben rasch und effektiv wirkenden, vereinfachten Verfahren wesentliche Bedeutung für den Zugang zur Infrastruktur haben. Da die Effizienz des Systems gewährleistet sein muss, beispielsweise durch die Vermeidung übermäßig hoher Preise, die dem Aufbau von VHC-Netzen entgegenwirken würden, sollte die Kommission nach Ansicht des EWSA konkrete Leitlinien erlassen.

    4.6.

    Nach Auffassung des EWSA würden gestraffte und digitalisierte Genehmigungsverfahren dem Ausbau elektronischer Kommunikationsnetze entscheidende Impulse geben. Der EWSA gibt jedoch zu bedenken, dass die Verpflichtung zu einer stillschweigenden Erteilung von Genehmigungen für die Wegerechte eventuell nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist und dem Eigentumsrecht gemäß den Artikeln 17 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union abträglich sein könnte.

    4.7.

    Der EWSA verweist auf mögliche Kosteneinsparungen durch den raschen Bau der Infrastruktur, die Koordinierung der Bauarbeiten, die Schaffung von Synergien zwischen den verschiedenen Netzbetreibern und die gemeinsame Nutzung bestehender physischer Infrastrukturen. Auf diese Weise wird die Umweltbelastung verringert, weil weitere Tief- und Hochbauarbeiten vermieden werden, was zur Erreichung der Umweltziele beiträgt.

    4.8.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass der Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die Entwicklung und den sozioökonomischen Zusammenhalt äußerst wichtig ist. Diesbezüglich sollte der Vorschlag seines Erachtens nachprüfbare Maßnahmen enthalten, mit denen eine ausgewogene Entwicklung und der gleichberechtigte Zugang zu VHC-Netzen sichergestellt wird, um eine Vertiefung der Kluft zwischen Ländern und Regionen mit unterschiedlichem Entwicklungstempo und Entwicklungskapazitäten zu verhindern. Dabei ist die Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen (3) zu berücksichtigen, nach der alle Marktteilnehmer, die vom digitalen Wandel profitieren, ihrer sozialen Verantwortung nachkommen und einen fairen und verhältnismäßigen Beitrag zu den Kosten öffentlicher Güter, Dienstleistungen und Infrastrukturen leisten sollten, und der Zugang zu einer hochwertigen Netzanbindung mit einem verfügbaren Internetzugang für alle Menschen in der EU, auch für einkommensschwache Menschen, gewährleistet sein sollte (4).

    Brüssel, den 12. Juli 2023

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Oliver RÖPKE


    (1)  Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation (ABl. L 155 vom 23.5.2014, S. 1).

    (2)  Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36).

    (3)  Europäische Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade (ABl. C 23 vom 23.1.2023, S. 1).

    (4)  


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