EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 30.9.2020
SWD(2020) 316 final
ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN
Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020
Länderkapitel zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn
Begleitunterlage zur
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020
Die Lage der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union
{COM(2020) 580 final} - {SWD(2020) 300 final} - {SWD(2020) 301 final} - {SWD(2020) 302 final} - {SWD(2020) 303 final} - {SWD(2020) 304 final} - {SWD(2020) 305 final} - {SWD(2020) 306 final} - {SWD(2020) 307 final} - {SWD(2020) 308 final} - {SWD(2020) 309 final} - {SWD(2020) 310 final} - {SWD(2020) 311 final} - {SWD(2020) 312 final} - {SWD(2020) 313 final} - {SWD(2020) 314 final} - {SWD(2020) 315 final} - {SWD(2020) 317 final} - {SWD(2020) 318 final} - {SWD(2020) 319 final} - {SWD(2020) 320 final} - {SWD(2020) 321 final} - {SWD(2020) 322 final} - {SWD(2020) 323 final} - {SWD(2020) 324 final} - {SWD(2020) 325 final} - {SWD(2020) 326 final}
Zusammenfassung
In den letzten Jahren äußerten EU-Organe ihre Besorgnis über die Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn, unter anderem in dem vom Europäischen Parlament eingeleiteten Verfahren nach Artikel 7 Absatz 1 EUV. Die im Rahmen des Europäischen Semesters gestellte Forderung, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken, muss noch angegangen werden. Insbesondere der unabhängige Landesrichterrat steht vor Herausforderungen, wenn es darum geht, ein Gegengewicht zu den Befugnissen des Präsidenten des Landesgerichtsamts, der für die Verwaltung der Gerichte zuständig ist, zu bilden. Entwicklungen in Verbindung mit der Kuria (Kúria) rufen ebenfalls Besorgnis hervor, insbesondere die Entscheidung, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für rechtswidrig zu erklären. Neue Vorschriften ermöglichen die Ernennung von Mitgliedern des Verfassungsgerichts, die vom Parlament gewählt werden, zur Kuria, und zwar außerhalb der üblichen Vorgehensweise, und senken die Zulassungskriterien für den Präsidenten der Kuria. Im Hinblick auf Effizienz und Qualität schneidet das Justizsystem bei der Verfahrensdauer gut ab und zeigt ein hohes Niveau an Digitalisierung.
Der institutionelle Rahmen für die Korruptionsbekämpfung ist auf verschiedene Organe verteilt. Mangelhafte unabhängige Kontrollmechanismen und enge Verbindungen zwischen Politik und bestimmten nationalen Unternehmen wirken korruptionsfördernd. Werden schwerwiegende Vorwürfe erhoben, fehlt systematisch entschiedenes Handeln zur Untersuchung und Strafverfolgung von Korruptionsfällen, in die hochrangige Beamte oder ihr direktes Umfeld verwickelt sind. Dies wurde im Rahmen des Europäischen Semesters und von der GRECO im Hinblick auf das fehlende Engagement, ihren Empfehlungen zu folgen, angesprochen. Die Überprüfung von Vermögens- und Interessenerklärungen kann im Hinblick auf systematische Kontrollen und eine unabhängige Aufsicht verbessert werden. Während Lobbying nach wie vor nicht umfassend reguliert ist, konzentrieren sich Korruptionspräventionsmaßnahmen auf die Integrität in der staatlichen Verwaltung und den Strafverfolgungsbehörden. Der Rahmen für die Korruptionsbekämpfung wird weiter geschwächt durch schwindende Möglichkeiten der zivilgesellschaftlichen Kontrolle vor dem Hintergrund der Beschränkung der Medienfreiheit, schwierige Rahmenbedingungen für zivilgesellschaftliche Organisationen und dauernde neue Herausforderungen bei der Anwendung von Vorschriften zu Transparenz und dem Zugang zu öffentlichen Informationen.
Es besteht ein Risiko für die Unabhängigkeit und Wirksamkeit des Medienrats. Die Transparenz von Medieneigentum ist nicht vollständig garantiert. Die Medienkonzentration durch die Gründung des Konzerns „Mitteleuropäische Presse- und Medienstiftung“ (KESMA) bedeutet ein höheres Risiko für den Medienpluralismus. Beträchtliche Mengen an staatlicher Werbung wurden an regierungsnahe Medienunternehmen geleitet und dies ermöglichte es der Regierung, indirekt politischen Einfluss auf die Medien zu nehmen. Unabhängige Medienunternehmen werden systematisch behindert und eingeschüchtert, während ein Trend zur wirtschaftlichen Übernahme solcher Unternehmen zusätzlich Besorgnis hervorruft.
Die Transparenz und Qualität des Gesetzgebungsverfahrens ist ein Grund zur Besorgnis, da der Einsatz öffentlicher Konsultationen und Folgenabschätzungen nachgelassen hat. Die neue Möglichkeit für öffentliche Stellen, rechtskräftige Gerichtsentscheidungen vor dem Verfassungsgericht anzufechten, wirft Fragen der Rechtssicherheit auf. Die Schwächung unabhängiger Einrichtungen und der wachsende Druck auf die Zivilgesellschaft beeinträchtigen die Gewaltenteilung weiter. Der Gerichtshof stellte fest, dass die Gesetze zur Transparenz von mit ausländischen Mitteln finanzierten zivilgesellschaftlichen Organisationen mit dem EU-Recht unvereinbar sind. Legislative Maßnahmen, die zum Vollzug des Urteils erforderlich sind, werden vorbereitet.
I.Justizsystem
Die Struktur des ungarischen Gerichtssystems wurde seit 2011 von verfassungsrechtlichen Änderungen und regelmäßigen Justizreformen geprägt. Die jüngste Reform wurde im Dezember 2019 verabschiedet. Ungarn hat ein vierinstanzliches Gerichtssystem. 113 Amtsgerichte bilden die erste Instanz, während sich 20 Landgerichte mit Rechtsmitteln befassen, die gegen Entscheidungen der Amtsgerichte eingelegt werden, sowie auch für bestimmte Rechtssachen als erste Instanz zuständig sind. Fünf Tafelgerichte entscheiden über Rechtsmittel, die gegen die Entscheidungen der Landgerichte eingelegt wurden. Die wichtigste Rolle der Kuria besteht darin, die einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen. Der Präsident des Landesgerichtsamts ist das für die zentrale Verwaltung der Gerichte zuständige Organ, das im Grundgesetz vorgesehen ist und vom Parlament gewählt wird. Der Landesgerichtsrat ist ein unabhängiges Organ, das nach dem Grundgesetz den Präsidenten des Landesgerichtsamts überwacht und an der Verwaltung der Gerichte beteiligt ist. Gerichte werden vom Präsidenten der Republik auf Empfehlung des Präsidenten des Landesgerichtsamts ernannt, und zwar auf der Grundlage einer Beurteilung der Kandidaten durch die örtlichen Richterräte (zusammengesetzt aus von ihresgleichen gewählten Richtern). Der Präsident des Landesgerichtsamts darf von dieser Beurteilung nur mit der vorherigen Zustimmung des Landesrichterrats abweichen. Das Verfassungsgericht gehört nicht zum Gerichtssystem; es prüft die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Gerichtsentscheidungen. Die Staatsanwaltschaft ist eine unabhängige Einrichtung mit Befugnissen, Straftaten zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Die ungarische Anwaltskammer und die regionalen Anwaltskammern sind selbstverwaltende öffentliche Einrichtungen, die die Interessen der Rechtsberufe vertreten sowie Standesregeln festschreiben und durchsetzen, auch anhand von Disziplinarmaßnahmen.
Unabhängigkeit
Der Landesrichterrat hat Schwierigkeiten, wenn es darum geht, ein Gegengewicht zu den Befugnissen des Präsidenten des Landesgerichtsamts zu bilden. Die Wahl eines neuen Präsidenten des Landesgerichtsamts könnte den Weg für eine verstärkte Zusammenarbeit ebnen. Der Präsident des Landesgerichtsamts wird vom Parlament gewählt und erhält umfassende Befugnisse in Verbindung mit der Verwaltung des Gerichtssystems. Der Präsident des Landesgerichtsamts ist unter der Aufsicht des Landesrichterrats tätig. Der Landesrichterrat sieht sich jedoch einer Reihe struktureller Einschränkungen gegenüber, die ihn daran hindern, eine wirksame Aufsicht über die Tätigkeiten des Präsidenten des Landesgerichtsamts auszuüben. Insbesondere ist er nicht berechtigt, zu Gesetzgebungsvorschlägen mit Auswirkungen auf das Justizsystem angehört zu werden. Bei der Ernennung von Richtern und der Ernennung von Gerichtspräsidenten und anderen Gerichtsleitern spielt er eine nur untergeordnete Rolle. Zudem hat der Landesrichterrat nur begrenzte Ressourcen und ist im Hinblick auf Mittel aus dem Budget vom Präsidenten des Landesgerichtsamts abhängig. Das Fehlen einer wirksamen Kontrolle des Präsidenten des Landesgerichtsamts erhöht die Wahrscheinlichkeit willkürlicher Entscheidungen bei der Verwaltung des Gerichtssystems. Insbesondere wurde der frühere Präsident des Landesgerichtsamts vom Landesrichterrat dafür kritisiert, dass er gegen das Gesetz verstoßen hat, als er die Verfahren für die Auswahl von Gerichtspräsidenten aufgehoben und willkürlich ohne die Zustimmung des Landesrichterrats Gerichtspräsidenten ad interim ernannt hat. Diese Situation führte dazu, dass der Landesrichterrat formell beim Parlament beantragte, den Präsidenten des Landesgerichtsamts abzuberufen. Der zuständige Parlamentsausschuss prüfte den Antrag und das Parlament lehnte ihn im Juni 2019 ab. Die begrenzten Befugnisse des Landesrichterrats und seine erforderliche Stärkung wurden vom Europarat, der Europäischen Kommission und Interessenträgern hervorgehoben. Am 9. Juli 2019 richtete der Europarat im Rahmen des Europäischen Semesters eine Empfehlung an Ungarn, die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken, und betonte, dass der Landesrichterrat immer größere Schwierigkeiten damit hat, ein Gegengewicht zu den Befugnissen des Präsidenten des Landesgerichtsamts zu bilden. Es wurden seither keine legislativen Maßnahmen ergriffen, um die strukturellen Probleme zu lösen. Der Landesrichterrat begrüßte die Wahl eines neuen Präsidenten des Landesgerichtsamts im Dezember 2019, was den Weg für eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Landesrichterrat öffnen könnte, während ein rechtssicheres ausgeglichenes Kräfteverhältnis nur durch die gesetzliche Stärkung der Befugnisse des Rates erreicht werden kann.
Die wahrgenommene Unabhängigkeit der Justiz ist bei der Öffentlichkeit durchschnittlich und niedrig bei Unternehmen, obwohl die jüngsten Daten eine Verbesserung aufweisen. Das Niveau der Unabhängigkeit von Gerichten wird von der Allgemeinbevölkerung
als durchschnittlich wahrgenommen (48 % „ziemlich oder sehr gut“), dagegen aber sehr niedrig von Unternehmen (26 % „ziemlich oder sehr gut“)
. Jedoch erfuhr der über Jahre hinweg beobachtete negative Trend im Jahr 2020 eine Wende, und beide Indikatoren verbesserten sich.
Die Kuria hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof für unrechtmäßig erklärt. Auf Antrag des Generalstaatsanwalts erließ die Kuria am 10. September 2019 ein Urteil, mit dem sie ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof durch einen Richter am Amtsgericht für unrechtmäßig erklärte, mit der Begründung, die Fragen seien für den vorliegenden Fall ohne Belang. Das Urteil der Kuria war ein Feststellungsurteil und hat die Entscheidung, die Rechtssache dem Gerichtshof vorzulegen, nicht aufgehoben. Trotzdem wurde im Oktober 2019 ausdrücklich auf der Grundlage des Urteils der Kuria vom Budapester Landgerichtspräsidenten (Fővárosi Törvényszék) ad interim ein Disziplinarverfahren gegen den Richter eingeleitet, der das Vorabentscheidungsersuchen gestellt hat. Im November 2019 zog der Gerichtspräsident seinen Antrag zurück. Die Tatsache, dass die Kuria im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsbehelfs berechtigt ist, die Notwendigkeit von Vorabentscheidungsersuchen zu prüfen, könnte die Möglichkeit der nationalen Gerichte, sich mit Fragen der Auslegung des Unionsrechts an den Gerichtshof zu wenden, beeinträchtigen, und die mögliche Einleitung von Disziplinarverfahren könnte einzelne Richter davon abhalten, Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen.
Richter und Rechtsanwälte sind Gegenstand negativer Darstellungen in den Medien. In mehreren Presseerklärungen seit Januar 2020 haben die Regierung und regierungsnahe Medien bestimmte Gerichtsentscheidungen kritisiert, durch die Verurteilte auf Bewährung entlassen wurden und solche, mit denen in der Schule ausgegrenzten Roma-Kindern und Häftlingen, die sich über die Haftbedingungen beschweren, Entschädigungen zugesprochen wurden. Im Februar 2020 gab die Regierung ihre Absicht bekannt, eine „nationale Konsultation“ zu diesen justizbezogenen Fragen abzuhalten. Die Anwaltskammer, die Richtervereinigung und andere Interessenträgeräußerten Bedenken zur Darstellung der Regierung mit der Begründung, dies könne das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Justizsystem beeinträchtigen. Letztlich wurde von der Konsultation abgesehen. Im September 2019, vor dem Hintergrund des Vollzugs des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Baka/Ungarn äußerte das Ministerkomitee des Europarats Bedenken über die abschreckende Wirkung für die Meinungsfreiheit von Richtern und Gerichtspräsidenten.
Neue Sondervorschriften über die Ernennung von Richtern zur Kuria wurden eingeführt. Die Anzahl der Richterposten in der Kuria ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern wird vom Präsidenten des Landesgerichtsamts festgelegt. Üblicherweise werden Richter durch den Präsidenten der Kuria nach einer Aufforderung zur Bewerbung zur Kuria ernannt, und zwar auf Grundlage einer Stellungnahme der zuständigen Abteilung der Kuria und einer Bewertung und eines Ranking der Kandidaten durch den Richterrat der Kuria. Ein im Dezember 2019 verabschiedetes „Omnibus“-Gesetz erlaubt es Mitgliedern des Verfassungsgerichts, die vom Parlament gewählt werden, ihre Ernennung zum Richter ohne ein Bewerbungsverfahren zu beantragen. Haben sie das Amt eines Richters inne, können Mitglieder des Verfassungsgerichts beantragen, nach dem Ende ihrer Amtszeit ohne das übliche Ernennungsverfahren zur Kuria ernannt zu werden. Somit kann die Wahl zum Verfassungsgericht durch das Parlament, wozu die Beteiligung eines Organs, das zu einem wesentlichen Teil aus Vertretern des Justizwesens besteht, nicht erforderlich ist, in der Praxis zur Ernennung als Richter der Kuria führen, wenn der betreffende Richter dies beantragt. Diese Gesetzesänderungen haben die Rolle des Parlaments bei Ernennungen von Richtern zur Kuria in der Praxis gestärkt. Zudem wird der Präsident der Kuria vom Parlament auf Vorschlag des Präsidenten der Republik aus den Reihen der – nicht unbedingt der Kuria zugehörigen – Richter mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung als Richter gewählt. Zum 1. Januar 2020 wurden auch die Vorschriften zur Wahl des Präsidenten der Kuria geändert, sodass eine Amtszeit als Justizoberrat beim Verfassungsgericht oder bei einem internationalen Gericht bei der Berechnung der „Berufserfahrung als Richter“ berücksichtigt werden kann. Die Erweiterung der Zulassungskriterien erhöht den Kreis der Kandidaten, die möglicherweise zum Präsidenten der Kuria gewählt werden könnten, und erhöht so den diesbezüglichen Ermessensspielraum des Präsidenten der Republik.
Das „Omnibus“-Gesetz führte Änderungen der Struktur des bestehenden Gerichtssystems ein mit der Absicht, die Verwaltungsgerichtsbarkeit schneller und vorhersehbarer zu machen. Verwaltungsgerichte und Arbeitsgerichte auf Amtsgerichtebene wurden abgeschafft. Ab 1. April 2020 werden verwaltungsrechtliche Rechtssachen in erster Instanz vor acht bestimmten Landgerichten verhandelt, und sämtliche Anträge auf ordentliche oder außerordentliche Rechtsbehelfe werden von der Kuria entschieden. Die geplante Errichtung eines getrennten Verwaltungsgerichtssystem wurde aufgegeben.
Die Gehälter der Richter wurden seit Januar 2020 erhöht und ein Bonussystem wurde eingeführt. Nach dem „Omnibus“-Gesetz werden die Gehälter der Richter in einem Zeitraum von drei Jahren um 60 % erhöht. Die höhere Vergütung der Richter ist eine positive Entwicklung, da die Gehälter von ungarischen Richtern zu den niedrigsten in der EU gehörten. Eine solche Erhöhung trägt zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz bei. Jedoch wurden Bedenken geäußert hinsichtlich der Möglichkeit der Behörden, die die Gerichte verwalten, Richtern nach Ermessen, ohne objektive und transparente Kriterien, Boni zu gewähren. Nach dem Europarat sollten Systeme, bei denen die Grundvergütung von Richtern leistungsabhängig gezahlt wird, vermieden werden, da dies die Unabhängigkeit der Richter beeinträchtigen könnte. Die Auswirkungen eines solchen Systems auf die Unabhängigkeit der Justiz ist Gegenstand einer Frage zur Vorabentscheidung an den Gerichtshof.
Zwar wurde eine Reihe von Aspekten im Zusammenhang mit der Organisation der Staatsanwaltschaft behandelt, doch geben einige Aspekte nach wie vor Anlass zur Sorge. Im November 2019 wurde der Generalstaatsanwalt vom Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit für einen Zeitraum von neun Jahren wiedergewählt. Die Staatsanwaltschaft ist streng hierarchisch aufgebaut. Während die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft gesetzlich verankert ist, veranlassten bestimmte Elemente des Rechtsrahmens die GRECO dazu, Empfehlungen zur Prüfung der Vorschriften für die Ernennung des Generalstaatsanwalts zum Schutz des Amtes vor politischer Einflussnahme auszusprechen. Die GRECO empfahl zudem die Einführung strenger Kriterien zur Beeinflussung und Begründung von Entscheidungen, mit denen untergeordnete Staatsanwälte von Rechtssachen abgezogen werden und forderte eine Überprüfung des Umgangs mit Disziplinarverfahren.. Während die meisten Empfehlungen der GRECO berücksichtigt wurden, hätte die vollständige Umsetzung der offenen Empfehlungen auch eine positive Auswirkung auf den Rahmen für die Korruptionsbekämpfung.
Qualität
Die Digitalisierung des Justizsystems zeigt im Allgemeinen ein hohes Niveau. Ungarn steht bei der Verfügbarkeit von elektronischen Mitteln hinsichtlich Online-Zugriff auf veröffentlichte Urteile durch die Öffentlichkeit ganz weit vorne. Auch bei den Regelungen zur Erstellung von maschinenlesbaren Gerichtsentscheidungen ist es weit vorn mit dabei, obwohl Urteile nicht dem Standard entsprechen, der Maschinenlesbarkeit ermöglicht. Zudem zeigt Ungarn sehr gute Ergebnisse bei der Förderung der und Anreizen für die Verwendung alternativer Streitbeilegungsmethoden. Gerichtsgebühren sind jedoch weiterhin hoch und es gibt Bedenken hinsichtlich der Inklusivität der Prozesskostenhilfe. Die Regierungsmaßnahmen zur COVID-19-Pandemie wirkten sich auf die Arbeitsweise der Gerichte aus. Am 14. März 2020 ordnete die Regierung auf Vorschlag des Präsidenten des Landesgerichtsamts, des Präsidenten der Kuria und des Generalstaatsanwalts per Erlass an, dass die Tätigkeit der ungarischen Gerichte bis auf bestimmte dringende Fälle für unbestimmte Zeit ausgesetzt wird. Der Erlass trat jedoch am 30. März 2020 außer Kraft. Am 31. März 2020 führte die Regierung Änderungen des Verfahrensrechts ein mit dem Ziel, den Betrieb des Justizsystems in einer „Gefahrenlage“ zu ermöglichen.
Effizienz
Die Effizienz bei Zivil- und Verwaltungssachen ist hoch. Nach dem EU-Justizbarometer 2020 schneidet Ungarn hinsichtlich der geschätzten Zeit zur Beilegung von Verwaltungssachen in erster Instanz und der Anzahl der anhängigen Verwaltungssachen in erster Instanz sehr gut ab
. Ungarn schneidet auch bei der geschätzten Zeit zur Beilegung von gerichtlichen zivilrechtlichen und handelsrechtlichen Sachen gut ab. Die neue Zivilprozessordnung, Verwaltungsgerichtsordnung und Strafprozessordnung traten 2018 in Kraft. Diese neuen Vorschriften ermöglichen Verhandlungen bei Zivil- und Strafsachen und die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen innerhalb einer angemessenen Frist.
Wirksame Rechtsbehelfe bei übermäßig langen Verfahren fehlen nach wie vor. Der Vollzug des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Gazsó/Ungarn ist noch im Gange und Ungarn bleibt unter verstärkter Aufsicht durch das Ministerkomitee des Europarats.
II.Rahmen für die Korruptionsbekämpfung
Die Zuständigkeit für die Prävention, Ermittlung und Strafverfolgung von Korruption ist auf verschiedene spezialisierte Stellen verteilt. Die Koordination von Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption wird in Ungarn vom Nationalen Schutzdienst (Nemzeti Védelmi Szolgálat –NVSZ) unter Aufsicht des Innenministeriums übernommen. Die Ermittlung und Strafverfolgung von Korruption im öffentlichen Sektor fallen unter die ausschließliche Zuständigkeit der Ermittlungsabteilung der Ermittlungsstelle der Generalstaatsanwaltschaft und fünf regionalen Staatsanwaltschaften. Die Staatsanwaltschaft wird von den Ermittlern der Polizei und des Nationalen Schutzdienstes unterstützt. Der staatliche Rechnungshof ist zuständig für die finanzielle Verwaltung öffentlicher Mittel und die Prüfung politischer Parteien.
Im jüngsten Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International erreichte das Land die Beurteilung 44/100 und belegt damit den 19. Platz in der EU und den 70. Platz weltweit. Unter den ungarischen Befragten sehen 87 % Korruption als weitverbreitet (EU-Durchschnitt: 71 %) und 32 % sagen aus, sie seien von Korruption in ihrem täglichen Leben persönlich betroffen (EU-Durchschnitt: 26 %). Bei Unternehmen sehen 80 % Korruption als weitverbreitet (EU-Durchschnitt 63 %) und 48 % der Unternehmen sehen Korruption als Problem bei ihrer Geschäftstätigkeit (EU-Durchschnitt 37 %). 39 % der Menschen sind der Auffassung, dass es ausreichend erfolgreiche Fälle strafrechtlicher Verfolgung gibt, um Menschen von Korruptionspraktiken abzuschrecken (EU-Durchschnitt 36 %), während 19 % der Unternehmen der Auffassung sind, dass Menschen und Unternehmen, die wegen der Bestechung von höheren Beamten überführt wurden, angemessen bestraft werden (EU-Durchschnitt 31 %).
Der strafrechtliche Rahmen für die Korruptionsbekämpfung ist weitgehend vorhanden. Das Strafgesetzbuch beinhaltet die einschlägigen Definitionen von Korruption und damit verbundener Straftaten und stellt verschiedene Formen der Bestechung, unerlaubter Einflussnahme, Veruntreuung, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Amtsmissbrauch unter Strafe. Im April 2020 wurde dem Parlament ein Gesetzesentwurf vorgelegt mit dem Ziel, die Empfehlung der OECD-Arbeitsgruppe für Bestechungsfragen zu berücksichtigen und die Definition von „ausländischer Amtsträger“ abzuändern, um klarzustellen, dass sie auch Amtsträger in ausländischen öffentlichen Unternehmen umfasst.
Verschiedene Stellen sind für die Bekämpfung von Korruption zuständig. Der Nationale Schutzdienst, der dem Innenministerium untersteht, ist für die Koordination der Maßnahmen für die Korruptionsbekämpfung zuständig. Nach einer Reform der Strafprozessordnung fallen ab Februar 2019 die strafrechtliche Ermittlung und Verfolgung von Korruption im öffentlichen Sektor unter die ausschließliche Zuständigkeit der Ermittlungsabteilung der Generalstaatsanwaltschaft und fünf regionalen Staatsanwaltschaften. Die Abteilung untersucht komplexe Korruptionsfälle, die von Personen mit Immunität, ausländischen Amtsträgern, dem Präsidenten der Republik, dem Premierminister, Regierungsmitgliedern und hochrangige Beamten der öffentlichen Sicherheit begangen wurden oder an denen diese beteiligt waren. Die Staatsanwaltschaft wird von den Ermittlern der Polizei und des Nationalen Schutzdienstes unterstützt. Der staatliche Rechnungshof spielt ebenfalls eine Rolle bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung, insbesondere durch seine Kontrollfunktionen für die Finanzen der staatlichen Einrichtungen und Finanzierung politischer Parteien. Der staatliche Rechnungshof führt auch regelmäßige nationale Umfragen zur Integrität durch.
Korruption auf hoher Ebene wird in einigen Fällen strafrechtlich verfolgt, allerdings nach wie vor in sehr begrenztem Ausmaß. In ihrem Jahresbericht 2018 veröffentlichte die Generalstaatsanwaltschaft die Statistiken zu Korruptionsstraftaten 2016-2018. Nach diesen Zahlen ist die Anzahl der erfassten Verfahren wegen Straftaten im Zusammenhang mit Korruption gestiegen: 984 im Jahr 2016, 1123 im Jahr 2017 und 2046 im Jahr 2018. Die Anzahl der verurteilten Personen ist jedoch fast gleich geblieben: 250 im Jahr 2018, 254 im Jahr 2017 und 351 im Jahr 2016. Nach der Generalstaatsanwaltschaft sind an den meisten Korruptionsfällen Beamte beteiligt, in der Regel Steuer- und Zollbeamte. Die Tatsache, dass es an entschiedenem Handeln bei der Strafverfolgung von Korruptionsfällen, an denen hochrangige Beamte oder ihr direktes Umfeld beteiligt waren, fehlte, wurde ebenfalls im Rahmen des Europäischen Semesters aufgegriffen. Während die Staatsanwaltschaft eine begrenzte Anzahl von Ermittlungen im Zusammenhang mit Korruption gegen Parlamentsmitglieder der Regierungspartei angestrengt hat, wurden in den letzten Jahren hochrangige Regierungsbeamte nicht strafrechtlich verfolgt.
Korruptionspräventionsmaßnahmen in Ungarn konzentrieren sich auf die Integrität in der staatlichen Verwaltung und den Strafverfolgungsbehörden. Nach Ablauf des vorherigen Programms zur Korruptionsbekämpfung im Jahr 2018 verabschiedete die Regierung im Juni 2020 ein neues Programm für die Dauer von zwei Jahren (2020-2022). Die Strategie behält den Schwerpunkt vorheriger strategischer Programme zu Integrität in der öffentlichen Verwaltung bei und umfasst Maßnahmen zur Stärkung der E-Verwaltung und automatisierte Entscheidungsfindung zur Korruptionsprävention. Zudem zielt die Strategie auf die Steigerung der Effizienz von Ermittlungen, die Bewertung von Korruptionsrisiken und des Rechtsrahmens sowie die Festlegung interner Kontrollen bei der öffentlichen Verwaltung und Stärkung der Integritätsmaßnahmen ab. Der Integritätsrahmen verleiht internen Integritätsbeauftragten bei öffentlichen Stellen eine zentrale Rolle. Der strategische Rahmen für die Korruptionsbekämpfung sieht jedoch keine Maßnahmen in anderen für die Korruptionsprävention einschlägigen Bereichen vor, so z. B. Finanzierung politischer Parteien, Offenlegung von Vermögenswerten oder Regulierung von Lobbyismus und dem Drehtüreffekt. Risiken im Zusammenhang mit Klientelismus, Günstlingswirtschaft und Vetternwirtschaft auf der oberen Ebene der öffentlichen Verwaltung oder Risiken, die an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik entstehen, werden ebenfalls nicht berücksichtigt. Nach der Integritätsumfrage 2019 des staatlichen Rechnungshofs wurde der höchste Risikograd für Korruption für Regierungsstellen (50 %), örtliche Verwaltungsbehörden (51 %) und Hochschulbildung (50 %) ausgerechnet. Im Zeitraum 2015-2019 hatte Ungarn mit 43 die größte Anzahl an Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) unter den Mitgliedstaaten, die mit einer Finanzempfehlung abgeschlossen wurde.
Die Überprüfung von Vermögens- und Interessenerklärungen kann im Hinblick auf systematische Kontrollen und eine unabhängige Aufsicht verbessert werden. Ungarn hat ein umfassendes System zur Offenlegung von Vermögenswerten. Danach müssen Parlamentsmitglieder, Regierungsbeamte und Beamte ihre Vermögenswerte und Interessen offenlegen. Vermögens- und Interessenerklärungen der Regierungsmitglieder und hohen Beamten und Parlamentarier sind im Internet abrufbar
. Trotzdem erfolgen Überprüfungen nicht systematisch, sondern basieren auf Verdachtsmeldungen. Für die Überprüfung ist der Arbeitgeber des Beamten und für die Erklärungen der Parlamentsmitglieder und hochrangigen Regierungsbeamten der parlamentarische Ausschuss für Immunitätsfragen und Mandatsprüfung zuständig. Ein Verdacht auf unbegründeten gesteigerten Wohlstand kann zu einem Prüfverfahren durch die nationale Steuer- und Zollbehörde führen. Die Steuerbehörde kann jedoch ein solchen Verfahren nur einleiten, wenn die Ermittlungsbehörden auch strafrechtliche Untersuchungen eingeleitet haben, was den Spielraum für unabhängige Überprüfungen einschränkt. Die Frage der wirksamen Überwachung und Durchsetzung von Verhaltensregeln, Offenlegungen von Vermögenswerten und Interessenkonflikten durch Parlamentsmitglieder war Gegenstand von Empfehlungen der GRECO, die noch nicht umgesetzt wurde.
Lobbyismus ist in Ungarn nur teilweise reguliert und es gibt keine Vorschriften zur wirksamen Regulierung des Drehtüreffekts. Das spezielle Gesetz für Lobbyismus von 2010 wurde überarbeitet und schreibt jetzt vor, dass Beamte Kontakte mit Lobbyisten melden müssen. Beamte sind verpflichtet, ihre Vorgesetzten schriftlich darüber zu informieren, wenn bestimmte Treffen mit Lobbyisten ein Risiko für die Integrität der Organisation darstellen. Der Vorgesetze kann das Treffen verbieten oder es von der Anwesenheit eines Dritten abhängig machen. Der anwendbare Erlass regelt jedoch nur bestimmte Aspekte von Treffen zwischen Regierungsbeamten und Lobbyisten. Insbesondere schreibt er weder die verpflichtende Registrierung von Lobbyisten oder eine Verpflichtung zur Offenlegung oder Meldung von Kontakten mit Lobbyisten an eine unabhängige Kontrollstelle vor noch die Anforderung an Beamte, für solche Kontakte eine Genehmigung einzuholen und darüber zu berichten. Die GRECO stellte fest, dass eine Verbesserung der Integritätsstandards, die Einführung eines Verhaltenskodex für Parlamentsmitglieder und die Sicherstellung einer wirksamen Aufsicht und Durchsetzung von Verhaltensregeln und Interessenkonflikten erforderlich sind. In Ungarn fehlt die spezielle Regelung zur Verhinderung des Drehtüreffekts. Obwohl sowohl das Arbeitsgesetzbuch als auch ein besonderes Gesetz für Beamte Vertraulichkeitsklauseln enthalten, schreiben sie keine Karenzzeit vor.
Ungarn hat ein spezielles Gesetz zum Schutz von Whistleblowern. Das Gesetz zum Schutz von Whistleblowern schreibt die Anonymität der Whistleblower vor und erlaubt die elektronische Einreichung von Beschwerden über ein spezielles Meldeportal, das vom Bürgerbeauftragten („Beauftragter für Grundrechte“) (siehe Abschnitt „Sonstige institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung“) betrieben wird. Der Bürgerbeauftragte verfügt jedoch nur über begrenzte Zuständigkeit im Zusammenhang mit Meldungen, die in seinem Büro eingehen. In der Praxis besteht die Hauptaufgabe des Bürgerbeauftragten darin, die Meldungen an die zuständigen Behörden weiterzuleiten. Diese Meldungen werden nicht automatisch an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet und es wird stattdessen zuerst eine Verwaltungsuntersuchung durch den Integritätsbeauftragten der betroffenen Einrichtung durchgeführt. Integritätsbeauftragte unterstehen direkt dem Leiter ihrer Einrichtung. Der Bürgerbeauftragte kann jedoch auf Ersuchen oder von Amts wegen prüfen, ob diese Behörden die Meldungen ordnungsgemäß bearbeitet haben. Die Offenlegungen im öffentlichen Interesse werden von den betroffenen Einrichtungen untersucht und ihre Stellungnahme mit dem Ergebnis der Untersuchung in einem elektronischen Register gespeichert.
Die Finanzierung von Parteien gibt in Ungarn nach wie vor Anlass zur Besorgnis. Die GRECO stellte fest, dass die Register der politischen Parteien zwar transparent sind, es aber an Klarheit bei den Quellen der Einnahmen der Parteien und der Dauer der Wahlkampagnen fehlt. Auch hinsichtlich der staatlichen Subventionen, die die politischen Parteien erhalten, sollte ein Überwachungsmechanismus vorhanden sein.
III.Medienpluralismus
Der Schutz von Medienfreiheit und -pluralismus in Ungarn ist im Grundgesetz und in sektoralen Gesetzen (Mediengesetz und Gesetz über Pressefreiheit) vorgeschrieben. Das Gesetz über Pressefreiheit schreibt vor, dass die Freiheit der Presse Unabhängigkeit vom Staat und von allen Organisationen und Interessengruppen verkörpert. Das Recht auf Zugang zu öffentlichen Informationen wird vom Grundgesetz anerkannt und findet seinen Niederschlag im Gesetz über die Informationsfreiheit. Das Mediengesetz sieht die Errichtung der nationalen Medien- und Kommunikationsbehörde (im Folgenden „Medienbehörde“) vor, deren Entscheidungsgremium der Medienrat ist.
Obwohl die Medienbehörde über angemessene Ressourcen verfügt, besteht ein Risiko für die Unabhängigkeit und Wirksamkeit des Medienrats. Der Medienrat besteht aus einem Präsidenten und vier vom Parlament gewählten Mitgliedern. Die Benennungsvorschriften sollen einen politischen Konsens bei der Ernennung der Mitglieder des Medienrats begünstigen. Im Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus 2020 (MPM 2020) wird darauf hingewiesen, dass diese Vorschriften in der Praxis die Regierungspartei nicht davon abgehalten haben, alle fünf Mitglieder des Medienrats zu benennen. Laut MPM 2020 ist die Unabhängigkeit und Wirksamkeit des Medienrats mit einem mittleren Risiko (53 %) behaftet.
Das Forum der Chefredakteure in Ungarn (Főszerkesztők Fóruma) ist eine 2012 gegründete branchenspezifische NRO. Sie vereint Redakteure aller großen elektronischen, Print- und Online-Medien in Ungarn auf freiwilliger Basis. Ihre Hauptziele sind insbesondere die Stärkung der Berufsethik in der journalistischen Ausbildung, das Erstellen von Leitlinien, die Förderung der bewährten Verfahren beim ethischen Journalismus und die Erhöhung des Vertrauens in die Medien sowie die Formulierung von Selbstregulierungsverfahren für Medien. Im Jahr 2015 hat das Forum ethische Standards und Werte für den Journalismus festgelegt, insbesondere Unparteilichkeit, Sorgfalt, Vorschriften für die Beschaffung von und den Umgang mit Informationen. Es zielt darauf ab, Qualitätsjournalismus insbesondere mit Preisen für Journalisten zu fördern.
Es besteht ein hohes Risiko für die Vielfalt des Medienmarkts in Ungarn. Kraft eines Regierungserlasses wurde die Fusion von mehr als 470 regierungsnahen Medien zum neugegründeten Medienkonzern KESMA im November 2018 von der Prüfung durch die Wettbewerbsbehörde und der Medienbehörde ausgeschlossen, weil sie zu „einer Fusion von strategischer nationaler Bedeutung“ erklärt wurde und so der Prüfung durch die Behörden entging. Durch Entscheidung vom 25. Juni 2020 wies das Verfassungsgericht einen von einem Viertel der Parlamentsmitglieder gestellten Antrag zur Anfechtung des Regierungserlasses zurück. Das Verfassungsgericht stellte fest, dass es allein und ausschließlich das Vorrecht der Regierung sei, Angelegenheiten „von strategischer nationaler Bedeutung“ zu bestimmen und nichts an der Fusion könne als unbedingt gefährdend für den Medienpluralismus im Land angesehen werden. Ein Ad-hoc-Bericht an das Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit kam zu dem Schluss, dass „die Gründung von KESMA durch die Fusion von mehr als 470 … verschiedenen Medien die Gesamtrisiken [für den Medienpluralismus in Ungarn] erhöhen wird“ über mehrere vom Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus analysierte Hauptindikatoren, insbesondere Arbeitsbedingungen für Journalisten, horizontale und medienübergreifende Eigentumskonzentration und die Zuweisung von staatlicher Werbung. Insbesondere stellte der Bericht nach der Analyse dieser Entwicklungen unter dem Aspekt der Unabhängigkeit der Medienbehörde von politischen und/oder wirtschaftlichen Einflüssen und der Befugnis der Regierung, sich über die Medienbehörde hinwegzusetzen, fest, dass „der vollständige Ausschluss der Prüfung durch die ungarische Medienbehörde eines bedeutenden Betriebs wie KESMA … ein weiteres Risikoelement“ für den Medienpluralismus in Ungarn bedeute. Ernsthafte Bedenken wurden von ungarischen und europäischen Medienfreiheitsorganisationen und der Zivilgesellschaft geäußert, nachdem der Chefredakteur der meistgelesenen unabhängigen Nachrichtenmedienseite Index.hu am 22. Juli 2020 entlassen wurde, was die Kündigung fast aller Journalisten dieser Seite nach sich zog. Die Bedenken umfassten auch die Tatsache, dass Index.hu dem Muster der wirtschaftlichen Übernahmen der restlichen unabhängigen Nachrichtenmedien durch regierungsnahe Geschäftsleute folgen könnte, wie dies bei der Nachrichtenmedienseite Origo der Fall war.
Die Transparenz von Medieneigentum ist in den sektorspezifischen Gesetzen nicht reguliert. Anbieter von linearen Mediendiensten müssen die Medienbehörde über ihr direktes oder indirektes Eigentum (oder das ihrer Muttergesellschaft) an Mediendienstanbietern informieren. Das Mediengesetz enthält detaillierte Vorschriften zur Prävention einer Medienmarktkonzentration. Der MPM 2020 sieht jedoch die Lage hinsichtlich der Transparenz von Medieneigentum als mit hohem Risiko behaftet (75 %).
Staatliche Werbung ermöglicht es der Regierung, indirekt politischen Einfluss auf die Medien zu nehmen. Nach dem Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus und wie von Interessenträgern
vorgebracht, besteht das höchste Risiko für die Medienfreiheit und den Medienpluralismus in Ungarn im Bereich der politischen Unabhängigkeit (82 %). Laut Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus sind direkte politische Einflussnahme und Kontrolle zwar nicht weitverbreitet, doch sei allgemein bekannt, dass indirekt Einfluss auf die Medien genommen wird. Der oben erwähnte KESMA-Konzern wird als Höhepunkt dieses Prozesses hinsichtlich regierungsnaher Medien angesehen. Dies wurde durch einen Mangel an Gesetzen und Transparenz bei der Verteilung von staatlicher Werbung verschlimmert, wodurch der MPM 2020 diesen Indikator mit dem höchstmöglichen Risikograd bewertete (97 %). Der MPM 2020 unterstreicht die Tatsache, dass im Jahr 2019 der Anteil der staatlichen Werbung, die an regierungsfreundliche Printmedien vergeben wurde, bei 75 %, auf dem Fernsehmarkt bei 95 %, auf dem Online-Nachrichtenmarkt bei 90 % und auf dem Hörfunkmarkt bei 90 % lag.
Der Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen wird behindert. Diesen Bereich stuft der MPM 2020 mit „niedriges Risiko“ ein und betont, dass, während die anwendbaren Gesetze eindeutig sind und Gerichte
dazu tendieren, Journalisten und der Öffentlichkeit Zugang zu gewähren, Gerichtsurteile, die Entscheidung öffentlicher Stellen aufheben, in der Praxis häufig nicht vollstreckbar sind
. Im Jahr 2016 empfahl der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechtsverteidiger, Ungarn solle die Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit Informationsfreiheit und Datenschutz prüfen, um freien und ungehinderten Zugang zu Informationen von allgemeinem Interesse garantieren zu können
. Dieses Thema wurde auch in einer länderspezifischen Empfehlung im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 aufgegriffen
. Das Gesetz über Informationsfreiheit sieht vor, dass jedes „Organ, das öffentliche Aufgaben erfüllt“, Zugang zu Daten von allgemeinem Interesse, die sich in seinem Besitz befinden, gewähren muss, vorbehaltlich der im Gesetz genannten Ausnahmefälle
. Während das Gesetz über Informationsfreiheit relativ stabil ist, wurden Änderungen anderer sektoraler Gesetze Stück für Stück weiter umgesetzt und griffen so das allgemeine Rahmenwerk an Transparenz und Zugang zu Informationen an
. Im Jahr 2013 änderte
Ungarn das Gesetz über Informationsfreiheit, um „missbräuchliche“ Auskunftsersuchen zu verhindern. Im Jahr 2016 verabschiedete die Regierung einen Erlass
, mit dem öffentliche Einrichtungen ermächtigt werden, den Ersatz von Kosten zu verlangen, die durch das Ersuchen auf Zugang zu öffentlichen Informationen verursacht werden, sollte die Antwort der öffentlichen Stelle auf das Ersuchen zusätzliche Arbeit erfordern. Hinsichtlich des direkten Zugangs von Journalisten zu öffentlichen Veranstaltungen berichtet der MPM 2020, dass es immer häufiger vorkommt, dass Journalisten der Zugang zu bestimmten öffentlichen Veranstaltungen verweigert wird.
Unabhängige Medienunternehmen werden systematisch behindert und eingeschüchtert. Mérték Media Monitor berichtete, dass regierungsnahe Medien etwa 80 % der Erträge des Nachrichtenmedienmarktes und der Berichterstattung über politischen Inhalten kontrollieren
. Der kleine Marktanteil der unabhängigen Medien ist zudem von einer systematischen Behinderung und Einschüchterung unabhängiger Journalisten und Medienunternehmen gekennzeichnet. Nachforschungen der ungarischen Bürgerrechtsvereinigung („TASZ“) im Jahr 2019 und während der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 deuten auf eine „systematische Behinderung der Arbeit unabhängiger Medien“ hin, insbesondere durch Ignorieren von Presseanfragen, Beschränkung des Zutritts von Journalisten und Diskreditieren, Stigmatisierung und Einschüchterung von Quellen. Es gab keine Berichte über körperliche Angriffe auf Journalisten oder andere Medienschaffende. In Ungarn gehört eine Freiheitsstrafe zu den vorgesehenen Strafen für Verleumdung. Im Jahr 2019 veröffentlichte die Plattform des Europarates für den Schutz des Journalismus und für die Förderung der Sicherheit von Journalisten zwei Warnmeldungen für Ungarn über die Beschränkung der Tätigkeiten von Journalisten im Parlament und eine Schmierkampagne gegen zwei Reporter der Index.hu in regierungsnahen Medien, Rechtsaußenmedien und durch Plakate in Budapest, die weitgehend als antisemitisch eingestuft wurden. Im selben Jahr veröffentlichte eine regierungsnahe Wochenzeitschrift eine Liste von über 200 Personen, darunter mehrere Journalisten, die als „Söldner“ von George Soros bezeichnet wurden. Im Jahr 2020 veröffentlichte die Plattform vier Warnmeldungen über das Verbot der Veröffentlichung des Wirtschaftsmagazins Forbes Ungarn, über Weisungen der Regierung an ungarische staatliche Medien, eine Genehmigung einzuholen, bevor über bestimmte Themen geschrieben wird, über eine Kampagne mit rechtlichen und anderen Bedrohungen und Einschüchterung des Comiczeichners Gábor Pápai, nach der Veröffentlichung eines angeblich gotteslästerlichen Cartoons und über den Gesetzesentwurf (der am 30. März 2020 zum Gesetz wurde), mit dem die Straftat der Verbreitung von „Falschinformationen“ über COVID-19 eingeführt und mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren belegt wurde. Ungarn hat zu mehreren dieser Warnmeldungen detailliert Stellung genommen. Zur Strafbarkeit von Angabe und Verbreitung von Falschinformationen über die Pandemie führte die Europäische Kommission an, dass dies zu Bedenken hinsichtlich der Rechtssicherheit führt und eine abschreckende Wirkung auf die Meinungsfreiheit haben könnte.
IV.Sonstige institutionelle Fragen im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung
Ungarn ist eine parlamentarische Republik mit einem Einkammerparlament (Nationalversammlung). Das Parlament verabschiedet und ändert unter anderem das ungarische Grundgesetz, erlässt Gesetze, wählt den Premierminister und wählt – mit einer Zweidrittelmehrheit – die wichtigsten Beamten des Landes. Der Präsident der Republik wird vom Parlament gewählt. Eine Reihe von Einrichtungen hat die Aufgabe, die Befugnisse der Legislative und der Exekutive auszugleichen, dazu gehören das Verfassungsgericht, der staatliche Rechnungshof und der Bürgerbeauftragte („Beauftragter für Grundrechte“). Nicht nur die Regierung, der Präsident der Republik und jeder Parlamentsausschuss sind berechtigt, Gesetzesentwürfe einzureichen, sondern auch jedes Parlamentsmitglied.
Der Einsatz öffentlicher Konsultationen und Folgenabschätzungen hat nachgelassen. Das ungarische Recht sieht vor, dass öffentliche Konsultationen sowie Ex-ante- und Ex-post-Folgenabschätzungen eingesetzt werden müssen. In der Praxis erfolgen Konsultationen und Folgenabschätzungen eher formell oder symbolisch. Im Rahmen des Europäischen Semesters wurden Bedenken im Zusammenhang mit der Beteiligung der Sozialpartner und der Qualität und Vorhersehbarkeit der Politikgestaltung geäußert. Konsultationen und Folgenabschätzungen wurden immer wieder durch die Anwendung besonderer Gesetzgebungsverfahren, etwa durch Eilverfahren oder Gesetzesentwürfe einzelner Kabinettsmitglieder, umgangen, da Konsultationen und Folgenabschätzungen nur auf von der Regierung vorgelegte Gesetzesentwürfe Anwendung finden.
Am 11. März 2020 wurde von der Regierung als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie die „Gefahrenlage“ erklärt. Die Dauer der „Gefahrenlage“ war nicht vorab festgelegt, und es lag im Ermessen der Regierung, sie aufrechtzuerhalten oder zu beenden. Am 30. März 2020 verabschiedete das Parlament ein neues Gesetz, das es der Regierung erlaubte, Gesetze per Erlass außer Kraft zu setzen. Die gewährten Notstandsbefugnisse schienen angesichts der Kombination aus weitgefassten Befugnissen und dem Fehlen einer eindeutigen zeitlichen Begrenzung weitreichend zu sein. Bestimmte, im Rahmen dieser Befugnisse ergriffene Sofortmaßnahmen warfen Fragen hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit auf und beeinträchtigten Geschäftstätigkeiten sowie die Stabilität des Regelungsumfelds. Dieses Thema wurde auch in einer länderspezifischen Empfehlung im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 aufgegriffen, in der der Rat empfahl, dass Ungarn „sicherstellt, dass jegliche Sofortmaßnahmen streng verhältnismäßig, zeitlich begrenzt und im Einklang mit europäischen und internationalen Standards sind und die Geschäftstätigkeiten und die Stabilität des Regelungsumfelds nicht beeinträchtigten“. Am 18. Juni 2020 erklärte die ungarische Regierung die „Gefahrenlage“ für beendet und rief bis zum 18. Dezember 2020 den „Gesundheitsnotstand“ aus. Die Anwendbarkeit einiger der Sofortmaßnahmen wurde über die „Gefahrenlage“ hinaus verlängert. Einige Sofortmaßnahmen wurden vor dem Verfassungsgericht angefochten. Im Juli 2020 wies das Verfassungsgericht einen Antrag auf Prüfung einer während der „Gefahrenlage“ verabschiedeten Sofortmaßnahme zurück und begründete dies mit seiner fehlenden Zuständigkeit für Steuer- und Budgetsachen.
Zum Verfahren der Verfassungsbeschwerde wurden durch das „Omnibus“-Gesetz im Dezember 2019 neue Vorschriften eingeführt. Infolge dieser Gesetzesreform sind Verwaltungsbehörden berechtigt, eine bereits rechtskräftige Gerichtsentscheidung vor dem Verfassungsgericht anzufechten, wenn diese ihre Rechte verletzt und ihre Befugnisse nach dem Grundgesetz einschränkt. Eine solche Verfahrensregelung wirft Fragen hinsichtlich des Grundsatzes der Rechtssicherheit auf.
Während der Beauftragte für Grundrechte mit „A-Status“ bewertet wurde, wurde seine Reakkreditierung verschoben. Im Oktober 2019 war der UN-Unterausschuss für Akkreditierung („SCA“) der Auffassung, dass die Informationen zu den ergriffenen Maßnahmen als Reaktion auf eine Reihe von Empfehlungen und geäußerten Bedenken unzureichend waren. Der SCA vertrat die Auffassung, dass das Auswahlverfahren nicht ausreichend weitreichend und transparent ist, und dass die vom Beauftragten vorgelegten Informationen keine angemessenen Bemühungen nachweisen, alle Menschenrechtsfragen zu berücksichtigen, außerdem waren seine Äußerungen nicht dazu geeignet, alle Menschenrechte zu fördern und zu schützen. Dies wurde insbesondere hinsichtlich des Standpunkts des Beauftragten über das „Gesetz über vom Ausland finanzierte Organisationen“ angesprochen (siehe unten). Der SCA empfahl auch, sich für angemessene Finanzierung stark zu machen. Ab Mai 2020 sieht ein neues Gesetz über den Status und die Vergütung der Beschäftigten des Beauftragten eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich 30 % vor. Zudem übernahm der Beauftragte 2020 die Zuständigkeiten der unabhängigen Polizeibeschwerdestelle. Bedenken wurden geäußert hinsichtlich der Unabhängigkeit einer Reihe von Einrichtungen und ihrer Fähigkeit, als Gegengewicht zu den Befugnissen der Regierung fungieren zu können.
Die Zivilgesellschaft bleibt unter Druck, vor allem wenn sie gegenüber der Regierung eine kritische Haltung einnimmt. Im Juni 2020 stellte der Gerichtshof fest, dass das im Juni 2017 verabschiedete ungarische Gesetz über die Transparenz von mit ausländischen Mitteln finanzierten zivilgesellschaftlichen Organisationen nicht mit dem freien Kapitalverkehr und dem Recht auf Vereinigungsfreiheit sowie den Rechten auf den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, wie sie in der Charta der Grundrechte verankert sind, vereinbar sind. Legislative Maßnahmen, die zum Vollzug des Urteils des Gerichtshofs erforderlich sind, werden vorbereitet. Im November 2019 verwies die Kommission Ungarn zum Gerichtshof im Zusammenhang mit einem Gesetzespaket (von der Regierung als „Stop Soros“ bezeichnet), das die Organisation eines Hilfsangebots für Menschen, die Asyl beantragen möchten, von einer Person im Namen von nationalen, internationalen oder Nichtregierungsorganisationen unter Strafe stellte. Im Juni 2018 veröffentlichten die Venedig-Kommission und die OSZE/der BDIMR eine gemeinsame Stellungnahme und zogen den Schluss, dass die geprüften Bestimmungen gegen das Recht der Vereinigungsfreiheit und der Meinungsfreiheit verstoßen und ersetzt werden müssen. Ein weiteres Gesetz, durch das eine spezielle Einwanderungssteuer von 25 % für finanzielle Unterstützung an Organisationen, deren „Tätigkeiten die Zuwanderung ermöglichen“ einführt, wurde von der Venedig-Kommission und der OSZE/dem BDIMR kritisiert. Zudem verhindert die von der Regierung und regierungsnahen Medien verwendete feindselige Rhetorik eine konstruktive Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen. Der zivilgesellschaftliche Raum in Ungarn wird mit „beschränkt“ bewertet. Es ist wichtig, dass der anwendbare Rechtsrahmen und das politische und öffentliche Umfeld die Empfehlungen des Europarates im Zusammenhang mit dem Schutz und der Förderung zivilgesellschaftlichen Raums berücksichtigen.
Anhang I: Liste der Quellen in alphabetischer Reihenfolge*
* Die Liste der Beiträge, die im Rahmen der Konsultation zum Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020 eingegangen sind, ist abrufbar unter (Website der Kommission).
Bericht der Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatović (2019) nach ihrem Besuch in Ungarn vom 4. bis 8. Februar 2019 – Straßburg, 21. Mai 2019.
https://rm.coe.int/report-on-the-visit-to-hungary-from-4-to-8-february-2019-by-dunja-mija/1680942f0d
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Bertelsmann Stiftung (2019), Sustainable Governance Indicators.
https://www.sgi-network.org/2019/Governance/Executive_Capacity/Evidence-based_Instruments
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Budapest Institute, Corruption Research Center Budapest (2019), Transparency and Integrity: the Online Presence of Hungarian Municipalities – Analysis of Urban Municipalities’ websites in Hungary.
http://www.crcb.eu/?p=1799
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CEPEJ (2018), European judicial systems - Efficiency and quality of justice, CEPEJ-Studie Nr. 26, Ausgabe 2018 (Daten 2016).
https://rm.coe.int/rapport-avec-couv-18-09-2018-en/16808def9c
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CIVICUS, Monitor tracking civic space: Hungary.
https://monitor.civicus.org/country/hungary/
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Eötvös Károly Közpolitikai Intézet (21. Februar 2020), Stellungnahme.
http://www.ekint.org/alkotmanyossag/2020-02-21/csend-vagy-kialtas-hallgathatnak-e-a-birak-ha-megtamadjak-a-biroi-fuggetlenseget
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Europäische Kommission (2020), EU-Justizbarometer 2020.
Europäische Kommission (2020), OLAF-Bericht 2019.
Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2019, SWD(2019) 1016 final.
Europäische Kommission, Länderbericht Ungarn 2020, SWD(2020) 516 final.
Europäische Vereinigung der Richter (EVR) (2019), Bericht über die Informationsreise der EVR nach Ungarn, 3. Mai 2019.
https://www.iaj-uim.org/iuw/wp-content/uploads/2019/05/Report-on-the-fact-finding-mission-of-a-delegation-of-the-EAJ-to-Hungary.pdf
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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 10. März 2015, Varga und andere/Ungarn, Beschwerden Nr. 14097/12, 45135/12, 73712/12, 34001/13, 44055/13, und 64586/13.
Europäischer Journalistenverband (2020), Hungary media freedom crackdown: our letter to EU leaders.
https://europeanjournalists.org/blog/2020/07/28/hungary-media-freedom-crackdown-our-letter-to-eu-leaders/
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Europäisches Netz der Räte für das Justizwesen (ENCJ) (2019): Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht der Justiz – ENCJ-Umfrage über die Unabhängigkeit von Richtern 2019
https://pgwrk-websitemedia.s3.eu-west-1.amazonaws.com/production/pwk-web-encj2017-p/Reports/Data%20ENCJ%202019%20Survey%20on%20the%20Independence%20of%20judges.pdf
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Europäisches Netz der Räte für das Justizwesen (ENCJ) und Rat der Anwaltschaften der Europäischen Union (CCBE) (2019): Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht der Justiz – ENCJ/CCBE Umfrage unter Rechtsanwälten über die Unabhängigkeit von Richtern, 2018-2019.
https://pgwrk-websitemedia.s3.eu-west-1.amazonaws.com/production/pwk-web-encj2017-p/Reports/ENCJ%20Survey%20on%20Independence%20Accountability%20of%20the%20Judiciary%20among%20lawyers%20%202019.pdf
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Europarat: Ministerkomitee (2010), Empfehlung CM/Rec(2010)12 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten zur Unabhängigkeit, Effizienz und Verantwortung von Richtern.
Europarat: Ministerkomitee (2018), Recommendation CM/Rec(2018)11 of the Committee of Ministers to member States on the need to strengthen the protection and promotion of civil society space in Europe.
Europarat: Ministerkomitee (2019), Entscheidung vom 25. September 2019, CM/Del/Dec(2019)1355/H46-11.
Europarat: Ministerkomitee (2020), Interimsentschließung CM/ResDH(2020)180.
Europarat: Venedig-Kommission (2010), Bericht über die Unabhängigkeit der Justiz, Teil I: Die Unabhängigkeit der Richter, CDL-AD(2010)004.
Europarat: Venedig-Kommission (2012), Ungarn – Opinion on Act CLI of 2011 on the Constitutional Court of Hungary, CDL-AD(2012)009.
Europarat: Venedig-Kommission (2012), Ungarn – Opinion on Act CLXIII of 2011 on the Prosecution Service and Act CLXIV of 2011 on the Status of the Prosecutor General, Prosecutors and other Prosecution Employees and the Prosecution Career of Hungary, CDL-AD(2012)008.
Europarat: Venedig-Kommission (2012), Ungarn – Opinion on Act CLXII of 2011 on the Legal Status and Remuneration of Judges and Act CLXI of 2011 on the Organisation and Administration of Courts of Hungary, CDL-AD(2012)001.
Europarat: Venedig-Kommission (2012), Ungarn – Opinion on the Cardinal Acts on the Judiciary that were amended following the adoption of Opinion CDL-AD(2012)001 on Hungary, CDL-AD(2012)020.
Europarat: Venedig-Kommission (2015), Ungarn – Opinion on Media Legislation (Act CLXXXV on Media Services and on the Mass Media, Act CIV on the Freedom of the Press, and the Legislation on Taxation of Advertisement Revenues of Mass Media) of Hungary, CDL-AD(2015)015.
Europarat: Venedig-Kommission (2017), Polen – Opinion on the Draft Act amending the Act on the National Council of the Judiciary; on the Draft Act amending the Act on the Supreme Court, proposed by the President of Poland, and on the Act on the Organisation of Ordinary Courts, CDL-AD(2017)031.
Europarat: Venedig-Kommission (2019), Ungarn – Opinion on the law on administrative courts and the law on the entry into force of the law on administrative courts and certain transitional rules, CDL-AD(2019)004.
Europarat: Venedig-Kommission (2020), Report – Respect for democracy, human rights and the rule of law during states of emergency: reflections – von der Venedig-Kommission am 19. Juni 2020 im Wege des schriftlichen Verfahrens anstelle der 123. Plenarsitzung zur Kenntnis genommen, CDL-AD(2020)014.
Europarat: Venedig-Kommission und Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/BDIMR) (2018), Ungarn – Joint Opinion on the Provisions of the so-called “Stop Soros” draft Legislative Package which directly affect NGOs (in particular Draft Article 353A of the Criminal Code on Facilitating Illegal Migration), CDL-AD(2018)013.
Europarat: Venedig-Kommission und Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/BDIMR) (2018), Ungarn – Joint Opinion on Section 253 on the special immigration tax of Act XLI of 20 July 2018 amending certain tax laws and other related laws and on the immigration tax, CDL-AD(2018)035-e.
Generaldirektion Kommunikation (2019), Flash-Eurobarometer 482: businesses’ attitudes towards corruption in the EU.
Generaldirektion Kommunikation (2020), Spezial-Eurobarometer 502: corruption.
Generalstaatsanwaltschaft (2019), Criminality and Criminal Justice.
http://ugyeszseg.hu/pdf/statisztika/Criminality_and_CriminalJustice_2009_2018.pdf
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Gerichtshof der Europäischen Union, Rechtssache C-564/19-IS, anhängig.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 18. Juni 2020, Kommission/Ungarn, C-78/18.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 19. November 2019, AK, verbundene Rechtssachen C‑585/18, C‑624/18 und C‑625/18.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 27. Februar 2018, Associação Sindical dos Juízes Portugueses, C-64/16.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 7. Februar 2019, Carlos Escribano Vindel, C-49/18.
Gerichtshof der Europäischen Union,
Rechtssache C-821/19, anhängig.
GRECO (2015), vierte Evaluierungsrunde – evaluation report on Hungary on Corruption prevention in respect of members of parliament, judges and prosecutors.
GRECO (2017), dritte Evaluierungsrunde – Second Addendum to the Second Compliance Report on Hungary on Incriminations (ETS 173 and 191, GPC 2) - Transparency of Party Funding.
GRECO (2018), vierte Evaluierungsrunde – Interim compliance report on Hungary on Corruption prevention in respect of members of parliament, judges and prosecutors.
GRECO (2019), Ungarn: Ungenügende Fortschritte und mangelnde Transparenz behindern Kampf gegen Korruption (1. März 2019).
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Human Rights Watch (23. März 2020), Hungary’s Orban Uses Pandemic to Seize Unlimited Power.
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Index.hu (24. Juli 2020), Editorial board of Index and more than 70 staff members resign.
https://index.hu/english/2020/07/24/editorial_board_of_index_resigns
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Internationales Presseinstitut (2020), Hungary seeks power to jail journalists for ‘false’ COVID-19 coverage (23 March 2020).
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Internationales Presseinstitut (IPI), Artikel 19, das Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ), Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF), die Europäische Journalisten-Föderation (EFJ), Free Press Unlimited (FPU) und Reporter ohne Grenzen (ROG) (2019): Conclusions of the joint international press freedom mission to Hungary (3. Dezember 2019).
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Kúria (2018), A “közérdekű adatok kiadásával kapcsolatos perek” bírósági gyakorlata tárgykörére felállított joggyakorlat-elemző csoport összefoglaló véleménye, 3. Dezember 2018).
https://kuria-birosag.hu/sites/default/files/joggyak/osszefoglalo_velemeny_adatvedelem.pdf
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Menschenrechtskommissarin des Europarats 2018, Commissioner calls on Hungary’s President to return to the Parliament the legislative package on administrative courts (Stellungnahme vom 14. Dezember 2018).
https://www.coe.int/en/web/commissioner/-/commissioner-calls-on-hungary-s-president-to-return-to-the-parliament-the-legislative-package-on-administrative-courts
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Mérték Media Monitor (2019): Fidesz-friendly media dominate everywhere.
https://mertek.eu/en/2019/05/02/fidesz-friendly-media-dominate-everywhere/https://mertek.eu/en/2019/05/02/fidesz-friendly-media-dominate-everywhere/
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Nationale Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit (2019), Annual Report of the National Authority for Data Protection and Freedom of Information 2018, National Authority for Data Protection and Freedom of Information, Budapest.
https://naih.hu/files/NAIH-Annual-report-2018-v190830.pdf
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Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (2019), Umsetzung der OECD-Konvention gegen die Bestechung ausländischer Amtsträger. Phase 4 Bericht Ungarn.
Plattform des Europarates für den Schutz des Journalismus und für die Förderung der Sicherheit von Journalisten – Ungarn.
https://www.coe.int/en/web/media-freedom/hungary
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Rat der Europäischen Union (2019), Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2019, ABl. C 301 vom 5.9.2019, S. 101.
Rat der Europäischen Union (2020), Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Ungarns 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Ungarns 2020, ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 17.
Reporter ohne Grenzen (2020), ‘Hungary: Urgent EU response needed to leading independent news site’s demise.’ (28. Juli 2020).
https://rsf.org/en/news/hungary-urgent-eu-response-needed-leading-independent-news-sites-demise
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Reporter ohne Grenzen 2020, Rangliste der Pressefreiheit.
https://rsf.org/en/ranking
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Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechtsverteidiger (2016), End of mission statement by Special Rapporteur on the situation of human rights defenders, Besuch in Ungarn 8.-16. Februar 2016.
https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=17048&LangID=E
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Transparency International (2019), Korruptionswahrnehmungsindex.
Ungarische Anwaltskammer (21. Januar 2020), Stellungnahme des Präsidiums.
https://jogaszvilag.hu/napi/a-magyar-ugyvedi-kamara-visszautasitja-az-ugyvedeket-ert-tamadasokat/
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Ungarische Bürgerrechtsvereinigung (2020), Research on the obstruction of the work of journalists during the coronavirus pandemic in Hungary (15. April 2020).
https://tasz.hu/a/files/coronavirus_press_research.pdf
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Ungarische Regierung (2020), Input von Ungarn für den Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020.
Ungarische Richtervereinigung („MABIE“) (10. März 2020), Stellungnahme.
http://mabie.hu/index.php/1526-a-birok-neveben
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Vereinte Nationen (2019), Globale Allianz der Nationalen Menschenrechtsinstitutionen (GANHRI), UN-Unterausschuss für Akkreditierung (SCA), Akkreditierungsbericht – Oktober 2019.
Virtueller Länderbesuch in Ungarn im Zusammenhang mit dem Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020.
Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2019), Assessing certain recent developments in the Hungarian media market through the prism of the Media Pluralism Monitor.
https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/79196553-5c39-11ea-8b81-01aa75ed71a1
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Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2019), Decriminalisation of Defamation.
https://cmpf.eui.eu/wp-content/uploads/2019/01/decriminalisation-of-defamation_Infographic.pdf
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Zentrum für Medienpluralismus und -freiheit (2020), Überwachungsmechanismus für Medienpluralismus 2020.
https://cmpf.eui.eu/media-pluralism-monitor/mpm-2020
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Anhang II: Länderbesuch in Ungarn
Die Kommissionsdienststellen hielten im Juni 2020 virtuelle Treffen ab mit den folgenden Stellen:
·Amnesty International Ungarn
·Büro des Beauftragten für Grundrechte
·Büro des Verfassungsgerichts
·Corruption Research Center Budapest
·Eötvös Károly Közpolitikai Intézet
·Forum der Chefredakteure (Főszerkesztők Fóruma)
·Gesetzgebungsausschuss der Nationalversammlung
·Innenministerium
·Justizministerium
·K-Monitor
·Kuria
·Landesgerichtsamt
·Landesrichterrat
·Mérték Media Monitor
·Nationale Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit
·Nationalen Medien- und Kommunikationsbehörde
·Staatlicher Rechnungshof
·Staatsanwaltschaft Ungarn
·Transparency International Ungarn
·Ungarische Anwaltskammer
·Ungarische Bürgerrechtsvereinigung
·Ungarisches Helsinki-Komitee
* Die Kommission traf zudem die folgenden Organisationen in einer Reihe horizontaler Sitzungen:
·Amnesty International
·Civil Liberties Union for Europe
·Civil Society Europe
·EuroCommerce
·Europäisches Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (European Centre for Press and Media Freedom, ECPMF)
·Europäisches Zivilforum
·European Center for Not-for-Profit Law
·Free Press Unlimited
·Front Line Defenders
·ILGA-Europa
·Internationale Föderation für Menschenrechte (Fédération internationale pour les droits humains, FIDH)
·Internationale Juristen-Kommission (International Commission of Jurists, ICJ)
·Internationales Presseinstitut
·Konferenz Europäischer Kirchen
·Lifelong Learning Platform
·Open Society Justice Initiative/Open Society European Policy Institute
·Reporter ohne Grenzen
·Transparency International EU