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Document 52022DC0303

Strategiepapier zur Entwicklung einer mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement gemäß Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1896

COM/2022/303 final

Brüssel, den 24.5.2022

COM(2022) 303 final

Strategiepapier

zur Entwicklung einer mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement gemäß Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/1896


1.Einleitung

In der Strategie für den Schengen-Raum vom 2. Juni 2021 werden zwei wichtige Voraussetzungen für einen reibungslos funktionierenden und resilienten Schengen-Raum genannt. Zum einen ist es die ganzheitliche Herangehensweise an das Management der Außengrenzen und zum anderen die erfolgreiche Umsetzung des neuen Mandats der gemeinhin als Frontex bezeichneten Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Insbesondere wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, „sowohl den erforderlichen strategischen Rahmen als auch die notwendigen operativen Elemente zur besseren Verknüpfung unserer politischen Maßnahmen bereitzustellen, um so Lücken zwischen Grenzschutz, Sicherheit, Rückkehr und Migration zu schließen und gleichzeitig stets den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten“.

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten insbesondere im Rahmen der Europäischen Grenz- und Küstenwache gemeinsam daran arbeiten, ein reibungslos funktionierendes, integriertes europäisches Grenzmanagement zu erreichen und dabei alle relevanten Akteure auf europäischer sowie auf einzelstaatlicher Ebene zusammenzubringen. In diesem Zusammenhang sollte das integrierte europäische Grenzmanagement auch vollständig in den Schengen-Zyklus integriert werden.

Wie in der Schengen-Strategie angekündigt, wird sich die Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements an dem gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2019/1896 1 (im Folgenden „Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache“) zu erstellenden mehrjährigen strategischen Politikzyklus (im Folgenden „Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement“) orientieren. Der mehrjährige strategische Politikzyklus wird in den nächsten fünf Jahren als Richtschnur für das effektive Zusammenwirken der Europäischen Grenz- und Küstenwache dienen und die Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements erreichen. Auf operativer Ebene soll der Zyklus einen gemeinsamen Rahmen bereitstellen, der die tägliche Arbeit der über 120 000 Beamten der Europäischen Grenz- und Küstenwache in den nationalen Behörden und Frontex steuert.

Mit dem vorliegenden Strategiepapier leitet die Kommission im Einklang mit Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache eine Konsultation des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich der Entwicklung der mehrjährigen strategischen Politik ein. Ein besonderer Schwerpunkt der Konsultation wird Kapitel 5 dieses Strategiepapiers sein; in diesem Kapitel werden für einen Zeitraum von fünf Jahren die politischen Prioritäten und strategischen Leitlinien in Bezug auf die fünfzehn in Artikel 3 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache dargelegten Komponenten festgelegt.

Darüber hinaus wird sie die Auffassungen der Organe zu der Frage einholen, wie sich ein ganzheitlicher, einheitlicher und kontinuierlicher Prozess zur Bereitstellung strategischer Leitlinien für alle einschlägigen Europäischen Grenz- und Küstenwachen sowie andere Akteure auf europäischer und nationaler Ebene festlegen ließe, damit eine kohärente Umsetzung der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache gewährleistet ist. Damit soll sichergestellt werden, dass neu auftretende Herausforderungen angemessen berücksichtigt werden und die Prioritäten an sich verändernde Erfordernisse angepasst werden können. Dieser Lenkungsmechanismus sollte darüber hinaus Bestandteil des mehrjährigen strategischen Politikzyklus werden.

Das Ergebnis dieses Konsultationsverfahrens sollte zu einer Mitteilung der Kommission zur Festlegung der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement führen, mit der zum Ende des Jahres 2022 für einen Zeitraum von fünf Jahren eine politische Steuerung für das integrierte europäische Grenzmanagement festgelegt wird. Die weitere Umsetzung des Zyklus wird durch die vom Frontex-Verwaltungsrat anzunehmende technische und operative Strategie und durch nationale Strategien der Mitgliedstaaten erfolgen.

2.Überblick über den mehrjährigen strategischen Politikzyklus für ein integriertes europäisches Grenzmanagement

Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Artikel 77 Absatz 1 Buchstabe c) entwickelt die Union eine Politik, mit der „schrittweise ein integriertes Grenzschutzsystem an den Außengrenzen eingeführt werden soll“. Die Komponenten, Grundsätze und Hauptbeteiligten für ein integriertes europäisches Grenzmanagement wurden erstmals 2016 in der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache festgelegt und in der geänderten Fassung dieser Verordnung von 2019 2 weiter entwickelt; in dieser Verordnung wird auch der Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement als strategischer Lenkungsrahmen für die wirksame Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements dargelegt. Das strategische Ziel des Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement besteht darin, festzulegen, wie die Herausforderungen in den Bereichen Grenzmanagement und Rückkehr auf eine kohärente, ganzheitliche und systematische Art und Weise zu bewältigen sind.

Die Struktur des mehrjährigen strategischen Politikzyklus

Der fünfjährige mehrjährige strategische Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement besteht aus vier Hauptphasen:

1.politische Richtungsvorgabe durch die Organe der EU,

2.technische und operative Strategie des Frontex-Verwaltungsrats für das integrierte europäische Grenzmanagement,

3.nationale Strategien der Mitgliedstaaten für das integrierte europäische Grenzmanagement,

4.Bewertung durch die Kommission im Hinblick auf eine erneute Einführung des Zyklus.

Abbildung 1: Mehrjähriger strategischer Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement

a) Politische Richtungsvorgabe

Die Kommission entwickelte das vorliegende Strategiepapier auf der Grundlage der strategischen Risikoanalyse für das integrierte europäische Grenzmanagement, das Frontex der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat im Juli 2020 vorlegte und in der die Herausforderungen festgestellt werden, mit denen das integrierte europäische Grenzmanagement in den nächsten zehn Jahren konfrontiert sein wird. Die Kommission berücksichtigte auch die Empfehlungen, die sich aus der im Zeitraum 2019–2020 durchgeführten thematischen Schengen-Evaluierung der nationalen Strategien der Mitgliedstaaten für ein integriertes Grenzmanagement ergeben.

Die Entwicklung einer Strategie für ein integriertes europäisches Grenzmanagement fällt in die Zuständigkeit der Organe der Union. Daher ist eine wirksame Zusammenarbeit zwischen der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat bei der Schaffung eines politischen Rahmens für die Lenkung des integrierten europäischen Grenzmanagements von wesentlicher Bedeutung. Dieser Rahmen sollte in Form einer Mitteilung angenommen werden, in der die mehrjährige strategische Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement dargelegt wird.

b) Die technische und operative Strategie von Frontex für das integrierte europäische Grenzmanagement

Nach Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache hat Frontex die Aufgabe, auf Beschluss ihres Verwaltungsrats und auf der Grundlage eines Vorschlags des Frontex-Exekutivdirektors eine technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement zu entwickeln. Diese Strategie ist in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und der Kommission auszuarbeiten. Die Strategie muss mit Artikel 3 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache im Einklang stehen und die Agentur hat, wo dies gerechtfertigt ist, die spezifische Situation und insbesondere die geografische Lage der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Die Strategie sollte auf der Mitteilung der Kommission über eine mehrjährige strategische Politik für ein integriertes europäisches Grenzmanagement aufbauen, aber auch die einschlägigen Anforderungen der aktuell geltenden Schengen-Rechtsvorschriften berücksichtigen.

Anforderungen an die technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement

·Lenkung und Überwachung der Entwicklung der Strategie und des Umsetzungsprozesses durch den Frontex-Verwaltungsrat und seine spezielle Arbeitsgruppe zum integrierten europäischen Grenzmanagement

·Aufbau anhand der fünfzehn Komponenten in Artikel 3 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache

·Übereinstimmung mit der politischen Richtungsvorgabe durch die EU-Organe

·Einheitliche Strategie für die Europäische Grenz- und Küstenwache, die sich sowohl an Frontex als auch an die nationalen Grenzschutzbehörden der Mitgliedstaaten richtet

·Abdeckung von Maßnahmen nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch auf nationaler Ebene, einschließlich Maßnahmen zur Harmonisierung von Verfahren, Standardisierung technischer Mittel und operativer Interoperabilität

·Abdeckung eines Zeitraums von fünf Jahren, idealerweise unter Berücksichtigung des Programmplanungszyklus des mehrjährigen Finanzrahmens

·Begleitung durch einen Aktionsplan, in dem die wichtigsten Maßnahmen, der Zeitrahmen, Etappenziele, erforderliche Ressourcen und Überwachungsmodalitäten festgelegt sind

c) Nationale Strategien für ein integriertes Grenzmanagement

Die Mitgliedstaaten tragen weiterhin die Hauptverantwortung für das Management ihrer Außengrenzen in ihrem eigenen Interesse und im Interesse aller anderen Mitgliedstaaten. Vor diesem Hintergrund erfordert eine wirksame Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements, dass die auf EU-Ebene festgelegten Strategien auf die nationale Ebene übertragen werden. Aus diesen Grund schreibt Artikel 8 Absatz 6 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache vor, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Strategien für ein integriertes Grenzmanagement festlegen.

 Anforderungen an nationale Strategien für ein integriertes Grenzmanagement

·Eine eigene nationale Strategie für ein integriertes Grenzmanagement für jeden Mitgliedstaat

·Schaffung einer nationalen zentralen Leitungsstruktur für das integrierte europäische Grenzmanagement, die für die Koordinierung sämtlicher am Grenzmanagement und an Rückkehrmaßnahmen maßgeblich beteiligter Behörden sorgt und dabei die Auswirkungen anderer, an den Außengrenzen von Mitgliedstaaten durch zuständige nationale Behörden – beispielsweise Zoll- und Hygienekontrollbehörden – im Rahmen ihres jeweiligen Auftrags umgesetzter politischer Maßnahmen berücksichtigt

·Entwicklung im Einklang mit der von den EU-Organen beschlossenen politischen Strategie sowie der technischen und operativen Strategie der Agentur und den Anforderungen des Schengener Abkommens

·Auf Grundlage der fünfzehn Komponenten aus Artikel 3 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache; darüber hinaus jedoch auch Abdeckung von Bereichen, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, sofern dies als angemessen erachtet wird

·Festlegung nationaler Regelungen für das Grenzmanagement und Beteiligung an einschlägigen EU-Mechanismen, die von Frontex und anderen relevanten EU-Akteuren koordiniert werden

·Klare Festlegung der derzeitigen und der geplanten Zuweisungen personeller und finanzieller Ressourcen und der Hauptphasen für die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur

·Schaffung eines Überprüfungs- und Überwachungsmechanismus

·Abdeckung eines Zeitraums von mehreren Jahren, der idealerweise dem Programmplanungszyklus des mehrjährigen Finanzrahmens entsprechen sollte

·Begleitung durch einen Aktionsplan, in dem die wichtigsten Maßnahmen, der Zeitrahmen, Etappenziele, erforderliche Ressourcen und Überwachungsmodalitäten umrissen werden

d) Bewertung des integrierten Grenzmanagementzyklus

Vier Jahre nach der Annahme der Mitteilung über die mehrjährige strategische Politik für ein integriertes europäisches Grenzmanagement wird die Kommission die Umsetzung dieser Politik durch alle Beteiligten auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene gründlich bewerten; dies geschieht im Hinblick auf die Vorbereitung des nächsten mehrjährigen strategischen Politikzyklus.

Die Architektur der Europäischen Grenz- und Küstenwache

Mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache wird eine umfassende Architektur für die Europäische Grenz- und Küstenwache geschaffen, in der Frontex und etwa 50 bis 60 für Grenzmanagement und Rückkehrmaßnahmen zuständige Behörden der Mitgliedstaaten zusammengeführt werden (einschließlich Küstenwachen, sofern sie Aufgaben der Grenzüberwachung ausführen). Die Verordnung betraut die Europäische Grenz- und Küstenwache darüber hinaus mit der wirksamen Umsetzung eines integrierten europäischen Grenzmanagements im Sinne der gemeinsamen Verantwortung. Mit der Ausschöpfung des vollen Potenzials der Europäischen Grenz- und Küstenwache ließe sich ein echter, notwendiger Wandel vor Ort erreichen. Zu diesem Zweck sollten die EU und die Mitgliedstaaten diese neue Architektur gemeinsam nutzen, die Leitungsstrukturen der Europäischen Grenz- und Küstenwache stärken und zugleich ihre neuen operativen Fähigkeiten durch eine bessere und schnellere Koordinierung auf EU-Ebene verbessern.

Die Leitungsstruktur der Europäischen Grenz- und Küstenwache muss gewährleisten, dass die Tätigkeiten von Frontex und der nationalen Grenz- und Küstenwache vollständig auf die politischen Ziele der EU im Bereich des Grenzmanagements und der Migrationssteuerung abgestimmt sind und dass sie der politischen Linie in Bezug auf die innere Sicherheit folgen.

Die Hauptverantwortung und primäre Zuständigkeit für das Management ihrer Grenzen liegt weiterhin bei den Mitgliedstaaten. Dank ihres neuen Mandats spielt Frontex nun innerhalb der Europäischen Grenz- und Küstenwache eine zentrale Rolle, indem sie die Maßnahmen der Mitgliedstaaten verstärkt, bewertet und koordiniert und europäische Fähigkeiten schafft.

Seit ihrer Gründung hat die Europäische Grenz- und Küstenwache einen Rahmen für den Informationsaustausch und die operative Zusammenarbeit nicht nur zwischen Frontex und den Mitgliedstaaten, sondern auch zwischen den verschiedenen, als nationale Komponenten fungierenden Behörden der Mitgliedstaaten geschaffen. Seit 2019 werden diese Instrumente nun durch die Möglichkeit ergänzt, die Mitgliedstaaten durch die eigene Einsatztruppe der Agentur, die ständige Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache, wirksamer zu unterstützen. Die ständige Reserve wird unter der Führung und Kontrolle des Aufnahmemitgliedstaats entsandt. Was die Technologie betrifft, so wurden mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache weitere Verstärkungen für das ordnungsgemäße Funktionieren der Europäischen Grenz- und Küstenwache geschaffen, d. h. die vollständige Integration des Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR), um ein Lagebewusstsein, einen wirksamen Informationsaustausch und eine integrierte Planung zu gewährleisten, die die operative, die Notfall- und die Kapazitätenentwicklung abdecken und von Frontex zentral koordiniert und unterstützt werden. Darüber hinaus initiiert, koordiniert und unterstützt die Agentur zahlreiche andere Prozesse (beispielsweise die Vereinheitlichung der technischen Ausrüstung und den Informationsaustausch) mit dem Ziel der weiteren Stärkung der Europäischen Grenz- und Küstenwache und der Erleichterung der täglichen Arbeit der Grenzschutzbeamten in der EU.

Abbildung 2: Die Europäische Grenz- und Küstenwache

Die Kommission hat auch bei einigen Aspekten der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements eine operative Funktion inne, insbesondere in Bezug auf die EU-Finanzierung, den Schengen-Evaluierungsmechanismus und die Koordinierung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit in den Hotspots. In der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache wird darüber hinaus die Bedeutung anderer europäischer Beteiligter, insbesondere dezentraler Agenturen der EU (eu-LISA, Europol, Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) und Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA)) hervorgehoben. Die enge Zusammenarbeit dieser Beteiligten mit Frontex und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ist von entscheidender Bedeutung für die Gewährleistung einer erfolgreichen Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements. Auf nationaler Ebene arbeitet ein breites Spektrum an Behörden (Zoll‑, Strafverfolgungs- und Gesundheitsbehörden) mit nationalen Komponenten der Europäischen Grenz- und Küstenwache zusammen, um in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen eine wirksame Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements sicherzustellen.

3.Strategische Herausforderungen für ein integriertes europäisches Grenzmanagement

Im Einklang mit Artikel 8 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache bildet die Ermittlung der Herausforderungen in den Bereichen Grenzverwaltung und Rückkehr, die auf eine kohärente, integrierte und systematische Art und Weise zu bewältigen sind, den Ausgangspunkt für den strategischen Politikzyklus. In diesem Zusammenhang erstellte Frontex in enger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten die allererste strategische Risikoanalyse für das integrierte europäische Grenzmanagement, die einen Zeitraum von zehn Jahren erfasst. 3

Die größten Herausforderungen, die in der strategischen Risikoanalyse 2020 ermittelt wurden, sind die Folgenden:

An den Außengrenzen:

a)Zunahme des Drucks durch grenzüberschreitende Kriminalität 4 , Terrorismus und Bedrohungen hybrider Art

b)Erfordernis, die Zunahme der Passagier- und Frachtströme mittels Verbesserung der Datenerhebung, des Risikomanagements und der Interoperabilität zu bewältigen

c)Digitalisierung des integrierten Grenzmanagements durch Einführung des Einreise‑/Ausreisesystems, des Europäischen Reiseinformations- und ‑genehmigungssystems, des erneuerten Schengener Informationssystems und des erneuerten Visa-Informationssystems

d)Herausforderungen hinsichtlich des See‑, Land- und Luftverkehrs, einschließlich:

I.komplexer Cyberangriffe und Terroranschläge gegen internationale/inländische Passagiere, Schiffe, gefährliche Ladungen und kritische Seeverkehrsinfrastrukturen

II.stärkerer internationaler Migration, Sekundärmigration (innerhalb der EU) und grenzüberschreitender Schleuseraktivitäten

III.der Auswirkungen der Billigflugintensität auf die Fähigkeit einiger EU-Flughäfen, damit zusammenhängende Probleme beim integrierten Grenzmanagement zu bewältigen

e)Intensivierung der Schleusungsströme, die die innere und äußere Sicherheit der EU gefährden

f)Cyberkriminelle werden kontinuierlich ihre Flexibilität und Widerstandsfähigkeit unter Beweis stellen, aber sie werden sich auch auf bestehende Modi Operandi stützen, deren Ziel bekannte Schwachstellen und neue Opfer sind. Sie werden versuchen, von der massiven Verlagerung früherer Offline-Aktivitäten auf das Online-Umfeld zu profitieren, wie dies im Zuge der COVID-19-Pandemie der Fall war

g)Zur Erleichterung legaler Grenzübertritte, auch zugunsten des Tourismus und des Handels, müssen die Grenzkontrollbehörden eingriffsfreie Identifizierungstechnologien (z. B. Fingerabdrücke, Gesichtserkennung) bestmöglich nutzen und dabei die Grundrechte, insbesondere in Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten, vollständig wahren. Der Zugang zu diesen Informationen muss über Handgeräte erfolgen, um die erforderlichen Datenbankabfragen und Sicherheitsüberprüfungen zu ermöglichen

h)Im Hinblick auf Terrorismus und hybride Bedrohungen bestehen verschiedene Herausforderungen, die mit dem rechtzeitigen Austausch von Informationen zur Verbesserung der Kontrollen und der raschen Reaktion auf Bedrohungen zusammenhängen; die Europäische Grenz- und Küstenwache kann durch den Zugang der Grenzschutzbeamten zum Schengener Informationssystem (SIS), zum Einreise‑/Ausreisesystem (EES), zum Europäischen Reiseinformations- und ‑genehmigungssystem (ETIAS) und durch die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen einschließlich des Europäischen Suchportals einen Beitrag leisten

Hinsichtlich Migration und Rückkehr:

a)Zur Vermeidung einer Lage, in der einzelne Mitgliedstaaten oder Grenzabschnitte durch beträchtlichen Migrationsdruck überbelastet werden, bedarf es einer gut koordinierten Reaktion mit angemessenen Maßnahmen im Grenzvorbereich und erforderlichenfalls einer entsprechenden Erhöhung der operativen Kapazitäten an den betroffenen Grenzabschnitten

b)Sicherheitsmaßnahmen an den Außengrenzen und innerhalb des Schengen-Raums müssen mit der Notwendigkeit in Einklang gebracht werden, ungehinderte Passagierströme sicherzustellen

c)Die Bedeutung der Rückkehrtätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache nimmt zu, da Frontex möglicherweise zum operativen Arm des EU-Rückkehrsystems wird und auf diese Weise einen Großteil der Rückkehrtätigkeiten unterstützt

d)Die Rückkehrtätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache sollen mittels Digitalisierung gestärkt werden, wobei insbesondere die Nutzung der Frontex-Software-Anwendung für Rückkehr und der nationalen IT-Systeme für das Rückkehrmanagement auf der Grundlage des von der Agentur entwickelten Modells für Rückkehr-Fallmanagementsysteme eine wichtige Rolle spielen werden

Pandemien: 

e)Pandemien wurden in der Frontex-Analyse aus dem Jahr 2020 als zentrale Herausforderung für das integrierte europäische Grenzmanagement benannt, da sich ihr Potenzial, von einer latenten in eine offenkundige Bedrohung überzugehen, rasch entfalten kann, wie die COVID-19-Pandemie gezeigt hat

f)Vor Ort tätige Grenzschutzbeamte stehen in direktem Kontakt mit Reisenden und handhaben Gepäck und Fracht; dadurch können sie Toxinen, Krankheitserregern und anderen Gefahren ausgesetzt sein. Um dies zu mindern, muss für ein sicheres Umfeld für Grenzschutzbeamte gesorgt werden, und die Behörden müssen dem Gesundheitsrisiko bei Grenzmanagementtätigkeiten Rechnung tragen

Diese in der Risikoanalyse 2020 von Frontex ermittelten Herausforderungen sind durch die seither eingetretenen Ereignisse bestätigt und erweitert worden. Insbesondere hat die im Jahr 2021 an der Grenze zwischen der EU und Belarus eingetretene Lage gezeigt, wie durch die Instrumentalisierung der Migration eine hybride Bedrohung für die EU-Grenzen herbeigeführt werden kann und wie diese zunehmend von hybriden Aktionen betroffen sein können, deren Ziel darin besteht, die außen- und sicherheitspolitischen Pläne bestimmter Drittstaaten in der Nachbarschaft der EU und darüber hinaus voranzubringen. Hybride Bedrohungen erfordern eine Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch (zwischen den Behörden, mit den Mitgliedstaaten und mit den Organen und Einrichtungen der EU), damit hybride Bedrohungen in verschiedenen Bereichen – und ihre strategische Absicht – frühzeitig erkannt werden können.

Ebenso hat die russische Invasion der Ukraine, in deren Folge bisher mehr als 5,9 Millionen Menschen in die EU flohen, die Herausforderungen für das integrierte europäische Grenzmanagement verdeutlicht. Eine wesentliche Eskalation der militärischen Aggression durch russische Streitkräfte könnte weitere massive Wanderungsbewegungen von Menschen aus der Ukraine auslösen. In dieser Hinsicht unterstützt Frontex die betroffenen Mitgliedstaaten und Drittstaaten. Außerdem bereitet sie neue Entsendungen zur Sicherstellung ausreichender Kapazitäten vor, damit im Einklang mit den Anforderungen des Unionsrechts bei allen Personen, die die Grenzen zwischen der Ukraine und der EU überqueren, Grenzübertrittskontrollen durchgeführt werden können.



4.Die Grundsätze des integrierten europäischen Grenzmanagements

Die mehrjährige strategische Politik muss sich an den wichtigsten Grundsätzen und Konzepten des integrierten europäischen Grenzmanagements orientieren, die sich ihrerseits unmittelbar aus der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache ergeben und darauf abzielen, der Europäischen Grenz- und Küstenwache eine wirksame Arbeit in vollständiger Konformität mit dem Rechtsrahmen zu ermöglichen.

Gemeinsame Verantwortung, Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch

Laut der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache fällt die Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements in die gemeinsame Verantwortung der für Grenzmanagement und Rückkehr zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten sowie von Frontex, die gemeinsam die Europäische Grenz- und Küstenwache bilden. Dies ist ein Grundpfeiler der Architektur der Europäischen Grenz- und Küstenwache und stellt die operative Umsetzung der geteilten Zuständigkeit der EU und der Mitgliedstaaten für die Umsetzung des integrierten Schutzes der EU-Außengrenzen dar, wie dies im Vertrag vorgesehen ist. Die gemeinsame Verantwortung wird einerseits durch die grundlegende Pflicht aller Akteure der Europäischen Grenz- und Küstenwache (Frontex und nationale Behörden), zur loyalen Zusammenarbeit und andererseits durch die übergeordnete Verpflichtung zum Informationsaustausch innerhalb der Gemeinschaft der Europäischen Grenz- und Küstenwache ergänzt.

Ständige Bereitschaft zur Reaktion auf neu auftretende Bedrohungen

Mit der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements sollten die erforderlichen Instrumente bereitgestellt werden, um auf alle denkbaren Bedrohungen an den Außengrenzen reagieren und diese bewältigen zu können. Auf EU-Ebene und auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten muss eine ständige Bereitschaft zur Bewältigung möglicher Massenzuströme irregulärer Migranten, die illegal die Außengrenzen überqueren, bestehen. Zu diesem Zweck sollten umfassende, erprobte und ständig aktualisierte Notfallpläne einschließlich der Nutzung von Kapazitäten und Instrumenten der EU und der Mitgliedstaaten – beispielsweise Soforteinsätze, Teams zur Unterstützung der Migrationssteuerung, Teams für Rückkehreinsätze und die uneingeschränkte Nutzung des Hotspot-Konzepts – Teil dieses integrierten Ansatzes sein. Notfallpläne sollten die wirksame praktische Durchführung von Maßnahmen in Situationen, in denen dringendes Handeln an den Außengrenzen erforderlich ist, und erforderlichenfalls Maßnahmen zur Unterstützung der Rückkehr erleichtern.

Frontex muss jährliche Soforteinsatzübungen durchführen, die regelmäßige Tests der einschlägigen Verfahren und Mechanismen ermöglichen, um die volle Bereitschaft der Soforteinsatzkapazitäten zur Unterstützung von Mitgliedstaaten in einer aufkommenden Krise gewährleisten zu können.

Stärkere Koordinierung und integrierte Planung

Die Grundlage für das erfolgreiche Funktionieren einer Europäischen Grenz- und Küstenwache bildet ein bewährtes System der Koordination, Kommunikation und Planung zwischen den europäischen (Frontex) und den nationalen Komponenten (für das integrierte Grenzmanagement zuständige oder daran beteiligte nationale Behörden). Ein zentrales Ziel ist die Entwicklung einer flexiblen, ganzheitlichen Nutzung von Informationen, kombinierten Ressourcen und interoperablen Systemen und Instrumenten auf EU-Ebene und nationaler Ebene. Eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieser neuen Struktur besteht darin, dass es klare nationale Koordinations‑, Kommunikations- und Planungssysteme gibt, die eine funktionale Zusammenarbeit mit der Agentur und zwischen den am integrierten Grenzmanagement beteiligten nationalen Behörden gewährleisten. Es sollte auf nationaler Ebene eine führende, für die Koordinierung des integrierten Grenzmanagements zuständige nationale Behörde und eine einzige nationale Kontaktstelle für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Agentur geben. Ein nationales Konzept für das integrierte Grenzmanagement trägt zur Sicherstellung einer effizienten Koordination zwischen der federführenden nationalen Behörde und allen für das Grenzmanagement zuständigen nationalen Behörden bei. Damit eine ständige Bereitschaft auf EU-Ebene und nationaler Ebene gewährleistet werden kann, erfordert das integrierte europäische Grenzmanagement eine integrierte Planung zwischen den Mitgliedstaaten und der Agentur. Dies ist für die Vorbereitung von Reaktionen auf Herausforderungen an den Außengrenzen, für die Notfallplanung und die Koordinierung der langfristigen Entwicklung von Kapazitäten sowohl in Bezug auf die Rekrutierung als auch für die Ausbildung sowie den Erwerb und die Entwicklung von Ausrüstung erforderlich. Aus diesem Grund muss die Kapazitätenentwicklung auf nationaler Ebene und auf Ebene der Agentur auf Dauer angelegt sein, kurz‑, mittel- und langfristige Pläne berücksichtigen und mit der Notfallplanung im Einklang stehen.

Umfassendes Lagebewusstsein

Ein umfassendes, echtzeitnahes Bewusstsein für vorherrschende und vorhersehbare Situationen, das fast alle Funktionen des integrierten Grenzmanagements und sämtliche Stufen des Vierstufenmodells der Zugangskontrolle 5 abdeckt, bildet einen Grundpfeiler für die richtige, rechtzeitige Reaktion auf unterschiedliche Situationen. Zur Gewährleistung einer wirksamen und schnellen Reaktion der Europäischen Grenz- und Küstenwache auf neu auftretende Bedrohungen sollten die Agentur auf EU-Ebene und die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene ein umfangreiches europäisches Lagebild pflegen. Dies dürfte auch dazu beitragen, die Aktualität und Wirksamkeit der operativen Tätigkeiten anderer nationaler Behörden und EU-Agenturen, die ihre jeweiligen Aufgaben an den Grenzen und innerhalb des Schengen-Raums wahrnehmen, zu verbessern. Als wichtigste Grundlage für das Lagebild des integrierten Grenzmanagements sollte EUROSUR wirksam umgesetzt und weiterentwickelt werden. Dies ist besonders wichtig, weil mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache neue EUROSUR-Funktionen eingeführt wurden, die zu einer Verbesserung der Lageerfassungs- und Reaktionsfähigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache und zur Verbesserung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Frontex führen dürften.

Technische Standards des integrierten europäischen Grenzmanagements

Um die Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten und Frontex an den Außengrenzen ergriffenen Maßnahmen zu gewährleisten, sollten Frontex, die Mitgliedstaaten und die Kommission gemäß Artikel 16 bzw. 64 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache gemeinsam technische Standards für den Informationsaustausch und die erforderliche Ausrüstung ausarbeiten. Sobald die Europäische Grenz- und Küstenwache besteht, ist sie verpflichtet, die Ausrüstung zu erwerben und zu nutzen und die erforderlichen Informationen gemäß den technischen Standards bereitzustellen.

Technische Standards für den Informationsaustausch sind notwendig, damit die von den Mitgliedstaaten und Frontex bereitgestellten Informationen und Daten problemlos verglichen und analysiert werden können. Dies ist von entscheidender Bedeutung für die Verbesserung des Lagebewusstseins und insbesondere zur Vervollständigung des EUROSUR-Lagebilds sowie zur Steigerung der Reaktionsfähigkeit auf Situationen an den Außengrenzen.

Ähnliche Grundsätze gelten einerseits hinsichtlich der technischen Standards für den Pool der technischen Ausrüstung, der sich aus im Besitz der Mitgliedstaaten oder von Frontex befindlicher Ausrüstung zusammensetzt, und andererseits hinsichtlich der technischen Standards für technische Ausrüstung, die sich im gemeinsamen Besitz der Mitgliedstaaten und von Frontex befindet und für ihre operativen Tätigkeiten vorgesehen ist. Aus diesem Grund müssen die Interoperabilität und Kompatibilität der im Pool für technische Ausrüstung befindlichen Ausrüstungsgegenstände sichergestellt sein, damit diese bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Einklang mit speziellen Anforderungen und in unterschiedlichen operativen Szenarios mit anderen Ausrüstungsgegenständen im gleichen operativen Umfeld funktionieren können. Der Austausch eines Ausrüstungsgegenstands durch einen anderen sollte schnell und reibungslos erfolgen, damit das Ergebnis der operativen Tätigkeiten nicht beeinträchtigt wird.

Diese Standards werden auch dazu beitragen, in Europa eine technologische und industrielle Grundlage für integriertes Grenzmanagement zu fördern und somit unerwünschte Abhängigkeiten von außereuropäischen Quellen zu verringern.

Eine gemeinsame Arbeitskultur der Grenzschutzbeamten und ein hohes Maß an Professionalität

Das integrierte europäische Grenzmanagement ist ein Konzept, das einen hohen Grad an Spezialisierung und Professionalität erfordert. Die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte durch ihre unterschiedlichen Tätigkeiten, zu denen auch Ausbildungstätigkeiten zählen, gegenseitiges Verständnis und eine gemeinsame Arbeitskultur der Grenzschutzbeamten auf der Grundlage der in den Verträgen verankerten europäischen Werte fördern.

Generell sollten Personen, die Aufgaben im Rahmen des europäischen Grenzschutzes und im Bereich der Rückkehr wahrnehmen, speziell geschulte Fachkräfte auf dem Gebiet der Grenzkontrolle mit hohen ethischen Werten und strengster Integrität sein. Sie sollten zuständigen Grenzkontroll- oder Strafverfolgungsbehörden angehören, die über einen fundierten Verhaltenskodex verfügen. In Bezug auf Dienstpflichten, bei denen die Verwendung personenbezogener Daten oder die Einsichtnahme in vertrauliche Register erforderlich ist, oder bei Handlungen, die die Ausübung von Exekutivbefugnissen erfordern, ist im Einklang mit EU-Recht oder nationalem Recht keine Ausnahme zulässig. Die zuständigen Behörden sollten unter allen Umständen uneingeschränkt für sämtliche Grenzkontrollmaßnahmen zuständig sein. Die Verantwortung für Aufgaben der Grenzkontrolle kann nicht an Dritte ausgelagert werden – Grenzkontrollen sind naturgemäß eine Aufgabe der Strafverfolgung. Im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften können, sofern alle vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllt sind, militärische Kapazitäten und Mittel eingesetzt werden, wenn sie zur Unterstützung der zuständigen Grenzschutzbehörden hinzugezogen werden.

Funktionale Integrität

In der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache wird festgelegt, dass die Hauptverantwortung für das Management ihrer jeweiligen Außengrenzenabschnitte weiterhin bei den nationalen Grenzmanagementbehörden in den Mitgliedstaaten liegt. Derselbe Grundsatz sollte auch für die Umsetzung der Rückkehrpolitik der EU gelten. Das europäische integrierte Grenzmanagement ist ein Instrument, bei dem einige Zuständigkeiten auf nationaler Ebene bestehen, während die Zuständigkeiten der Agentur im Vergleich zu denen der nationalen Behörden begrenzt sind. Solche der nationalen Politik unterliegenden Bereiche betreffen beispielsweise Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums (z. B. Polizeikontrollen, Migrationssteuerung und die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen) und die Bekämpfung der organisierten grenzüberschreitenden Kriminalität an den Außengrenzen. Daher sollten diese Themen und Funktionen in den nationalen Strategien für integriertes Grenzmanagement ausführlicher und dabei einheitlich berücksichtigt werden.



5.Politische Prioritäten und strategische Leitlinien für die Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements

In der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache werden fünfzehn Komponenten für den Aufbau eines integrierten europäischen Grenzmanagements aufgeführt. Zwölf dieser thematischen Komponenten umfassen Grenzkontrollen, Such- und Rettungseinsätze, die in Situationen erfolgen, die sich unter Umständen während einer Grenzüberwachungsaktion auf See ergeben, Risikoanalysen, die stellenübergreifende Zusammenarbeit auf nationaler und EU-Ebene, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Agentur, die Zusammenarbeit mit Drittstaaten, Rückkehraktionen und andere Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums, ein Schengen-Qualitätssicherungsmechanismus und Solidaritätsmechanismen, insbesondere EU-Finanzierungsinstrumente. Darüber hinaus werden drei übergeordnete Komponenten benannt: Grundrechte, Forschung und Innovation sowie Aus- und Fortbildung. Unter diesen Komponenten kommt dem Schutz der Grundrechte besondere Bedeutung zu, damit sichergestellt wird, dass eine wirkungsvolle Grenzkontroll- und Rückkehrpolitik mit den internationalen Verpflichtungen und Werten der EU und der Mitgliedstaaten im Einklang steht.

In Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache wird dargelegt, dass das Ziel der mehrjährigen strategischen Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement darin besteht, „für einen Zeitraum von fünf Jahren die politischen Prioritäten sowie strategische Leitlinien zu den in Artikel 3 [der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache] dargelegten Komponenten [des integrierten europäischen Grenzmanagements]“ festzulegen. In diesem Zusammenhang schlägt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat folgende Leitlinien für die Entwicklung der mehrjährigen strategischen Politik in Bezug auf die fünfzehn Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements vor.

Komponente 1: Grenzkontrollen, einschließlich Maßnahmen, mit denen legale Grenzüberschreitungen erleichtert werden, und gegebenenfalls: Maßnahmen im Zusammenhang mit der Prävention und Aufdeckung grenzüberschreitender Kriminalität an den Außengrenzen, insbesondere Schleusung von Migranten, Menschenhandel und Terrorismus; sowie Mechanismen und Verfahren mit Blick auf die Ermittlung schutzbedürftiger Personen und unbegleiteter Minderjähriger und mit Blick auf die Ermittlung von Personen, die internationalen Schutz benötigen oder beantragen wollen, die Bereitstellung von Informationen für diese Personen sowie der Verweis dieser Personen.“ 6

Politische Prioritäten

Grenzkontrollen auf der Grundlage von Risikoanalysen (Grenzübertrittskontrollen an Grenzübergangsstellen und Grenzüberwachung zwischen den Grenzübergangsstellen) stehen im Mittelpunkt des integrierten europäischen Grenzmanagements. Frontex und die Grenzmanagementbehörden der Mitgliedstaaten, die gemeinsam die Europäische Grenz- und Küstenwache bilden, sollten über die rechtlichen, institutionellen, administrativen und operativen Kapazitäten und die erforderlichen Ressourcen verfügen, um unter allen Umständen wirksame und effiziente Grenzkontrollen durchführen zu können. Grenzkontrollen verhindern das unbefugte Überschreiten der Außengrenzen durch irreguläre Migranten, um die innere Sicherheit der EU und ihrer Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Sie erleichtern darüber hinaus legale Grenzüberschreitungen von Menschen sowie den grenzüberschreitenden Verkehr. Grenzkontrollen tragen zugleich zur Verhütung und Bekämpfung verschiedener Formen der grenzüberschreitenden Kriminalität bei. Grenzkontrollen sollten so durchgeführt werden, dass die Rechte aller Menschen geachtet werden, unabhängig davon, ob sie Schutz suchen oder nicht. Schutzsuchende müssen Zugang zu den Verfahren erhalten, während Personen, die dies nicht tun, auch vor Nichtzurückweisung geschützt werden müssen. Im Hinblick auf Personen, die die Außengrenzen außerhalb der Grenzübergangsstellen überschritten haben, umfassen die Grenzkontrollen auch Maßnahmen im Grenzgebiet (d. h. Personenüberprüfungsmaßnahmen nach nationalem Recht oder Durchführung der Personenüberprüfungen nach EU-Vorschriften, sobald diese angenommen worden sind).

Strategische Leitlinien

1.Die Mitgliedstaaten sollten über die rechtlichen, strukturellen, administrativen und technischen Kapazitäten zur Durchführung von Grenzübertrittskontrollen im Einklang mit dem Schengener Grenzkodex 7 und zur Erleichterung legaler Grenzüberschreitungen von Personen und Fahrzeugen verfügen. Die Zahl der Grenzübergangsstellen an den Außengrenzen sollte den Erfordernissen im Zusammenhang mit den Beziehungen zu Drittstaaten Rechnung tragen, um sicherzustellen, dass Grenzkontrollen kein Hindernis für den Handel, den sozialen und kulturellen Austausch oder die grenzüberschreitende Zusammenarbeit darstellen. Dabei sollten jedoch auch die verfügbaren Kapazitäten (Ressourcen und Infrastruktur) sowie Trends bei den Herausforderungen (beispielsweise die Instrumentalisierung von Migranten) berücksichtigt werden.

2.Die Mitgliedstaaten sollten sichere und ungehinderte Grenzübertritte von Fahrgästen und Fahrzeugen an den Grenzübergangsstellen gewährleisten.

3.Die Voraberhebung von Informationen für die Funktion der Grenzübertrittskontrolle (Informationen vor der Ankunft als Kernelement der Funktion der Grenzübertrittskontrolle) sollte durch eine wirksame Nutzung des Systems vorab übermittelter Fluggastdaten (Advance Passenger Information – API) und der Fluggastdatensätze (Passenger Name Records – PNR) weiterentwickelt werden.

4.Das Verfahren der Grenzübertrittskontrolle sollte durch die umfassende Einführung der neuen und erneuerten IT-Großsysteme der EU (EES, ETIAS, VIS, Eurodac und SIS) und deren Interoperabilität verbessert und optimiert werden. Dies wird den Umfang und die Qualität der für die Grenzübertrittskontrolle verfügbaren Informationen erhöhen. Darüber hinaus kann der Grenzübertritt mit einer möglichen künftigen Digitalisierung der Reisedokumente noch weiter verbessert werden.

5.Es sollte auf allen Ebenen für ein zuverlässiges und umfassendes Lagebewusstsein bezüglich der Situation an den Grenzen gesorgt werden, um zu gewährleisten, dass im Bedarfsfall hohe Kapazitäten vorhanden sind, um die erforderlichen Maßnahmen auf EU-Ebene und nationaler Ebene ergreifen zu können. Auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sollte im Einklang mit dem Rechtsrahmen und den operativen Erfordernissen ein umfassendes, echtzeitnahes europäisches Lagebild gepflegt, weitergegeben und weiterentwickelt werden.

6.Ein kontinuierliches (24/7) Lagebewusstsein sollte die Grundlage für eine angemessene Reaktionsfähigkeit bilden, damit auf alle Grenzvorfälle, auf unvorhersehbare Veränderungen an den Außengrenzen und auf Situationen großer illegaler Einwanderungsbewegungen angemessen reagiert werden kann. Diese Fähigkeit sollte unter allen Umständen auf EU-Ebene und nationaler Ebene sichergestellt werden. Die nationalen und EU-Kapazitäten sollten ausgebaut werden, damit die Grenzkontrollen an allen Grenzübergangsstellen und Abschnitten der Außengrenzen bei Bedarf rasch verstärkt werden können. Die Reaktionsfähigkeit und die Notfallpläne sollten insbesondere dann, wenn es zu einer Instrumentalisierung von Migranten kommt, regelmäßig getestet und weiterentwickelt werden.

7.Ein integriertes, auf Risikoanalysen beruhendes Grenzüberwachungssystem sollte sich durch stabile (organisatorische, administrative und technische) Kapazitäten und ständige Bereitschaft auszeichnen. Dies dient dem Ziel, unerlaubte Grenzübertritte zu verhindern und aufzudecken, Personen aufzugreifen und Transportmittel wie Schiffe, die die Grenze illegal überquert haben, abzufangen, grenzüberschreitende Kriminalität wie Schleusen, Menschenhandel und Terrorismus zu bekämpfen und auf hybride Bedrohungen zu reagieren.

8.Die Überwachungstätigkeiten an den einzelnen Außengrenzabschnitten sollten den Risikoeinstufungen entsprechen, die den Grenzabschnitten mittels Nutzung integrierter Überwachungssysteme, mobiler Ausrüstung und Patrouillen (Streifen) sowie den Ergebnissen von Risikoanalysen zugewiesen wurden. Die Risikoeinstufungen sollten in der gesamten EU einheitlich ermittelt werden.

9.Die Außengrenze sollte ständig überwacht werden (24/7). Überwachungstätigkeiten an den Grenzen und in Grenzvorbereichen sollten unter Einsatz verschiedener Instrumente durchgeführt werden, um einen Frühwarnmechanismus zu schaffen, handlungsrelevante Informationen auszutauschen und die Reaktionsfähigkeit zu verbessern.

10.Integrierte Überwachungssysteme auf nationaler Ebene sollten durch gemeinsame, interoperable europäische Überwachungskapazitäten unterstützt werden. Die Grenzüberwachung (auch im Grenzvorbereich) sollte im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und dem Schengener Grenzkodex organisiert werden. Sind auf nationaler Ebene mehrere Dienststellen an der Grenzüberwachung beteiligt, so sollten die betroffenen Mitgliedstaaten die für die allgemeine Aufsicht und die erforderlichen Befehls‑, Kooperations- und Koordinierungsmechanismen zuständige nationale Behörde benennen und sicherstellen, dass die Zuständigkeiten der verschiedenen Stellen und Agenturen durch Rechtsvorschriften oder Kooperationsabkommen geregelt werden. Im Besitz verschiedener Behörden befindliche nationale Überwachungskapazitäten sollten im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und dem aktualisierten EUROSUR-Handbuch arbeiten.

11.Daten, die unterschiedliche Behörden bei Bedarf für die Behörden anderer Mitgliedstaaten erheben, sollten auf der Ebene der EU und auf den verschiedenen nationalen Ebenen über das entsprechende nationale Koordinierungszentrum ausgetauscht werden.

12.Das System zur Überwachung der Seegrenzen muss in der Lage sein, alle in die Hoheitsgewässer einlaufenden Schiffe aufzuspüren, zu identifizieren und gegebenenfalls zu verfolgen und abzufangen und einen Beitrag zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung von Menschenleben auf See unter allen Witterungsbedingungen leisten. Die Mitgliedstaaten sollten die von der Agentur angebotenen Überwachungskapazitäten bestmöglich nutzen, um die nationalen Kapazitäten und das allgemeine Lagebewusstsein zu stärken und zu verbessern.

13.Das System zur Überwachung der Landgrenzen muss in der Lage sein, alle unerlaubten Grenzübertritte aufzudecken und Personen, die in Hochrisikogebieten die Grenze illegal überqueren, unter allen Umständen abzufangen. Systeme zur Überwachung der Landgrenzen könnten Drohnen und Bewegungssensoren sowie Streifen umfassen. Die Verwendung technischer Mittel dieser Art, insbesondere der Einsatz von Technologien, die zur Erhebung personenbezogener Daten geeignet sind, muss sich auf klar definierte Bestimmungen des EU-Rechts und des nationalen Rechts, einschließlich des Schutzes personenbezogener Daten, stützen und im Einklang mit diesen Bestimmungen erfolgen.

14.Die Grenzüberwachung sollte durch Personenüberprüfungen derjenigen Menschen, die die Außengrenze ohne Grenzübertrittskontrolle überschritten haben, ergänzt werden. Personenüberprüfungen dienen dem Zweck, Personen zu identifizieren, Sicherheits- und Gesundheitskontrollen durchzuführen und die überprüften Personen an die geeigneten Verfahren zu verweisen.

15.Die Fähigkeit zur Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität und Terrorismus an den Außengrenzen sollte auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene gestärkt werden. Auf diese Weise können die zuständigen Grenzkontrollbehörden in Zusammenarbeit mit anderen einschlägigen Strafverfolgungsbehörden dazu beitragen, grenzüberschreitende Kriminalität an den Außengrenzen aufzudecken und zu verhindern, und insbesondere zur Entdeckung ausländischer terroristischer Kämpfer oder Personen, die grenzüberschreitende Straftaten begehen, beispielsweise Schleuser, beitragen.

16.Grenzschutzbeamte sollten auch darauf vorbereitet sein, Opfer von Straftaten, insbesondere Opfer von Menschenhandel, zu identifizieren, ihnen erste Unterstützung zu leisten und sie an geeignete Dienste zu verweisen.

17.Grenzschutzbeamte sollten über ausreichende Kapazitäten, Mechanismen und Verfahren für die Identifizierung schutzbedürftiger Personen und unbegleiteter Minderjähriger sowie für die Identifizierung von Personen verfügen, die internationalen Schutz benötigen oder einen solchen Schutz beantragen wollen, damit diese Personen an die einschlägigen Verfahren und Behörden verwiesen werden können.

Komponente 2: Such- und Rettungseinsätze für Menschen in Seenot, die im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 656/2014 und dem Völkerrecht eingeleitet und durchgeführt werden, und die in Situationen erfolgen, die sich unter Umständen während einer Grenzüberwachungsaktion auf See ergeben.“ 8

Politische Prioritäten

Der Schutz und die Rettung von Menschenleben an den Außengrenzen ist eine der wichtigsten Prioritäten des integrierten europäischen Grenzmanagements. Die Fähigkeit und die operative Bereitschaft zur Durchführung von Such- und Rettungseinsätzen sowie die Zusammenarbeit aller Beteiligten sollten ein wichtiger und integraler Bestandteil der Grenzüberwachungseinsätze an den Seeaußengrenzen sein.

Strategische Leitlinien

1.Die Zusammenarbeit zwischen den Such- und Rettungsbehörden der Mitgliedstaaten und mit anderen Behörden, die möglicherweise an Such- und Rettungseinsätzen beteiligt sind, sollte unter anderem über die Europäische Kontaktgruppe für Such- und Rettungseinsätze verstärkt werden. Dies dient der Verringerung der Zahl der Todesfälle auf See, der Aufrechterhaltung der Schiffsverkehrssicherheit und der Gewährleistung eines wirksamen Migrationsmanagements gemäß den einschlägigen gesetzlichen Verpflichtungen und im Einklang mit der Empfehlung (EU) 2020/1365 der Kommission. 9

2.Die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für Such- und Rettungseinsätze sollte in allen Phasen der operativen Planung und Durchführung von Überwachungseinsätzen an den Seegrenzen seitens der Agentur und der Mitgliedstaaten in vollem Umfang berücksichtigt werden. Es sollten standardisierte Regelungen und Standardeinsatzverfahren mit den Such- und Rettungsbehörden der Mitgliedstaaten (Seenotrettungsleitstelle), der nationalen Leitstelle (NCC) und der internationalen Leitstelle festgelegt und regelmäßig getestet werden. Alle Patrouillen und technischen Mittel, die an der Überwachung der Seegrenzen beteiligt sind, einschließlich gemeinsamer Aktionen oder von Frontex koordinierter Soforteinsätze zu Grenzsicherungszwecken auf See, sollten für mögliche Such- und Rettungseinsätze angemessen ausgebildet und ausgerüstet sein sowie die Fähigkeit besitzen, erforderlichenfalls als Koordinatoren vor Ort zu fungieren.

3.Die Fähigkeit zur Unterstützung von Such- und Rettungseinsätzen sollte durch die Bereitstellung der erforderlichen Schulungen für Personal, das an Überwachungseinsätzen an Seegrenzen auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene teilnimmt, weiter ausgebaut werden. Im Rahmen der Zuständigkeit der EU sollte die Agentur mehr operative und technische Unterstützung leisten und den Mitgliedstaaten marine Ausrüstung zur Verfügung stellen, um deren Kapazitäten zu erhöhen und so zur Rettung von Menschenleben auf See beizutragen.

4.Die Fähigkeit von EUROSUR zur Unterstützung von Such- und Rettungseinsätzen und zur Rettung von Menschenleben auf See in Situationen, die sich unter Umständen während eines Grenzüberwachungseinsatzes auf See ergeben, sollte im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und der Durchführungsverordnung (EU) 2021/581 der Kommission 10 vollständig verwirklicht und angewandt werden.

Komponente 3: Analyse des Risikos für die innere Sicherheit und Analyse der Bedrohungen, die das Funktionieren oder die Sicherheit der Außengrenzen beeinträchtigen können.“ 11

Politische Prioritäten

Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auf Risikoanalysen beruhen. Zuverlässige, umfassende und integrierte Risikoanalysen sollten auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene für die politische, strategische und operative Planung und Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Die Risikoanalyse sollte analytische Erkenntnisse und Empfehlungen für konkrete (rechtliche, technische und operative) Konzepte und Maßnahmen bereitstellen, damit aktuelle und potenzielle Risiken und Schwachstellen, die sich auf den gesamten Anwendungsbereich des integrierten Grenzmanagements auf EU-Ebene und nationaler Ebene erstrecken, rechtzeitig gemindert werden können.

Strategische Leitlinien

1.Das vom Frontex-Verwaltungsrat angenommene europäische gemeinsame integrierte Risikoanalysemodell 12 muss regelmäßig aktualisiert und auf EU-Ebene wie auf nationaler Ebene angewendet werden.

2.Um konzertierte Aktionen der EU zur Verbesserung des Außengrenzenmanagements und zur Wahrung der inneren Sicherheit zu unterstützen, sollten die Mitgliedstaaten die erforderlichen nationalen (organisatorischen, administrativen und technischen) Kapazitäten für die Durchführung einheitlicher Risikoanalysen und Schwachstellenbeurteilungen schaffen. Die von Frontex bereitgestellten Produkte und Verfahren der Risikoanalyse sollten in den nationalen Prozess zur Erstellung von Risikoanalysen für das integrierte Grenzmanagement einbezogen werden, wobei dieser sämtliche Ebenen des Vierstufenmodells der Zugangskontrolle abdecken sollte.

3.Spezialisierte Strukturen zur Risikoanalyse, die befugt sind, einschlägige Daten von allen nationalen Einrichtungen, die am integrierten Grenzmanagement beteiligt sind, zu erheben und zusammenzustellen, sollten mit einer ausreichenden Zahl spezialisierter und geschulter Mitarbeiter eingerichtet und betrieben werden.

4.Die Zusammenarbeit zwischen den einschlägigen nationalen und EU-Stellen, insbesondere zwischen Frontex, Europol, eu-LISA, der Asylagentur der Europäischen Union, den Zollbehörden und der Kommission (gegebenenfalls einschließlich des OLAF), sollte im Bereich der Risikoanalyse weiter ausgebaut werden. Auf diese Weise soll eine umfassendere Analyse der Risiken für die Integrität der Außengrenzen und für die innere Sicherheit, einschließlich des ordnungsgemäßen Funktionierens des Schengen-Raums, gewährleistet werden. Bei den Vorbereitungsarbeiten zur Aktualisierung der Bewertung der Bedrohungslage im Bereich der schweren und organisierten Kriminalität in der Europäischen Union sollten Europol und Frontex enger zusammenarbeiten.

5.Unter strategischen Gesichtspunkten stellt die halbjährlich erfolgende strategische Risikoanalyse ein wesentliches Instrument dar, das der Agentur die Entwicklung eines langfristigen Verständnisses der Migrationsströme in die und innerhalb der EU unter den Aspekten der Migrationstendenzen, ‑volumen und ‑routen ermöglichen sollte. Sie wird auch dazu beitragen, die Herausforderungen an den Außengrenzen und innerhalb des Schengen-Raums sowie im Bereich der Rückkehr zu ermitteln und somit die politische Entscheidungsfindung und die Entwicklung langfristiger Fähigkeiten zu unterstützen. Weitere Schwerpunkte der ermittelten Herausforderungen sollten Phänomene mit geringer Wahrscheinlichkeit aber schweren Auswirkungen sein, beispielsweise Pandemien und die sich daraus ergebenden Gesundheitsgefahren. Die jeweils neueste verfügbare Analyse sollte sich in der Umsetzung des mehrjährigen strategischen Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement widerspiegeln.

6.Risikobewertungen sollten zwar stets vor und während gemeinsamer, von Frontex koordinierter operativer Tätigkeiten durchgeführt werden, die Agentur sollte jedoch ihre Kapazitäten zur Erstellung von Ad-hoc-Risikoanalysen, die neu auftretende Bedrohungen erfassen und Prozesse des Krisenmanagements unterstützen, weiterentwickeln.

7.Die Agentur sollte ihre Prognosekapazitäten weiter ausbauen, indem sie möglichst umfassende Quellen notwendiger, zuverlässiger und relevanter Informationen nutzt.

8.Im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und unter uneingeschränkter Achtung der Anforderungen der EU-Datenschutzvorschriften sollte ein förmlicher Mechanismus für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen mit Drittstaaten, insbesondere potenziellen Herkunftsländern und relevanten Transitländern, eingerichtet werden. Zur Verbesserung der Risikoanalyse und im Hinblick auf gezieltere operative Maßnahmen sollte dieser Mechanismus von den Mitgliedstaaten und Frontex beibehalten und weiterentwickelt werden.

Komponente 4 Informationsaustausch und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den von dieser Verordnung erfassten Bereichen sowie Informationsaustausch und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache, darunter auch mit Blick auf die von der Europäischen Agentur für Grenz- und Küstenwache koordinierte Unterstützung. 13

Politische Prioritäten

Europäische und nationale Kapazitäten sollten in koordinierter und integrierter Weise aufgebaut, genutzt und entwickelt werden, um die wirksame und einheitliche Umsetzung sämtlicher Aspekte des europäischen integrierten Grenzmanagements unter allen Umständen und auf allen Ebenen des Vierstufenmodells der Zugangskontrolle zu gewährleisten. Die aus der Agentur und den für Grenzschutz und Rückkehr zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bestehende Europäische Grenz- und Küstenwache sollte über eine ständige und erprobte Bereitschaft verfügen, auf alle denkbaren Vorfälle an der Außengrenze sowie neue, das Funktionieren der Grenzkontrollen und der Rückkehr beeinträchtigende Phänomene zu reagieren. Eine Soforteinsatzkapazität und die erforderlichen Fähigkeiten zur wirksamen Durchführung verschiedener Arten gemeinsamer Aktionen an allen Teilen der Außengrenzen sollten vorhanden sein.

Strategische Leitlinien

1.Die Mitgliedstaaten sollten für sämtliche Aufgabenbereiche und Tätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache wirksame nationale Koordinationsmechanismen und Arbeitsverfahren einrichten. Die Mitgliedstaaten sollten über eine einzige nationale Kontaktstelle (rund um die Uhr erreichbar) verfügen, die für sämtliche Angelegenheiten bezüglich der Tätigkeiten der Agentur zuständig ist. Die nationale Kontaktstelle sollte alle nationalen Behörden vertreten, die an Grenzmanagement und Rückkehr beteiligt sind.

2.Das Lagebewusstsein, die Reaktionsfähigkeit und die Rolle des nationalen Koordinierungszentrums sollten im Einklang mit der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache und der Durchführungsverordnung (EU) 2021/581 der Kommission weiter gestärkt und integriert werden. Jeder Mitgliedstaat muss über ein voll funktionsfähiges nationales Koordinierungszentrum verfügen.

3.Die mit Überwachungsinstrumenten gesammelten Informationen, die von den nationalen Koordinierungszentren zusammengefasst und weiter verbreitet werden, sollten sowohl zur Stärkung der Echtzeit-Reaktionsfähigkeit (z. B. bei Abfangmaßnahmen) als auch zu Zwecken der Risikoanalyse genutzt werden.

4.Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen bereitstellen und über eine ständige operative Bereitschaft zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen bezüglich der obligatorischen und freiwilligen Beiträge zu den von Frontex koordinierten kollektiven europäischen Fähigkeiten verfügen, insbesondere zur ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache und zum Pool für technische Ausrüstung.

5.Die Mitgliedstaaten und die Agentur sollten dafür sorgen, dass die ständige Reserve schrittweise wächst, damit sie bis 2027 ihre volle Kapazität von 10 000 Beamten erreichen kann.

6.Der Frontex-Verwaltungsrat sollte das operative Konzept für die ständige Reserve annehmen und regelmäßig überprüfen, damit eine größere Effizienz der Agentur gewährleistet werden kann. Dies dient dem Ziel, die Durchführung der operativen und technischen Aufgaben der Agentur, insbesondere im Hinblick auf die Einleitung von Soforteinsätzen zu Grenzsicherungszwecken in besonderen Krisen (einschließlich Instrumentalisierungsfällen) besser zu steuern. Damit soll sichergestellt werden, dass die Einsätze der ständigen Reserve und der Ausrüstung rechtzeitig erfolgen, wenn eine solche Krise eintritt.

7.Frontex sollte die Einbeziehung der Ergebnisse von Schwachstellenbeurteilungen in die Bereitschaftsbewertung, die Notfallplanung und die Bedarfsanalyse weiter verbessern. Dadurch wird sichergestellt, dass die Mitgliedstaaten nicht nur in der Lage sind, ihre Außengrenzen zu sichern, sondern dass sie auch ihren Anteil an der ständigen Reserve, einschließlich der Beiträge für Soforteinsätze und den Pool für technische Ausrüstung, erbringen können. Bei diesem Vorgang baut die Agentur auch auf den Synergien zwischen dem Schengen-Evaluierungsmechanismus und der Schwachstellenbeurteilung auf.

8.Im Rahmen der einzelnen nationalen Strategien für ein integriertes Grenzmanagement sollten zentrale Mechanismen zur Sicherstellung einer effizienten Abstimmung zwischen der nationalen Behörde, die für die allgemeine Aufsicht über das integrierte Grenzmanagement zuständig ist, und allen nationalen Behörden mit Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Grenzmanagements sowie den entsprechenden Behörden in anderen Mitgliedstaaten eingerichtet werden.

9.Die bilaterale und multilaterale operative Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sollte weiterentwickelt werden, soweit diese Zusammenarbeit mit den Aufgaben der Agentur vereinbar ist. Die Unterstützung der Agentur und die gemeinsamen europäischen Fähigkeiten und Instrumente (z. B. EUROSUR) sollten in vollem Umfang genutzt werden.

10.Der Informationsaustausch zählt zu den wichtigsten Komponenten der operativen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und Frontex. Der Austausch muss sicher über das spezielle Kommunikationsnetz erfolgen, insbesondere wenn dieser Austausch Verschlusssachen bis zum Geheimhaltungsgrad „CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL“ betrifft. Die Mitgliedstaaten und Frontex müssen den Schutz personenbezogener Daten und die Informationssicherheit im Einklang mit den EU-Datenschutzvorschriften und den von der Agentur festgelegten Sicherheitsvorschriften jederzeit gewährleisten.

11.Die Agentur muss für eine ständige Überwachung und ein kontinuierliches Lagebewusstsein sorgen und die betreffenden Informationen mittels EUROSUR an die nationalen Koordinierungszentren weitergeben, um insbesondere Echtzeitmeldungen über das Grenzgebiet und den entsprechenden Grenzvorbereich im Zusammenhang mit der Krisensituation bereitzustellen. Beim Umgang mit EUROSUR-Daten und ‑Informationen müssen die Mitgliedstaaten und Frontex sicherstellen, dass Sicherheitskontrollen, ‑prozesse und ‑pläne vorhanden sind, damit ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet ist.

18.Mitgliedstaaten sollten über erprobte Aufnahmekapazitäten verfügen, damit sie erforderlichenfalls durch die Entsendung der ständigen Reserve der Europäischen Grenz- und Küstenwache Unterstützung erhalten können.

19.Die mehrjährige Strategie für die Entwicklung und den Erwerb der technischen Kapazitäten der Agentur und der zugehörige Durchführungsplan müssen als flexible Instrumente zur Schaffung langfristiger Lösungen für die Ausstattung der ständigen Reserve mit technischen Mitteln, einschließlich der Möglichkeit zur Aktivierung alternativer Optionen für besonders dringenden Bedarf (d. h. Luftüberwachung) dienen.

20.Die Mitgliedstaaten und die Agentur sollten über wirksame Planungs‑, Koordinierungs- und Durchführungskapazitäten verfügen, um auf Risikoanalysen beruhende Aktionen an den Außengrenzen und/oder in Drittstaaten gemäß den in der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache festgelegten Bedingungen zu organisieren. Der erkenntnisgestützte Planungsprozess sollte zwischen der Agentur und den Mitgliedstaaten koordiniert und abgestimmt werden, damit eine wirksame Nutzung der Ressourcen gewährleistet werden kann.

21.Die Agentur sollte das Konzept der gemeinsamen Aktionen weiterentwickeln und dabei für ausreichende Flexibilität und die Fähigkeit sorgen, dem jeweiligen operativen Szenario entsprechend unterschiedliche Modelle anzuwenden.

22.Das Konzept der Anlaufstellen sollte weiterentwickelt werden, indem der Schwerpunkt auf die Gewährleistung einer wirksamen operativen Reaktion gelegt wird, insbesondere in den Hotspots an den Außengrenzen und an den Grenzübergangsstellen; dies schließt eine Komponente des Kapazitätsaufbaus ein.

23.Die von der Agentur entwickelten technischen Standards für Ausrüstung und für den Informationsaustausch, einschließlich der Standards für die Verbindung von Systemen und Netzen, sollten von der gesamten Europäischen Grenz- und Küstenwachegemeinschaft einheitlich angewendet werden. Die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte gemeinsam ein Standardisierungsverfahren erarbeiten, um die Interoperabilität und Kompatibilität der verwendeten Ausrüstung mit den einschlägigen Informations- und Kommunikationssystemen sowie mit EUROSUR zu gewährleisten.

Komponente 5: Stellenübergreifende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden im jeweiligen Mitgliedstaat, die für Grenzkontrollen oder andere Aufgaben an den Grenzen zuständig sind, sowie zwischen den für die Rückkehr zuständigen Behörden im jeweiligen Mitgliedstaat, einschließlich eines regelmäßigen Informationsaustauschs über vorhandene Systeme; falls angezeigt, umfasst dies auch die Zusammenarbeit mit den für den Schutz der Grundrechte zuständigen nationalen Stellen.“ 14

Politische Prioritäten

Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auf Kooperation ausgerichtet sein. Die stellenübergreifende Zusammenarbeit sollte auf nationaler Ebene gut etabliert sein, um eine umfassende, sektorübergreifende, vernetzte und kosteneffiziente Umsetzung des integrierten Grenzmanagements – auch unter den für den Schutz der Grundrechte zuständigen nationalen Stellen – zu gewährleisten. Die Arbeitsteilung, die Kooperationsstrukturen, die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten, die Kommunikationskanäle und die abgestimmten Arbeitsverfahren sollten genau definiert und konsolidiert werden.

Strategische Leitlinien

1.Die stellenübergreifende Zusammenarbeit auf EU-Ebene und nationaler Ebene zwischen den Elementen der Europäischen Grenz- und Küstenwache und anderen nationalen Behörden, die für andere Aufgaben an den Grenzen zuständig sind, sollte auf einer klaren Rechtsgrundlage beruhen, die auch nationale Rechtsvorschriften einschließt. Diese Rechtsgrundlage sollte der Gewaltenteilung und den Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung und des institutionellen Rahmens des jeweiligen Mitgliedstaats Rechnung tragen und durch Kooperationsvereinbarungen und konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Schlüsselbereiche der Zusammenarbeit sind ein wirksamer Informationsaustausch, gemeinsame Risikoanalysen, gemeinsame Aktionen und die gemeinsame Nutzung europäischer und nationaler Kapazitäten im Rahmen der zugewiesenen Befugnisse.

2.Das volle Potenzial bestehender und künftiger Instrumente für den Informationsaustausch, insbesondere EUROSUR, sollte auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene operativ genutzt werden. In diesem Zusammenhang sollte für eine wirksame Zusammenarbeit und Koordinierung innerhalb und zwischen den an den Tätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache beteiligten nationalen Behörden und innerhalb von Frontex selbst gesorgt werden. Eine solche Zusammenarbeit und Koordinierung sollte im Rahmen von EUROSUR insbesondere in den einzelnen nationalen Koordinierungszentren vorgesehen werden.

3.Die Zollkontrolle ist nicht Teil des Schengen-Besitzstands, und nicht alle Schengen-Staaten sind Mitglieder der Zollunion. Daher ist die Zollkontrolle nicht unmittelbar Teil des Konzepts des integrierten europäischen Grenzmanagements. Die Zollbehörden und andere an den Außengrenzen tätige Behörden sind jedoch im Rahmen der stellenübergreifenden Zusammenarbeit an der Umsetzung des integrierten Grenzmanagements beteiligt. Die Zusammenarbeit zwischen Grenzschutz und Zoll als strategische Partner sollte auf allen Ebenen weiterentwickelt werden, um eine bessere Integration der Personen- und Warenkontrollen zu erreichen und einen reibungslosen, sicheren Grenzübertritt zu gewährleisten. Konkret bedeutet dies, dass es einen eindeutig festgelegten Rechtsrahmen für die Zusammenarbeit zwischen Grenzschutz- und Zollbehörden geben sollte, der eine klar definierte Arbeitsteilung, funktionale Kooperationsstrukturen und ein interoperables technisches Umfeld umfasst und eine enge, praktische Zusammenarbeit auf allen Ebenen sicherstellt. Die von der Kommission ausgearbeiteten Empfehlungen für die Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung und Grenzschutz 15 sollten bei der Weiterentwicklung dieser Zusammenarbeit als Grundlage dienen. Darüber hinaus gelangte die Gruppe der Weisen bezüglich der Herausforderungen, mit denen der Zoll konfrontiert ist, zu dem Schluss, dass eine Option darin bestehen könnte, den Zoll umfassender einzubeziehen. 16

4.Die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und dem Militär im Zusammenhang mit der Unterstützung des Grenzmanagements und der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität sollte auf nationaler Ebene weiterentwickelt werden. Dies wird eine bessere Koordinierung und eine wirksame und kosteneffiziente Nutzung von Informationen, Fähigkeiten und Systemen gewährleisten. Dies ist notwendig, um grenzüberschreitende Kriminalität, Terrorismus und illegale Einwanderung zu verhindern und zur Rettung der Leben von Migranten beizutragen. Diese Zusammenarbeit sollte auf einer klaren Rechtsgrundlage, Vereinbarungen und Standardeinsatzverfahren beruhen. Die Federführung bei Grenzkontrollaufgaben sollte stets in der Hand der zuständigen Strafverfolgungsbehörden liegen.

Komponente 6: Zusammenarbeit zwischen den einschlägigen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union in den von der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache erfassten Bereichen, einschließlich eines regelmäßigen Informationsaustauschs. 17

Politische Prioritäten

Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auf Kooperation ausgerichtet sein. Die stellenübergreifende Zusammenarbeit der Europäischen Grenz- und Küstenwache mit anderen europäischen Beteiligten sollte gut etabliert sein, um eine umfassende, sektorübergreifende, vernetzte und kosteneffiziente Umsetzung des integrierten Grenzmanagements zu gewährleisten.

Strategische Leitlinien

1.Die stellenübergreifende Zusammenarbeit auf EU-Ebene sollte durch Kooperationsvereinbarungen, insbesondere durch Arbeitsvereinbarungen, die Frontex mit den in Artikel 68 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache genannten einschlägigen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union schließt, funktionsfähig gemacht werden. Die wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit betreffen einen effektiven Informationsaustausch, gemeinsame Risikoanalysen, gemeinsame Aktionen und die gemeinsame Nutzung europäischer Fähigkeiten im Rahmen der zugewiesenen Befugnisse. Das Konzept der Mehrzweckeinsätze auf der Grundlage von Risikoanalysen sollte auf EU-Ebene weiterentwickelt werden, dabei aber die zentralen Aufgaben und Zuständigkeiten der an solchen Einsätzen beteiligten Akteure auf EU-Ebene uneingeschränkt achten.

2.Das volle Potenzial bestehender und künftiger Instrumente für den Informationsaustausch, insbesondere EUROSUR, sollte auf EU-Ebene operativ genutzt werden. Die Erfassung von Informationen durch die Dienste von EUROSUR zur Zusammenführung von Daten sollte durch die Anwendung von Arbeitsvereinbarungen zwischen Frontex und den jeweiligen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU weiterentwickelt werden, damit den Mitgliedstaaten und Frontex Mehrwert-Informationsdienstleistungen in Bezug auf das integrierte europäische Grenzmanagement zur Verfügung gestellt werden können.

3.Die europäische Zusammenarbeit bei Aufgaben der Küstenwache sollte weiter ausgebaut werden, um sowohl auf Ebene der EU als auch auf nationaler Ebene ein besseres maritimes Lagebewusstsein zu erhalten und ein kohärentes, kosteneffizientes Vorgehen zu unterstützen. Zur Förderung einer harmonisierten Umsetzung dieser Zusammenarbeit auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sollte ein „Leitfaden“ zur europäischen Zusammenarbeit bei Aufgaben der Küstenwache breite Anwendung finden. 18

4.Die Interoperabilität zwischen einschlägigen EU-weiten Informationssystemen (EES, ETIAS, SIS und VIS) sollte weiter in die Praxis umgesetzt und bei Bedarf weiterentwickelt werden, um eine effektivere Nutzung verschiedener Instrumente zu gewährleisten.

5.Gegebenenfalls sollte das Hotspot-Konzept einschließlich der Standardeinsatzverfahren zur Anwendung kommen. Alle einschlägigen Agenturen (Frontex, EU-Asylagentur, Europol und FRA) sollten über eine ständige Bereitschaft zur Unterstützung von Hotspots im Einklang mit dem angenommenen Konzept verfügen. In den Mitgliedstaaten sollte eine rechtliche und operative Bereitschaft zur Aufnahme oder Unterstützung europäischer Hotspots bestehen.

6.Die Koordination und Kooperation zwischen Europol und Frontex sowie den zuständigen nationalen Behörden im Rahmen des EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität sollte in sämtlichen Prozessphasen ausgebaut werden. Der Schwerpunkt der aktiven Beteiligung von Frontex und nationalen Grenzschutzbehörden sollte auf denjenigen strategischen Schwerpunktbereichen liegen, die unmittelbar mit den Außengrenzen und Grenzkontrollaufgaben verbunden sind.

7.Frontex sollte außerdem mit der Kommission (einschließlich des OLAF) zusammenarbeiten, um insbesondere bei der Entwicklung von Grenzmanagementmaßnahmen in Drittstaaten beratend tätig zu sein; wo dies relevant ist, sollte sie sich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Auswärtigen Dienst an Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Zollbereich beteiligen, wobei dies auch Risikomanagement und Betrugsbekämpfung einschließt, soweit diese Tätigkeiten einander ergänzen.

Komponente 7: Zusammenarbeit mit Drittstaaten in von der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache erfassten Bereichen mit besonderem Schwerpunkt auf benachbarten Drittstaaten und jenen Drittstaaten, die entsprechend den Risikoanalysen als Herkunfts- oder Transitländer für illegale Einwanderung zu betrachten sind. 19

Politische Prioritäten

Die Mitgliedstaaten und die Agentur sollen im Hinblick auf das integrierte europäische Grenzmanagement und die Migrationspolitik mit Drittstaaten zusammenarbeiten. Die praktische Zusammenarbeit im Bereich des integrierten europäischen Grenzmanagements mit Drittstaaten auf nationaler und EU-Ebene sollte im Einklang mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik stehen und mit dem EU-Recht, einschließlich der Grundrechte und des Grundsatzes der Nichtzurückweisung, in vollem Einklang stehen, um illegale Einwanderung zu verhindern, wirksame Rückkehraktionen zu fördern, grenzüberschreitende Kriminalität zu verhindern und legale Reisen zu erleichtern.

Die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bei der Förderung des integrierten europäischen Grenzmanagements dient insbesondere dem Aufbau der operativen Kapazitäten und der Kooperationsfähigkeiten von Drittstaaten in den Bereichen der Grenzkontrolle, der Risikoanalyse sowie der Rückkehr und Rückübernahme. In dieser Hinsicht ist die Förderung europäischer Werte und Standards in Drittstaaten von entscheidender Bedeutung. Den EU-Kandidatenländern, den Nachbarschaftsländern der EU sowie den Herkunfts- und Transitländern für irreguläre Einwanderung sollte Vorrang eingeräumt werden.

Strategische Leitlinien

1.Die Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Bereich des integrierten Grenzmanagements sollte auf Vereinbarungen beruhen, die mit den Rechtsvorschriften der Union, unter anderem den Vorschriften für den Schutz personenbezogener Daten, im Einklang stehen. In diesen Vereinbarungen (einschließlich Statusvereinbarungen und Arbeitsvereinbarungen) sollten die zuständigen Organisationen, die Kooperationsstrukturen und der Umfang der Zusammenarbeit festgelegt und Regeln für die Zuweisung der Zuständigkeiten aufgestellt werden.

2.Die operative Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten wird gefördert, wenn eine solche Zusammenarbeit mit den Aufgaben von Frontex vereinbar ist. Die Mitgliedstaaten haben jegliche Handlung zu unterlassen, die den Betrieb der Agentur oder die Erreichung ihrer Ziele infrage stellen könnte.

3.Der Informationsaustausch, insbesondere über EUROSUR, zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten sollte im Rahmen bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte erfolgen. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten der Empfehlung der Kommission zu den Musterbestimmungen für den Informationsaustausch im Rahmen von EUROSUR gemäß Artikel 76 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache 20 folgen.

4.Frontex sollte auf EU-Ebene einen Überblick über die bestehende operative Zusammenarbeit mit Drittstaaten auf dem Gebiet des Grenzmanagements und der Rückkehr erstellen. Diesem Überblick sollten Informationen zugrunde liegen, die bei den Mitgliedstaaten, der Kommission und anderen europäischen Einrichtungen eingeholt wurden.

5.Bei der in Zusammenarbeit mit Dritten durchgeführten Erstellung spezifischer Lagebilder für EUROSUR sollten die Mitgliedstaaten und Frontex die von Frontex entwickelten technischen und operativen Standards für den Informationsaustausch einhalten und fördern.

6.Von Frontex koordinierte operative Tätigkeiten in Drittstaaten sollten im Einklang mit zwischen der EU und dem betreffenden Drittstaat geschlossenen Statusvereinbarungen bzw. im Einklang mit Arbeitsvereinbarungen, die zwischen Frontex und den zuständigen Behörden des Drittstaats (soweit vorhanden) geschlossen wurden, geplant und durchgeführt werden. Sowohl Status- als auch Arbeitsvereinbarungen sollten die jeweiligen, von der Kommission angenommenen Mustervereinbarungen zugrunde liegen. 21

7.Auch wenn die Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Hoheitsgebiet dieser Länder stattfindet, muss die Zusammenarbeit mit Drittstaaten mit den Rechtsvorschriften der EU im Einklang stehen, wobei dies Normen und Standards einschließt, die Teil der geltenden EU-Rechtsvorschriften sind. Der Austausch personenbezogener Daten mit Drittstaaten muss den Anforderungen der EU-Datenschutzvorschriften entsprechen.

8.Die multilaterale und regionale Zusammenarbeit mit Drittstaaten sollte gestärkt werden. Die nationalen Koordinierungszentren der Mitgliedstaaten sollten als Kontaktstellen für den Informationsaustausch mit Nachbarländern und anderen relevanten Ländern genutzt werden.

9.Soweit Netze von Verbindungsbeamten ein erkennbares Potenzial aufweisen, Beiträge zu verschiedenen, mit dem integrierten Grenzmanagement auf nationaler und EU-Ebene zusammenhängenden Aufgabenbereichen des integrierten Grenzmanagements zu leisten, sollten diese wirksam koordiniert und gut unterstützt werden, damit die operativen Fähigkeiten und die Effektivität maximiert werden können. Die Kooperations- und Meldekanäle und die Meldeformulare sollten auf allen Ebenen klar und eindeutig sein. Es sollten ständige, flexible Kapazitäten vorhanden sein, um bei operativem Bedarf Verbindungsbeamte mit einschlägigen Kompetenzen oder Expertenteams an verschiedene Orte zu entsenden. Frontex sollte auf der Grundlage von Informationen der Mitgliedstaaten und anderer einschlägiger europäischer Einrichtungen über ein vollständiges Lagebild der verschiedenen Arten europäischer Verbindungsbeamter (Frontex-Verbindungsbeamte, europäische Verbindungsbeamte für Migration, europäische Verbindungsbeamte für Rückkehrfragen, Verbindungsbeamte anderer Agenturen) und der nationalen Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen verfügen. Die erfassten Informationen sollten die Risikoanalyse und das Lagebewusstsein auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene, einschließlich des gemeinsamen Informationsbildes des Grenzvorbereichs, bereichern. Die Frontex-Verbindungsbeamten sollten darüber hinaus im Rahmen der Gesamtkoordinierung der EU-Politik in ihrem Einsatzland sämtliche Informationen mit der EU-Delegation in diesem Land austauschen.

10.Arbeitsbesuche in Drittstaaten zum Kapazitätsaufbau in Verbindung mit dem integrierten Grenzmanagement, u. a. direkte Finanzierungen, technische Beratung, Schulungen oder Unterstützung mit technischer Ausrüstung, sollten von der EU gut abgestimmt und überwacht werden. Frontex sollte weiterhin von der EU finanzierte Projekte und Programme zum Kapazitätsaufbau im Zusammenhang mit integriertem Grenzmanagement in EU-Kandidatenländern und anderen vorrangigen Drittstaaten durchführen, insbesondere für den Zweck des Aufbaus der Kapazitäten von Drittstaaten in den Bereichen Grenzkontrolle, Risikoanalyse, Rückkehr und Rückübernahme. Frontex sollte ferner eng mit anderen Durchführungspartnern der Kommission zusammenarbeiten, um während der gesamten Durchführung von Grenzmanagementmaßnahmen in der Nachbarschaft und in anderen vorrangigen Drittstaaten beratend tätig zu sein. Von den Mitgliedstaaten geleitete Projekte sollten in enger Zusammenarbeit mit Frontex durchgeführt werden; das Fachwissen der Agentur sollte in sämtlichen Projektphasen voll ausgeschöpft werden. Die Agentur sollte auch einen umfassenden Überblick über laufende und geplante Projekte zum Kapazitätsaufbau im Bereich des integrierten Grenzmanagements und Arbeitsbesuche in Drittländern erstellen.

11.Die Zusammenarbeit zwischen zivilen, durch eine Komponente des Grenzmanagements gekennzeichneten Entsendungen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und Frontex sollte mit Blick auf die Sicherstellung des Lagebewusstseins, zur Unterstützung von Risikoanalysen und zur Förderung von Standards des europäischen integrierten Grenzmanagements weiterentwickelt werden.

Komponente 8: „Technische und operative Maßnahmen im Zusammenhang mit Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums zur besseren Bekämpfung der illegalen Einwanderung und zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität.“ 22

Politische Prioritäten

Die operative Kontinuität und Interoperabilität zwischen den Kontrollen an den Außengrenzen und technischen und operativen Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums sollte gut etabliert sein, um eine wirksame Bekämpfung unerlaubter Sekundärmigration, irregulärer Migration und grenzüberschreitender Kriminalität im Zusammenhang mit den Außengrenzen zu gewährleisten.

Es werden nationale Kapazitäten (Einsatzbereitschaft) geschaffen, um Polizeikontrollen im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung innerhalb des Hoheitsgebiets, auch in Binnengrenzgebieten, zu intensivieren, wobei dies durch andere, den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehende alternative Maßnahmen unterstützt und somit die Notwendigkeit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen verringert wird.

Strategische Leitlinien

1.Sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene sollten ein umfassendes Lagebild und eine Risikoanalyse zu irregulären Einreisen und zur Sekundärmigration Drittstaatsangehöriger innerhalb der EU vorliegen, die als Grundlage für gezielte, verhältnismäßige Maßnahmen dienen. Das europäische Lagebild sollte von Frontex mit uneingeschränkter Unterstützung der Mitgliedstaaten und in Zusammenarbeit mit anderen einschlägigen EU-Agenturen erstellt werden. EUROSUR sollte zusammen mit anderen effektiven, einheitlichen Datenerhebungssystemen als Hauptplattform für diese Funktion genutzt werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Ereignisse im Zusammenhang mit unerlaubter Sekundärmigration von den nationalen Behörden dem jeweiligen nationalen Koordinierungszentrum gemeldet werden.

2.Die verstärkte Zusammenarbeit und Koordinierung sollte weiterentwickelt werden, einschließlich gemeinsamer Risikoanalysen, operativer Verfahren und eines reibungslosen Informationsaustauschs zwischen dem Grenzschutz und anderen an den Außengrenzen tätigen Behörden. Zu diesen Behörden zählen unter anderem die nationalen Koordinierungszentren, innerhalb des Schengen-Raums tätige Behörden und die Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll sowie alle anderen einschlägigen Zentren. Für alle zuständigen Behörden sollen verschiedene EU-weite Informationssysteme wirksam eingesetzt werden.

3.Die operative Zusammenarbeit zwischen gemeinsamen Aktionen, die von Frontex koordiniert werden, und den einschlägigen Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll sollte weiterentwickelt und gefestigt werden.

4.Auf nationaler Ebene sollten ausreichende Kapazitäten vorhanden sein, um die Polizeikontrollen im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung im gesamten Hoheitsgebiet zu intensivieren und auf Hauptverkehrsstraßen, einschließlich Grenzgebieten, auf der Grundlage von Risikoanalysen Polizei- und Migrationskontrollen durchzuführen.

Komponente 9: Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, gegen die Rückkehrentscheidungen eines Mitgliedstaats ergangen sind.“ 23

Politische Prioritäten

Drittstaatsangehörige, gegen die eine Rückkehrentscheidung eines Mitgliedstaats ergangen ist, sollten unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte tatsächlich rückgeführt werden. Auf EU-Ebene und nationaler Ebene sollte die (administrative, technische und operative) Fähigkeit bestehen, Rückkehrprozesse einschließlich freiwilliger Rückkehr als integralen Bestandteil der Kette aus Migrationsmanagement und des Funktionierens des integrierten europäischen Grenzmanagements wirksam und einheitlich durchzuführen.

Eine wirksam durchgeführte Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, sollte sicherstellen, dass alle Personen, die nicht das Recht zum Verbleib in der EU haben, die EU tatsächlich verlassen. Das integrierte europäische Grenzmanagement sollte auch sicherstellen, dass das Rückkehrverfahren auf humane, würdevolle und nachhaltige Weise, unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte der Rückkehrer und im Einklang mit dem Völkerrecht und dem EU-Recht durch entsprechend geschulte Experten durchgeführt wird.

Strategische Leitlinien

1.Die Fähigkeit und Funktion von Frontex, die Mitgliedstaaten in allen Phasen des Rückkehrprozesses zu unterstützen, sollte weiter gestärkt werden, indem alle verfügbaren Instrumente der Union und der Mitgliedstaaten in vollem Umfang genutzt werden.

2.Die Fähigkeit der Mitgliedstaaten, die Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger einseitig oder gemeinsam durchzuführen, sollte durch die Entwicklung eines integrierten und koordinierten nationalen Rückkehrsystems gestärkt werden, das auf dem von der Agentur entwickelten Modell des Rückkehrfallmanagementsystems beruht und mit der europäischen Rückkehrpolitik vereinbar ist. Die Mitgliedstaaten sollten in vollem Umfang sicherstellen, dass sie in der Lage sind, zu von Frontex koordinierten oder organisierten europäischen Rückkehraktionen beizutragen.

3.Die Anwendung für die Steuerung der irregulären Migration (Integrated Return Management Application – IRMA) sollte weiterentwickelt werden, um das Lagebewusstsein in Bezug auf die Rückkehr, die Erhebung von Daten über Rückkehraktionen und die Rückübernahme zu verbessern. Dies wird die Planung, den Austausch einschlägiger operativer Informationen, die Organisation und Durchführung von Rückkehr‑, Rückübernahme- und Wiedereingliederungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten erleichtern. Außerdem wird Frontex auf diese Weise in die Lage versetzt, bei der Planung und Organisation von Rückkehraktionen, einschließlich der Unterstützung vor der Rückkehr und der Wiedereingliederung, eine uneingeschränkt proaktive Rolle zu übernehmen.

4.Frontex sollte ein umfassendes Lagebild erstellen, das die Kapazitäten und Erfordernisse der Mitgliedstaaten im Bereich der Rückkehr umfasst und sich auf Informationen stützt, die bei den Mitgliedstaaten und verschiedenen Arten von (europäischen und nationalen) Einwanderungsbehörden sowie bei Drittstaaten eingeholt wurden.

5.Die Europäische Grenz- und Küstenwache, insbesondere Frontex, sollte die EU-Strategie von 2021 für freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung 24 umsetzen.

Komponente 10: „Einsatz modernster Technologien einschließlich IT-Großsystemen“. 25

Politische Prioritäten

Das integrierte europäische Grenzmanagement, insbesondere Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung, sollten durch fortschrittliche, mobile und interoperable europäische technische Systeme und Lösungskonzepte unterstützt werden, die auf IT-Großsysteme anwendbar sind. Damit soll eine effizientere und zuverlässigere Grenzkontrolle gewährleistet werden. Die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte über die Fähigkeit zur optimalen Nutzung modernster Technologien einschließlich Mechanismen zur Datensicherung verfügen.

Strategische Leitlinien

1.Die Qualität der Informationen, die für Grenzübertrittskontrollen in bestehenden Systemen verwendeten werden, sollte mittels praktischer Maßnahmen zur Sicherstellung der Datengenauigkeit erhöht werden, indem unter anderem durch die Einführung modernster Technologien die Gelegenheit für die regelmäßige Bewertung dieser Informationen genutzt wird.

2.Die Interoperabilität bestehender und neuer IT-Großsysteme (EES, VIS, ETIAS, erneuertes SIS), insbesondere die vollständige und umfassende Einführung der in jüngster Zeit erneuerten Systeme, sollten sichergestellt werden.

3.Die Entwicklung, Wartung und der Betrieb der zentralen Komponenten von IT-Großsystemen ist das Hauptziel von eu-LISA, der Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement großer IT-Informationssysteme im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

4.Das Potenzial der neuen intelligenten technischen Lösungen (z. B. automatische Grenzübertrittskontrollen/ABC-Gates) und die Interoperabilität der verschiedenen grenz- und sicherheitsbezogenen Informationssysteme sollten maximiert werden, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen, Grenzübertrittskontrollen und das Überqueren der Außengrenzen zu erleichtern sowie grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen.

5.Das volle Potenzial moderner Technologie sollte zur Erweiterung der europäischen Überwachungs- und Reaktionsfähigkeit an den europäischen Außengrenzen genutzt werden. Zur Schaffung eines umfassenden Lagebilds sollte die Nutzung europäischer Überwachungskapazitäten (z. B. Satellitendienste) weiter ausgebaut werden.

6.Die Überwachungskapazität von an den See- und Landgrenzen eingesetzten, integrierten, interoperablen und anpassungsfähigen technischen (stationären und mobilen) Überwachungssystemen sollte weiterentwickelt werden. Dies sollte technische Lösungen und Arbeitsverfahren umfassen, die in verschiedenen Einsatzzentren (nationalen Koordinierungszentren, Rettungsleitstellen und lokalen Koordinierungszentren) und mobilen Einheiten verwendet werden.

7.Die Europäische Grenz- und Küstenwache soll mit ihrem Beitrag zu einer europäischen Autonomie kritischer Technologien 26 sicherstellen, dass sie in ihrer Kapazitätenentwicklungsplanung das Ziel berücksichtigt, bei kritischen Technologien die Abhängigkeit von Drittstaaten zu verringern.

8.Der Einsatz hochmoderner Technologien muss den Anforderungen des EU-Datenschutzrahmens entsprechen.

Komponente 11: Qualitätssicherungsmechanismus, insbesondere der Schengen-Evaluierungsmechanismus, die Schwachstellenbeurteilung und mögliche nationale Mechanismen, zur Gewährleistung der Anwendung der Unionsvorschriften im Bereich des Grenzmanagements“ 27 .

Politische Prioritäten

Es sollte ein umfassendes europäisches Qualitätssicherungssystem eingerichtet werden, um ein ständiges Bewusstsein für die Umsetzung und Qualität des integrierten europäischen Grenzmanagements auf strategischer und operativer Ebene zu gewährleisten. Die Ergebnisse der Qualitätskontrolle sollten als Grundlage für die Weiterentwicklung der europäischen und nationalen Systeme und Funktionen des integrierten Grenzmanagements herangezogen werden.

Strategische Leitlinien

·Ein aus dem Schengen-Evaluierungsmechanismus und der von Frontex durchgeführten Schwachstellenbeurteilung bestehender europäischer Qualitätssicherungsmechanismus sollte voll funktionsfähig gemacht werden.

·Die Synergien zwischen der Schwachstellenbeurteilung und dem Schengen-Evaluierungsmechanismus sollten maximiert werden, um ein verbessertes Lagebild über das Funktionieren des Schengen-Raums zu erstellen. Damit sollte Doppelarbeit aufseiten der Mitgliedstaaten möglichst weitgehend vermieden und die besser koordinierte Nutzung der einschlägigen Finanzinstrumente der EU, mit denen das Management der Außengrenzen unterstützt wird, gewährleistet werden.

·Die Ergebnisse des Qualitätssicherungsmechanismus sollten bei der Entwicklung des nationalen Grenzmanagementsystems und bei der Priorisierung des Einsatzes einschlägiger EU-Finanzierungsinstrumente (z. B. nationale Programme und thematische Fazilitäten im Rahmen des Instruments für Grenzmanagement und Visa des Fonds für integriertes Grenzmanagement) genutzt werden, insbesondere bei der Bewertung anderer Finanzierungsvorschläge der Kommission.

·Die Mitgliedstaaten sollten einen nationalen Qualitätssicherungsmechanismus (nationale „Schengen-Evaluierung“) einrichten, der sämtliche Teile und Funktionen des integrierten Grenzmanagements erfasst und sämtliche am integrierten Grenzmanagement beteiligten Behörden einschließt.

·Die Mitgliedstaaten sollten sich aktiv an den von der Kommission koordinierten Besuchen im Rahmen der Schengen-Evaluierung beteiligen und rechtzeitig qualitativ hochwertige Beiträge zu den von Frontex geleiteten Schwachstellenbeurteilungen leisten.

Komponente 12: Solidaritätsmechanismen, insbesondere Finanzierungsinstrumente der Union“ 28 .

Politische Prioritäten

Die wirksame Umsetzung der europäischen Strategie für integriertes Grenzmanagement sollte durch spezifische EU-Fonds, insbesondere das Instrument für Grenzmanagement und Visa und den Asyl‑, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), unterstützt werden. In die Zuständigkeit der EU fallende, durch EU-Recht festgelegte Maßnahmen des integrierten europäischen Grenzmanagements auf EU-Ebene und nationaler Ebene sollten durch EU-Fonds gefördert werden, damit ein größtmöglicher Mehrwert für die EU erzielt werden kann. Durch nationales Recht geregelte Komponenten des integrierten europäischen Grenzmanagements sollten grundsätzlich mit nationalen Mitteln finanziert werden.

Die Tätigkeiten von Frontex werden durch die eigenen Haushaltsmittel der Agentur im Rahmen des Gesamthaushalts der EU getragen. Die Agentur kann im Einklang mit den Bestimmungen der einschlägigen Instrumente zur Unterstützung der Umsetzung der externen Migrationspolitik der EU auch EU-Mittel für Projekte der technischen Unterstützung in Drittländern erhalten.

Strategische Leitlinien

·Der Einsatz von Finanzierungsinstrumenten der EU (z. B. nationale Programme im Rahmen des Instruments für Grenzmanagement und Visa) sollte mit den nationalen Strategien des integrierten Grenzmanagements, Aktionsplänen und der Kapazitätenplanung in Einklang gebracht werden. Auf der Grundlage der Prioritäten der EU sollten klare, detaillierte nationale Prioritäten (z. B. EUROSUR, Kapazitätenentwicklung) festgelegt werden.

·Bei der Priorisierung der Verwendung von EU-Mitteln auf nationaler Ebene sollten die Ergebnisse des Schengen-Evaluierungsmechanismus und der Schwachstellenbeurteilung berücksichtigt werden.

·Eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und Frontex sollte Synergien zwischen den Tätigkeiten von Frontex und den durch andere EU-Finanzierungsinstrumente finanzierten Maßnahmen gewährleisten und Doppelfinanzierungen vermeiden.

·Die Mitgliedstaaten sollten bei der Anschaffung der erforderlichen Ausrüstung durch entsprechend zweckbestimmte EU-Mittel im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit (Grenzen) und durch spezifische Maßnahmen des Instruments für Grenzmanagement und Visa unterstützt werden, damit diese dann gemäß Artikel 64 Absatz 14 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache Frontex zur Verfügung gestellt werden können. Dadurch wird die Fähigkeit der Agentur gefestigt, Mitgliedstaaten, die Unterstützung benötigen, zu unterstützen.

Komponente 13: „Grundrechte“ 29 .

Politische Prioritäten

Die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte bildet den Kern des integrierten europäischen Grenzmanagements. Die Europäische Grenz- und Küstenwache muss bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements im Einklang mit ihrem Auftrag den Schutz der Grundrechte gewährleisten. Die Maßnahmen der EU und der nationalen Akteure im Rahmen der Europäischen Grenz- und Küstenwache sollten im Einklang mit dem einschlägigen EU-Recht, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem einschlägigen Völkerrecht, durchgeführt werden. Letzteres umfasst das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 und das dazugehörige Protokoll von 1967 sowie das Übereinkommen über die Rechte des Kindes. Auch die Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Zugang zu internationalem Schutz, insbesondere dem Grundsatz der Nichtzurückweisung, müssen uneingeschränkt eingehalten werden. In ihrem Vorschlag für eine Verordnung über das Screening (Personenüberprüfung) von Drittstaatsangehörigen 30 schlug die Kommission vor, dass jeder Mitgliedstaat einen unabhängigen Überwachungsmechanismus einrichten sollte, um sicherzustellen, dass die Grundrechte im Zusammenhang mit dem Screening an den Außengrenzen gewahrt werden und dass jeder Vorwurf der Verletzung von Grundrechten ordnungsgemäß untersucht wird. Dieser Überwachungsmechanismus wäre ein Bestandteil der im Vorschlag für eine neue Verordnung über das Asyl- und Migrationsmanagement vorgesehenen Steuerung und Überwachung der Migrationslage. 31

Strategische Leitlinien

·Die vom Frontex-Verwaltungsrat angenommene Grundrechtsstrategie mit dem dazugehörige Aktionsplan sind bei allen Tätigkeiten der Europäischen Grenz- und Küstenwache auf EU-Ebene und nationaler Ebene strikt einzuhalten.

·Die Mitgliedstaaten sollten bei der Umsetzung ihrer nationalen Strategien des integrierten Grenzmanagements während des gesamten operativen Zyklus sämtlicher Grenzmanagement- und Rückkehrtätigkeiten in vollem Einklang mit den Grundrechten handeln.

·Die Mitgliedstaaten sollten in Bezug auf Grenzmanagement und Rückkehr einen nationalen Mechanismus zur Überwachung der Grundrechte entwickeln und operativ aufrechterhalten.

·Die Grundrechte sollten auf europäischer und nationaler Ebene ein wesentlicher Bestandteil der Fortbildungen für sämtliche Personen sein, die an Grenzkontroll- oder Rückkehrtätigkeiten beteiligt sind. Bei diesen Fortbildungsmaßnahmen sollte ein besonderer Schwerpunkt auf dem Schutz schutzbedürftiger Personen, einschließlich Minderjähriger, liegen.

·Bei den Evaluierungen im Rahmen des überarbeiteten Schengen-Überwachungs- und Evaluierungsmechanismus sollte der Überprüfung der Achtung der Grundrechte bei der Anwendung des Schengen-Besitzstands besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Komponente 14: „Aus- und Fortbildung“ 32 .

Politische Prioritäten

Auf europäischer und nationaler Ebene ist mithilfe einer engen Zusammenarbeit zwischen Fortbildungsakademien in den Mitgliedstaaten und bei Frontex sicherzustellen, dass eine ausreichende Zahl an kompetentem, speziell geschultem Personal in allen Bereichen des integrierten europäischen Grenzmanagements zur Verfügung steht.

 

Die Grundlage für die Aus- und Fortbildung sollten harmonisierte, hochwertige gemeinsame Fortbildungsstandards für die ständige Reserve bilden, wobei die operativen Erfordernisse, die Aufgaben und die rechtliche Zuständigkeit zu berücksichtigen sind und ein Schwerpunkt auf dem klaren Verständnis der in den Verträgen verankerten Werte liegen sollte. Die Aus- und Fortbildung sollte höchste Standards und bewährte Verfahren bei der Umsetzung des Grenz- und Rückkehrrechts der Union fördern; dabei sollte ein besonderer Schwerpunkt auf dem Schutz schutzbedürftiger Personen, einschließlich Kindern, und der Achtung der Grundrechte liegen und auf diesem Fundament sollte eine gemeinsame Kultur der Achtung der Grundrechte geschaffen werden.

 Strategische Leitlinien

·Die gemeinsamen Kernlehrpläne und erforderlichen Fortbildungsinstrumente für das Grenzmanagement und die Rückkehrmaßnahmen einschließlich Fortbildungen über den Schutz von Kindern und anderen Personen, die sich in einer besonders schwierigen Situation befinden, sollten weiterentwickelt werden und auf einem gemeinsamen, allgemeinen Bezugsrahmen der für diesen Sektor entwickelten Qualifikationen beruhen (Rahmen fachspezifischer Qualifikationen für die Grenz- und Küstenwache). Diese Produkte sollten dem jährlich vom Verwaltungsrat gebilligten Kapazitätenplan der Europäischen Grenz- und Küstenwache Rechnung tragen. Darüber hinaus sollten sowohl für die ständige Reserve als auch für Beamte der zuständigen nationalen Behörden zusätzliche Schulungen und Seminare zu den Aufgaben des integrierten Grenzmanagements angeboten werden.

·Die Entwicklung eines speziellen Fortbildungsinstruments für die Europäische Grenz- und Küstenwache sollte von Frontex in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der Kommission, einschlägigen EU-Agenturen und anderen Beteiligten unter Berücksichtigung einschlägiger Forschungsergebnisse und bewährter Verfahren fortgesetzt und verstärkt werden.

·Für die Aufgaben und Befugnisse der Mitglieder der ständigen Reserve, der Rückführungsbeobachter und der Grundrechtsbeauftragten relevante, spezifische Fortbildungsmaßnahmen sollten weiterentwickelt werden, um operativen Erfordernissen gerecht zu werden. Mit den betreffenden Grenzschutzbeamten und anderen Teammitgliedern sollten regelmäßig Übungen nach einem spezifischen Fortbildungsplan durchgeführt werden.

·Auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sollte allen Mitgliedern der ständigen Reserve, die für operative Tätigkeiten eingesetzt werden sollen, unabhängig von ihrer Kategorie ein gleiches Niveau an Fortbildungen im Zusammenhang mit Grenzschutz und Rückkehr angeboten werden. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Beamten der europäischen Grenz- und Küstenwache Fachkräfte sind und entsprechend ihrer Spezialisierung angemessen ausgebildet sind.

·Frontex sollte einen internen Qualitätssicherungsmechanismus einführen, der europäischen Standards und Leitlinien für die Aus- und Fortbildung entspricht, um sicherzustellen, dass Ausbildung, Fachwissen und Professionalität des an den operativen Tätigkeiten der Agentur beteiligten Statutspersonals einem hohen Niveau entsprechen. Der Stand der Umsetzung dieses Mechanismus sollte im jährlichen Evaluierungsbericht gemeldet und dem jährlichen Tätigkeitsbericht als Anhang beigefügt werden.

·Der Erwerb von Kenntnissen oder spezifischem Fachwissen aus Erfahrungen und bewährten Verfahren im Ausland während Dienstreisen und rückkehrbezogenen Aktionen in einem anderen Mitgliedstaat sollte gefördert werden. Dies sollte insbesondere durch ein Austauschprogramm für Grenzschutzbeamte erreicht werden, die an Rückkehraktionen von Frontex teilnehmen.

·Die Einrichtung eines Schulungszentrums im Rahmen von Frontex sollte weiterhin in Erwägung gezogen werden, wobei die stärkere Zusammenarbeit und die Synergien mit den nationalen Ausbildungseinrichtungen der Mitgliedstaaten berücksichtigt und als Fundament genutzt werden sollten. Das Ziel besteht darin, die Entwicklung, Bereitstellung und Zertifizierung der Aus- und Fortbildung von Beamten der Grenz- und Küstenwache auf der Grundlage europäischer Standards für die Qualitätssicherung zu koordinieren und zu straffen und die Einbeziehung einer gemeinsamen europäischen Kultur in die angebotenen Fortbildungen weiter zu erleichtern.

Komponente 15: „Forschung und Innovation“ 33 .

Politische Prioritäten

Das integrierte Grenzmanagement sollte durch modernste Technologie und zukunftsorientierte Forschung zu einschlägigen Wissenschaften gefördert werden, die den Beruf des Grenzschutzbeamten unterstützen. Zu diesem Zweck sollten zeitnahe und gut abgestimmte Investitionen in Forschung und Innovation auf EU-Ebene und nationaler Ebene sichergestellt werden.

Strategische Leitlinien

·Bei Grenzkontrolleinsätzen sollte Forschung und Innovation eingesetzt werden, um eine größere Interoperabilität und Kosteneffizienz zu erzielen. Innovative Lösungen sollten durch grenzübergreifende Zusammenarbeit gefördert werden, um Größenvorteile nutzen zu können. Die Zusammenarbeit zwischen Frontex und den Forschungs- und Innovationseinheiten der Grenzbehörden der Mitgliedstaaten sollte in Schwerpunktbereichen weiterentwickelt werden. In Anbetracht dessen, dass auch Schleusernetze und Terroristen hochmoderne Technologie einsetzen, sollten die Grenzkontrollbehörden außerdem mit den neuesten technologischen Entwicklungen vertraut sein und Trends, Herausforderungen und Bedrohungen vorgreifen.

·Frontex sollte sich aktiv an der Beobachtung der Forschungs- und Innovationstätigkeiten beteiligen, die Mitgliedstaaten, die EU und die Industrie sowie andere relevante Akteure, zu denen auch Drittländer und andere Organisationen zählen, in Bereichen durchführen, die das integrierte Grenzmanagement berühren.

·Frontex sollte die Mitgliedstaaten und die Kommission bei der Ausarbeitung und Durchführung der einschlägigen Rahmenprogramme der Union für Forschungs- und Innovationstätigkeiten im Zusammenhang mit dem integrierten Grenzmanagement unterstützen.

·Die Nutzung von Forschung und Innovation muss den Anforderungen der EU-Datenschutzvorschriften entsprechen.

6.Lenkung des mehrjährigen strategischen Politikzyklus

Das Hauptziel des Politikzyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement besteht darin, sicherzustellen, dass die politischen Prioritäten der EU in den nächsten fünf Jahren angemessen in operative Ziele und Tätigkeiten für die Europäische Grenz- und Küstenwache umgesetzt werden.

Eine langfristige Planung ist zwar erforderlich, das äußerst dynamische und sensible operative Umfeld für das integrierte europäische Grenzmanagement erfordert jedoch eine dauerhafte Beobachtung der Entwicklungen sowie eine flexible Anpassung an sich wandelnde Erfordernisse. Mit der mehrjährigen strategischen Politik im Bereich des integrierten Grenzmanagements sollte daher auch ein geeigneter Mechanismus geschaffen werden, um einen wirksamen Lenkungsrahmen zu gewährleisten, der die erfolgreiche Umsetzung des Zyklus begleitet.

Dieser Mechanismus sollte in den mit dem jährlichen Schengen-Statusbericht eingeleiteten Schengen-Zyklus integriert werden. Der Schengen-Statusbericht wird zusammen mit dem vorliegenden Strategiepapier angenommen. Der Schengen-Zyklus wird die Überwachung der Umsetzung des Zyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement in verschiedenen Ausgestaltungen ermöglichen:

-Die Jahrestagung des Schengen-Forums wird dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission die Möglichkeit zur Überprüfung der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements und zur Erteilung ergänzender politischer Richtungsvorgaben für die Europäische Grenz- und Küstenwache bieten.

-Die vierteljährlich organisierten Schengen-Räte sollten die Verwaltung des Schengen-Raums prüfen, Schlussfolgerungen daraus ziehen und politische Impulse für die wichtigsten strategischen Fragestellungen bezüglich der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagements geben. Sie bieten die Gelegenheit, auf politischer Ebene Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Europäischen Grenz- und Küstenwache (einschließlich Frontex) zu erörtern und gegebenenfalls strategische Empfehlungen auszusprechen und deren Umsetzung zu überwachen.

-Darüber hinaus wird durch eine hochrangige Sitzung des Verwaltungsrats der Agentur für eine zusätzliche strategische Steuerung gesorgt.

Die im Rahmen der in Artikel 112 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache dargelegten Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten stattfindenden jährlichen Sitzungen könnten die Gelegenheit zur Sicherstellung dessen bieten, dass die Kontrollfunktionen des Europäischen Parlaments gegenüber der Agentur und der nationalen Parlamente gegenüber ihren jeweiligen nationalen Behörden bezüglich der Umsetzung des integrierten europäischen Grenzmanagement wirksam ausgeübt werden. Die Sitzungen könnten mit der Vorbereitung der Jahrestagung des Schengen-Forums abgestimmt werden.

7.Schlussfolgerungen

Die Kommission hat das vorliegende Strategiepapier ausgearbeitet, um zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission ein gemeinsames Verständnis darüber zu erreichen, wie die Europäische Grenz- und Küstenwache in den nächsten fünf Jahren das integrierte europäische Grenzmanagement umsetzen sollte.

Aus diesem Grund ersucht die Kommission das Europäische Parlament und den Rat, das vorliegende Strategiepapier, in dem eine mehrjährige strategische Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement dargelegt wird, zu erörtern und der Kommission ihre jeweiligen Ansichten mitzuteilen.

Da es wichtig ist, einen geeigneten Mechanismus zur Sicherstellung eines wirksamen Lenkungsrahmens, der die Umsetzung des Politikzyklus begleitet, zu schaffen, ersucht die Kommission beide Organe, ihre Ansichten zu den Ideen der Kommission zu äußern, in Ergänzung zu den jeweils für einen Zeitraum von fünf Jahren festgelegten politischen Prioritäten und strategischen Leitlinien regelmäßig gezieltere Richtungsvorgaben vorzusehen.

Auf der Grundlage der politischen Beiträge beider Organe zu den oben genannten Aspekten wird die Kommission eine Mitteilung annehmen, in der die mehrjährige strategische Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement und seine Lenkung dargelegt werden.

Der Zeitrahmen des Zyklus für das integrierte europäische Grenzmanagement

Maßnahmen zur Umsetzung des mehrjährigen strategischen Politikzyklus

Vorläufiger Zeitplan

Die Kommission legt ein Strategiepapier vor, in dem die mehrjährige strategische Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement dargelegt wird.

Q2/2022

Das Europäische Parlament und der Rat erörtern das Strategiepapier, in dem die mehrjährige strategische Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement dargelegt wird.

Q3/2022

Die Kommission nimmt eine Mitteilung an, in der die mehrjährige strategische Politik für das integrierte europäische Grenzmanagement festgelegt wird.

Q4/2022

Die Europäische Agentur für Grenz- und Küstenwache nimmt die technische und operative Strategie für das integrierte europäische Grenzmanagement an.

Q2/2023 (6 Monate nach der Mitteilung der Kommission)

Die Mitgliedstaaten passen ihre nationalen Strategien für ein integriertes Grenzmanagement an.

Q4/2023 (12 Monate nach der Mitteilung der Kommission)

Die Kommission bewertet die mehrjährige strategische Politik für ein integriertes europäisches Grenzmanagement.

Q4/2026 (48 Monate nach der Mitteilung der Kommission)

Die Kommission legt ein zweites Strategiepapier vor, in dem die nächste mehrjährige strategische Politik für ein integriertes europäisches Grenzmanagement entwickelt wird.

Ende 2027

(1)

Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624.

(2)

Verordnung (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2019 über die Europäische Grenz- und Küstenwache und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1052/2013 und (EU) 2016/1624 (ABl. L 295 vom 14.11.2019).

(3)

https://frontex.europa.eu/assets/Publications/Risk_Analysis/Risk_Analysis/Strategic_Risk_Analysis_2020.pdf

(4)

   In der strategischen Risikoanalyse von Frontex wurde auch die Cyberkriminalität als eine der künftigen Herausforderungen für das integrierte europäische Grenzmanagement ermittelt. Für die Bewältigung dieses Problems auf europäischer Ebene gilt jedoch der Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität als relevanter.

(5)

In Erwägungsgrund 11 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache wird Folgendes festgelegt: „Die integrierte europäische Grenzverwaltung auf der Grundlage eines Vierstufenmodells der Zugangskontrolle umfasst Maßnahmen in Drittstaaten wie bei der gemeinsamen Visumpolitik, Maßnahmen in Zusammenarbeit mit benachbarten Drittstaaten, Kontrollmaßnahmen an den Außengrenzen, Risikoanalysen sowie Maßnahmen innerhalb des Schengen-Raums und im Bereich Rückkehr.“

(6)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(7)

Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex).

(8)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(9)

Empfehlung (EU) 2020/1365 der Kommission zur Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei Such- und Rettungsaktionen, für die im Eigentum privater Einrichtungen befindliche oder von solchen betriebene Schiffe eingesetzt werden.

(10)

Durchführungsverordnung (EU) 2021/581 der Kommission vom 9. April 2021 über die Lagebilder des Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR).

(11)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(12)

Beschluss Nr. 50/2021 des Verwaltungsrats von Frontex vom 21. September 2021 zur Annahme des gemeinsamen integrierten Risikoanalysemodells.

(13)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(14)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(15)

Ares (2018)6193959 vom 3.12.2018.

(16)

 Protokoll der 4. Sitzung (16. und 17. Dezember 2021) der Gruppe der Weisen zu den Herausforderungen für den Zoll, https://ec.europa.eu/taxation_customs/system/files/2022-01/Minutes%20of%20fourth%20meeting.pdf .

(17)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(18)

Empfehlung der Kommission für einen „Leitfaden“ zur europäischen Zusammenarbeit bei den Aufgaben der Küstenwache, C(2021) 5310 final.

(19)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(20)

C(2022) 300 final.

(21)

COM(2021) 829 final und COM(2021) 830 final.

(22)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(23)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe i der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(24)

COM(2021) 120 final vom 27.4.2021.

(25)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe j der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(26)

 Erklärung der Mitglieder des Europäischen Rates vom 25. und 26. Februar 2021 .

(27)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe k der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(28)

Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe l der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(29)

Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(30)

COM(2020) 612 vom 23.9.2020.

(31)

COM(2020) 610 vom 23.9.2020.

(32)

Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

(33)

Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache.

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