Inhalt
I.Leitlinien für die Mitgliedstaaten zu bewährten Verfahren zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien
1.Einführung
2.Schnellere und kürzere behördliche Genehmigungsverfahren
a.Bestimmungen der RED II und Vergleich bewährter Verfahren bei ihrer Umsetzung
b.Weitere bewährte Verfahren zur Verkürzung der Dauer von Genehmigungsverfahren über die RED II hinaus
c.Erhöhung der Flexibilität bei der Anpassung der Technologiespezifikationen im Zeitraum zwischen Genehmigungserteilung und Bau von Projekten
3.Interne Koordinierung und klare und digitalisierte Verfahren zur Verringerung der Komplexität der behördlichen Genehmigungsverfahren
a.Bestimmungen der RED II über die zentrale Anlaufstelle und Vergleich bewährter Verfahren bei ihrer Umsetzung
b.Weitere Beispiele für bewährte Verfahren zur Verringerung der Komplexität von Verwaltungsverfahren über die RED II hinaus
4.Ausreichende personelle Ressourcen und Kompetenzerwerb von Genehmigungsstellen
5.Bessere Ermittlung und Planung von Standorten für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien
a.Einschränkungen bei der Land-/Meeresnutzung und bewährte Verfahren zur leichteren Ermittlung geeigneter Gebiete
b.Mehrfachnutzung von Flächen
c.Akzeptanz in der Gesellschaft und deren Einbeziehung
d.Umwelterwägungen
e.Verteidigungs- und luftfahrtbezogene Erwägungen
6.Einfacherer Netzzugang, Kraftwerke mit kombinierten Technologien, Repowering und innovative Technologien
a.Probleme beim Netzzugang
b.Kraftwerke mit kombinierten Technologien
c.Repowering
d.Wasserstoff
e.Förderung von Innovationen
II.Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur Förderung von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie
1.Einführung
2.Regulierungsfragen
3.Ausweitung der Verfügbarkeit von Verträgen über den Bezug erneuerbaren Stroms auf kleine und mittlere Unternehmen
4.Förderung grenzübergreifender Verträge über den Bezug von erneuerbarem Strom
I.Leitlinien für die Mitgliedstaaten zu bewährten Verfahren zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien
1.Einführung
Erneuerbare Energien stehen im Mittelpunkt der Energiewende, die erforderlich ist, um die Ziele des Übereinkommens von Paris und des europäischen Grünen Deals zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wurde in dem Vorschlag für eine Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie („RED II“), den die Kommission im Juli 2021 als Teil des Pakets zur Umsetzung des europäischen Grünen Deals vorgelegt hat, vorgeschlagen, den Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix bis 2030 im Vergleich zu 2020 zu verdoppeln, um mindestens 40 % zu erreichen.
Mit Russlands Invasion der Ukraine wurde der schnellstmögliche Ausbau erneuerbarer Energien zu einer strategischen Priorität der EU, da dieser unsere Abhängigkeit von – in erster Linie importierten – fossilen Brennstoffen verringern und dazu beitragen wird, Energie wieder erschwinglich zu machen.
Zusammen mit den Maßnahmen zur Gewährleistung einer ausreichenden Gasversorgung und einem Plan für Energieeinsparungen in Vorbereitung auf den nächsten Winter wird die schnellstmögliche Bereitstellung neuer Kapazitäten für erneuerbare Energien einen weiteren Beitrag zu den längerfristigen Krisenbewältigungsmaßnahmen leisten. In der Mitteilung REPowerEU, die an die Mitteilung über die „Toolbox“ vom Oktober 2021 anknüpft, wurde ein Plan vorgestellt, mit dem Europa – beginnend mit Erdgas – von russischen fossilen Brennstoffen unabhängig gemacht werden soll, und zwar lange vor Ende dieses Jahrzehnts. In der Mitteilung wurde ferner vorgeschlagen, dass die beiden gesetzgebenden Organe höhere oder frühere Ziele für erneuerbare Energien in Erwägung ziehen, und es wurde auf eine vorgezogene Bereitstellung von Wind- und Solarenergie sowie Wärmepumpen, eine Erhöhung der durchschnittlichen Nutzungsrate um 20 % und zusätzliche Kapazitäten von 80 GW bis 2030 für eine höhere Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff hingewiesen.
Dies bedeutet, dass das derzeitige Tempo der Einführung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien erheblich beschleunigt werden muss, um die erforderliche Kapazitätssteigerung rechtzeitig bewältigen zu können.
Hohe Energiepreise, die in erster Linie auf die hohen Preise für fossiles Gas zurückzuführen sind, sind ein zusätzlicher Grund, den Ausbau von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien zu beschleunigen und die negativen Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu verringern. Erneuerbare-Energien-Projekte ermöglichen zunehmend Strompreise, die auf dem Großhandelsmarkt deutlich unter denen von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerken liegen. Eine beschleunigte Genehmigungserteilung ist erforderlich, um diese rasch auf den Markt bringen zu können. Die Nutzung von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie ermöglicht der europäischen Industrie und Unternehmen den direkten Zugang zu günstiger Energie aus erneuerbaren Quellen und bietet gleichzeitig den Projektträgern im Bereich der erneuerbaren Energien Stabilität, ohne dass die finanzielle Unterstützung der Mitgliedstaaten abgewartet werden muss, wodurch sich die Verfügbarkeit erschwinglicher, sicherer und nachhaltiger Energie in der EU erhöht.
Unabhängig davon, ob Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen oder von auf Unternehmensebene geschlossenen Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie oder auf Handelsbasis entwickelt werden, halten Hindernisse im Zusammenhang mit der Genehmigungserteilung und anderen Verwaltungsverfahren die Projekte auf, erhöhen Unsicherheit und Kosten und schrecken Investoren ab, wodurch die Verwirklichung der Dekarbonisierungsziele der EU und der vorgeschlagenen Zielvorgabe für erneuerbare Energien für 2030 gefährdet wird. Zu diesen Hindernissen gehören vor allem auf nationaler, regionaler oder sogar lokaler Ebene die Komplexität der geltenden Vorschriften für die Standortauswahl und die Verwaltungsgenehmigungen für Projekte, Fragen des Netzzugangs, Einschränkungen bei der Anpassung von Technologiespezifikationen während des Genehmigungsverfahrens oder Personalfragen der Genehmigungsbehörden oder der Netzbetreiber. Infolgedessen kann die Vorlaufzeit für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien bis zu zehn Jahre dauern. Die Gründe für die Beseitigung dieser Hindernisse sind heute wichtiger denn je.
Mit der RED II wurden 2018 Vorschriften über die Organisation und die Höchstdauer des administrativen Teils des Verfahrens zur Genehmigungserteilung für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien eingeführt, die alle relevanten Genehmigungen für den Bau, das Repowering und den Betrieb von Anlagen sowie für deren Netzzugang abdecken. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, die RED II, einschließlich dieser neuen Bestimmungen, bis zum 30. Juni 2021 in nationales Recht umzusetzen. Kein Mitgliedstaat jedoch erklärte die vollständige Umsetzung der RED II innerhalb dieser Frist. Infolgedessen leitete die Kommission im Juli 2021 Vertragsverletzungsverfahren gegen alle Mitgliedstaaten wegen mangelnder Umsetzung der RED II ein, damit diese ihren Verpflichtungen, einschließlich der Verpflichtungen im Zusammenhang mit Verwaltungsverfahren, nachkommen. In der Zwischenzeit haben die meisten Mitgliedstaaten die Kommission über nationale Maßnahmen zur vollständigen oder teilweisen Umsetzung der RED II unterrichtet. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Leitlinien hatten zehn Mitgliedstaaten keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der mit der RED II eingeführten Vorschriften über die Organisation und die Dauer des Verfahrens zur Genehmigungserteilung (d. h. Artikel 16) notifiziert, während die übrigen Mitgliedstaaten zumindest über einige der erforderlichen Maßnahmen informiert hatten.
Die Kommission stellt fest, dass die nationalen oder regionalen Vorschriften für die Genehmigungserteilung derzeit zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Dauer und Komplexität ihrer Verwaltungsverfahren erheblich voneinander abweichen. Dies deutet auf ein großes Potenzial für Verbesserungen und wechselseitiges Lernen hin. Interessenträger haben die Kommission aufgefordert, die Bestimmungen der RED II über Verwaltungsverfahren zu präzisieren und bewährte Verfahren zu verbreiten, die den Genehmigungsbehörden bei ihrer Anwendung als Orientierungshilfe dienen sollen.
In diesen Leitlinien werden bewährte Verfahren vorgestellt, die in den Mitgliedstaaten existieren, um den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Planungssicherheit für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu erhöhen. Die Leitlinien begleiten eine Empfehlung der Kommission zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren und zur Förderung von Strombezugsverträgen, die zusammen mit einem Vorschlag für eine gezielte Änderung der RED II in Bezug auf Genehmigungen angenommen wurde. Diese Initiativen sind Teil eines umfassenderen Maßnahmenpakets im Rahmen des REPowerEU-Plans und des Europäischen Semesters, mit denen der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien gefördert wird.
Die Beseitigung bestehender und die Ermittlung neuer Hindernisse für die Genehmigung sollten als kontinuierlicher Prozess betrachtet werden. In diesem Zusammenhang arbeitet die Kommission seit März 2022 mit den Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Taskforce für die Durchsetzung des Binnenmarktes auch an der Beseitigung prozessbezogener Hindernisse. Die vollständige und rasche Umsetzung der Empfehlung auf der Grundlage konkreter Ideen für Vereinfachung und Verkürzung, die in diesen Leitlinien enthalten sind, wird es ermöglichen, die Vorlaufzeit für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu verkürzen und diese schneller umzusetzen.
In diesen Leitlinien werden die folgenden Hauptbereiche genannt, in denen Verbesserungsbedarf bei der Genehmigung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien besteht: Verringerung der Dauer und der Komplexität der behördlichen Genehmigungsverfahren, ausreichende personelle Ausstattung und Qualifikation des Personals der Genehmigungsstellen und der Behörden, die für Umweltprüfungen, Standortauswahlverfahren und Netzzugangsfragen zuständig sind. Darüber hinaus bestehen in vielen Mitgliedstaaten auch Hindernisse aufgrund mangelnder Unterstützung bestimmter Projekte durch die Öffentlichkeit oder durch einschlägige lokale Interessenträger. In den folgenden Kapiteln werden die Hindernisse, mögliche Lösungen und bewährte Verfahren im Rahmen nationaler Maßnahmen zur Umsetzung der RED II oder von Maßnahmen, die über den Anwendungsbereich der RED II hinausgehen, kurz erläutert.
2.Schnellere und kürzere behördliche Genehmigungsverfahren
Die Dauer der Genehmigungsverfahren ist je nach den verschiedenen Technologien für erneuerbare Energien und von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich. Bei Offshore-Windkraftprojekten kann die Vorlaufzeit bis zu zehn Jahre betragen, auch wenn kürzlich fertiggestellte niederländische Offshore-Windparks wie Borssele III und IV vier bis fünf Jahre nach der Auftragsvergabe in Betrieb genommen wurden. Bei der Windkraft an Land variiert die gemeldete Dauer des Genehmigungsverfahrens zwischen drei und neun Jahren, wobei erhebliche Unterschiede nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten, sondern manchmal auch zwischen den verschiedenen Regionen eines Landes bestehen. Bei Freiflächen-Solarprojekten schwankt die angegebene Dauer zwischen einem Jahr und mehr als 4,5 Jahren.
Diese Durchschnittswerte basieren jedoch auf Stichproben, die nicht vollständig repräsentativ sind, da es keine EU-weit vergleichbaren Daten für die Gesamtdauer der Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien gibt, einschließlich der Vorbereitung und der Fertigstellung der Umweltverträglichkeitsprüfung, der Erteilung der Netzzugangsgenehmigung und der Bewältigung möglicher rechtlicher Herausforderungen. Darüber hinaus hängt die Dauer der Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien auch davon ab, ob Netze zur Anbindung solcher Projekte und zur Integration der erzeugten Energie beschleunigt zur Verfügung gestellt und verstärkt werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Verfahren in einigen Mitgliedstaaten schneller, aber nicht unbedingt effektiver sind. Verschiedene Arten von Hindernissen können dazu führen, dass trotz schnellerer Verfahren weniger Projekte genehmigt werden. Dies macht deutlich, dass die Hindernisse, die die Genehmigungsverfahren in allen Mitgliedstaaten behindern, proaktiv angegangen und beseitigt werden müssen. Im Rahmen des Instruments für technische Unterstützung (TSI) unterstützt die Kommission 17 Mitgliedstaaten bei der schrittweisen Eliminierung ihrer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland im Einklang mit dem REPowerEU-Plan, unter anderem bei der schnelleren Genehmigungserteilung für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und der Förderung des Ausbaus von Solardächern. Insbesondere bietet die Kommission den Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für TSI 2023 Unterstützung mit dem Leitprojekt für technische Unterstützung für „Accelerating permitting for renewable energy“ (Beschleunigung der Genehmigung für erneuerbare Energien).
Die regionale Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Durchführung ähnlicher groß angelegter Energieinfrastrukturprojekte hat sich als Katalysator für die Beschleunigung der Genehmigungserteilung und der Durchführung dieser Projekte erwiesen. Die Kommission führt den Vorsitz in vier hochrangigen Gruppen in verschiedenen Regionen der Europäischen Union. Die hohe politische Unterstützung, die diese Gruppen erhalten, ermöglicht eine gemeinsame regionale Vision, die Festlegung regionaler Prioritäten und die Bereitstellung strategischer Leitlinien für die Durchführung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Bereich der Energieinfrastruktur, die einen starken Konsens erfordern. Der Ausbau der Offshore-Windenergie wird in allen hochrangigen Gruppen als gesamteuropäische Priorität anerkannt, und so können große Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien in den Arbeitsbereichen dieser Gruppen als Prioritäten bestimmt werden und von einer genauen Überwachung und einer verstärkten Zusammenarbeit auf den verschiedenen politischen Ebenen zwischen den Mitgliedstaaten, die einer bestimmten Region angehören, profitieren.
a.Bestimmungen der RED II und Vergleich bewährter Verfahren bei ihrer Umsetzung
In der RED II ist festgelegt, dass die Verwaltungsverfahren für die Erteilung von Genehmigungen für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen und die damit verbundene Netzinfrastruktur zwei Jahre nicht überschreiten dürfen, einschließlich aller einschlägigen Genehmigungs-, Zertifizierungs- und Zulassungsverfahren der zuständigen Behörden. Eine ähnliche Bestimmung zur Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für Wasserstoffinfrastruktur ist in dem vorgeschlagenen Paket zur Dekarbonisierung der Wasserstoff- und Gasmärkte enthalten. Für Projekte mit einer Leistung von weniger als 150 kW und das Repowering bestehender Anlagen im Bereich der erneuerbaren Energien darf das Verwaltungsverfahren ein Jahr nicht überschreiten. Diese Fristen umfassen nicht die Zeit, die Projekte benötigen, um den Unionsvorschriften im Umweltbereich nachzukommen, was lange dauern kann, oder die Dauer etwaiger Gerichtsverfahren und können unter außergewöhnlichen Umständen um ein Jahr verlängert werden.
Zusätzlich zur Umsetzung der erforderlichen Bestimmungen in nationales Recht haben einige Mitgliedstaaten Ergänzungen eingeführt, in denen die Bedingungen für eine Fristverlängerung präzisiert werden, oder die zuständigen Behörden beauftragt, eng zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die vereinbarten Fristen eingehalten werden. In Bezug auf die Verlängerung der Frist um bis zu ein weiteres Jahr gibt Schweden an, dass die Frist verlängert werden kann, wenn aufgrund neuer Vorschriften, Informationen oder Leitlinien zeitaufwändige Ergänzungen erforderlich sind oder wenn die Verzögerung auf externe Umstände zurückzuführen ist, die nicht von Anfang an vorhersehbar waren. Slowenien hat eine Bestimmung eingeführt, wonach der Projektträger vor Ablauf der festgelegten Frist eine begründete Entscheidung erhalten muss, mit der das Verfahren in Ausnahmefällen, die in der Entscheidung erläutert sind, um höchstens ein Jahr verlängert wird.
Um sicherzustellen, dass das Genehmigungsverfahren in Fällen, in denen mehrere Behörden beteiligt sind, die vereinbarten Fristen nicht überschreitet, ist in den Umsetzungsmaßnahmen Finnlands festgelegt, dass die zuständigen Behörden zusammenarbeiten müssen, um die Fristen einzuhalten, wenn mehr als ein Genehmigungs- oder behördliches Zulassungsverfahren für den Bau, die Modernisierung, den Netzzugang und den Betrieb eines Kraftwerks zur Erzeugung erneuerbarer Energie erforderlich ist. Die zentrale Anlaufstelle für Projektträger hat die Aufgabe, die zuständigen Behörden gegebenenfalls bei der Vereinbarung von Fristen für die Bearbeitung ihrer Verfahren zu unterstützen. Darüber hinaus werden in den Umsetzungsvorschriften die Zeitpunkte festgelegt, zu denen die Berechnung der Frist beginnt und endet, und die zentrale Anlaufstelle mit der Zuständigkeit ausgestattet, die Einhaltung der Fristen zu überwachen.
Was die Überwachung und Berichterstattung über die nationalen Bestimmungen betrifft, so müssen die Mitgliedstaaten in den integrierten nationalen Energie- und Klima-Fortschrittsberichten, die der Kommission bis zum 15. März 2023 und danach alle zwei Jahre vorzulegen sind, über die spezifischen Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen der Artikel 15 bis 17 der RED II zur Vereinfachung, Verkürzung und transparenteren Gestaltung der Genehmigungsverfahren Bericht erstatten. Darüber hinaus würde eine kohärente EU-weite Überwachung und Bewertung der administrativen Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien der Kommission, den Mitgliedstaaten und den Projektträgern einen Einblick in die Dauer der verschiedenen Phasen der Projektgenehmigung, ihren Umfang, die Anforderungen und die beteiligten Behörden sowie die möglichen Gemeinsamkeiten der Verzögerungen und anderer Engpässe bei den verschiedenen Technologien für erneuerbare Energien oder bei den verschiedenen Genehmigungsphasen geben.
b.Weitere bewährte Verfahren zur Verkürzung der Dauer von Genehmigungsverfahren über die RED II hinaus
Die Dauer von Gerichtsverfahren fällt nicht unter die in der RED II festgelegte Frist, aber die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, um langwierige Verfahren aufgrund von Anfechtungen vor Gericht zu verringern. Im Rahmen der Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu den Gerichten können die Mitgliedstaaten ihr nationales Gerichtssystem so gestalten, dass eine schnellere Bearbeitung von Streitfällen gewährleistet ist, wie z. B. eininstanzliche Verfahren für bestimmte Projekte von nationaler Bedeutung, die Festlegung von Fristen für bestimmte Phasen des Gerichtsverfahrens je nach den nationalen Gegebenheiten, um eine unnötige Verlängerung von Berufungsverfahren zu vermeiden, oder die Einführung von Bestimmungen zur Begrenzung missbräuchlicher Rechtsstreitigkeiten. Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits Maßnahmen ergriffen, um die Dauer von Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Genehmigungen zu straffen.
Frankreich hat die Zahl der möglichen Rechtsbehelfe gegen Umweltgenehmigungen für Onshore-Windkraftprojekte von drei auf nur zwei reduziert. Seit dem 1. Dezember 2018 können Rechtsmittel ohne vorherige Befassung der Verwaltungsgerichte direkt bei den Verwaltungsberufungsgerichten eingelegt werden (dies war seit Erlass eines Dekrets im Januar 2016 bereits für die Offshore-Windenergie der Fall).
Die Niederlande haben beschlossen, dass Genehmigungen für Onshore-Windkraftprojekte mit einer Leistung von mehr als 100 MW und für Fotovoltaikprojekte mit einer Leistung von mehr als 50 MW nur noch vor dem Obersten Gericht angefochten werden können.
Neben der Straffung des Rahmens für Gerichtsverfahren haben einige Mitgliedstaaten auch andere Maßnahmen eingeführt, die eine Priorisierung und damit eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren ermöglichen, wie etwa die Festlegung von Kategorien strategischer Projekte. Einige Projekte von nationaler Bedeutung können gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Richtlinie) im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens durch einen spezifischen Rechtsakt genehmigt werden. Auf diese Weise können die Mitgliedstaaten dieses Projekt von den Bestimmungen über öffentliche Konsultationen ausnehmen.
Die Regionalregierung von Andalusien in Spanien hat eine „Beschleunigereinheit“ für Projekte geschaffen, die im Zuständigkeitsbereich des regionalen Ministeriums für öffentliche Verwaltung und Inneres als strategisch betrachtet werden. Die Anerkennung einer strategischen Bedeutung bedeutet, dass die ausgewählten Projekte bevorzugt behandelt werden, wenn es um die für ihre Entwicklung erforderliche administrative Bearbeitung der Genehmigungen und Zulassungen geht.
Eine weitere gute Möglichkeit zur Beschleunigung der Genehmigungserteilung besteht darin, dass Mehrfachanträge – auch für zusammenhängende Netzprojekte – parallel und nicht nacheinander gestellt werden können.
In Österreich können Bauträger beispielsweise mehrere Genehmigungen parallel beantragen (Stromerzeugungsgenehmigung, Genehmigung nach dem naturschutzrechtlichen Verfahren, Verfahren des Luftfahrtrechts, forstrechtliche Genehmigung, wasserrechtliche Genehmigung, Arbeitsschutzgenehmigung, Baugenehmigung). Die Standortauswahl und der Antrag auf Netzzugang können ebenfalls parallel erfolgen. In Frankreich und Belgien (Flandern und Wallonien) wurden Verfahren für „kombinierte Genehmigungen“ eingeführt. In diesen kombinierten Genehmigungen sind die Verfahren für umweltrechtliche und städtische Genehmigungen sowie Ausnahmeregelungen für Kleinprojekte kombiniert. In Frankreich ermöglicht das Verfahren eine einzige Prüfung für mehrere Genehmigungen für Windkraftprojekte, darunter Umweltgenehmigungen, Flugnavigations- und militärische Wegerechte sowie die Genehmigung zur Stromerzeugung.
In Bezug auf Kleinprojekte im Bereich der erneuerbaren Energien von Haushalten und Energiegemeinschaften verschärft der Mangel an Ressourcen die bereits bestehenden Hindernisse für professionelle Marktteilnehmer noch mehr. In Griechenland werden Anträge auf Netzzugang, auf Genehmigung von Umweltbedingungen und Energieerzeugungsgenehmigung von Energiegemeinschaften gegenüber anderen Anträgen in der Region für denselben Antragszyklusvorrangig behandelt. In Portugal kommen Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften je nach installierter Kapazität oder der Nutzung des öffentlichen Netzes für die Stromeinspeisung im Falle des Eigenverbrauchs in den Genuss von Ausnahmen von den Anforderungen an vorherige Kontrolle/Kommunikation, Registrierung und Betrieb. Auch in Irland benötigen Energiegemeinschaften vor ihrem Netzzugangsantrag keine Baugenehmigung und unterliegen einem vereinfachten Genehmigungsverfahren.
Eine frühzeitige öffentliche Konsultation und eine frühere Durchführung bestimmter Studien im Prozess können die Genehmigungserteilung ebenfalls beschleunigen. Bei Vorhaben von gemeinsamem Interesse etwa hilft eine obligatorische öffentliche Konsultation zu Beginn des Genehmigungsverfahrens zur Bestimmung des Projektstandorts, Probleme im Zusammenhang mit der öffentlichen Akzeptanz zu ermitteln und anzugehen.
Und schließlich können die Prüfungen durch die Genehmigungsbehörden im Rahmen von Umweltverfahren beschleunigt werden, indem bestimmte Fristen festgelegt werden. Wenn eine Umweltprüfung erforderlich ist, sollten die Mitgliedstaaten die Dauer der verschiedenen Schritte der Umweltverträglichkeitsprüfung
begrenzen, indem sie verbindliche Höchstfristen einführen, insbesondere für:
·die Abgabe einer Stellungnahme zum Scoping durch die zuständige Behörde – höchstens ein Monat,
·den Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung und Vorlage einer begründeten Schlussfolgerung – höchstens drei Monate mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere drei Monate,
·den Abschluss der öffentlichen Konsultationen über die Umweltverträglichkeitsprüfung – höchstens zwei Monate,
·die Erteilung einer Genehmigung – höchstens sechs Monate.
Etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten hat bereits spezifische Fristen festgelegt, innerhalb derer die zuständigen Behörden nach Erhalt der vom Projektträger vorgelegten Umweltverträglichkeitsprüfung grünes Licht für Projekte geben sollten. In vielen Fällen (Bulgarien, Frankreich, Italien, Malta, Griechenland, Lettland und Rumänien) überschreiten diese Fristen nicht einen oder zwei Monate.
Eine weitere mögliche Vereinfachung ist eine an Auflagen geknüpfte Befreiung von Baugenehmigungen in Verbindung mit den Meldepflichten für kleine Fotovoltaikanlagen. In der belgischen Region Flandern sind Fotovoltaikanlagen unter bestimmten Bedingungen von einer Baugenehmigung befreit.
c.Erhöhung der Flexibilität bei der Anpassung der Technologiespezifikationen im Zeitraum zwischen Genehmigungserteilung und Bau von Projekten
Die Dauer der Genehmigungsverfahren oder Verzögerungen bei der Genehmigungserteilung können suboptimale technische Lösungen zur Folge haben, wenn die Projektträger verpflichtet sind, die genauen technischen Spezifikationen ihres ursprünglichen Genehmigungsantrags umzusetzen. In Fällen, in denen die Erteilung einer Genehmigung so lange dauert, dass die genehmigte technische Lösung überholt ist, müsste der Projektträger eine neue Genehmigung beantragen oder eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen, um die neueste verfügbare Technologie nutzen zu können. Mehr Flexibilität, d. h. die Möglichkeit für Projektträger, eine Reihe technologischer Parameter zu beantragen, trägt dazu bei, die effizientesten Technologien schneller einzusetzen, ohne dass dies zwangsläufig größere Umweltauswirkungen mit sich bringt.
Um dieses Problem anzugehen, verwenden einige Mitgliedstaaten das sogenannte „Feld-Modell“ für Genehmigungen, das es Projektträgern ermöglicht, einen Bereich von Technologieparametern anzugeben (z. B. in Bezug auf die Spitzenhöhe von Windkraftanlagen), wodurch sie flexibel sind, um modernste Technologien einzusetzen und den Wirkungsgrad und die Erzeugung erneuerbarer Energie zu maximieren. Beispielsweise erlaubt Schweden bereits die Anwendung dieses Genehmigungsmodells für bestimmte Windkraftprojekte. Die Projektträger müssen die Projektfläche, die Höchstzahl der Windkraftanlagen, die maximale Spitzenhöhe, eingeschränkte Bereiche innerhalb der Projektfläche und die maximale Fläche der Infrastruktur angeben. Sie verfügen über die Flexibilität, das Layout zu optimieren und die Rotorgröße und die Nabenhöhe zu vergrößern oder zu verkleinern. Die Projektträger dürfen auch die neueste Turbinentechnologie nutzen, um das Layout zu optimieren und die Kapazität in der Genehmigung zu maximieren. Rumänien genehmigt Änderungen des Windkraftanlagen-Typs nach Erteilung der endgültigen Baugenehmigung, sofern die Schlüsselparameter (Spitzenhöhe und Rotor) eingehalten werden. Die Projektträger müssen solche Änderungen nur den zuständigen Behörden mitteilen.
3.Interne Koordinierung und klare und digitalisierte Verfahren zur Verringerung der Komplexität der behördlichen Genehmigungsverfahren
Je nach Mitgliedstaat müssen die Projektträger mit Verwaltungen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene und/oder mit verschiedenen Abteilungen oder Ministerien zusammenarbeiten. Mehrere Ebenen mit manchmal widersprüchlichen nationalen und regionalen Rechtsvorschriften und Verfahren sowie das Fehlen einer klaren Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen nationalen, regionalen und/oder lokalen Behörden führen zu unnötigen Komplexitäten und können Verzögerungen im Genehmigungsverfahren verursachen. Nach Aussagen von Interessenträgern ist nicht immer klar, ob die Einbeziehung bestimmter Behörden in das behördliche Genehmigungsverfahren obligatorisch ist und ob die Stellungnahme dieser Behörden verbindlich ist. Wenn mehrere öffentliche Stellen an der Erteilung einer Genehmigung beteiligt sind, mangelt es zudem häufig an Transparenz in Bezug auf den Status eines Projektantrags und die Phase, in der ein Engpass besteht. Darüber hinaus ist die Einführung digitaler Werkzeuge und Lösungen in den verschiedenen Verwaltungen uneinheitlich.
a.Bestimmungen der RED II über die zentrale Anlaufstelle und Vergleich bewährter Verfahren bei ihrer Umsetzung
Gemäß der RED II müssen die Mitgliedstaaten eine zentrale Anlaufstelle für die Erteilung von Genehmigungen für den Bau, das Repowering und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und der damit verbundenen Netzinfrastruktur benennen, ähnlich den Bestimmungen der TEN-E-Verordnung und wie im Paket zur Dekarbonisierung der Wasserstoff- und Gasmärkte vorgeschlagen. Beispiele gibt es auch in anderen Sektoren, in denen die Einrichtung von zentralen Anlaufstellen den Zeitaufwand und die Kosten für die Informationssuche verringert hat, insbesondere in Bezug auf Zulassungs- und Genehmigungsanforderungen. Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip räumt die RED II den Mitgliedstaaten die Flexibilität ein, die am besten geeigneten Durchführungsbestimmungen zu wählen, sofern die Antragsteller nicht mehr als eine Anlaufstelle für das gesamte Genehmigungsverfahren kontaktieren müssen.
Für die Gestaltung der zentralen Anlaufstelle gibt es verschiedene Optionen. Eine rein administrative zentrale Anlaufstelle ist ein Kommunikationskanal zwischen dem Träger eines Erneuerbare-Energien-Projekts und den zuständigen Behörden, die an der Erteilung der verschiedenen für den Bau eines Kraftwerks und dessen Anschluss an das Netz erforderlichen Genehmigungen beteiligt sind. Eine Erweiterung des Mandats der administrativen Anlaufstelle kann ebenfalls in Betracht gezogen werden, sodass die Anlaufstelle auch mit der Erteilung aller erforderlichen Genehmigungen betraut werden könnte. Es können mehrere zentrale Anlaufstellen für unterschiedliche Projektgrößen, Technologien für erneuerbare Energien oder administrative Abteilungen in einem Mitgliedstaat eingerichtet werden, sofern jeder Antragsteller eine einzige Anlaufstelle hat, deren Dienste er für ein bestimmtes Projekt in Anspruch nehmen kann.
Zentrale Anlaufstellen wurden auch von Stellen eingerichtet, die für die Netzinfrastruktur zuständig sind, z. B. von den „zuständigen nationalen Behörden“ für Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Rahmen der TEN-E-Verordnung oder von nationalen Regulierungsbehörden, Übertragungsnetzbetreibern und nationalen, regionalen oder lokalen Behörden für andere Arten von Netzen. Bei Vorhaben von gemeinsamem Interesse ist eine enge Koordination und Abstimmung der Verfahren zwischen den zentralen Anlaufstellen gemäß der RED II und den „zuständigen nationalen Behörden“ ratsam. Bestehende Strukturen der regionalen Zusammenarbeit im Bereich der Energiepolitik wie die oben genannten hochrangigen politischen Gruppen könnten einen geeigneten Rahmen für die Prüfung und Ausweitung dieser engen Koordinierung bilden.
Für die nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der RED II haben die Mitgliedstaaten in den meisten Fällen eine bestehende nationale Energieagentur oder eine andere Durchführungsstelle als zentrale Anlaufstelle benannt, die das Verwaltungsverfahren für die Beantragung und Erteilung von Genehmigungen straffen soll. Die Auflistung aller Behörden, mit denen die zentrale Anlaufstelle Kommunikation und Koordinierung sicherstellt, erhöht die Sicherheit und Transparenz für die Projektträger, ebenso wie der Verweis auf die spezifischen Rechtsvorschriften, zu denen die Anlaufstelle Beratung bieten kann.
In Dänemark wurde die Dänische Energieagentur (DEA) als Anlaufstelle benannt. Sie stellt allgemeine Leitlinien für das Verwaltungsverfahren bereit, einschließlich der Schritte, die unternommen werden müssen, um Anlagen für erneuerbare Energien zu errichten und zu betreiben. Im Falle der Offshore-Windenergie erteilt die DEA selbst Genehmigungen für Projekte in den Hoheitsgewässern Dänemarks und in seiner ausschließlichen Wirtschaftszone. Für die Vorbereitung und Erteilung von Genehmigungen wendet die DEA ein iteratives Verfahren an, wobei sie die zuständigen Behörden einbezieht und ihnen projektspezifische Informationen übermittelt, um Interessenkonflikte möglichst zu vermeiden.
Im Falle Schwedens hat die schwedische Energieagentur die Aufgabe, eine digitale Anlaufstelle einzurichten und für diese zuständig zu sein. Über die Anlaufstelle müssen direkte Verbindungen zu den mit einem Fall befassten Behörden bereitgestellt werden. Die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der RED II enthalten auch eine Liste von Behörden, die die Anlaufstelle unterstützen sollen, einschließlich der für maritime Angelegenheiten, Umweltschutz, nationales Erbe und Landwirtschaft zuständigen Behörden und Agenturen sowie der Gemeinden.
Die zentrale Anlaufstelle Finnlands hat die Aufgabe, verfahrenstechnische Beratung zu Genehmigungsverfahren und anderen Verwaltungsverfahren für Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu leisten. Die nationalen Bestimmungen enthalten eine Liste von Elementen, die von der Beratungspflicht der Anlaufstelle abgedeckt sind, einschließlich der Stellungnahme der Streitkräfte zur Annehmbarkeit von Windkraftprojekten.
b.Weitere Beispiele für bewährte Verfahren zur Verringerung der Komplexität von Verwaltungsverfahren über die RED II hinaus
Wo verschiedene Verwaltungen sich abstimmen und ihre Zustimmung erteilen müssen, könnte sich das Konzept der „stillschweigenden Genehmigung“ in Fällen, in denen eine Verwaltung ihren Beitrag noch nicht geliefert hat und damit die nächsten Schritte aufzuhalten droht, unter klar festgelegten Bedingungen und sofern nicht nach EU-Recht oder nationalem Recht eine Antwort erforderlich ist, als hilfreich erweisen. Spanien hat kürzlich in einem Dekret von 2020 für Eigenverbrauchsanlagen und Solarparks eine stillschweigende Genehmigung für bestimmte Verwaltungsschritte eingeführt. Wenn mehrere Verwaltungen einander antworten müssen und dies nicht innerhalb von 30 Tagen geschieht, gilt der spezifische Verwaltungsschritt als genehmigt.
Was den Einsatz digitaler Werkzeuge und Lösungen im weiteren Sinne während der Genehmigungsverfahren betrifft, ist in der RED II festgelegt, dass Antragsteller einschlägige Unterlagen auch in digitaler Form einreichen dürfen. Darüber hinaus könnten die Nutzung der elektronischen Kommunikation als Ersatz für die Verwendung von Papierformularen sowie die Nutzung digitaler Kommunikationsplattformen, die die verschiedenen Antragsverfahren vereinheitlichen, auch den Mitarbeitern in den Genehmigungsbehörden bei der Bearbeitung der Anträge helfen und die Grundlage für die Überwachung und Verbesserung der Verfahren bilden. Dies würde auch die Transparenz für die Projektträger in Bezug auf den aktuellen Stand ihres Antrags erhöhen und es allen beteiligten Behörden ermöglichen, auf denselben zentralen Projekteintrag zuzugreifen.
In diesem Zusammenhang hat Zypern in seinem Aufbau- und Resilienzplan eine Reform aufgenommen, mit der eine zentrale digitale Anlaufstelle eingerichtet wird, um die Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu straffen. Gemäß dem Aufbau- und Resilienzplan hat Zypern auch die GD REFORM um technische Unterstützung ersucht, um die für die Entwicklung der zentralen Anlaufstelle erforderliche Methodik zu entwickeln. Das deutsche Bundesland Niedersachsen hat die Elektronische immissionsschutzrechtliche Antragsstellung (ELiA) eingeführt, die von acht deutschen Bundesländern verwendet wird und eine verschlüsselte Einreichung von Antragsunterlagen ermöglicht. In den Niederlanden gibt es eine Online-Plattform für eine zentrale Genehmigung für physische Aspekte für Onshore-Windkraftanlagen und Freiflächen-Fotovoltaikanlagen. Unabhängig davon, ob die zuständige Behörde im Genehmigungsverfahren auf der Verwaltungsebene der Gemeinde, der Provinz oder der nationalen Regierung tätig ist, ist die Online-Plattform sowohl für die zuständige Behörde als auch für den Projektträger zugänglich. Darüber hinaus wird die Online-Plattform von einigen Provinzen auch für die Beantragung einer Naturschutzgenehmigung genutzt.
4.Ausreichende personelle Ressourcen und Kompetenzerwerb von Genehmigungsstellen
Die Bearbeitung einer wachsenden Zahl von Projektgenehmigungen erfordert eine ausreichende Zahl angemessen qualifizierter Mitarbeiter bei den Genehmigungsbehörden und Netzbetreibern sowie angemessene personelle Ressourcen für Umweltprüfungen und die mit Rechtsbehelfsverfahren befassten nationalen Gerichte. Wie im Zwischenbericht „RES Simplify“ erläutert und durch die von der Kommission für die Initiative durchgeführten Konsultationen bestätigt wurde, stellt der Mangel an Personal in den Genehmigungsbehörden derzeit ein erhebliches Hindernis für die Projektumsetzung in vielen Mitgliedstaaten dar – entweder mangelt es an Personal und/oder das Personal verfügt nicht über die für die Bearbeitung der Projektanträge erforderlichen Fachkenntnisse oder Fähigkeiten. Den Ergebnissen des Berichts zufolge ist der Personalmangel in großen Mitgliedstaaten ausgeprägter, wo das Problem auf nationaler Ebene stärker ausgeprägt ist als auf regionaler Ebene, während mangelndes Fachwissen in Märkten mit geringerer Kenntnis einer bestimmten Technologie und mit weniger abgeschlossenen Projekten häufiger anzutreffen ist. Mangel an Fachwissen tritt häufig auf lokaler Ebene auf, wo das Personal weniger Gelegenheit hat, sich zu spezialisieren, und/oder steht in Zusammenhang mit komplexen technischen und rechtlichen Fragen. Dies ist besonders in ländlichen Gebieten häufig der Fall, die über geringe Verwaltungskapazitäten verfügen, aber in denen große Projekte im Bereich der erneuerbaren Energie geplant werden. Personalprobleme ziehen auch andere Hindernisse nach sich, etwa wenn Behörden nicht über die Kapazitäten verfügen, ihre Arbeit miteinander zu koordinieren und so eine reibungslosere Abwicklung der Verwaltungsverfahren zu ermöglichen. Das gilt auch die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle, bei der ein Mangel an Personal oder einschlägigem Fachwissen zusätzliche Engpässe bei den Verwaltungsverfahren verursachen kann. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, angemessene Qualifikationen und attraktive Arbeitsplätze in den betreffenden Sektoren auf den verschiedenen Verwaltungsebenen zu gewährleisten, unter anderem bei Genehmigungsbehörden.
Es bedarf eines zielgerichteten und antizipativen Vorgehens, um einerseits den Personalmangel und andererseits das Qualifikationsdefizit zu beheben. Dabei sollte auch im Einklang mit dem Gender-Mainstreaming-Ansatz der Europäischen Kommission in allen Bereichen, einschließlich des ökologischen und digitalen Wandels, der Steigerung der Beteiligung von Frauen und der Chancengleichheit für alle auf sämtlichen Ebenen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, in ihren nationalen Energie- und Klimaplänen Angaben zur geplanten installierten Gesamtkapazität für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen im Zeitraum 2021–2030 zu machen, aufgeschlüsselt nach neuer Kapazität und Repowering sowie nach Technologie und Sektor, in MW. Die Mitgliedstaaten waren ferner verpflichtet, spezifische Maßnahmen für die Bereitstellung von Informationen und Schulungen festzulegen. Diese geplante installierte Kapazität sowie eine Bewertung der Kapazitätserweiterungen, die mit dem vorhandenen Personal vorgenommen werden können, sollten den Mitgliedstaaten als Richtschnur für die Schätzung des Personal- und Budgetbedarfs der Genehmigungsbehörden dienen.
Während für die Genehmigungsbehörden nur begrenzte Beschäftigungsdaten vorliegen, erteilte die Region Aragón in Spanien im Jahr 2018 Genehmigungen für neue Onshore-Windparks mit einer Kapazität von 1100 MW, wobei 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausschließlich für die Bearbeitung von Anträgen auf Windkraft- und Fotovoltaikanlagen-Genehmigungen zuständig waren. Finnland hat 6 Mio. EUR aus seinem Aufbau- und Resilienzplan bereitgestellt, um im Zeitraum 2021–2023 vorübergehend Personal für Umweltgenehmigungen und ‑verfahren sowie für die Projektabwicklung einzustellen und neue Energietechnologien, einschließlich Offshore-Windenergie, großmaßstäblicher Solarenergie und geothermischer Energie, zu unterstützen. Aus diesen Mitteln sollen Personalkosten im Zusammenhang mit Umweltverträglichkeitsprüfungen und der Bearbeitung von Beschwerden gegen Umweltgenehmigungsentscheidungen gedeckt und Gemeinden und Bezirke bei der Sicherstellung der Flächennutzungsplanung und der Erteilung von Baugenehmigungen unterstützt werden. Italien hat eine 40-köpfige Taskforce unter Aufsicht des Ministeriums für ökologischen Wandel eingerichtet, die sich mit der Umsetzung seines nationalen Energie- und Klimaplans und seines Aufbau- und Resilienzplans befasst. Sie hat die Aufgabe, die Bearbeitung von Umweltverträglichkeitsprüfungen zu beschleunigen. Jedes Mitglied der Taskforce verfügt über mindestens fünf Jahre Berufserfahrung und die erforderlichen Fähigkeiten, um technische, ökologische und landschaftsbezogene Aspekte von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien bewerten zu können. Gemäß dem deutschen 18-Punkte-Vereinfachungsplan für die Genehmigungserteilung für Onshore-Windkraftprojekte müssen die Bundesländer sicherstellen, dass die Planungs- und Genehmigungsbehörden über ausreichend Personal und die für die Bearbeitung der Genehmigungsanträge erforderliche technische Ausrüstung verfügen. Darüber hinaus enthält der deutsche Koalitionsvertrag einen Verweis auf externe Projektteams, um die Belastung der Genehmigungsbehörden zu verringern.
Ein erster Schritt zur Beseitigung der gegenwärtig in rechtlichen und technischen Gebieten bestehenden Qualifikationsdefizite bei Mitarbeitern der Behörden, die für die Bewertung von Genehmigungen für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zuständig sind, könnte die Einrichtung einer Erasmus+-Allianz für die sektorale Zusammenarbeit im Bereich Kompetenzen zwischen Behörden, Industrie, Sozialpartnern und Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung sein. Im Jahr 2021 fand im Rahmen des EU-Pakts für Kompetenzen auf hoher Ebene ein Rundtischgespräch mit Interessenträgern aus der Industrie für erneuerbare Energien statt, das Teil einer Reihe von Rundtischgesprächen mit industriellen Ökosystemen war, um die Einbeziehung von Interessenträgern in den Pakt für Kompetenzen zu mobilisieren. Der Pakt für Kompetenzen ist ein neues Modell für das Engagement zur Bewältigung der Herausforderungen im Bereich Kompetenzen, die für die wirtschaftliche Erholung und die Umsetzung der Industriestrategie der EU sowie für den ökologischen und digitalen Wandel erforderlich sind. Ziel ist es, Qualifikationslücken in allen industriellen Ökosystemen zu schließen, indem Unternehmen, Arbeitnehmer, nationale, regionale und lokale Behörden, Sozialpartner, Industrieverbände, Anbieter beruflicher Aus- und Weiterbildung, Handelskammern und Arbeitsvermittlungsstellen dazu mobilisiert werden, in Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen zu investieren. Als Folgemaßnahme zu dem Rundtischgespräch ist die Kommission bereit, die Vorbereitung einer groß angelegten Kompetenzpartnerschaft für Energie aus erneuerbaren Onshore-Quellen zu erleichtern. Darüber hinaus stehen einschlägige EU-Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung (z. B. LIFE, kohäsionspolitische Fonds, Instrumente für technische Hilfe). In diesem Zusammenhang ist auch die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen, Kompetenzen und Qualifikationen in der gesamten EU von entscheidender Bedeutung, insbesondere in den EU-Grenzregionen.
Besondere Aufmerksamkeit muss dem Bedarf an schulungs- und kompetenzbezogenen Initiativen gewidmet werden, die sich auch speziell an das Personal der regionalen und lokalen Genehmigungsbehörden richten und den Besonderheiten ihrer Aufgaben Rechnung tragen müssen. In diesem Zusammenhang werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen und ausreichende Schulungsmöglichkeiten zu bieten.
Eine „Blaupause zur Branchenzusammenarbeit für Kompetenzen“ im Bereich maritimer Technologie wird bereits durchgeführt, in der an einer Strategie für die Qualifizierung im Bereich erneuerbarer Offshore-Energie gearbeitet wird und das Potenzial der Branche als treibender Kraft für den digitalen und ökologischen Wandel erforscht wird. Verwaltungspartnerschaften könnten im Offshore-Sektor besonders relevant sein, da einige Mitgliedstaaten im Begriff sind, Projekte im Bereich erneuerbarer Offshore-Energie zum ersten Mal zu genehmigen, während andere bereits mehr Erfahrungen gesammelt haben.
Um den Informationsaustausch zu erleichtern, die Komplexität der Durchführung großer Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu verringern und dem dringenden Bedarf für den Kapazitätsaufbau zu begegnen, könnten die Mitgliedstaaten auch die Einrichtung freiwilliger Plattformen für Genehmigungsbehörden in Betracht ziehen. Solche Plattformen könnten als Quellen für den Wissensaustausch dienen, in denen bewährte Verfahren bereitgestellt werden, um die Effizienz zu steigern oder Synergien in den verschiedenen Prozessen in den Mitgliedstaaten zu ermitteln. Darüber hinaus könnten Projektträger, ebenso wie Infrastrukturprojekte, von Initiativen zum Kapazitätsaufbau profitieren, die darauf abzielen, Verzögerungen aufgrund der geringen Qualität der Unterlagen und Studien, die den Genehmigungsbehörden vorgelegt werden, zu beseitigen.
5.Bessere Ermittlung und Planung von Standorten für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien
Ein dekarbonisiertes Energiesystem, das weitgehend auf erneuerbaren Energiequellen beruht, wird in der Regel mehr Raum benötigen als das traditionelle Energiesystem, das durch größere, zentralisierte Energieerzeugungsanlagen gekennzeichnet ist. Europa ist in weiten Teilen ein dicht besiedelter Kontinent; daher kommt es häufig zu Flächennutzungskonflikten, wobei unterschiedliche öffentliche Güter und Interessen miteinander in Einklang gebracht werden müssen. Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien stehen im Wettbewerb um den Zugang zu geeigneten Gebieten und unterliegen Einschränkungen bei der Land-/Meeresnutzung, die sich insbesondere aus der Landwirtschaft/Fischerei, den Seeverkehrsrouten, dem Kulturerbe und verteidigungsbezogenen Tätigkeiten ergeben. Um den Ausbau erneuerbarer Energien mittel- bis langfristig zu beschleunigen, sind daher eine gut konzipierte Raumplanung und analytische Durchführbarkeitsstudien wichtige Instrumente. Sie ermöglichen ein frühzeitiges Eingreifen und haben das Potenzial, Umweltauswirkungen und Konflikte bei der Land-/Meeresnutzung zu verringern und Projektträgern geeignete Standorte aufzuzeigen, was wiederum die Genehmigungsverfahren beschleunigen kann.
a.Einschränkungen bei der Land-/Meeresnutzung und bewährte Verfahren zur leichteren Ermittlung geeigneter Gebiete
Ein stärker strategisch ausgerichteter Ansatz für die Ausweisung von Standorten für den Ausbau erneuerbarer Energien durch die Raumplanung wird entscheidend dazu beitragen, dass genügend Platz für die zusätzlichen Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energien zur Verfügung steht, die erforderlich sind, um die EU-Ziele zu erreichen. Dies betrifft sowohl Offshore- als auch Onshore-Technologien für Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen sowie die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Die für solche Pläne relevante Verwaltungsebene kann je nach Technologie unterschiedlich sein – beispielsweise müssten geeignete Standorte für Windkraftanlagen auf einer eher regionalen Ebene ermittelt werden, während kleine Fotovoltaikanlagen auf kommunaler Ebene ausgewiesen werden können. Maritime Raumordnungspläne werden auf nationaler Ebene und zunehmend in Zusammenarbeit mit Nachbarländern innerhalb desselben Meeresbeckens ausgearbeitet. In der Offshore-Strategie wurde klargestellt, dass die maritime Raumplanung eine tragende Säule der Umsetzung dieser Technologien ist. Nach der überarbeiteten TEN-E-Verordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bei der Festlegung ihrer Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Offshore-Energie bis 2050 mit Zwischenzielen für die Jahre 2030 und 2040 zusammenzuarbeiten. In der REPowerEU-Mitteilung wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, nach Maßgabe ihrer nationalen Energie- und Klimapläne und ihres Beitrags zur Verwirklichung des neuen Erneuerbare-Energien-Ziels bis 2030 rasch geeignete Land- und Meeresgebiete für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu ermitteln. Im Rahmen dieses Kartierungsprozesses sollten begrenzte und klar definierte Gebiete als für die Entwicklung erneuerbarer Energien besonders geeignet ausgewiesen werden („go-to“-Gebiete), wobei ökologisch wertvolle Flächen so weit wie möglich ausgenommen werden und unter anderem geschädigte, landwirtschaftlich nicht nutzbare Flächen Vorrang haben sollten.
In diesem Zusammenhang wäre es sinnvoll, die Möglichkeit zu prüfen, geschädigte Flächen wie alte Steinbrüche, geschlossene Bergwerke, Deponien oder alte Industriegebiete, Parkplätze und Bereiche entlang von Verkehrskorridoren wie Autobahnen und Bahngleisen zu nutzen. In einigen Fällen kann die Entwicklung von Brachflächen für erneuerbare Energien zusätzliche Vorteile bieten, z. B. die Nähe zu städtischen Gebieten und Straßennetzen sowie Netzanbindungen. Andererseits müssten die damit verbundenen Herausforderungen wie Kontamination, ungelöste Eigentumsfragen oder fehlende Anreize für die Sanierung von Brachflächen angegangen werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt: Im Rahmen des gerechten Übergangs könnten Kohlebergwerke in Kohleregionen, die sich im Wandel befinden, zu attraktiven Standorten für die Umwandlung in Windkraft- oder Fotovoltaikanlagen oder sogar zur geothermischen oder Wasserstoffproduktion werden, je nach Standort und umliegenden industriellen Ökosystemen. Ganz allgemein verfügen Kohleregionen über ein großes Potenzial für den Ausbau erneuerbarer Energien – schätzungsweise etwa 1,4 GW Windkraft und 2,7 GW Solarenergie. Ein weiterer Vorteil ehemaliger Standorte für den Abbau fossiler Brennstoffe besteht darin, dass sie oft über einen guten Netzzugang und eine verfügbare Belegschaft vor Ort verfügen. Beispiele gibt es in Spanien, Griechenland oder Ungarn, und Deutschland erkundet Möglichkeiten zur Nutzung schwimmender Fotovoltaikanlagen auf Seen, die das Ergebnis von Sanierungsmaßnahmen in ehemaligen Braunkohlebergbaugebieten sind.
Die RED II enthält bisher keine spezifischen Anforderungen an die Standortauswahl oder die Festlegung prioritärer Gebiete für die Entwicklung erneuerbarer Energien. Dennoch hat Italien in den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Artikel 15 der RED II die geltenden Vorschriften für die Ermittlung geeigneter Gebiete für den Ausbau erneuerbarer Energien festgelegt. Die Gesamtkapazität, die in den ermittelten Gebieten installiert werden kann, muss mindestens der Kapazität entsprechen, die im nationalen Energie- und Klimaplan als notwendig für die Erreichung der Ziele für die Entwicklung erneuerbarer Energien ermittelt wurde. In diesen Vorschriften ist auch festgelegt, dass bei der Ermittlung von Gebieten, die für erneuerbare Energien geeignet sind, die Auswirkungen auf die Umwelt, das kulturelle Erbe und die Landschaft sowie andere relevante Aspekte wie die Verfügbarkeit von Ressourcen und die Netzinfrastruktur zu berücksichtigen sind.
Die Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen ist insbesondere in Bundesstaaten oder in Ländern mit autonomen Regionen von entscheidender Bedeutung. In Deutschland sind die Länder verpflichtet, der Bundesregierung über den Stand der erneuerbaren Energien, einschließlich zugelassener Anlagen für erneuerbare Energien, der Fortschritte bei dem Repowering und der Fläche, die nach regionalen und städtischen Flächennutzungsplänen für den weiteren Ausbau der Windenergie zur Verfügung steht, Bericht zu erstatten. Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass zwei Prozent der Landfläche für Onshore-Windenergie ausgewiesen werden. In den Ländern Hessen und Schleswig-Holstein wurde dies bereits erfolgreich umgesetzt.
Neben einem unterstützenden Raumordnungsrahmen können digitale Instrumente wie Online-Datenbanken eines geografischen Informationssystems (GIS) und Kataster die Identifizierung geeigneter Flächen ebenfalls erleichtern (z. B. mit Informationen zu Potenzial je Technologie, eingeschränkten Bereichen, geschädigten, landwirtschaftlich nicht nutzbaren Flächen, Netzverfügbarkeit, bestehenden Projekten und Daten/Studien, Umweltvorprüfungen). Auf Unionsebene werden im „Energy and Industry Geography Lab“ (EIGL) einige dieser Daten visualisiert. Die Kommission hat kürzlich die Aufnahme von Datensätzen in das EIGL abgeschlossen, die den Mitgliedstaaten dabei helfen können, geeignete Gebiete für Wind- und Solarenergieprojekte zu ermitteln. Die relevanten Datensätze hängen zwar von der zu bewertenden erneuerbaren Energiequelle ab, aber folgende Daten wurden bereits in das EIGL aufgenommen: Natura-2000-Gebiete, national ausgewiesene Gebiete, für die biologische Vielfalt und den Vogelschutz wichtige Gebiete und Bodendaten.
Die Aufnahme solcher Datensätze in das Kartierungsinstrument führt nicht zu Einschränkungen beim Ausbau der Infrastrukturen für erneuerbare Energien im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, sie erleichtert vielmehr deren Ausbau und minimiert gleichzeitig Konflikte. Das Kartierungsinstrument soll somit ein Werkzeug sein, mit dem die Unterstützung der Planungsentscheidungen nationaler und regionaler Behörden ermöglicht werden kann, die ansonsten möglicherweise keinen Zugang zu allen verfügbaren Daten haben, und soll einen besonderen Nutzen für Projekte aufweisen, die voraussichtlich grenzüberschreitende Auswirkungen haben. Dies wiederum sollte Investitionsentscheidungen der Wirtschaftsakteure auf der Grundlage von Berechenbarkeit und Klarheit lenken und unterstützen. Die Kommission plant, dieses Kartierungsinstrument durch die Aufnahme weiterer Datensätze und Verknüpfungen mit den digitalen Raumplanungsinstrumenten der Mitgliedstaaten weiterzuentwickeln.
In Dänemark ist die Online-Plattform „Dänisches Umweltportal“ eine gemeinsame öffentliche Partnerschaft im Eigentum des Staates, der Gemeinden und der Regionen. Das Portal deckt das gesamte Land ab und umfasst gebietsspezifische Daten über Umwelt, Wasser, Natur und Flächennutzung. Es ermöglicht es den Behörden, über Verwaltungseinheiten, Sektoren und geografische Gebiete hinweg Daten zu aktualisieren und auf sie zuzugreifen. Privatpersonen und Fachleute können das Portal ebenfalls nutzen, um auf Daten über unterschiedliche Flächennutzungsbeschränkungen zuzugreifen, z. B. in Bezug auf Naturschutz, Baufluchten und Planung in bestimmten Gebieten. In Kroatien ist das offene Datenportal der Republik Kroatien eine Datenplattform für die Erhebung, Kategorisierung und Verbreitung von durch den öffentlichen Sektor erstellten offenen Daten, einschließlich Geolokalisierungs-, Wetter- und Umweltdaten. In Polen unterstützt die Kommission die Entwicklung einer Datenbank mit ehemaligen und aktuellen Kohlebergwerken in Verbindung mit einem Geoinformationssystem, die eine Ermittlung erneut nutzbarer Standorte, auch für den Ausbau sauberer Energielösungen, ermöglichen soll. Ein ähnliches Projekt wurde von der Kommission auch in Griechenland unterstützt. In der Region Brüssel in Belgien können Bürgerinnen und Bürger das Potenzial ihrer Dächer im Hinblick auf die Stromerzeugung durch Fotovoltaikanlagen prüfen. Um die Zulassung und Genehmigung kleiner geothermischer Wärmepumpen zu vereinfachen, betreiben einige Regionen in Österreich, Frankreich, Deutschland und Italien bereits „Ampelsysteme“ mit drei Zonen auf der Grundlage geologischer Untersuchungen, in denen Zonen, in denen eine einfache Meldung erforderlich ist, Zonen, in denen eine Genehmigung erforderlich ist, und Zonen, in denen Bohrtätigkeiten verboten sind, angezeigt werden.
b.Mehrfachnutzung von Flächen
Eine weitere Möglichkeit, Einschränkungen bei der Land-/Meeresnutzung zu beseitigen, besteht darin, die Mehrfachnutzung von Flächen zu erleichtern. Dieser Ansatz kann in der maritimen Raumplanung die Koexistenz von Energieinfrastruktur und Schifffahrtsrouten unterstützen und zum Schutz der Meeresökosysteme beitragen. Andere Ansätze wie die Kombination von Landwirtschaft und Fotovoltaik oder schwimmende Solaranlagen können die für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien verfügbaren Flächen optimieren. Die Aufhebung von Beschränkungen in den nationalen Rechtsvorschriften, nach denen die Mehrfachnutzung des Raums verboten ist, oder die Schaffung eines speziellen Rahmens für die Mehrfachnutzung könnten mehr Projekte ermöglichen. Auch im Bereich der Genehmigungserteilung, die in der Regel ein Prozess mit stark sektoralem Charakter ist, werden Innovationen benötigt, um neue Mehrfachnutzungsprojekte zu unterstützen.
Das oben genannte Kartierungsinstrument EIGL umfasst nun auch einen Datensatz zu bestehenden Abwasseraufbereitungsanlagen, die gleichzeitig Standort für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sein könnten, und wird weiterentwickelt, um die Mehrfachnutzung von Flächen zu erleichtern.
Mehrere Mitgliedstaaten (darunter Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien und Polen) prüfen derzeit Leitlinien für Agri-Fotovoltaik-Initiativen, eine Kombination von Landwirtschaft und Stromerzeugung durch Fotovoltaik, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Eine Doppelnutzung durch Agri-Fotovoltaik kann dazu beitragen, mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu erlangen, und kommt Landwirten und ländlichen Gemeinschaften unmittelbar zugute. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass diese Ansätze auch positive Nebeneffekte mit sich bringen können, z. B. eine bessere Wasserrückhaltung in trockenen Gebieten und eine insgesamt höhere Produktivität. Ein Konsens über Definitionen und Wirkungskriterien wäre auf nationaler und regionaler Ebene von Vorteil. Dies würde den Weg dafür ebnen, die Agri-Fotovoltaik systematischer in Flächennutzungsplänen zuzulassen und negative Auswirkungen für die Landwirte zu vermeiden.
Ähnlich wird mittlerweile im maritimen Raum verfahren. So hat Belgien in seinem maritimen Raumordnungsplan Standorte für die gleichzeitige Entwicklung von Tätigkeiten, d. h. Nahrungsmittelerzeugung (Fischerei, Aquakultur) und erneuerbare Offshore-Energie, ausgewiesen, wodurch Synergien und eine beabsichtigte Mehrfachnutzung gefördert werden. Eine Mehrfachnutzung kann sich auch dadurch entwickeln, dass bestehende Tätigkeiten um neue ergänzt werden. Die Kombination einer maritimen Wirtschaftstätigkeit mit dem Naturschutz (z. B. in Natura-2000-Gebieten) oder der Wiederherstellung der Natur ist ebenfalls möglich.
c.Akzeptanz in der Gesellschaft und deren Einbeziehung
Zentral festgelegte Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien oder für die Flächennutzung können je nach nationalem Kontext wichtig sein, da die Gemeinden die Entwicklung erneuerbarer Energien häufig aus lokaler Perspektive sehen und die nationalen Ziele für erneuerbare Energien nicht immer berücksichtigen. Andererseits sollte die Entwicklung erneuerbarer Energien auf lokaler Ebene akzeptiert und nicht als Verpflichtung der lokalen Gemeinschaften zu deren Nachteil wahrgenommen werden. Daher ist eine frühzeitige Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Festlegung regionaler oder lokaler Raumordnungspläne von entscheidender Bedeutung, ebenso wie Maßnahmen, die es lokalen Gemeinschaften ermöglichen, von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien in ihrer Nähe zu profitieren, auch im weiteren Sinne eines sozial gerechten ökologischen Wandels. Dies kann durch Energiegemeinschaften, niedrigere Stromkosten oder Programme zur finanziellen Beteiligung („Miteigentum“ oder „gemeinsamer Nutzen“) oder industrielle Entwicklungspläne für eine Region erreicht werden.
Solche Programme können in unterschiedlicher Form organisiert werden, z. B. indem den lokalen Behörden Mittel aus nationalen oder regionalen Quellen für die Bereitstellung von Flächen und Ressourcen zugewiesen werden, die Anlagenbetreiber eine bestimmte Gebühr oder Abgabe direkt an die lokalen Behörden zahlen oder die Anlagenbetreiber freiwillig Zahlungen an einen regionalen Verband leisten, um die Situation vor Ort zu verbessern. Solche Zahlungen sollten an bestimmte Zwecke gebunden sein, um die Sozialleistungen für Bürger zu erhöhen, beispielsweise soziale Dienstleistungen (z. B. Kindergärten, Gesundheitsdienste) oder Infrastruktur (z. B. Straßen oder öffentliche Verkehrsmittel). Durch einen klaren Rechtsrahmen werden fallweise Verhandlungen vermieden, die zu ungleichen Ergebnissen führen und ein höheres Risiko für Fehlverhalten mit sich bringen könnten.
Beispiele für auf nationaler Ebene eingeführte Programme sind das Programm „Grüne Fonds“ für Gemeinden in Dänemark, die Windkraftprojekte zulassen, eine Zuschussregelung für Gemeinden in Luxemburg oder Mindestbeteiligungsquoten für die lokale Bevölkerung, die in verschiedenen regionalen Energiestrategien in den Niederlanden vorgesehen sind. Das Klimawandelgesetz der Balearen, Spanien, enthält eine besondere Bestimmung, wonach mindestens 20 % der Investitionen für alle Erneuerbaren-Energien-Projekte mit einer Leistung von mehr als 5 MW für die lokale Bevölkerung zugänglich gemacht werden müssen. Eine weitere Möglichkeit einer stärkeren lokalen wirtschaftlichen Beteiligung sind Optionen für Investitionen in Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, wie sie beispielsweise durch das Siegel „Grünes-Wachstum-Crowdfunding“ in Frankreich gefördert werden. Diese Crowdfunding-Ansätze sowie bestimmte andere Formen der finanziellen Beteiligung schaffen jedoch nur Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger, die in die Projekte investieren können („Miteigentum“, mit oder ohne Beteiligung an der Governance).
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften sind sehr wirksame Instrumente, um die aktive Beteiligung der lokalen Bevölkerung und den Nutzen für die lokale Bevölkerung bei der Energiewende zu verbessern. Sie können auch zur Bekämpfung der Energiearmut beitragen. In Griechenland schließt die Definition von Energiegemeinschaften ein, dass diese sich aktiv an der Verringerung der Energiearmut und an der Förderung von Stromerzeugung und ‑speicherung und der Selbstversorgung auf den Inseln beteiligen. Zu diesem Zweck haben schutzbedürftige Verbraucher und Bürger, die unterhalb der Armutsgrenze leben, auch Anspruch auf ein virtuelles Net-Metering und können von der durch die Gemeinschaft erzeugten Energie profitieren, ohne der Gemeinschaft anzugehören (wenn sie geografisch in der Nähe wohnen). In Belgien entwickelten Unternehmen des sozialen Wohnungsbaus ein innovatives Geschäftsmodell, bei dem sie in Solarpaneele investieren, die auf den Dächern von Sozialwohnungen angebracht sind, wobei die Kosten für die Nutzung der Fotovoltaik und des erzeugten Stroms in den Mieten enthalten sind. Die in der Miete integrierten Kosten sind dank des erheblichen Umfangs des Projekts niedriger als die derzeitigen Strompreise.
Grenzübergreifende Energiegemeinschaften können in den EU-Grenzregionen eine wichtige Rolle spielen. Das aus Mitteln des Interreg-Programms zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit von Deutschland und den Niederlanden realisierte Projekt „SEREH – Smart Energy Region Emmen-Haren“ ist dabei bereits wegweisend. Im Rahmen dieses Projekts wird ein dezentraler grenzübergreifender Strom- und Energiemarkt entwickelt. Andere Grenzregionen werden auf den Ergebnissen und Empfehlungen aufbauen können.
Mit dem Ziel der Einbeziehung von Gemeinschaften in die Energiewende haben im Jahr 2021 der irische Übertragungsnetzbetreiber EirGrid, Friends of the Earth und die Renewables Grid Initiative ein gemeinsames 3-Jahres-Projekt gestartet, um die Gemeinschaften in einen Dialog über die Herausforderungen und Chancen im Zusammenhang mit der Energiewende in Irland einzubinden.
Die Nähe von Windkraftanlagen zu Wohngebäuden stellt in einigen Fällen auch einen Grund für den öffentlichen Widerstand gegen Projekte dar. In diesen Fällen äußern die Bürgerinnen und Bürger Bedenken angesichts der Belästigungen, unter denen sie leiden, wie Lärm und visuelle Beeinträchtigungen.
Die Vorschriften über die Entfernung zwischen Windkraftanlagen und Wohngebäuden sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich – in einigen Fällen hängt der Abstand von der Region oder der Gemeinde oder von der Bevölkerungsdichte des Gebiets ab, in dem sich die Windkraftanlagen befinden. In anderen Fällen wird der Abstand durch die Spitzenhöhe und den Rotordurchmesser der Windkraftanlage bestimmt.
Sehr große Abstände zu Wohngebäuden führen eventuell zu nur geringen zusätzlichen Vorteilen im Hinblick auf die Lärmminderung, während gleichzeitig die Kosten im Zusammenhang mit Zufahrtstraßen und der unterstützenden Infrastruktur und der größeren Entfernung zwischen Stromerzeugung und Verbrauchern steigen. Restriktive Regelungen in dieser Hinsicht können auch dazu führen, dass ein großer Teil der Flächen nicht für Projekte zur Verfügung steht und/oder die Möglichkeit verringert wird, ein Repowering bestehender Windparks mit der modernsten Technologie durchzuführen. So müssen Projektträger manchmal veraltete Anlagen in Form kleinerer und weniger effizienter Windkraftanlagen installieren, um die Entfernungsanforderungen zu erfüllen. Ebenso entscheiden sich Projektträger möglicherweise für eine Verlängerung der Nutzungsdauer statt für das Repowering der bestehenden Standorte.
Die Regeln für die Entfernung zu Wohngebäuden sollten sachlich begründet und evidenzbasiert sein, d. h. einen Bezug zu Geräuschen und visuellen Beeinträchtigungen aufweisen, und auf das erforderliche Minimum beschränkt werden. Bei der Festlegung der Regeln müssen die Mitgliedstaaten der Notwendigkeit Rechnung tragen, die negativen Auswirkungen von Windkraftanlagen so gering wie möglich zu halten und die Verfügbarkeit von Flächen für die Entwicklung von Projekten zu maximieren, wobei auch andere raumplanerische Zwänge zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus sind klare und transparente Informationen über Beschränkungen hinsichtlich der Entfernung zu Wohngebäuden erforderlich, um Investitionssicherheit für Projektträger zu gewährleisten.
d.Umwelterwägungen
Einige der häufigsten Probleme im Zusammenhang mit der Standortauswahl, mit denen Projektträger im Bereich erneuerbarer Energien konfrontiert sind, sind die Länge und Komplexität der Verfahren zur Einhaltung des Umweltrechts sowie Konflikte mit Umweltinteressengruppen oder Bürgerinnen und Bürgern. Genehmigungen und damit verbundene Folgenabschätzungen sind ein Instrument, mit dem unterschiedliche gesellschaftliche Interessen miteinander in Einklang gebracht werden können. Dies macht sie aber auch anfällig für ein hohes Maß an Komplexität und Anfechtungen in Verwaltungen und Gerichten. Wenn unterschiedliche gesellschaftliche Interessen bewertet und abgewogen werden müssen, erfordert der Überlegungs- und Entscheidungsprozess zwangsläufig Zeit. Daher müssen Umwelterwägungen von Anfang an in die Planungsprozesse für erneuerbare Energien einbezogen werden. Dies ermöglicht es, die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt sowie die vorgesehenen Maßnahmen zu ermitteln, um diese so weit wie möglich zu vermeiden, zu verringern und auszugleichen. Darüber hinaus gibt es Optionen, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen würden, die Verfahren zur Sicherstellung der Einhaltung der Umweltvorschriften zu straffen und die Auswahl geeigneter Standorte durch die Projektträger zu erleichtern. Dies würde auch dazu beitragen, Konflikte zu verringern, die mit Umweltgruppen und einzelnen Akteuren, aber auch mit Behörden auf verschiedenen Ebenen entstehen können. Solche Konflikte betreffen insbesondere Windkraft, Erdwärme und Wasserkraft, aber auch große Fotovoltaikanlagen. Der Zugang zur Justiz ist ein Grundrecht, aber alternative Streitbeilegungsmechanismen und Mediation können zu einer schnelleren Beilegung solcher Konflikte führen.
I.Anforderungen des EU-Umweltrechts und Möglichkeiten, die Einhaltung der Vorschriften zu straffen
Nach dem EU-Recht kann es vorgeschrieben sein, für ein einziges Projekt mehrere Umweltprüfungen durchzuführen. Auf nationaler Ebene werden häufig spezifische zusätzliche Anforderungen in Genehmigungsverfahren eingeführt (z. B. im Zusammenhang mit Eigentumsfragen, Flächennutzungsplanung oder kulturellem Erbe). Zahlreiche rechtliche Anforderungen und parallele Prüfungen für ein einzelnes Projekt können Verwaltungs- und Durchführungskosten und Verzögerungen, Diskrepanzen und Verwaltungsunsicherheit bei der Anwendung verursachen. Nach Artikel 2 der UVP-Richtlinie ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung in andere Verfahren integriert werden kann. Dies birgt ein erhebliches Potenzial für eine vereinfachte Erteilung von Umweltgenehmigungen, wenn mehrere Umweltprüfungen aufgrund einer Reihe von Richtlinien (UVP-Richtlinie, SUP-Richtlinie, FFH- und Vogelschutzrichtlinie, Richtlinie über Industrieemissionen, Wasserrahmenrichtlinien, Seveso-Richtlinien usw.) erforderlich und unterschiedliche Behörden beteiligt sind. Im Rahmen des Ansatzes der „zentralen Anlaufstelle“ können die oben genannten Prüfungen und die zugehörigen Genehmigungen getrennt, aber koordiniert erstellt werden; alternativ können sie auch im Rahmen eines einzigen Prozesses miteinander verbunden werden.
Die reibungslose Durchführung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien könnte auch durch eine transparente und strategische Planung unterstützt werden. In Bezug auf Umweltgenehmigungen könnten die Mitgliedstaaten die Rechtssicherheit und Transparenz erhöhen, indem sie die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung (SUP)
systematisch auf Planungsdokumente anwenden, die für die Genehmigung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien relevant sind. Die SUP ermöglicht es, die Entwicklung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien mit größerer Sicherheit strategisch zu planen und gleichzeitig die Umweltverpflichtungen zu berücksichtigen. Gegebenenfalls können sich die nationalen Behörden und Projektträger auf die Ergebnisse der SUP verlassen und diese bei der anschließenden Projektentwicklung berücksichtigen, insbesondere bei der Ermittlung angemessener Alternativen im Kontext der Naturschutz- und Erhaltungsziele. Dies ermöglicht es den Mitgliedstaaten, das Energiepotenzial aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen zu nutzen und gleichzeitig die negativen Umweltauswirkungen von Energieprojekten abzumildern. So ließe sich auch ein stärker integrierter und effizienterer Ansatz für die Raumplanung verfolgen, bei dem Umweltbelange in frühen Phasen des Planungsprozesses und auf einer viel strategischeren Ebene berücksichtigt werden. Ein solches Vorgehen würde zudem die Konflikte auf der Ebene der einzelnen Projekte, sowohl inhaltlich als auch in Bezug auf die öffentliche Akzeptanz, verringern.
Die Kommission hat kürzlich überarbeitete Methodik-Leitlinien zu Artikel 6 Absätze 3 und 4 der FFH-Richtlinie angenommen, d. h. in Bezug auf die Verträglichkeitsprüfung von Plänen und Projekten in Natura-2000-Gebieten. Diese Leitlinien enthalten neben den sektorspezifischen Leitfäden für Windkraft, Energieübertragung und Wasserkraft zahlreiche praktische Beispiele dafür, wie die Genehmigung von Projekten erleichtert werden kann, ohne die Naturschutzbedürfnisse zu beeinträchtigen, unter anderem durch strategische (Raum-)Planung, Verwendung solider Umweltdaten und geeignete Minderungsmaßnahmen. Im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie wurden ebenfalls Leitlinien erarbeitet, in denen insbesondere Optionen zur Straffung der Verfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung, zur Ermittlung besserer alternativer Umweltmaßnahmen, zur Rechtfertigung des Vorliegens eines überwiegenden öffentlichen Interesses und zur Ermittlung geeigneter Minderungsmaßnahmen erläutert werden.
Für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien muss nicht automatisch eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden, die Mitgliedstaaten sollten vielmehr diesbezüglich im Rahmen der in der UVP-Richtlinie vorgesehenen Flexibilitätsregelungen klare Schwellenwerte festlegen. In der Slowakei gelten die Bestimmungen des UVP-Gesetzes beispielsweise nur für Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als 5 MW. Bei Anlagen im Leistungsbereich zwischen 5 MW und 50 MW folgt ein Untersuchungsverfahren (d. h. Screening). Bei Fotovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von 50 MW und mehr ist die Umweltverträglichkeitsprüfung obligatorisch.
Klare und transparente Kriterien für Umweltprüfungen, die dem Projektträger zu Beginn des Prozesses mitgeteilt werden, sind eine weitere Möglichkeit zur Beschleunigung der Verfahren. Im Rahmen der UVP-Richtlinie kann der Projektträger von der zuständigen Behörde eine Stellungnahme zum Scoping anfordern, in der Inhalt und Umfang der Prüfung bestimmt werden und genau beschrieben wird, welche Informationen in den UVP-Bericht aufzunehmen sind. In einer Reihe von Mitgliedstaaten (Bulgarien, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Finnland, Luxemburg, Rumänien) ist ein solches Scoping obligatorisch. Die praktische Erfahrung zeigt, dass durch eine frühzeitige Klärung des Umfangs und der Detailtiefe der Umweltinformationen ein mehrfacher Austausch und neue Anfragen zwischen dem Projektträger und den zuständigen Behörden zu einem späteren Zeitpunkt vermieden werden und die Projektgenehmigung beschleunigt wird.
Um die Nutzung bestehender Flexibilitätsmöglichkeiten im EU-Umweltrecht zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften klarstellen, dass die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, ihr Netzzugang und das damit verbundene Netz selbst im Hinblick auf den Legislativvorschlag zur Änderung und Stärkung der Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2018/2001 in Bezug auf Verwaltungsverfahren als im überwiegenden öffentlichen Interesse und im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegend gelten. Daher sollten sie in ihren Planungs- und Genehmigungsverfahren für das günstigste Verfahren in Frage kommen.
Das Konzept „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ wird in mehreren Rechtsakten des Umweltrechts erwähnt.
Gemäß Artikel 6 Absatz 4 der FFH-Richtlinie bedeutet dieses Konzept, dass die zuständigen nationalen Behörden die Genehmigung von Plänen und Projekten mit der Auflage verbinden müssen, dass die genannten zwingenden Gründe stärker ins Gewicht fallen als die Erhaltungsziele, die für das von den jeweiligen Maßnahmen betroffene Natura-2000-Gebiet definiert wurden. Dies erfordert eine Einzelfallprüfung.
Die Mitgliedstaaten sollten klare und einfache Verfahren für die Prüfung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien festlegen, um bewerten zu können, ob davon auszugehen ist, dass sie allein oder in Kombination mit anderen Plänen oder Projekten erhebliche negative Auswirkungen auf Natura-2000-Gebiete haben. Wenn die zuständigen Behörden erhebliche Auswirkungen nicht ausschließen können, sollte eine Verträglichkeitsprüfung gemäß Artikel 6 Absatz 3 der FFH-Richtlinie durchgeführt werden.
Sowohl das Screening als auch die Verträglichkeitsprüfung sollten im Hinblick auf die gebietsspezifischen Erhaltungsziele durchgeführt werden. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten ohne weitere Verzögerungen gebietsspezifische Erhaltungsziele für alle Natura-2000-Gebiete festlegen. So werden sich die Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen auf die Natura-2000-Gebiete sowie die Auswirkungen selbst während der Screening-Phase bzw. der Verträglichkeitsprüfung angemessen und rasch bewerten lassen. Klarheit über die Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen auf die Natura-2000-Gebiete und über die Auswirkungen selbst liegt im Interesse der Projektträger und der Behörden der Mitgliedstaaten, da diese für einen raschen Abschluss des Genehmigungsverfahrens mit der erforderlichen Rechtssicherheit sorgt.
Die Mitgliedstaaten sollten das Genehmigungsverfahren rasch abschließen, indem sie alle Projekte genehmigen, die im Hinblick auf die gebietsspezifischen Erhaltungsziele für sich allein oder in Kombination mit anderen Plänen oder Projekten wahrscheinlich keine erheblichen Auswirkungen auf Natura-2000-Gebiete haben.
Die Mitgliedstaaten sollten das Genehmigungsverfahren außerdem rasch abschließen, indem sie alle Projekte genehmigen, bei denen festgestellt wurde, dass sie allein oder in Kombination mit anderen Plänen oder Projekten die Natura-2000-Gebiete als solche im Hinblick auf ihre gebietsspezifischen Erhaltungsziele nicht beeinträchtigen. Die Mitgliedstaaten sollten daher sicherstellen, dass Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien Maßnahmen umfassen, um negative Auswirkungen auf geschützte Lebensräume und Arten in den Natura-2000-Gebieten wirksam zu verhindern oder zu verringern.
Ein Projekt im Bereich der erneuerbaren Energie, das ein Natura-2000-Gebiet als solches beeinträchtigt, kann genehmigt werden, wenn es keine Alternativlösungen gibt und wenn die Interessenabwägung zwischen den Erhaltungszielen des betroffenen Gebiets und den öffentlichen Interessen des Projekts zu dessen Gunsten entschieden wird, sofern alle Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die Gesamtkohärenz von Natura 2000 geschützt wird. Es ist Sache der zuständigen Behörden, eine solche Entscheidung auf der Grundlage der in jedem Einzelfall auf dem Spiel stehenden Interessen zu treffen. Die Mitgliedstaaten sollten klare Leitlinien für die zuständigen Behörden festlegen, um ihnen Entscheidungen über Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zu ermöglichen, die im Hinblick auf unterschiedliche öffentliche Interessen gerechtfertigt werden könnten, z. B. wegen ihres Beitrags zur Energieversorgungssicherheit (Energieunabhängigkeit von Einfuhren) oder zur öffentlichen Sicherheit (Sicherstellung des Wärme- und Strombedarfs) oder wegen ihrer maßgeblichen günstigen Auswirkungen auf die Umwelt (Klimaschutz).
Der Begriff des überwiegenden öffentlichen Interesses ist auch für die Artenschutzbestimmungen der FFH-Richtlinie relevant. Diese Bestimmungen, insbesondere Artikel 12, zielen darauf ab, Arten zu schützen, indem unter anderem ihre absichtliche Störung oder Tötung verboten wird, unabhängig davon, wo sie vorkommen, nicht nur in Natura-2000-Gebieten. Artikel 16 Absatz 1 enthält eine Ausnahmeklausel, die unter anderem die absichtliche Tötung oder Störung einer geschützten Art ermöglicht, wenn es keine zufriedenstellende Alternative gibt und sofern die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. In Artikel 16 Absatz 1 sind die Gründe aufgeführt, die zur Rechtfertigung einer solchen Ausnahme angeführt werden können. Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien könnten durch einen oder mehrere der oben genannten Gründe gerechtfertigt werden. Es ist wichtig zu betonen, dass die Inanspruchnahme von Ausnahmeregelungen eventuell von vornherein nicht erforderlich ist. Die unbeabsichtigte Tötung oder Störung einzelner Exemplare stellt kein Hindernis für die Entwicklung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien dar, wenn diese Projekte Minderungsmaßnahmen umfassen, um die Tötung oder Störung so wirksam wie möglich zu verhindern. Daher sollte in diesen Fällen die unbeabsichtigte Tötung oder Störung einzelner Exemplare geschützter Arten nicht als absichtlich betrachtet werden und fällt infolgedessen weder unter Artikel 12 Absatz 1 der FFH-Richtlinie noch unter Artikel 5 der Vogelschutzrichtlinie. Die Mitgliedstaaten sollten ein System zur Überwachung der unbeabsichtigten Tötung oder Störung der betreffenden Arten einrichten und auf der Grundlage der gesammelten Informationen weitere Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die unbeabsichtigte Tötung oder Störung keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die betreffenden Arten hat. Die Mitgliedstaaten sollten auch Forschung und Innovation fördern und Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien zulassen, die innovative Minderungsmaßnahmen umfassen, um deren Wirksamkeit bei der Verhinderung der Tötung und Störung von Vögeln und anderen geschützten Arten zu überwachen und diese Maßnahmen unter Berücksichtigung der Überwachungsergebnisse erforderlichenfalls anzupassen, um sicherzustellen, dass keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die Population der betreffenden Arten auftreten.
Das Konzept des überwiegenden öffentlichen Interesses und die Notwendigkeit, die Vorteile einer nachhaltigen Entwicklung gegen mögliche negative Auswirkungen auf die Umwelt abzuwägen, gelten auch im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie. Nach Artikel 4 Absatz 7 dieser Richtlinie ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine vorherige Genehmigung aller neuen Änderungen oder Projekte, die den Zustand von Wasserkörpern verschlechtern könnten, vorgeschrieben.
Dies erfordert in erster Linie eine Prüfung der potenziellen Auswirkungen auf alle potenziell betroffenen Wasserkörper. Sollte eine Verschlechterung wahrscheinlich sein, muss Folgendes bewertet werden:
1)ob davon ausgegangen werden kann, dass die Vorteile für eine nachhaltige Entwicklung die potenziellen negativen Auswirkungen auf den Gewässerzustand überwiegen;
2)ob es keine besseren ökologischen Alternativlösungen gibt, um die Vorteile für eine nachhaltige Entwicklung zu erzielen, die nicht unverhältnismäßig kostspielig sind;
3)ob alle praktischen Maßnahmen ergriffen werden, um die Auswirkungen so weit wie möglich zu mindern.
Für diese Verfahrensschritte können Informationen, die durch Prüfungen gemäß verschiedener anderer Rechtsvorschriften im Umweltbereich (u. a. SUP-, UVP-, FFH-Richtlinie) gewonnen werden, hilfreich sein, wie in den kürzlich von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und Interessenträgern ausgearbeiteten Leitlinien erläutert wurde. Bei diesen Prüfungen wiederum könnte auf Informationen zurückgegriffen werden, die bei Bewertungen nach der Wasserrahmenrichtlinie gewonnen wurden. Koordinierte oder vorzugsweise gemeinsame Verfahren können die Genehmigung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien erheblich vereinfachen und verkürzen.
II.Nationale Ansätze für eine Erleichterung der Auswahl geeigneter Standorte oder die Anpassung von Projekten unter ökologischen Aspekten
Die zentrale Bereitstellung verfügbarer Umweltstudien und regelmäßig aktualisierter Daten zu einer bestimmten Region und Technologie oder sogar die aktive Durchführung von Umweltprüfungen durch Behörden in Bezug auf die relevanten Aspekte der Inbetriebnahme von Erneuerbare-Energien-Anlagen ist ein äußerst wichtiges Instrument, um Projektträgern den Prozess der Standortauswahl zu erleichtern oder sie in die Lage zu versetzen, Projekte entsprechend zu konzipieren.
In Spanien hat die Regierung ein Instrument zur Unterstützung strategischer Entscheidungen über den Standort großer Solar- und Windparks geschaffen. Mit diesem Instrument lässt sich die ökologische Sensitivität des nationalen Hoheitsgebiets erfassen, es hilft außerdem bei der Ermittlung von Gebieten, die die größten Umweltkonditionierungsfaktoren für die Durchführung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien aufweisen. Obwohl dieses Instrument Projekte nicht vom jeweiligen UVP-Verfahren ausnimmt, ist es eine nützliche Orientierungshilfe für die Ermittlung der Umweltkonditionierungsfaktoren, die mit den Standorten einer Anlage von einem frühen Stadium an verbunden sind. In Deutschland haben der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) ein gemeinsames Papier erarbeitet, das Kriterien für naturverträgliche Fotovoltaik-Freiflächenanlagen enthält. In Belgien führt die Region Flandern eine Online-Windpark-Sensitivitätskarte für Vögel und Fledermäuse, in der Gebiete ermittelt werden sollen, in denen die Errichtung von Windkraftanlagen ein Risiko für Vögel oder Fledermäuse darstellen kann, was zur Information und als Orientierungshilfe für weitere Prüfungen auf Standortebene und strategische Planung dienen soll.
In den Niederlanden und Deutschland gibt es Beispiele für bewährte Verfahren für die Umweltvorprüfung von Offshore-Windparkstandorten. Der Standortentwicklungsplan des deutschen Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie umfasst umfangreiche Konsultationsprozesse, frühzeitige Untersuchungen zur Anpassungsfähigkeit von Standorten und strategische Umweltprüfungen. Durch die von dem Amt durchgeführten Feldanalysen zu allgemeinen Eignungskriterien wie z. B. Umweltaspekten oder Seeverkehrssicherheit wird das mit einem Genehmigungsantrag verbundene Risiko für Projektträger in der Region erheblich gesenkt. Das niederländische Ministerium für Wirtschaft und Klimapolitik führt derzeit ein Offshore-Windkraftumweltprogramm durch, das eingerichtet wurde, um die Wissensbasis über die Auswirkungen von Windparks auf geschützte Arten zu erweitern. Die Ergebnisse dieses Programms fließen in die Entscheidungen über künftige Standorte für Offshore-Windenergie in den Niederlanden ein. Die Entwicklung ähnlicher Praktiken an Land wäre insbesondere für kleinere Projektträger und für die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen von Vorteil.
e.Verteidigungs- und luftfahrtbezogene Erwägungen
Konflikte mit der Luftfahrt und der militärischen Raumnutzung gehören zu den häufigsten Hindernissen für Windparks, insbesondere im Nordosten Europas. Ergibt eine von den nationalen Streitkräften durchgeführte Prüfung, dass die geplanten Windparks die militärischen Radar- und Funkkommunikationssysteme beeinträchtigen könnten, kann dies dazu führen, dass das Projekt nicht durchgeführt oder die Installation niedrigerer Windkraftanlagen gefordert wird.
Eine wirksame Lösung zur Beseitigung dieses Hindernisses sind Investitionen in zusätzliche Radarausrüstung. In diesem Zusammenhang hat die estnische Regierung beschlossen, in zusätzliche Radaranlagen zu investieren, die 2024 in Betrieb genommen werden und dazu beitragen werden, die Höhenbeschränkungen für Windkraftanlagen im Nordosten des Landes zu beseitigen. Das estnische Militär hat sich kürzlich bereit erklärt, die Zahl der Gebiete zu begrenzen, in denen keine Windkraftanlagen gebaut werden dürfen. Folglich gelten nun für 60 % des estnischen Hoheitsgebiets keine Höhenbeschränkungen. Ebenso hat Litauen Radaranlagen erworben, die zur Abdeckung der toten Winkel verwendet werden, die Windkraftanlagen für militärische Radaranlagen bilden.
Ein weiteres Hindernis besteht darin, dass Militär- und Verteidigungsbehörden Einwände gegen Windkraftprojekte erheben können, auch in einer späten Phase der Projektentwicklung, wenn die Genehmigungen für das Projekt bereits erteilt wurden und schon erhebliche Ressourcen investiert wurden. Diesem Problem könnte durch die Einrichtung spezieller Kommunikationskanäle zwischen Vertretern des Sektors der erneuerbaren Energien und der Verteidigung und der Zivilluftfahrt begegnet werden, die einen Austausch im Laufe der Projektentwicklung ermöglichen und dem Aufkommen von Einwänden in späten Phasen der Projekte entgegenwirken. Finnland und Frankreich haben eine spezielle Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Zusammenarbeit zwischen Windparkentwicklern und den Streitkräften zu verbessern. Darüber hinaus initiieren die Kommission und die Europäische Verteidigungsagentur als Folgemaßnahme zur Offshore-Strategie der EU eine gemeinsame Maßnahme, um Hindernisse für die Entwicklung erneuerbarer Offshore-Energie in Bereichen zu ermitteln, die Verteidigungsaktivitäten vorbehalten sind, und um die Koexistenz zu verbessern. Diese Maßnahme wird im Rahmen von Horizont Europa durchgeführt.
6.Einfacherer Netzzugang, Kraftwerke mit kombinierten Technologien, Repowering und innovative Technologien
Ein besser vernetztes Stromnetz ist eine Voraussetzung für die Integration eines höheren Anteils erneuerbarer Energien in das europäische Stromnetz. Die überarbeitete TEN-E-Verordnung enthält strengere Bestimmungen für die integrierte Infrastrukturplanung, die darauf abzielen, durch Sektorintegration die wirksamsten und effizientesten Lösungen zu gewährleisten und vorausschauende Netzinvestitionen mit Blick auf den künftigen Ausbau der Erzeugungskapazitäten für erneuerbare Energien zu ermöglichen.
Während kleine Anlagen von den Bestimmungen über das Verfahren der einfachen Meldung für den Netzzugang gemäß Artikel 17 der RED II profitieren, ist fast alle anderen Projekte zur Erschließung neuer Erzeugungskapazitäten für erneuerbare Energien die Erteilung einer Netzzugangsgenehmigung zwingend vorgeschrieben. Das Genehmigungsverfahren für Netzzugangsanlagen ist durch die Verpflichtung zur Einrichtung zentraler Anlaufstellen gemäß Artikel 16 abgedeckt, die auf eine bessere Koordinierung und Synchronisierung der (von Netzbetreibern und Behörden verwalteten) mehrfachen Genehmigungsverfahren abzielt. Das Repowering bestehender Anlagen (im Sinne von Artikel 2 Absatz 10 der RED II) und die Hybridisierung, d. h. die Kombination verschiedener Technologien für erneuerbare Energien am selben Standort, sind Möglichkeiten, die Netzkapazitäten rational zu nutzen und den Netzausbau-Bedarf zu begrenzen, und sollten daher so weit wie möglich erleichtert werden.
a.Probleme beim Netzzugang
Probleme im Zusammenhang mit den Netzzugang sind weit verbreitet und können, auch wenn sie im Allgemeinen weniger problematisch sind als andere administrative Hindernisse, in einigen Mitgliedstaaten den Ausbau erneuerbarer Energien insgesamt stark behindern. Die Hauptprobleme im Zusammenhang mit dem Netzzugang ergeben sich sehr oft aus (anscheinend) unzureichenden Netzkapazitäten, die Verhandlungen zwischen dem Projektträger und dem Netzbetreiber über Möglichkeit, Zeitpunkt und Kosten für den Anschluss einer Anlage zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen an das Netz auf den Plan rufen, was zu Projektverzögerungen führt. In einigen Mitgliedstaaten schafft die mangelnde Transparenz in Bezug auf die Verfügbarkeit von Netzkapazitäten auch einen Engpass bei der Ermittlung eines Standorts für das Projekt. Eine weitere Herausforderung für den Ausbau erneuerbarer Energien ergibt sich aus Konflikten mit Verteilungs- und Übertragungsnetzbetreibern in Bezug auf die Auslegung technischer Vorschriften, den Zugang zu Daten oder die Verteilung der Anschlusskosten. Darüber hinaus stellt der Trend zu steigenden Anschlusskosten eine Gefahr für die wirtschaftliche Lebensfähigkeit vieler Projekte dar, insbesondere in Mitgliedstaaten, in denen die Kosten des Netzzugangs und ‑ausbaus von den Projektträgern getragen werden müssen. In einigen Mitgliedstaaten werden diese Probleme durch spekulatives Verhalten von Marktteilnehmern verschärft, die einen Anreiz haben, Netzzugangsgenehmigungen zu horten und zu verkaufen, wenn die Netzkapazitäten zurückgehen.
Aspekte des Netzanbindung sind für Wärme aus erneuerbaren Energien noch dringlicher, da die erzeugte Wärme nicht über größere Entfernungen transportiert werden kann. Ähnlich wie in einigen Mitgliedstaaten Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen sollten Anlagen zur Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen Zugang zu beschleunigten Verfahren für einen Netzanschluss erhalten.
Um die oben genannten Probleme anzugehen, besteht ein bewährtes Verfahren darin, die Digitalisierung in vollem Umfang zu nutzen und auf der Grundlage klarer Rollen und Verfahren, die in transparenten Leitlinien beschrieben sind, transparente Verfahren zu gewährleisten, d. h. Netzzugangsgenehmigungen durch elektronische Kommunikation und durch die Tätigkeiten der zentralen Anlaufstellen zu vereinfachen. In Estland betreibt der nationale Übertragungsnetzbetreiber Elering ein elektronisches Antragsportal, in dem alle erforderlichen Unterlagen für den Anschluss einer Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie an das Stromübertragungsnetz eingereicht werden können.
Die Möglichkeit, Netzzugangsgenehmigungen parallel zu anderen Genehmigungen zu beantragen und zu erteilen, wie es beispielsweise in Österreich der Fall ist, kann ebenfalls dazu beitragen, das gesamte Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. In Irland sind besondere privilegierte Zugangswege für Energiegemeinschaften vorgesehen, darunter die Möglichkeit, jederzeit eine Ausnahme von der Anforderung für eine vorherige Baugenehmigung zu beantragen, die Gültigkeit der Netzzugangsgenehmigung für zwei Jahre und die jährliche Reservierung von 15 Anschlussangeboten für Energiegemeinschaften.
Da die Infrastruktur für den Ausbau erneuerbarer Energien von entscheidender Bedeutung ist, sollten die Mitgliedstaaten und die nationalen Regulierungsbehörden prüfen, wie vorausschauende Investitionen in Energieinfrastrukturprojekte ermöglicht und erleichtert werden können. Der Netzzugang erfordert im Offshore-Sektor besondere Aufmerksamkeit, da Offshore-Windparks in der Regel weit vom bestehenden Netz entfernt sind und eine Verstärkung des Onshore-Netzes erforderlich sein kann, bevor ein Offshore-Projekt angebunden wird. Angesichts langer Vorlaufzeiten, Raumbeschränkungen auf See und spezifischer technischer Herausforderungen bei der Entwicklung der Unterseeinfrastruktur wäre es ratsam, Offshore-Netze zu entwickeln, die künftige Erhöhungen der Erzeugungskapazitäten erlauben, oder Netze mit technischen Merkmalen, die über das kurzfristig erforderliche Maß hinausgehen. Die überarbeitete TEN-E-Verordnung enthält Vorschriften, nach denen Projekte, die – auch aufgrund der Notwendigkeit vorausschauender Investitionen – mit höheren Risiken verbunden sind, von regulatorischen Anreizen zur Minderung der zusätzlichen Risiken profitieren können. Die Kommission wird mit den nationalen Regulierungsbehörden und der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) zusammenarbeiten, um klare Rahmenbedingungen für die Bewertung der höheren Risiken von Investitionen in Energieinfrastrukturprojekte zu schaffen und sicherzustellen, dass in jedem Mitgliedstaat ein Konzept zur Bewältigung dieser Risiken erstellt wird. In diesem Zusammenhang werden die Kommission, die Mitgliedstaaten und die ACER die nationalen Regulierungsbehörden bei der Ausarbeitung aktualisierter Methoden unterstützen, die die Projektträger in die Lage versetzen, vorausschauende Investitionen zu tätigen, die es den Netzen ermöglichen, größere Mengen Offshore- und Onshore-Energie aus innovativen erneuerbaren Quellen zu integrieren.
Die grenzüberschreitende Koordinierung ist besonders wichtig, wenn es um Offshore-Hybridnetze und Stromerzeugungsanlagen geht, damit die Genehmigung und der Ausbau der Netzinfrastrukturanlagen mit denen der Erzeugungsanlagen koordiniert werden können. Durch die Einrichtung zentraler Anlaufstellen gemäß der überarbeiteten TEN-E-Verordnung regt die Kommission die Mitgliedstaaten an, ihre Genehmigungsregelungen anzupassen, um eine wirksame und effiziente grenzübergreifende Koordinierung zu ermöglichen. Als Mindestmaßnahme sollten sich die Mitgliedstaaten verpflichten, dafür zu sorgen, dass künftig keine Möglichkeit für eine weitere Verlängerung der Genehmigungsverfahren besteht, und den Status von höchster nationaler Bedeutung, der das Genehmigungsverfahren nachweislich beschleunigt, einzuführen und umfassend anzuwenden.
Ein weiteres Instrument zur Lösung der oben beschriebenen Netzanschlussprobleme ist die Gewährleistung der Transparenz der Netzkapazitäten, idealerweise durch Verpflichtungen in Bezug auf offene Daten und Online-Datenbanken in Form von geografischen Informationssystemen. Diese Transparenz ermöglicht es den Projektträgern, sich bei ihren Standortauswahl-Entscheidungen auf Standorte mit höherer Netzkapazität zu konzentrieren und die voraussichtlichen Netzzugangskosten zu berücksichtigen. In Spanien sind Übertragungs- und Verteilungsnetzbetreiber verpflichtet, die verfügbare Netzkapazität online zu veröffentlichen. In Belgien werden die besten Standorte für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien anhand einer nationalen Netzkapazitätskarte dargestellt. Diese ist nicht verbindlich und hat keinen Einfluss darauf, ob ein Projekt genehmigt wird, gewährleistet jedoch Transparenz für Projektträger.
Frankreich hat regionale Netzzugangspläne für erneuerbare Energien eingeführt, um den Anschluss an das Stromnetz zu beschleunigen und darüber hinaus die Kosten im gesamten Hoheitsgebiet zu vergemeinschaften. Dieses Planungsinstrument ermöglicht es den regionalen Direktionen für Umwelt, Planung und Wohnungswesen sowie den Projektträgern, die Entwicklung des Stromnetzes im ganzen Land genau zu überwachen. Darüber hinaus umfassen diese Pläne die Planung und Antizipation der in Zukunft benötigten Netzanschlüsse.
Die im Rahmen der maritimen Raumordnungsprozesse in Deutschland erstellten Raumentwicklungspläne beinhalten auch den jeweiligen Offshore-Netzausbaubedarf. Daher wird dies im Wesentlichen zu einer Synchronisierung des Windpark- und Netzausbaus führen, da der Plan den Netzbetreibern eine längerfristige Planungsgrundlage bietet.
Netzbetreiber können Probleme mit der Netzkapazität auch angehen, indem sie flexible Anschlüsse anbieten, die es ermöglichen, den Zugang zum Netz in Spitzenlastzeiten zu beschränken. Alternativ sollten die Netzbetreiber das Flexibilitätspotenzial von dezentralen Erzeugern, aktiven Kunden und Energiegemeinschaften nutzen, indem sie lokale Flexibilitätsmärkte entwickeln. Die Mitgliedstaaten sollten die Öffnung der Netzbetreiber für solche innovativeren Lösungen fördern.
b.Kraftwerke mit kombinierten Technologien
Kraftwerke mit kombinierten Technologien, die auch als Hybridkraftwerke bezeichnet werden, nutzen und kombinieren unterschiedliche Erneuerbare-Energien-Technologien und verwandte Technologien (z. B. Wind-, Solarenergie und/oder Speicheranlagen) am selben Standort. Die Kombination verschiedener Technologien ist auch auf See relevant, wo Offshore-Windparks mit Meeresenergie oder schwimmenden Solaranlagen kombiniert werden können. Die Zahl solcher Kraftwerke ist derzeit noch begrenzt, aber bei zunehmendem Anteil der verschiedenen erneuerbaren Energien am Stromnetz bietet die Hybridisierung eine Reihe von Vorteilen. Angesichts knapper Netzanschlusskapazitäten ermöglicht die Hybridisierung die Optimierung der Netznutzung und kann dazu beitragen, die Kosten für Infrastrukturinvestitionen zu senken. Sie kann auch eine stabilere Stromerzeugung gewährleisten und die Variabilität der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energien verringern, wenn verschiedene erneuerbare Energiequellen mit komplementären Erzeugungsprofilen (z. B. Wind- und Solarenergie) kombiniert werden. Mithilfe von Speichern ließe sich Energie bewahren, deren Einspeisung andernfalls eingeschränkt werden müsste, wenn die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen die zulässige Netzzugangskapazität übersteigt.
Zu den derzeitigen Herausforderungen für die Entwicklung von Kraftwerken mit kombinierten Technologien gehören das Fehlen eines klaren Rechtsrahmens, der Netzzugang und seine Verfügbarkeit. In dem Rechtsrahmen müssten Aspekte wie die geltenden Vorschriften für die Genehmigungserteilung für Anlagen, die verschiedene Technologien für erneuerbare Energien und/oder die Speicherung miteinander kombinieren, einschließlich der Vorschriften zur Sicherung der Netzkapazität, und die Vorschriften für die Überwachung der Energieflüsse zwischen der Speichervorrichtung und dem Netz präzisiert werden.
Der Netzzugang und seine Verfügbarkeit können ein Hindernis für die Entwicklung von Kraftwerken mit kombinierten Technologien darstellen, wenn diese eine Netzkapazität beantragen müssen, die der Summe der Komponenten der einzelnen Technologieanlagen entspricht. Dieses Hindernis kann beispielsweise dadurch beseitigt werden, dass es den Kraftwerken gestattet wird, anstelle der Summe der Kapazitäten der einzelnen komplementären Technologien die Netzkapazität auf Grundlage der erwarteten maximalen Erzeugung zu beantragen. Daher sollte die Anschlusskapazität dem kombinierten Projekt zugewiesen werden und nicht so festgelegt werden, als handele es sich um zwei getrennte Projekte, die eine Verdopplung der Kapazität erfordern.
2019 änderte Portugal sein Genehmigungssystem für die Stromerzeugung dahingehend, dass die „Hybridisierung“ zweier Technologien in derselben Infrastruktur und demselben Netzzugangspunkt bis zur genehmigten Höchstkapazität ermöglicht wurde. Dadurch kann die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen maximiert werden, ohne dass zusätzliche Kosten für Investitionen in die Netzstruktur entstehen. Die Integration der zweiten Technologie unterliegt zusätzlichen Genehmigungsanforderungen. Spanien hat ebenfalls regulatorische Änderungen eingeführt, die den Netzzugang von Kraftwerken ermöglichen, die verschiedene Erzeugungstechnologien nutzen, sofern dies technisch machbar ist. Im Falle der Hybridisierung bestehender Anlagen und unter der Voraussetzung, dass bestimmte Bedingungen in Bezug auf Kapazität und Entfernung zwischen den Anlagen erfüllt sind, ist nur eine Aktualisierung des bestehenden Zugangsvertrags erforderlich. Beide Länder haben auch Punktesysteme eingeführt, um Anreize für kombinierte Technologieprojekte zu schaffen, indem diesen eine höhere Priorität beim Netzzugang eingeräumt wird.
c.Repowering
„Repowering“ ist definiert als die Modernisierung von Kraftwerken, die erneuerbare Energie produzieren, einschließlich des vollständigen oder teilweisen Austauschs von Anlagen oder Betriebssystemen und ‑geräten zum Austausch von Kapazität oder zur Steigerung der Effizienz oder der Kapazität der Anlage.
Obwohl das Repowering bislang auf einige wenige Märkte konzentriert war, könnte es Ende der 2020er-Jahre in ganz Europa zu einer zentralen Geschäftstätigkeit für die Windkraftindustrie werden. Zu den Vorteilen des Repowering gehören der bestehende Netzzugang, das Wissen über die Verfügbarkeit von Windressourcen und die potenziellen Umweltauswirkungen sowie häufig ein hohes Maß an öffentlicher Akzeptanz. In Dänemark kam es zwischen 2012 und 2019 zu einem Zuwachs von 1,3 GW an Windkraftkapazität, wovon 576,8 MW auf das Repowering bestehender Anlagen zurückzuführen waren, und zu einer Nettoreduzierung um 109 Windkraftanlagen aufgrund des höheren Wirkungsgrades der neuen Windkraftanlagen. Durch neu errichtete Windparks wurde nur 10 % mehr Kapazität als durch Repowering geschaffen.
Eine vom Branchenverband WindEurope vorgenommene Analyse von 137 Projekten in Europa, die bislang einem Repowering unterzogen wurden, zeigt, dass die Zahl der Windkraftanlagen in diesen Windkraftprojekten im Durchschnitt um 27 % zurückgegangen ist, während die installierte Kapazität verdoppelt und die Stromerzeugung verdreifacht wurde.
Das Repowering wird auch eine Rolle bei großen Wasserkraftwerken spielen, da ein großer Teil des vorhandenen Wasserkraftpotenzials bereits ausgeschöpft wurde. Eine wachsende Zahl von Solarprojekten wird auch das Ende ihrer Lebensdauer erreichen und für die Ersetzung einiger Komponenten oder für das Repowering in Frage kommen, was zu einer Kapazitätssteigerung führen wird. Klare Leitlinien und vereinfachte Verfahren müssen auch für das Repowering von Solaranlagen festgelegt werden.
Nach der RED II sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, das Repowering bestehender Anlagen zu erleichtern, indem sie für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren sorgen, das ein Jahr nicht überschreitet. Diese Frist kann um bis zu ein Jahr verlängert werden, wenn dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände, z. B. übergeordneter Sicherheitsgründe, wesentlicher Auswirkungen auf das Netz oder die ursprüngliche Kapazität, Größe oder Leistung der Anlage, begründet ist. Die Mitgliedstaaten können sich in Bezug auf den Netzanschluss von Repowering-Projekten auch für die Einführung des Verfahrens einer einfachen Mitteilung entscheiden, sofern keine erheblichen negativen ökologischen oder sozialen Auswirkungen zu erwarten sind, statt einen neuen Genehmigungsantrag zu verlangen.
Nach den Aussagen von Projektträgern muss ein Repowering derzeit in den meisten Mitgliedstaaten denselben Antrags- und Genehmigungsverfahren unterzogen werden wie neu errichtete Projekte, einschließlich der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Branche betrachtet auch die zunehmende Errichtung von Wohngebäuden in der Nähe bestehender Windparks, die Zunahme der Größe von Windkraftanlagen, die Zunahme von Umweltschutzgebieten oder die Vergrößerung des zulässigen Abstands zwischen Windparks und Militärradaranlagen als Faktoren, die die Möglichkeiten für das Repowering der bestehenden Projekte einschränken. Infolgedessen neigen Betreiber dazu, die Lebensdauer der vorhandenen Anlagen so lange wie möglich auszudehnen, gefolgt von einer vollständigen Stilllegung am Ende ihrer Lebensdauer, was eine verpasste Gelegenheit für die potenzielle Rolle des Repowering bei der Erreichung der Ziele für 2030 darstellt.
In der UVP-Richtlinie werden bestimmte Stromerzeugungsanlagen, wie Windparks und Wasserkraftanlagen, als Projekte angeführt, für die eine UVP nicht automatisch erforderlich ist. Stattdessen müssen die Mitgliedstaaten entscheiden, ob das Projekt einer Prüfung unterzogen werden muss. Dies geschieht durch ein „Screening-Verfahren“, bei dem die Auswirkungen eines Projekts anhand von Schwellenwerten oder Kriterien und/oder einer Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung der in der UVP-Richtlinie festgelegten Screening-Auswahlkriterien bestimmt werden. Gemäß der UVP-Richtlinie können die Mitgliedstaaten Schwellenwerte oder Kriterien festlegen, um zu bestimmen, wann Projekte kein Screening-Verfahren durchlaufen müssen. In der UVP-Richtlinie ist auch zusätzliche Flexibilität für die zuständigen Behörden vorgesehen, die beschließen können, dass auf der Grundlage einer Beschreibung der Merkmale des Projekts und/oder der vom Projektträger geplanten Maßnahmen zur Vermeidung oder Verhinderung erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt keine UVP erforderlich ist.
In vielen Fällen wäre das Repowering solcher Projekte mit Änderungen oder Erweiterungen bestehender Projekte verbunden. Die meisten Änderungen oder Erweiterungen bestehender Projekte fallen unter Anhang II der UVP-Richtlinie und unterliegen daher dem Screening-Verfahren und erfordern nicht automatisch eine UVP. Die Kommission hat einen Leitfaden zur Anwendung der UVP-Richtlinie auf Änderungen und Erweiterungen von Projekten herausgegeben.
Wie die Kommission in diesem Leitfaden erläutert, ist eine Änderung oder Erweiterung von Projekten nur unter der Voraussetzung von Gefahren, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt mit dem ursprünglichen Projekt vergleichbar sind, zulässig. Dies sollte während des Screening- oder UVP-Verfahrens bewertet werden.
Eine Verträglichkeitsprüfung ist auch für alle Projekte/Pläne erforderlich, die in den Anwendungsbereich von Artikel 6 Absatz 3 der FFH-Richtlinie fallen, wenn davon auszugehen ist, dass sie allein oder in Kombination mit anderen Plänen/Projekten erhebliche negative Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet haben. Pläne und Projekte, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die Gebiete als solche haben, können im Rahmen einer Vorabprüfung (Screening) von einer Verträglichkeitsprüfung ausgenommen werden., Sowohl das Screening als auch die Verträglichkeitsprüfung sollten im Hinblick auf die gebietsspezifischen Erhaltungsziele durchgeführt werden. Diese Ziele haben während des Genehmigungsverfahrens für das ursprüngliche Projekt möglicherweise nicht bestanden oder wurden seit der Genehmigungserteilung möglicherweise überarbeitet. Vor Erteilung der Genehmigung sollten die Behörden daher die Auswirkungen der dem Repowering unterzogenen Anlagen im Hinblick auf die einschlägigen Erhaltungsziele analysieren.
In ähnlicher Weise dürfen gemäß der Wasserrahmenrichtlinie neue Projekte nur genehmigt werden, wenn sie 1) nicht zu einer Verschlechterung des Zustands eines Wasserkörpers führen und die Erreichung des Ziels der Wasserrahmenrichtlinie nicht gefährden oder 2) alle Bedingungen des Artikels 4 Absatz 7 erfüllen (Ausnahme vom ersten Grundsatz). Daher ist in der Regel eine Prüfung der potenziellen Auswirkungen von Projekten erforderlich, um nachzuweisen, dass eine dieser beiden Bedingungen erfüllt ist.
Einige Mitgliedstaaten haben Gesetzes- oder Verfahrensänderungen eingeführt, die den Rahmen für das Repowering vereinfachen. Italien hat Gesetzesänderungen für Repowering-Projekte vorgenommen, nach denen für Änderungen von Windkraftanlagen oder deren Komponenten, die zu einer Größenänderung von höchstens 15 % der ursprünglichen Größe der Windkraftanlage führen, keine Genehmigung erforderlich ist. In Deutschland ist gesetzlich vorgeschrieben, dass für das Repowering von Windkraftanlagen nur Änderungen gegenüber dem Status quo zu prüfen sind. Öffentliche Anhörungen sind nur erforderlich, wenn der Projektträger dies beantragt. Frankreich hat auch Anforderungen im Zusammenhang mit der UVP auf der Grundlage von Schwellenwerten für Änderungen der Anzahl und Höhe der Windkraftanlagen eingeführt. Wenn die Zahl der Windkraftanlagen und die Spitzenhöhe um höchstens 10 % erhöht werden, gilt dies nicht als wesentliche Änderung, und eine UVP zu den Auswirkungen auf Lärm und biologische Vielfalt wird als ausreichend erachtet. Übersteigt die Erhöhung der Zahl der Windkraftanlagen und der Spitzenhöhe 50 %, so gilt die Änderung als erheblich, und eine neue UVP ist erforderlich. In Fällen, in denen die Erhöhung zwischen 10 % und 50 % liegt, führen die zuständigen Behörden eine Einzelfallprüfung durch, z. B. auf der Grundlage einer umfassenden Umweltüberwachung und lokaler Akzeptanz. In Dänemark werden Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie in drei Gruppen auf Grundlage der Kapazität unterteilt – unter 10 MW, 10–25 MW und über 25 MW. Bei Änderungen der Kapazität, auch durch Repowering, ist je nach Kapazitätsgruppe, in die die Anlage fällt, eine Mitteilung oder die Beantragung einer neuen Genehmigung erforderlich. Anlagen mit einer Kapazität von weniger als 10 MW sind von der Anforderung, eine neue Genehmigung zu beantragen, ausgenommen, während Anlagen mit einer Kapazität von zwischen 10 MW und 25 MW ausgenommen sind, wenn die dänische Energieagentur und der Übertragungsnetzbetreiber vor Baubeginn darüber benachrichtigt wird. Für Anlagen mit einer Kapazität von über 25 MW ist für das Repowering oder sonstige Änderungen der Anlagenkapazität stets eine Genehmigung erforderlich.
d.Wasserstoff
Die Beschleunigung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen ist auch wichtig, um den Sektoren, die weiterhin von Gasen und Brennstoffen abhängig sind, dekarbonisierte und erschwingliche Energieträger bereitzustellen. Insbesondere wird die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Quellen zu erneuerbarem Wasserstoff durch Elektrolyseure in unserem künftigen Energiesystem eine wichtige Rolle spielen.
Die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in Wasserstoff und die anschließende Beförderung, Speicherung und Verteilung von Wasserstoff an die Endverbraucher werden höchstwahrscheinlich von einigen der Hindernisse betroffen sein, die für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien festgestellt wurden, wie etwa dem Fehlen ausreichender und angemessen qualifizierter Mitarbeiter für die Bearbeitung von Genehmigungsanträgen und der Dauer der Verwaltungsverfahren. Dies hängt mit dem im Entstehen begriffenen Stand der Wasserstoff-Wertschöpfungskette und dem Mangel an Erfahrung mit den entsprechenden neuen, innovativen Technologien zusammen. Veraltete oder nicht bestehende Rechtsvorschriften auf allen Verwaltungsebenen für die Wasserstofferzeugung und ‑nutzung können zu verwirrenden oder unangemessenen Genehmigungsverfahren führen. Einige dieser Prozesse können ein Übermaß an Komplexität aufweisen, sich zwischen verschiedenen Ländern oder Regionen unterscheiden und häufig den voraussichtlichen Zeitrahmen für die Bearbeitung einer Genehmigung überschreiten.
Der Umstand, dass relativ wenige Erfahrungen mit der Entwicklung von Wasserstoffprojekten bestehen, bedeutet, dass möglicherweise nicht alle Hindernisse bekannt sind, weshalb der Informationsaustausch über Foren von Vorteil sein könnte. Darüber hinaus können sich im Laufe der Zeit bewährte Verfahren zur Beseitigung dieser spezifischen Hindernisse herausbilden und über diese Foren ausgetauscht werden.
Die Allianz für sauberen Wasserstoff arbeitet derzeit an einem Bericht der Interessenträger über Hindernisse im Zusammenhang mit Genehmigungen für Wasserstoffprojekte, der einige Empfehlungen und bewährte Verfahren enthalten wird. Eine erste Bewertung der Rückmeldungen der Interessenträger aus dem Bericht deutet darauf hin, dass die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle die Komplexität teilweise verringern und das Genehmigungsverfahren straffen könnte, insbesondere wenn zahlreiche zuständige Behörden beteiligt sind.
Die Priorisierung der Umsetzung der wasserstoffbezogenen Rechtsvorschriften würde dazu beitragen, den Rechtsrahmen und seine Anwendbarkeit zu klären, Fachwissen über Technologien für erneuerbaren Wasserstoff aufzubauen und die Kohärenz und Einhaltung der bestehenden Umweltvorschriften zu verbessern. Deutschland hat einen Rahmen eingeführt, der regelt, welche Genehmigungen für die Umwidmung von Erdgasfernleitungen zu Beförderung von Wasserstoff erforderlich sind. Darüber hinaus hat Deutschland gesetzlich geregelt, dass bestehende vertragliche Flächennutzungsrechte für Erdgasinfrastrukturen so auszulegen sind, dass sie den Wechsel von Erdgas zu Wasserstoff zulassen.
Darüber hinaus würden Leitlinien oder Handbücher, in denen die Genehmigungsverfahren für Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff festgelegt sind, die Vorhersehbarkeit und die Effizienz des gesamten Verfahrens für alle Beteiligten verbessern. Portugal hat bereits einen solchen Leitfaden für Wasserstoffprojekte ausgearbeitet.
Ähnlich wie bei Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien kann die Raumplanung für die Ermittlung geeigneter Standorte für die Einführung von Elektrolyseuren von entscheidender Bedeutung sein. Auf der Grundlage integrierter Netzpläne könnten spezielle Gebiete für Elektrolyseure ausgewiesen werden. Dies könnte ein Mittel sein, Anreize für die Errichtung von Elektrolyseuren an Standorten zu schaffen, an denen sie eine Rolle bei der Vermeidung oder Bewältigung von Stromüberlastungen spielen können und wo sie einen größeren gesellschaftlichen Nutzen bringen können (z. B. durch Vermeidung eines Anstiegs der Stromnetztarife aufgrund erforderlicher Netzverstärkungen). In einer kürzlich durchgeführten Konsultation der Interessenträger zur Regulierung des Wasserstoffmarkts in den Niederlanden wurden entsprechende Vorschläge vorgebracht.
e.Förderung von Innovationen
Genehmigungsverfahren können sich auch auf die künftige Einführung innovativer Dekarbonisierungstechnologien, einschließlich Pilot- und Demonstrationsprojekten, auswirken, die für die Verwirklichung der Klimaneutralität erforderlich sind. Angesichts des innovativen Charakters dieser Technologien gibt es weniger Erfahrungen mit den anwendbaren Genehmigungsverfahren.
Einer der potenziellen Wege zur Förderung von Innovationen ist der Einsatz von Reallaboren. Reallabore sind Rahmen, die einen strukturierten Kontext für Experimente vorgeben, um die Erprobung innovativer Technologien, Produkte, Dienstleistungen oder Ansätze für einen begrenzten Zeitraum oder in einem begrenzten Umfang unter regulatorischer Aufsicht zu ermöglichen und so angemessene Schutzmaßnahmen zu gewährleisten. Sie wurden bereits im Finanz-, Banken- und IKT-Sektor eingesetzt, doch die Nutzung im Energiesektor war bislang relativ begrenzt. Der Grund für die Einrichtung eines Reallabors besteht darin, Innovatoren zu ermöglichen, neue Technologien und Geschäftsmodelle zu testen, die möglicherweise nur teilweise mit dem bestehenden Rechts- und Regulierungsrahmen vereinbar sind, und die Regulierungsbehörden in die Lage zu versetzen, sich mit bestimmten Innovationen vertraut zu machen, damit sie das rechtliche Umfeld entsprechend anpassen können.
In Frankreich wurden Reallabore für den Energiesektor in die Rechtsvorschriften aufgenommen. Das Reallabor ermöglicht es der nationalen Regulierungsbehörde CRE, Ausnahmen von den Bedingungen für den Zugang zu und die Nutzung von Netzen für die experimentelle Einführung innovativer Technologien oder Dienste zur Unterstützung der Energiewende, intelligenter Netze und Infrastrukturen zu gewähren. Im Rahmen dieser Regelung wurden Ausnahmen für eine Reihe von Projekten gewährt, unter anderem für ein Projekt zur Erhöhung der Kapazität von Windparks, das von den Bestimmungen des französischen Energiegesetzes abweicht, die die installierte Kapazität von an ein öffentliches Hochspannungsverteilungsnetz angeschlossenen Erzeugungsanlagen beschränken.
In den Niederlanden erließ das Wirtschaftsministerium eine Durchführungsverordnung zu Versuchen mit dezentraler und nachhaltiger Stromerzeugung, auf deren Grundlage Projekte zur Einrichtung eines Reallabors genehmigt wurden. Die Artikel des Elektrizitätsgesetzes, von denen Projekte ausgenommen werden konnten, waren im Voraus festgelegt, und nur kleine Einrichtungen wie Energiegemeinschaften und Wohnungseigentümerverbände kamen für die Ausnahmen in Frage. Es wurde eine Folgeverordnung vorgeschlagen, mit der der Umfang, die Größe und das Spektrum der in Frage kommenden Einrichtungen für künftige Reallabore erweitert werden.
Das österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie führt ein Förderprogramm „Energie.Frei.Raum“ durch, das als Vorbereitungsphase für eine mögliche Experimentierklausel zur Erprobung neuer Marktmodelle für die Systemintegration von Technologien für erneuerbare Energien, Speicherung und Energieeffizienz dient.
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Da die Mitgliedstaaten der Kommission bis zum 30. Juni 2023 einen Entwurf zur Aktualisierung ihres jüngsten übermittelten integrierten nationalen Energie- und Klimapläne vorlegen müssen, könnten die in dieser Leitlinie dargelegten bewährten Verfahren dazu dienen, Strategien und Maßnahmen zu ermitteln, die die Mitgliedstaaten zur Förderung der Entwicklung erneuerbarer Energien vorschlagen könnten.
II.Leitlinien für die Mitgliedstaaten zur Förderung von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie
1.Einführung
Die Einführung erneuerbarer Energien wird im Vergleich zur Energie aus fossilen Energieträgern zunehmend wettbewerbsfähig, wobei die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Wasserkraft, Erdwärme, Fotovoltaik, Onshore- und Offshore-Windenergie zu Kostenniveaus erfolgt, die unter den durchschnittlichen europäischen Strompreisen für Nichthaushaltskunden liegen (siehe nachstehende Abbildungen).
Daten: IRENA 2021
Daten: Entwicklung der Strompreise für Nichthaushaltskunden auf der Grundlage von Eurostat
Aufgrund des raschen Rückgangs der Kosten für erneuerbare Energien überschritten europäische Unternehmen 2016 den Schwellenwert von 1 GW für Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie, was rund 3,5 % des industriellen Stromverbrauchs entspricht. Seitdem stieg das Volumen dieser Verträge exponentiell an – 2021 war es mehr als 15 Mal höher als 2016.
In seiner einfachsten Form ist ein Vertrag über den Bezug erneuerbarer Energie oder erneuerbarer Wärme ein Kaufvertrag zwischen einem Erzeuger erneuerbarer Energie und einem abnehmenden Unternehmen. Das abnehmende Unternehmen verpflichtet sich, eine bestimmte Menge erneuerbarer Energie über einen längeren Zeitraum zu einem im Voraus festgelegten Preis zu kaufen. In den meisten Fällen erhält das abnehmende Unternehmen auch den Herkunftsnachweis, der für jede in der EU erzeugte Einheit erneuerbarer Energie ausgestellt wird. Auf diese Weise kann der Abnehmer nachweisen, dass sein Vertrag über den Bezug von Strom, Wärme oder Gas (einschließlich erneuerbarem Wasserstoff) direkt zur Finanzierung einer bestimmten Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie beiträgt. Die überwiegende Mehrheit der bisherigen Verträge sind Verträge über den Bezug von Strom aus erneuerbaren Quellen (siehe Abbildung 1).
Abbildung1: Ankündigungen von Strombezugsverträgen 2013–2021 (vertragliche Kapazität in GW); Re-Source (2021)
https://resource-platform.eu/buyers-toolkit/
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Die Vorteile von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie sind vielfältig. Insbesondere gilt:
A.Für abnehmende Unternehmen bieten Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie kostengünstigen Strom für ihre Tätigkeiten, und diese können als Absicherungsinstrument gegen Strompreisrisiken auf dem Großhandelsmarkt eingesetzt werden.
B.Abnehmende Unternehmen zeigen mit Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie ihr Engagement für einen grünen Wandel auf glaubwürdige Weise, unterstützen ihre Agenda für soziale Verantwortung und erhöhen so die Attraktivität für Investoren mit grünen Ambitionen.
C.Für die Träger von Projekten zur Erzeugung erneuerbarer Energien stellen Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie eine alternative und/oder ergänzende stabile Einkommensquelle im Vergleich zu öffentlichen Förderregelungen oder zu Handelsmärkten dar.
D.Für Regierungen bieten die auf Unternehmensebene geschlossenen Strombezugsverträge eine Alternative zur Finanzierung des Ausbaus erneuerbarer Energien und können die öffentlichen Mittel für erneuerbare Energien im Rahmen von Förderregelungen verringern.
Während die Nutzung von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie von Jahr zu Jahr zunimmt, beträgt der Marktanteil der Projekte zum Bezug erneuerbarer Energie immer noch nur 15–20 % der jährlichen Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Darüber hinaus sind Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie auf bestimmte Mitgliedstaaten und große verbraucherorientierte Unternehmen beschränkt. Und schließlich ist die Mehrzahl der Bezugsverträge auf Strom aus erneuerbaren Quellen beschränkt, obwohl 70 % des industriellen und kommerziellen Energiebedarfs auf die Wärmeerzeugung entfallen.
2.Regulierungsfragen
Im Jahr 2019 wurden eine EU-weite Erhebung sowie eine detaillierte Analyse von zehn Mitgliedstaaten durchgeführt, um die wichtigsten Hindernisse für die Einführung von auf Unternehmensebene geschlossenen Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie zu ermitteln. Dabei wurden regulatorische Hindernisse, politische Hindernisse, wirtschaftliche Hindernisse sowie Probleme im Bereich der Sensibilisierung ermittelt.
Zu den wichtigsten regulatorischen Hindernissen zählten rechtliche Beschränkungen bei der Unterzeichnung direkter Verträge zwischen Erzeugern und Abnehmern, Hindernisse für die Unterzeichnung von Verträgen mit mehr als einem Lieferanten und Hindernisse für die Übertragung von Herkunftsnachweisen auf den Abnehmer. Zu den politischen Hindernissen gehörten Förderregelungen, die mit auf Unternehmensebene geschlossenen Strombezugsverträgen (PPA) unvereinbar waren oder mit ihnen im Wettbewerb standen, sowie die begrenzte Transparenz der Entwicklung von Förderregelungen. Zu den wirtschaftlichen Hindernissen gehörten die Kreditwürdigkeit der Abnehmer, die Variabilität des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen und die damit verbundenen Kosten für die Handhabung von Volumenungleichgewichten zwischen der Produktion der Erzeugungsanlagen für Energie aus erneuerbaren Quellen und der Nachfrage der Unternehmen im Rahmen von „Sleeved PPA“. Darüber hinaus sind die Transaktionskosten nach wie vor hoch, und es mangelt an langfristigen Absicherungsprodukten zur Bewältigung von Ungleichgewichten oder Gegenparteiausfällen. Außerdem gibt es nach wie vor wenig Bewusstsein für und Interesse an diesen Verträgen, insbesondere bei KMU, und die PPA werden im Vergleich zu den Stromgroßhandelspreisen als teurer wahrgenommen. In der öffentlichen Konsultation wiesen sowohl Erzeuger als auch Verbraucher darauf hin, wie wichtig es ist, Herkunftsnachweise für die gesamte Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen auszustellen, unabhängig davon, ob das Projekt im Rahmen öffentlicher Förderprogramme entwickelt wurde oder nicht. Darüber hinaus wiesen sie darauf hin, wie wichtig es ist, öffentliche Förderprogramme so zu gestalten, dass sie die Entwicklung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien im Rahmen von auf Unternehmensebene geschlossenen Strombezugsverträgen unterstützen und ergänzen.
Infolgedessen sind auf Unternehmensebene geschlossene PPA derzeit auf bestimmte Mitgliedstaaten beschränkt, in denen die Voraussetzungen dafür bestehen, dass Projektträger im Bereich der erneuerbaren Energien ihren Strom direkt an Endverbraucher verkaufen können. Zu diesen unterstützenden Bedingungen gehören: 1) ein dynamischer Markt für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, 2) liquide Großhandelsmärkte für Strom, auf denen „Sleeved PPA“ sowie langfristige Absicherungsprodukte unterzeichnet werden können, 3) keine rechtlichen Hindernisse für die Unterzeichnung direkter Verträge zwischen Lieferanten und Verbrauchern und 4) öffentliche Ausschreibungen, die den Abschluss von auf Unternehmensebene geschlossenen PPA ergänzen oder diesen förderlich sind.
Die Elektrizitätsmarktrichtlinie von 2019, die Strommarktverordnung und die Erneuerbare-Energien-Richtlinie beseitigen bereits eine Reihe regulatorischer und politischer Hindernisse. So ist beispielsweise nach der Elektrizitätsmarktrichtlinie vorgeschrieben, dass Erzeuger und Käufer in allen Mitgliedstaaten direkt miteinander Verträge schließen können und dass die Verbraucher mehrere Lieferverträge wählen können. Auf der Grundlage der Erneuerbare-Energien-Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten langfristige Zeitpläne für ihre öffentlichen Ausschreibungen vorsehen und in ihren nationalen Energie- und Klimaplänen etwaige Hindernisse für auf Unternehmensebene geschlossene PPA ermitteln und Maßnahmen ergreifen, um deren Akzeptanz zu fördern. Nur acht Mitgliedstaaten haben über bestehende Hindernisse und Maßnahmen zur Förderung der Akzeptanz von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie berichtet. In den meisten Ländern gibt es jedoch weder für die Projektträger im Bereich der erneuerbaren Energien noch für gewerbliche Verbraucher einen klaren Rahmen für den Abschluss direkter PPA.
Trotz bestehender Hindernisse wächst der Markt für auf Unternehmensebene geschlossene PPA weiter. Seit 2020 ist Spanien mit 23 % der gesamten vertraglichen Kapazität der größte Markt für PPA, und die damit verbundenen großen Finanztransaktionen machten fast 1 % des BIP des Landes aus. In einigen Mitgliedstaaten, z. B. Rumänien, können auf Unternehmensebene geschlossene PPA erst seit Kurzem unterzeichnet werden, da zuvor der gesamte Strom auf einem zentralisierten Markt verkauft werden musste. Mit einem neuen Erlass, der die Möglichkeiten für PPA eröffnet, könnten sich die Kapazitäten für erneuerbare Energien im Vergleich zum nationalen Energie- und Klimaplan Rumäniens jedoch verdoppeln.
Strombezugsverträge werden wahrscheinlich auch nach dem Ende ihrer Förderzeit als „Geschäftsmodelle“ für Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien an Attraktivität gewinnen. Im Jahr 2021 wurde im zweiten CEER-Papier über nicht geförderte erneuerbare Energien festgestellt, dass Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie machbare Alternativen für Onshore-Windkraft sowie Solar-, Biomasse- und Wasserkraftanlagen darstellen. Dies ist wichtig, da in den beobachteten Ländern (CEER-Mitgliedern) 40 % (114 GW) der derzeit geförderten Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energie bis 2030 das Ende ihrer Förderzeit erreichen und entweder unter Marktbedingungen fortbestehen oder weiterhin gefördert werden.
Die Mitgliedstaaten können die Entwicklung der Strombezugsverträge durch folgende Maßnahmen fördern:
A.Nutzung des EU-Instruments für technische Unterstützung (TSI) oder anderer beratender oder technischer Hilfe zur Durchführung einer eingehenden Bewertung zur Unterstützung auf Unternehmensebene geschlossener Verträge über den Bezug erneuerbaren Stroms. Dies wurde z. B. in Italien getan. Andere Mitgliedstaaten könnten entweder ähnliche Studien durchführen oder die Ergebnisse der bereits abgeschlossenen Studien reproduzieren.
B.Ankündigung eines indikativen Umfangs des Ausbaus erneuerbarer Energien, der über PPA finanziert werden soll. Eine solche Ankündigung macht die erwartete Geschwindigkeit und die Möglichkeiten für die Projektentwicklung von Projektträgern im Bereich der erneuerbaren Energien sichtbar. Ein solcher Schritt wurde von Irland unternommen.
C.Erwägung wettbewerbsorientierter Ausschreibungen, die den Projektträgern im Bereich der erneuerbaren Energien die Möglichkeit eröffnen, eine „Auszeit“ von ihren öffentlichen Förderregelungen zu nehmen und ihren Strom über PPA zu verkaufen. Eine solche innovative Maßnahme wurde von Polen eingeführt, was dazu beigetragen hat, dass Polen im Jahr 2021 zum zweitgrößten Markt für PPA wurde.
D.Zulassung der Ausstellung von Herkunftsnachweisen im Rahmen öffentlicher Förderprogramme, damit die Einnahmen aus den Herkunftsnachweisen den Bedarf an öffentlicher Finanzierung verringern.
3.Ausweitung der Verfügbarkeit von Verträgen über den Bezug erneuerbaren Stroms auf kleine und mittlere Unternehmen
Die europäischen Märkte für PPA werden von großen abnehmenden Unternehmen dominiert. Viele dieser Großunternehmen sind im Rahmen der Unternehmensinitiative RE100 organisiert, deren Ziel es ist, zu 100 % erneuerbare Energie zu beziehen; darunter sind 58 Unternehmen mit Sitz in der EU. Die meisten dieser Unternehmen haben über lange Zeiträume einen vorhersehbaren und großen Stromverbrauch und verfügen über gute Bonitätseinstufungen. Sie sind auch häufig verbraucherorientiert tätig und nutzen Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie als wichtiges Instrument der Markenentwicklung ihrer Produkte und zur Unterstützung der nachhaltigen Unternehmensverantwortung, die die Verringerung der Treibhausgasemissionen ihres Energieverbrauchs in der gesamten Wertschöpfungskette umfasst. In diesem Zusammenhang ermöglicht eine mit den Grundsätzen der Organisation „Carbon Disclosure Project“ (CDP) im Einklang stehende Berichterstattung den Unternehmen, Energie aus erneuerbaren Quellen, Energie von Anlagen am Unternehmensstandort und von externen Anlagen, die über Direktleitungen angeschlossen sind, sowie Energie ihm Rahmen von PPA getrennt voneinander auszuweisen.
Große stromintensive Industrien sind auch ein wichtiges Segment für auf Unternehmensebene geschlossene PPA über erneuerbare Energie. In der Vergangenheit haben große Aluminiumhütten in Norwegen ihren Strom im Rahmen von Wasserkraft-PPA bezogen. In jüngerer Zeit haben sie auch langfristige Windkraft-PPA unterzeichnet. Die Abnahme bei dieser Art von Abnehmern war bislang in den EU-Mitgliedstaaten jedoch begrenzt.
Eines der festgestellten Hindernisse ist die mangelnde Vorhersehbarkeit der regulierten Komponente der Strompreise (Netztarife und Steuern). Da diese regulierten Komponenten einen wesentlichen Teil des Strompreises für den Abnehmer ausmachen, verringern sie die Attraktivität der PPA als langfristiges Absicherungsinstrument für Strompreisschwankungen. Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) hat einen Bewertungsbericht über die Gestaltung des Großhandelsmarkts veröffentlicht, der einen eigenen Abschnitt enthält, in dem erörtert wird, wie die Forward-Liquidität auf den Strom-Großhandelsmärkten verbessert werden kann, um die Verfügbarkeit effizienter Absicherungsprodukte zu gewährleisten.
Im Gegensatz dazu sind die Hindernisse für kleine und mittlere Unternehmen bei der Unterzeichnung von auf Unternehmensebene geschlossenen PPA nach wie vor sehr hoch. Auf KMU entfallen 99 % der europäischen Unternehmen, 54 % der Wertschöpfung in der EU und 9–18 % des Bruttoinlandsverbrauchs pro Mitgliedstaat.
Diese kleinen und mittleren Unternehmen haben aufgrund des geringen Stromverbrauchs je Anlage oft hohe Stromrechnungen und könnten am meisten von den PPA erneuerbare Energien profitieren. Dies gilt insbesondere für den Zeitraum ab Oktober 2021, in dem die Strompreise auf dem Strom-Großhandelsmarkt gestiegen sind.
Darüber hinaus sind für sie eine nur eine begrenzte Sichtbarkeit der künftigen Stromnachfrage, niedrigere Bonitätseinstufungen und geringere Stromverbrauchsmengen typisch, was die Bewältigung von Ungleichgewichten erschwert. Daher sind KMU zögerlicher, langfristige Verträge zu unterzeichnen, insbesondere wenn keine Klarheit über die möglichen Auswirkungen besteht, wenn langfristige Verträge gekündigt werden müssen. Die physischen und virtuellen Auswirkungen der Unterzeichnung langfristiger PPA auf die Bilanz des Unternehmens nach dem Rechnungslegungsrahmen für Derivate gemäß den internationalen Rechnungslegungsstandards (International Financial Reporting Standards, IFRS) sind nicht immer klar. Mangelnde Kenntnis über auf Unternehmensebene geschlossene PPA über erneuerbare Energien ist ein weiteres wichtiges Hindernis für deren Akzeptanz in mittleren und kleinen Unternehmen, die Komplexität der Verhandlungen über PPA wiederum stellt ein „weiches“ Hindernis für die Abnehmer dar, die nicht über die erforderlichen Erfahrungen oder Ressourcen für Vertragsverhandlungen verfügen. Die europäischen Rechtsvorschriften beschränkten sich bisher auf Energieaudits und Energiemanagementsysteme zur Verbesserung der Energieeffizienz (EED, 2018). Und schließlich verfügen KMU häufig über begrenzte Flächen an ihrem Standort für den Einsatz von Lösungen für erneuerbare Energie.
Die Kreditwürdigkeit eines Abnehmers stellt in den meisten Sektoren ein weiteres großes Hindernis (und einen Risikofaktor) dar. Kreditgeber für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien erfordern nach wie vor ein hohes Rating, um einen PPA als bankfähig zu betrachten. Die meisten kleinen und mittleren Unternehmen sind jedoch nicht von einer größeren Ratingagentur bewertet. Darüber hinaus sind die Kreditwürdigkeit und die Bonitätseinstufung für einige Unternehmen der Schwerindustrie und des verarbeitenden Gewerbes sowie in europäischen Volkswirtschaften mit relativ weniger entwickelten Finanzmärkten auch ein Problem.
Auf der Angebotsseite bestehen ähnliche Hindernisse. Große Projektträger im Bereich der erneuerbaren Energien wie Vattenfall, Eneco, Orsted und Iberdrola beherrschen den Markt, da sie über ein großes Projektportfolio verfügen und dem Verbraucher mehr maßgeschneiderte Strombezugsverträge anbieten können. In diesem Segment stehen große Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien wie Offshore-Windparks mitunter vor der Herausforderung, vor ihren endgültigen Investitionsentscheidungen ausreichende Mengen an Strombezugsverträgen abzuschließen. Kleine Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien stehen hingegen vor anderen Herausforderungen beim Eintritt in den Markt der auf Unternehmensebene geschlossenen PPA, da ihre Sichtbarkeit begrenzt, nur ein begrenztes Projektportfolio vorhanden und das für die Aushandlung und Unterzeichnung von PPA erforderliche technische und rechtliche Fachwissen ist. Ebenso sind Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften oft zu klein, um wirtschaftlich attraktive PPA mit großen Abnehmern unterzeichnen zu können.
Ein kleines, aber wachsendes Segment von Beratungsunternehmen hat damit begonnen, Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen anzubieten, wie z. B. die Möglichkeit, die Nachfrage mehrerer Verbraucher zu bündeln. Die Industrie selbst erwägt ebenfalls Mechanismen, um ihre Nachfrage zu bündeln und so Risiken und Kosten zu verringern. So arbeiten beispielsweise in Griechenland eine Reihe stromintensiver Industrien an einem „Green Pool“-Konzept, bei dem mehrere Unternehmen ihren Strombedarf bündeln. Anschließend unterzeichnet jeder Industriepartner einen oder mehrere Strombezugsverträge, um seine Nachfrage auf aggregierter Ebene zu decken. Um den verbleibenden Strombedarf zu gestalten und zu decken, wird ein gesonderter Vertrag ausgehandelt, um die Gesamtkosten für die Teilnehmer zu senken. Die Aggregierung von Projekten bringt jedoch auch zusätzliche Kosten und Komplexität für die Schließung von Strombezugsverträgen mit sich. Darüber hinaus erweitern einige Unternehmen, die – wie in der Energieeffizienzrichtlinie vorgeschrieben – Energieaudits anbieten, ihre Dienstleistungen bereits um Bewertungen von PPA über erneuerbarer Energie am Standort des Unternehmens, in der Nähe des Standorts oder extern. Die Ausweitung der Energieaudit-Dienstleistungen auf Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie ist relativ kostengünstig, da sie auf ähnlichen Daten beruhen, die bereits im Rahmen von Energiemanagementsystemen erhoben werden (ISO 500001).
Im jüngsten ACER-Bericht über die Gestaltung des Strom-Großhandelsmarkts in der EU wird hervorgehoben, dass Strombezugsverträge gefördert und der Zugang für kleinere Marktteilnehmer verbessert werden müssen. Um die wirtschaftlichen Hindernisse zu beseitigen, werden die Kommission und die EIB-Gruppe prüfen, ob spezielle Finanzierungs- und Beratungsmechanismen entwickelt werden könnten, um Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie zu fördern. Dies könnte auch Mechanismen zur Förderung eines besseren Zugangs zu Verträgen über den Bezug von erneuerbarem Strom für neue Abnehmer wie KMU umfassen. Aus dem Programm InvestEU kann bereits die Finanzierung von PPA-Investitionen gefördert werden. Die Mitgliedstaaten könnten ähnliche Garantien in die Wege leiten, um lokale Banken bei ihren Bemühungen zur Absicherung von PPA über erneuerbare Energien zu unterstützen.
Darüber hinaus wird der EU-Rahmen für ein nachhaltiges Finanzwesen Anreize für Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie schaffen und das Bewusstsein für und das Interesse an solchen Verträgen bei Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen erhöhen und so dazu beitragen, Kapital auf nachhaltige Investitionen umzulenken. Zu den einschlägigen Elementen gehören die EU-Taxonomieverordnung, der erste delegierte Rechtsakt zur EU-Klimataxonomie und die vorgeschlagene Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die alle zu mehr Transparenz auf den Finanz- und Nicht-Finanzmärkten in Bezug auf Nachhaltigkeit beitragen. Die EU-Taxonomie bildet einen Rahmen für die Definition ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten und beinhaltet Offenlegungspflichten in Bezug auf bestimmte wesentliche Leistungsindikatoren für Finanz- und Nicht-Finanzunternehmen. Im damit verbundenen Vorschlag für die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird der Anwendungsbereich der Berichtspflichten von Nicht-Finanzunternehmen auf alle großen Unternehmen ausgeweitet(ob börsennotiert oder nicht) und umfasst börsennotierte KMU.
Die Nutzung von Verträgen über den Bezug von erneuerbarem Strom wird ein wichtiges Instrument sein, um die Einhaltung der einschlägigen technischen Bewertungskriterien nachzuweisen, die in dem delegierten Rechtsakt zur EU-Klimataxonomie festgelegt sind, und könnte sich gegebenenfalls in den wesentlichen Leistungsindikatoren im Rahmen der EU-Taxonomieverordnung widerspiegeln.
Darüber hinaus kann der kürzlich eingerichtete Europäische Unternehmenskonvent ein weiterer Weg sein, um das Bewusstsein für die Möglichkeiten zu schärfen, die PPA über erneuerbare Energien den Unternehmen eröffnen.
Die Mitgliedstaaten können die Entwicklung von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie, insbesondere für KMU, durch folgende Maßnahmen erleichtern:
A.Einrichtung einer öffentlichen Plattform zur Verbesserung der Transparenz in Bezug auf Preis, Volumen, Arten und beteiligte Parteien von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie;
B.Gewährleistung der Umsetzung der EU-Taxonomieverordnung und ihrer delegierten Rechtsakte und Förderung ihrer freiwilligen Anwendung über die rechtlichen Anforderungen hinaus;
C.flexible Vertragsgestaltung für KMU, einschließlich spezifischer Leitlinien für Vertragskündigungsgebühren für kleine Unternehmen (Artikel 12 der Elektrizitätsrichtlinie);
D.Ermöglichung mehrerer Lieferverträge, damit Lieferanten und Käufer direkt Verträge miteinander schließen können (Artikel 4 der Elektrizitätsrichtlinie);
E.Ermöglichung der Entwicklung von Erneuerbare-Energie-Projekten im Rahmen von PPA, am Standort oder in der Nähe des Standorts, insbesondere wenn sie „hinter dem Zähler“ oder durch „private Leitungen“ entwickelt werden;
F.Minderung des Risikos von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie durch Kreditgarantien oder Versicherungen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, im Einklang mit den Leitlinien für staatliche Beihilfen;
G.Bestärkung nationaler Förderbanken und ‑institute, Schuldtitel für groß angelegte Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, einschließlich Offshore-Windenergie, auf Märkten anzubieten, auf denen es angesichts der Größe der Anlagen und der Baudauer schwierig ist, vor finanziellen Investitionsentscheidungen ein ausreichendes Volumen von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie zu schließen;
H.Festlegung regulatorischer Bedingungen, die es Energiegemeinschaften ermöglichen, überschüssige Energie im Rahmen von Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie zu verkaufen;
I.Ermöglichung des gemeinsamen Erwerbs erneuerbarer Energie durch langfristige Bezugsverträge für kleine Wirtschaftsparks oder Industriecluster.
4.Förderung grenzübergreifender Verträge über den Bezug von erneuerbarem Strom
Auf die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen entfielen 37 % des gesamten Stromverbrauchs und 21,2 % des gesamten Energieverbrauchs im Jahr 2020. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, wobei der Anteil der erneuerbaren Energien im Stromsektor zwischen 9 % und 78 % liegt. Auch der Anteil erneuerbarer Energien am Energieendverbrauch bewegt sich zwischen 10 % und 60 %.
Die Umstellung des Energiesystems auf eine auf erneuerbaren Energieträgern basierende Energieversorgung erfordert, dass die besten erneuerbaren Ressourcen in der gesamten EU genutzt werden und Energie dorthin transportiert wird, wo die Nachfrage besteht. Der europäische Binnenmarkt ermöglicht es Unternehmen, Strom aus erneuerbaren Energiequellen in der gesamten EU zu kaufen, und stellt gleichzeitig sicher, dass der Anschluss zusätzlicher Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energien an das Netz unterstützt wird.
Bereits jetzt nutzen gewerbliche Nutzer erneuerbare Energiequellen, indem sie folgende Arten von Strombezugsverträgen unterzeichnen:
1.physische grenzübergreifende Strombezugsverträge,
2.virtuelle grenzübergreifende Strombezugsverträge.
Bei einem physischen grenzübergreifenden Strombezugsvertrag schließt der Abnehmer einen Vertrag mit einer Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie in einem anderen Land und bucht Rechte an physischer oder finanzieller Kapazität auf den betreffenden Verbindungsleitungen, um eine physische Netzanbindung zu gewährleisten. Dies bringt Risiken und Kosten im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Transfers mit sich. Bei einem virtuellen grenzübergreifenden Strombezugsvertrag verkauft der Stromerzeuger den Strom auf dem lokalen Großhandelsmarkt, während der Abnehmer seinen Strom auf einem anderen lokalen Großhandelsmarkt kauft. Der Vertrag zwischen dem Stromerzeuger auf der einen Seite der Grenze und dem Abnehmer auf der anderen Seite der Grenze besteht aus einer finanziellen Regelung, bei der der Stromerzeuger eine Zahlung vom lokalen Strom-Großhandelsmarkt und eine Nettoabgeltung zu dem mit dem gewerblichen Käufer vereinbarten Strombezugsvertragspreis erhält.
Die Vorteile für die Abnehmer sind ein besserer Zugang zu kostengünstigen Projekten für erneuerbare Energien in der gesamten EU sowie die Möglichkeit, die Last an verschiedenen Standorten zu aggregieren und einen größeren Teil ihres Strombedarfs zu decken. Grenzübergreifende Strombezugsverträge ermöglichen Projektträgern im Bereich der erneuerbaren Energien Zugang zu Märkten mit höheren Strompreisen und erhöhen so die Bereitschaft, für erneuerbare Energien zu bezahlen.
Neben grenzübergreifenden PPA innerhalb des europäischen Elektrizitätsbinnenmarkts gibt es auch Möglichkeiten, grenzübergreifende PPA auf Drittländer auszuweiten. Ein spezifisches Beispiel ist die Zusammenarbeit zwischen Frankreich, Deutschland, Portugal, Spanien und Marokko mit dem Ziel, die Optionen für grenzübergreifende PPA zwischen Marokko und den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des Fahrplans für einen nachhaltigen Stromhandel zu analysieren. Eine wesentliche Voraussetzung in diesem Zusammenhang ist die Einführung eines zuverlässigen, genauen und betrugssicheren Herkunftsnachweissystems in den Drittländern mit Ausstellungsstellen, die von Produktions-, Handels- und Liefertätigkeiten unabhängig sind.
Trotz der relativ großen Unterschiede bei den Großhandelspreisen für Strom und bei den Kosten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen in der EU ist die Zahl der grenzübergreifenden PPA nach wie vor begrenzt. Zu den Haupthindernissen gehören die damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken, die darauf zurückzuführen sind, dass Anbieter und Verbraucher auf verschiedenen Märkten mit unterschiedlichen Preisentwicklungen und unterschiedlichen Steuersystemen tätig sind, sowie die Notwendigkeit, das mit der grenzüberschreitenden Übertragung verbundene Preisrisiko zu bewältigen. Ein weiteres Hindernis ist die Komplexität der Verträge, insbesondere wenn die Verträge lokalen Vorschriften entsprechen müssen, die nicht miteinander vereinbar sind. Es gibt auch administrative Hindernisse im Zusammenhang mit Herkunftsnachweisen, bei denen die Vorschriften für die Ausstellung, Verwendung und Löschung von Herkunftsnachweisen nicht in allen Mitgliedstaaten vollständig harmonisiert sind. Dies gilt insbesondere für grenzübergreifende PPA mit Ländern, die keinen Rahmen für die Ausstellung von Herkunftsnachweisen für geförderte Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen eingeführt haben. Und schließlich ist es schwieriger, den Beitrag grenzübergreifender PPA zu sozialer Verantwortung von Unternehmen zu vermitteln.
Trotz dieser Hindernisse gibt es laufende Maßnahmen zur Unterstützung grenzübergreifender PPA, da diese eine einzigartige Gelegenheit und ein wertvolles Instrument darstellen, um einen hohen Anteil oder sogar den gesamten Stromverbrauch eines einzelnen Abnehmers aus Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. Die Elektrizitätsmarktrichtlinie und die Elektrizitätsverordnungen von 2019 haben die Flexibilität des Strommarkts und die Granularität der Preisbildung erhöht, was dazu beitragen kann, grenzübergreifende PPA zu ermöglichen, und das transeuropäische Energienetz unterstützt die Entwicklung einer grenzüberschreitenden Übertragungsinfrastruktur, um grenzüberschreitende Stromflüsse zu öffnen und zu ermöglichen.
Um dem finanziellen Risiko grenzübergreifender PPA entgegenzuwirken, können die Finanzierungsmechanismen für erneuerbare Energie genutzt werden, um einen kosteneffizienteren Ausbau erneuerbarer Energien in der gesamten EU zu erleichtern. Die Mittel werden für wettbewerbsorientierte Ausschreibungen in allen EU-Ländern verwendet, die bereit sind, solche Projekte zuzulassen. Private Investoren, einschließlich Unternehmen, können sich an der Finanzierung dieser Ausschreibungen beteiligen und die Herkunftsnachweise für die Energieerzeugung verlangen, die ihrem Beitrag entspricht.
Darüber hinaus verpflichtet die Erneuerbare-Energien-Richtlinie die Mitgliedstaaten, lokale rechtliche Hindernisse für Strombezugsverträge zu beseitigen und die Herkunftsnachweise auf der Grundlage der überarbeiteten Norm CEN-CENELEC 16325 zu harmonisieren, die es ermöglicht, dass bei auf Unternehmensebene geschlossenen PPA die entsprechenden Herkunftsnachweise die Verträge grenzüberschreitend begleiten. Und schließlich können neue Akteure ermutigt werden, auf dem Markt Fuß zu fassen und innovative Lösungen für die Beschaffung und Schließung grenzübergreifender PPA in Europa sowie neue Lösungen zur Minderung der mit auf Unternehmensebene geschlossenen PPA verbundenen Risiken und Managementprobleme anzubieten.
Die Mitgliedstaaten können die Entwicklung der grenzübergreifenden PPA durch folgende Maßnahmen fördern:
A.gegebenenfalls und im Einklang mit der TEN-E-Verordnung Stärkung der Kapazität der Verbindungsleitungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten sowie zu Drittländern;
B.Öffnung bestehender Netze für eine verstärkte Zuweisung von Übertragungskapazität;
C.Beseitigung regulatorischer Hindernisse für die Übertragung von Herkunftsnachweisen an Abnehmer und weitere Harmonisierung der Vorschriften für die länderübergreifende Verwendung von Herkunftsnachweisen;
D.Unterstützung der Entwicklung von zuverlässigen, genauen und betrugssicheren Herkunftsnachweissystemen in Drittländern.