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Document 52020SC0316

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020 Länderkapitel zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn Begleitunterlage zur MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020 Die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union

SWD/2020/316 final

Brüssel, den 30.9.2020

SWD(2020) 316 final

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020


Länderkapitel zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn

Begleitunterlage zur

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020
Die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union

{COM(2020) 580 final} - {SWD(2020) 300 final} - {SWD(2020) 301 final} - {SWD(2020) 302 final} - {SWD(2020) 303 final} - {SWD(2020) 304 final} - {SWD(2020) 305 final} - {SWD(2020) 306 final} - {SWD(2020) 307 final} - {SWD(2020) 308 final} - {SWD(2020) 309 final} - {SWD(2020) 310 final} - {SWD(2020) 311 final} - {SWD(2020) 312 final} - {SWD(2020) 313 final} - {SWD(2020) 314 final} - {SWD(2020) 315 final} - {SWD(2020) 317 final} - {SWD(2020) 318 final} - {SWD(2020) 319 final} - {SWD(2020) 320 final} - {SWD(2020) 321 final} - {SWD(2020) 322 final} - {SWD(2020) 323 final} - {SWD(2020) 324 final} - {SWD(2020) 325 final} - {SWD(2020) 326 final}


Zusammenfassung

In den letzten Jahren äußerten EU-Organe ihre Besorgnis über die Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn, unter anderem in dem vom Europäischen Parlament eingeleiteten Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV. Die im Rahmen des Europäischen Semesters gestellte Forderung, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken, muss noch angegangen werden. Insbesondere der unabhängige Landesrichterrat steht vor Herausforderungen, wenn es darum geht, ein Gegengewicht zu den Befugnissen des Präsidenten des Landesgerichtsamts, der für die Verwaltung der Gerichte zuständig ist, zu bilden. Entwicklungen in Verbindung mit der Kuria (Kúria) rufen ebenfalls Besorgnis hervor, insbesondere die Entscheidung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig zu erklären. Neue Vorschriften ermöglichen die Ernennung von Mitgliedern des Verfassungsgerichts, die vom Parlament gewählt werden, zur Kuria, und zwar außerhalb der üblichen Vorgehensweise, und senken die Zulassungskriterien für den Präsidenten der Kuria. Im Hinblick auf Effizienz und Qualität schneidet das Justizsystem bei der Verfahrensdauer gut ab und zeigt ein hohes Niveau an Digitalisierung.

Der institutionelle Rahmen für die Korruptionsbekämpfung ist auf verschiedene Organe verteilt. Mangelhafte unabhängige Kontrollmechanismen und enge Verbindungen zwischen Politik und bestimmten nationalen Unternehmen wirken korruptionsfördernd. Werden schwerwiegende Vorwürfe erhoben, fehlt systematisch entschiedenes Handeln zur Untersuchung und Strafverfolgung von Korruptionsfällen, in die hochrangige Beamte oder ihr direktes Umfeld verwickelt sind. Dies wurde im Rahmen des Europäischen Semesters und von der GRECO im Hinblick auf das fehlende Engagement, ihren Empfehlungen zu folgen, angesprochen. Die Überprüfung von Vermögens- und Interessenerklärungen kann im Hinblick auf systematische Kontrollen und eine unabhängige Aufsicht verbessert werden. Während Lobbying nach wie vor nicht umfassend reguliert ist, konzentrieren sich Korruptionspräventionsmaßnahmen auf die Integrität in der staatlichen Verwaltung und den Strafverfolgungsbehörden. Der Rahmen für die Korruptionsbekämpfung wird weiter geschwächt durch schwindende Möglichkeiten der zivilgesellschaftlichen Kontrolle vor dem Hintergrund der Beschränkung der Medienfreiheit, schwierige Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Organisationen und dauernde neue Herausforderungen bei der Anwendung von Vorschriften zu Transparenz und dem Zugang zu öffentlichen Informationen.

Es besteht ein Risiko für die Unabhängigkeit und Wirksamkeit des Medienrats. Die Transparenz von Medieneigentum ist nicht vollständig garantiert. Die Medienkonzentration durch die Gründung des Konzerns „Mitteleuropäische Presse- und Medienstiftung“ (KESMA) bedeutet ein höheres Risiko für den Medienpluralismus. Beträchtliche Mengen an staatlicher Werbung wurden an regierungsnahe Medienunternehmen geleitet und dies ermöglichte es der Regierung, indirekt politischen Einfluss auf die Medien zu nehmen. Unabhängige Medienunternehmen werden systematisch behindert und eingeschüchtert, während ein Trend zur wirtschaftlichen Übernahme solcher Unternehmen zusätzlich Besorgnis hervorruft.

Die Transparenz und Qualität des Gesetzgebungsverfahrens ist ein Grund zur Besorgnis, da der Einsatz öffentlicher Konsultationen und Folgenabschätzungen nachgelassen hat. Die neue Möglichkeit für öffentliche Stellen, rechtskräftige Gerichtsentscheidungen vor dem Verfassungsgericht anzufechten, wirft Fragen der Rechtssicherheit auf. Die Schwächung unabhängiger Einrichtungen und der wachsende Druck auf die Zivilgesellschaft beeinträchtigen die Gewaltenteilung weiter. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Gesetze zur Transparenz von mit ausländischen Mitteln finanzierten zivilgesellschaftlichen Organisationen mit dem EU-Recht unvereinbar sind. Legislative Maßnahmen, die zum Vollzug des Urteils erforderlich sind, werden vorbereitet.



I.Justizsystem

Die Struktur des ungarischen Gerichtssystems wurde seit 2011 von verfassungsrechtlichen Änderungen und regelmäßigen Justizreformen geprägt. Die jüngste Reform wurde im Dezember 2019 verabschiedet. Ungarn hat ein vierinstanzliches Gerichtssystem. 113 Amtsgerichte bilden die erste Instanz, während sich 20 Landgerichte mit Rechtsmitteln befassen, die gegen Entscheidungen der Amtsgerichte eingelegt werden, sowie auch für bestimmte Rechtssachen als erste Instanz zuständig sind. Fünf Tafelgerichte entscheiden über Rechtsmittel, die gegen die Entscheidungen der Landgerichte eingelegt wurden. Die wichtigste Rolle der Kuria besteht darin, die einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen. Der Präsident des Landesgerichtsamts ist das für die zentrale Verwaltung der Gerichte zuständige Organ, das im Grundgesetz vorgesehen ist und vom Parlament gewählt wird. Der Landesgerichtsrat ist ein unabhängiges Organ, das nach dem Grundgesetz den Präsidenten des Landesgerichtsamts überwacht und an der Verwaltung der Gerichte beteiligt ist. Gerichte werden vom Präsidenten der Republik auf Empfehlung des Präsidenten des Landesgerichtsamts ernannt, und zwar auf der Grundlage einer Beurteilung der Kandidaten durch die örtlichen Richterräte (zusammengesetzt aus von ihresgleichen gewählten Richtern). Der Präsident des Landesgerichtsamts darf von dieser Beurteilung nur mit der vorherigen Zustimmung des Landesrichterrats abweichen. Das Verfassungsgericht gehört nicht zum Gerichtssystem; es prüft die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Gerichtsentscheidungen. Die Staatsanwaltschaft ist eine unabhängige Einrichtung mit Befugnissen, Straftaten zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Die ungarische Anwaltskammer und die regionalen Anwaltskammern sind selbstverwaltende öffentliche Einrichtungen, die die Interessen der Rechtsberufe vertreten sowie Standesregeln festschreiben und durchsetzen, auch anhand von Disziplinarmaßnahmen.

Unabhängigkeit

Der Landesrichterrat hat Schwierigkeiten, wenn es darum geht, ein Gegengewicht zu den Befugnissen des Präsidenten des Landesgerichtsamts zu bilden. Die Wahl eines neuen Präsidenten des Landesgerichtsamts könnte den Weg für eine verstärkte Zusammenarbeit ebnen. Der Präsident des Landesgerichtsamts wird vom Parlament 1 gewählt und erhält umfassende Befugnisse in Verbindung mit der Verwaltung des Gerichtssystems. Der Präsident des Landesgerichtsamts ist unter der Aufsicht des Landesrichterrats 2 tätig. Der Landesrichterrat sieht sich jedoch einer Reihe struktureller Einschränkungen gegenüber, die ihn daran hindern, eine wirksame Aufsicht über die Tätigkeiten des Präsidenten des Landesgerichtsamts auszuüben. Insbesondere ist er nicht berechtigt, zu Gesetzgebungsvorschlägen mit Auswirkungen auf das Justizsystem angehört zu werden 3 . Bei der Ernennung von Richtern 4 und der Ernennung von Gerichtspräsidenten und anderen Gerichtsleitern spielt er eine nur untergeordnete Rolle 5 . Zudem hat der Landesrichterrat nur begrenzte Ressourcen und ist im Hinblick auf Mittel aus dem Budget vom Präsidenten des Landesgerichtsamts abhängig 6 . Das Fehlen einer wirksamen Kontrolle des Präsidenten des Landesgerichtsamts erhöht die Wahrscheinlichkeit willkürlicher Entscheidungen bei der Verwaltung des Gerichtssystems 7 . Insbesondere wurde der frühere Präsident des Landesgerichtsamts vom Landesrichterrat dafür kritisiert, dass er gegen das Gesetz verstoßen hat, als er die Verfahren für die Auswahl von Gerichtspräsidenten aufgehoben und willkürlich ohne die Zustimmung des Landesrichterrats 8 Gerichtspräsidenten ad interim ernannt hat. Diese Situation führte dazu, dass der Landesrichterrat formell beim Parlament beantragte, den Präsidenten des Landesgerichtsamts abzuberufen 9 . Der zuständige Parlamentsausschuss prüfte den Antrag und das Parlament lehnte ihn im Juni 2019 ab. Die begrenzten Befugnisse des Landesrichterrats und seine erforderliche Stärkung wurden vom Europarat 10 , der Europäischen Kommission 11  und Interessenträgern hervorgehoben 12 . Am 9. Juli 2019 richtete der Europarat im Rahmen des Europäischen Semesters eine Empfehlung an Ungarn, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken, und betonte, dass der Landesrichterrat immer größere Schwierigkeiten damit hat, ein Gegengewicht zu den Befugnissen des Präsidenten des Landesgerichtsamts zu bilden 13 . Es wurden seither keine legislativen Maßnahmen ergriffen, um die strukturellen Probleme zu lösen. Der Landesrichterrat begrüßte die Wahl eines neuen Präsidenten des Landesgerichtsamts im Dezember 2019, was den Weg für eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Landesrichterrat öffnen könnte, während ein rechtssicheres ausgeglichenes Kräfteverhältnis nur durch die gesetzliche Stärkung der Befugnisse des Rates erreicht werden kann.

Die wahrgenommene Unabhängigkeit der Justiz ist bei der Öffentlichkeit durchschnittlich und niedrig bei Unternehmen, obwohl die jüngsten Daten eine Verbesserung aufweisen. Das Niveau der Unabhängigkeit von Gerichten wird von der Allgemeinbevölkerung 14 als durchschnittlich wahrgenommen (48 % „ziemlich oder sehr gut“), dagegen aber sehr niedrig von Unternehmen (26 % „ziemlich oder sehr gut“) 15 . Jedoch erfuhr der über Jahre hinweg beobachtete negative Trend im Jahr 2020 eine Wende, und beide Indikatoren verbesserten sich 16 .

Die Kuria hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für unrechtmäßig erklärt. Auf Antrag des Generalstaatsanwalts erließ die Kuria am 10. September 2019 ein Urteil 17 , mit dem sie ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof durch einen Richter am Amtsgericht für unrechtmäßig erklärte, mit der Begründung, die Fragen seien für den vorliegenden Fall ohne Belang. Das Urteil der Kuria war ein Feststellungsurteil und hat die Entscheidung, die Rechtssache dem Gerichtshof vorzulegen, nicht aufgehoben 18 . Trotzdem wurde im Oktober 2019 ausdrücklich auf der Grundlage des Urteils der Kuria vom Budapester Landgerichtspräsidenten (Fővárosi Törvényszék) ad interim ein Disziplinarverfahren gegen den Richter eingeleitet, der das Vorabentscheidungsersuchen gestellt hat. Im November 2019 zog der Gerichtspräsident seinen Antrag zurück. Die Tatsache, dass die Kuria im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsbehelfs berechtigt ist, die Notwendigkeit von Vorabentscheidungsersuchen zu prüfen, könnte die Möglichkeit der nationalen Gerichte, sich mit Fragen der Auslegung des Unionsrechts an den Gerichtshof zu wenden, beeinträchtigen, und die mögliche Einleitung von Disziplinarverfahren 19 könnte einzelne Richter davon abhalten, Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen 20 .

Richter und Rechtsanwälte sind Gegenstand negativer Darstellungen in den Medien 21 . In mehreren Presseerklärungen seit Januar 2020 haben die Regierung und regierungsnahe Medien bestimmte Gerichtsentscheidungen kritisiert, durch die Verurteilte auf Bewährung entlassen wurden und solche, mit denen in der Schule ausgegrenzten Roma-Kindern 22 und Häftlingen, die sich über die Haftbedingungen beschweren, Entschädigungen zugesprochen wurden 23 . Im Februar 2020 gab die Regierung ihre Absicht bekannt, eine „nationale Konsultation“ 24 zu diesen justizbezogenen Fragen abzuhalten. Die Anwaltskammer 25 , die Richtervereinigung 26 und andere Interessenträger 27 äußerten Bedenken zur Darstellung der Regierung mit der Begründung, dies könne das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Justizsystem beeinträchtigen. Letztlich wurde von der Konsultation abgesehen. Im September 2019, vor dem Hintergrund des Vollzugs des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Baka/Ungarn 28 äußerte das Ministerkomitee des Europarats Bedenken über die abschreckende Wirkung für die Meinungsfreiheit von Richtern und Gerichtspräsidenten 29 .

Neue Sondervorschriften über die Ernennung von Richtern zur Kuria wurden eingeführt. Die Anzahl der Richterposten in der Kuria ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern wird vom Präsidenten des Landesgerichtsamts festgelegt 30 . Üblicherweise werden Richter durch den Präsidenten der Kuria nach einer Aufforderung zur Bewerbung zur Kuria ernannt, und zwar auf Grundlage einer Stellungnahme der zuständigen Abteilung der Kuria und einer Bewertung und eines Ranking der Kandidaten durch den Richterrat der Kuria 31 . Ein im Dezember 2019 verabschiedetes „Omnibus“-Gesetz 32 erlaubt es Mitgliedern des Verfassungsgerichts, die vom Parlament gewählt werden, ihre Ernennung zum Richter 33 ohne ein Bewerbungsverfahren zu beantragen. Haben sie das Amt eines Richters inne, können Mitglieder des Verfassungsgerichts beantragen, nach dem Ende ihrer Amtszeit ohne das übliche Ernennungsverfahren zur Kuria ernannt zu werden. Somit kann die Wahl zum Verfassungsgericht durch das Parlament, wozu die Beteiligung eines Organs, das zu einem wesentlichen Teil aus Vertretern des Justizwesens besteht, nicht erforderlich ist, in der Praxis zur Ernennung als Richter der Kuria führen, wenn der betreffende Richter dies beantragt 34 . Diese Gesetzesänderungen haben die Rolle des Parlaments bei Ernennungen von Richtern zur Kuria in der Praxis gestärkt. Zudem wird der Präsident der Kuria vom Parlament auf Vorschlag des Präsidenten der Republik aus den Reihen der – nicht unbedingt der Kuria zugehörigen – Richter mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung als Richter gewählt 35 . Zum 1. Januar 2020 wurden auch die Vorschriften zur Wahl des Präsidenten der Kuria geändert 36 , sodass eine Amtszeit als Justizoberrat 37 beim Verfassungsgericht oder bei einem internationalen Gericht bei der Berechnung der „Berufserfahrung als Richter“ berücksichtigt werden kann. Die Erweiterung der Zulassungskriterien erhöht den Kreis der Kandidaten, die möglicherweise zum Präsidenten der Kuria gewählt werden könnten, und erhöht so den diesbezüglichen Ermessensspielraum des Präsidenten der Republik.

Das „Omnibus“-Gesetz führte Änderungen der Struktur des bestehenden Gerichtssystems ein mit der Absicht, die Verwaltungsgerichtsbarkeit schneller und vorhersehbarer zu machen. Verwaltungsgerichte und Arbeitsgerichte auf Amtsgerichtebene wurden abgeschafft. Ab 1. April 2020 werden verwaltungsrechtliche Rechtssachen in erster Instanz vor acht bestimmten Landgerichten verhandelt, und sämtliche Anträge auf ordentliche oder außerordentliche Rechtsbehelfe werden von der Kuria entschieden. Die geplante Errichtung eines getrennten Verwaltungsgerichtssystem wurde aufgegeben 38 .

Die Gehälter der Richter wurden seit Januar 2020 erhöht und ein Bonussystem wurde eingeführt. Nach dem „Omnibus“-Gesetz werden die Gehälter der Richter in einem Zeitraum von drei Jahren um 60 % erhöht. Die höhere Vergütung der Richter ist eine positive Entwicklung, da die Gehälter von ungarischen Richtern zu den niedrigsten in der EU gehörten 39 . Eine solche Erhöhung trägt zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz bei 40 . Jedoch wurden Bedenken 41 geäußert hinsichtlich der Möglichkeit der Behörden, die die Gerichte verwalten, Richtern nach Ermessen, ohne objektive und transparente Kriterien, Boni 42 zu gewähren 43 . Nach dem Europarat sollten Systeme, bei denen die Grundvergütung von Richtern leistungsabhängig gezahlt wird, vermieden werden, da dies die Unabhängigkeit der Richter beeinträchtigen könnte 44 . Die Auswirkungen eines solchen Systems auf die Unabhängigkeit der Justiz ist Gegenstand einer Frage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof 45 .

Zwar wurde eine Reihe von Aspekten im Zusammenhang mit der Organisation der Staatsanwaltschaft behandelt, doch geben einige Aspekte nach wie vor Anlass zur Sorge. Im November 2019 wurde der Generalstaatsanwalt vom Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit für einen Zeitraum von neun Jahren wiedergewählt 46 . Die Staatsanwaltschaft ist streng hierarchisch aufgebaut 47 . Während die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft gesetzlich verankert ist 48 , veranlassten bestimmte Elemente des Rechtsrahmens die GRECO dazu, Empfehlungen zur Prüfung der Vorschriften für die Ernennung des Generalstaatsanwalts zum Schutz des Amtes vor politischer Einflussnahme auszusprechen 49 . Die GRECO empfahl zudem die Einführung strenger Kriterien zur Beeinflussung und Begründung von Entscheidungen, mit denen untergeordnete Staatsanwälte von Rechtssachen abgezogen werden und forderte eine Überprüfung des Umgangs mit Disziplinarverfahren 50 .. Während die meisten Empfehlungen der GRECO berücksichtigt wurden 51 , hätte die vollständige Umsetzung der offenen Empfehlungen auch eine positive Auswirkung auf den Rahmen für die Korruptionsbekämpfung.

Qualität

Die Digitalisierung des Justizsystems zeigt im Allgemeinen ein hohes Niveau. Ungarn steht bei der Verfügbarkeit von elektronischen Mitteln 52 hinsichtlich Online-Zugriff auf veröffentlichte Urteile durch die Öffentlichkeit ganz weit vorne 53 . Auch bei den Regelungen zur Erstellung von maschinenlesbaren Gerichtsentscheidungen ist es weit vorn mit dabei, obwohl Urteile nicht dem Standard entsprechen, der Maschinenlesbarkeit ermöglicht 54 . Zudem zeigt Ungarn sehr gute Ergebnisse bei der Förderung der und Anreizen für die Verwendung alternativer Streitbeilegungsmethoden 55 . Gerichtsgebühren sind jedoch weiterhin hoch 56 und es gibt Bedenken hinsichtlich der Inklusivität der Prozesskostenhilfe 57 . Die Regierungsmaßnahmen zur COVID-19-Pandemie wirkten sich auf die Arbeitsweise der Gerichte aus. Am 14. März 2020 ordnete die Regierung auf Vorschlag des Präsidenten des Landesgerichtsamts, des Präsidenten der Kuria und des Generalstaatsanwalts per Erlass an, dass die Tätigkeit der ungarischen Gerichte bis auf bestimmte dringende Fälle für unbestimmte Zeit ausgesetzt wird 58 . Der Erlass trat jedoch am 30. März 2020 außer Kraft 59 . Am 31. März 2020 führte die Regierung Änderungen des Verfahrensrechts ein mit dem Ziel, den Betrieb des Justizsystems in einer „Gefahrenlage“ zu ermöglichen 60 .

Effizienz

Die Effizienz bei Zivil- und Verwaltungssachen ist hoch. Nach dem EU-Justizbarometer 2020 schneidet Ungarn hinsichtlich der geschätzten Zeit zur Beilegung von Verwaltungssachen in erster Instanz und der Anzahl der anhängigen Verwaltungssachen in erster Instanz sehr gut ab 61 . Ungarn schneidet auch bei der geschätzten Zeit zur Beilegung von gerichtlichen zivilrechtlichen und handelsrechtlichen Sachen gut ab 62 . Die neue Zivilprozessordnung 63 , Verwaltungsgerichtsordnung 64 und Strafprozessordnung 65 traten 2018 in Kraft. Diese neuen Vorschriften ermöglichen Verhandlungen bei Zivil- und Strafsachen und die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen innerhalb einer angemessenen Frist 66 .

Wirksame Rechtsbehelfe bei übermäßig langen Verfahren fehlen nach wie vor. Der Vollzug des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Gazsó/Ungarn ist noch im Gange und Ungarn bleibt unter verstärkter Aufsicht durch das Ministerkomitee des Europarats 67 .

II.Rahmen für die Korruptionsbekämpfung

Die Zuständigkeit für die Prävention, Ermittlung und Strafverfolgung von Korruption ist auf verschiedene spezialisierte Stellen verteilt. Die Koordination von Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption wird in Ungarn vom Nationalen Schutzdienst (Nemzeti Védelmi Szolgálat –NVSZ) unter Aufsicht des Innenministeriums übernommen. Die Ermittlung und Strafverfolgung von Korruption im öffentlichen Sektor fallen unter die ausschließliche Zuständigkeit der Ermittlungsabteilung der Ermittlungsstelle der Generalstaatsanwaltschaft und fünf regionalen Staatsanwaltschaften. Die Staatsanwaltschaft wird von den Ermittlern der Polizei und des Nationalen Schutzdienstes unterstützt. Der staatliche Rechnungshof ist zuständig für die finanzielle Verwaltung öffentlicher Mittel und die Prüfung politischer Parteien.

Im jüngsten Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International erreichte das Land die Beurteilung 44/100 und belegt damit den 19. Platz in der EU und den 70. Platz weltweit 68 . Unter den ungarischen Befragten sehen 87 % Korruption als weitverbreitet (EU-Durchschnitt: 71 %) und 32 % sagen aus, sie seien von Korruption in ihrem täglichen Leben persönlich betroffen (EU-Durchschnitt: 26 %) 69 . Bei Unternehmen sehen 80 % Korruption als weitverbreitet (EU-Durchschnitt 63 %) und 48 % der Unternehmen sehen Korruption als Problem bei ihrer Geschäftstätigkeit (EU-Durchschnitt 37 %). 39 % der Menschen sind der Auffassung, dass es ausreichend erfolgreiche Fälle strafrechtlicher Verfolgung gibt, um Menschen von Korruptionspraktiken abzuschrecken (EU-Durchschnitt 36 %), während 19 % der Unternehmen der Auffassung sind, dass Menschen und Unternehmen, die wegen der Bestechung von höheren Beamten überführt wurden, angemessen bestraft werden (EU-Durchschnitt 31 %) 70 .

Der strafrechtliche Rahmen für die Korruptionsbekämpfung ist weitgehend vorhanden. Das Strafgesetzbuch beinhaltet die einschlägigen Definitionen von Korruption und damit verbundener Straftaten und stellt verschiedene Formen der Bestechung, unerlaubter Einflussnahme, Veruntreuung, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Amtsmissbrauch unter Strafe. Im April 2020 wurde dem Parlament ein Gesetzesentwurf vorgelegt mit dem Ziel, die Empfehlung der OECD-Arbeitsgruppe für Bestechungsfragen 71 zu berücksichtigen und die Definition von „ausländischer Amtsträger“ abzuändern, um klarzustellen, dass sie auch Amtsträger in ausländischen öffentlichen Unternehmen umfasst.

Verschiedene Stellen sind für die Bekämpfung von Korruption zuständig. Der Nationale Schutzdienst, der dem Innenministerium untersteht, ist für die Koordination der Maßnahmen für die Korruptionsbekämpfung zuständig. Nach einer Reform der Strafprozessordnung fallen ab Februar 2019 die strafrechtliche Ermittlung und Verfolgung von Korruption im öffentlichen Sektor unter die ausschließliche Zuständigkeit der Ermittlungsabteilung der Generalstaatsanwaltschaft und fünf regionalen Staatsanwaltschaften. Die Abteilung untersucht komplexe Korruptionsfälle, die von Personen mit Immunität, ausländischen Amtsträgern, dem Präsidenten der Republik, dem Premierminister, Regierungsmitgliedern und hochrangige Beamten der öffentlichen Sicherheit begangen wurden oder an denen diese beteiligt waren. Die Staatsanwaltschaft wird von den Ermittlern der Polizei und des Nationalen Schutzdienstes unterstützt. Der staatliche Rechnungshof spielt ebenfalls eine Rolle bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, insbesondere durch seine Kontrollfunktionen für die Finanzen der staatlichen Einrichtungen und Finanzierung politischer Parteien. Der staatliche Rechnungshof führt auch regelmäßige nationale Umfragen zur Integrität durch.

Korruption auf hoher Ebene wird in einigen Fällen strafrechtlich verfolgt, allerdings nach wie vor in sehr begrenztem Ausmaß. In ihrem Jahresbericht 2018 veröffentlichte die Generalstaatsanwaltschaft die Statistiken zu Korruptionsstraftaten 2016-2018. Nach diesen Zahlen ist die Anzahl der erfassten Verfahren wegen Straftaten im Zusammenhang mit Korruption gestiegen: 984 im Jahr 2016, 1123 im Jahr 2017 und 2046 im Jahr 2018. Die Anzahl der verurteilten Personen ist jedoch fast gleich geblieben: 250 im Jahr 2018, 254 im Jahr 2017 und 351 im Jahr 2016 72 . Nach der Generalstaatsanwaltschaft sind an den meisten Korruptionsfällen Beamte beteiligt, in der Regel Steuer- und Zollbeamte 73 . Die Tatsache, dass es an entschiedenem Handeln bei der Strafverfolgung von Korruptionsfällen, an denen hochrangige Beamte oder ihr direktes Umfeld beteiligt waren, fehlte, wurde ebenfalls im Rahmen des Europäischen Semesters aufgegriffen 74 . Während die Staatsanwaltschaft eine begrenzte Anzahl von Ermittlungen im Zusammenhang mit Korruption gegen Parlamentsmitglieder der Regierungspartei angestrengt hat, wurden in den letzten Jahren hochrangige Regierungsbeamte nicht strafrechtlich verfolgt.

Korruptionspräventionsmaßnahmen in Ungarn konzentrieren sich auf die Integrität in der staatlichen Verwaltung und den Strafverfolgungsbehörden. Nach Ablauf des vorherigen Programms zur Korruptionsbekämpfung im Jahr 2018 verabschiedete 75 die Regierung im Juni 2020 ein neues Programm für die Dauer von zwei Jahren (2020-2022). Die Strategie behält den Schwerpunkt vorheriger strategischer Programme zu Integrität in der öffentlichen Verwaltung bei und umfasst Maßnahmen zur Stärkung der E-Verwaltung und automatisierte Entscheidungsfindung zur Korruptionsprävention. Zudem zielt die Strategie auf die Steigerung der Effizienz von Ermittlungen, die Bewertung von Korruptionsrisiken und des Rechtsrahmens sowie die Festlegung interner Kontrollen bei der öffentlichen Verwaltung und Stärkung der Integritätsmaßnahmen ab. Der Integritätsrahmen verleiht internen Integritätsbeauftragten 76 bei öffentlichen Stellen eine zentrale Rolle. Der strategische Rahmen für die Korruptionsbekämpfung sieht jedoch keine Maßnahmen in anderen für die Korruptionsprävention einschlägigen Bereichen vor, so z. B. Finanzierung politischer Parteien, Offenlegung von Vermögenswerten oder Regulierung von Lobbyismus und dem Drehtüreffekt. Risiken im Zusammenhang mit Klientelismus, Günstlingswirtschaft und Vetternwirtschaft auf der oberen Ebene der öffentlichen Verwaltung oder Risiken, die an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik entstehen, werden ebenfalls nicht berücksichtigt. Nach der Integritätsumfrage 2019 des staatlichen Rechnungshofs wurde der höchste Risikograd für Korruption für Regierungsstellen (50 %), örtliche Verwaltungsbehörden (51 %) und Hochschulbildung (50 %) ausgerechnet. Im Zeitraum 2015-2019 hatte Ungarn mit 43 die größte Anzahl an Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) unter den Mitgliedstaaten, die mit einer Finanzempfehlung abgeschlossen wurde 77 .

Die Überprüfung von Vermögens- und Interessenerklärungen kann im Hinblick auf systematische Kontrollen und eine unabhängige Aufsicht verbessert werden. Ungarn hat ein umfassendes System zur Offenlegung von Vermögenswerten. Danach müssen Parlamentsmitglieder, Regierungsbeamte und Beamte ihre Vermögenswerte und Interessen offenlegen. Vermögens- und Interessenerklärungen der Regierungsmitglieder und hohen Beamten und Parlamentarier sind im Internet abrufbar 78 . Trotzdem erfolgen Überprüfungen nicht systematisch, sondern basieren auf Verdachtsmeldungen. Für die Überprüfung ist der Arbeitgeber des Beamten und für die Erklärungen der Parlamentsmitglieder und hochrangigen Regierungsbeamten der parlamentarische Ausschuss für Immunitätsfragen und Mandatsprüfung zuständig. Ein Verdacht auf unbegründeten gesteigerten Wohlstand kann zu einem Prüfverfahren durch die nationale Steuer- und Zollbehörde führen. Die Steuerbehörde kann jedoch ein solchen Verfahren nur einleiten, wenn die Ermittlungsbehörden auch strafrechtliche Untersuchungen eingeleitet haben, was den Spielraum für unabhängige Überprüfungen einschränkt. Die Frage der wirksamen Überwachung und Durchsetzung von Verhaltensregeln, Offenlegungen von Vermögenswerten und Interessenkonflikten durch Parlamentsmitglieder war Gegenstand von Empfehlungen der GRECO, die noch nicht umgesetzt wurde 79 .

Lobbyismus ist in Ungarn nur teilweise reguliert und es gibt keine Vorschriften zur wirksamen Regulierung des Drehtüreffekts. Das spezielle Gesetz für Lobbyismus von 2010 wurde überarbeitet 80 und schreibt jetzt vor, dass Beamte Kontakte mit Lobbyisten melden müssen. Beamte sind verpflichtet, ihre Vorgesetzten schriftlich darüber zu informieren, wenn bestimmte Treffen mit Lobbyisten ein Risiko für die Integrität der Organisation darstellen. Der Vorgesetze kann das Treffen verbieten oder es von der Anwesenheit eines Dritten abhängig machen. Der anwendbare Erlass regelt jedoch nur bestimmte Aspekte von Treffen zwischen Regierungsbeamten und Lobbyisten. Insbesondere schreibt er weder die verpflichtende Registrierung von Lobbyisten oder eine Verpflichtung zur Offenlegung oder Meldung von Kontakten mit Lobbyisten an eine unabhängige Kontrollstelle vor noch die Anforderung an Beamte, für solche Kontakte eine Genehmigung einzuholen und darüber zu berichten. Die GRECO stellte fest, dass eine Verbesserung der Integritätsstandards, die Einführung eines Verhaltenskodex für Parlamentsmitglieder und die Sicherstellung einer wirksamen Aufsicht und Durchsetzung von Verhaltensregeln und Interessenkonflikten erforderlich sind 81 . In Ungarn fehlt die spezielle Regelung zur Verhinderung des Drehtüreffekts. Obwohl sowohl das Arbeitsgesetzbuch 82 als auch ein besonderes Gesetz 83 für Beamte Vertraulichkeitsklauseln enthalten, schreiben sie keine Karenzzeit vor 84 .

Ungarn hat ein spezielles Gesetz zum Schutz von Whistleblowern. Das Gesetz zum Schutz von Whistleblowern 85 schreibt die Anonymität der Whistleblower vor und erlaubt die elektronische Einreichung von Beschwerden über ein spezielles Meldeportal, das vom Bürgerbeauftragten („Beauftragter für Grundrechte“) (siehe Abschnitt „Sonstige institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung“) betrieben wird. Der Bürgerbeauftragte verfügt jedoch nur über begrenzte Zuständigkeit im Zusammenhang mit Meldungen, die in seinem Büro eingehen. In der Praxis besteht die Hauptaufgabe des Bürgerbeauftragten darin, die Meldungen an die zuständigen Behörden weiterzuleiten. Diese Meldungen werden nicht automatisch an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet und es wird stattdessen zuerst eine Verwaltungsuntersuchung durch den Integritätsbeauftragten der betroffenen Einrichtung durchgeführt. Integritätsbeauftragte unterstehen direkt dem Leiter ihrer Einrichtung. Der Bürgerbeauftragte kann jedoch auf Ersuchen oder von Amts wegen prüfen, ob diese Behörden die Meldungen ordnungsgemäß bearbeitet haben. Die Offenlegungen im öffentlichen Interesse werden von den betroffenen Einrichtungen untersucht und ihre Stellungnahme mit dem Ergebnis der Untersuchung in einem elektronischen Register gespeichert.

Die Finanzierung von Parteien gibt in Ungarn nach wie vor Anlass zur Besorgnis. Die GRECO stellte fest, dass die Register der politischen Parteien zwar transparent sind, es aber an Klarheit bei den Quellen der Einnahmen der Parteien und der Dauer der Wahlkampagnen fehlt. Auch hinsichtlich der staatlichen Subventionen, die die politischen Parteien erhalten, sollte ein Überwachungsmechanismus vorhanden sein 86 .

III.Medienpluralismus

Der Schutz von Medienfreiheit und -pluralismus in Ungarn 87 ist im Grundgesetz 88 und in sektoralen Gesetzen (Mediengesetz 89 und Gesetz über Pressefreiheit 90 ) vorgeschrieben. Das Gesetz über Pressefreiheit schreibt vor, dass die Freiheit der Presse Unabhängigkeit vom Staat und von allen Organisationen und Interessengruppen verkörpert. Das Recht auf Zugang zu öffentlichen Informationen wird vom Grundgesetz anerkannt und findet seinen Niederschlag im Gesetz über die Informationsfreiheit 91 . Das Mediengesetz sieht die Errichtung der nationalen Medien- und Kommunikationsbehörde (im Folgenden „Medienbehörde“) vor, deren Entscheidungsgremium der Medienrat ist 92 .

Obwohl die Medienbehörde über angemessene Ressourcen verfügt, besteht ein Risiko für die Unabhängigkeit und Wirksamkeit des Medienrats. Der Medienrat besteht aus einem Präsidenten 93 und vier vom Parlament gewählten Mitgliedern. Die Benennungsvorschriften sollen einen politischen Konsens bei der Ernennung der Mitglieder des Medienrats begünstigen 94 . Im Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus 2020 (MPM 2020) wird darauf hingewiesen, dass diese Vorschriften in der Praxis die Regierungspartei nicht davon abgehalten haben, alle fünf Mitglieder des Medienrats zu benennen. Laut MPM 2020 ist die Unabhängigkeit und Wirksamkeit des Medienrats mit einem mittleren Risiko (53 %) behaftet.

Das Forum der Chefredakteure in Ungarn (Főszerkesztők Fóruma) ist eine 2012 gegründete branchenspezifische NRO. Sie vereint Redakteure aller großen elektronischen, Print- und Online-Medien in Ungarn auf freiwilliger Basis. Ihre Hauptziele sind insbesondere die Stärkung der Berufsethik in der journalistischen Ausbildung, das Erstellen von Leitlinien, die Förderung der bewährten Verfahren beim ethischen Journalismus und die Erhöhung des Vertrauens in die Medien sowie die Formulierung von Selbstregulierungsverfahren für Medien. Im Jahr 2015 hat das Forum ethische Standards und Werte für den Journalismus festgelegt, insbesondere Unparteilichkeit, Sorgfalt, Vorschriften für die Beschaffung von und den Umgang mit Informationen. Es zielt darauf ab, Qualitätsjournalismus insbesondere mit Preisen für Journalisten zu fördern.

Es besteht ein hohes Risiko für die Vielfalt des Medienmarkts in Ungarn. Kraft eines Regierungserlasses 95 wurde die Fusion von mehr als 470 regierungsnahen Medien zum neugegründeten Medienkonzern KESMA 96 im November 2018 von der Prüfung durch die Wettbewerbsbehörde 97 und der Medienbehörde 98 ausgeschlossen, weil sie zu „einer Fusion von strategischer nationaler Bedeutung“ erklärt wurde und so der Prüfung durch die Behörden entging. Durch Entscheidung vom 25. Juni 2020 wies das Verfassungsgericht einen von einem Viertel der Parlamentsmitglieder gestellten Antrag zur Anfechtung des Regierungserlasses zurück. Das Verfassungsgericht stellte fest, dass es allein und ausschließlich das Vorrecht der Regierung sei, Angelegenheiten „von strategischer nationaler Bedeutung“ zu bestimmen und nichts an der Fusion könne als unbedingt gefährdend für den Medienpluralismus im Land angesehen werden. Ein Ad-hoc-Bericht 99 an das Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit kam zu dem Schluss, dass „die Gründung von KESMA durch die Fusion von mehr als 470 … verschiedenen Medien die Gesamtrisiken [für den Medienpluralismus in Ungarn] erhöhen wird“ über mehrere vom Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus analysierte Hauptindikatoren, insbesondere Arbeitsbedingungen für Journalisten, horizontale und medienübergreifende Eigentumskonzentration und die Zuweisung von staatlicher Werbung. Insbesondere stellte der Bericht nach der Analyse dieser Entwicklungen unter dem Aspekt der Unabhängigkeit der Medienbehörde von politischen und/oder wirtschaftlichen Einflüssen und der Befugnis der Regierung, sich über die Medienbehörde hinwegzusetzen, fest, dass „der vollständige Ausschluss der Prüfung durch die ungarische Medienbehörde eines bedeutenden Betriebs wie KESMA … ein weiteres Risikoelement“ für den Medienpluralismus in Ungarn bedeute. Ernsthafte Bedenken wurden von ungarischen und europäischen Medienfreiheitsorganisationen 100 und der Zivilgesellschaft geäußert, nachdem der Chefredakteur der meistgelesenen unabhängigen Nachrichtenmedienseite Index.hu am 22. Juli 2020 entlassen wurde, was die Kündigung fast aller Journalisten 101 dieser Seite nach sich zog. Die Bedenken umfassten auch die Tatsache, dass Index.hu dem Muster der wirtschaftlichen Übernahmen der restlichen unabhängigen Nachrichtenmedien durch regierungsnahe Geschäftsleute folgen könnte, wie dies bei der Nachrichtenmedienseite Origo der Fall war.

Die Transparenz von Medieneigentum ist in den sektorspezifischen Gesetzen nicht reguliert. Anbieter von linearen Mediendiensten müssen die Medienbehörde über ihr direktes oder indirektes Eigentum (oder das ihrer Muttergesellschaft) an Mediendienstanbietern informieren 102 . Das Mediengesetz enthält detaillierte Vorschriften zur Prävention einer Medienmarktkonzentration. Der MPM 2020 sieht jedoch die Lage hinsichtlich der Transparenz von Medieneigentum als mit hohem Risiko behaftet (75 %).

Staatliche Werbung ermöglicht es der Regierung, indirekt politischen Einfluss auf die Medien zu nehmen. Nach dem Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus und wie von Interessenträgern 103 vorgebracht, besteht das höchste Risiko für die Medienfreiheit und den Medienpluralismus in Ungarn im Bereich der politischen Unabhängigkeit (82 %). Laut Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus sind direkte politische Einflussnahme und Kontrolle zwar nicht weitverbreitet, doch sei allgemein bekannt, dass indirekt Einfluss auf die Medien genommen wird. Der oben erwähnte KESMA-Konzern wird als Höhepunkt dieses Prozesses hinsichtlich regierungsnaher Medien angesehen. Dies wurde durch einen Mangel an Gesetzen und Transparenz bei der Verteilung von staatlicher Werbung verschlimmert, wodurch der MPM 2020 diesen Indikator mit dem höchstmöglichen Risikograd bewertete (97 %). Der MPM 2020 unterstreicht die Tatsache, dass im Jahr 2019 der Anteil der staatlichen Werbung, die an regierungsfreundliche Printmedien vergeben wurde, bei 75 %, auf dem Fernsehmarkt bei 95 %, auf dem Online-Nachrichtenmarkt bei 90 % und auf dem Hörfunkmarkt bei 90 % lag.

Der Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen wird behindert. Diesen Bereich stuft der MPM 2020 mit „niedriges Risiko“ ein und betont, dass, während die anwendbaren Gesetze eindeutig sind und Gerichte 104 dazu tendieren, Journalisten und der Öffentlichkeit Zugang zu gewähren, Gerichtsurteile, die Entscheidung öffentlicher Stellen aufheben, in der Praxis häufig nicht vollstreckbar sind 105 . Im Jahr 2016 empfahl der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechtsverteidiger, Ungarn solle die Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit Informationsfreiheit und Datenschutz prüfen, um freien und ungehinderten Zugang zu Informationen von allgemeinem Interesse garantieren zu können 106 . Dieses Thema wurde auch in einer länderspezifischen Empfehlung im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 aufgegriffen 107 . Das Gesetz über Informationsfreiheit sieht vor, dass jedes „Organ, das öffentliche Aufgaben erfüllt“, Zugang zu Daten von allgemeinem Interesse, die sich in seinem Besitz befinden, gewähren muss, vorbehaltlich der im Gesetz genannten Ausnahmefälle 108 . Während das Gesetz über Informationsfreiheit relativ stabil ist, wurden Änderungen anderer sektoraler Gesetze Stück für Stück weiter umgesetzt und griffen so das allgemeine Rahmenwerk an Transparenz und Zugang zu Informationen an 109 . Im Jahr 2013 änderte 110 Ungarn das Gesetz über Informationsfreiheit, um „missbräuchliche“ Auskunftsersuchen zu verhindern. Im Jahr 2016 verabschiedete die Regierung einen Erlass 111 , mit dem öffentliche Einrichtungen ermächtigt werden, den Ersatz von Kosten zu verlangen, die durch das Ersuchen auf Zugang zu öffentlichen Informationen verursacht werden, sollte die Antwort der öffentlichen Stelle auf das Ersuchen zusätzliche Arbeit erfordern. Hinsichtlich des direkten Zugangs von Journalisten zu öffentlichen Veranstaltungen berichtet der MPM 2020, dass es immer häufiger vorkommt, dass Journalisten der Zugang zu bestimmten öffentlichen Veranstaltungen verweigert wird.

Unabhängige Medienunternehmen werden systematisch behindert und eingeschüchtert. Mérték Media Monitor berichtete, dass regierungsnahe Medien etwa 80 % der Erträge des Nachrichtenmedienmarktes und der Berichterstattung über politischen Inhalten kontrollieren 112 . Der kleine Marktanteil der unabhängigen Medien ist zudem von einer systematischen Behinderung und Einschüchterung unabhängiger Journalisten und Medienunternehmen gekennzeichnet. Nachforschungen der ungarischen Bürgerrechtsvereinigung („TASZ“) im Jahr 2019 und während der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 deuten auf eine „systematische Behinderung der Arbeit unabhängiger Medien“ hin, insbesondere durch Ignorieren von Presseanfragen, Beschränkung des Zutritts von Journalisten und Diskreditieren, Stigmatisierung und Einschüchterung von Quellen 113 . Es gab keine Berichte über körperliche Angriffe auf Journalisten oder andere Medienschaffende. In Ungarn gehört eine Freiheitsstrafe zu den vorgesehenen Strafen für Verleumdung 114 . Im Jahr 2019 veröffentlichte die Plattform des Europarates für den Schutz des Journalismus und für die Förderung der Sicherheit von Journalisten zwei Warnmeldungen für Ungarn über die Beschränkung der Tätigkeiten von Journalisten im Parlament 115 und eine Schmierkampagne gegen zwei Reporter der Index.hu in regierungsnahen Medien, Rechtsaußenmedien und durch Plakate in Budapest, die weitgehend als antisemitisch eingestuft wurden. Im selben Jahr veröffentlichte eine regierungsnahe Wochenzeitschrift eine Liste von über 200 Personen, darunter mehrere Journalisten, die als „Söldner“ von George Soros bezeichnet wurden. Im Jahr 2020 veröffentlichte die Plattform vier Warnmeldungen über das Verbot der Veröffentlichung des Wirtschaftsmagazins Forbes Ungarn 116 , über Weisungen der Regierung an ungarische staatliche Medien, eine Genehmigung einzuholen, bevor über bestimmte Themen geschrieben wird, über eine Kampagne mit rechtlichen und anderen Bedrohungen und Einschüchterung des Comiczeichners Gábor Pápai, nach der Veröffentlichung eines angeblich gotteslästerlichen Cartoons und über den Gesetzesentwurf (der am 30. März 2020 zum Gesetz wurde 117 ), mit dem die Straftat der Verbreitung von „Falschinformationen“ über COVID-19 eingeführt und mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren belegt wurde 118 . Ungarn hat zu mehreren dieser Warnmeldungen detailliert Stellung genommen. Zur Strafbarkeit von Angabe und Verbreitung von Falschinformationen über die Pandemie führte die Europäische Kommission an, dass dies zu Bedenken hinsichtlich der Rechtssicherheit führt und eine abschreckende Wirkung auf die Meinungsfreiheit haben könnte 119 .

IV.Sonstige institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung

Ungarn ist eine parlamentarische Republik mit einem Einkammerparlament (Nationalversammlung). Das Parlament verabschiedet und ändert 120 unter anderem das ungarische Grundgesetz, erlässt Gesetze 121 , wählt den Premierminister und wählt – mit einer Zweidrittelmehrheit – die wichtigsten Beamten 122 des Landes. Der Präsident der Republik wird vom Parlament gewählt. Eine Reihe von Einrichtungen hat die Aufgabe, die Befugnisse der Legislative und der Exekutive auszugleichen, dazu gehören das Verfassungsgericht, der staatliche Rechnungshof und der Bürgerbeauftragte („Beauftragter für Grundrechte“). Nicht nur die Regierung, der Präsident der Republik und jeder Parlamentsausschuss sind berechtigt, Gesetzesentwürfe einzureichen, sondern auch jedes Parlamentsmitglied 123 .

Der Einsatz öffentlicher Konsultationen und Folgenabschätzungen hat nachgelassen. Das ungarische Recht sieht vor, dass öffentliche Konsultationen sowie Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzungen eingesetzt werden müssen 124 . In der Praxis erfolgen Konsultationen und Folgenabschätzungen eher formell oder symbolisch 125 . Im Rahmen des Europäischen Semesters wurden Bedenken im Zusammenhang mit der Beteiligung der Sozialpartner und der Qualität und Vorhersehbarkeit der Politikgestaltung geäußert 126 . Konsultationen und Folgenabschätzungen wurden immer wieder durch die Anwendung besonderer Gesetzgebungsverfahren, etwa durch Eilverfahren oder Gesetzesentwürfe einzelner Kabinettsmitglieder, umgangen, da Konsultationen und Folgenabschätzungen nur auf von der Regierung vorgelegte Gesetzesentwürfe Anwendung finden 127 .

Am 11. März 2020 wurde von der Regierung 128 als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie die „Gefahrenlage“ 129 erklärt. Die Dauer der „Gefahrenlage“ war nicht vorab festgelegt, und es lag im Ermessen der Regierung, sie aufrechtzuerhalten oder zu beenden 130 . Am 30. März 2020 verabschiedete das Parlament ein neues Gesetz 131 , das es der Regierung erlaubte, Gesetze per Erlass außer Kraft zu setzen. Die gewährten Notstandsbefugnisse schienen angesichts der Kombination aus weitgefassten Befugnissen und dem Fehlen einer eindeutigen zeitlichen Begrenzung weitreichend zu sein. Bestimmte, im Rahmen dieser Befugnisse ergriffene Sofortmaßnahmen warfen Fragen hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit auf und beeinträchtigten Geschäftstätigkeiten sowie die Stabilität des Regelungsumfelds 132 . Dieses Thema wurde auch in einer länderspezifischen Empfehlung im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 133 aufgegriffen, in der der Rat empfahl, dass Ungarn „sicherstellt, dass jegliche Sofortmaßnahmen streng verhältnismäßig, zeitlich begrenzt und im Einklang mit europäischen und internationalen Standards sind und die Geschäftstätigkeiten und die Stabilität des Regelungsumfelds nicht beeinträchtigten“. Am 18. Juni 2020 erklärte die ungarische Regierung die „Gefahrenlage“ 134 für beendet und rief bis zum 18. Dezember 2020 den „Gesundheitsnotstand“ aus 135 . Die Anwendbarkeit einiger der Sofortmaßnahmen wurde über die „Gefahrenlage“ hinaus verlängert 136 . Einige Sofortmaßnahmen wurden vor dem Verfassungsgericht angefochten 137 . Im Juli 2020 wies das Verfassungsgericht einen Antrag auf Prüfung einer während der „Gefahrenlage“ verabschiedeten Sofortmaßnahme 138 zurück 139 und begründete dies mit seiner fehlenden Zuständigkeit für Steuer- und Budgetsachen 140 .

Zum Verfahren der Verfassungsbeschwerde wurden durch das „Omnibus“-Gesetz im Dezember 2019 neue Vorschriften eingeführt. Infolge dieser Gesetzesreform sind Verwaltungsbehörden berechtigt, eine bereits rechtskräftige Gerichtsentscheidung vor dem Verfassungsgericht anzufechten, wenn diese ihre Rechte verletzt und ihre Befugnisse nach dem Grundgesetz einschränkt 141 . Eine solche Verfahrensregelung wirft Fragen hinsichtlich des Grundsatzes der Rechtssicherheit auf 142 .

Während der Beauftragte für Grundrechte mit „A-Status“ bewertet wurde, wurde seine Reakkreditierung verschoben. Im Oktober 2019 war der UN-Unterausschuss für Akkreditierung („SCA“) der Auffassung, dass die Informationen zu den ergriffenen Maßnahmen als Reaktion auf eine Reihe von Empfehlungen und geäußerten Bedenken unzureichend waren 143 . Der SCA vertrat die Auffassung, dass das Auswahlverfahren 144 nicht ausreichend weitreichend und transparent ist 145 , und dass die vom Beauftragten vorgelegten Informationen keine angemessenen Bemühungen nachweisen, alle Menschenrechtsfragen zu berücksichtigen, außerdem waren seine Äußerungen nicht dazu geeignet, alle Menschenrechte zu fördern und zu schützen. Dies wurde insbesondere hinsichtlich des Standpunkts des Beauftragten über das „Gesetz über vom Ausland finanzierte Organisationen“ angesprochen (siehe unten). Der SCA empfahl auch, sich für angemessene Finanzierung stark zu machen. Ab Mai 2020 sieht ein neues Gesetz über den Status und die Vergütung der Beschäftigten 146 des Beauftragten eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich 30 % vor. Zudem übernahm der Beauftragte 2020 die Zuständigkeiten der unabhängigen Polizeibeschwerdestelle 147 . Bedenken wurden geäußert hinsichtlich der Unabhängigkeit einer Reihe von Einrichtungen und ihrer Fähigkeit, als Gegengewicht zu den Befugnissen der Regierung fungieren zu können 148 .

Die Zivilgesellschaft bleibt unter Druck, vor allem wenn sie gegenüber der Regierung eine kritische Haltung einnimmt. Im Juni 2020 stellte der Gerichtshof fest, dass das im Juni 2017 verabschiedete ungarische Gesetz 149 über die Transparenz von mit ausländischen Mitteln finanzierten zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht mit dem freien Kapitalverkehr und dem Recht auf Vereinigungsfreiheit sowie den Rechten auf den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, wie sie in der Charta der Grundrechte verankert sind, vereinbar sind 150 . Legislative Maßnahmen, die zum Vollzug des Urteils des Gerichtshofs erforderlich sind, werden vorbereitet. Im November 2019 verwies die Kommission Ungarn zum Gerichtshof 151 im Zusammenhang mit einem Gesetzespaket 152 (von der Regierung als „Stop Soros“ bezeichnet), das die Organisation eines Hilfsangebots für Menschen, die Asyl beantragen möchten, von einer Person im Namen von nationalen, internationalen oder Nichtregierungsorganisationen unter Strafe stellte. Im Juni 2018 veröffentlichten die Venedig-Kommission und die OSZE/der BDIMR eine gemeinsame Stellungnahme und zogen den Schluss, dass die geprüften Bestimmungen gegen das Recht der Vereinigungsfreiheit und der Meinungsfreiheit verstoßen und ersetzt werden müssen 153 . Ein weiteres Gesetz, durch das eine spezielle Einwanderungssteuer von 25 % für finanzielle Unterstützung an Organisationen, deren „Tätigkeiten die Zuwanderung ermöglichen“ einführt, wurde von der Venedig-Kommission und der OSZE/dem BDIMR kritisiert 154 . Zudem verhindert die von der Regierung und regierungsnahen Medien verwendete feindselige Rhetorik eine konstruktive Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen. Der zivilgesellschaftliche Raum in Ungarn wird mit „beschränkt“ bewertet 155 . Es ist wichtig, dass der anwendbare Rechtsrahmen und das politische und öffentliche Umfeld die Empfehlungen des Europarates im Zusammenhang mit dem Schutz und der Förderung zivilgesellschaftlichen Raums berücksichtigen 156 .



Anhang I: Liste der Quellen in alphabetischer Reihenfolge*

* Die Liste der Beiträge, die im Rahmen der Konsultation zum Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020 eingegangen sind, ist abrufbar unter (Website der Kommission).

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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 10. März 2015, Varga und andere/Ungarn, Beschwerden Nr. 14097/12, 45135/12, 73712/12, 34001/13, 44055/13, und 64586/13.

Europäischer Journalistenverband (2020), Hungary media freedom crackdown: our letter to EU leaders. https://europeanjournalists.org/blog/2020/07/28/hungary-media-freedom-crackdown-our-letter-to-eu-leaders/ .

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Europäisches Netz der Räte für das Justizwesen (ENCJ) und Rat der Anwaltschaften der Europäischen Union (CCBE) (2019): Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht der Justiz – ENCJ/CCBE Umfrage unter Rechtsanwälten über die Unabhängigkeit von Richtern, 2018-2019. https://pgwrk-websitemedia.s3.eu-west-1.amazonaws.com/production/pwk-web-encj2017-p/Reports/ENCJ%20Survey%20on%20Independence%20Accountability%20of%20the%20Judiciary%20among%20lawyers%20%202019.pdf .

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Europarat: Venedig-Kommission und Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/BDIMR) (2018), Ungarn – Joint Opinion on the Provisions of the so-called “Stop Soros” draft Legislative Package which directly affect NGOs (in particular Draft Article 353A of the Criminal Code on Facilitating Illegal Migration), CDL-AD(2018)013.

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Virtueller Länderbesuch in Ungarn im Zusammenhang mit dem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020.

Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2019), Assessing certain recent developments in the Hungarian media market through the prism of the Media Pluralism Monitor. https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/79196553-5c39-11ea-8b81-01aa75ed71a1 .

Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2019), Decriminalisation of Defamation. https://cmpf.eui.eu/wp-content/uploads/2019/01/decriminalisation-of-defamation_Infographic.pdf .

Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2020), Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus 2020. https://cmpf.eui.eu/media-pluralism-monitor/mpm-2020 .



Anhang II: Länderbesuch in Ungarn

Die Kommissionsdienststellen hielten im Juni 2020 virtuelle Treffen ab mit den folgenden Stellen:

·Amnesty International Ungarn

·Büro des Beauftragten für Grundrechte

·Büro des Verfassungsgerichts

·Corruption Research Center Budapest

·Eötvös Károly Közpolitikai Intézet

·Forum der Chefredakteure (Főszerkesztők Fóruma)

·Gesetzgebungsausschuss der Nationalversammlung

·Innenministerium

·Justizministerium

·K-Monitor

·Kuria

·Landesgerichtsamt

·Landesrichterrat

·Mérték Media Monitor

·Nationale Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit

·Nationalen Medien- und Kommunikationsbehörde

·Staatlicher Rechnungshof

·Staatsanwaltschaft Ungarn

·Transparency International Ungarn

·Ungarische Anwaltskammer

·Ungarische Bürgerrechtsvereinigung

·Ungarisches Helsinki-Komitee

* Die Kommission traf zudem die folgenden Organisationen in einer Reihe horizontaler Sitzungen:

·Amnesty International

·Civil Liberties Union for Europe

·Civil Society Europe

·EuroCommerce

·Europäisches Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (European Centre for Press and Media Freedom, ECPMF)

·Europäisches Zivilforum

·European Center for Not-for-Profit Law

·Free Press Unlimited

·Front Line Defenders

·ILGA-Europa

·Internationale Föderation für Menschenrechte (Fédération internationale pour les droits humains, FIDH)

·Internationale Juristen-Kommission (International Commission of Jurists, ICJ)

·Internationales Presseinstitut

·Konferenz Europäischer Kirchen

·Lifelong Learning Platform

·Open Society Justice Initiative/Open Society European Policy Institute

·Reporter ohne Grenzen

·Transparency International EU

(1)      Der Präsident des Landesgerichtsamts wird vom Präsidenten der Republik aus den Reihen der Richter mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung als Richter vorgeschlagen und vom Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit für einen Zeitraum von neun Jahren ohne die Möglichkeit einer Wiederwahl gewählt (siehe Ungarns Beitrag zum jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit).
(2)      Der Landesrichterrat besteht von Amts wegen aus dem Präsidenten der Kuria sowie aus 14 Mitgliedern, die Richter sind (und 14 Ersatzmitglieder), die von ihresgleichen für einen Zeitraum von sechs Jahren gewählt werden (siehe Ungarns Beitrag zum jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit).
(3)      Im Gesetzgebungsverfahren vertritt der Präsident des Landesgerichtsamts die Judikative.
(4)      Bewerbungen von Richtern werden auf der Grundlage eines Punktesystems bewertet, das auf der Grundlage des Gesetzes CLXII von 2011 per Erlass 7/2011 des Justizministers vom 4. März 2011 eingeführt wurde. Darin werden erschöpfend die Kriterien aufgeführt, die bei der Beurteilung der Bewerber berücksichtigt werden müssen. Der Justizminister legt die Anzahl von Punkten fest, die für diese Kriterien vergeben werden. Es werden Punkte für ein Bewerbungsgespräch und bestimmte Elemente der Bewerbung vergeben. Die örtlichen Richterräte (zusammengesetzt aus von ihresgleichen gewählten Richtern) führen mit den Bewerbern Bewerbungsgespräche und beurteilen sie anhand des Punktesystems. Nach Änderung des Erlasses, über die der Landesrichterrat nicht gehört wurde und die am 1. November 2017 in Kraft trat, wurde der Einfluss der örtlichen Richterräte reduziert, indem die Anzahl der von ihnen vergebenen Punkte verringert wurde.
(5)      Präsidenten und bestimmte andere Leiter von Landgerichten und Tafelgerichten werden vom Präsidenten des Landesgerichtsamts nach einem Ranking auf der Grundlage einer geheimen Abstimmung im Plenum durch das betroffene Gericht ernannt (das Punktesystem findet keine Anwendung). Der Präsident des Landesgerichtsamts kann von dem Ranking abweichen, aber für die Ernennung eines Kandidaten, der nicht die Mehrheit der Stimmen im Plenum erhalten hat, ist die vorherige Zustimmung des Landesrichterrats erforderlich.
(6)      Der Landesrichterrat bestimmt das Budget und einigt sich darüber mit dem Präsidenten des Landesgerichtsamts. Das Budget des Landesrichterrats wird im Rahmen des Budgets des Landesgerichtsamts separat festgelegt. Obwohl der Landesrichterrat sein eigenes Budget hat, hat er keine Rechtspersönlichkeit, keine unabhängige Kontrolle über seine Finanzen, nicht genügend Personal (nur einen Bediensteten) und kann keine Entscheidung in Bezug auf die Einstellung zusätzlichen Personals treffen (Beitrag des Europäischen Netzes der Räte für das Justizwesen zum jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit).
(7)      Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2019, SWD(2019) 1016 final, S. 42
(8)      Entschließungen 59/2018. (V.02.) OBT und 60/2018. (V.02.) OBT.
(9)      Entschließung 34/2019. (V.08.) OBT. Englische Übersetzung abrufbar unter https://orszagosbiroitanacs.hu/?mdocs-file=1150.
(10)      GRECO (2019), Ungarn: Ungenügende Fortschritte und mangelnde Transparenz behindern Kampf gegen Korruption; Bericht der Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatović (2019) nach ihrem Besuch in Ungarn vom 4. bis 8. Februar 2019.
(11)      Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2019, SWD(2019) 1016 final, S. 41-42.
(12)      Z. B. die Europäische Vereinigung der Richter (EVR) (2019), Bericht über die Informationsreise der EVR nach Ungarn.
(13)      Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2019. Dieses Problem wurde auch in Erwägungsgrund 27 der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020 aufgegriffen.
(14)      EU-Justizbarometer 2020, Schaubild 44. Das Niveau an wahrgenommener Unabhängigkeit der Justiz wird wie folgt eingestuft: sehr niedrig (unter 30 % der Befragten nehmen die Unabhängigkeit der Justiz als ziemlich gut und sehr gut wahr), niedrig (zwischen 30 und 39 %), durchschnittlich (zwischen 40 und 59 %), hoch (zwischen 60 und 75 %), sehr hoch (über 75 %).
(15)      EU-Justizbarometer 2020, Schaubilder 46 und 48. Die Hauptgründe für die im Kreise der Unternehmen wahrgenommene mangelnde Unabhängigkeit nach Eurobarometer: der Status und die Stellung der Richter sind keine ausreichende Garantie für ihre Unabhängigkeit (17 %), Einmischung oder Druck von wirtschaftlichen oder anderen speziellen Interessen (18 %), Einmischung oder Druck von der Regierung oder Politikern (19 %) (EU-Justizbarometer 2020, Schaubild 47).
(16)      Eurobarometer-Daten (Schaubilder 44 und 46 EU-Justizbarometer 2020); Nach dem Weltwirtschaftsforum hat sich dieser Trend bei Unternehmen fortgesetzt (EU-Justizbarometer 2020, Schaubild 48). Nach einer neuen Umfrage in 19 EU-Mitgliedstaaten ist die allgemeine Wahrnehmung der Unabhängigkeit von Richtern durch Rechtsanwälte sehr niedrig (5,2/10). (Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht der Justiz – ENCJ/CCBE (2020) Umfrage unter Rechtsanwälten über die Unabhängigkeit von Richtern, 2018-2019, Schaubilder 7, 9, 15, 16, 17).
(17)      Bt.III.838/2019/11. §§ 667 bis 669 des Gesetzes XC von 2017 über die Strafprozessordnung ermöglichen es der Kuria, bei Strafsachen die Rechtmäßigkeit einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung zu prüfen, einschließlich Entscheidungen, die die Vorlage von Fragen für eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes anordnen.
(18)      Rechtssache C-564/19– IS, anhängig.
(19)      Nach dem Gesetz CLXII von 2011 ist der Gerichtspräsident oder die Ernennungsbehörde berechtigt, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu beantragen. Der Präsident des Landesgerichtsamts kann die Einleitung eines Disziplinarverfahrens nur gegen von ihm selbst ernannte Gerichtsleiter und gegen vom Landesgerichtsamt ernannte Richter beantragen. Das entsprechende Disziplinargremium des Dienstgerichts (szolgálati bíróság) entscheidet, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet, die Einleitung eines Disziplinarverfahrens abgelehnt oder eine Voruntersuchung eingeleitet wird. Der Präsident und die Mitglieder des Dienstgerichts werden vom Landesrichterrat ernannt. Die Geschäftsordnung des Dienstgerichts umfasst die Zusammensetzung der zuständigen Gremien und die Vorschriften für die Zuordnung von Rechtssachen. Die vom Dienstgericht erlassene Geschäftsordnung wird vom Landesrichterrat genehmigt und veröffentlicht. Gegen einen Richter, der ein gewähltes Mitglied des Landesrichterrats ist, kann mit Genehmigung des Landesrichterrats ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden (siehe Ungarns Beitrag zum jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit).
(20)      Diese Wirkung könnte durch die Tatsache verstärkt werden, dass ab 1. April 2020 Gerichte niedrigerer Instanzen gesetzlich verpflichtet sind zu begründen, warum sie der von der Kuria in ihren veröffentlichten Entscheidungen vorgegebenen Auslegung von Rechtsvorschriften nicht gefolgt sind. Solche Abweichungen sind ein Grund für einen außerordentlichen Rechtsbehelf vor der Kuria. Siehe z. B. § 561 Absatz 3 Buchstabe g, § 648 Absatz d, § 649 Absatz 6, § 652 Absatz 1 des Gesetzes XC von 2017 zur Strafprozessordnung.
(21)      Eine unter Richtern im Jahr 2019 durchgeführte Umfrage ergab, dass 40 % der Richter Respektlosigkeit gegenüber ihrer Unabhängigkeit vonseiten der Regierung und der Medien erfahren haben. Europäisches Netz der Räte für das Justizwesen, Beitrag zur Online-Konsultation der Interessenträger für den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020. Die Umfrage umfasste 21 EU-Mitgliedstaaten. (Das Europäische Netz der Räte für das Justizwesen, Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht der Justiz – ENCJ (2020) Umfrage über die Unabhängigkeit von Richtern 2019, Schaubilder 43 und 45.)
(22)      Durch das Gesetz LXXXVII von 2020, das vom ungarischen Parlament am 3. Juli 2020 verabschiedet wurde, wurde das Gesetz CXC von 2011 zum nationalen öffentlichen Bildungswesen geändert, sodass im Falle der Ausgrenzung in der Schule die Gerichte Entschädigung für ideelle Schäden ausschließlich in Form von Bildungs- oder Schulungsleistungen gewähren können, wodurch die Möglichkeit der Gewährung von Schadensersatz ausgeschlossen wurde.
(23)      Als Folgemaßnahme zum Piloturteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 10. März 2015, Varga u. a./Ungarn.
(24)      Bei der „nationalen Konsultation“ handelt es sich um ein Werkzeug, bei dem Schreiben „im Namen der Regierung von Ungarn“ direkt an jeden ungarischen Haushalt geschickt wurden, gemeinsam mit Fragebögen, auf denen die Bürger Antworten zu von der ungarischen Regierung formulierten Fragenkomplexen geben konnten, unterstützt von einer landesweiten Werbe- und Medienkampagne.
(25)      Stellungnahme des Präsidiums der ungarischen Anwaltskammer (21. Januar 2020).
(26)      Stellungnahme der ungarischen Richtervereinigung („MABIE“) (10. März 2020).
(27)      Z. B. Stellungnahme des Eötvös Károly Policy Institute (21. Februar 2020).
(28)      Beschwerde Nr. 20261/12. Die Rechtssache betraf die vorzeitige Abberufung des vorherigen Präsidenten der Kuria aufgrund seiner Ansichten und seiner Kritik an einer geplanten großangelegten Reform des Justizsystems. Die Große Kammer stellte fest, dass „die vorzeitige Beendigung des Mandats des Beschwerdeführers zudem ohne Zweifel eine abschreckende Wirkung hatte, indem sie nicht nur ihn, sondern auch andere Richter und Gerichtspräsidenten entmutigen musste, sich in Zukunft an öffentlichen Debatten über Gesetzesreformen, die sich auf die Gerichtsbarkeit auswirken, und allgemeiner über Fragen betreffend die Unabhängigkeit der Justiz zu beteiligen“ (Rn. 173).
(29)      Entscheidung CM/Del/Dec(2019)1355/H46-11 vom 25. September 2019 des Ministerkomitees des Europarats. Nach Aussage der ungarischen Regierung wurden der Regierung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte keine weiteren Rechtssachen gemeldet, bei denen die Beschwerdeführer Behauptungen hinsichtlich ihrer Meinungsfreiheit im Rahmen ihrer Unabhängigkeit als Richter vorgebracht hätten.
(30)      Siehe § 76 Absatz 4 Buchstabe a des Gesetzes CLXI von 2011. Gegenwärtig gibt es 113 Posten (siehe Beschluss 41.SZ/2020. (III.24.) OBHE); 82 Posten werden von Richtern der Kuria besetzt, drei von Richtern, die zur Kuria abgestellt wurden. Richter an der Kuria werden Abteilungen (kollégium) zugewiesen: strafrechtliche Abteilung (17 Richter), verwaltungsrechtliche Abteilung (25 Richter) und zivilrechtliche Abteilung (40 Richter). Die Anzahl der den verschiedenen Abteilungen zugewiesenen Richter ist nicht festgelegt. Aufgrund der Pensionierung von Richtern wird es 2020 drei freie Posten in der zivilrechtlichen Abteilung und fünf in der strafrechtlichen Abteilung geben; 2021 wird es einen freien Posten in der zivilrechtlichen Abteilung, zwei in der strafrechtlichen Abteilung und zwei in der verwaltungsrechtlichen Abteilung geben.
(31)      Das Ranking basiert auf einem Punktesystem. Der Präsident der Kuria kann einen Kandidaten, der laut Ranking auf dem zweiten oder dritten Platz geführt wird, nur mit der vorherigen Zustimmung des Landesrichterrats ernennen.
(32)      Gesetz CXXVII von 2019 über die Änderung bestimmter Gesetze in Verbindung mit dem einzelinstanzlichen Verwaltungsverfahren der Bezirksämter.
(33)      Sie müssen die allgemeinen Zulassungskriterien hinsichtlich Staatsangehörigkeit, Geschäftsfähigkeit, Abschluss in Rechtswissenschaften, Zulassungsprüfung, mindestens ein Jahr Berufserfahrung, Eignungsprüfung, Vorstrafenfreiheit und Offenlegung von Vermögenswerten erfüllen (§ 4 des Gesetzes CLXII von 2011). Durch Entscheidungen vom 26. Juni 2020 (veröffentlicht am 3. Juli 2020) ernannte der Präsident der Republik auf ihr Ersuchen hin acht Mitglieder des Verfassungsgerichts zu Richtern.
(34)      Wenn verfassungsrechtliche oder andere Rechtsvorschriften vorschreiben, dass das Staatsoberhaupt, die Regierung oder die Legislative Entscheidungen zur Auswahl und Laufbahn von Richtern zu treffen haben, sollte nach der Empfehlung des Europarats eine unabhängige zuständige Behörde, die zu einem wesentlichen Teil aus Vertretern des Justizwesens besteht, zur Abgabe von Empfehlungen oder Stellungnahmen berechtigt sein, die für die betreffende Ernennungsbehörde in der Praxis ausschlaggebend sein sollten (Ministerkomitee des Europarats, Empfehlung CM/Rec(2010)12, Rn. 47). Siehe auch Gerichtshof, Rechtssache C-585/18, C-624/18 und C-625/18, A.K., Rn. 134.
(35)      Eine Aufforderung zur Bewerbung gibt es nicht. Der Präsident der Republik schlägt einen Kandidaten vor. Der Landesrichterrat gibt nach einem persönlichen Bewerbungsgespräch eine unverbindliche Stellungnahme ab. Das Parlament stimmt mit einer Zweidrittelmehrheit ab. Der nächste Präsident soll 2020 nach den neuen Vorschriften gewählt werden. Der Präsident der Kuria kann ohne Einbeziehung der Justiz durch das Parlament auf Vorschlag des Präsidenten der Republik von seinem Amt abberufen werden, ohne dass die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung besteht (§§ 74, 115 und § 116 Absatz 1 des Gesetzes CLXI von 2011).
(36)      § 1 des Gesetzes XXIV von 2019.
(37)      Ein Justizoberrat („főtanácsadó“ auf Ungarisch, „référendaire“ auf Französisch) ist ein beim Verfassungsgericht beschäftigter Beamter, der dem Büro eines Mitglieds des Verfassungsgerichts zugeteilt ist und dessen Aufgabe es ist, Entwürfe von Entscheidungen abzufassen.
(38)      Im Dezember 2018 verabschiedete das ungarische Parlament – im Rahmen der Umsetzung der siebten Änderung des Grundgesetzes (28. Juni 2018) – zwei Gesetze (Gesetze CXXX und CXXXI von 2018), durch die ein Verwaltungsgerichtssystem errichtet wurde. Zahlreiche Akteure, einschließlich der Venedig-Kommission (Stellungnahme CDL-AD(2019)004) und der Menschenrechtskommissarin des Europarats (2018), die Menschenrechtskommissarin fordert Ungarns Präsident auf, das Gesetzgebungspaket zu Verwaltungsgerichten an das Parlament zurückzuverweisen (Stellungnahme vom 14. Dezember 2018), äußerten Bedenken hinsichtlich ihrer Konformität mit der Anforderung der Unabhängigkeit der Justiz. Die geplante Reform wurde zuerst einer Feinabstimmung unterzogen (Gesetz XXIV von 2019, verabschiedet am 1. April 2019), dann ausgesetzt (Gesetz LXI von 2019, verabschiedet am 2. Juli 2019). Gesetz CXXX von 2018 über Verwaltungsgerichte ist nicht in Kraft getreten, wurde aber auch nicht aufgehoben. Am 12. Dezember 2019 hob die achte Änderung des Grundgesetzes Bestimmungen über die Errichtung eines getrennten Verwaltungsgerichtssystems auf.
(39)      Europarat (2018), Europäische Justizsysteme - Effizienz und Qualität der Justiz, Tabelle 3.20.
(40)      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt die Vergütung von Justizangehörigen in einer Höhe, die der Bedeutung der Positionen, die sie innehaben, entspricht, eine Garantie dar, die für die Unabhängigkeit der Justiz unerlässlich ist (siehe insbesondere Urteil des Gerichtshofs vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C-64/16, Rn. 27 und Urteil des Gerichtshofs vom 7. Februar 2019, Carlos Escribano Vindel, C-49/18, Rn. 66.
(41)      Z. B. Beiträge zum jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit von Amnesty International Ungarn, der ungarischen Bürgerrechtsvereinigung und dem ungarischen Helsinki-Komitee.
(42)

     Neben Grundgehalt und Zulagen können Richter Prämien und Boni erhalten. Der Präsident des Landesgerichtsamts und die von ihm ernannten Präsidenten der Landgerichte haben einen weiten Ermessensspielraum dafür, Richtern zusätzliche Aufgaben zuzuweisen, für die verschiedene Prämien gewährt werden (Artikel 10 des Anhangs 2 der Richtlinie 5/2013 (VI.25.) OBH). Die Prämienregelung kann das Einkommen bestimmter Richter beträchtlich erhöhen, wenn diese Prämien für verschiedene Aufgaben erhalten. Zudem legt der Präsident des Landesgerichtsamts die Durchschnittsquote normativer Boni („normatív jutalom“) fest, die aus ungenutzten Budgetmitteln zu zahlen sind. Der Leiter der Budgetstelle (einschließlich der Präsident des Landgerichts) kann zwischen Beschäftigten unterscheiden (einschließlich Richter an einem Amtsgericht, das zu einem bestimmten Landgericht gehört) (siehe Artikel 11 des Anhangs 2 der Richtlinie 5/2013 (VI.25.) OBH). Es liegt im Ermessen der Landgerichtspräsidenten, einigen Richtern höhere Boni zuzusprechen und anderen Boni zu verweigern.

(43)      Zu diesen Kriterien siehe Bericht der Venedig-Kommission CDL-AD(2010)004, Rn. 46 und 51; Stellungnahme der Venedig-Kommission CDL-AD(2019)004, Rn. 80.
(44)      Ministerkomitees des Europarats, Empfehlung CM/Rec(2010)12, Rn. 55.
(45)      Rechtssache C-564/19– IS, anhängig.
(46)      Der Generalstaatsanwalt wird vom Präsidenten der Republik benannt und vom Parlament aus den Reihen der Staatsanwälte gewählt.
(47)      Der Generalstaatsanwalt kann Staatsanwälten in einzelnen Fällen Weisungen geben, ohne dass es hierfür Rechtsgarantien gibt (Schaubild 55 EU-Justizbarometer 2020). Der betroffene Staatsanwalt kann beim Generalstaatsanwalt eine schriftliche Bestätigung der in einem Einzelfall gegebenen Weisung beantragen. Der Staatsanwalt kann die Weisung ausdrücklich verweigern, wenn ihre Durchführung eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit darstellen würde oder den Staatsanwalt in Gefahr bringen würde, und wenn der Staatsanwalt nicht mit der Weisung einverstanden ist, kann er beantragen, dass die Rechtssache einem anderen Staatsanwalt zugeteilt wird, und dieser Antrag kann nicht abgelehnt werden (§ 53 des Gesetzes CLXIV von 2011).
(48)      Gesetz CLXIII von 2011 über die Staatsanwaltschaft in Ungarn.
(49)      Vierte Evaluierungsrunde der GRECO – Evaluierungsbericht, Rn. 177; GRECO – vierte Evaluierungsrunde – Interim Compliance Report, Rn. 20. Verhindert eine Minderheit die Wahl des Nachfolgers im Parlament, bleibt der Generalstaatsanwalt nach Ablauf seiner Amtszeit im Amt.
(50)      Vierte Evaluierungsrunde der GRECO – Evaluierungsbericht, Rn. 190 und 216; GRECO – vierte Evaluierungsrunde – Interim Compliance Report, Rn. 24 und 34. Die GRECO empfahl (Empfehlung xvii), dass Disziplinarverfahren gegen Staatsanwälte „außerhalb der unmittelbaren Hierarchie der Staatsanwaltschaft“ bearbeitet werden sollten. Zur Umsetzung der Empfehlungen der GRECO führte eine Änderung ab Januar 2019 die Position eines Disziplinarbeauftragten ein, der für die Prüfung der angeblichen Verstöße zuständig ist. Der übergeordnete Staatsanwalt bleibt jedoch am Disziplinarverfahren beteiligt. Der Generalstaatsanwalt entscheidet über die Maßnahmen zur Rücknahme einer Auszeichnung, zu einer Herabstufung der Gehaltsstufe oder Position oder zur Entlassung. Der Leiter der Stelle (der übergeordnete Staatsanwalt) kann gegen die ihm unterstellten Staatsanwälte geringfügigere Maßnahmen ergreifen (Abmahnung, Rüge). Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen über Disziplinarmaßnahmen können vor einem Arbeitsgericht eingelegt werden (Schaubild 53 EU-Justizbarometer 2020).
(51)      Nach dem zweiten Zwischenbericht zur Konformität (Second Interim Compliance Report) der GRECO hinsichtlich Empfehlungen im Zusammenhang mit der Staatsanwaltschaft wurden eine Empfehlung (xvi) nicht und drei Empfehlungen (xiv, xv und xvii) nur teilweise umgesetzt. Hinsichtlich Empfehlung xiv haben die ungarischen Behörden die Möglichkeit der Wiederwahl des Generalstaatsanwalts erneut geprüft; Die GRECO stellte fest, dass dem ersten Teil der Empfehlung xiv ordnungsgemäß Folge geleistet wurde (GRECO – vierte Evaluierungsrunde – Interim Compliance Report, Rn. 19-22). Zudem wurde Empfehlung xv durch die Einführung von Vorschriften, die vorgeben, dass eine kurze Begründung für den Abzug eines Staatsanwalts von einer Strafsache oder verwaltungsrechtlichen Rechtssache in der Akte angegeben werden muss, teilweise umgesetzt (GRECO – vierte Evaluierungsrunde – Interim Compliance Report, Rn. 23-26). Hinsichtlich Empfehlung xvii siehe Fußnote 50.
(52)      Schaubild 27 EU-Justizbarometer 2020.
(53)      Schaubild 28 EU-Justizbarometer 2020.
(54)      Schaubild 29 EU-Justizbarometer 2020.
(55)      Schaubild 30 EU-Justizbarometer 2020.
(56)      Schaubild 25 EU-Justizbarometer 2020.
(57)      Eine Person mit einem Einkommen, das der Hälfte der Armutsgrenze entspricht, hat möglicherweise keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Schaubild 23 EU-Justizbarometer 2020.
(58)      Regierungserlass 45/2020 vom 14. März 2020.
(59)      Nach Artikel 53 Absatz 3 des Grundgesetzes.
(60)      Regierungserlass 74/2020 vom 31. März 2020. Der Erlass trat am 18. Juni 2020 nach Artikel 53 Absatz 4 des Grundgesetzes außer Kraft.
(61)      Schaubilder 8 und 15 EU-Justizbarometer 2020.
(62)      Schaubild 7 EU-Justizbarometer 2020.
(63)      Gesetz CXXX von 2016. Voraussichtlich werden zivilrechtliche Verfahren durch Einführung eines zweistufigen Verfahrens bei erstinstanzlichen Gerichten, bestehend aus einer gerichtlichen Stufe, der eine Vorbereitungsstufe vorangeht, in der der Umfang der Rechtssache geklärt und die Vorbringen der Parteien festgelegt werden soll, beschleunigt.
(64)      Gesetz I von 2017. Die wichtigsten Vorschriften, die zum fristgerechten Abschluss von Verwaltungsverfahren beitragen sollen, sind die in Verbindung mit Versäumnisurteilen in Fällen, in denen die Verwaltungsbehörden die Fristen für ihre Entscheidungen nicht eingehalten haben.
(65)      Gesetz XC von 2017. In der gerichtlichen Stufe wird eine vorbereitende Verhandlung geführt, um den Umfang der Rechtssache festzulegen und, um Verzögerungstaktiken zu verhindern, können neue Anträge auf Beweiserhebung danach nur unter außergewöhnlichen Umständen gestellt werden.
(66)      Input von Ungarn für den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020.
(67)      Im Oktober 2018 legte die Regierung dem Parlament den Gesetzesentwurf T/2923 vor. Im September 2020 erließ das Ministerkomitee des Europarats eine dritte Interimsentschließung „wir stellen mit tiefster Enttäuschung fest, dass trotz der eigenen Verpflichtungen und des Drängens des Komitees, wie bereits in zwei Interimsentschließungen und einer Reihe von Entscheidungen ausgedrückt, jüngstens im März 2020, die Behörden keine Informationen eingereicht haben auf Grundlage derer das Komitee in der Lage wäre festzustellen, dass Fortschritte gemacht wurden“. Siehe Interimsentschließung CM/ResDH(2020)180.
(68)      Transparency International (2019), Korruptionswahrnehmungsindex.
(69)      Spezial-Eurobarometer 502 (2020).
(70)      Flash-Eurobarometer 482 (2019).
(71)      OECD (2019).
(72)      Generalstaatsanwaltschaft (2019).
(73)      Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2020, SWD(2020) 516 final, S. 45-46.
(74)      Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2019, Erwägungsgrund 16; Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2019, SWD(2019) 1016 final, S. 44
(75)      Regierungsbeschluss 1328/2020 vom 19. Juni 2020 über die mittelfristige Strategie zur Korruptionsbekämpfung für 2020-2022 und der dazugehörige Aktionsplan.
(76)

     Infolge der 2013 durch einen Regierungserlass eingeführten Integritätskontrollsysteme müssen alle öffentlichen Stellen einen Integritätsbeauftragten bestimmen. Ein spezielles Universitätsprogramm wurde mit der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst („NKE“) ins Leben gerufen; hier werden Schulungen und Qualifikationen für Integritätsbeauftragte angeboten.

(77)      Finanzempfehlungen des OLAF werden an die Organe der EU oder nationalen Behörden übermittelt, die EU-Mittel ausgeben oder verwalten, um die hinterzogenen EU-Mittel wieder in den EU-Haushalt zurückzuführen. Die Finanzempfehlungen des OLAF in den beiden Bereichen geteilter Verwaltung (Europäische Struktur- und Investitionsfonds und Landwirtschaft) von 2015-2019 betrugen 3,93% der Gesamtzahlungen an Ungarn für die Jahre 2015-2019 (der höchste Betrag unter den Mitgliedstaaten, der EU-Durchschnitt lag bei den 27 Mitgliedsstaate bei 0,36%). Die finanziellen Auswirkungen der von Ungarn selbst aufgedeckten Unregelmäßigkeiten lagen bei 1,41 %. (OLAF-Bericht 2019, Tabelle 6). Die Anklagequote auf der Grundlage von OLAF-Empfehlungen liegt in Ungarn bei 47 %, was über dem EU-Durchschnitt liegt (OLAF-Bericht 2019, Tabelle 7).
(78)

     Gesetz XLIII von 2010 über Zentralregierungsorgane und den Status der Regierungsmitglieder und Staatssekretäre.

(79)      Vierte Evaluierungsrunde der GRECO – Evaluierungsbericht. Im Dezember 2019 änderte das Parlament Gesetz XXXVI von 2012, das die Arbeitsweise des Parlaments und den Status seines Mitglieder regelt, zum 1. Februar 2020 mit dem Ziel, GRECO-Empfehlungen umzusetzen (siehe Ungarns Beitrag zum jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit).
(80)      Regierungserlass 50/2013 vom 25. Februar 2013.
(81)      GRECO – vierte Evaluierungsrunde – Interim Compliance Report, Rn. 39.
(82)      § 8 Absatz 4 des Gesetzes I von 2012.
(83)      § 93 Absatz 1 Buchstabe g des Gesetzes CXXV von 2018.
(84)      § 117 Absatz 1 des Gesetzes CXXV von 2018 sieht vor, dass die Regierung die Bereiche und Positionen festlegen muss, in denen ein Beamter nach Beendigung seines öffentlichen Dienstes nicht beschäftigt werden darf. Diese Bestimmung muss noch umgesetzt werden.
(85)      Gesetz CLXV von 2013.
(86)      Dritte Evaluierungsrunde der GRECO - zweite Ergänzung zum zweiten Bericht zur Konformität, Rn. 24.
(87)      In den Jahren 2019 und 2020 verlor Ungarn zwei Plätze auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen und belegt nun den 89. Platz weltweit.
(88)      Artikel IX Absatz 2 des Grundgesetzes schreibt vor: „Ungarn erkennt die Pressefreiheit und -vielfalt an und schützt sie und gewährleistet die Voraussetzungen für die zu einer demokratischen Meinungsbildung notwendigen freien Verbreitung von Informationen“.
(89)      Gesetz CLXXXV von 2010 über Mediendienste und Massenmedien.
(90)      Gesetz CIV von 2010 über die Pressefreiheit.
(91)      Gesetz CXII von 2011 über das Recht auf informationelle Selbstbestimmtheit und über die Informationsfreiheit.
(92)      Das Mediengesetz legt eindeutig die Ziele der Behörde fest, und schreibt gleichzeitig vor, dass sie „eine autonome Aufsichtsbehörde, die ausschließlich dem Gesetz untersteht“ ist (§ 109), und dass der Medienrat „eine unabhängige Stelle der Behörde [ist], die an das Parlament Bericht erstattet und nur dem ungarischen Recht untersteht“ (§ 123).
(93)      Der Präsident des Medienrats hat derzeit gleichzeitig das Amt des Präsidenten der Medienbehörde inne.
(94)      Nach den Empfehlungen der Venedig-Kommission (Stellungnahme CDL-AD(2015)015) wurden die Bestimmungen des Mediengesetzes bezüglich der Ernennung und Entlassung des Vorsitzenden und der Mitglieder des Medienrats entsprechend geändert. § 124 des Mediengesetzes sieht eine einstimmige Entscheidung des parlamentarischen Ad-hoc-Ausschusses vor, der für die Benennung von Kandidaten zuständig ist. (Der Präsident der Medienbehörde ist von Amts wegen Kandidat.) Der Nominierungsausschuss setzt sich zusammen aus einem Mitglied jeder Fraktion; ihre Stimmberechtigung steht im Verhältnis zur Größe der von ihnen vertretenen Fraktion. Ist der Nominierungsausschuss nicht in der Lage, innerhalb der vorgeschriebenen Frist vier Kandidaten zu bestimmen, kann er Kandidaten mit mindestens zwei Drittel der gewogenen Stimmen benennen.
(95)      Regierungserlass 229/2018 vom 5. Dezember 2018.
(96)      Mitteleuropäische Presse- und Medienstiftung.
(97)      Durch Urteil vom 29. Januar 2020 entschied das Landgericht Budapest, dass die Genehmigung der Fusion unrechtmäßig war aufgrund der Tatsache, dass die Wettbewerbsbehörde keine umfassende Prüfung der Fusion durchführen konnte und ordnete an, dass die Wettbewerbsbehörde eine solche Prüfung durchführen muss.
(98)      Nach § 24/A des Gesetzes LVII von 1996 über das Verbot unlauterer und wettbewerbsbeschränkender Marktpraktiken.
(99)      Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2019).
(100)      https://europeanjournalists.org/blog/2020/07/28/hungary-media-freedom-crackdown-our-letter-to-eu-leaders/
(101)      In einer Stellungnahme vom 24. Juli 2020 beschrieben die Journalisten die Entlassung ihres Chefredakteurs als „offenkundigen Versuch, Druck auszuüben“. Index.hu (24. Juli 2020), die Redaktion und mehr als 70 Beschäftigte kündigen.
(102)      § 42 des Mediengesetzes. Grundlegende Informationen über das Eigentum an Unternehmen sind auf einer Website des Justizministeriums frei zugänglich. Eigentümer eines Unternehmens müssen ihre Unternehmen im nationalen System zu Unternehmensdaten und -register eintragen und ihre Publikationen bei der Medienbehörde melden.
(103)      Internationales Presseinstitut (IPI), Artikel 19, das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ), das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF), der Europäische Journalistenverband (EFJ), Free Press Unlimited (FPU) und Reporter ohne Grenzen (ROG): Conclusions of the joint international press freedom mission to Hungary (3. Dezember 2019).
(104)      Zwischen 2013 und 2016 entschieden die Gerichte in mehr als 70 % der 500 Gerichtsverfahren wegen Zugangs zu Informationen zugunsten des Antragstellers (Kuria, 2018).
(105)      Der Indikator für den Zugang zu Regierungsinformationen ist 4 auf einer Skala von 10 (SGI, 2019).
(106)      Stellungnahme am Ende der Mission des Sonderberichterstatters für Menschenrechtsverteidiger, Besuch in Ungarn 8.-16. Februar 2016.
(107)      Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020, Erwägungsgrund 32.
(108)      Proaktive Offenlegung von Information ist nach wie vor eine Herausforderung, da 70 % der Gemeinden nicht einmal die erforderlichen Mindestangaben auf ihrer Website veröffentlichen (Budapest Institute, Corruption Research Center Budapest (Korruptionsforschungszentrum Budapest) (2019)).
(109)      Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2020, SWD(2020) 516 final, S. 46. Ein Beispiel ist eine Änderung des Gesetzes über Auslandsvertretungen (Gesetz LIX von 2019), wodurch der Zugang zu ausländischen Investitionsdaten beschränkt wurde. Dies setzt einen 2012 gestarteten Trend fort, was zu zunehmender Unsicherheit über die Auslegung von Gesetzen über den Zugang zu Informationen führt. Am 19. Mai 2020 hat das Parlament das Gesetz XXIX von 2020 verabschiedet; § 2 Absatz 3 begrenzt den Zugang der Öffentlichkeit auf Verträge oder andere Dokumente im Zusammenhang mit der Umsetzung des Bahnprojekts Budapest-Belgrad für einen Zeitraum von zehn Jahren.
(110)      Gesetz XCI von 2013 („Lex Átlátszó“).
(111)      Regierungserlass 301/2016 vom 30. September 2016. Von den 300 Beschwerden, die 2018 bei der Nationalen Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit eingegangen sind, betrafen etwa 10 % die unbegründete Erhebung von Gebühren (Nationale Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit (2019)).
(112)      Mérték Media Monitor (2019).
(113)      Ungarische Bürgerrechtsvereinigung („TASZ“) (2020).
(114)      Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2019), Entkriminalisierung von Verleumdung.
(115)      Am 21. Oktober 2019 führte der Parlamentspräsident Vorschriften ein, mit denen die Bewegungsfreiheit und Tätigkeit der Journalisten, die im Parlamentsgebäude und den Parlamentsbüros arbeiten, eingeschränkt wird.
(116)      Im Januar 2020 wurde von einem Gericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wodurch die Veröffentlichung des Wirtschaftsmagazins Forbes Ungarn aus Gründen des Datenschutzes verboten wurde.
(117)      Gesetz XII von 2020.
(118)      Z. B. Internationales Presseinstitut (2020), Ungarn strebt nach der Befugnis, Gefängnisstrafen gegen Journalisten wegen „falscher“ COVID-19-Berichterstattung zu verhängen, 23. März 2020, Human Rights Watch, Ungarns Orban nutzt die Pandemie, um grenzenlose Macht zu erlangen, 23. März 2020.
(119)      Erklärung der Kommission in der Plenardebatte des Europäischen Parlaments über Notstandsgesetzgebung in Ungarn und die Auswirkungen auf die Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte (14. Mai 2020). § 337 Absatz 2 des Strafgesetzbuches ist nach wie vor in Kraft; mit Beendigung der „Gefahrenlage“ am 18. Juni 2020 können die darin definierten Straftaten nicht mehr begangen werden.
(120)      Eine Zweidrittelmehrheit aller Mitglieder ist für die Verabschiedung oder Änderung des Grundgesetzes erforderlich (Artikel S Absatz 2 des Grundgesetzes).
(121)      Das Grundgesetz sieht die Verabschiedung von 32 Kardinalgesetzen vor, mit denen einige der Bestimmungen des Grundgesetzes umgesetzt werden und die detaillierte Vorschriften zur Arbeitsweise der wichtigsten Einrichtungen oder der Ausübung bestimmter Grundrechte enthalten. Kardinalgesetze können mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Parlamentsmitglieder verabschiedet oder geändert werden (Artikel T Absatz 4 des Grundgesetzes). Die Venedig-Kommission hat Ungarn kritisiert, weil es Kardinalgesetze über das unbedingt Erforderliche hinaus verwendet hat, und sogar hinsichtlich detaillierter Gesetze, was aus demokratischer Sicht als fragwürdig eingestuft wurde, weil es die zukünftige Einführung von Reformen erschwert (Stellungnahme CDL-AD(2012)009, Rn. 47). Die Regierung bringt vor, dass ein hohes Maß an politischem Konsens für die Regulierung der wichtigsten Aspekte der Grundrechte und der Organisation des Staates erforderlich ist.
(122)      Der Präsident der Republik, die Mitglieder und der Präsident des Verfassungsgerichts, der Präsident der Kuria, der Generalstaatsanwalt, der Präsident des Landesgerichtsamts, der Beauftragte und die stellvertretenden Beauftragten für Grundrechte, der Präsident des staatlichen Rechnungshofs, der Präsident der ungarischen Nationalbank.
(123)      Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes.
(124)      Gesetz CXXX von 2010 über Rechtsetzung, Gesetz CXXXI von 2010 über die öffentliche Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren und der Erlass des Justizministers 24/2011 vom 9. August 2011 über Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzungen für Regulierungsmaßnahmen.
(125)

     Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2020, SWD(2020) 516 final, S. 29. Das wichtigste Dreiergremium für den sozialen Dialog ist das Ständige Kosultationsforum des privaten Sektors und der Regierung („VKF“). Mitglieder des Forums werden von der Regierung ausgewählt und schließen einige der traditionellen Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen nicht mit ein.

(126)      Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020, Erwägungsgrund 28.
(127)      Siehe Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020, Erwägungsgrund 28. Im Jahr 2019 wurden nur sehr wenige Dokumente auf der Website der Regierung veröffentlicht (Nationale Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit (2019), S. 129).
(128)      Regierungserlass 40/2020 vom 11. März 2020.
(129)      Artikel 53 Absatz 1 des Grundgesetzes.
(130)      Artikel 54 Absatz 3 des Grundgesetzes.
(131)      Gesetz XII von 2020 zur Umsetzung von Artikel 53 Absatz 2 des Grundgesetzes, wodurch die Regierung berechtigt ist, ein Gesetz per Erlass aufzuheben. Das neue Gesetz sah vor, dass die Regierung außerordentliche Befugnisse nur ausüben darf, wenn diese zum Zwecke der Vermeidung, Bekämpfung und Eliminierung des Ausbruchs von COVID-19 und der Vermeidung und Bekämpfung seiner schädlichen Auswirkungen erforderlich und verhältnismäßig sind.
(132)      Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020, Erwägungsgrund 27. Siehe auch den Bericht der Venedig-Kommission CDL-AD(2020)014, insbesondere Rn. 6-16.
(133)      Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020.
(134)      Regierungserlass 282/2020 vom 17. Juni 2020. Die konkreten Maßnahmen der Regierung gelten bis zur Beendigung der „Gefahrenlage“.
(135)      Regierungserlass 283/2020 vom 17. Juni 2020.
(136)      Gesetz LVIII von 2020. Z. B. § 162 verlängert die Kontrolle der Regierung über die börsennotierte KARTONPACK Nyrt bis spätestens zum 15. August 2020, angeordnet durch Regierungserlass 128/2020 vom 17. April 2020.
(137)      Z. B. Regierungserlasse 135 und 136/2020 vom 17. April 2020, mit Vorschriften über Sonderwirtschaftszonen und den Ausweis einer solchen Zone in der Stadt Göd, sowie Regierungserlass 179/2020 vom 4. Mai 2020, der bestimmte Bestimmungen der DSGVO aufhebt; diese Rechtssachen sind vor dem Verfassungsgericht anhängig. Am 14. Juli 2020 wies das Verfassungsgericht den Antrag gegen Regierungserlass 47/2020 vom 18. März 2020 ab, der es Arbeitgebern und Arbeitnehmern ermöglichte, von den Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches abzuweichen (Verordnung II/887/2020); das Verfassungsgericht brachte vor, dass der Regierungserlass nicht mehr anwendbar sei.
(138)      Regierungserlass 92/2020 vom 6. April 2020, nach dem Einnahmen aus der Zulassungssteuer für Kraftfahrzeuge nicht mehr an die Gemeinden gezahlt werden.
(139)      Entscheidung 3234/2020. (VII.1.) AB.
(140)      Artikel 37 Absatz 4 des Grundgesetzes. Die Begrenzung gab Anlass zu Bedenken der Venedig-Kommission (Stellungnahme CDL-AD(2012)009, Rn. 38).
(141)      § 27 des Gesetzes CLI von 2011. Die Möglichkeit für öffentliche Stellen, eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung vor dem Verfassungsgericht anzufechten, wurde erstmals in Entscheidung 23/2018. (XII.28.) AB des Verfassungsgerichts anerkannt, wodurch ein Urteil der Kuria aufgehoben wurde, das eine Entscheidung der ungarischen Nationalbank in ihrer Eigenschaft als Finanzaufsichtsbehörde für unrechtmäßig erkannt hatte.
(142)      Siehe auch Empfehlung CM/Rec(2010)12 des Ministerkomitees des Europarats, Rn. 16. Bericht der Venedig-Kommission CDL-AD(2010)004, Rn. 67; Stellungnahme CDL-AD(2017)031, Rn. 54.
(143)      Vereinte Nationen (2019). Z. B. empfahl im Jahr 2016 der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechtsverteidiger, dass Ungarn die Rolle und Unabhängigkeit des Beauftragten und die finanzielle Autonomie seines Amtes stärken sollte; zudem sollte der Beauftragte zu Gesetzgebungsverfahren gehört werden und eine angemessene Umsetzung seiner Empfehlungen sollte sichergestellt werden.
(144)      Gesetz CXI von 2011.
(145)      Der SCA stellte fest, dass für das Auswahlverfahren die Veröffentlichung von offenen Stellen nicht erforderlich ist; keine eindeutigen und einheitlichen Leistungskriterien, nach denen die Kandidaten beurteilt werden, festgelegt wurden; kein Verfahren zur Erlangung breitangelegter Konsultation und/oder Beteiligung beim Bewerbungs-, Überprüfungs-, Auswahl- und Ernennungsverfahren festgelegt wurde.
(146)      Gesetz CVII von 2019.
(147)      § 145 des Gesetzes CIX von 2019.
(148)      Beitrag der Transparency International zum Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020.
(149)      Gesetz LXXVI von 2017 zur Transparenz von Organisationen, die aus dem Ausland unterstützt werden. Nach diesem Gesetz müssen sich zivilgesellschaftliche Organisationen, die Spenden aus dem Ausland erhalten, bei den ungarischen Gerichten als eine „Organisation, die Unterstützung aus dem Ausland erhält“ eintragen, wenn der Betrag der Spenden, der ihnen aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern im Laufe eines Jahres gesendet wird, einen bestimmten Schwellenwert übersteigt. Bei der Eintragung müssen sie unter anderen auch den Namen der Spender, deren Unterstützung die Summe von 500 000 HUF (etwa 1400 EUR) erreicht oder übersteigt, und den genauen Betrag der Unterstützung angeben. Diese Informationen werden auf einer frei zugänglichen öffentlichen elektronischen Plattform veröffentlicht. Zudem müssen die betroffenen zivilgesellschaftlichen Organisationen auf ihrer Website und in allen ihren Veröffentlichungen angeben, dass sie eine „Organisation, die Unterstützung aus dem Ausland erhält“ sind.
(150)      Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juni 2020, Kommission/Ungarn, C-78/18.
(151)      Rechtssache Gerichtshof C-821/19, anhängig.
(152)      Gesetz VI von 2018. Darauf unterstrich das Verfassungsgericht in seiner Entscheidung Nr. 3/2019. (III.7.) AB, dass der Wortlaut der in § 353/A des Strafgesetzbuches beschriebenen Straftat sich nicht auf das Verbot der Tätigkeit von humanitären Organisationen bezieht.
(153)      Gemeinsame Stellungnahme (CDL-AD(2018)013) der Venedig-Kommission und der OSZE/des BDIMR.
(154)      „die spezielle Einwanderungssteuer stellt einen unbegründeten Eingriff in die Rechte auf Meinungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit der betroffenen NRO dar. Die Erhebung dieser speziellen Steuer wird eine abschreckende Wirkung auf die Wahrnehmung von Grundrechten sowie auf Personen und Organisationen haben, die diese Rechte verteidigen oder deren Verteidigung finanziell unterstützen. Sie wird potenzielle Spender davon abhalten, diese NRO zu unterstützen, und wird es der Zivilgesellschaft erschweren, sich für legitime Menschenrechte einzusetzen.“ Gemeinsame Stellungnahme (CDL-AD(2018)035) der Venedig-Kommission und der OSZE/des BDIMR.
(155)      Bewertung durch CIVICUS; Die Bewertungen haben fünf Stufen, und zwar: offen, eingeengt, beschränkt, unterdrückt und geschlossen. Die Bewertung „beschränkt“ wird in der Regel an Länder vergeben, in denen der zivilgesellschaftliche Raum von Machthabern heftig bekämpft wird, die den vollen Genuss der Grundrechte mit einer Kombination aus gesetzlichen und praktischen Mitteln beschränken.
(156)      Empfehlung CM/Rec(2018)11 des Ministerkomitees des Europarats.
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