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Document 52020DC0808

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Wirksamkeit der Einführung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112

    COM/2020/808 final

    Brüssel, den 15.12.2020

    COM(2020) 808 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    über die Wirksamkeit der Einführung der einheitlichen europäischen
    Notrufnummer 112


    1.Einleitung

    Dieser Bericht wurde im Einklang mit Artikel 109 Absatz 4 des europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation 1 (EKEK) erstellt und gibt einen Überblick über die Wirksamkeit der Einführung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112. Der Bericht stützt sich auf die Angaben, die die Mitgliedstaaten und zwei EWR-Länder (Island und Norwegen) in dem Fragebogen 2 zur Umsetzung des Notrufs und der europäischen Notrufnummer 112 gemacht haben und der an den Kommunikationsausschuss (COCOM) 3 übermittelt wurde. Diese Datenerhebung war die vierzehnte dieser Art, die die Kommissionsdienststellen seit 2007 durchgeführt haben.

    Gemäß Artikel 109 Absatz 4 EKEK legt die Kommission bis zum 21. Dezember 2020 und danach alle zwei Jahre dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Wirksamkeit der Einführung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 vor.

    Bei der Datenerhebung wurde auf spezifische Fragen zurückgegriffen, um den Stand der Umsetzung der EU-Vorschriften und die Verbesserung der nationalen Systeme der Notrufabfragestellen zu bewerten. Der Berichtszeitraum für die quantitativen Daten (z. B. die Anzahl der Notrufe unter der Nummer 112) ist der Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2019. Bei der Bewertung der Verfügbarkeit eines Systems (z. B. Lösungen zur Bestimmung des Anruferstandorts, Anwendung usw.) wird in diesem Bericht auf die aktuellsten verfügbaren Informationen zurückgegriffen. Die Mitgliedstaaten und COCOM-Beobachter aus Bewerber- und EWR-Ländern wurden am 10. Juni 2020 aufgefordert, ihre Antworten bis zum 4. September 2020 einzureichen.

    Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, Messinstrumente für die Überwachung einer Reihe von Indikatoren zu entwickeln, um genaue Daten darüber liefern zu können, wie ihre 112-Systeme funktionieren. Werden in diesem Bericht Mitgliedstaaten nicht in Bezug auf eine qualitative oder quantitative Bewertung genannt, bedeutet das, dass die relevanten Daten den Kommissionsdienststellen nicht übermittelt wurden. Die statistischen Daten werden im Detail in den Anhängen dieses Berichts aufgeführt.

    2.Notrufe unter der Nummer 112

    Die einheitliche europäische Notrufnummer 112 wurde 2019 fast 150 Millionen Mal von Endnutzern in der EU angerufen. Während die Zahl der Verbindungen mit der Nummer 112 auf dem Vorjahresniveau 4 blieb, sank die Gesamtzahl der Notrufe um 4,5 % auf 267 Millionen. Anrufe unter der Nummer 112 machten 56 % aller Notrufe aus.

    112 ist die einzige Notrufnummer in Dänemark, Estland, Finnland, Malta, den Niederlanden, Portugal, Rumänien und Schweden sowie im EWR-Land Island. In diesen Ländern werden jedoch nur 20 % aller Notrufe unter der Nummer 112 in der EU abgesetzt. Die große Mehrheit der unter der Nummer 112 getätigten Notrufe erfolgt in Ländern, in denen noch landeseigene Notrufnummern verwendet werden. In diesen Mitgliedstaaten variiert die Nutzung der einheitlichen europäischen Notrufnummer erheblich, von 9 % in Frankreich bis zu 99 % in Bulgarien.

    Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Notrufe unter der Nummer 112

    Die Anzahl der Notrufe unter der Nummer 112 hängt davon ab, inwieweit die Endnutzer Kenntnis von der Verfügbarkeit der Nummer 112 haben, aber auch davon, ob es daneben noch „herkömmliche“ landeseigene Notrufnummern gibt. In den Mitgliedstaaten, in denen noch landeseigene Nummern verwendet werden, hängt die Nutzung der Nummer 112 von der Effektivität der Organisation der Notrufabfragestellen ab.

    In Ländern, in denen jeder Notdienst über seine eigene Notrufabfragestelle verfügt, sollte dafür gesorgt werden, dass Notrufe unter der Nummer 112 effektiv weitergeleitet und von der am besten geeigneten Notrufabfragestelle bearbeitet werden. Die Einführung nationaler Systeme der Notrufabfragestellen nach dem neuesten Stand der Technik ermöglicht eine verbundene und redundante Bearbeitung sowohl der Notrufe unter der Nummer 112 als auch derer unter den landeseigenen Nummern und bietet Zugang zu allen erforderlichen Notdiensten. Diese Systeme sollten über eine Weiterleitungsfunktion verfügen, die an den aktuellen Entwicklungsstand der Technik angepasst ist, damit alle Notrufe – Anrufe, textbasiert, Videos, auch von netzunabhängigen Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste – von der am besten geeigneten Notrufabfragestelle und dem am besten geeigneten Notdienst bearbeitet werden.

    Die Zahl der von Mobiltelefonen getätigten Anrufe lag weit über der Zahl der Anrufe von Festnetztelefonen. Im Durchschnitt wurden 73 % der Notrufe von Mobiltelefonen abgesetzt. Die Verwendung von Mobiltelefonen für Notrufe unterscheidet sich allerdings je nach Mitgliedstaat erheblich, von 55 % in Kroatien und Luxemburg bis 97 % in Tschechien und 98 % in Lettland.

    Die zunehmende Marktdurchdringung von Mobiltelefonen – insbesondere Smartphones – zeigt, wie wichtig ein ununterbrochener Zugang zu Notdiensten in den Mobilfunknetzen ist. Es ist auch zu erkennen, dass Notrufe durch die wachsende Menge an Daten und Merkmalen aus dem Netz und vom Gerät des Endnutzers effektiver werden können (z. B. Anruferstandort, Text und Video für Endnutzer mit Behinderungen, vertikale Lokalisierung (Z-Achse) und andere kontextbezogene Daten).

    Beim Verhältnis von Fehlanrufen 5 zur Gesamtzahl der Notrufe bestehen zwischen den Mitgliedstaaten 6 erhebliche Unterschiede; in Griechenland werden 78 % erreicht. In einigen Mitgliedstaaten sind Anrufe von Geräten ohne SIM-Karte nicht erlaubt, um das Risiko von Fehlanrufen zu mindern, die möglicherweise das Notrufabfragestellensystem belasten könnten. In den meisten Mitgliedstaaten (19) 7 und in Island ist der Zugang zu Notdiensten von Telefonen ohne SIM-Karte jedoch vorgeschrieben.

    Abbildung 2: Prozentualer Anteil der Fehlanrufe bei Notrufnummern

    Laut Artikel 109 EKEK können die Mitgliedstaaten andere Arten von Notrufen als Anrufe der Nummer 112 anordnen. Derzeit ist in einigen Mitgliedstaaten SMS- und App-basierte Kommunikation als alternative Zugangsmethode für alle Endnutzer möglich.

    In 13 Mitgliedstaaten und in Island sind SMS-basierte Notrufe für alle Endnutzer zugelassen. 8 In zehn Mitgliedstaaten 9 und in Island wird die Notruf-SMS an die Nummer 112 gesendet. Die Anzahl der per SMS abgegebenen Notrufe variiert erheblich und hängt vom Grad der Bekanntheit dieser Form von Notrufen ab. Sie reicht von ein paar wenigen bis Zehntausenden Notrufen per SMS. Neun Mitgliedstaaten und Island bestätigten, dass kostenlose Notrufe per SMS gewährleistet sind.

    Zusätzlich zu der Möglichkeit, den Notdienst durch Anrufen der Nummer 112 zu erreichen, stellen 14 Mitgliedstaaten 10 und Island nationale oder regionale Anwendungen für alle Endnutzer zur Verfügung 11 , mit denen Notrufe möglich sind. Je nach Art dieser Zugangsformen können Endnutzer zusätzliche Informationen mit der Notrufabfragestelle teilen, vom Mobilgerät gewonnene Angaben zum Standort weitergeben oder textbasiert mit der Notrufabfragestelle kommunizieren. Belgien und Polen bestätigten, dass der Datenverkehr, der durch die Notrufanwendung entsteht, gebührenfrei ist.

    Notrufe, die aus Fahrzeugen abgesetzt werden, mit denen ein 112-Notruf möglich ist (eCalls), sollten bei einem Unfall an die am besten geeignete Notrufabfragestelle weitergeleitet werden. Die Mitgliedstaaten mussten bis zum 1. Oktober 2017 dafür sorgen, dass ihre Notrufabfragestellen eCalls empfangen können. 12 Bis zum 31. März 2018 sollten Fahrzeughersteller 13 alle Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeuge (Fahrzeugklassen M1 und N1) mit dem auf dem 112-Notruf basierenden bordeigenen eCall-System ausrüsten.

    Abbildung 3: Anzahl der in der EU getätigten eCalls

    Da laut der maßgeblichen Verordnung nur neue Fahrzeugtypen einem Typgenehmigungsverfahren zu unterziehen sind, d. h. nicht alle neu gebauten Fahrzeuge, werden die Auswirkungen wohl erst spürbar, wenn die Zahl der neuen Fahrzeuge auf den Straßen zunimmt. Die von den 27 Mitgliedstaaten, Island und Norwegen übermittelten Daten lassen darauf schließen, dass das eCall-System wirksam umgesetzt wird.

    3.Beantwortungszeit 14

    21 Mitgliedstaaten, Island und Norwegen meldeten durchschnittliche Beantwortungszeiten von weniger als zehn Sekunden, um in Kontakt mit den Notdiensten zu treten. Gleichzeitig wurden in zwölf Mitgliedstaaten und in Island mindestens 90 % der Notrufe innerhalb von zehn Sekunden beantwortet.

    Abbildung 4: Durchschnittliche Beantwortungszeit für Notrufe (in Sekunden)

    4.Unterbrochene Anrufe

    26 Länder 15 machten Angaben zu Anrufen, die bei den Vermittlungsstellen der Notrufabfragestelle eingehen, aber unterbrochen werden, bevor eine in der Notrufabfragestelle tätige Person sie entgegennehmen kann. Anrufunterbrechungen können aufgrund von Netzproblemen, überlasteten Leitungen, technischen Fehlern, Bearbeitungskapazitäten, Unterbrechungen durch den Anrufer (Notrufnummer möglicherweise versehentlich gewählt) usw. auftreten. Während unbeabsichtigte Anrufe und Unterbrechungen durch den Anrufer nicht von der Notrufabfragestelle kontrolliert werden können, deutet ein Mangel an Bearbeitungskapazitäten darauf hin, dass Notrufe an die Nummer 112 bei den nationalen Notrufabfragestellen nicht adäquat beantwortet und bearbeitet werden.

    Abbildung 5: Prozentualer Anteil der unterbrochenen Notrufe

    Sowohl das Verhalten der Endnutzer als auch Netzprobleme wirken sich auf Beantwortungszeiten und die Anzahl unterbrochener Anrufe aus. Entscheidend für die effektive Bearbeitung von Notrufen und Notfallmeldungen über alternative Zugangsmöglichkeiten sind jedoch die Organisation und die Ressourcen der nationalen Notrufabfragestellen. Redundanzanforderungen für Notrufabfragestellen würden letztlich die Belastbarkeit des Notrufabfragestellensystems sicherstellen. Notfälle in großem Maßstab wie Naturkatastrophen, terroristische Anschläge oder die jüngste COVID-19-Krise haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, Redundanzanforderungen zu erfüllen, um Notrufe an andere verbundene Notrufabfragestellen im System weiterleiten zu können. Um die technischen Entwicklungen wirksam zu nutzen, werden in mehreren EU-Mitgliedstaaten All-IP-Netze mit verbundenen Notrufabfragestellen eingesetzt, um für Ressourceneffizienz zu sorgen und um vor allem sicherzustellen, dass alle Notrufe effektiv bearbeitet werden.

    5.Mangelnde Verfügbarkeit von Angaben zum Anruferstandort

    Gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Universaldienstrichtlinie 16 sind Betreiber von elektronischen Kommunikationsdiensten verpflichtet, Informationen zum Anruferstandort zu übermitteln, sobald ein Notruf bei den Notrufstellen eingeht. Ab dem 21. Dezember 2020 müssen der am besten geeigneten Notrufabfragestelle gemäß Artikel 109 EKEK neben netzgestützten Informationen zum Anruferstandort auch die genaueren vom Mobilgerät gewonnenen 17 Angaben zum Standort bereitgestellt werden.

    In den meisten der befragten Mitgliedstaaten 18 besteht bei weniger als 5 % der Notrufe ein Mangel an verfügbaren netzgestützten Angaben zum Anruferstandort. Höhere Anteile in Bezug auf mangelnde Standortinformationen wurden für Ungarn (9 %), Italien (10 %), Spanien (12 %), Polen (13,5 %) und Lettland (21 %) gemeldet.

    Die Verfügbarkeit der vom Mobilgerät gewonnenen Angaben zum Standort hängt vom Umfang des Einsatzes ab. In einigen Mitgliedstaaten wird der Dienst Advanced Mobile Location (AML) 19 bei den beiden meistgenutzten mobilen Betriebssystemen Android und iOS bzw. nur bei einem der beiden verwendet. Deshalb ist es möglich, dass bis zu 60–70 % der Notrufe nicht von diesem sehr genauen Positionsbestimmungssystem profitieren, auch wenn die nationalen Notrufabfragestellen AML empfangen können. 20 Neben der Standortbestimmung des Endnutzers, der einen 112-Notruf absetzt, können die Mitgliedstaaten die Nutzung von AML auf Android-Geräten auch für Notrufe per SMS ermöglichen. Beim Betriebssystem iOS von Apple besteht diese Möglichkeit noch nicht.

    Endnutzer, die beim Besuch anderer Mitgliedstaaten Roaming verwenden, könnten bei Notfällen möglicherweise in eine schwierige Situation geraten, da sie ihren Standort nicht genau beschreiben können. Während AML in 19 Mitgliedstaaten sowie in Island und Norwegen zur Anwendung kommt, bestätigten nur sechs Mitgliedstaaten, dass vom Mobilgerät von Endnutzern, die Roaming verwenden, Angaben zum Standort gewonnen werden können. Alle Mitgliedstaaten gaben an, nicht gewährleisten zu können, dass Endnutzern keine Gebühren für die Übertragung der vom Mobilgerät gewonnenen Standortangaben von ihrem heimischen Mobilfunkanbieter berechnet werden. Dies kann mit der begrenzten Rechtsprechung und einem Mangel an Überwachungskapazitäten begründet werden.

    Die hohe Marktdurchdringung von Smartphones hat den Vorteil, dass Notrufe aufgrund der Verfügbarkeit genauer Angaben zum Anruferstandort effektiver werden. Das von der Europäischen Kommission finanzierte Projekt HELP112 II für den Einsatz von AML in sieben Mitgliedstaaten schätzt, dass mit AML in zehn Jahren insgesamt zwischen 8 620 und 10 530 Leben in der EU gerettet werden könnten. AML könnte sich positiv auf 88 360 bis 104 640 Leben in der EU auswirken. 21 Um diese Vorteile auszuschöpfen, sollte AML in allen EU-Mitgliedstaaten vollumfänglich eingeführt werden, einschließlich gebührenfreier genauer Standortangaben für Endnutzer, die Roaming verwenden, was etwa 1 % aller in der EU abgesetzten Notrufe ausmacht.

    6. Genauigkeit und Zuverlässigkeit des Anruferstandorts

    Gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Universaldienstrichtlinie legen die Mitgliedstaaten Kriterien für die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Angaben zum Anruferstandort fest. Zusätzlich zum Einsatz von netzgestützten Lösungen nach der Universaldienstrichtlinie sind die Mitgliedstaaten laut Artikel 109 Absatz 6 EKEK dazu verpflichtet sicherzustellen, dass der am besten geeigneten Notrufabfragestelle nach Herstellung der Notrufverbindung unverzüglich netzgestützte und vom Mobilgerät gewonnene Informationen zum Anruferstandort bereitgestellt werden. Die Mitgliedstaaten müssen weiterhin Kriterien für die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Angaben zum Anruferstandort festlegen, erforderlichenfalls nach Konsultation des GEREK. Die Kommission hat die Delegierte Verordnung 2019/320 22 angenommen, um die im EKEK festgelegten politischen Ziele zu unterstützen. Der Rechtsakt verpflichtet Smartphone-Hersteller als Bedingung für den Zugang zum Markt dafür zu sorgen, dass bei Notrufen Daten aus globalen Satellitennavigationssystemen (GNSS), zumindest aus dem Galileo-System der EU, und WLAN-Daten bereitgestellt werden. Dies ermöglicht eine adäquate und effektive Lokalisierung des Smartphones und damit der Person, die es bei sich trägt. Die Verordnung gilt ab dem 17. März 2022.

    Netzgestützte Standortbestimmung

    In allen Mitgliedstaaten sowie in Island und Norwegen ist der Standort eines Anrufers aus dem Festnetz anhand der Anschlussadresse oder der Straße/Post-/Rechnungsanschrift des anrufenden Teilnehmers ersichtlich.

    Alle Mitgliedstaaten gaben an, dass bei Anrufen aus dem Mobilfunknetz der Standort aus der Cell-/Sektor-ID ersichtlich ist, wodurch eine hohe Zuverlässigkeit der an die Notrufabfragestelle übermittelten Daten erreicht wird. Die angegebene Genauigkeit reicht von 500 m bis 40 km, je nach Dichte des Netzes (städtische oder ländliche Gebiete). Lösungen für eine genauere mobilfunknetzgestützte Standortbestimmung sind Timing Advance, Paketumlaufzeit oder Sektor-ID. Mit diesen Methoden wird die Genauigkeit der netzgestützten Standortbestimmung erheblich verbessert, in manchen Fällen auf bis zu 50 m.

    Vom Mobilgerät gewonnene Informationen zum Anruferstandort

    Die Mitgliedstaaten berichteten von zwei Arten der vom Mobilgerät gewonnenen Informationen zum Anruferstandort.

    a) Advanced Mobile Location (AML)

    Mit AML kann der Genauigkeitsgrad um bis zu 4000 Mal verbessert und eine Genauigkeit von unter 100 m 23 erzielt werden. Bei dieser Lösung wird die vom Netz bereitgestellte Cell-ID-Standortinformation nicht ignoriert, sondern mit den vom Mobilgerät gewonnenen GNSS oder WLAN-Standortinformationen ersetzt. Um GNSS-Daten, die insbesondere vom Galileo-Satellitennavigationssystem der EU bereitgestellt werden, zugunsten der Menschen in der EU zu nutzen, hat die Europäische Kommission im November 2018 das als HELP112 II bekannte Einsatzprojekt für von Mobilgeräten gewonnene AML unterzeichnet und eingeführt. Das Konsortium, das den Zuschlag erhalten hat, bestand aus den sieben Mitgliedstaaten Kroatien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Portugal und Schweden. Im August 2020 wurde das Projekt erfolgreich abgeschlossen.

    Neben den sieben am Projekt HELP112 II beteiligten Mitgliedstaaten führten 2020 vier weitere Mitgliedstaaten die Lösung ein: Tschechien, Griechenland, Lettland und Rumänien. Im September 2020 versicherten 19 Mitgliedstaaten sowie Island und Norwegen, dass ihre Notrufabfragestellensysteme AML-fähig sind.

    Abbildung 6: Einsatz von AML in den Mitgliedstaaten

    b) Vom Mobilgerät über eine Notrufanwendung gewonnene Informationen zum Anruferstandort

    Mit auf nationaler oder regionaler Ebene eingesetzten Notrufanwendungen können genauere Angaben zum Anruferstandort (je nach GNSS- oder WLAN-Fähigkeit des Smartphones) als mit den netzgestützten Lösungen übermittelt werden.

    Diese Anwendungen erfordern jedoch im Gegensatz zu AML, dass die Nutzer aktiv werden, da sie heruntergeladen werden müssen. Die Übertragung der Standortdaten ist nur möglich, wenn die Datenverbindung aktiv ist.

    7.Durchschnittlich benötigte Zeit für den Empfang des Anruferstandorts durch die Notrufstelle 

    Gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Universaldienstrichtlinie sind den Stellen, die die Notrufe bearbeiten, unverzüglich Informationen zum Anruferstandort zu übermitteln.

    Die Kommission überprüft regelmäßig die Einhaltung dieser Verpflichtungen durch die Mitgliedstaaten. Infolge dieser Überprüfung hat die Kommission im Juli 2019 Verletzungsverfahren gegen Kroatien und Griechenland aufgrund der mangelnden rechtzeitigen Übermittlung des Anruferstandorts eingeleitet. Danach wurden die von der Kommission beanstandeten Themen von den betreffenden Mitgliedstaaten angegangen.

    Dank der Einführung des „Push-Systems“ oder des automatischen „Pull-Systems“ meldeten alle Mitgliedstaaten sehr kurze Zeiträume (bis zu zehn Sekunden) für die Übermittlung der netzgestützten Angaben zum Anruferstandort.

    Aufgrund ihrer inhärenten Struktur sind die Technologien für vom Mobilgerät gewonnene Standortinformationen von der Geschwindigkeit des Mobilgeräts bei der Gewinnung der relevanten Standortparameter über GNSS- oder WLAN-Signale abhängig. Auf der Grundlage der Berichte von 15 Mitgliedstaaten wurde bestätigt, dass die Bereitstellung der vom Mobilgerät gewonnenen Standortangaben von fast unmittelbar bis zu 20 Sekunden dauern kann.

    Gemäß Artikel 109 Absatz 6 EKEK obliegt den Mitgliedstaaten die Verantwortung sicherzustellen, dass der am besten geeigneten Notrufabfragestelle nach Herstellung der Notrufverbindung unverzüglich Informationen zum Anruferstandort (netzgestützte Standortinformationen und vom Mobilgerät gewonnene Angaben zum Standort des Anrufers) bereitgestellt werden.

    8.Zugang zu Notdiensten beim Roaming in der EU

    Alle Mitgliedstaaten meldeten die Verfügbarkeit des Zugangs zur Nummer 112 und zu netzgestützten Standortinformationen bei Roaming-Anrufen.

    Elf Mitgliedstaaten 24 und Island machten Angaben zur Anzahl der Anrufe unter der Nummer 112, die von Endnutzern, die Roaming verwendeten, getätigt wurden. Auf diese Mitgliedstaaten entfällt ein Drittel der 112-Notrufe. Auf der Grundlage dieser Daten kann hochgerechnet werden, dass 1,09 % aller Anrufe unter der Nummer 112 von Endnutzern, die Roaming verwenden, getätigt werden – etwa 1,5 Millionen Anrufe in der EU.

    In den Mitgliedstaaten, in denen noch landeseigene Notrufnummern verwendet werden, können Roaming-Nutzer auch diese Nummern anrufen. Obwohl die von fünf Mitgliedstaaten übermittelten Daten nicht vollkommen schlüssig sind 25 , werden schätzungsweise 800 000 Anrufe von Endnutzern, die Roaming verwenden, unter landeseigenen Notrufnummern getätigt. Demnach ergibt eine konsolidierte Schätzung, dass im Berichtszeitraum 2,3 Millionen Notrufe von Endkunden, die Roaming verwendeten, abgesetzt wurden.

    Durch die verfügbaren Daten wird bestätigt, dass Endnutzer, die Roaming verwenden, nicht von einer gebührenfreien vom Mobilgerät gewonnenen Standortbestimmung profitieren, wie in Abschnitt 4 dargelegt wird. Nur sechs Mitgliedstaaten bestätigten, dass für Roaming-Nutzer vom Mobilgerät gewonnene Informationen zum Anruferstandort verfügbar sind. Aufgrund der begrenzten Rechtsprechung und eines Mangels an Überwachungskapazitäten können die besuchten Mitgliedstaaten nicht gewährleisten, dass die heimischen Anbieter den Endnutzern keine Gebühren für die Übertragung der vom Mobilgerät gewonnenen Informationen zum Anruferstandort berechnen.

    9.Zugang zu Notdiensten für Endnutzer mit Behinderungen

    Gemäß Artikel 26 Absatz 4 der Universaldienstrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass der Zugang behinderter Endnutzer zu Notrufdiensten mit dem Zugang, über den die Mehrheit der Endnutzer verfügt, gleichwertig ist.

    Der Grundsatz der Gleichwertigkeit bedeutet, dass Endnutzer mit Behinderungen Zugang zu Notdiensten über elektronische Kommunikationsdienste haben sollten, der funktional dem Zugang für andere Endnutzer, die die Nummer 112 anrufen, gleichwertig ist.

    Vor diesem rechtlichen Hintergrund müssen die Mitgliedstaaten Lösungen für einen barrierefreien Zugang umsetzen, die bei einem 112-Notruf eine zweiseitige Sprachkommunikation nachbilden (gleichwertig sind). Diese Lösungen sollten eine zweiseitige Sprachkommunikation über Text oder Video ermöglichen, auch beim Roaming. Aufgrund der Gleichwertigkeit sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass der Anruferstandort der am besten geeigneten Notrufabfragestelle bekannt ist, damit die Notdienste wirksam eingreifen können. Infolge der regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung dieser Vorschriften hat die Kommission im Juli 2019 Verletzungsverfahren gegen Tschechien, Deutschland und Spanien aufgrund fehlender gleichwertiger Zugangsmöglichkeiten für Endnutzer mit Behinderungen eingeleitet. 26 Seitdem wurden die von der Kommission beanstandeten Themen von Spanien angegangen, während Tschechien und Deutschland dabei sind, entsprechende Maßnahmen umzusetzen.

    Die Mitgliedstaaten setzten eine Vielzahl von Lösungen ein, um Endnutzern mit Behinderungen den barrierefreien Zugang zu Notdiensten zu ermöglichen: Echtzeittext, Gesamtgesprächsdienste 27 , SMS, Notrufanwendungen, Web-Dienste, Relay-Dienste, Zugang von Spezialgeräten, E-Mail oder Fax.

    Die am häufigsten verwendete Technik stellen SMS dar (in 23 Mitgliedstaaten 28 , Island und Norwegen). Die SMS-Technik ermöglicht eine zweiseitige textbasierte Interaktion zwischen der Person, die den Notruf absetzt, und der Notrufabfragestelle. In einigen Mitgliedstaaten wird auf Android-Smartphones mit einer Notruf-SMS eine genaue vom Mobilgerät gewonnene AML-Standortangabe erstellt, die an die Notrufabfragestelle übermittelt wird. Bei Geräten mit dem Betriebssystem iOS besteht diese Möglichkeit noch nicht.

    Notrufanwendungen werden in 17 Mitgliedstaaten 29 und in Island eingesetzt. Je nach ihrem Aufbau setzen diese Notrufe oder SMS-Nachrichten ab, können aber auch als Plattform für Echtzeittext- und Gesamtgesprächsdienste nach dem aktuellen Stand der Technik dienen. Darüber hinaus können Anwendungen genaue vom Mobilgerät gewonnene Standortangaben auf GNSS-/WLAN-Basis (5–100 m) über den Datenkanal übermitteln.

    Relay-Dienste für Endnutzer mit Behinderungen können auch eine Übertragung für den Zugriff auf Notdienste weiterleiten. In diesen Fällen kommt eine Standortbestimmung des Anrufers in den Mitgliedstaaten noch nicht zum Einsatz, sollte aber technisch umsetzbar sein.

    In einigen Mitgliedstaaten wird das Fax eingesetzt. Im Gegensatz zur Effektivität von Notrufen unter der Nummer 112 ist damit jedoch keine schnelle zweiseitige Kommunikation möglich, die in Notfällen erforderlich ist. Auch mit den unter gewissen Umständen als Zugangslösung genannten E-Mails ist eine automatische Übermittlung des Standorts an die Notrufabfragestelle nicht möglich.

    Der in Artikel 109 Absatz 5 EKEK festgelegte geänderte und verstärkte Rechtsrahmen für Endnutzer mit Behinderungen soll ab dem 21. Dezember 2020 angewandt werden. Laut EKEK müssen die Maßnahmen für Endnutzer mit Behinderungen im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union zur Harmonisierung der Barrierefreiheitsanforderungen an Produkte und Dienstleistungen 30 stehen. Außerdem soll mit den Maßnahmen die Interoperabilität zwischen den Mitgliedstaaten sichergestellt und, soweit möglich, eine vorherige Registrierung für den Zugang zu Notdiensten über alternative Notrufarten vermieden werden. Der europäische Rechtsakt zur Barrierefreiheit (European Accessibility Act – EAA) sieht die Verfügbarkeit von Notrufen in Form von Sprache und auch als Text in Echtzeit und, wenn Video verfügbar ist, in Form von synchronisierten Gesamtgesprächsdiensten vor. 31 Die nationalen Notrufabfragestellen müssen diese Vorschriften 32 ab dem 28. Juni 2025 anwenden. Außerdem ist in dem Rechtsakt festgelegt, dass an die einheitliche europäische Notrufnummer 112 gerichtete Notrufe angemessen beantwortet werden, unter Verwendung derselben Kommunikationsmittel wie für den Eingang des Notrufs, insbesondere durch synchronisierte Sprache und Text (einschließlich Text in Echtzeit) oder – sofern Video bereitgestellt wird – durch Sprache, Text (einschließlich Text in Echtzeit) und Video, die als Gesamtgesprächsdienst synchronisiert werden. Die Mitgliedstaaten haben auch die Möglichkeit die jeweilige Aufrüstung ihrer Notrufabfragestellensysteme bis zum 28. Juni 2027 verschieben. 

    Darüber hinaus gewährleisten die Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 109 Absatz 7 EKEK, dass die Endnutzer angemessen über Bestehen und Nutzung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 sowie die Zugangsoptionen informiert werden, und zwar unter anderem durch Initiativen, die sich insbesondere an zwischen den Mitgliedstaaten reisende Personen und Endnutzer mit Behinderungen richten. Diese Informationen werden in barrierefreien, auf verschiedene Arten von Behinderungen zugeschnittenen Formaten zur Verfügung gestellt. In Artikel 14 der Roamingverordnung 33 wird diese Vorschrift dahingehend verstärkt, dass die Möglichkeit eingeräumt wird, Notdienste durch Wahl der kostenlosen europäischen Notrufnummer 112 entgeltfrei in Anspruch nehmen zu können. In der Praxis werden Endnutzer, die Roaming verwenden, lediglich von ihrem Mobilfunkanbieter über die Möglichkeit eines Sprachanrufs unter der Nummer 112 informiert. Endnutzer mit Behinderungen werden von ihren Mobilfunkanbietern nicht über die Möglichkeiten des barrierefreien Zugangs zu Notrufen in dem jeweiligen EU-Land informiert.

    Endnutzer mit Behinderungen profitieren vor allem beim Roaming nicht von gleichwertigen Zugangsmöglichkeiten. Wenn diese Endnutzer nicht in der Lage sind, die Nummer 112 anzurufen, sind sie auf Lösungen angewiesen, die sich von Land zu Land stark unterscheiden und häufig einer zweiseitigen Sprachkommunikation nicht gleichwertig sind. Dieser Zustand steht der Verfügbarkeit der harmonisierten einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 für andere Endnutzer gegenüber. Endnutzer, die Roaming verwenden, haben nicht immer Zugang zu den Notdiensten in den besuchten Mitgliedstaaten und werden nicht über die Zugangsmöglichkeiten informiert.

    Lediglich neun Mitgliedstaaten (BE, BG, ES, FR, IT, LV, MT, NL, PT) meldeten eine Zugangsmöglichkeit für Roaming-Nutzer, mit der die grundlegenden Funktionen der interaktiven Kommunikation und der Ermittlung des Anruferstandorts möglich sind. All diese besuchten Mitgliedstaaten gaben an, nicht gewährleisten zu können, dass Endnutzern von ihrem heimischen Mobilfunkanbieter keine Gebühren für die Nutzung alternativer Zugangsarten berechnet werden. Dies kann mit der begrenzten Rechtsprechung und einem Mangel an Überwachungskapazitäten begründet werden.

    Gemäß Artikel 109 Absatz 5 EKEK ist ein Zugang zu Notrufdiensten, soweit möglich, ohne vorherige Registrierung sicherzustellen. Im Fall von nationalen Notrufanwendungen für Endnutzer mit Behinderungen würde dies bedeuten, dass die Anwendung des Herkunftslandes in dem besuchten EU-Mitgliedstaat für den Zugang zu Notdiensten verwendet werden kann. 34

    Die herkömmlichen Notrufabfragestellensysteme sind noch nicht in der Lage, Notrufe zu bearbeiten, die wirklich barrierefrei für Endnutzer mit Behinderungen zugänglich sind. Der Einsatz von Echtzeittext- und Gesamtgesprächsdiensten nach dem neuesten Stand der Technik erfordert eine Aufrüstung der Systeme der Notrufabfragestellen auf All-IP-Netze mit verbundenen Notrufabfragestellen, damit IP-basierte Notrufe angemessen weitergeleitet und bearbeitet werden können.

    Anhang II enthält eine Übersicht über die alternativen Zugangsmöglichkeiten für Endnutzer mit Behinderungen, die zur Zeit in der EU verfügbar sind.

    10.Schlussfolgerungen

    Ein für das digitale Zeitalter gerüstetes Europa sollte allen Bürgerinnen und Bürgern einen effektiven Zugang zu Notdiensten gewährleisten. Seit der Einführung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 35 im Jahr 1991 war es das Ziel der EU-Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass jede Bürgerin und jeder Bürger in einer Notlage so schnell wie möglich einen Notdienst erreichen kann. Aus diesem Bericht geht hervor, dass die Bearbeitung von Notrufen, die Verfügbarkeit genauer Angaben zum Anruferstandort, die Verfügbarkeit gleichwertiger Zugangsmöglichkeiten für Endnutzer mit Behinderungen und der Zugang für Roaming-Nutzer entscheidend für die Wirksamkeit und die Geschwindigkeit der von den Notdiensten geleisteten Hilfe sind. Das Potenzial der digitalen Technologien kann nur voll ausgeschöpft werden, wenn die Notdienste und die nationalen Notrufabfragestellen die technischen Entwicklungen wirksam nutzen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist der Einsatz von All-IP-Netzen mit verbundenen Notrufabfragestellen in allen Mitgliedstaaten erforderlich, damit für die Redundanz der Systeme gesorgt wird und vor allem sichergestellt wird, dass alle Notrufe (Anrufe, Echtzeittext, Gesamtgespräche) effektiv bearbeitet werden.

    Wesentliche Erkenntnisse:

    ·Der Anteil der unter der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 eingehenden Anrufe betrug 56 % aller Notrufe: Von insgesamt 267 Millionen in der EU abgesetzten Notrufen waren 150 Millionen 112-Notrufe. Schätzungsweise wurden 2,3 Millionen Notrufe von Roaming-Nutzern abgesetzt, von denen 1,5 Millionen 112-Notrufe waren.

    ·Die Verwendung der vom Mobilgerät gewonnenen Informationen zum Anruferstandort hat sich in der EU weiter verbessert. Zu den sieben Mitgliedstaaten, die AML im Rahmen des von der Kommission finanzierten Projekts HELP112 II einsetzten, kamen 2020 vier weitere Mitgliedstaaten hinzu: Tschechien, Griechenland, Lettland und Rumänien. Seit September 2020 ist in 19 Mitgliedstaaten sowie Island und Norwegen sichergestellt, dass die Notrufabfragestellensysteme AML-fähig sind. Allerdings bestätigten nur sechs Mitgliedstaaten, dass vom Mobilgerät gewonnene Informationen zum Anruferstandort für Roaming-Nutzer verfügbar sind. Aufgrund von Hoheitsgrenzen und fehlender Überwachungskapazitäten können die besuchten Mitgliedstaaten nicht gewährleisten, dass die Übertragung des Anruferstandorts für den Endnutzer gebührenfrei ist.

    ·Schätzungen zufolge könnten dank AML in zehn Jahren insgesamt mehr als 10 000 Menschenleben in der EU gerettet werden. AML könnte sich positiv auf mehr als 100 000 Leben in der EU auswirken. 36

    ·Endnutzer mit Behinderungen profitieren vor allem beim Roaming nicht vollständig von gleichwertigen Zugangsmöglichkeiten. Wenn diese Endnutzer nicht in der Lage sind, die Notrufnummer 112 anzurufen, sind sie auf Lösungen angewiesen, die sich von Land zu Land stark unterscheiden. Dieser Zustand steht der Verfügbarkeit der harmonisierten einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 für andere Endnutzer gegenüber und stellt eine erhebliche Lücke in Bezug auf die Zugänglichkeit der Notdienste dar. Endnutzer, die Roaming verwenden, haben nicht immer Zugang zu den Notdiensten in den besuchten Mitgliedstaaten und werden nicht über die Zugangsmöglichkeiten informiert.

    ·Die Kommission überprüft regelmäßig die Einhaltung der Verpflichtungen in Bezug auf das Funktionieren der Notrufnummer 112 durch die Mitgliedstaaten. Infolge dieser Überprüfung hat die Kommission im Juli 2019 Verletzungsverfahren gegen mehrere Mitgliedstaaten eingeleitet und arbeitet weiter daran, für eine vollständige Einhaltung zu sorgen, die allen Bürgerinnen und Bürgern der EU zugute kommt.

    Zukünftige Maßnahmen und Zwischenziele:

    -Die Mitgliedstaaten müssen die erforderlichen Maßnahmen umsetzen und durchführen, um die Anforderungen des EKEK und insbesondere des Artikels 109 in Bezug auf Notrufe und die einheitliche europäische Notrufnummer zu erfüllen. Alle Endnutzer, auch solche mit Behinderungen, sollten einen effektiven Notruf absetzen und Hilfe von den Notdiensten erhalten können, wo immer in der Europäischen Union sie sich aufhalten.

    -Um dies zu ermöglichen, müssen die Mitgliedstaaten für alle Endnutzer genaue Angaben zum Anruferstandort ermöglichen und gleichwertige Zugangsmöglichkeiten für Endnutzer mit Behinderungen (auch solche, die in einen anderen Mitgliedstaat reisen) schaffen.

    -Die Mitgliedstaaten sollten ihre Notrufabfragestellensysteme so aufrüsten, dass sie für das digitale Zeitalter gerüstet sind.

    -Die Kommission hat eine Expertengruppe für Notrufe eingesetzt 37 , die mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeitet, um sie bei diesem Prozess zu unterstützen. Darüber hinaus beabsichtigt die Kommission, eine Studie in Auftrag zu geben, um technische und regulatorische Lösungen zu ermitteln, mit denen der Zugang zu den Notdiensten verbessert werden kann. Die Kommission wird die Erfahrungen aus der jüngsten COVID-19-Krise nutzen, die sie beim Aufbau einer digitalen Infrastruktur zur Verbesserung der Interoperabilität zwischen den nationalen mobilen Kontaktnachverfolgungs- und Warnanwendungen gewonnen hat. Wie bei Kontaktnachverfolgungs-Apps sollten alle Endnutzer in der Lage sein, ihre heimischen Notrufanwendungen in anderen Mitgliedstaaten zu verwenden.

    -Ziel der Kommission ist es, dass alle Bürgerinnen und Bürger, auch diejenigen, die innerhalb der Europäischen Union reisen, über effektive Zugangsmöglichkeiten zu den Notdiensten verfügen, was auch durch harmonisierte technische Lösungen erreicht werden soll. Zu diesem Zweck bereitet die Kommission im Einklang mit Artikel 109 Absatz 8 EKEK eine Initiative durch einen delegierten Rechtsakt vor.



    Anhang I – Statistische Daten zur Wirksamkeit der Umsetzung der Notrufnummer 112  

    2019 erreichte die Gesamtzahl der 112-Notrufe 149 928 021, während die Gesamtzahl aller Notrufe bei 266 853 441 lag.

    Abbildung 7: Anzahl der 112-Notrufe

    24 Mitgliedstaaten 38 machten Angaben zur Anzahl der Notrufe aus Festnetz und Mobilfunknetz im Berichtszeitraum.

    Abbildung 8: Zahl der 112-Notrufe aus dem Fest- und Mobilfunknetz

    Abbildung 9: SMS-basierte Notrufe

    Abbildung 10: Prozentualer Anteil der innerhalb von 10 s beantworteten Notrufe



    Anhang II – Alternative Zugangsmöglichkeiten zu Notdiensten in EU-Mitgliedstaaten und EWR-Ländern

    Merkmal verfügbar

    Merkmal nicht verfügbar

     

    Art des Zugangs

    Interaktiv

    Anruferstandort

    Keine Registrierung

    Gebührenfrei

    Roaming-Zugang

    Gebührenfreies Roaming

    Anzahl der Zugänge

    AT

    SMS an 0800-133133

    81

    Fax an 0800-133133

    0

    E-Mail

    26

    BE

    SMS an kurze Nummer

    386

    Anwendung 112.be

    k. A.

    Fax an 112 oder 101

    k. A.

    BG

    Anwendung 112 Bulgaria

    424

    Web-gestützter Dienst

    CY

    Fax an 1408 oder 1409

    k. A.

    SMS an 112 (nur für Cyta)

    k. A.

    Anwendung

    k. A.

    E-Mail an die Polizei

    k. A.

    Allgemeiner barrierefreier Relay-Dienst

    k. A.

    CZ

    SMS an 112

    k. A.

    Anwendung

    k. A.

    Web-gestützter Notfallzugang

    k. A.

    Allgemeiner barrierefreier Relay-Dienst

    k. A.

    Relay-Dienst – spezialisierte Geräte (fest)

    k. A.

    E-Mail

    k. A.

    Fax

    k. A.

    DE

    Fax an 112 oder 100

    k. A.

    Relay-Dienst

    315

    DK

    SMS an lange Nummer

    k. A.

    Allgemeiner barrierefreier Relay-Dienst

    k. A.

    Notrufanwendung

    k. A.

    EE

    SMS an 112

    15

    EL

    SMS an 112

    k. A.

    E-Mail

    k. A.

    Fax an kurze Nummer

    k. A.

    ES

    regionale SMS an lange Nummern

    220

    regionale Notruf-Apps

    1900

    Spezialisierter Notfall-Relay-Dienst (Videoanruf)

    100

    regionale spezialisierte Notfall-Relay-Dienste

    2000

    Spezialisierter Notfall-Relay-Dienst

    350

    Notrufanwendung

    50

    FI

    SMS an 112

    1500

    App 112 Suomi

    k. A.

    FR

    SMS an 114

    10 048

    Fax an 114

    164

    E-Mail

    k. A.

    Notrufanwendung

    5397

    Web-gestützte Anwendung

    HR

    SMS an 112

    17

    Fax an 112

    0

    HU

    SMS an 112

    30 263

    Anwendung 112-SOS

    IE

    SMS an 112

    324

    Spezialisierter Notfall-Relay-Dienst

    k. A.

    Allgemeiner barrierefreier Relay-Dienst

    k. A.

    IT

    App Flag Mii

    k. A.

    App Where ARE U

    k. A.

    Polizei-Notruf-Anwendung

    k. A.

    LT

    SMS an 112

    50 208

    LU

    SMS an 112 und 113

    k. A.

    Apps GouvAlert und Echo 112

    k. A

    Spezialisierte feste Geräte

    k. A

    E-Mail

    k. A

    Fax an 112

    k. A

    LV

    SMS an 112

    10 911

    Notrufanwendung

    k. A.

    MT

    Anwendung 112.mt

    145

    Web-Dienst 112.mt

    SMS an lange Nummer

    10

    NL

    Notrufanwendung

    k. A

    Web-gestützter Notfallzugang

    k. A

    SMS an 112

    k. A

    Spezialisierter Notfall-Relay-Dienst

    k. A

    Allgemeiner barrierefreier Relay-Dienst

    k. A

    PL

    App Alarm 112

    772

    PT

    SMS an lange Nummer

    k. A

    Notrufanwendung

    k. A

    RO

    SMS an 113

    51

    SE

    SMS an 112

    138

    Spezialisierte feste Geräte

    0

    Allgemeiner Relay-Dienst

    Video: 325, Text: 328

    SI

    SMS an 112

    5123

    SK

    SMS an 112

    17 102

    Anwendung 155.sk

    141

    IS

    SMS an 112

    2238

    112 Döff und SOS Iceland

    50

    NO

    SMS 112

    k. A

    (1) Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36).
    (2) COCOM20-19
    (3) Gemäß Artikel 118 EKEK eingerichteter Kommunikationsausschuss.
    (4) Die im Vereinigten Königreich getätigten Anrufe wurden im Referenzjahr abgezogen.
    (5) Fehlanrufe sind Anrufe, die kein Eingreifen oder keine Hilfeleistung der Notrufabfragestelle oder der Notdienste zur Folge haben. Notrufe, durch die bereits ein Eingreifen oder eine Hilfeleistung seitens der Notrufabfragestelle ausgelöst wurde und durch die deshalb kein separates Eingreifen bzw. keine separate Hilfeleistung ausgelöst wird, werden nicht als Fehlanrufe betrachtet.
    (6)

    20 Mitgliedstaaten und Island machten Angaben zu Fehlanrufen.

    (7) AT, CY, CZ, DK, EE, EL, ES, FI, HU, IE, IT, LT, LV, MT, NL, PL, PT, SE, SK.
    (8) In einigen Mitgliedstaaten sind Notrufe per SMS ausschließlich für Endnutzer mit Behinderungen möglich, wie in Abschnitt 8 beschrieben.
    (9) EE, EL, FI, HR, IE, IS, LT, LU, LV, SI, SK.
    (10) AT (regional), BE, CY, CZ, DK, FI, IT, LU, LV, MT, PL, RO, SE, SK.
    (11) In einigen Mitgliedstaaten sind anwendungsbasierte Notrufe ausschließlich für Endnutzer mit Behinderungen möglich, wie in Abschnitt 8 beschrieben.
    (12) In dem am 3. Juni 2014 angenommenen Beschluss Nr. 585/2014/EU wird die Einrichtung einer Infrastruktur für eCall-Notrufabfragestellen, die für die ordnungsgemäße Annahme und Bearbeitung aller eCall-Notrufe in der EU erforderlich ist, gemäß den in der delegierten Verordnung (EU) Nr. 305/2013 festgelegten Spezifikationen bis spätestens zum 1. Oktober 2017 vorgeschrieben.
    (13) Mit der Verordnung (EU) 2015/758 werden die allgemeinen Anforderungen für die EG-Typgenehmigung von Fahrzeugen hinsichtlich der auf dem 112-Notruf basierenden bordeigenen eCall-Systemen sowie von auf dem 112-Notruf basierenden bordeigenen eCall-Systemen und Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten dafür festgelegt.
    (14) Die Zeit zwischen dem Zeitpunkt, an dem der Notruf bei der ersten Vermittlungsstufe der Notrufabfragestelle eingeht, und dem Zeitpunkt, an dem der Anruf von einer bei der Notrufabfragestelle tätigen Person entgegengenommen wird.
    (15) Österreich und Norwegen machten dazu keine Angaben.
    (16) Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51).
    (17) Während die Genauigkeit von netzgestützten Standortinformationen zwischen 50 m und 40 000 m schwanken kann, sind die vom Mobilgerät gewonnenen Angaben zum Standort bis auf 5 m genau.
    (18) 22 Mitgliedstaaten haben dazu Daten übermittelt.
    (19) https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/112-112-day-locating-emergency-calls-aml-technology-rise (auf Englisch).
    (20) Estland (70 %), Rumänien (60 %), Schweden (45 %), Irland (43 %), Malta (36 %), Norwegen (30 %), Litauen (14 %).
    (21) Positive Auswirkungen zeigen sich in geringfügigeren Verletzungen dank schnellerem Eingreifen der Notfallhilfe, das durch die genaue Standortbestimmung des Opfers ermöglicht wird.
    (22) Delegierte Verordnung (EU) 2019/320 der Kommission vom 12. Dezember 2018 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anwendung der grundlegenden Anforderungen gemäß Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe g der Richtlinie zur Gewährleistung der Anruferstandortbestimmung bei Notrufen über Mobilgeräte (ABl. L 55 vom 25.2.2019, S. 1-3).
    (23) https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/112-112-day-locating-emergency-calls-aml-technology-rise (auf Englisch).
    (24) LU, HR, MT, SI, SE, CY, EE, CZ, RO, IT, BG.
    (25) Beispielsweise überwiegen in Italien die von EU-Roaming-Nutzern getätigten Notrufe unter landeseigenen Nummern (169 681) bei weitem die 112-Notrufe (93 699). Dagegen stellen in Zypern die Anrufe an landeseigene Nummern (251) nur einen Bruchteil der 112-Notrufe (26 520) durch EU-Roaming-Nutzer dar. Ähnlich ist die Situation in Luxemburg, wo die Nummer 112 viermal so häufig von EU-Roaming-Nutzern angerufen wird als landeseigene Nummern (6 353 gegenüber 1 565).
    (26)      https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/INF_19_4251
    (27) Nach der Definition in Artikel 2 EKEK: (35) „Gesamtgesprächsdienst“ (Total-Conversation-Dienst): ein Multimedia-Gesprächsdienst in Echtzeit, der die bidirektionale symmetrische Echtzeitübertragung von Video-Bewegtbildern, Text und Sprache zwischen Nutzern an zwei oder mehr Standorten ermöglicht;
    (28) AT, BE, CY, CZ, DK, EE, EL, ES, FI, FR, HR, HU, IE, LT, LU, LV, MT, PL, PT, RO, SE, SI, SK.
    (29) BE, BG, CY, CZ, DK, ES, FI, FR, HU, IT, LU, LV, MT, NL, PL, PT, SK.
    (30) Europäischer Rechtsakt zur Barrierefreiheit – Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70).
    (31) Artikel 4 Absatz 1 und Anhang I Abschnitt IV Buchstabe a EAA.
    (32) Artikel 4 Absatz 8 und Anhang I Abschnitt V EAA.
    (33) Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. L 172 vom 30.6.2012, S. 10).
    (34) https://www.etsi.org/deliver/etsi_ts/103400_103499/103478/01.01.01_60/ts_103478v010101p.pdf (auf Englisch).
    (35) 91/396/EWG: Entscheidung des Rates vom 29. Juli 1991 zur Einführung einer einheitlichen europäischen Notrufnummer (ABl. L 217 vom 6.8.1991).
    (36) Positive Auswirkungen zeigen sich in geringfügigeren Verletzungen dank schnellerem Eingreifen der Notfallhilfe, das durch die genaue Standortbestimmung des Opfers ermöglicht wird.
    (37) Beschluss der Kommission C(2020)1133 vom 3. März 2020 zur Einsetzung der Expertengruppe für Notrufe, siehe auch im Register of Commission Expert Groups and Other Similar Entities .
    (38) Finnland, Griechenland und Polen machten dazu keine Angaben.
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