Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52021IP0148

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. April 2021 zum Mord an Daphne Caruana Galizia und zur Rechtsstaatlichkeit in Malta (2021/2611(RSP))

    ABl. C 506 vom 15.12.2021, p. 64–68 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    15.12.2021   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 506/64


    P9_TA(2021)0148

    Mord an Daphne Caruana Galizia und Rechtsstaatlichkeit in Malta

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. April 2021 zum Mord an Daphne Caruana Galizia und zur Rechtsstaatlichkeit in Malta (2021/2611(RSP))

    (2021/C 506/09)

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf die Artikel 2, 4, 5, 6, 7, 9 und 10 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

    unter Hinweis auf Artikel 20 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

    unter Hinweis auf die Artikel 6, 7, 8, 10, 11, 12 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charter“),

    unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 15. November 2017 (1), vom 28. März 2019 (2) und vom 16. Dezember 2019 (3) zur Rechtsstaatlichkeit in Malta,

    unter Hinweis auf die Anhörungen, Aussprachen und Delegationsreisen, die von der Gruppe des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres zur Beobachtung der Wahrung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte seit dem 15. November 2017 durchgeführt wurden,

    unter Hinweis auf den Schriftwechsel zwischen der Vorsitzenden der Gruppe zur Beobachtung der Wahrung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte und dem maltesischen Premierminister, in dessen Rahmen zuletzt im April 2021 ein Schreiben versandt wurde,

    unter Hinweis auf die Entschließung 2293 (2019) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 26. Juni 2019 mit dem Titel „Daphne Caruana Galizia’s assassination and the rule of law in Malta and beyond: ensuring that the whole truth emerges“ (Der Mord an Daphne Caruana Galizia und die Rechtsstaatlichkeit in Malta und darüber hinaus: dafür sorgen, dass die ganze Wahrheit ans Licht kommt),

    unter Hinweis auf den Bericht über die Folgemaßnahmen zur Entschließung 2293 (2019) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der am 8. Dezember 2020 vom Ausschuss der Parlamentarischen Versammlung für Recht und Menschenrechte gebilligt wurde,

    unter Hinweis auf die Stellungnahme der Venedig-Kommission vom 8. Oktober 2020 zu zehn Gesetzen und Gesetzentwürfen zur Umsetzung von Legislativvorschlägen, die Gegenstand der Stellungnahme CDL-AD(2020)006 sind,

    unter Hinweis auf den Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2020,

    unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 20. April 2021 in der Rechtssache C 896/19, Repubblika / Il-Prim Ministru (4),

    gestützt auf Artikel 132 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass sich die Europäische Union auf folgende Werte gründet: Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören; in der Erwägung, dass diese Werte universell und allen Mitgliedstaaten gemeinsam sind;

    B.

    in der Erwägung, dass die Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Demokratie, der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie der in den Verträgen der EU und internationalen Menschenrechtsinstrumenten verankerten Werte und Grundsätze für die Union und ihre Mitgliedstaaten verpflichtend sind und dass diese Verpflichtungen eingehalten werden müssen; in der Erwägung, dass die Union nach Artikel 2, Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 7 EUV die Möglichkeit hat, zum Schutz der gemeinsamen Werte, auf die sie sich gründet, tätig zu werden;

    C.

    in der Erwägung, dass die Charta zum Primärrecht der EU zählt; in der Erwägung, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Freiheit und Pluralität der Medien in Artikel 11 der Charta und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert sind;

    D.

    in der Erwägung, dass die Unabhängigkeit der Justiz in Artikel 19 Absatz 1 EUV, in Artikel 47 der Charta und in Artikel 6 der EMRK verankert ist und eine wesentliche Voraussetzung für den demokratischen Grundsatz der Gewaltenteilung darstellt;

    E.

    in der Erwägung, dass sich die systematische Weigerung eines Mitgliedstaats, die Grundwerte der Europäischen Union und die Verträge, denen er freiwillig beigetreten ist, zu achten, auf die gesamte EU auswirkt;

    F.

    in der Erwägung, dass die maltesische investigative Journalistin und Bloggerin Daphne Caruana Galizia, die Korruptionsfälle anprangerte, am 16. Oktober 2017 mit einer Autobombe ermordet wurde; in der Erwägung, dass sie zum Ziel von Belästigungen wurde und zahlreiche Drohungen in Form von Anrufen, Briefen und Kurznachrichten erhielt und dass ein Brandanschlag auf ihr Haus verübt und ihr Hund ermordet wurde; in der Erwägung, dass der geständige Auftragsmörder am 16. März 2021 vor Gericht ausgesagt hat, dass es zwei Jahre vor dem Mord an Daphne Caruana Galizia einen älteren und getrennten Plan gab, sie mit einem AK-47-Gewehr zu ermorden;

    G.

    in der Erwägung, dass die von den maltesischen Behörden geleiteten und von Europol unterstützten Ermittlungen in dem Mordfall dazu geführt haben, dass mehrere Verdächtige und ein potenzieller Drahtzieher des Mordes, bei dem es sich um den Eigentümer des in Dubai ansässigen Unternehmens 17 Black Ltd. und ein ehemaliges Mitglied des Verwaltungsrats von ElectroGas Malta Ltd. handelt, identifiziert wurden, gegen sie Anklage erhoben wurde und Verfahren gegen sie laufen; in der Erwägung, dass das Federal Bureau of Investigation (FBI) der Vereinigten Staaten auch an den Ermittlungen beteiligt war;

    H.

    in der Erwägung, dass der ehemalige Stabschef des damaligen maltesischen Premierministers von den mutmaßlichen Komplizen und durch gewisse in den Gerichtsverfahren vorgelegte Aufzeichnungen mit der Planung, der Finanzierung und/oder der versuchten Vertuschung des Mordes in Verbindung gebracht wurde;

    I.

    in der Erwägung, dass er ehemalige Stabschef des Premierministers am 26. November 2019 nach einer Vernehmung durch die Polizei zum Mord an Daphne Caruana Galizia zurückgetreten ist; in der Erwägung, dass er und mehrere seiner Geschäftspartner festgenommen wurden und dass gegen sie am 20. März 2021 in einem separaten Fall, an dem Daphne Caruana Galizia gearbeitet hatte, Anklage wegen Geldwäsche, Betrug, Korruption und Urkundenfälschung erhoben wurde; in der Erwägung, dass ihm die Freilassung gegen Kaution gewährt wurde und dass er am 5. April 2021 aus der Untersuchungshaft entlassen wurde;

    J.

    in der Erwägung, dass der damalige maltesische Tourismusminister, der zuvor Energieminister gewesen war, am 26. November 2019 zurückgetreten ist; in der Erwägung, dass ein Konsortium investigativer Journalisten einen detaillierten Bericht über die Geschäftsbeziehungen zwischen einer chinesischen Familie, dem ehemaligen Energieminister und dem ehemaligen Stabschef des Premierministers veröffentlicht hat (5); in der Erwägung, dass diese chinesische Familie mutmaßlich eine zentrale Rolle in den Verhandlungen über eine Investition des staatlichen chinesischen Unternehmens Shanghai Electric Power in Höhe von 380 Mio. EUR in Maltas staatliches Energieversorgungsunternehmen Enemalta gespielt hat und die Unternehmen Dow’s Media Company und Macbridge besitzt, wobei Macbridge geplant hatte, bis zu 2 Mio. USD an von dem ehemaligen Energieminister und dem ehemaligen Stabschef des Premierministers kontrollierte Panama-Unternehmen zu zahlen; in der Erwägung, dass der Schwerpunkt der Arbeit Daphne Caruana Galizias auf Recherchen zu diesen Geschäftsvorgängen lag, als sie ermordet wurde;

    K.

    in der Erwägung, dass Ende 2019 eine unabhängige öffentliche Untersuchung zum Mord an Daphne Caruana Galizia eingeleitet wurde, die noch nicht abgeschlossen wurde;

    L.

    in der Erwägung, dass einer der Verdächtigen im laufenden Gerichtsverfahren zum Mord an Daphne Caruana Galizia durch den Präsidenten in Bezug auf seine Beteiligung an einem anderen Fall begnadigt wurde und unter Eid ausgesagt hat; in der Erwägung, dass er angedeutet hat, dass der ehemalige Wirtschaftsminister an der Planung der Ermordung einer Journalistin beteiligt gewesen sein könnte und dass ein amtierender Minister der Regierung an einem schweren Verbrechen beteiligt gewesen sei, wodurch Spekulationen über einen versuchten bewaffneten Raubüberfall im Sitz der HSBC-Bank in Qormi im Jahr 2010 ausgelöst wurden, der zu einer Schießerei mit der Polizei geführt hat;

    M.

    in der Erwägung, dass die ehemalige parlamentarische Staatssekretärin für Bürgerrechte und Reformen im maltesischen Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Governance Bargeld von der Person angenommen haben soll, gegen die Anklage wegen der Beauftragung des Mordes an Daphne Caruana Galizia erhoben wurde, nachdem sie behauptet hatte, 2019 als Vermittlerin für einen geplanten Immobilienverkauf agiert zu haben; in der Erwägung, dass es niemals zu diesem Immobilienverkauf gekommen ist;

    N.

    in der Erwägung, dass weiterhin ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität in Malta bestehen, wie im Bericht der Kommission über die Rechtsstaatlichkeit 2020 beschrieben; in der Erwägung, dass die geltenden Normen im Hinblick auf die Verhütung, Ermittlung und Verfolgung eindeutig unzureichend sind; in der Erwägung, dass dies das Vertrauen der Bürger in öffentliche Einrichtungen zu untergraben droht, wodurch sich gefährliche Verbindungen zwischen kriminellen Gruppen und Behörden ergeben; in der Erwägung, dass das organisierte Verbrechen in erster Linie durch Korruption ermöglicht wird; in der Erwägung, dass ein strukturelles Reformvorhaben auf den Weg gebracht wurde, mit dem Lücken behoben werden sollen und der institutionelle Rahmen für die Korruptionsbekämpfung, einschließlich Rechtsdurchsetzung und Strafverfolgung, gestärkt werden soll;

    O.

    in der Erwägung, dass gegen Journalisten, insbesondere — aber nicht ausschließlich — gegen investigative Journalisten, zunehmend sogenannte strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPP-Klagen) angestrengt werden, die nur dazu dienen, ihre Arbeit zu behindern, die öffentliche Kontrolle zu umgehen und zu verhindern, dass Behörden zur Rechenschaft gezogen werden, was eine abschreckende Wirkung in Bezug auf die Medienfreiheit hat; in der Erwägung, dass Daphne Caruana Galizias Vermögen zum Zeitpunkt ihrer Ermordung im Wege einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit vier Verleumdungsklagen, die der ehemalige Wirtschaftsminister Maltas und sein Berater eingereicht hatten, eingefroren worden war; in der Erwägung, dass diese Klagen zu den 42 zivilrechtlichen Verleumdungsklagen gehören, die zum Zeitpunkt ihres Todes gegen sie anhängig waren, von denen eine vom damaligen Premierminister, zwei vom damaligen Tourismusminister und zwei vom damaligen Stabschef des Premierministers eingereicht worden waren;

    1.

    ist zutiefst besorgt über die jüngsten Enthüllungen im Rahmen der Ermittlungen zum Mord an Daphne Caruana Galizia, insbesondere in Bezug auf die mögliche Beteiligung von Ministern der Regierung und politischen Mandatsträgern; nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die im Rahmen der Ermittlungen in dem Mordfall erzielt wurden; bekräftigt jedoch, dass die jüngsten Enthüllungen neue Fragen im Zusammenhang mit dem Fall und den damit verbundenen Ermittlungen aufwerfen;

    2.

    fordert die maltesische Regierung nachdrücklich auf, alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um nicht nur jeden Einzelnen, der am Mord an Daphne Caruana Galizia beteiligt war, vor Gericht zu stellen, sondern auch diejenigen der Justiz zuzuführen, die in einen der anderen Fälle verwickelt waren, die sie vor ihrer Ermordung aufgedeckt hatte und in denen derzeit ermittelt oder über die berichtet wird; ist der Ansicht, dass die Arbeit von Daphne Caruana Galizia für die Aufdeckung von Korruption in Malta von wesentlicher Bedeutung war und dass durch die jüngsten Entwicklungen bei damit zusammenhängenden Ermittlungen die herausragende Bedeutung unabhängiger Medien und einer aktiven Zivilgesellschaft als Grundpfeiler von Gerechtigkeit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bekräftigt wird;

    3.

    fordert erneut die umfassende und stetige Beteiligung von Europol an allen Aspekten der Mordermittlungen und an allen damit in Verbindung stehenden Ermittlungen; fordert, dass die Beteiligung von Europol verstärkt wird, da sie Erfolge zeitigt;

    4.

    begrüßt die Fortsetzung der unabhängigen öffentlichen Untersuchung zum Mord an Daphne Caruana Galizia; fordert die Regierung und die zuständigen Behörden Maltas auf, sämtliche sich aus der Untersuchung ergebenden Empfehlungen vollständig umzusetzen;

    5.

    bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass im Rahmen des Mordprozesses wiederholt Begnadigungen durch den Präsidenten in Aussicht gestellt und ausgesprochen wurden; betont, dass Zeugenaussagen im Zusammenhang mit anderen Straftaten sehr sorgfältig geprüft und nicht verwendet werden sollten, um sich der für Mord vorgesehen Strafe teilweise zu entziehen; stellt jedoch fest, dass eine Begnadigung durch den Präsidenten und eine Prozessabsprache zwei Elemente waren, die im November 2019 zur Verhaftung einer Person geführt haben, die verdächtigt wurde, den Mord in Auftrag gegeben zu haben;

    6.

    nimmt die Fortschritte zur Kenntnis, die — wenn auch mit großer Verzögerung — in einigen Ermittlungen in Fällen von Geldwäsche und Korruption, die mit dem Mord in Zusammenhang stehen, erzielt wurden, insbesondere in Bezug auf den ehemaligen Stabschef des Premierministers; betont jedoch, dass die jüngsten Zeugenaussagen und Enthüllungen neue Verdachtsmomente und potenziell strafbare Handlungen ans Licht gebracht haben, und fordert die maltesischen Behörden daher auf, auch in diesen Fällen unverzüglich Ermittlungen einzuleiten und voranzubringen, darunter mögliche Versuche öffentlicher Bediensteter, Beweise zu verschleiern und Ermittlungen und Gerichtsverfahren zu behindern;

    7.

    ist der Ansicht, dass sämtliche Korruptions- und Betrugsvorwürfe, insbesondere auf hoher politischer Ebene, mit der angemessenen Sorgfalt und auf geeigneter Ebene untersucht werden sollten und dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden sollten, auch mit Blick auf die mögliche Beteiligung ausländischer Akteure; stellt infrage, ob es angebracht ist, dass die Vorwürfe gegen die ehemalige parlamentarische Staatssekretärin für Bürgerrechte und Reformen nur vom Beauftragten für Regeln für das Verhalten im öffentlichen Dienst untersucht werden;

    8.

    bekräftigt, dass die maltesische Regierung der Bekämpfung von organisierter Kriminalität, von Korruption und der Einschüchterung von Journalisten höchste Priorität einräumen muss;

    9.

    nimmt zur Kenntnis, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 20. April 2021 festgestellt hat, dass durch die im Rahmen der maltesischen Verfassungsreform im Jahr 2016 eingeführten Vorschriften über die Ernennung von Richtern die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt wurde und dass diese Vorschriften daher mit dem EU-Recht im Einklang stehen;

    10.

    bedauert zutiefst, dass die Entwicklungen in Malta im Laufe der Jahre zu einer ernsthaften und dauerhaften Bedrohung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechten geführt haben, einschließlich Fragen der Medienfreiheit, der Unabhängigkeit der Strafverfolgung und der Justiz gegenüber politischer Einflussnahme und des Rechts auf friedliche Versammlung; ist der Ansicht, dass verfassungsrechtliche Garantien hinsichtlich der Gewaltenteilung weiter gestärkt werden sollten; stellt fest, dass die maltesische Regierung nach der Umsetzung einiger der Empfehlungen der Kommission, des Europarates und der Venedig-Kommission Fortschritte auf dem Gebiet der Rechtsstaatlichkeit erzielt hat; legt der maltesischen Regierung nahe, ihre Bemühungen um die Stärkung ihrer Institutionen fortzusetzen;

    11.

    ist zutiefst besorgt über einige der Feststellungen der Kommission in ihrem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020 in Bezug auf Malta, insbesondere die „tiefgreifende systematische Korruption“; begrüßt dessen ungeachtet die Einleitung des strukturellen Reformvorhabens; fordert die Kommission erneut auf, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente und Verfahren zu nutzen, um die uneingeschränkte Einhaltung des EU-Rechts mit Blick auf die effiziente Funktionsweise der Justizsysteme, die Bekämpfung von Geldwäsche, die Bankenaufsicht, die Vergabe öffentlicher Aufträge und die Stadtplanung und -entwicklung sicherzustellen;

    12.

    fordert die maltesischen Behörden erneut auf, alle ausstehenden Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Venedig-Kommission, der Gruppe der Staaten gegen Korruption (GRECO) und des Expertenausschusses des Europarates für die Bewertung von Maßnahmen gegen Geldwäsche (MONEYVAL) vollständig umzusetzen; ist der Ansicht, dass die Empfehlungen in Bezug auf das nationale Parlament und die Abgeordneten, die Wirkung der Urteile des Verfassungsgerichts und der Fachgerichte ordnungsgemäß umgesetzt werden sollten; fordert die maltesischen Behörden auf, die Venedig-Kommission um ein Gutachten zur Einhaltung ihrer Empfehlungen zu ersuchen; behält sich das Recht vor, selbst ein solches Ersuchen gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Satzung der Venedig-Kommission und Ziffer 28 der Vereinbarung zwischen dem Europarat und der Europäischen Union zu stellen;

    13.

    nimmt zur Kenntnis, dass durch den Mord an Daphne Caruana Galizia Reformen angestoßen wurden, mit denen der Schutz von Journalisten verbessert und die Medienfreiheit verteidigt werden sollen; betont jedoch, dass die maltesischen Behörden weiterhin nachweisbare Schritte unternehmen sollten, indem sie langfristige legislative und politische Maßnahmen ergreifen, mit denen in Malta die Bedingungen für einen kritischen und unabhängigen Journalismus und die Rechenschaftspflicht von Politikern und Beamten sichergestellt werden sollen, insbesondere in Bezug auf die Verhinderung und Sanktionierung von Drohungen, Belästigung, Mobbing und der Dehumanisierung von Journalisten, öffentlich oder im Internet; fordert die maltesische Regierung auf, den bestehenden Bedenken in Bezug auf die Medienfreiheit und die Unabhängigkeit von Regulierungsbehörden im Medienbereich und öffentlichen und privaten Medien gegenüber politischer Einflussnahme sowie dem zunehmenden Einsatz von Hetze in sozialen Medien Rechnung zu tragen;

    14.

    ist zutiefst besorgt über die negativen Auswirkungen von Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen auf die Integrität der Unionsbürgerschaft; weist auf die jüngsten Enthüllungen in Bezug auf die nachlässige Auslegung von Wohnsitzerfordernissen mit Blick auf die Einbürgerung sowie die Rolle von Vermittlern und die Beteiligung von öffentlichen Bediensteten hin; fordert die maltesischen Behörden erneut auf, für Transparenz zu sorgen und die Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsregelungen für Investoren aufzuheben anstatt sie zu ändern; fordert die Kommission auf, ihre begründete Stellungnahme in dem betreffenden Vertragsverletzungsverfahren so schnell wie möglich abzugeben;

    15.

    weist darauf hin, dass der Schutz von investigativen Journalisten und Hinweisgebern im ureigensten Interesse der Gesellschaft ist; nimmt die bedeutende Rolle von internationalen und maltesischen Organisationen der Zivilgesellschaft und Journalisten bei der Fortführung der Untersuchungen von Daphne Caruana Galizia zur Kenntnis; fordert die maltesischen Behörden auf, unbedingt und jederzeit für den Schutz der persönlichen Sicherheit, der Existenzgrundlage und somit der Unabhängigkeit von Journalisten und Hinweisgebern zu sorgen; fordert die maltesischen Behörden auf, die Richtlinie (EU) 2019/1937 (6) zügig umzusetzen;

    16.

    fordert die Kommission auf, EU-Rechtsvorschriften gegen strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPP-Klagen) vorzuschlagen, um Journalisten vor schikanösen Klagen zu schützen; fordert die maltesischen Behörden auf, in der Zwischenzeit innerstaatliche Rechtsvorschriften über strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung (SLAPP-Klagen) zu erlassen; hebt hervor, dass der Investigativjournalismus bei der Bekämpfung von Korruption und Missständen in der Verwaltungstätigkeit als Instrument im Interesse des Gemeinwohls besondere Beachtung und finanzielle oder steuerliche Unterstützung erhalten sollte; betont, dass Krisenreaktionsmechanismen für Verletzungen der Presse- und Medienfreiheit sowie ein Fonds für einen grenzübergreifenden investigativen Journalismus erforderlich sind;

    17.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, dem Rat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europarat sowie dem Präsidenten der Republik Malta zu übermitteln.

    (1)  ABl. C 356 vom 4.10.2018, S. 29.

    (2)  ABl. C 108 vom 26.3.2021, S. 107.

    (3)  Angenommene Texte, P9_TA(2019)0103.

    (4)  Urteil vom 20 April 2021, Repubblika / Il-Prim Ministru, C-896/19, ECLI:EU:C:2021:311.

    (5)  „Special Report: Money trail from Daphne murder probe stretches to China“ (Sonderbericht: Spur des Geldes im Rahmen der Untersuchungen zum Mord an Daphne führt bis nach China), Reuters, 29. März 2021.

    (6)  Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).


    Top