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Document 52021AE6442

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2010/40/EU zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern“ (COM(2021) 813 final — 2021/0419 (COD))

    EESC 2021/06442

    ABl. C 290 vom 29.7.2022, p. 126–130 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    29.7.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 290/126


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2010/40/EU zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern“

    (COM(2021) 813 final — 2021/0419 (COD))

    (2022/C 290/20)

    Berichterstatter:

    Stefan BACK

    Befassung

    Europäisches Parlament, 27.1.2022

    Rat, 28.1.2022

    Rechtsgrundlage

    Artikel 91 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    10.3.2022

    Verabschiedung im Plenum

    23.3.2022

    Plenartagung Nr.

    568

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    225/1/5

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt den Vorschlag der Kommission, der voll und ganz den Empfehlungen entspricht, die er in seiner Stellungnahme „Kooperative intelligente Verkehrssysteme“ formuliert hat, und ist der Auffassung, dass er in Sachen Verbesserungen, Sicherheit und Gefahrenabwehr sowie Effizienz einen erheblichen zusätzlichen Nutzen bringt.

    1.2.

    Der EWSA begrüßt auch, dass umfassendere Informationen bereitgestellt werden müssen, sowie die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit verpflichtet werden. Besonders hingewiesen sei auf den verstärkten Informationsaustausch über den Güterverkehr sowie die kooperative, vernetzte und automatisierte Mobilität, einschließlich der Kommunikation zwischen Fahrzeugen, wodurch auch bei der Straßenverkehrssicherheit erhebliche Verbesserungen erzielt werden.

    1.3.

    Der EWSA stellt fest, dass sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr mehr Effizienz zu erwarten ist, da zum Beispiel Sendungen nachverfolgt werden können.

    1.4.

    Der EWSA räumt zwar ein, dass der Informationsaustausch standardisiert werden muss, betont jedoch, dass ausreichend Spielraum für lokale und unternehmensspezifische Lösungen bleiben muss, wo diese gerechtfertigt und angemessen sind, und dass ferner mögliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt berücksichtigt werden müssen.

    1.5.

    Der EWSA betont, dass der Einsatz intelligenter Verkehrssysteme (IVS) in einen breiten gesellschaftlichen Kontext gestellt werden muss und dass dabei auch Elemente zu berücksichtigen sind, die über rein technische Aspekte hinausgehen, weil andernfalls negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz eintreten können. Er betont in diesem Zusammenhang, dass den Bedürfnissen des ländlichen Raums ausreichend Aufmerksamkeit und Ressourcen gewidmet werden müssen, was auch die öffentlichen Dienstleistungen sowie alternative Mobilitätsformen wie Zufußgehen und Radfahren einschließt.

    1.6.

    Der EWSA wirft auch die Frage nach der gemeinsamen Nutzung von Mobilitätsressourcen auf und weist darauf hin, dass möglicherweise ein delegierter Rechtsakt zur diesbezüglichen Unterstützung von IVS nötig ist, der beispielsweise die Verfügbarkeit von Verkehrsressourcen und -kapazitäten sowie die Bündelung des Mobilitätsbedarfs regelt und Kombinationsmöglichkeiten zur optimalen Nutzung der Kapazitäten festlegt.

    1.7.

    Eine bessere Nutzung der verfügbaren Ressourcen bei steigender Zahl emissionsfreier Fahrzeuge wird zu mehr Nachhaltigkeit führen.

    1.8.

    Mit dem Vorschlag wird nach Auffassung des EWSA ein großer Schritt hin zu einem gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraum getan, was erhebliche Vorteile durch Effizienzgewinne mit sich bringen und die Voraussetzungen für bessere Arbeitsbedingungen im Verkehrssektor schaffen wird, etwa indem die Einhaltung der Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten sowie das Auffinden und der Zugang zu Rastplätzen erleichtert werden.

    1.9.

    Der EWSA weist darauf hin, dass Vertrauensbildung wichtig ist, damit ein System, das auf der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen und Informationen beruht, von der Öffentlichkeit akzeptiert wird und ordnungsgemäß funktionieren kann. Dies erfordert unter anderem einen ausreichenden Schutz von Privatsphäre, Daten sowie Geschäftsgeheimnissen. Der EWSA sieht dem von der Kommission in ihrer Mitteilung zur europäischen Datenstrategie angekündigten Governance-Rahmen deshalb erwartungsvoll entgegen.

    1.10.

    Der EWSA weist darauf hin, dass der Verbraucherschutz und der faire Wettbewerb auch in Bezug auf fahrzeuginterne Daten gewährleistet sein müssen, wie in Ziffer 3.18 näher ausgeführt wird.

    1.11.

    Der EWSA fordert unverzüglich eine sektorspezifische Regulierung des Zugriffs auf fahrzeuginterne Daten, Funktionen und Ressourcen. Die Kommission hat dazu bisher noch keinen Vorschlag vorgelegt. Dieses Versäumnis geht insbesondere zu Lasten der Verbraucher.

    1.12.

    Der EWSA weist zudem darauf hin, dass die Inklusion von Menschen mit eingeschränkter Mobilität verbessert werden muss, und fordert, dass die in der Richtlinie (EU) 2019/882 festgelegten Anforderungen an die Barrierefreiheit auch auf die IVS angewandt werden, etwa in Form eines delegierten Rechtsakts.

    1.13.

    Schließlich bekräftigt der EWSA das Angebot, das er in der bereits erwähnten Stellungnahme „Kooperative intelligente Verkehrssysteme“ unterbreitet hat, die Kommission durch seine Verbindungen zur Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Strategie zu unterstützten.

    2.   Hintergrund der Stellungnahme

    2.1.

    Der Vorschlag der Kommission ist Teil der Umsetzung ihrer Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität von 2020 (im Folgenden „Strategie“) und der Umgestaltung des europäischen Verkehrssystems. In dem Vorschlag wird deutlich gemacht, an welcher Stelle die Digitalisierung erheblich zur Schaffung eines nahtlosen und effizienteren Verkehrssystems beitragen kann.

    2.2.

    IVS spielen eine wesentliche Rolle für die Schaffung eines vernetzten und automatisierten multimodalen Mobilitätssystems, das die Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit des Verkehrs verbessert.

    2.3.

    Mit diesem Vorschlag, den die Kommission bereits in ihrer Mitteilung „Eine europäische Datenstrategie“ (COM(2020) 66 final) angekündigt hat, will sie zur Umsetzung der Ziele des Grünen Deals beitragen und Europa für das digitale Zeitalter rüsten.

    2.4.

    Die Richtlinie über intelligente Verkehrssysteme (2010/40/EU) muss überarbeitet werden, um den Herausforderungen der technischen Entwicklung der IVS Rechnung zu tragen und insbesondere die Zusammenarbeit der Interessenträger sowie die Verfügbarkeit von IVS-Diensten zu verbessern.

    2.5.

    Der Vorschlag zur Überarbeitung der IVS-Richtlinie ist Teil eines Legislativpakets, das vor allem den Zielen der Verringerung der CO2-Emissionen, der Digitalisierung und einer höheren Resilienz der Verkehrsinfrastruktur dient. So umfassen sowohl der Vorschlag zur Überprüfung der TEN-V-Verordnung (1) als auch die Mitteilung über den neuen Rahmen für die Mobilität in der Stadt (2) Bestimmungen für die Einführung von IVS-Diensten, etwa die Bereitstellung sicherheitsrelevanter Informationen und den Ausbau der Mobilität in der Stadt.

    2.6.

    Die IVS-Richtlinie wird ein wichtiges Element der Umsetzung des gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraums sein, der neben anderen Datenräumen im Rahmen der europäischen Datenstrategie für strategische Sektoren geplant ist.

    2.7.

    Der Vorschlag sieht Änderungen der IVS-Richtlinie vor, etwa dass die Verfügbarkeit von Daten sowie die Einführung von IVS-Diensten in den Anwendungsbereich der Richtlinie aufgenommen werden. Die vorrangigen Bereiche, in denen Maßnahmen ergriffen werden sollen, wurden neu strukturiert und sollen so den unterschiedlichen Arten der IVS-Dienste besser gerecht werden.

    In jedem Mitgliedstaat wird eine nationale Zugangsstelle für den Datenaustausch eingerichtet. Der Austausch bzw. die Bereitstellung von Daten wird in einer Reihe von Bereichen verpflichtend, und die Daten werden in vielen Fällen auch an die Interessenträger weitergeleitet.

    Die Mitgliedstaaten sollen zudem, soweit erforderlich, in Bezug auf operative Aspekte der Umsetzung mit den relevanten Interessenträgern zusammenarbeiten.

    Anhang I umfasst einen neuen Abschnitt zu den vorrangigen Bereichen mit Bestimmungen zur Bedeutung von Daten bei der Ortung und Verfolgung von Gütern sowie einen neuen Abschnitt zu Diensten der kooperativen, vernetzten und automatisierten Mobilität.

    Ferner sind Bestimmungen zum Datenschutz und zur Datenintegrität vorgesehen.

    Wichtig ist auch, dass der Kommission die Befugnis übertragen wird, delegierte Rechtsakte zur Aktualisierung konkreter Informationspflichten zu erlassen.

    Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission regelmäßig über die Umsetzung der Richtlinie Bericht erstatten.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1.

    Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Kommission, der voll und ganz den Empfehlungen entspricht, die er in seiner Stellungnahme „Kooperative intelligente Verkehrssysteme“ (3) formuliert hat. Er sieht in dem nun von der Kommission vorgeschlagenen aktualisierten IVS-System einen erheblichen Mehrwert sowohl in Bezug auf die Verbesserung von Sicherheit und Gefahrenabwehr als auch mit Blick auf die Effizienzgewinne, die nicht nur aus der Verbesserung und höheren Sicherheit der Verkehrsströme resultieren werden, sondern auch eine effiziente Logistik unterstützen sollen.

    3.2.

    Der EWSA begrüßt deshalb auch, dass umfassendere Informationen bereitgestellt werden müssen, sowie die Tatsache, dass die Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit verpflichtet werden. Er begrüßt insbesondere die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Bestimmungen über den Informationsaustausch in Bezug auf den Güterverkehr sowie die Ausdehnung der erfassten Informationen auf Dienste der kooperativen, vernetzten und automatisierten Mobilität.

    3.3.

    Der EWSA geht davon aus, dass das vorgeschlagene Informationssystem auch die Kommunikation zwischen Fahrzeugen umfasst, wie er in seiner Stellungnahme „Eine europäische Strategie für kooperative intelligente Verkehrssysteme“ gefordert hat. Der EWSA verweist darauf, dass die Kommunikation zwischen Fahrzeugen wesentlich zur Verhinderung von Straßenverkehrsunfällen beiträgt.

    3.4.

    Der EWSA erwartet, dass das nun vorgeschlagene verbesserte System des Informationsaustauschs sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr einen Mehrwert in Form von höherer Effizienz bringen wird und dass beispielsweise Sendungen künftig problemlos nachverfolgt werden können, da die relevanten Informationen dann an die betreffenden Interessenträger übermittelt werden.

    3.5.

    Der EWSA stellt fest, dass die in dieser Phase auszutauschenden Informationen weitgehend standardisiert sind, und bekräftigt deshalb seine Auffassung, dass ausreichend Spielraum für lokale und unternehmensspezifische Lösungen bleiben muss, sofern dies gerechtfertigt und angemessen ist, und dass ferner mögliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt berücksichtigt werden müssen. Er denkt, dass dies solange kein Problem darstellt, wie die in das vorgeschlagene System eingespeisten Informationen den festgelegten Standards entsprechen.

    3.6.

    Der EWSA betont, dass der Einsatz von IVS in einen breiten gesellschaftlichen Kontext gestellt werden muss und nicht automatisch zu einem klimafreundlichen Verkehrssystem führt. Die Digitalisierung von Verkehrsträgern allein (z. B. automatisierte Mobilität bei Kraftfahrzeugen) kann umweltpolitisch sogar kontraproduktiv sein. IVS sollten so entwickelt, gefördert und verwendet werden, dass sie dem Klimaschutz dienen.

    3.7.

    Wichtig für nachhaltige Mobilität ist ein effizientes öffentliches Verkehrssystem als Teil der Dienstleistungen von allgemeinem (wirtschaftlichen) Interesse, ergänzt durch Radfahren und Zufußgehen. Der EWSA spricht sich für die Förderung von IVS zur Stärkung und Ergänzung des öffentlichen Verkehrs aus.

    3.8.

    Der EWSA weist darauf hin, dass eine rein technikorientierte Sicht auf die Entwicklung von IVS möglicherweise nicht zur Verwirklichung der gewünschten Ziele und Ergebnisse beiträgt, man denke etwa an Car-Sharing-Systeme in städtischen Ballungsgebieten, die bereits über gut entwickelte öffentliche Verkehrssysteme verfügen. Auch das autonome Fahren ist unter Umständen keine zukunftsträchtige Lösung für Städte, insbesondere wenn Verkehrsüberlastung herrscht und öffentlicher Raum knapp ist. Der EWSA ist deshalb der Auffassung, dass die wichtigen Innovationen im Bereich der Mobilität wie Elektrifizierung, Automatisierung und gemeinsame Nutzung dann den größten Nutzen bringen, wenn sie unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse, wie Barrierefreiheit, Effizienz und Aspekte der öffentlichen Dienstleistungen, konzipiert und umgesetzt werden.

    3.9.

    Konsultationen der Interessenträger haben gezeigt, dass viele Bedenken in Bezug auf die territoriale Abdeckung bestehen. Der EWSA bedauert, dass im Vorschlag nicht auf die Entwicklung von IVS zur Deckung des Bedarfs des ländlichen Raums als eigenes Thema neben der Entwicklung von IVS in Städten eingegangen wird. Der EWSA empfiehlt der Kommission, der Erweiterung von IVS-Systemen auf den ländlichen Raum besondere Aufmerksamkeit zu schenken, da das Leben auf dem Land erheblich von der Verfügbarkeit guter öffentlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen abhängt. In einer gesonderten Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Eine langfristige Vision für die ländlichen Gebiete der EU“ (4) wird auch festgestellt, dass grundlegende Dienstleistungen und die dafür erforderliche Infrastruktur im ländlichen Raum entscheidend für die soziale und wirtschaftliche Inklusion sind. Es sollte deshalb ein Anliegen auf EU-Ebene sein, dass ländliche Gebiete von IVS-Lösungen profitieren können.

    3.10.

    Dies könnte bei der effizienten Nutzung von Verkehrskapazitäten im ländlichen Raum von besonderem Interesse sein. Verkehrsbedingte Schäden sind nicht nur Emissionen, sondern liegen auch in der Verwendung von Verkehrsressourcen. Wir empfehlen der Kommission, gegebenenfalls den Erlass delegierter Rechtsakte zur Regelung der gemeinsamen Nutzung von durch IVS unterstützten Ressourcen in Erwägung zu ziehen. Dies sollte eine intelligente, digital unterstützte Bündelung des Mobilitätsbedarfs sowie die gemeinsame Nutzung freier Kapazitäten (Fahrgemeinschaften) einschließen, was besonders im ländlichen Raum nötig ist, wo die verfügbaren Verkehrskapazitäten zunehmend eingeschränkt werden und es aufgrund der Entfernungen immer schwieriger wird, neue Kapazitäten zu schaffen. Solche intelligenten Systeme sollten die gemeinsame Nutzung von Informationen über die Fahrzeugnutzung und die Möglichkeit zur Beförderung zusätzlicher Fahrgäste oder Güter durch das vorhandene System ermöglichen.

    3.11.

    Der EWSA begrüßt, dass der Vorschlag zusätzlich zur Verbreitung von emissionsfreien Fahrzeugen auch durch gemeinsame Mobilitätsdienste zu einem nachhaltigeren Verkehr beitragen wird, was letztlich zu dem Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050 führt. Durch einen flüssigeren Straßenverkehr und die Reduzierung von Staus leisten wir in vielerlei Hinsicht einen Beitrag zu unseren Umweltzielen.

    3.12.

    Der EWSA begrüßt die nun vorgeschlagene Stärkung des IVS-Systems als ersten Schritt hin zu einem gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraum, der einen erheblichen Mehrwert in Form von Effizienzgewinnen bringen würde.

    3.13.

    Die Schaffung eines solchen Raums würde die Erbringung von Mobilitätsdiensten für den Personen- und Güterverkehr deutlich erleichtern und kann auch zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Verkehrsbranche führen.

    3.14.

    Der EWSA begrüßt die IVS-Dienste für sichere Rastplätze für Kraftfahrer im transeuropäischen Autobahnnetz. Telematikanwendungen für sichere Rastplätze können die Einhaltung der Lenk-und Ruhezeit erheblich verbessern. Er weist jedoch darauf hin, dass das grundlegende Problem für Unternehmen und Kraftfahrer in der unzureichenden Infrastruktur bei Rastplätzen auf Autobahnen besteht, was nachts zu Überbelegungen führt. Der Ausbau der Infrastruktur muss mit IVS-basierten Diensten einhergehen (z. B. in Bezug auf reservierte Parkplätze).

    3.15.

    Der EWSA unterstreicht diesbezüglich erneut, wie wichtig die Schaffung von Vertrauen sowie die Tatsache sind, dass die Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, die Achtung der Privatsphäre sowie den Datenschutz nicht beeinträchtigen darf.

    3.16.

    Der EWSA ist der Auffassung, dass beim Recht der Kommission zum Erlass delegierter Rechtsakte zur Aktualisierung von Informationspflichten gleiche Bedingungen und Vertrauen mit Blick auf alle am Datenaustausch Beteiligten zu wahren sind. Er begrüßt die Erweiterung des Anwendungsbereichs der IVS-Richtlinie und den damit einhergehenden Mehrwert. Er nimmt ferner zur Kenntnis, dass es Probleme in Bezug auf das Vertrauen beim Datenaustausch gibt und dass ein Governance-Rahmen für den europäischen Datenraum erforderlich ist, insbesondere in strategischen Bereichen wie der Mobilität, wie in der Mitteilung der Kommission zur europäischen Datenstrategie (5) festgestellt.

    3.17.

    An dieser Stelle möchte der EWSA zudem betonen, dass die Informationen, die das System enthält, ausschließlich für Zwecke des IVS verwendet werden dürfen. Der EWSA bekräftigt die Bedeutung eines wirksamen Schutzes der Privatsphäre und der Daten bei der Anwendung von IVS. Allerdings bietet die Datenschutz-Grundverordnung keinen ausreichenden Schutz, wenn bei der Anonymisierung von Daten Techniken (z. B. Mobilitätsmuster von Fahrzeugdaten, Gesichtserkennung) verwendet werden, die Rückschlüsse auf Einzelne zulassen oder sogar diskriminierende Algorithmen einsetzen. Bei der Nutzung personenbezogener Daten am Arbeitsplatz müssen Arbeitnehmer, ihre Vertreter sowie die Gewerkschaften ein Mitsprache- und Vetorecht haben. Der EWSA betont, dass Artikel 10 des Vorschlags (Bestimmungen zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre) so formuliert sein muss, dass derartige Risiken ausgeschlossen werden. Dies ist vor allem wichtig, um das Vertrauen in das System und die Akzeptanz in der Gesellschaft allgemein zu stärken.

    3.18.

    Der EWSA weist darauf hin, dass die Verbraucher weiterhin die Kontrolle über die übermittelten Daten haben müssen. Dies betrifft die personenbezogenen Daten, die sie bei der Buchung von Dienstleistungen oder Fahrscheine angeben, sowie die Daten, die ihre Fahrzeuge an Diensteanbieter oder Infrastruktur übermitteln. Die Verbraucher müssen stets im Mittelpunkt stehen, und ihre Daten müssen im Einklang mit der DSGVO unter allen Umständen geschützt werden.

    3.19.

    Der Zugang zu fahrzeuginternen Daten muss letztlich im Sinne des Daten- und Verbraucherschutzes sowie des fairen Wettbewerbs geregelt werden. Wenn die fahrzeuginternen Daten den Fahrzeugherstellern überlassen werden, bilden sich Monopole und marktbeherrschende Stellungen mit der entsprechenden Gefahr des Missbrauchs heraus. Die Kommission ist schon vor einiger Zeit aufgefordert worden, dazu einen Legislativvorschlag zu unterbreiten, und hat etwa in der bereits erwähnten Datenstrategie diesbezüglich durchaus positive Signale gesendet. Allerdings ist bisher noch kein Anzeichen zu erkennen, dass demnächst ein Vorschlag vorgelegt wird. Dieses Versäumnis geht insbesondere zu Lasten der Interessen der Verbraucher und ihrer Möglichkeiten, Daten zu kontrollieren und sich bewusst für Alternativen zu entscheiden.

    3.20.

    Die Digitalisierung kann den Mangel an Inklusion, unter dem Menschen mit eingeschränkter Mobilität im Alltag leiden, abmildern. Deshalb sollten in dieser Richtlinie für alle Bereiche der IVS ausdrückliche Anforderungen an die Barrierefreiheit gemäß der Richtlinie (EU) 2019/882 verankert werden. Es genügt nicht, dass dieser Aspekt nur in einem Erwägungsgrund erwähnt wird, in dem es um die Möglichkeit der Entwicklung von Barrierefreiheitsmerkmalen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität in digitalen multimodalen Diensten geht.

    3.21.

    Der geplante Austausch und die Bereitstellung von Daten zu Straßen und Autobahnen (Fahrverbote, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Echtzeitdaten über Straßensperrungen, Baustellen usw.) in Anhang III ist zu begrüßen. In diesem Zusammenhang spricht sich der EWSA für die Entwicklung intelligenter Verkehrsmanagementsysteme aus, die für eine zeitliche Entzerrung des Fahrzeugaufkommens beim (Transit-)Verkehr auf Autobahnen sorgen können und so einen sicheren und flüssigen Verkehr ermöglichen.

    3.22.

    Der EWSA stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Kommission im Rahmen der Aktualisierung der Liste der obligatorischen Informationen beabsichtigt, den Europäischen ITS-Ausschuss um einen Beitrag zu bitten. Der EWSA bekräftigt sein in der erwähnten Stellungnahme unterbreitetes Angebot, die Kommission zu unterstützen, indem er als Verbindungsglied zur Zivilgesellschaft fungiert.

    Brüssel, den 23. März 2022

    Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Christa SCHWENG


    (1)  Verordnung (EU) Nr. 1315/2013.

    (2)  COM(2021) 1811 final.

    (3)  ABl. C 288 vom 31.8.2017, S. 85 und COM(2016) 766 final.

    (4)  Eine langfristige Vision für die ländlichen Gebiete der EU — Für stärkere, vernetzte, resiliente und florierende ländliche Gebiete bis 2040 — COM(2021) 345 final.

    (5)  COM(2020) 66 final.


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