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Document 52020DC0745

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS Warnmechanismusbericht 2021 (erstellt gemäß den Artikeln 3 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte)

    COM/2020/745 final

    Brüssel, den 18.11.2020

    COM(2020) 745 final

    BERICHT DER KOMMISSION

    AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS


























    Warnmechanismusbericht 2021



























    (erstellt gemäß den Artikeln 3 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte)

    {SWD(2020) 275 final}


    Dieser Warnmechanismus-Bericht (WMB) bildet den Auftakt zur zehnten Runde des jährlichen Verfahrens zur Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte (macroeconomic imbalance procedure – MIP). Das Verfahren zielt auf die Erkennung, Vermeidung und Korrektur von Ungleichgewichten, die sich nachteilig auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschaft einzelner Mitgliedstaaten, der Wirtschafts- und Währungsunion oder der Union insgesamt auswirken, ab; darüber hinaus sollen Anstöße für angemessene Korrekturmaßnahmen gegeben werden. Um die Kohärenz mit Analysen und Empfehlungen im Rahmen anderer Instrumente der wirtschaftspolitischen Überwachung sicherzustellen, wird das MIP im Rahmen des Europäischen Semesters der wirtschaftspolitischen Koordinierung durchgeführt (Artikel 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011).  1   

    Vor dem Hintergrund der Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität wird der diesjährige Überwachungszyklus des Europäischen Semesters, einschließlich der Durchführung des MIP, angepasst. Die Mitte September 2020 angenommene jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum beinhaltet eine Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen und sozialen Lage in Europa, eine Darstellung der allgemeinen politischen Prioritäten der EU und strategische Leitlinien zur Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität.

    Die im WMB vorgenommene Analyse stützt sich auf die wirtschaftliche Auslegung eines Scoreboards, das aus ausgewählten Indikatoren besteht, welche durch ein breiteres Spektrum von Hilfsindikatoren, Analyseinstrumenten und Bewertungsrahmen sowie durch weitere relevante Informationen, darunter kürzlich veröffentlichte Daten und Prognosen, ergänzt werden. Der diesjährige WMB beinhaltet eine verstärkte vorausschauende Bewertung der Risiken hinsichtlich der makroökonomischen Stabilität und der Entwicklung makroökonomischer Ungleichgewichte. Ferner enthält der WMB eine Analyse der Auswirkungen makroökonomischer Ungleichgewichte in den Mitgliedstaaten auf das Euro-Währungsgebiet insgesamt.

    Im WMB werden die Mitgliedstaaten ermittelt, die einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden sollten, um zu bewerten, ob sie von Ungleichgewichten betroffen sind, die Korrekturmaßnahmen erforderlich machen (Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011). Unter Berücksichtigung der mit dem Europäischen Parlament, der im Rat und der in der Eurogruppe geführten Gespräche über den WMB wird die Kommission in der Folge Berichte über die eingehenden Überprüfungen zu den betreffenden Mitgliedstaaten erstellen. Die eingehenden Überprüfungen werden im Frühjahr 2021 veröffentlicht und sollen die Grundlage bilden für die Bewertung der Kommission hinsichtlich des Vorliegens und des Ausmaßes makroökonomischer Ungleichgewichte sowie für die Feststellung eines etwaigen politischen Handlungsbedarfs.

    1.Zusammenfassung

    Dieser Warnmechanismus-Bericht (WMB) wird im Kontext der COVID-19-Krise erstellt. Angesichts der durch die COVID-19-Krise bedingten raschen und tiefgreifenden Veränderung der Wirtschaftslage umfasst die in diesem Bericht vorgenommene wirtschaftliche Analyse eine verstärkte vorausschauende Bewertung der Risiken hinsichtlich der makroökonomischen Stabilität und der Entwicklung makroökonomischer Ungleichgewichte. Dazu müssen wir über die endgültigen jährlichen Daten des WMB-Scoreboards, die sich im diesjährigen WMB auf die Zeit bis einschließlich 2019 erstrecken, hinausgehen. Daher stützt sich der diesjährige Bericht im Vergleich zu den Vorjahren stärker auf Prognosen und Hochfrequenzdaten, damit die potenziellen Auswirkungen der COVID-19-Krise abgeschätzt werden können. 2  

    Der diesjährige Überwachungszyklus des Europäischen Semesters wird vorübergehend angepasst, um eine kohärente und wirksame Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität zu gewährleisten; dies wird sich auch auf die Durchführung des Verfahrens zur Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte (MIP) auswirken. Mit der Jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021, die Mitte September angenommen wurde, wurde der diesjährige Zyklus des Europäischen Semesters eingeleitet, und es wurden strategische Leitlinien für die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität festgelegt. 3  Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität sollen die Mitgliedstaaten Aufbau- und Resilienzpläne verabschieden, die Reformen und Investitionen vorsehen, welche die wichtigsten wirtschaftlichen Herausforderungen angehen und mit den EU-Prioritäten im Einklang stehen; dazu zählen auch die länderspezifischen Empfehlungen, die in den letzten Jahren und insbesondere in den Zyklen des Europäischen Semesters 2019 und 2020 an die Mitgliedstaaten gerichtet wurden. Die Aufbau- und Resilienzfazilität bietet den Mitgliedstaaten daher die Möglichkeit, im Einklang mit den MIP-bezogenen Empfehlungen Reformen und Investitionen vorzunehmen, die die langjährigen strukturellen Ursachen angehen, welche den bestehenden makroökonomischen Ungleichgewichten zugrunde liegen. Ein spezifisches Monitoring der politischen Reaktionen auf bestehende makroökonomische Ungleichgewichte findet nicht im Herbst 2020 statt, sondern wird im Rahmen der Bewertung der Aufbau- und Resilienzpläne durchgeführt. 4 Die nächste Runde eingehender Überprüfungen wird im Frühjahr 2021 zusammen mit der Bewertung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme veröffentlicht; dabei sollen das Ausmaß und die Entwicklung bereits festgestellter Ungleichgewichte eingehend untersucht und das Risiko des Auftretens neuer Ungleichgewichte geprüft werden. 5  

    Bei der Mehrzahl der bestehenden makroökonomischen Ungleichgewichte war bis zum Ausbruch der COVID-19-Krise unter günstigen makroökonomischen Bedingungen eine Korrektur im Gange. Ungleichgewichte bei den Stromgrößen wie übermäßig hohe Leistungsbilanzdefizite oder ein sehr starkes Kreditwachstum waren in den Jahren nach der Finanzkrise von 2008 im Kontext eines breit angelegten Schuldenabbaus im privaten Sektor korrigiert worden. Das 2013 einsetzende Wirtschaftswachstum trug zur Korrektur der Ungleichgewichte bei den Bestandsgrößen, die später begonnen hat und langsamer voranschritt, bei, da es einen Rückgang der privaten, öffentlichen und externen Schuldenquoten und eine Stärkung der Bankbilanzen bewirkte. Gleichzeitig führte das Wirtschaftswachstum in den letzten Jahren – insbesondere in Ländern, in denen es besonders stark ausfiel – zu gewissen Überhitzungsrisiken, vor allem in Bezug auf die Dynamik der Wohnimmobilienpreise und die Entwicklung der Kostenwettbewerbsfähigkeit.

    Eine Reihe bestehender makroökonomischer Ungleichgewichte wird durch die COVID-19-Krise verstärkt, und neue Risiken könnten sich abzeichnen. Insbesondere bei der gesamtstaatlichen und bei der privaten Schuldenquote ist eine Zunahme zu beobachten. Die Schuldentilgung im privaten Sektor könnte fortan durch eine gedämpfte Wirtschaftstätigkeit, Insolvenzen und einen schwachen Arbeitsmarkt beeinträchtigt werden. Eine solche Schuldenproblematik würde die Bilanzen der Banken belasten und deren Rentabilität weiter beeinträchtigen. Gleichzeitig wird mit einer Abschwächung der in jüngster Zeit zu beobachtenden übermäßig starken Dynamik bei Arbeitskosten und Wohnimmobilienpreisen gerechnet; es könnte sich jedoch als problematisch erweisen, wenn eine solche Anpassung zu übermäßigen Abwärtskorrekturen – insbesondere bei den Wohnimmobilienpreisen in Mitgliedstaaten mit einer bereits hohen Verschuldung der privaten Haushalte – führt.

    Aus der horizontalen Analyse des WMB ergeben sich folgende Schlussfolgerungen:

    ·Bei den meisten EU-Mitgliedstaaten ist infolge der COVID-19-Krise nicht mit einer nennenswerten Änderung des Leistungsbilanzsaldos zu rechnen. Die Leistungsbilanzdefizite bleiben in den meisten Ländern moderat. Einige Länder verzeichnen weiterhin einen hohen Leistungsbilanzüberschuss, der sich in den letzten Jahren jedoch verringert hat. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Leistungsbilanzsalden aufgrund der COVID-19-Krise nur relativ wenig ändern werden. Dies steht in starkem Gegensatz zu den Entwicklungen während der globalen Finanzkrise, als die Defizite in den EU-Ländern beträchtlich waren und die Krise eine Korrektur bewirkte. Hinter dem stabilen Leistungsbilanzsaldo verbergen sich jedoch erhebliche Verschiebungen der Beiträge der einzelnen Wirtschaftszweige zur außenwirtschaftlichen Gesamtposition; so wird der starke Anstieg des Finanzierungsüberschusses des privaten Sektors durch eine erhebliche Verringerung des Finanzierungsüberschusses des öffentlichen Sektors, der sich um eine Abfederung der Auswirkungen der Krise bemüht, kompensiert.

    ·Die in den letzten Jahren verzeichneten Verbesserungen des Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) der meisten Mitgliedstaaten dürften zum Stillstand kommen. Während in einer Reihe von Mitgliedstaaten nach wie vor umfangreiche außenwirtschaftliche Ungleichgewichte bestehen, hat sich der NAVS in den meisten EU-Ländern 2019 weiter verbessert, was auf über dem NAVS-stabilisierenden Niveau liegende Leistungsbilanzergebnisse, ein nominales BIP-Wachstum und zuweilen starke positive Bewertungseffekte zurückzuführen ist. Angesichts des starken BIP-Rückgangs im Jahr 2020 und relativ stabiler Leistungsbilanzergebnisse wird erwartet, dass die Verbesserung der NAVS-Quote in Zukunft zum Stillstand kommen wird.

    ·Zu Beginn der COVID-19-Krise waren bei einigen nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten gewisse Spannungen bei der Außenfinanzierung zu beobachten. Die Kapitalbewegungen und Wechselkurse einiger nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörender Mitgliedstaaten waren aufgrund der zunehmenden Risikoaversion über einen kurzen Zeitraum von Ende März bis April Marktdruck ausgesetzt. Vor dem Hintergrund verbesserter Finanzmarktergebnisse hat sich dieser Druck seither verringert.

    ·Die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf den Arbeitsmarkt waren gemessen am Ausmaß der Rezession bislang vergleichsweise gering, was auch auf politische Maßnahmen wie Kurzarbeitsregelungen zurückzuführen ist, doch wird mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit gerechnet. Die Krise setzte jahrelangen Verbesserungen der Lage auf den Arbeitsmärkten in der EU ein Ende. Bislang hat sie vor allem zu einem Rückgang der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden pro Beschäftigtem geführt, während die Zahl der Arbeitslosen nur geringfügig zugenommen hat. Dieses Phänomen des Hortens von Arbeitskräften, d. h. der Weiterbeschäftigung von Arbeitnehmern durch Unternehmen, das viele Volkswirtschaften der EU im Jahr 2020 geprägt hat, ist weitgehend auf staatlich geförderte Initiativen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen, insbesondere befristete Kurzarbeitsregelungen, zurückzuführen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Arbeitslosigkeit mit einiger Verzögerung ansteigen wird, wie dies typischerweise nach Rezessionen der Fall ist. Insbesondere in den stark von der Pandemie betroffenen Sektoren besteht die Gefahr erheblicher Arbeitsplatzverluste – abhängig davon, wie lange diese Auswirkungen anhalten und wie stark die politische Reaktion ausfällt.

    ·In mehreren EU-Ländern hat sich die Zunahme der Lohnstückkosten in den vergangenen Jahren aufgrund des Lohnanstiegs und des schwachen Produktivitätswachstums beschleunigt, dürfte sich aber nach einem starken Anstieg im Jahr 2020 wieder abschwächen. Vor dem Hintergrund eines robusten Wirtschaftswachstums wurde in mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern sowie in den baltischen Staaten in jüngster Zeit eine starke Dynamik der Lohnstückkosten verzeichnet. Die sinkende Arbeitsproduktivität, die auf den Produktionsrückgang in Verbindung mit der Erhaltung von Arbeitsplätzen zurückzuführen ist, dürfte die Zunahme der Lohnstückkosten im Jahr 2020 trotz einer deutlichen Verlangsamung des Lohnwachstums beschleunigen. Im Jahr 2021 dürfte die projizierte allmähliche Konjunkturerholung mit einem Wiederanstieg der Gesamtproduktivität einhergehen, der die Zunahme der Lohnstückkosten im Jahr 2020 teilweise kompensieren würde.

    ·Die Verschuldung der Unternehmen dürfte 2020 vor allem aufgrund von Liquiditätsbedarf durchweg erheblich zunehmen. Die Kreditaufnahme zur Finanzierung von Betriebskapital ist mit der COVID-19-Pandemie stark gestiegen, und die Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften haben in den meisten Ländern zugenommen. Mithilfe von Kreditgarantien konnten Unternehmen Kredite aufzunehmen, um ihre Geschäftstätigkeit zu stützen und ihre Liquiditätspositionen zu stärken. Auch die Schuldenmoratorien trugen zum Anstieg der Schulden bei. Vor dem Hintergrund des deutlichen Rückgangs des BIP im Jahr 2020 dürften die zunehmenden Schuldenstände insbesondere auf kurze Sicht einen drastischen Anstieg der Schuldenquoten bewirken. In Zukunft dürfte sich die Dynamik der Schuldenquoten mit der Erholung verbessern, doch könnte der Schuldendienst insbesondere in den von der Pandemie betroffenen Wirtschaftszweigen auf längere Sicht eine Herausforderung darstellen. Dies würde sich auch auf die Bilanzen der Kreditgeber auswirken.

    ·Die Dynamik bei der Verschuldung der privaten Haushalte scheint vergleichsweise begrenzt zu sein. Vor der COVID-19-Krise war bei der Kreditvergabe an private Haushalte in einer Reihe von Ländern nach Jahren des Schuldenabbaus oder des gedämpften Wachstums wieder ein dynamisches Wachstum zu verzeichnen. Die Zunahme der Verschuldung der privaten Haushalte scheint sich 2020 etwas verlangsamt zu haben – trotz der Auswirkungen von Schuldenmoratorien, die den auf verschuldeten Haushalten lastenden Liquiditätsdruck und die Geschwindigkeit der Tilgungen verringert haben. Bedingt durch den BIP-Rückgang nimmt die Verschuldung der privaten Haushalte im Verhältnis zum BIP im Jahr 2020 automatisch zu. Gleichzeitig sind die Ersparnisse der privaten Haushalte angesichts des drastischen Rückgangs des Verbrauchs gestiegen. Die Aussichten für die Schuldentilgung durch die privaten Haushalte werden durch die Verschlechterung der Lage an den Arbeitsmärkten getrübt.

    ·Das Wachstum der Wohnimmobilienpreise blieb bis 2020 kräftig, wobei in einigen Ländern eine Beschleunigung zu verzeichnen war, aber eine Abschwächung und mögliche Abwärtskorrekturen erscheinen wahrscheinlich. 2019 legten die Wohnimmobilienpreise weiterhin stark zu, auch in einer Reihe von Ländern, in denen Anzeichen für eine Überbewertung zu beobachten waren. Die Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigungsaussichten und die Einkommen der privaten Haushalte dürften sich in einer Mäßigung der Dynamik der Wohnimmobilienpreise niederschlagen. Die jüngsten Quartalsdaten deuten bereits auf eine Abschwächung der Wohnimmobilienmärkte in mehr als der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten hin. Prognosen für das Wachstum der Wohnimmobilienpreise lassen auf Abwärtskorrekturen in der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedstaaten im Zeitraum 2020-2021 schließen.

    ·Nachdem der gesamtstaatliche Schuldenstand in den vergangenen Jahren vor dem Hintergrund eines stärkeren nominalen BIP-Wachstums einen Abwärtstrend verzeichnete, steigt er derzeit in allen Mitgliedstaaten rasch an, insbesondere in denjenigen, in denen die COVID-19-Krise die schwerwiegendsten Auswirkungen zeigt. In den letzten Jahren war der gesamtstaatliche Schuldenstand in den meisten Mitgliedstaaten weiter rückläufig, wohingegen in einigen wenigen Ländern mit hohem Schuldenstand keine oder nur begrenzte Rückgänge festzustellen waren. Während der Krise haben die Regierungen in der gesamten EU automatische Stabilisatoren eingesetzt und direkte Steuer- und Liquiditätshilfen bereitgestellt, um die Gesundheitskrise und die Ausgabenkürzungen im privaten Sektor abzumildern. Besonders stark nehmen die öffentlichen Schuldenquoten in Ländern zu, in denen die Schuldenstände bereits vor der Krise am höchsten waren; dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Rezession in den betreffenden Ländern stärker ausfällt. Eine außerordentliche geldpolitische Lockerung und verschiedene Initiativen auf Ebene der EU und des Euro-Währungsgebiets haben die Finanzierungskosten auf historisch niedrigem Niveau gehalten und das Vertrauen gestärkt. Während einige Länder von der hohen Liquidität und der Nachfrage der Anleger nach einer Verlängerung der Laufzeitstruktur ihrer Staatsschulden profitiert haben, könnte die Struktur der Staatsverschuldung für andere Länder – vor allem aufgrund kurzfristiger Fälligkeitsstrukturen und hoher Fremdwährungsanteile – Risiken bergen.

    ·Die Lage im Bankensektor hat sich in den letzten Jahren verbessert, doch könnte der COVID-19-Schock die Widerstandsfähigkeit des EU-Bankensektors auf den Prüfstand stellen. Die Lage im Bankensektor hat sich seit der weltweiten Finanzkrise erheblich verbessert, wobei die Eigenkapitalquoten und Liquiditätspuffer höher sind als noch vor zehn Jahren. Angesichts der geringen Rentabilität in einem Niedrigzinsumfeld und des in einigen wenigen Ländern weiterhin vergleichsweise hohen Bestands an notleidenden Krediten steht der Sektor jedoch weiterhin vor Herausforderungen. Die von den Zentralbanken bereitgestellte umfangreiche Liquidität trug dazu bei, nach dem COVID-19-Ausbruch eine Kreditklemme zu vermeiden; auch die Aussetzung von Dividendenzahlungen und eine gewisse befristete regulatorische Entlastung geben den Banken zusätzlichen Spielraum. Die Krise dürfte die Qualität der Aktiva und die Rentabilitätsaussichten beeinträchtigen. Zunehmende Schwierigkeiten von Unternehmen und Haushalten bei der Schuldentilgung könnten sich – insbesondere nach Ablauf der Schuldenmoratorien – in notleidenden Krediten niederschlagen. Abwärtskorrekturen der Wohnimmobilienpreise könnten sich auf die Bewertung der Sicherheiten und damit auf die Bankbilanzen auswirken.

    Der COVID-19-Schock verstärkt die bestehenden Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet, sodass die Unterstützungsmaßnahmen der EU optimal eingesetzt werden müssen. Der Herbstprognose 2020 der Kommission zufolge sind die Mitgliedstaaten, deren Wirtschaft aufgrund des Ausmaßes der Pandemie oder der Abhängigkeit von stark exponierten Wirtschaftszweigen am stärksten von der COVID-19-Krise betroffen sind, durch relativ hohe Staatsschulden und eine vergleichsweise hohe Auslandsverschuldung gekennzeichnet. Somit scheint die COVID-19-Krise im Euro-Währungsgebiet in Bezug auf die Inlands- und Auslandsverschuldung bestehende Muster zu verstärken. Eine Reihe stark von der COVID-19-Krise betroffener Länder war in der jüngeren Vergangenheit von einem sehr schwachen Potenzialwachstum gekennzeichnet. Daher könnte die Pandemie auch die wirtschaftlichen Unterschiede verstärken. Gleichzeitig wird trotz des starken Rückgangs der weltweiten Nachfrage derzeit ein Handelsbilanzüberschuss für das Euro-Währungsgebiet insgesamt erwartet, was darauf hindeutet, dass es noch Spielraum für eine Ausweitung der Inlandsnachfrage im Euro-Währungsgebiet insgesamt geben könnte, um die Erholung zu fördern und gleichzeitig die Bemühungen der EZB, das Inflationsziel zu erreichen, zu unterstützen. Angesichts der in allen Mitgliedstaaten zunehmenden Verschuldung können die Aufbau- und Resilienzfazilität und andere auf Ebene des Euro-Währungsgebiets und auf EU-Ebene eingerichtete Finanzhilfeinstrumente wie SURE und REACT-EU sowie eine größere Flexibilität bei der Verwendung der verbleibenden EU-Mittel den Mitgliedstaaten dabei helfen, die Voraussetzungen für einen dauerhaften Aufschwung zu schaffen und die Widerstandsfähigkeit zu stärken. Für die Zukunft ist es wichtig, dass im Euro-Währungsgebiet durchgeführte unterstützende politische Maßnahmen, Reformen und Investitionen in der Weise kombiniert werden, dass makroökonomische Ungleichgewichte – insbesondere wenn sie übermäßig hoch sind – wirksam angegangen werden.

    Insgesamt scheinen mit der COVID-19-Krise die Risiken in Ländern zu steigen, in denen bereits ein (übermäßiges) Ungleichgewicht festgestellt wurde. In gewissem Maße bewirkt die COVID-19-Krise in vielen Mitgliedstaaten einen Einbruch beim allmählichen Abbau der Ungleichgewichte, der vor allem durch die wirtschaftliche Expansion seit 2013 begünstigt wurde. Gleichzeitig scheint der zuvor bestehende Überhitzungsdruck im Zusammenhang mit dem kräftigen Wachstum der Wohnimmobilienpreise und der Lohnstückkosten nun mittelfristig ein geringeres Risiko darzustellen und könnte sogar nach unten korrigiert werden. Wenngleich sich der Druck auf Kapitalströme und Wechselkurse im Jahr 2020 bislang als kurzlebig erwiesen hat, könnte die Stimmung an den Märkten volatil bleiben. Daher muss sich die Überwachung auf Länder konzentrieren, in denen die Risiken anzusteigen scheinen, was in erster Linie auf Länder zutrifft, in denen bereits Ungleichgewichte festgestellt wurden. Darüber hinaus müssen die Entwicklungen in anderen Mitgliedstaaten aufmerksam beobachtet werden, unter anderem in einigen Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets, in denen Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der Zahlungsbilanz im Frühjahr zu Marktdruck geführt haben, sowie in Mitgliedstaaten mit sehr hohem Schuldenstand.

    Der Anstieg der privaten und der öffentlichen Schuldenquote im Jahr 2020 erfordert eine sorgfältige Überwachung, ohne dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt weitere eingehende Überprüfungen erforderlich sind. Die Risiken für makroökonomische Ungleichgewichte, insbesondere im Zusammenhang mit steigenden Schuldenquoten, nehmen vor allem in Ländern zu, in denen bereits Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte festgestellt wurden. Der erhebliche Anstieg der Schuldenquoten im Jahr 2020 ist in großem Maße darauf zurückzuführen, dass temporäre, aber ausgeprägte Rezessionen den Nenner der Schuldenquoten verringern. Ebenfalls bedingt ist der Anstieg von Staats- und Unternehmensverschuldung durch die Reaktion auf den außerordentlichen COVID-19-Schock und durch gezielte befristete politische Anstrengungen (auch in Bezug auf Maßnahmen wie Bankgarantien und Tilgungsmoratorien), um die Auswirkungen der Krise abzufedern und noch größere Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaftstätigkeit, die Einkommen und die makroökonomische Stabilität zu verhindern. Um die Aussichten hinsichtlich der Schuldenlage zu verbessern, muss verhindert werden, dass die Rezession sich vertieft und verfestigt, selbst wenn dies bedeutet, dass die Schulden vorübergehend steigen.

    Eingehende Überprüfungen werden bei Mitgliedstaaten durchgeführt, in denen bereits Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte festgestellt wurden. Eine eingehende Überprüfung wird gemäß der gängigen Aufsichtspraxis durchgeführt, um zu bewerten, ob bestehende Ungleichgewichte abnehmen, fortbestehen oder zunehmen, und um festzustellen, welche Korrekturmaßnahmen ergriffen wurden. Eingehende Überprüfungen sind deshalb für die 12 Mitgliedstaaten vorgesehen, in denen bei den eingehenden Überprüfungen von Februar 2020 Ungleichgewichte bzw. übermäßige Ungleichgewichte festgestellt wurden. 6 Neun Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Irland, Kroatien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Schweden und Spanien) weisen derzeit Ungleichgewichte auf, bei dreien (Griechenland, Italien und Zypern) wurden übermäßige Ungleichgewichte festgestellt.

    In diesem WMB wird auf potenziell risikobehaftete Entwicklungen in einer Reihe von Mitgliedstaaten hingewiesen, für die keine eingehenden Überprüfungen erstellt werden. Nach dem Ausbruch von COVID-19 sind in einigen Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets Risiken im Zusammenhang mit der Außenfinanzierung zutage getreten. Ungarn scheint ein Fall zu sein, in dem die Wechselbeziehung zwischen staatlicher Kreditaufnahme und Außenfinanzierung beobachtet werden sollte. 7 Die Staatsschulden werden zum Teil in Fremdwährung finanziert, was den offenen Charakter der Wirtschaft und die Tatsache widerspiegelt, dass ein Teil der Einnahmen des öffentlichen und des privaten Sektors in Devisen erzielt werden. Die Staatsschulden haben jedoch nur eine sehr kurze Laufzeit und der inländische Bankensektor hält einen erheblichen Teil davon, während die offiziellen Reserven Anfang 2020 nahe den aufsichtlichen Mindestwerten lagen. Wenngleich der Marktdruck seit dem Frühjahr nachgelassen hat und es derzeit keine stichhaltigen Anzeichen dafür gibt, dass das Risiko des Auftretens von Ungleichgewichten besteht, könnten solche Risiken in Zukunft erneut auftreten, sodass eine sorgfältige Überwachung erforderlich ist. Die Auswirkungen steigender Schuldenquoten sollten auch in einer Reihe von Mitgliedstaaten, die derzeit nicht der MIP-Überwachung unterliegen, beobachtet werden. In Belgien dürften sowohl die privaten als auch die öffentlichen Schulden weiter ansteigen und über den MIP-Schwellenwerten liegen. In Dänemark, Finnland und Luxemburg wird die private Verschuldung voraussichtlich ansteigen und den Schwellenwert überschreiten. Der gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte in Österreich und Slowenien weiter ansteigen und einen Wert von über 60 % des BIP übersteigen. Die Frage, in welchem Maße diese Entwicklungen zusätzliche Risiken für die makroökonomische Stabilität bergen, ist schwierig zu beantworten, da insbesondere auch den mittel- und langfristigen Wachstumsaussichten und deren Beeinflussung durch die COVID-19-Krise Rechnung zu tragen ist. Auch wenn der projizierte Anstieg der Schuldenquote einer sorgfältigen Beobachtung bedarf, ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erforderlich, eine eingehende Überprüfung für weitere Mitgliedstaaten durchzuführen.

    2.    Entwicklung der wirtschaftlichen Aussichten: Auswirkungen auf makroökonomische Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet

    Die COVID-19-Pandemie stellt einen außerordentlichen Schock für die Wirtschaft dar. Auf den Ausbruch der Pandemie folgten ab März 2020 restriktive Maßnahmen zur Begrenzung der Ansteckungsgefahr, die ab Mai in den meisten Mitgliedstaaten wieder allmählich gelockert wurden. Die ergriffenen Maßnahmen waren im Großen und Ganzen proportional zum Ausmaß der gesundheitlichen Notlage, wobei jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestanden. 8 Infolge der COVID-19-Pandemie kam es zu einem massiven Nachfrageschock, der sich auf den Verbrauch auswirkte und durch Angebotsbeschränkungen während der Ausgangsbeschränkungen noch verstärkt wurde. Die Konsumdynamik bleibt im Vergleich zum Trend vor der Pandemie gedämpft, insbesondere bei Dienstleistungstätigkeiten, bei denen der menschliche Kontakt schwieriger zu vermeiden ist. Die Investitionstätigkeit wird nach wie vor durch erhebliche Unsicherheit behindert. Das geringere Einkommens- und Beschäftigungswachstum sowie die gedämpfte Dynamik der Exportmärkte werden die Nachfrage weiter bremsen. Die Beeinträchtigung bestimmter Wertschöpfungsketten und Maßnahmen zur räumlichen Distanzierung am Arbeitsplatz wirken sich nach wie vor negativ auf Angebot und Produktivität aus. 9 Die EU und andere Regionen der Welt erleben derzeit eine weitere Welle der Pandemie, deren Schwere und Dauer schwer abzuschätzen sind. Insgesamt geht die Kommission in ihrer Herbstprognose 2020 davon aus, dass das BIP 2020 im Euro-Währungsgebiet um 7,8 % und in der EU um 7,4 % zurückgehen wird. Trotz der für 2021 erwarteten Erholung dürfte das BIP unter dem Vorkrisenniveau von 2019 liegen (Abbildung 1) 10 . 11

    Außerordentliche politische Maßnahmen trugen dazu bei, die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Krise abzufedern. In der gesamten EU und in weiten Teilen der Welt wurden sehr umfangreiche politische Maßnahmen ergriffen, um einen Einbruch der Einkommen infolge restriktiver Maßnahmen zu verhindern und das Risiko erheblicher Arbeitsplatzverluste und Unternehmensinsolvenzen zu verringern. Die Staaten stellten finanzielle Unterstützung über Kurzarbeitsregelungen und verstärkte Einkommensbeihilfen für Arbeitslose bereit. Für Steuerzahlungen und Rückzahlungen von Hypothekendarlehen wurden Moratorien gewährt. Um eine Kreditklemme zu verhindern, wurden Garantien für Bankkredite bereitgestellt. Die EZB ergriff ein breites Spektrum an unterstützenden Maßnahmen zur Wahrung der Finanzstabilität und des reibungslosen Funktionierens der Finanzmärkte, darunter die Bereitstellung zusätzlicher Liquidität für Banken, die Lockerung der Anforderungen an die Besicherung sowie umfangreiche zusätzliche Ankäufe von Vermögenswerten des öffentlichen und des privaten Sektors im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) und des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP). Durch den einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) wurden die regulatorischen Anforderungen an Banken antizyklisch gelockert. Im Rahmen seiner Kreditlinie mit erweiterten Bedingungen (ECCL) gewährte der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets Pandemie-Krisenhilfe. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben drei Sicherheitsnetze für Arbeitnehmer, Unternehmen und Staaten eingerichtet: eine Fazilität zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Krise (SURE), den Paneuropäischen Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank und die Pandemie-Krisenhilfe des ESM. Die Kommission legte Vorschläge für neue Instrumente zur Förderung der Erholung („Next Generation EU“) vor, auf die sich der Europäische Rat im Juli verständigt hatte, insbesondere eine groß angelegte Aufbau- und Resilienzfazilität. Mit dieser Fazilität werden Zuschüsse und Darlehen bereitgestellt, um Reformen und Investitionen zur Steigerung des Wachstumspotenzials, zur Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Widerstandsfähigkeit und zur Erleichterung des ökologischen und digitalen Wandels im Einklang mit den einschlägigen Zielen der Union zu fördern. Es wurde eine Reihe weiterer politischer Maßnahmen ergriffen, darunter die Beschleunigung und Flexibilisierung der Verwendung der verbleibenden EU-Mittel, die Schaffung eines befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen und die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts.



    Abbildung 1: BIP zu konstanten Preisen im Vergleich zum Vorkrisenniveau

    Abbildung 2: Wirtschaftliche Einschätzung und Aktienindex, 2013-2020

    Quelle: Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission

    Quellen: Europäische Kommission und EZB, bereitgestellt von DataStream

    Der COVID-19-Ausbruch bewirkte zunächst starke Reaktionen auf den Finanzmärkten. Die Finanzmärkte antizipierten kurz nach dem Ausbruch der COVID-Krise eine schwere Rezession. Angesichts der Korrektur der Erwartungen bezüglich der Unternehmensgewinne brachen die Aktienmärkte ein. Die Bewertungen an den Anleihenmärkten zeugten von der Flucht in sichere Anlagen, wobei die Risikoprämien für die von den Anlegern als risikoreicher empfundenen Staatsanleihen stiegen und die Renditeabstände der Unternehmensanleihen vor allem in Niedrigzinssegmenten zunahmen. Die Wechselkursentwicklung spiegelte den Druck wider, der aufgrund von Kapitalabflüssen und erheblichen Abwärtskorrekturen der Öl- und Rohstoffpreise auf den aufstrebenden Märkten lastete. Auch auf den Währungen einiger nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörender Mitgliedstaaten lastete ein gewisser Abwärtsdruck. Besonders ausgeprägte Spannungen traten auch bei einigen Währungen und Anleiherenditen von nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten auf, die angesichts der zunehmenden Volatilität der Kapitalströme flexible Wechselkurssysteme einführten.  12

    Die Lage an den Finanzmärkten hat sich infolge der Unterstützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand erheblich verbessert und von den Aussichten für die Realwirtschaft gelöst. Die Aktien- und Anleihenmärkte haben sich angesichts sinkender Risikoprämien erholt. Sowohl die Devisen- als auch die Rohstoffmärkte haben sich stabilisiert. Die infolge des COVID-19-Ausbruchs aufgelaufenen Verluste sind deutlich zurückgegangen, und die Marktvolatilität wurde eingedämmt. Angesichts rechtzeitiger und glaubwürdiger massiver Maßnahmen der öffentlichen Hand scheinen die Finanzmärkte von den realwirtschaftlichen Aussichten, die nach wie vor mit erheblichen Abwärtsrisiken belastet sind, losgelöst zu sein ( Abbildung 2 ) 13 . 

    Die wirtschaftlichen Aussichten sind mit hoher Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung der Pandemie sowie hinsichtlich der politischen Reaktionen und der Verhaltensänderungen der Wirtschaftsakteure behaftet. Die Rezession vom Frühjahr 2020 hat ihre Auswirkungen auf Beschäftigung, Insolvenzen und Bankbilanzen noch nicht voll entfaltet. Die erneuten Eindämmungsmaßnahmen, die angesichts der zurzeit zu beobachtenden zweite Welle der Pandemie getroffen wurden, beeinträchtigen die Wachstumsaussichten. Die Eindämmungsmaßnahmen dürften kurzfristig die Wirtschaftstätigkeit und die Stimmung belasten und sich negativ auf Konsum und Investitionen auswirken, wenn auch in geringerem Maße als im Frühjahr, da bislang ein gezielterer Ansatz gewählt wurde. Dementsprechend dürfte sich das BIP-Wachstum in der EU nach einer kräftigen Erholung im dritten Quartal 2020 im vierten Quartal wieder verlangsamen. Darüber hinaus könnten wieder Spannungen in den Handelsbeziehungen und geopolitische Spannungen auftreten. Der unterstützende Kurs der Finanz- und Währungsbehörden wurde bislang von den Finanzmärkten als glaubwürdig beurteilt, und eine vorzeitige Rücknahme politischer Maßnahmen wäre ein Risiko. Eine Neubewertung der Risiken und mögliche weitere Phasen finanzieller Stresssituationen können nicht ausgeschlossen werden; dies gilt insbesondere für Länder, die sowohl eine hohe Verschuldung als auch eine schwache außenwirtschaftliche Position und einen hohen Finanzierungsbedarf, der nicht vollständig aus inländischen Quellen gedeckt werden kann, aufweisen. Dagegen könnten raschere Fortschritte bei der Eindämmung der Pandemie und die Umsetzung ehrgeiziger und koordinierter Maßnahmen innerhalb der EU eine raschere Erholung ermöglichen.

    Die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen wirken sich auf die makroökonomischen Ungleichgewichte aus. Die öffentlichen und privaten Schuldenquoten steigen in den meisten Mitgliedstaaten. Dies ist sowohl auf technische Gründe zurückzuführen, da sich rezessionsbedingt der Nenner der Schuldenquoten verringert, als auch auf die gestiegene Kreditaufnahme des öffentlichen und des Unternehmenssektors, um die Auswirkungen der COVID-19-Krise abzufedern. Letztlich bildet die Verschlechterung der Aussichten für Staatsverschuldung und private Verschuldung ein Risiko, das sich auf die Bilanzen des Finanzsektors auswirken könnte, die angesichts einer verringerten Rentabilität auch unmittelbar durch den COVID-19-Schock beeinträchtigt werden dürften. Gleichzeitig dürften die in einer Reihe von Mitgliedstaaten zu beobachtenden Trends einer Verschlechterung der Kosten- und Preiswettbewerbsfähigkeit und einer starken Zunahme der Wohnimmobilienpreise nun zum Stillstand kommen. Dies wirft jedoch die Frage auf, wie sich eine Umkehr dieser Trends auswirken wird. Insbesondere eine schwache oder negative Entwicklung des Arbeitseinkommens kann eine geringere Rückzahlungsfähigkeit der privaten Haushalte bedeuten, während Abwärtskorrekturen der Wohnimmobilienpreise die Bankbilanzen beeinträchtigen können, da sie den Wert der Besicherungen mindern; dies gilt insbesondere, wenn die Abwärtskorrekturen Länder betreffen, in denen die Verschuldung der privaten Haushalte hoch ist, und in ungeordneter Weise erfolgen.

    Abbildung 3: Rezessionen, Oxford Stringency Index und Schuldenstand vor COVID-19

    Abbildung 4: Wirtschaftsleistung, Binnennachfrage, Nettoausfuhren und Kerninflation des Euro-Währungsgebiets (EA) 

    Quellen: Eurostat, Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission und „Oxford COVID-19 Government Response Tracker“.

    Quellen: AMECO und Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission

    Hinweis: Die Differenz zwischen BIP und Binnennachfrage sollte zwar definitionsgemäß der Handelsbilanz entsprechen, aber die Daten stehen aufgrund von Diskrepanzen bei der Berichterstattung innerhalb des Euro-Währungsgebiets nicht völlig im Einklang.

    Der COVID-19-Schock scheint die bestehenden Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet zu verstärken. 14  Wenngleich der Schuldenstand kein Faktor gewesen zu sein scheint, der die durch die COVID-19-Pandemie bedingten Rezessionen deutlich vertieft hat, wies die Mehrheit der Länder, die am stärksten von der Pandemie betroffen waren und Eindämmungsmaßnahmen einführen mussten, vergleichsweise hohe öffentliche oder private Schuldenstände auf ( Abbildung 3 ).  15 Das bedeutet, dass die Schuldenquote aufgrund relativ starker Rezessionen ansteigt, insbesondere in Ländern, in denen die Verschuldung bereits vergleichsweise hoch war.  16 Einige der Netto-Schuldnerländer, die von der Pandemie schwer getroffen wurden, zeichnen sich auch durch einen relativ hohen Anteil an Einnahmen aus dem Tourismus aus (z. B. Zypern, Griechenland, Portugal, Spanien); diese Einnahmen werden besonders stark durch die COVID-19-Krise beeinträchtigt, was sich auch auf die Handelsbilanz der jeweiligen Länder auswirkt. Somit scheint die COVID-19-Krise im Euro-Währungsgebiet bestehende Unterschiede in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung sowie die Inlands- und Auslandsverschuldung zu verstärken.

    Angesichts des massiven Rückgangs der Gesamtnachfrage wird davon ausgegangen, dass der allmähliche Rückgang des Handelsbilanzüberschusses des Euro-Währungsgebiets ein Ende finden wird. Der Handelsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets ist seit 2017 rückläufig und dürfte 2020 und 2021 weitgehend stabil bleiben. Der Rückgang des BIP im Jahr 2020 und seine Erholung im Jahr 2021 dürften weitgehend der Entwicklung der Binnennachfrage entsprechen. Ebenso wird erwartet, dass sich die Dynamik der Einfuhren in das Euro-Währungsgebiet eng an die der Ausfuhren anlehnt. Vor dem Hintergrund einer Ausweitung der Produktionslücke im Jahr 2020, die stärker ausfallen dürfte als im Jahr 2009 nach der Finanzkrise, ist daher nicht mit einem weiteren Rückgang des Handelsbilanzüberschusses auf Ebene des Euro-Währungsgebiets zu rechnen. Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass die Kerninflation verhalten bleibt ( Abbildung 4 ).



    Abbildung 5: Entwicklung der Leistungsbilanzen im Euro-Währungsgebiet nach Ländern

    Abbildung 6: Finanzierungssaldo des Euro-Währungsgebiets

    Quellen: Eurostat-Zahlungsbilanzdaten, Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission

    Hinweis: Die Leistungsbilanzen im EA19 für die Jahre 2020 und 2021 entsprechen den bereinigten Zahlen der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission, die den Diskrepanzen bei der Berichterstattung innerhalb des Euro-Währungsgebiets durch die verschiedenen nationalen statistischen Stellen Rechnung tragen (siehe Fußnote 17).

    Quellen: AMECO, Eurostat und Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission.

    Hinweis: Die sich auf das EA19 beziehenden Angaben zur Gesamtwirtschaft für 2020 und 2021 entsprechen den bereinigten Zahlen der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission. Für die vorangegangenen Jahre entsprechen diese Angaben dem Finanzierungssaldo in den Eurostat-Zahlungsbilanzdaten. Zur Berechnung der Daten für private Haushalte bzw. Unternehmen für 2020 und 2021 wurde die Summe der EA-19-Länder – mit Ausnahme von Malta, für das keine Daten vorliegen – veranschlagt.

    Abbildung 7: Nominale effektive Wechselkurse

    Quelle: EZB



    Der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets als Anteil am BIP ist seit 2017 rückläufig und dürfte 2020 weiter zurückgehen. Der Leistungsbilanzsaldo des Euro-Währungsgebiets stieg bis 2017 vor dem Hintergrund eines breit angelegten Schuldenabbaus an und zeigt seither einen Rückgang. Im Jahr 2019 wird die Leistungsbilanz des Euro-Währungsgebiets auf 2,3 % des BIP geschätzt ( Abbildung 5 ). 17 Während der Rückgang des Leistungsbilanzüberschusses im Zeitraum 2017-2018 hauptsächlich durch die – vor allem durch handelspolitische Spannungen und höhere Energiekosten bedingte – Entwicklung der Warenhandelsbilanz zurückzuführen war, war der Rückgang im Jahr 2019 weitgehend der Dienstleistungsbilanz geschuldet. Dennoch blieb der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets im Jahr 2019 nominal der weltweit größte. Sein Wert lag, auch konjunkturbereinigt, leicht über dem wirtschaftlichen Fundamentaldaten entsprechenden Leistungsbilanz-Standard, der auf 2 % des BIP des Euro-Währungsgebiets geschätzt wurde. 18 Bei unveränderter Politik dürfte der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets 2020 weiter auf 1,8 % des BIP zurückgehen, um dann 2021 der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission zufolge leicht auf 1,9 % des BIP anzusteigen und damit unter die aktuelle Schätzung des Leistungsbilanz-Standards zu fallen. Die prognostizierte Verringerung des Überschusses im Euro-Währungsgebiet ist zum Teil auf einen Rückgang der Energiekosten zurückzuführen; auch aufgrund des erheblichen Kursgewinns des Euro, der Anfang 2020 einsetzte ( Abbildung 7 ), ist in Zukunft mit einer Verringerung des Leistungsbilanzüberschusses zu rechnen.

    Die geografische Aufschlüsselung des Leistungsbilanzüberschusses des Euro-Währungsgebiets bleibt stabil; die wichtigsten Veränderungen beziehen sich auf den Beitrag der verschiedenen Wirtschaftssektoren. Der Leistungsbilanzüberschuss des Euro-Währungsgebiets spiegelt nach wie vor in erster Linie die hohen, aber stetig zurückgehenden Überschüsse von Deutschland und den Niederlanden wider, deren Außensalden im Jahr 2019 zusammengenommen 2,7 % des BIP des Euro-Währungsgebiets ausmachten. 19 Die Leistungsbilanzsalden des Euro-Währungsgebiets dürften auch in den Jahren 2020 und 2021 eine gewisse Stabilität bei den einzelnen Ländern aufweisen ( Abbildung 5 ). Hinter der stabilen Leistungsbilanz verbergen sich jedoch erhebliche Veränderungen der Finanzierungssalden in den einzelnen Wirtschaftssektoren, da der starke Anstieg des Finanzierungssaldos des privaten Sektors fast vollständig durch eine Verschlechterung bei dem des Staatssektors kompensiert wird ( Abbildung 6 ). Diese Tendenz, die für das Euro-Währungsgebiet insgesamt zu beobachten ist, ist auch innerhalb der Länder festzustellen. Der starke Anstieg der Ersparnisse der privaten Haushalte im Jahr 2020 ist weitgehend auf Ausgangsbeschränkungen und eine gedämpfte Entwicklung der Inanspruchnahme von Dienstleistungen, die kaum eine physische Distanzierung ermöglichen, sowie auf eine durch die erhöhte Unsicherheit bedingte vorsorgliche Spartätigkeit zurückzuführen. Der sprunghafte Anstieg des Finanzierungssaldos der Unternehmen ist zum Teil durch einen Rückgang der Investitionen und zum Teil durch eine Zunahme der vorsorglichen Spartätigkeit bedingt. Die sinkenden Staatseinnahmen und die haushaltspolitischen Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Einkommen abzufedern, führen zu einer erheblichen Verschlechterung des Finanzierungssaldos des Staatssektors. Ähnliche, wenn auch weniger ausgeprägte Tendenzen werden für 2021 prognostiziert.

    Mit Blick auf die Bewältigung der zunehmenden makroökonomischen Risiken ist eine wirksame Umsetzung der Unterstützungsmaßnahmen der EU erforderlich.

    ·Die derzeitige Krise unterscheidet sich grundlegend von der Finanzkrise im Jahr 2008. Während Letztere weitgehend auf die Korrektur nicht tragfähiger Ungleichgewichte zurückzuführen war (Überschuldung des Finanzsektors, Immobilienblasen, hohe und wachsende Zahlungsbilanzdefizite und Anstieg der Staatsverschuldung in Zeiten günstiger Konjunktur), ist die COVID-19-Krise das Ergebnis von Wirtschaftsschocks, die auf staatliche Beschränkungen und veränderte Verhaltensmuster aufgrund einer Gesundheitskrise zurückzuführen sind. Diese Schocks ereignen sich in einem Kontext, der durch Folgendes gekennzeichnet ist: Die meisten außenwirtschaftlichen Positionen waren dank der jüngsten günstigen Wirtschaftslage ausgeglichen oder zu einem Überschuss geworden, durch den Schuldenabbau im Finanzsektor sind in den letzten Jahren solide Kapitalpuffer im Bankensektor entstanden, der Schuldenabbau im privaten Sektor hat die private Schuldenquote wieder auf ein Niveau deutlich unterhalb der vor der Finanzkrise von 2008 verzeichneten Höchststände zurückgeführt und die öffentlichen Schuldenquoten waren in den meisten Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets rückläufig.

    ·Die Aussichten für die Schuldentilgung hängen entscheidend von der wirtschaftlichen Erholung und der Stärkung der wirtschaftlichen Fundamentaldaten ab; dazu wird während des gesamten Jahres 2021 eine unterstützende Politik erforderlich sein. Eine nachhaltige Erholung ist von entscheidender Bedeutung, sowohl für den Staatssektor im Hinblick auf die Dynamik der Staatseinnahmen als auch für den Sektor der finanziellen und nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, deren Rückzahlungsfähigkeit von der Rentabilität abhängt, als auch für die privaten Haushalte, da die Aussichten auf eine tragfähige Hypothekenverschuldung von der Beschäftigungs- und Einkommensdynamik abhängen.

    ·Eine wirksame Nutzung der verfügbaren Instrumente, die auf Ebene des Euro-Währungsgebiets und der EU eingerichtet wurden, sowie eine wirksame Umsetzung der erforderlichen Reformen und Investitionen würden dazu beitragen, eine dauerhafte Erholung zu fördern und die Widerstandsfähigkeit zu stärken. Es wird von entscheidender Bedeutung sein, dass die EU-Mittel vollständig ausgeschöpft und den produktivsten Verwendungszwecken zugeführt werden. Dies würde sowohl die wirtschaftlichen Auswirkungen der Mittel verstärken als auch verhindern, dass die höheren Ausgaben innerhalb kurzer Zeit zu einem übermäßigen Wachstum der nicht handelbaren Tätigkeiten und der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte in Ländern, in denen die Zuflüsse einen großen Anteil am BIP ausmachen, führen.

    ·Für die Zukunft ist es wichtig, dass im Euro-Währungsgebiet durchgeführte unterstützende politische Maßnahmen, Reformen und Investitionen in einer Weise kombiniert werden, dass makroökonomische Ungleichgewichte – insbesondere wenn sie übermäßig hoch sind – wirksam angegangen werden.

    3.    Ungleichgewichte, Risiken und Anpassungen: wichtigste Entwicklungen in den Mitgliedstaaten

    Der WMB basiert auf einer wirtschaftlichen Auslegung der Indikatoren des MIP-Scoreboards, das als Filter zur Ermittlung von Anscheinsbeweisen für mögliche Risiken und Schwachstellen dient. Das Scoreboard umfasst 14 Indikatoren mit indikativen Schwellenwerten in folgenden Bereichen: außenwirtschaftliche Position, Wettbewerbsfähigkeit, private und gesamtstaatliche Verschuldung, Wohnimmobilienmarkt, Bankensektor und Beschäftigung. Es stützt sich auf tatsächliche, statistisch zuverlässige Daten, um Datenstabilität und länderübergreifend einheitliche Daten zu gewährleisten. Im Einklang mit der MIP-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1176/2011) werden die Scoreboard-Werte in den Bewertungen des WMB nicht einfach mechanisch ausgelesen, sondern sind Gegenstand einer wirtschaftlichen Auslegung, die ein tieferes Verständnis des wirtschaftlichen Gesamtkontextes unter Berücksichtigung länderspezifischer Erwägungen ermöglicht. 20 Eine Reihe von 28 Hilfsindikatoren ergänzt die Auslegung des Scoreboards.

    Im vorliegenden WMB wird stärker auf Prognosen und Hochfrequenzdaten zurückgegriffen als in früheren Berichten, um angesichts der großen Unwägbarkeiten die Auswirkungen der COVID-19-Krise besser abschätzen zu können. Über diese Auswirkungen können aus dem offiziellen WMB-Scoreboard keine Erkenntnisse gewonnen werden, weil dieser nur auf Daten bis 2019 beruht. Daher wurden die Werte der Scoreboard-Variablen und anderer Variablen, die in die MIP-Analysen für die Jahre 2020 und 2021 einfließen, anhand von Prognosedaten der Kommission und Gegenwartsprognosen auf Basis unterjähriger Daten („Nowcasts“) geschätzt (nähere Angaben zu den einzelnen Scoreboard-Variablen sind Kasten 1 zu entnehmen). Dies ist notwendig, um den laufenden Entwicklungen Rechnung zu tragen, führt aber auch dazu, dass diese Prognosen mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind. Bei der WMB-Bewertung werden – ebenso wie in vergangenen Jahren – auch Erkenntnisse aus verschiedenen Bewertungsrahmen sowie aus bereits vorliegenden eingehenden Überprüfungen und einschlägigen Analysen berücksichtigt. Die Analyse der Kommission beruht nach wie vor auf dem Grundsatz, dass die Analysen und die verwendeten Daten transparent dargelegt und die Schlussfolgerungen angesichts der Einschränkungen in Bezug auf die Datenqualität vorsichtig formuliert werden müssen.

    Die Scoreboard-Daten deuten darauf hin, dass die jüngste Korrektur der Ungleichgewichte bei Bestandsgrößen zu Ende geht und die in den vergangenen Jahren zu beobachtende Gefahr einer Überhitzung durch die Krise abnimmt. Was die Zahl der Mitgliedstaaten mit jenseits der Schwellenwerte des WMB-Scoreboards liegenden Werten betrifft, so sind über den Lauf der Jahre eine Reihe von Entwicklungstrends festzustellen (siehe Abbildung 8 ):

    ·Die ab 2013 zu beobachtende wirtschaftliche Expansion hat aufgrund des positiven Nennereffekts dazu beigetragen, dass die private und die gesamtstaatliche Schuldenquote zurückgegangen sind. Deshalb war die Zahl der Mitgliedstaaten, in denen die Schuldenquoten über den Schwellenwerten lagen, bis 2019 rückläufig. Aufgrund der COVID-19-Krise geht dieser Abwärtstrend offenbar zu Ende.

    ·Nachdem in den 2000er Jahren hohe Leistungsbilanzdefizite korrigiert worden waren, bauten einige Volkswirtschaften im vergangenen Jahrzehnt große Leistungsbilanzüberschüsse auf, die sich in den letzten Jahren verringert haben. Die Entwicklung hinsichtlich der außenwirtschaftlichen Anpassung dürfte sich trotz der COVID-Krise grundsätzlich fortsetzen, weil die Krise voraussichtlich nur begrenzte Auswirkungen auf die Zahlungsbilanz haben wird, da sich die Zahl der Länder, die beim Leistungsbilanzsaldo und beim NAVS über den Schwellenwerten liegen, allenfalls geringfügig verändert.

    ·Da die Lohnstückkosten und die Wohnimmobilienpreise in den vergangenen Jahren rasch gestiegen sind, hat sich auch die Zahl der Länder, die die entsprechenden Schwellenwerte überschreiten, erhöht. Die Überhitzungsgefahr in den Mitgliedstaaten mit raschen Anstiegen dürfte im Zuge der COVID-Krise allmählich verschwinden. Dies zeigt sich am deutlichsten bei den Wohnimmobilienpreisen, die voraussichtlich abkühlen werden, sodass weniger Mitgliedstaaten Gefahr laufen, den Schwellenwert zu überschreiten. Auch das Wachstum der Lohnstückkosten könnte nachlassen, wobei für 2020 allerdings zunächst mit einem starken Anstieg zu rechnen ist, durch den mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten vorübergehend über dem Schwellenwert liegen könnten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Produktivität automatisch deutlich zurückgeht, wenn die Wirtschaftstätigkeit stark nachgibt, während die Beschäftigung vergleichsweise stabil bleibt. In einigen Mitgliedstaaten dürften die realen effektiven Wechselkurse vor allem aufgrund der Entwicklung der nominalen Wechselkurse die Schwellenwerte überschreiten.

    Abbildung 8: Zahl der Mitgliedstaaten mit jenseits der Schwellenwerte liegenden Scoreboard-Werten

    Quelle: Berechnungen von Eurostat und Kommissionsdienststellen (siehe auch Kasten 1).

    Hinweise: Die Zahl der Länder mit jenseits der Schwellenwerte liegenden Scoreboard-Werten basiert auf in der Vergangenheit mit den jeweiligen jährlichen WMB veröffentlichten Scoreboards. Durch nachträgliche Datenkorrekturen auf Basis der neuesten Zahlen kann sich die Anzahl der jenseits der Schwellenwerte liegenden Scoreboard-Werte gegenüber der Angabe in der obigen Abbildung ändern. Nähere Angaben zu den Ansätzen, die den Prognosen zu den Scoreboard-Indikatoren für die Jahre 2020 und 2021 zugrunde liegen, sind Kasten 1 zu entnehmen. Prognosen für die folgenden Indikatoren werden nur für 2020 vorgenommen: Kreditflüsse des privaten Sektors, private Verschuldung, Verbindlichkeiten des Finanzsektors, Langzeitarbeitslosigkeit, Jugendarbeitslosigkeit.

    Kasten 1: Gegenwartsprognosen für die Leitindikatoren des Scoreboards

    Um die vorausschauenden Elemente des Scoreboards zu erweitern, stützt sich die Analyse des Warnmechanismus-Berichts, wann immer dies möglich ist, auf Prognosen und Projektionen für 2020 und 2021 sowie auf Gegenwartsprognosen („Nowcasts“) für das laufende Jahr. Diese Zahlen beruhen soweit möglich auf der Herbstprognose 2020 der Kommission. Andernfalls spiegeln die Zahlen Gegenwartsprognosen wider, die auf Ersatz-Indikatoren basieren, welche die Kommissionsdienststellen eigens für diesen WMB erstellt haben.

    Die nachstehende Tabelle bietet einen Überblick über die Annahmen, die den Prognosen und den Gegenwartsprognose-Zahlen für die Leitindikatoren des Scoreboards zugrunde liegen. Die BIP-Angaben, die in einigen Verhältniszahlen als Nenner verwendet werden, stammen aus der Herbstprognose der Kommission.

    Bei mehrjährigen Veränderungsraten (wie der Fünf-Jahres-Veränderung der Exportmarktanteile) beruht allein die Komponente 2020-2021 auf Prognosen, während die Komponenten, die sich auf 2019 oder frühere Jahre beziehen, auf den dem MIP-Scoreboard zugrunde liegenden Eurostat-Daten basieren.

    Tabelle: Ansätze für Prognosen und Gegenwartsprognosen für Leitindikatoren des MIP-Scoreboards

    Indikator

    Ansatz

    Datenquellen

    Leistungsbilanzsaldo in Prozent des BIP (3-Jahres-Durchschnitt)

    Werte aus der Herbstprognose der Kommission für die Leistungsbilanz (Zahlungsbilanzkonzept)

    AMECO

    Nettoauslandsvermögensstatus in Prozent des BIP

    Die Herbstprognose der Kommission für den Finanzierungssaldo der Gesamtwirtschaft gibt Aufschluss über die Veränderung des NAVS, die auf Transaktionen zurückzuführen ist; andere Effekte (z. B. Bewertungsänderungen) werden bis zum zweiten Quartal 2020 berücksichtigt und für die Folgezeit mit null veranschlagt.

    AMECO, Eurostat

    Realer effektiver Wechselkurs – 42 Handelspartner, HVPI-Deflator (3-Jahres-Veränderung in Prozent)

    Werte aus der Herbstprognose der Kommission

    AMECO

    Exportmarktanteil in Prozent der weltweiten Ausfuhren (5-Jahres-Veränderung in Prozent)

    Die Zahlen beruhen auf den Prognosen der Kommission in Bezug auf i) die nominale Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen durch die EU-Mitgliedstaaten (Konzept der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) und ii) die mengenmäßige Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen durch die verbleibenden Teile der Welt, aus denen die Kommission anhand des US-Import-Deflators und des prognostizierten EUR/USD-Wechselkurses das nominale Niveau ermittelt.

    AMECO

    Index der nominalen Lohnstückkosten (3-Jahres-Veränderung in Prozent, 2010 = 100)

    Werte aus der Herbstprognose der Kommission

    AMECO

    Deflationierter Wohnimmobilienpreisindex (Veränderung zum Vorjahr in Prozent, 2015 = 100)

    Modellbasierte Prognosen, die auf der Grundlage eines Wohnimmobilienbewertungsmodells erstellt werden, das im Rahmen der Arbeitsgruppe des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (EPC LIME) mit den Mitgliedstaaten geteilt wird. Die Prognosen ermitteln auf Basis wirtschaftlicher Fundamentaldaten (Bevölkerung, Prognose des verfügbaren Einkommens, Wohnungsbestand, langfristige Zinssätze und Preisdeflator der privaten Konsumausgaben) die erwartete reale Veränderung der Wohnimmobilienpreise sowie den Fehlerkorrekturterm, der die Anpassung der Preise in Richtung ihres langfristigen Verhältnisses zu den Fundamentaldaten widerspiegelt.

    Eurostat, Kommissionsdienststellen.

    Konsolidierte Kreditflüsse des privaten Sektors (in Prozent des BIP)

    Die Zahl für 2020 ist ein Näherungswert für die Kreditflüsse im ersten bis dritten Quartal 2020, die anhand konsolidierter Daten aus den vierteljährlichen Sektorkonten (QSA) der EZB für das erste und zweite Quartal 2020 sowie anhand von Näherungswerten für bestimmte Kreditstromkomponenten aus dem dritten Quartal 2020 ermittelt wurden. Für letztere wurden die EZB-Bilanzpositionen (BSI) der MFI-Kreditflüsse an den privaten Sektor herangezogen, um die Bankkreditkomponenten für das dritte Quartal 2020 zu prognostizieren, und die nominale Emission von Schuldverschreibungen laut EZB-Wertpapieremissionsstatistik (SEC) zur Projektion der Anleihenemissionen im dritten Quartal.

    EZB (QSA, BSI und SEC)

    Konsolidierte Verschuldung des privaten Sektors (in Prozent des BIP)

    Die Zahl für 2020 ist ein Näherungswert für die Verschuldung des privaten Sektors zum Ende des dritten Quartals 2020. Sie beruht auf konsolidierten Daten aus den vierteljährlichen Sektorkonten der EZB für das zweite Quartal 2020. Diese Zahl wurde anhand von Daten über Bankkredite (auf Basis der EZB-Bilanzpositionen) und von Daten über die Anleihe-Verbindlichkeiten (auf Basis der EZB-Wertpapieremissionsstatistik) auf das dritte Quartal 2020 hochgerechnet.

    EZB (QSA, BSI und SEC)

    Gesamtstaatlicher Bruttoschuldenstand (in Prozent des BIP)

    Werte aus der Herbstprognose der Kommission

    AMECO

    Arbeitslosenquote (Drei-Jahres-Durchschnitt)

    Werte aus der Herbstprognose der Kommission

    AMECO

    Nichtkonsolidierte Gesamtverbindlichkeiten des Finanzsektors (Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

    Die Zahl für 2020 gibt den Anstieg der MFI-Verbindlichkeiten laut EZB bis September 2020 wieder.

    EZB (BSI)

    Erwerbsquote in Prozent der Gesamtbevölkerung im Alter von 15 bis 64 Jahren (3-Jahres-Veränderung in Prozentpunkten)

    Die Angaben für die Jahre 2020 und 2021 beruhen auf der Herbstprognose der Kommission zur Veränderung der gesamten Erwerbsbevölkerung (alle Altersgruppen) abzüglich der Herbstprognose der Kommission zur Veränderung der Gesamtbevölkerung der Altersgruppe 15-64 Jahre.

    AMECO

    Langzeitarbeitslosenquote in Prozent der Erwerbsbevölkerung im Alter von 15 bis 74 Jahren (3-Jahres-Veränderung in Prozentpunkten)

    Die Gegenwartsprognose für 2020 beruht auf den neuesten Daten (erstes und zweites Quartal 2020), wobei von einer bis zum Ende des Jahres konstanten Quote ausgegangen wird.

    Eurostat (Arbeitskräfteerhebung – AKE)

    Jugendarbeitslosenquote in Prozent der Erwerbsbevölkerung im Alter von 15 bis 24 Jahren (3-Jahres-Veränderung in Prozentpunkten)

    Die Gegenwartsprognose für 2020 beruht auf den neuesten Daten (Januar bis September 2020), wobei von einer bis zum Ende des Jahres konstanten Quote ausgegangen wird.

    Eurostat (Arbeitskräfteerhebung – AKE)

    3.1 Außenwirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit

    Die Leistungsbilanzen waren im Jahr 2019 relativ konstant. Nachdem die Leistungsbilanzsalden im Jahr 2018 vor dem Hintergrund einer schwächer werdenden weltweiten Exportnachfrage und steigenden Ölpreisen allgemein rückläufig gewesen waren, entwickelten sich die Leistungsbilanzen 2019 gegenüber 2018 uneinheitlich, wobei die Abweichungen relativ gering waren (siehe Abbildung 10 ). Im Jahr 2019 verzeichneten Bulgarien, Dänemark und Litauen deutliche Verbesserungen, während die Leistungsbilanz Zyperns tiefer in den negativen Bereich geriet. Einige große Überschüsse, etwa von Deutschland und den Niederlanden, verringerten sich etwas.

    ·Zwei Mitgliedstaaten wiesen im Jahr 2019 Leistungsbilanzdefizite auf, die unterhalb des unteren Schwellenwerts des MIP-Scoreboards lagen. Das hohe Defizit Zyperns erhöhte sich 2019 weiter, sodass der 3-Jahres-Durchschnitt unterhalb des MIP-Schwellenwerts, unterhalb des betreffenden Leistungsbilanz-Standards sowie unterhalb des Niveaus blieb, das erforderlich ist, um den NAVS im Laufe der kommenden 10 Jahre in den Bereich des aufsichtlichen Schwellenwerts zu bringen 21 . Nachdem sich die Leistungsbilanz Rumäniens noch etwas weiter verschlechtert hatte, erreichte der 3-Jahres-Durchschnitt im Jahr 2019 den MIP-Schwellenwert, wobei dieser Wert deutlich unterhalb des Leistungsbilanz-Standards liegt.

    ·Im Jahr 2019 lagen die Leistungsbilanzdefizite der meisten Mitgliedstaaten über den länderspezifischen Referenzwerten, wobei es einige bemerkenswerte Ausnahmen gab (siehe Abbildung 9 ). 22 Die konjunkturbereinigten Leistungsbilanzsalden lagen aufgrund der negativen Auswirkungen der zyklisch abkühlenden Konjunktur größtenteils nahe oder über den Gesamtsalden. 23 Der Leistungsbilanzsaldo von Zypern und von Rumänien liegt unterhalb des in Anbetracht der Fundamentaldaten jeweils angemessenen Standards. Die Defizite Zyperns, Griechenlands und Portugals liegen unterhalb des Niveaus, das erforderlich ist, um den NAVS auf ein vorsichtiges Niveau zu bringen 24 .

    ·Drei EU-Länder verzeichnen nach wie vor Leistungsbilanzüberschüsse, die über dem oberen Schwellenwert des MIP-Scoreboards und den länderspezifischen Referenzwerten liegen. Dies trifft seit mittlerweile fast zehn Jahren auf Dänemark, Deutschland und die Niederlande zu. Während Dänemark seinen Überschuss im Jahr 2019 ausgebaut hat, setzen die Salden Deutschlands und der Niederlande ihren allmählichen Abwärtstrend fort. Der Leistungsbilanzsaldo der Niederlande hängt unter anderem von den Tätigkeiten multinationaler Konzerne ab, die sich sowohl auf die Handels- als auch auf die Einkommensbilanz auswirken.

    Prognosen deuten auch für die Jahre 2020 und 2021 auf eine insgesamt recht stabile Entwicklung der Leistungsbilanzsalden hin, wobei hinsichtlich des Beitrags der einzelnen Wirtschaftssektoren zur außenwirtschaftlichen Position jedoch mit erheblichen Veränderungen zu rechnen ist. Die COVID-19-Krise hat sowohl bei den Ausfuhren als auch bei den Einfuhren zu einem erheblichen Rückgang geführt, der in seinem Umfang jeweils vergleichbar war. Während der aggregierte Finanzierungssaldo der EU-Länder weitgehend stabil geblieben ist, hat sich der Finanzierungssaldo bestimmter Wirtschaftszweige teilweise deutlich verändert. Im Jahr 2020 werden die staatlichen Salden durch die Unterstützungsmaßnahmen zur Abfederung der drastischen Rezession erheblich belastet, während die privaten Haushalte und Unternehmen in derselben Größenordnung höhere Nettoersparnisse verzeichnen (siehe Abbildung 11 ).

    ·Die Leistungsbilanz einiger Netto-Schuldnerländer, die stark vom Export touristischer Dienstleistungen abhängig sind, dürfte sich verschlechtern. Dies gilt insbesondere für Griechenland, Kroatien, Malta und Zypern.

    ·Die hohen Leistungsbilanzüberschüsse dürften 2020 zurückgehen. So wird sich der Überschuss von Deutschland und den Niederlanden in den Jahren 2020 und 2021 voraussichtlich erheblich verringern.

    Abbildung 9: Leistungsbilanzen und Referenzwerte im Jahr 2019

    Quellen: Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

    Hinweise: Die Länder sind in aufsteigender Reihenfolge des Leistungsbilanzsaldos 2019 aufgeführt. Konjunkturbereinigte Leistungsbilanzsalden: siehe Fußnote 23. Leistungsbilanz-Standards: siehe Fußnote 22. Der Referenzwert „NAVS-stabilisierende Leistungsbilanz“ ist definiert als die Leistungsbilanz, die erforderlich ist, um den NAVS in den folgenden zehn Jahren auf dem aktuellen Stand zu stabilisieren, bzw. – falls der aktuelle NAVS unter dem länderspezifischen aufsichtlichen Schwellenwert liegt – die Leistungsbilanz, die erforderlich ist, um den aufsichtlichen NAVS-Schwellenwert in den kommenden 10 Jahren zu erreichen.

    Abbildung 10: Entwicklung der Leistungsbilanzen

    Quellen: Eurostat, Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

    Hinweis: Die Länder sind in aufsteigender Reihenfolge des Leistungsbilanzsaldos 2019 aufgeführt.

    Abbildung 11: Veränderung des Finanzierungssaldos zwischen 2019 und 2020 nach Sektoren

    Quellen: AMECO und Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission.

    Hinweis: Die Veränderung des Finanzierungssaldos der Unternehmen in Irland geht über das obere Ende der Skala in der Abbildung hinaus.

    Der NAVS der meisten Mitgliedstaaten hat sich weiter verbessert, es bestehen aber nach wie vor hohe Auslandsverbindlichkeiten, deren Auswirkungen sich aufgrund der Krise verschärfen könnten. In den meisten EU-Ländern hat sich der NAVS im Jahr 2019 aufgrund über dem NAVS-stabilisierenden Schwellenwert liegender Leistungsbilanzen, des nominalen BIP-Wachstums und zuweilen starker positiver Bewertungseffekte weiter verbessert. In einigen EU-Mitgliedstaaten liegen die NAVS jedoch nach wie vor deutlich im negativen Bereich. Im Jahr 2019 wiesen elf Mitgliedstaaten einen unterhalb des Scoreboard-Schwellenwerts von -35 % des BIP liegenden NAVS aus; dies ist ein Land weniger als im Jahr 2018. In diesen Ländern liegen die Werte unter dem, was angesichts der Fundamentaldaten gerechtfertigt wäre (NAVS-Standards), und in den meisten Fällen auch unter der jeweiligen aufsichtlichen NAVS-Schwelle (siehe Abbildung 12 ). 25 Die Krise hat die Verbesserung der negativeren NAVS-Quoten zum Stillstand gebracht.

    ·Einige Länder des Euro-Währungsgebiets wie Griechenland, Irland, Portugal und Zypern weisen nach wie vor einen stark negativen NAVS von unter -100 % des BIP auf. In diesen vier Ländern liegt der NAVS deutlich unter den NAVS-Standards und unter den aufsichtlichen Schwellenwerten. Sowohl in Irland als auch in Zypern spiegelt der NAVS in großem Maße die grenzübergreifenden finanziellen Beziehungen multinationaler Konzerne und die große Bedeutung von Zweckgesellschaften wider. In den vier Ländern sowie in Spanien hängt der NAVS mit der hohen Verschuldung zusammen, wie der stark negative NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallsrisiko (NAIOA) 26 zeigt. In Griechenland ist der NAVS zu einem Großteil auf die hohe öffentliche Auslandsverschuldung zurückzuführen – die oft durch sehr günstige Bedingungen gekennzeichnet ist 27 . Im Jahr 2020 dürfte sich der zu erwartende starke BIP-Rückgang negativ auf die NAVS-Quote auswirken, die sich voraussichtlich in vielen Fällen verschlechtern wird.

    ·In Ländern mit vergleichsweise geringem negativem NAVS unterhalb des Scoreboard-Schwellenwerts liegt der NAVS unter dem Wert, der aufgrund der länderspezifischen Fundamentaldaten zu erwarten wäre, aber mitunter in der Nähe des oder sogar über dem aufsichtlichen Schwellenwert. Diese Länder – es handelt sich um Kroatien, Lettland, Polen, Rumänien, die Slowakei und Ungarn sowie andere mittel- und osteuropäische Länder und Länder des Baltikums – sind tendenziell Nettoempfänger umfangreicher ausländischer Direktinvestitionen, sodass sie günstigere NAIOA-Zahlen aufweisen. Für diese Länder sind im Jahr 2020 zumeist nur geringfügige bis moderate Veränderungen zu erwarten.

    ·Die meisten stark positiven NAVS haben sich 2019 weiter erhöht. Deutschland, Dänemark und die Niederlande weisen jeweils einen positiven NAVS von mehr als 70 % des BIP auf, wobei die Anstiege im Jahr 2019 auch durch erhebliche positive Bewertungseffekte begünstigt wurden. Der NAVS von Belgien, Malta und Luxemburg beträgt mehr als 50 % des BIP. In all diesen Fällen liegen die NAVS deutlich über den jeweiligen Standards, d. h. sie gehen über das hinaus, was aufgrund der länderspezifischen Fundamentaldaten gerechtfertigt oder zu erwarten wäre.

    Nach dem Ausbruch der COVID-19-Krise traten in einigen Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme im Ausland auf. Zu Beginn der COVID-19-Krise kam es in den meisten Schwellenländern mit variablen Wechselkursen zu Kapitalflucht und Währungsabwertung. Die Märkte rechneten damit, dass die Währungsbehörden angesichts der Notwendigkeit, einerseits ihre Volkswirtschaft zu unterstützen und andererseits ihre Währung zu stabilisieren, Kompromisslösungen finden müssten. Auch bei einigen Währungen der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten mit flexiblen Wechselkurssystemen traten Spannungen auf. Vor allem im März und April kam es zu Währungsabwertungen, insbesondere in Ungarn, doch im Mai ließ der Druck nach; die Währungen stabilisierten sich und machten in einigen Fällen in den darauffolgenden Monaten verlorenen Boden gut. Wenngleich die Spannungen an den Finanzmärkten und damit auch die Außenfinanzierungsrisiken anschließend offenbar zurückgingen, sind einige Mitgliedstaaten außerhalb des Euro-Währungsgebiets möglicherweise nach wie vor anfällig, falls sich die Risikoaversion an den globalen Finanzmärkten oder die Volatilität der Kapitalflüsse wieder erhöhen sollte. In diesem Zusammenhang dürften verschiedene Aspekte wie die Aussichten für den Außenfinanzierungsbedarf, unter anderem auch der jeweiligen Regierung, und die Verfügbarkeit von Devisenreserven von Bedeutung sein.

    Abbildung 12: Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) 2018-2021 und Referenzwerte 2019

    Quellen: Berechnungen von Eurostat und Kommissionsdienststellen (siehe auch Kasten 1).

    Hinweise: Die Länder sind in aufsteigender Reihenfolge der NAVS-Quote im Jahr 2019 aufgeführt. Die Abkürzung „NAIOA“ steht für „NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallsrisiko“. Zu den Begriffen „NAVS-Standard“ und „aufsichtlicher NAVS-Schwellenwert“ siehe Fußnote 25. Der NAIOA von IE, LU und MT liegt außerhalb der Skala.

    Die Lohnstückkosten (LSK) stiegen 2019 in einigen EU-Ländern weiter dynamisch an, doch dieser Trend schwächt sich aufgrund der COVID-19-Krise ab. Laut dem Scoreboard liegt der Indikator für das Wachstum der Lohnstückkosten im Jahr 2019 ebenso wie im Vorjahr bei acht Ländern jenseits des Schwellenwerts: Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Rumänien, die Slowakei und Tschechien; mit Ausnahme von Luxemburg lagen all diese Länder bereits 2018 jenseits des Schwellenwerts. Im Baltikum und in verschiedenen mittel- und osteuropäischen Ländern hat sich das Wachstum der Lohnstückkosten vor dem Hintergrund des hohen Wirtschaftswachstums, der angespannten Lage am Arbeitsmarkt und des Fachkräftemangels seit 2013 beschleunigt.

    Die COVID-19-Pandemie dürfte im Jahr 2020 zu einem punktuellen Anstieg der Lohnstückkosten führen, wobei anschließend mit einer Abschwächung der Dynamik zu rechnen ist. Aufgrund der COVID-19-Krise wird sich das Wachstum der Lohnstückkosten 2020 in der gesamten EU voraussichtlich kräftig erhöhen, da die Produktivität praktisch überall sinkt. Im Jahr 2021 dürfte sich dieser Trend jedoch teilweise wieder umkehren, weil die Produktivität im Zuge der erwarteten Konjunkturerholung wieder anziehen und vor dem Hintergrund eines sinkenden Lohnwachstums zu einem deutlichen Rückgang oder zumindest einer Stagnation der Lohnstückkosten (siehe Abbildung 13 obere Reihe) führen dürfte.

    ·Das Lohnwachstum war 2019 in vielen Ländern weiterhin die stärkste Triebkraft für das Wachstum der Lohnstückkosten, während die Krise nunmehr zu einer deutlichen Lohnzurückhaltung führt. Aufgrund der Krise ist der bis 2019 bestehende Überhitzungsdruck weggefallen. In den meisten EU-Ländern wird für die Jahre 2020 und 2021 mit einem moderateren Lohn- und Gehaltswachstum gerechnet. Im Jahr 2020 hängt dies in erster Linie mit den – vor allem im Rahmen vorübergehender Kurzarbeitsregelungen – verkürzten Arbeitszeiten zusammen 28 . Im Rahmen solcher Regelungen bleibt das Beschäftigungsverhältnis der Arbeitnehmer bestehen, jedoch mit kürzeren Arbeitszeiten und niedrigeren Löhnen 29 .

    ·Im Jahr 2019 legte die Arbeitsproduktivität kaum zu, und aufgrund der Krise wird die Produktivität im Jahr 2020 weiter sinken. Im Jahr 2020 dürfte die Produktivität gemessen am Output je Beschäftigten in fast allen EU-Ländern drastisch zurückgehen. Die Rezession von 2020 ging mit einem Rückgang des Arbeitskräfteeinsatzes einher. Dies war jedoch in erster Linie auf eine Verringerung der Arbeitsstunden zurückzuführen, während die Zahl der Beschäftigten nahezu unverändert blieb 30 . Daher fällt der Produktivitätsrückgang moderater aus, wenn die Produktivität am Output pro geleisteter Arbeitsstunde gemessen wird (siehe Abbildung 13 , letztes Schaubild). Das in der gesamten EU in erheblichem Maße und weitverbreitet zu beobachtende Horten von Arbeitskräften wurde durch die breite Nutzung staatlich geförderter Kurzarbeitsregelungen stark begünstigt. 31 Für 2021 wird im Zuge der erwarteten Konjunkturerholung mit einem sprunghaften Anstieg der Produktivitätszahlen gerechnet; in den meisten Fällen dürften sie jedoch nicht über das Niveau von vor der Krise hinaus steigen.

    Abbildung 13: Entwicklung der Lohnstückkosten, der Löhne und Gehälter und der Produktivität

     

    Quelle: AMECO; die Daten für 2020 und 2021 stammen aus der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission. Die Daten beziehen sich auf die Zahl der Lohn- und Gehaltsempfänger und die Zahl der Erwerbstätigen.

    Hinweis: Die Länder sind in den einzelnen Abbildungen in aufsteigender Reihenfolge des jeweils betrachteten Faktors im Jahr 2019 aufgeführt.

    Im Euro-Währungsgebiet dürfte die Entwicklung der Lohnstückkosten weniger stark zum Abbau von Ungleichgewichten beitragen als in der Vergangenheit. Im Jahr 2019 war das Wachstum der Lohnstückkosten in einer Reihe von Netto-Gläubigerländern wie Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden etwas höher als in einigen Netto-Schuldnerländern wie Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern. Im Gesamtzeitraum 2020 bis 2021 dürfte der Anstieg der Lohnstückkosten in den beiden Ländergruppen jedoch annähernd gleich hoch ausfallen, sodass nicht mit weiteren Beiträgen zum Abbau der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte zu rechnen ist (siehe Abbildung 14 ). Da jedoch gleichzeitig eine Reihe von Netto-Schuldnerländern besonders stark von der COVID-19-Krise betroffen waren (siehe auch Abschnitt 2) und sie daher mit einem größeren Rückgang der Wirtschaftstätigkeit konfrontiert sind, könnte dort ein geringerer Kosten- und Lohndruck zu erwarten sein.

    Abbildung 14: Entwicklung der Lohnstückkosten im Euro-Währungsgebiet

    Quelle: AMECO; die Daten für 2020 und 2021 stammen aus der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission.

    Hinweise: Einen NAVS von mehr als +35 % des BIP haben DE, LU, NL, BE und MT. Einen NAVS zwischen 35 % und -35 % des BIP weisen FI, EE, IT, LT, FR, SI und AT auf. Der NAVS der übrigen Länder liegt unterhalb von -35 % des BIP. Die Einteilung der Länder erfolgte anhand der NAVS-Durchschnittswerte im Zeitraum 2017-2019. Die Netto-Gläubigerländer verzeichneten in diesem Zeitraum im Durchschnitt einen Leistungsbilanzüberschuss. Die Zahlen beruhen auf den BIP-gewichteten Durchschnittswerten der drei Ländergruppen.

    Die Dynamik der realen effektiven Wechselkurse (REWK) wird zunehmend von der Volatilität der nominalen Wechselkurse bestimmt. Im Zeitraum 2016 bis 2018 stiegen die REWK angesichts der Aufwertung des Euro in den meisten Mitgliedstaaten an (siehe Abbildung 15 ). Am deutlichsten zeigt sich der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit bei Betrachtung der Lohnstückkosten. Im Jahr 2019 verbesserte sich die Wettbewerbsfähigkeit jedoch angesichts der vorübergehenden Abwertung des Euro. Angesichts dieser Entwicklung lag 2019 nur Estland aufgrund seines erhöhten HVPI-basierten realen effektiven Wechselkurses über den Schwellenwerten, nachdem dies im Jahr 2018 noch bei sechs Ländern der Fall gewesen war; dieser Rückgang war unter anderem auf die gedämpfte Inflationsdynamik zurückzuführen. Für die Zukunft wird erwartet, dass die Aufwertung des Euro im Jahr 2020 in allen Euro-Ländern zu Einbußen bei der globalen Wettbewerbsfähigkeit führen wird, während die Währungen einiger nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörender Länder Abwertungen verzeichneten.

    ·Im Jahr 2019 kam es in vielen Fällen zu nominalen Abwertungen, während bei der Währungsentwicklung im Jahr 2020 größere Unterschiede zwischen den Ländern zu beobachten waren. Die meisten EU-Länder verzeichneten 2019 nominale Abwertungen, die bei einigen Mitgliedstaaten außerhalb des Euro-Währungsgebiets, insbesondere Ungarn, Rumänien und Schweden, besonders stark ausfielen. Im Jahr 2020 verzeichnete der Euro nach dem COVID-19-Ausbruch wieder einen Aufwärtstrend. Einige Währungen außerhalb des Euro-Gebiets folgten weitgehend dem Euro, andere zogen spürbar an (Schweden) und wieder andere gaben deutlich nach (insbesondere Ungarn und in geringerem Maße auch Tschechien und Polen).

    ·Die LSK-basierten REWK stiegen 2019 zwar in den meisten Mitgliedstaaten an, aber weniger stark als in den vorangegangenen Jahren, und durch die Krise wurde der Aufwertungstrend weiter gedämpft. Einige mittel- und osteuropäische Länder verzeichneten im Jahr 2019 allerdings weiterhin eine recht kräftige reale Aufwertung. Dies war insbesondere bei einigen Euro-Ländern wie den baltischen Staaten und der Slowakei sowie bei Ländern außerhalb des Euro-Währungsgebiets wie Bulgarien, Rumänien und Tschechien der Fall. Unter den Netto-Gläubigerländern verbuchten nur Deutschland und Malta eine wesentliche Aufwertung des REWK. Während die Prognosen zur Entwicklung der REWK im Jahr 2020 für die meisten Länder durch den vorübergehenden sprunghaften Anstieg der Lohnstückkosten geprägt sind, dürfte der zu erwartende verhaltene Anstieg der Lohnstückkosten im Jahr 2021 in den meisten EU-Ländern auch zu einer begrenzten realen Aufwertung führen.

    ·In den meisten Mitgliedstaaten ist nach wie vor eine Verringerung der Preis-Kosten-Margen zu beobachten. In den vergangenen Jahren verzeichneten die LSK-basierten REWK eine dynamischere Entwicklung als die BIP-basierten REWK. Dieser Trend dauerte, wenn auch in abgeschwächter Form, bis 2019 an, was auf eine anhaltende Verringerung der Gewinnspannen hindeutet. 32 Auch im Jahr 2020 setzte sich dieser Trend fort, am deutlichsten in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern, Belgien, Griechenland, Malta und Spanien.

    ·Für die Zukunft deuten auch die REWK-Zahlen darauf hin, dass die Entwicklung der Kostenwettbewerbsfähigkeit weniger stark zum Abbau von Ungleichgewichten beitragen könnte als in der Vergangenheit. In den Jahren 2020 und 2021 dürften große Netto-Schuldnerländer oder Länder, die stärker von der COVID-19-Rezession betroffen waren, wie Frankreich, Kroatien, Italien, Portugal oder Spanien, im Vergleich zu Deutschland und den Niederlanden allenfalls in geringem Maße an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.

    ·Die REWK-Indizes liegen offenbar vor allem bei denjenigen Mitgliedstaaten über dem Referenzwert, die eine länger anhaltende, starke Dynamik der relativen Preise aufweisen. Dies ist insbesondere bei mittel- und osteuropäischen Ländern der Fall.

    Abbildung 15: Dynamik der nominalen und realen effektiven Wechselkurse (NEWK und REWK)

     

    Quelle: AMECO; die Daten für 2020 und 2021 stammen aus der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission.

    Hinweise: Die Länder sind in aufsteigender Reihenfolge der durchschnittlichen jährlichen Veränderung ihres jeweiligen realen effektiven Wechselkurses (REWK) bezogen auf den Lohnstückkosten-Deflator im Zeitraum 2017 bis 2019 aufgeführt. Der REWK und der nominale effektive Wechselkurs (NEWK) werden gegenüber 37 Handelspartnern berechnet. Der BIP-basierte REWK-Index gibt die prozentuale Differenz gegenüber einem Referenzwert wieder, der den mit wirtschaftlichen Fundamentaldaten im Einklang stehenden REWK widerspiegelt. Die Werte in der Abbildung zeigen die Abweichung zwischen dem beobachteten REWK-Niveau und dem REWK-Referenzwert auf: Positive Indexwerte deuten auf eine Überbewertung und negative Indexwerte auf eine Unterbewertung hin 33 . 

    Der Anstieg der Exportmarktanteile der Mitgliedstaaten verlangsamte sich im Jahr 2019 und dürfte sich in den meisten Fällen weiter abschwächen. Im Jahr 2019 verzeichnete kein Mitgliedstaat Verluste beim Exportmarktanteil, die unterhalb des Scoreboard-Schwellenwerts lagen (basierend auf der kumulierten Veränderung des Marktanteils über 5 Jahre). Durch den COVID-Ausbruch hat sich das Handelsumfeld stark verändert, was auch Auswirkungen auf die Exportmarktanteile hat.

    ·Im Jahr 2020 dürften die Exportmarktanteile von etwa der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten zurückgehen. Da die EU bislang stärker von der COVID-Krise betroffen ist als andere Weltregionen, wird der unionsinterne Handel stärker belastet als der Außenhandel. Da EU-Länder hauptsächlich mit anderen Mitgliedstaaten Handel treiben, sind ihre wichtigsten Exportmärkte im Vergleich zu denen anderer Weltregionen geschrumpft, sodass sich die Exportmarktanteile der meisten EU-Länder verringert haben. 

    ·Am stärksten gehen die Exportmarktanteile der Länder zurück, die vor allem Dienstleistungen, insbesondere Tourismusleistungen, exportieren. Der Handel mit Dienstleistungen geht besonders stark zurück, insbesondere im Tourismusbereich, der stark von Beschränkungen der Auslandsreisen und dem veränderten Verbraucherverhalten betroffen ist. Im Jahr 2020 dürften die Exportmarktanteile von Griechenland, Frankreich, Italien, Kroatien, Portugal, Spanien und Zypern, die allesamt durch eine starke Abhängigkeit von der angeschlagenen Tourismusbranche gekennzeichnet sind, am stärksten zurückgehen. Deutschland und die Niederlande hingegen werden ihren Exportmarktanteil voraussichtlich steigern können.

    3.2 Private Verschuldung und Wohnimmobilienmarkt

    Obwohl sich die private Verschuldung im Verhältnis zum BIP aufgrund günstiger wirtschaftlicher Entwicklungen bis 2019 in den meisten Mitgliedstaaten verringert hat, ist sie in einigen Ländern nach wie vor hoch. Im Jahr 2019 lagen elf Mitgliedstaaten über dem Scoreboard-Schwellenwert für die private Verschuldung, während dies im Jahr 2018 noch bei zwölf Mitgliedstaaten der Fall gewesen war. In Dänemark, Irland, Luxemburg, den Niederlanden, Schweden und Zypern liegt die private Schuldenquote bei über 200 %, was auch auf die große Bedeutung von multinationalen Unternehmen und Zweckgesellschaften in einigen dieser Länder zurückzuführen ist. Belgien, Finnland, Frankreich und Portugal weisen eine niedrigere Schuldenstandsquote auf, liegen aber ebenfalls über dem Schwellenwert. Die von Land zu Land sehr unterschiedlichen Schuldenstände sind auf strukturelle länderspezifische Faktoren zurückzuführen. In einigen EU-Ländern sind die Schulden jedoch auch gemessen an Referenzwerten, die den länderspezifischen wirtschaftlichen Fundamentaldaten Rechnung tragen, als hoch einzustufen. Und einige Länder weisen auch nach Maßgabe der aufsichtlichen Schwellenwerte eine hohe Verschuldung auf. 34  

    ·Der Schuldenabbau im privaten Sektor setzte sich 2019 fort, wobei in den meisten EU-Ländern auch die private Schuldenquote zurückging. Der Rückgang der Schuldenquote zwischen 2018 und 2019 war hauptsächlich auf das nominale BIP-Wachstum zurückzuführen („passiver Schuldenabbau“), während sich die Kreditaufnahme in den vergangenen Jahren in einer wachsenden Zahl von Ländern erhöht hat.

    ·In den vergangenen Jahren hat die Dynamik der Kreditaufnahme insbesondere im Bereich der privaten Haushalte zugenommen. Wenngleich die Nettokreditflüsse nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften überwiegend positiv waren, ging ihre Verschuldung im Verhältnis zum BIP im Zeitraum 2018 bis 2019 in allen EU-Ländern mit Ausnahme von Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Luxemburg und Schweden zurück. Bei den privaten Haushalten war nur in etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten ein Rückgang der Schuldenquote zu beobachten. In den vergangenen Jahren war bei der Verschuldung der privaten Haushalte eine recht kräftige Dynamik (in Form von Transaktionen, die sich auf den Bestand an Krediten und ausstehenden Schuldverschreibungen auswirkten) zu verzeichnen (siehe Warnmechanismus-Bericht 2020). Dieser Trend war auch im Zeitraum 2018 bis 2019 zu beobachten.

    ·Die Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften lag 2019 in einer Reihe von Ländern weiterhin über den Referenzwerten. In Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Portugal, Schweden, Spanien und Zypern lagen die Schulden nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften sowohl über dem Niveau, das angesichts der wirtschaftlichen Fundamentaldaten gerechtfertigt wäre, als auch über dem im Vergleich zu den aufsichtsrechtlichen Schwellenwerten angemessenen Niveau. Die Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften dürfte 2020 in Griechenland, Italien, Kroatien und Österreich in der Nähe der aufsichtsrechtlichen Schwellenwerte verbleiben und in Finnland weiterhin darüber liegen (siehe Abbildung 16 ). In einer Reihe von Ländern, insbesondere in Belgien, Irland, Luxemburg, den Niederlanden und Zypern, ist die Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften zu großen Teilen auf grenzüberschreitende unternehmensinterne bzw. bei Zweckgesellschaften auftretende Schulden zurückzuführen.

    ·Die Verschuldung der privaten Haushalte lag 2019 in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor über den Referenzwerten. In Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden, Portugal, Schweden und Spanien lag die Verschuldung sowohl über dem fundamentaldatenbasierten Referenzwert als auch über den aufsichtlichen Schwellenwerten ( Abbildung 21 ). In Belgien und Zypern lag die Verschuldung der privaten Haushalte über den aufsichtlichen Schwellenwerten und in Deutschland, Italien und Österreich in etwa auf deren Niveau. In einigen Ländern wie Irland, Luxemburg und Malta sind die Schuldenquoten der privaten Haushalte deutlich höher, wenn sie auf der Grundlage des verfügbaren Bruttoeinkommens der privaten Haushalte berechnet werden.

    Im Jahr 2020 scheinen die privaten Schuldenquoten in den meisten Mitgliedstaaten zu steigen, insbesondere bei nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften. Schätzungen der Schuldenquoten von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften und privaten Haushalten (auf der Grundlage der verfügbaren monatlichen Schuldenbestandsdaten) deuten auf einen nicht zu vernachlässigenden Anstieg in den meisten EU-Ländern hin. Dieser Anstieg der Schuldenquoten ist großenteils auf die sinkenden BIP-Werte im Nenner zurückzuführen. Insbesondere bei den nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften spielt jedoch auch die Dynamik des Schuldenbestands eine Rolle. Die Nettokreditflüsse dürften 2020 in den meisten EU-Ländern, insbesondere in Belgien, Finnland, Frankreich, Irland, Luxemburg, Schweden und Spanien, hoch sein – in einigen Fällen deutlich höher als 2019.

    Abbildung 16: Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften

     

    Quellen: Sektorale Gesamtrechnung (finanzielle Vermögensbilanz – Kredite (F4) plus Schuldtitel (F3)) von Eurostat, AMECO und Schätzungen der Kommissionsdienststellen (siehe Kasten 1).

    Hinweis: Die Länder sind in absteigender Reihenfolge der Schuldenquote der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften im Jahr 2019 aufgeführt. Unter den Ländercodes ist angegeben, in welchem Jahr die Schuldenquote ihren Höchststand erreichte. Zur Definition von auf Fundamentaldaten basierten Referenzwerten und aufsichtlichen Schwellenwerten siehe Fußnote 34.

    Der erhöhte Kreditbedarf der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften im Jahr 2020 ist auf massive Geschäftseinbußen und Liquiditätsengpässe zurückzuführen.

    ·Die Schuldenquoten scheinen 2020 am deutlichsten in den Ländern zu steigen, in denen der COVID-19-Ausbruch die Gewinne und Cashflows der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften besonders stark beeinträchtigt hat. Die Länder, in denen die Nettobetriebsgewinne der Unternehmen 2020 deutlich sinken dürften, sind tendenziell dieselben, in denen anteilig am BIP von 2019 die stärksten Nettokreditflüsse (Transaktionen) zu verzeichnen sind (siehe Abbildung 20 ).

    ·Da die nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften ihre Kreditaufnahme erhöhen mussten, um ihr Betriebskapital zu finanzieren und Liquiditätspuffer zu schaffen, ist die Nettoverschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften nicht so stark gestiegen wie die Bruttoverschuldung. Ein Teil der Kreditaufnahme wurde angesichts der zunehmenden Unsicherheit über die wirtschaftliche Lage und zwecks Inanspruchnahme der befristeten Sondermaßnahmen zur Stützung der Kreditflüsse für die Wiederauffüllung und Verstärkung von Liquiditätspuffern verwendet. Die Kreditaufnahme zur Finanzierung von Investitionen hat nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Trotz der umfangreichen Kreditaufnahme im Jahr 2020 dürften die Sparsalden der Unternehmen insgesamt nicht wesentlich zurückgehen. Die Nettoersparnisse der Unternehmen dürften aufgrund der geringeren Investitionen gar in allen EU-Ländern zunehmen (siehe Abbildung 11 ).

    ·Die Kreditaufnahme wurde durch eine Reihe politischer Maßnahmen erleichtert. Neben der umfangreichen Liquiditätsversorgung der Banken durch die Währungsbehörden und der Anpassung der aufsichtlichen Vorschriften trugen staatliche Kreditgarantien dazu bei, die Kreditflüsse insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen aufrechtzuerhalten.

    ·Schuldentilgungsmoratorien tragen zu einer erhöhten Schuldendynamik im Jahr 2020 bei. Der im Wege von Moratorien in der gesamten EU – sei es als staatliche Maßnahmen oder als freiwillige Initiativen der Kreditgeber – gewährte Aufschub der Schuldentilgung für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften führt automatisch zu einer Erhöhung der Schuldendynamik. Dies wird dadurch bestätigt, dass die positive Beziehung zwischen der Veränderung der Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften und den „reinen neuen“ MFI-Krediten (ohne Kreditrestrukturierungen und Tilgungen) im Jahr 2020 wesentlich stärker ausgeprägt ist als im Jahr 2019 (siehe Abbildung 17 und Abbildung 18 ). Im Jahr 2020 war die Schuldendynamik somit weniger stark von Tilgungen beeinflusst als in der Vergangenheit, was auf die Moratorien zurückzuführen sein dürfte.

    ·In der kommenden Zeit dürfte die Schuldenquote aus einer Reihe von Gründen an Dynamik verlieren. Erstens ist davon auszugehen, dass der Anstieg der Schuldenquoten aufgrund der Schrumpfung des Nenners nicht lange anhält, da diese Entwicklung hauptsächlich auf den vorübergehenden Konjunkturabschwung im Jahr 2020 zurückzuführen ist (siehe Abbildung 19 ). Zweitens werden die 2020 ergriffenen außergewöhnlichen Maßnahmen nach und nach auslaufen. Nach dem Ende der Schuldenmoratorien werden die Tilgungen steigen, und mit dem Auslaufen der Kreditgarantien werden für Unternehmen in Schwierigkeiten die Möglichkeiten der Kreditaufnahme eingeschränkt. Zudem deuten Umfrageergebnisse darauf hin, dass die Kreditvergabebedingungen in der kommenden Zeit verschärft werden könnten 35 . Drittens werden die nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften als Alternative zur Aufnahme neuer Kredite Liquiditätspuffer abbauen können.

    ·Anhaltende Schwierigkeiten für den Sektor der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften können sich negativ auf Investitionen und die Aussichten der Schuldentilgung auswirken. Die Rentabilität wird insbesondere in den von der Pandemie betroffenen Dienstleistungssektoren stark beeinträchtigt bleiben. Dies kann nicht nur mit verminderten Investitionen, sondern auch mit Schwierigkeiten bei der Tilgung bestehender Schulden einhergehen. Allgemein bedeutet das Auslaufen der Schuldenmoratorien eine höhere Schuldenlast aufgrund aufgelaufener Zinsen.

    Abbildung 17: Neue MFI-Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften vs. Entwicklung der Schuldenquote von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, 2019

    Abbildung 18: Neue MFI-Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften vs. Entwicklung der Schuldenquote von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, 2020

    Quellen: MIR-Datenbank der EZB, AMECO, Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen (zu Privatschuldenprognosen siehe auch Kasten 1).

    Hinweis: Neue MFI-Kredite sind „reine neue“ Kredite monetärer Finanzinstitute (MFI) und umfassen nur von MFI an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften vergebene Neukredite ohne Kreditrestrukturierungen und Tilgungen. Ausgenommen sind Belgien, Luxemburg und Zypern als Ausreißer sowie Bulgarien, Dänemark, Irland und Schweden aufgrund der Datenverfügbarkeit.

    Abbildung 19: Aufschlüsselung der Veränderung der Schuldenquote von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften (2019-2020)

    Abbildung 20: Entwicklung des Bruttobetriebsüberschusses 2020 und der Nettokreditvergabe (Transaktionen) an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

    Quellen: AMECO, Eurostat und Schätzungen der Kommissionsdienststellen (siehe Kasten 1) sowie Berechnungen auf der Grundlage von monatlichen Daten der EZB über Transaktionen von MFI-Krediten und Schuldtiteln (Flüsse) mit dem Privatsektor aus der BSI-Datenbank, Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission.

    Hinweis: Die Nettokreditflüsse (Schuldentransaktionen) entsprechen den Transaktionen von Krediten (F4) und Schuldtiteln (F3) in der sektoralen Gesamtrechnung (Finanztransaktionen) von Eurostat. Für Bulgarien, Kroatien und Malta ist der Bruttobetriebsüberschuss von nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften nicht verfügbar.

    Abbildung 21: Verschuldung der privaten Haushalte

     

    Quellen: Sektorale Gesamtrechnung (finanzielle Vermögensbilanz – Kredite (F4) plus Schuldtitel (F3)) von Eurostat, AMECO und Schätzungen der Kommissionsdienststellen (siehe Kasten 1).

    Hinweise: Die Länder sind in absteigender Reihenfolge der Schuldenquote der privaten Haushalte im Jahr 2019 aufgeführt. Unter den Ländercodes ist angegeben, in welchem Jahr die Schuldenquote ihren Höchststand erreichte. Zur Definition von auf Fundamentaldaten basierten Referenzwerten und aufsichtlichen Schwellenwerten siehe Fußnote 34.

    Was die privaten Haushalte betrifft, scheint die COVID-19-Pandemie angesichts verminderter Einkommensaussichten und gestiegener Ersparnisse die Dynamik der Kreditaufnahme abgeschwächt zu haben.

    ·Die Nettokreditflüsse (Schuldentransaktionen) an private Haushalte dürften im Jahr 2020 in den meisten EU-Ländern nahe null liegen oder moderat sein. Wie aus Abbildung 22 hervorgeht, ist der Anstieg der Schuldenquote der privaten Haushalte in erster Linie auf die Schrumpfung des BIP und nicht auf Transaktionen von Krediten und Schuldtiteln zurückzuführen, die von eher begrenztem Umfang und offenbar in fast allen EU-Ländern gegenüber 2019 zurückgegangen sind. Die abgeschwächte Kreditaufnahme der privaten Haushalte scheint darin begründet zu sein, dass die verminderten Einkommensaussichten der privaten Haushalte mit gestiegenen Ersparnissen einhergehen, die teils auf Vorsorge und teils auf restriktive Maßnahmen, die die Konsummöglichkeiten einschränken, zurückzuführen sind. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern hängen möglicherweise mit der Schwere der jeweiligen Ausgangsbeschränkungen und einem Stillstand beim Erwerb von Wohnimmobilien, der unterschiedlich umfangreichen staatlichen Maßnahmen zur Unterstützung der Einkommen und der Kreditbedingungen der privaten Haushalte sowie den jeweiligen Bedingungen am Wohnimmobilienmarkt zusammen.

    ·Die Kreditaufnahme der privaten Haushalte schwächt sich trotz des Moratorieneffekts ab. Ebenso wie bei den nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften geht von den Schuldenmoratorien aufgrund der niedrigeren Tilgungen ein positiver Effekt auf die Entwicklung des Schuldenbestands aus. Aufgrund dieses Effekts scheint der Schuldenbestand der privaten Haushalte langsamer zu sinken.

    ·Die Dynamik bei der Verschuldung der privaten Haushalte dürfte verhalten bleiben; im Falle einer Verschlechterung der Lage auf den Arbeitsmärkten könnten Tilgungsschwierigkeiten auftreten. Trotz anhaltend günstiger Finanzierungsbedingungen und der staatlichen Maßnahmen, mit denen die Folgen der Krise für den Arbeitsmarkt und die privaten Haushalte abgefedert werden, dürften die Einkommen der privaten Haushalte weiter unter Druck stehen. So ist damit zu rechnen, dass die Arbeitslosenquoten – die bis 2020 zurückgegangen waren – im Jahr 2021 allgemein ansteigen werden. Dazu wird auch der Verlust von Arbeitsplätzen im Zuge des Auslaufens der staatlichen Maßnahmen zur Abfederung der Folgen der Pandemie, insbesondere der subventionierten Kurzarbeitsregelungen, beitragen – die befristet sein sollten, damit nicht Arbeitsplätze in unrentablen Unternehmen gefördert werden. Zunehmende Schwierigkeiten der privaten Haushalte bei der Schuldentilgung könnten sich auch in Ländern ergeben, in denen die Verschuldung der privaten Haushalte bereits vergleichsweise hoch ist (siehe  Abbildung 23 ).

    Abbildung 22: Aufschlüsselung der Veränderung der Schuldenquote der privaten Haushalte (2019-2020)

    Abbildung 23: Verschuldung der privaten Haushalte und Arbeitslosigkeit

    Quellen: Die Nettokreditflüsse (Schuldentransaktionen) entsprechen den Transaktionen von Krediten (F4) und Schuldtiteln (F3) in der sektoralen Gesamtrechnung (Finanztransaktionen) von Eurostat. Andere Quellen sind AMECO und Schätzungen der Kommissionsdienststellen (siehe Kasten 1) sowie Berechnungen auf der Grundlage von monatlichen Daten der EZB über Transaktionen von MFI-Krediten und Schuldtiteln (Flüsse) mit dem Privatsektor aus der BSI-Datenbank.

    Quelle: AMECO; die Daten für 2020 und 2021 stammen aus der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission.

    Die Wohnimmobilienpreise sind bis Anfang 2020 weiter gestiegen, wobei sich der Anstieg in einigen Fällen beschleunigte.

    ·Im Jahr 2019 lag der reale Anstieg der Wohnimmobilienpreise in acht Mitgliedstaaten über dem Scoreboard-Schwellenwert (in Griechenland, Kroatien, Luxemburg, Polen, Portugal, der Slowakei, Tschechien und Ungarn); das war einer mehr als 2018. Insgesamt bestätigte sich damit das anhaltende dynamische Wachstum der Wohnimmobilienpreise, das seit Mitte des Jahrzehnts zu beobachten ist.

    ·Die Wohnimmobilienpreise stiegen 2019 in fast allen EU-Ländern an, und diese Entwicklung beschleunigte sich zwischen 2018 und 2019 in den meisten Mitgliedstaaten. Eine Verlangsamung war hingegen in Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Irland, Lettland, Malta, den Niederlanden, Rumänien, Slowenien und Spanien zu verzeichnen.

    ·Der jüngste positive Trend beim Anstieg der Wohnimmobilienpreise war vor allem auf wirtschaftliche Fundamentalfaktoren zurückzuführen. Niedrige Zinssätze und rascher wachsende Erwerbseinkommen waren die Hauptgründe für die jüngste Nachfrage nach Wohnimmobiliendiensten – während sich das Wohnimmobilienangebot nur schleppend anpasste. Ein beschleunigtes Wachstum der Hypothekenschulden trat erst zutage, nachdem sich der beschleunigte Anstieg der Wohnimmobilienpreise konsolidiert hatte, und war in der EU vermehrt festzustellen.

    ·Ein kräftiger Anstieg der Wohnimmobilienpreise ist auch in Mitgliedstaaten zu beobachten, in denen es Anzeichen für eine Überbewertung gibt (siehe  Abbildung 24 ). Zwischen 2018 und 2019 war eine gewisse Abschwächung des Preisanstiegs in einigen der Länder festzustellen, in denen es Anzeichen für eine Überbewertung gibt. In anderen Fällen, darunter Luxemburg und Schweden, war dies jedoch nicht der Fall. 36  

    ·In den meisten Mitgliedstaaten gibt es 2019 Anzeichen für eine Überbewertung. Ein Vergleich der Preisindizes mit Referenzwerten zeigt, dass es vielerorts Anzeichen für eine Überbewertung gibt. Schätzungen des Preisniveaus bestätigen die beschränkte Erschwinglichkeit von Wohnimmobilien. Eine 100 qm große Wohnung kostet in etwa der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten mehr als zehn Jahreseinkommen 37 . 

    Abbildung 24: Entwicklung der deflationierten Wohnimmobilienpreise und Bewertungslücken 2019

    Abbildung 25: Entwicklung des Wachstums der deflationierten Wohnimmobilienpreise

     

    Quellen: Eurostat und Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

    Hinweis: Die Überbewertungslücke wird anhand des Durchschnitts dreier Parameter ermittelt, nämlich der Abweichungen des Preis-Einkommen-Verhältnisses und des Preis-Miete-Verhältnisses von ihrem jeweiligen langfristigen Durchschnitt und der Bewertungslücken, die anhand eines regressionsbasierten Modells für die Bestimmungsfaktoren der Wohnimmobilienpreise ermittelt werden (siehe Fußnote 36). Die Prognosen für Wohnimmobilienpreise basieren auf dem regressionsbasierten Modell für die Bestimmungsfaktoren der Wohnimmobilienpreise (siehe Fußnote 40).

    Die COVID-19-Krise dürfte die jüngste Entwicklung der Wohnimmobilienpreise dämpfen, vor allem vor dem Hintergrund sinkender Erwerbseinkommen. 

    ·Aus den Quartalszahlen von 2020 geht hervor, dass sich der Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise in einigen Mitgliedstaaten allmählich abschwächt. Während in den meisten EU-Ländern im zweiten Quartal 2020 weiter steigende Preise gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal zu verzeichnen waren, kam es in einigen Ländern bereits zu einer Verlangsamung des Anstiegs oder sogar zu einem Rückgang der deflationierten Wohnimmobilienpreise. In Zypern und Ungarn waren auf Jahresbasis Abwärtskorrekturen zu verzeichnen. In mehr als der Hälfte der EU-Länder ist eine Verlangsamung oder Stagnation zu beobachten. Betrachtet man die vierteljährliche Entwicklung in der ersten Jahreshälfte 2020, so ist ein Muster weiter verbreiteter Abwärtskorrekturen festzustellen, insbesondere in Estland, Rumänien und Ungarn, aber in gewissem Ausmaß auch in Lettland, Portugal, Schweden und Slowenien 38 . 

    ·Schätzungen der Preisniveaus auf Basis der Preisforderungen von Verkäufern bestätigen eine beginnende Abschwächung des Wohnimmobilienmarkts. Die bis Mitte 2020 erhobenen Daten zu den Wohnimmobilienpreisen spiegeln die Auswirkungen der COVID-19-Krise möglicherweise nicht vollständig wider, da die Transaktionen vielfach vor dem Ausbruch der Krise vereinbart worden waren. Allerdings deuten auch die jüngsten Schätzungen der Preisforderungen auf Abwärtskorrekturen in einigen Ländern hin.  39

    ·Modellbasierte Prognosen der Wohnimmobilienpreisentwicklung deuten ebenfalls auf eine Abschwächung im Jahr 2021 und auf Abwärtskorrekturen in der überwiegenden Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hin (siehe  Abbildung 25 ). Die erwartete Abschwächung erklärt sich größtenteils durch den Rückgang der Erwerbseinkommen. Mit einer erheblichen Abschwächung ist insbesondere in den Ländern zu rechnen, in denen es derzeit Anzeichen für eine Überbewertung gibt. 40  

    In einer Reihe von Mitgliedstaaten geht eine Überbewertung der Wohnimmobilien weiter mit einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte einher. Dies gilt insbesondere für Belgien, Dänemark, Luxemburg, die Niederlande und Schweden. Die Niederlande weisen zudem ein im Verhältnis zum durchschnittlichen Haushaltseinkommen hohes Preisniveau auf. In Bulgarien und Malta wuchs der Hypothekenbestand 2019 besonders kräftig (um mehr als 10 % gegenüber dem Vorjahr) und in 14 anderen Ländern um mehr als 5 %. In einigen Fällen erfolgte ein starker Anstieg von einem bereits hohen Niveau aus, insbesondere in Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Malta. Außer in Griechenland und Portugal war der kräftige Anstieg der Wohnimmobilienpreise mit einem starken Hypothekenwachstum verbunden 41 .

    3.3 Staatlicher Sektor

    Die gesamtstaatlichen Schuldenquoten gingen 2019 in den meisten Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund anhaltend günstiger Wirtschaftsbedingungen weiter zurück; nun steigen sie aber EU-weit wieder an, insbesondere in den Ländern, die schwerer von der COVID-19-Krise betroffen sind. Im Jahr 2019 lag der Schuldenstand in 12 Mitgliedstaaten über dem Scoreboard-Schwellenwert von 60 % des BIP; 2018 war das noch bei 14 Ländern der Fall. In Griechenland, Italien und Portugal belief sich der Schuldenstand auf mehr als 100 % des BIP. Belgien, Frankreich, Spanien und Zypern rangierten knapp unter diesem Wert. Auch in Kroatien, Österreich, Slowenien und Ungarn lag der Schuldenstand bei mehr als 60 % des BIP. In Griechenland, Irland und Zypern ging der gesamtstaatliche Schuldenstand 2019 deutlich zurück (um mehr als 5 BIP-Prozentpunkte), während er in Frankreich und Italien unverändert blieb. Im Jahr 2019 und in einigen vorangegangenen Jahren lag in einigen Ländern, darunter Belgien, Frankreich, Portugal und Zypern, sowohl der gesamtstaatliche Schuldenstand über 60 % des BIP als auch die Verschuldung des privaten Sektors über dem jeweiligen Scoreboard-Schwellenwert.  

    Die gesamtstaatlichen Schuldenquoten steigen im Zuge der COVID-19-Krise deutlich an. Die Einbußen bei Wirtschaftsleistung und Staatseinnahmen aufgrund der Rezession im Jahr 2020 und die umfangreichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der Krise sind die Ursache für die zunehmende Kreditaufnahme und den Anstieg der Schuldenbestände in allen EU-Mitgliedstaaten. Die Regierungen haben sich während der Krise auf automatische Stabilisatoren gestützt und direkte Steuer- und Liquiditätshilfen gewährt, um die Gesundheitskrise und die Ausgabenkürzungen im privaten Sektor abzumildern. Zudem ist der Anstieg der Schuldenquoten im Jahr 2020 teilweise schlicht auf das deutlich niedrigere nominale BIP zurückzuführen.

    ·Bis Ende 2021 dürften die gesamtstaatlichen Schuldenquoten in allen EU-Ländern höher liegen als 2019 – mitunter deutlich höher. Ende 2020 werden voraussichtlich deutlich mehr Mitgliedstaaten über dem Schwellenwert von 60 % des BIP liegen und einige weitere über 100 % des BIP. Für 2021 wird erwartet, dass sich die Schuldenquoten in rund der Hälfte der Länder aufgrund der wirtschaftlichen Erholung und der voraussichtlich geringeren Defizite stabilisieren oder leicht zurückgehen werden (siehe  Abbildung 26 ). In den übrigen EU-Ländern dürfte sich der gesamtstaatliche Schuldenstand 2021 hingegen weiter erhöhen. Dies gilt insbesondere für Rumänien, wo damit zu rechnen ist, dass sich das hohe gesamtstaatliche Defizit im nächsten Jahr weiter verschlechtert und die Schuldenquote deutlich steigt, wenn auch ausgehend von einem vergleichsweise niedrigen Niveau.

    ·Der Anstieg der gesamtstaatlichen Schuldenquoten dürfte allgemein in den Ländern drastischer ausfallen, in denen das Schuldenniveau schon vor der Krise vergleichsweise hoch war. Das hängt damit zusammen, dass die Rezession in diesen Ländern vor allem aufgrund des hohen Infektionsaufkommens und/oder der strengen Eindämmungsmaßnahmen allgemein stärker ausgeprägt war und dass in den betreffenden Volkswirtschaften Sektoren wie der Tourismus eine wichtigere Rolle spielen. In Griechenland, Italien und Spanien wird die öffentliche Schuldenquote 2020 voraussichtlich um über 20 BIP-Prozentpunkte ansteigen. Der Schuldenanstieg hängt auch mit schuldenstandserhöhenden Bestandsanpassungen zusammen, darunter auch Formen der finanziellen Unterstützung, die nicht in den gesamtstaatlichen Haushaltssalden ausgewiesen sind. Diese Effekte werden voraussichtlich in Dänemark, Deutschland, Slowenien und Zypern am stärksten ausgeprägt sein.

    ·Die Staatsfinanzierung ist nicht teurer geworden. Die Renditen von Staatsanleihen waren im Laufe des Jahres 2019 stabil oder rückläufig. Nach dem COVID-19-bedingten Schock und den anschließenden Finanzmarktturbulenzen im März und April schnellten sie in einigen Ländern des Euro-Währungsgebiets, aber auch in Nicht-Euro-Ländern in die Höhe. Vor dem Hintergrund einer geringeren Volatilität an den Finanzmärkten und der umfangreichen Maßnahmen der Währungsbehörden haben sich die Renditen jedoch wieder verringert und auf dem Niveau von Anfang 2020 eingependelt, das in einigen Fällen sogar unterschritten wurde; nur in sehr wenigen Fällen liegen die Renditen etwas höher.

    Die Struktur der Staatsschulden könnte für einige Länder zusätzliche Risiken mit sich bringen. Da sich die Fälligkeitsstrukturen der Staatsschulden von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat beträchtlich unterscheiden, wird auch der jeweilige Refinanzierungsbedarf in näherer Zukunft unterschiedlich sein. Im Falle von Belgien, Frankreich, Italien, Spanien und Ungarn wird der Bruttofinanzierungsbedarf in den kommenden Jahren voraussichtlich bei 20 % des BIP oder darüber liegen (siehe  Abbildung 27 ). Für einige nicht dem neuen Wechselkursmechanismus (WKM II) angehörende Nicht-Euro-Länder wie Rumänien oder Ungarn bestehen zusätzliche Risiken, da der Anteil ihrer auf Fremdwährung lautenden öffentlichen Schulden vergleichsweise hoch ist.

    Abbildung 26: Gesamtstaatlicher Schuldenstand

    Abbildung 27: Gesamtstaatlicher Bruttofinanzierungsbedarf

     

    Quelle: AMECO; die Daten für 2020 und 2021 stammen aus der Herbstprognose 2020 der Europäischen Kommission.

    Hinweis: Die Länder sind in absteigender Reihenfolge des gesamtstaatlichen Schuldenstand im Jahr 2019 aufgeführt.

    Quelle: Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

    Hinweis: Der Bruttofinanzierungsbedarf ist die Summe aus Haushaltsdefizit, Bestandsanpassungen und Schuldentilgung. Die Länder sind in absteigender Reihenfolge des gesamtstaatlichen Finanzierungsbedarfs im Verhältnis zum BIP im Jahr 2019 aufgeführt.

    3.4 Finanzsektor

    Der EU-Bankensektor hat in den vergangenen Jahren trotz der verbleibenden Herausforderungen im Zusammenhang mit der geringen Rentabilität und notleidenden Krediten in einigen Mitgliedstaaten erheblich an Stärke gewonnen.

    ·Daher ist der EU-Bankensektor in besserer Verfassung als zu Beginn der weltweiten Finanzkrise. Der Umfang an notleidenden Krediten ist erheblich zurückgegangen, insbesondere in den Ländern, in denen er höher war. Die Eigenkapitalquoten sind 2018 nicht weiter angestiegen, nachdem sie in allen Mitgliedstaaten die gesetzlichen Tier-1-Kapitalanforderungen überschritten hatten. Auch die Liquiditätspuffer der Banken sind wesentlich robuster als vor zehn Jahren. Das Wachstum der Verbindlichkeiten des Finanzsektors blieb 2019 begrenzt; nur Ungarn überschritt den Scoreboard-Schwellenwert.

    ·Der EU-Bankensektor kämpft weiter mit der schwachen Rentabilität, die 2019 vor dem Hintergrund der niedrigen Zinsen weiter nachgegeben hat. Besonders schwach ist die Rentabilität in Deutschland, Griechenland, Irland, Portugal und Zypern. Die Eigenkapitalquoten sind in Deutschland, Griechenland, Portugal, Spanien und Ungarn im Vergleich niedriger.

    ·Einige EU-Länder sind weiter mit einer Gemengelage von niedriger Rentabilität, unterdurchschnittlichen Eigenkapitalquoten und einer hohen Zahl notleidender Kredite konfrontiert (siehe Abbildung 28 und Abbildung 29 ). 42 In Griechenland ist der Anteil der notleidenden Kredite zurückgegangen, liegt aber immer noch bei rund 35 %, während die Rentabilität nur geringfügig positiv ist und die Eigenkapitalquoten zu den niedrigsten in der EU gehören. Die zyprischen Banken konnten ihren zuvor sehr hohen Anteil notleidender Kredite beträchtlich senken, und zwar auf unter 20 %; ihre Rentabilität war positiv, lag aber unter dem EU-Durchschnitt. Auch in Bulgarien, Italien und Portugal ist der Anteil der notleidenden Kredite in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, wobei 2019 ein weiterer, wenn auch moderater Rückgang auf unter 7 % zu verzeichnen war. Die Eigenkapitalquoten liegen in Italien und Portugal unter dem Durchschnitt, und die Rentabilität ist insbesondere in Portugal schwächer.

    Der COVID-19-Schock wird voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Qualität der von den Banken gehaltenen Vermögenswerte, ihre Rentabilität und ihr Eigenkapital haben. Diese Effekte sind noch nicht sichtbar und kommen möglicherweise – auch aufgrund der umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen – erst nach einer Weile zum Tragen. Der COVID-19-Schock hat zu einer erheblichen Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten geführt, wobei einzelne Banken gegenüber unverhältnismäßig stark von der Krise betroffenen Sektoren exponiert sind. Die von den Zentralbanken bereitgestellte umfangreiche Liquidität hat dazu beigetragen, eine Kreditknappheit nach dem COVID-19-Ausbruch zu begrenzen; zudem erhalten die Banken durch die Aussetzung von Dividendenzahlungen und die vorübergehende regulatorische Lockerung zusätzlichen Spielraum. Allerdings gibt es eine Reihe von Herausforderungen, die sich auf die Bilanzen und das Eigenkapital der Banken auswirken könnten 43 :

    ·Anstieg der notleidenden Kredite. Schwierigkeiten bei der Tilgung von Schulden seitens nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften, deren Rentabilität am schwersten von der COVID-19-Krise betroffen ist, werden höchstwahrscheinlich zu einem Anstieg der notleidenden Kredite führen. Insolvenzen dürften insbesondere in Sektoren zunehmen, in denen der Spielraum für Maßnahmen zur räumlichen Trennung geringer ist. Da das Einkommen und die Erwerbsaussichten der privaten Haushalte bedroht sind, könnten auch große Teile der Hypothekenschuld notleidend werden. Zudem wird es für Banken in Ländern mit Altlasten schwieriger werden, bestehende notleidende Kredite zu verkaufen. Moratorien führen bereits jetzt zum Aufschub von Zahlungen. Ein Teil der Kredite, die normalerweise als notleidende Kredite eingestuft würden, können aufgrund der Moratorien derzeit nicht als solche eingestuft werden. Aus den für eine Stichprobe systemrelevanter EU-Banken verfügbaren Daten geht hervor, dass der Bestand an notleidenden Krediten seit dem zweiten Quartal 2020 nicht mehr rückläufig ist 44 . Vorläufige Schätzungen zur möglichen Entwicklung des Anteils notleidender Kredite deuten auf einen erheblichen Anstieg hin 45 . 

    ·Die Rentabilität der EU-Banken dürfte sich weiter verschlechtern. Die Rentabilität wird infolge der geringeren Kreditnachfrage, der geschrumpften Zinsmargen und der Kreditverluste voraussichtlich weiter zurückgehen 46 . Daher haben die Aktienkurse der Banken im Zuge des COVID-19-Ausbruchs deutlich nachgegeben. Nachdem sie bereits im Jahr 2019 stagniert hatten, erlitten sie im März 2020 zu Beginn der COVID-19-Krise einen schweren Einbruch; seitdem haben sie sich nur leicht erholt und sind deutlich hinter den europäischen Aktienindizes insgesamt zurückgeblieben.

    ·Bewertung der Vermögenswerte. Die Banken absorbieren einen Großteil der begebenen Staatsanleihen. Finanzinstitute, die Anleihen von Ländern mit anfälligeren öffentlichen Finanzen halten, könnten negativen Rückkopplungseffekten ausgesetzt sein. Zudem könnte eine Abschwächung der Immobilienmärkte, insbesondere im Bereich der Gewerbeimmobilien, den Wert der Hypothekensicherheiten drücken und zu einer Rückkopplungsschleife zwischen Wohnimmobilienpreisen, Bankbilanzen und der Verfügbarkeit von Hypotheken führen.

    Aufgrund der Krise wird das Niedrigzinsumfeld noch länger bestehen bleiben und sich möglicherweise negativ auf den Nichtbankensektor auswirken. Da das Niedrigzinsumfeld vor allem risikoarmen Finanzanlagen abträglich ist, belastet es auch die Rentabilität und die Bilanzen der nicht dem Bankensektor angehörenden Finanzinstitute, deren Portfolios vor allem derartige risikoarme Vermögenswerte umfassen, etwa Versicherungsgesellschaften (insbesondere Lebensversicherer) oder Pensionsfonds. Im Streben nach Rendite haben viele nicht dem Bankensektor angehörende Finanzinstitute ihren Fremdkapitalanteil erhöht und sich stärker in risikoreicheren Vermögenswerten engagiert, deren Preise im Zuge des COVID-19-Ausbruchs gesunken waren, was insbesondere für Investmentfonds erhebliche Bewertungsverluste nach sich zog. Die jüngsten Entwicklungen dürften sich auch auf den Versicherungssektor negativ auswirken 47 . 

    Abbildung 28: Rentabilität und Eigenkapital des Bankensektors

    Abbildung 29: Notleidende Kredite

    Quellen: EZB, Berechnungen der Kommissionsdienststellen.

    Hinweis: Die Durchschnittswerte für das Euro-Währungsgebiet in Abbildung 28 sind nicht nach der Größe der Volkswirtschaft gewichtet. Für Irland, Kroatien, Schweden, Slowenien und Tschechien liegen für das Jahr 2008 keine Bruttodaten zu notleidenden Schuldtiteln (NPD) vor. Die Daten für 2008 und zum „Anstieg auf Höchstwert“ in Abbildung 29 beziehen sich auf den Anteil der notleidenden Schuldtitel (brutto) an den gesamten Schuldtiteln (brutto). NPL-Quoten werden für Q1 2018 und Q1 2019 gemeldet. Unter den Ländercodes ist angegeben, in welchem Jahr die notleidenden Schuldtitel (NPD) ihren Höchststand erreichten.

    Kasten 2: Entwicklungen in den Bereichen Beschäftigung und Soziales

    Im Jahr 2019 – vor der Pandemie – hatte sich die Lage auf den EU-Arbeitsmärkten weiter verbessert, obwohl sich die Wirtschaftstätigkeit bereits verlangsamte. 2019 nahm die Beschäftigung in der EU weiter zu; bei der Zahl der Beschäftigten wurde eine neue Rekordmarke erreicht. Außerdem erhöhte sich die Beschäftigungsquote in fast allen Mitgliedstaaten. Bulgarien verzeichnete den deutlichsten Anstieg der Beschäftigungsquote (2,4 Prozentpunkte), gefolgt von Zypern (1,9 Prozentpunkte), Griechenland (1,6 Prozentpunkte) und Kroatien (1,5 Prozentpunkte). Die Arbeitslosigkeit ging in fast allen Mitgliedstaaten weiter zurück und erreichte im Dezember 2019 ihren niedrigsten Stand seit dem Jahr 2000 (6,5 %). Anfang 2020 wiesen alle Länder die niedrigsten Arbeitslosenquoten seit 2013 aus. Besonders stark fiel der Rückgang in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit wie Griechenland oder Kroatien (‑2 Prozentpunkte), in Zypern (‑1,3 Prozentpunkte) und in Spanien (‑1,2 Prozentpunkte) aus, während die Arbeitslosenquote in Schweden um 0,4 Prozentpunkte anstieg und in Luxemburg und Litauen in etwa auf dem Niveau von 2018 verharrte (in allen drei Fällen waren die Werte aber vergleichsweise niedrig). Die Unterschiede zwischen den Arbeitslosenquoten der einzelnen Länder verringerten sich somit vor dem COVID-19-Ausbruch deutlich, blieben jedoch nicht unbeträchtlich.

    Auch die Erwerbsquoten waren angesichts der der Pandemie vorausgehenden Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit durchaus robust, und die Langzeitarbeitslosigkeit sowie die Jugendarbeitslosigkeit zeigten deutlichere Verbesserungen als die übrigen Arbeitsmarktindikatoren. Im Jahr 2019 ging die Erwerbsquote (15-64 Jahre) nur in Frankreich (0,4 Prozentpunkte), Lettland (0,2 Prozentpunkte) und Estland (0,2 Prozentpunkte) zurück. Der Abstand zwischen den Ländern mit der niedrigsten und der höchsten Erwerbsquote blieb mit rund 16 Prozentpunkten weitgehend unverändert. Die Langzeitarbeitslosigkeit ging 2019 in allen Mitgliedstaaten zurück, wobei alle Länder niedrigere Quoten als drei Jahre zuvor verzeichneten. Die höchsten Langzeitarbeitslosenquoten waren in Griechenland (12,2 % der Erwerbsbevölkerung), Italien (5,6 %) und Spanien (5,3 %) zu verzeichnen. Die Jugendarbeitslosenquote ging in fast allen EU-Ländern in den drei Jahren bis 2019 zurück; in Griechenland und Spanien lag sie jedoch immer noch über 30 % und in Italien nur knapp darunter. Gleichzeitig befanden sich im Jahr 2019 10,1 % der jungen Menschen (15-24 Jahre) in der EU weder in Beschäftigung noch in Ausbildung (NEET), wobei eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten (darunter Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Rumänien, die Slowakei, Spanien, Ungarn und Zypern) Werte über 10 % verzeichneten.

    Armut und soziale Ausgrenzung sind 2019 weiter zurückgegangen, bleiben aber in einigen Mitgliedstaaten hoch. Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen (AROPE) ist in der EU weiter zurückgegangen und lag 2019 bei 21,4 % 48 . Alle Länder verzeichneten in den drei Jahren bis 2019 einen Rückgang – bis auf Schweden und Luxemburg, wo der Anteil anstieg (aber ausgehend von einem vergleichsweise niedrigen Niveau). Obwohl der Anteil der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen in Bulgarien von fast 39 % auf 32,5 % deutlich gesunken ist, weist das Land immer noch den höchsten Wert in der EU auf, gefolgt von Rumänien und Griechenland mit jeweils über 30 % sowie Spanien, Lettland und Litauen mit Werten über 25 %.

    Aufgrund der COVID-19-Pandemie haben sich die Aussichten jedoch drastisch verändert. Innerhalb weniger Wochen haben sich die Aussichten für 2020 dramatisch zum Schlechteren gewandelt. Im zweiten Quartal 2020 lag das BIP fast 15 % unter dem Stand von Ende 2019 (18 % im Euro-Währungsgebiet), und die Erwerbstätigkeit ging um 3 % (2,9 % im Euro-Währungsgebiet) zurück, was einem Verlust von 6 Millionen Arbeitsplätzen entspricht. Das sind die größten Rückgänge, die jemals in der Anfangsphase einer Rezession zu beobachten waren. Zudem besteht große Unsicherheit in Bezug auf die Folgen dieses beispiellosen Schocks, da die wirtschaftlichen Auswirkungen von Land zu Land sehr unterschiedlich sein können, was unter anderem von dem Infektionsaufkommen und der jeweiligen sektoralen Verteilung abhängt.

    Durch den umfassenden Rückgriff auf Kurzarbeitsregelungen konnten die Auswirkungen der Rezession auf die Arbeitslosigkeit abgemildert werden. Wenngleich die Arbeitslosenquote in allen Mitgliedstaaten gestiegen ist – was einen deutlichen Bruch gegenüber der Entwicklung der Vorjahre darstellt –, fiel der Anstieg in den meisten Ländern vergleichsweise gering aus. Der weitverbreitete Rückgriff auf Kurzarbeitsregelungen trug dazu bei, die massiven Arbeitsplatzverluste, die viele Länder andernfalls nach dem erheblichen Einbruch der Wirtschaftsleistung in den ersten beiden Quartalen 2020 erlitten hätten, einzudämmen. Dies gilt insbesondere für Länder mit bereits zuvor bestehenden Kurzarbeitsregelungen. In Ländern, die die Kurzarbeitsregelungen erst kürzlich eingeführt hatten, haben diese hingegen den Anstieg der Arbeitslosigkeit – gemessen an dem, was aufgrund historischer Daten zu erwarten war – kaum bremsen können (siehe Abbildung), was zum Teil auf die Ausgestaltung der Regelungen oder auf Verzögerungen bei ihrer Umsetzung zurückzuführen ist 49 . 

    Der Rückgang der Erwerbsquote erklärt, dass in einigen Mitgliedstaaten ein Rückgang der Arbeitslosenquoten zu verzeichnen war. Aufgrund der Schwere der Rezession haben viele Arbeitslose die Arbeitssuche aufgegeben und sind nun Nichterwerbstätige. In neun Mitgliedstaaten, auf die mehr als ein Drittel der EU-Bevölkerung entfällt, ging die Erwerbsquote zurück. In der EU insgesamt sank die Erwerbsquote (15-64 Jahre) von 73,5 % im vierten Quartal 2019 auf 71,8 % im zweiten Quartal 2020. In Italien etwa spiegelt der Rückgang der Arbeitslosenquote um 2 Prozentpunkte zwischen Januar und April die Tatsache wider, dass die Erwerbsquote (‑3,5 Prozentpunkte) stärker gesunken ist als die Beschäftigungsquote (‑1,7 Prozentpunkte).

    Abbildung: Tatsächliche Arbeitslosenquote unter Berücksichtigung von Kurzarbeitsregelungen und Okuns Gesetz

    Quelle: Labour Market and Wage Developments in Europe 2020

    Hinweis: Okuns Gesetz besagt, dass zwischen Arbeitslosigkeit und dem Rückgang der Wirtschaftsleistung eines Landes ein Zusammenhang besteht.

    Die COVID-19-Krise trifft die schwächsten Erwerbstätigen unverhältnismäßig schwer, was möglicherweise nachhaltige Anstrengungen zur Abmilderung zunehmender sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheiten erfordert. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Beschäftigung sind je nach Ländern, Sektoren und Erwerbstätigen unterschiedlich 50 . So sind die wirtschaftlich schwächsten Erwerbstätigen (Geringqualifizierte, Geringverdiener, nicht in der EU geborene Migranten) und junge Erwerbstätige oftmals in Sektoren tätig sein, in denen sie den epidemiologischen Risiken besonders stark ausgesetzt sind (z. B. im Einzelhandel, im Beherbergungsgewerbe oder in der Gastronomie); zudem befinden sich die meisten von ihnen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Wenn keine Abhilfemaßnahmen ergriffen werden, könnten Erwerbstätige mit niedrigerem Einkommen daher von den Auswirkungen der Pandemie im Verhältnis stärker belastet werden, sodass die Armutsquoten steigen würden. Vor diesem Hintergrund haben die Mitgliedstaaten befristete Maßnahmen ergriffen, um schutzbedürftige Gruppen mit sehr niedrigem Einkommen und Personen, die keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, zu unterstützen. In Zukunft können nationale Maßnahmen mit Unterstützung durch EU-Initiativen wie SURE, react EU, die ESIF und die RRF einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Auswirkungen der Krise auf die sozialen Verhältnisse wirksam abzufedern.



    4.    Zusammenfassung der wichtigsten Herausforderungen und Auswirkungen auf die Überwachung

    Vor dem Hintergrund günstiger wirtschaftlicher Bedingungen befanden sich die makroökonomischen Ungleichgewichte bis 2019 überwiegend im Abbau, doch gehen vom COVID-19-Ausbruch neue Risiken aus.

    ·Der Abbau von Ungleichgewichten bei den Stromgrößen nach der Finanzkrise von 2008 und der ab 2013 verzeichnete wirtschaftliche Aufschwung trugen zur Verringerung der Ungleichgewichte bei den Bestandsgrößen bei, wobei insbesondere ein höherer Nenner für einen Rückgang der Schuldenquoten führte. Gleichzeitig führte die Expansion in den letzten Jahren – insbesondere dort, wo das Wachstum stärker ausfiel – zu gewissen Überhitzungsrisiken, vor allem in Bezug auf die Wohnimmobilienpreise und die Kostenwettbewerbsfähigkeit. Diese Entwicklung dauerte bis 2019 an.

    ·Infolge des COVID-19-Ausbruchs könnte sich eine Reihe bestehender makroökonomischer Ungleichgewichte verschärfen, und es könnten neue Risiken drohen. Aus Prognosen und unterjährigen Daten geht insbesondere hervor, dass die gesamtstaatliche und die private Schuldenquote aktuell ansteigen. Mit Blick auf die Zukunft könnten die Aussichten der Schuldentilgung durch eine anhaltend gedämpfte Wirtschaftstätigkeit, Unternehmensinsolvenzen und einen schwachen Arbeitsmarkt getrübt werden. Die Bilanzen von Banken könnten durch eine hohe Verschuldung sowie eine verminderte Rentabilität beeinträchtigt werden. Gleichzeitig könnte der zuletzt übermäßig dynamische Anstieg der Wohnimmobilienpreise in eine Abwärtstendenz umschlagen.

    Insgesamt bestehen in einer Reihe von Mitgliedstaaten Herausforderungen, die verschiedene Gründe und ein unterschiedliches Ausmaß haben. Die Gefährdung der makroökonomischen Stabilität ist in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich stark ausgeprägt und hängt maßgeblich davon ab, welche Anfälligkeiten oder nicht tragfähigen Trends dort bestehen, wie gravierend diese sind und wie sie zusammenwirken. Die wichtigsten Ursachen für mögliche Ungleichgewichte lassen sich nach ihrer Art wie folgt zusammenfassen:

    ·In einigen Mitgliedstaaten sind weiterhin hauptsächlich vielfältige, miteinander im Zusammenhang stehende Anfälligkeiten hinsichtlich der Bestände festzustellen. Dies ist in der Regel in denjenigen Ländern der Fall, die infolge der weltweiten Finanzkrise von Boom-Bust-Zyklen bei der Kreditvergabe betroffen waren und gleichzeitig eine Umkehrung der Leistungsbilanz erfahren haben, was sich ebenfalls auf den Bankensektor und die Staatsverschuldung ausgewirkt hat. Einige dieser Mitgliedstaaten sind von der COVID-19-bedingten Rezession stark betroffen, was auch auf die relativ große Bedeutung des Tourismus für ihre Volkswirtschaften zurückzuführen ist.

    oIm Falle Griechenlands und Zyperns gehen die hohen Schuldenstände und die hohen negativen NAVS-Positionen mit andauernden Herausforderungen im Finanzsektor einher. Wenngleich bei zyprischen Banken Verbesserungen im Hinblick auf notleidende Kredite und Rentabilität verzeichnet wurden und sich der Abbau der notleidenden Kredite in Griechenland im Jahr 2019 beschleunigt hat, bleiben die Werte sehr hoch. Das Potenzialwachstum Griechenlands fiel vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit gering aus.

    oAuch in Irland, Kroatien, Portugal und Spanien bestehen erhebliche, vielfältige und miteinander verbundene Anfälligkeiten, die auf Altlasten bei den Beständen zurückzuführen sind. In diesen Ländern waren die Ungleichgewichte bei den Bestandsgrößen angesichts nominalen BIP-Wachstums bis zuletzt rückläufig. Dies war in einigen Fällen mit einem erneuten kräftigen Anstieg der Wohnimmobilienpreise (in Irland und zuletzt auch in Portugal) sowie mit wieder anziehenden Lohnstückkosten und einer nur schleppenden Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit (in Portugal und Spanien) verbunden. Diese Entwicklungen scheinen jedoch mit der Krise nachzulassen, wohingegen die Schuldenquoten aufgrund des geringeren nominalen BIP-Wachstums und der umfangreicheren Kreditaufnahme steigen.

    oDie in Rumänien und Ungarn bestehenden Anfälligkeiten sind auf ein Zusammenspiel von gesamtstaatlichem Schuldenstand und Außenfinanzierung zurückzuführen. Nachdem in Rumänien über mehrere Jahre ein sehr starkes Wachstum der Lohnstückkosten und eine kräftige Zunahme der Binnennachfrage verzeichnet wurden, hat sich das Leistungsbilanzdefizit zuletzt vergrößert. Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist rasch gestiegen und wird voraussichtlich auch weiterhin steigen, was zu einem höheren Außenfinanzierungsbedarf führen dürfte. Der gesamtstaatliche Schuldenstand Ungarns verursacht angesichts kurzer Laufzeiten einen hohen Finanzierungsbedarf, wobei zum Teil auf externe Finanzierungsquellen zurückgegriffen wird. In beiden Ländern lautet ein nicht unerheblicher Teil der Schulden auf Fremdwährungen.

    ·In manchen Mitgliedstaaten sind die Anfälligkeiten in erster Linie mit dem hohen – und infolge der Krise weiter gestiegenen – gesamtstaatlichen Schuldenstand sowie den Schwierigkeiten hinsichtlich des Potenzialwachstums und der Wettbewerbsfähigkeit verbunden. Dies trifft insbesondere auf Italien zu, wo die Anfälligkeiten auch mit dem Bankensektor und dem nach wie vor großen, jedoch – zumindest bis zum Ausbruch der COVID-19-Pandemie – zügig rückläufigen Bestand an notleidenden Krediten in Zusammenhang stehen und ein anhaltend schwaches Arbeitsmarktumfeld besteht. Belgien und Frankreich sind in erster Linie mit Problemen im Zusammenhang mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und dem Potenzialwachstum konfrontiert und haben gleichzeitig mit einer geschwächten Wettbewerbsfähigkeit zu kämpfen. In Frankreich stieg die relativ hohe private Verschuldung schon vor der jüngsten Krise an, und in diesem Jahr ist bereits eine deutliche weitere Zunahme zu verzeichnen. In Belgien geht eine bereits relativ hohe und weiter wachsende Verschuldung der privaten Haushalte mit möglicherweise überbewerteten Wohnimmobilienpreisen einher; die außenwirtschaftliche Position ist nach wie vor solide, hat sich jedoch zuletzt etwas verschlechtert. Angesichts der durch die anhaltende Rezession geschwächten Einnahmengrundlage und der Maßnahmen zur Abfederung der Auswirkungen der Krise dürfte die Staatsverschuldung in diesen Ländern zunehmen. Im Falle Belgiens wird erwartet, dass sowohl der private als auch der gesamtstaatliche Schuldenstand, die beide bereits über den jeweiligen Schwellenwerten des MIP-Scoreboards liegen, weiter zunehmen werden.

    ·Einige Mitgliedstaaten weisen hohe, aber stetig sinkende Leistungsbilanzüberschüsse auf, die weiterhin über einem Niveau liegen, das die wirtschaftlichen Fundamentaldaten rechtfertigen würden. Dies gilt insbesondere für Deutschland und die Niederlande. In den Niederlanden geht der hohe Überschuss mit einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte und kräftig steigenden Wohnimmobilienpreisen einher. Auch in Deutschland wurde in jüngster Zeit ein Preisdruck bei Wohnimmobilien festgestellt, die Verschuldung ist jedoch vergleichsweise niedrig. Die hohen, wenn auch rückläufigen Überschüsse spiegeln möglicherweise entgangene Wachstums- und Inlandsinvestitionsmöglichkeiten wider, die sich angesichts der anhaltend unterhalb des Zielwerts rangierenden Inflation und der sich abschwächenden Exportnachfrage auf das übrige Euro-Währungsgebiet auswirken.

    ·In einigen Mitgliedstaaten führten die Entwicklungen am Wohnimmobilienmarkt angesichts der hohen Verschuldung der privaten Haushalte zu Risiken im Zusammenhang mit der Bewertung von Wohnimmobilien. Insbesondere in Schweden, in geringerem Umfang jedoch auch in Dänemark, Luxemburg und Österreich sind die Wohnimmobilienpreise kontinuierlich gestiegen, wobei möglicherweise eine Überbewertungslücke vorliegt und die privaten Haushalte erheblich verschuldet sind. Die in den letzten Jahren verzeichneten Zahlen deuten auf einen gewissen – wenn auch nur kurzzeitigen – Rückgang der Preise und Überbewertungen in Schweden sowie auf eine moderate Zunahme der Wohnimmobilienpreise in den anderen Ländern (mit Ausnahme von Luxemburg) hin. In Finnland scheint das Wachstum der Wohnimmobilienpreise nicht allzu stark ausgeprägt zu sein und keine Überbewertung zu bestehen, doch ist eine hohe und steigende Verschuldung der privaten Haushalte festzustellen. Infolge des COVID-19-Ausbruchs dürften die Wohnimmobilienpreise langsamer steigen oder sich sogar rückläufig entwickeln. Um sicherzustellen, dass diese Entwicklungen in geordneter Weise erfolgen, sollte die Situation weiter beobachtet werden.

    Die Tatsache, dass die Ungleichgewichte bei den Bestandsgrößen weiter zunehmen, bedeutet nicht automatisch, dass neue eingehende Überprüfungen erforderlich sind. Die erhöhten Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit dem privaten und dem gesamtstaatlichen Schuldenstand, betreffen vor allem Länder, in denen bereits Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte festgestellt wurden. Zudem sind die Prognosen – insbesondere angesichts der Entwicklung der Pandemielage – nach wie vor mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, die voraussichtlich auch zum Zeitpunkt der Vorbereitung der eingehenden Überprüfungen nicht ausgeräumt sein werden. Schließlich ist der starke Anstieg der Schuldenquoten im Jahr 2020 zum Teil auf vorübergehende erhebliche Rückgänge des nominalen BIP sowie auf bewusste politische Entscheidungen zurückzuführen, die zur Abfederung der Auswirkungen der Krise getroffen wurden.

    Im vorliegenden Warnmechanismus-Bericht wird der Schluss gezogen, dass 12 Mitgliedstaaten einer eingehenden Überprüfung unterzogen werden sollten: Deutschland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und Zypern. Diese Mitgliedstaaten wurden bereits im letztjährigen Verfahren zur Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte (MIP) einer eingehenden Überprüfung unterzogen, weil sie Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte aufwiesen. Die neuerlichen eingehenden Überprüfungen werden dazu beitragen, diese Herausforderungen genauer zu analysieren und zu bewerten, welche Maßnahmen erforderlich sind. Insbesondere soll geprüft werden, ob sich die festgestellten Ungleichgewichte verschärfen oder abgebaut werden, um so die bestehenden Bewertungen zu aktualisieren.

    Im vorliegenden Warnmechanismus-Bericht wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, potenziell risikobehaftete Entwicklungen in einer Reihe von Mitgliedstaaten, die keiner eingehenden Überprüfung unterzogen werden, aufmerksam zu verfolgen. Kurz nach dem COVID-19-Ausbruch traten in einer Reihe von Mitgliedstaaten, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören, Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Außenfinanzierung auf. Der Marktdruck hat seither nachgelassen, könnte aber wieder steigen, falls erneut Bedingungen eintreten sollten, die eine Neubewertung der Risiken rechtfertigen würden. Dies trifft vor allem auf Länder zu, die sich teilweise in Fremdwährung finanzieren und deren Haushaltslage als risikoreicher wahrgenommen wird; im Falle Ungarns etwa scheint das Zusammenspiel von staatlicher Kreditaufnahme und Außenfinanzierung weiterer Beobachtung zu bedürfen 51 . Die Auswirkungen steigender Schuldenquoten sollten auch in einer Reihe von Mitgliedstaaten, die derzeit nicht der MIP-Überwachung unterliegen, beobachtet werden. In Belgien dürften sowohl der private als auch der gesamtstaatliche Schuldenstand ansteigen und die MIP-Schwellenwerte überschreiten. In Dänemark, Finnland und Luxemburg dürfte der Schwellenwert für die private Verschuldung überschritten werden, während in Österreich und Slowenien der bereits über 60 % des BIP liegende gesamtstaatliche Schuldenstand weiter ansteigen dürfte. Die Frage, in welchem Maße diese Entwicklungen zusätzliche Risiken für die makroökonomische Stabilität bergen, ist mit großer Unsicherheit behaftet, da die künftige Entwicklung der Schuldenstände entscheidend von den mittel- und langfristigen Wachstumsaussichten abhängt und diese derzeit nur schwer einzuschätzen sind. Im vorliegenden Warnmechanismus-Bericht wird daher der Schluss gezogen, dass derzeit keine eingehende Überprüfung dieser Länder erforderlich ist.

     
    5.    Anmerkungen zu den einzelnen Mitgliedstaaten

    BELGIEN: In der letzten MIP-Runde wurden in Belgien keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für die Verschuldung des privaten Sektors und den gesamtstaatlichen Schuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,7 % im Jahr 2019 auf -8,4 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 4,1 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,4 % geringer als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die externen Anfälligkeiten hielten sich weiterhin in Grenzen. Die Leistungsbilanz wies 2019 einen geringfügigen Überschuss auf, während der Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) deutlich positiv ausfällt, sodass sich die Bedenken hinsichtlich der außenwirtschaftlichen Tragfähigkeit in Grenzen halten. Bei den Lohnstückkosten wurde ein moderates Wachstum verzeichnet.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors lag 2019 nach wie vor deutlich über dem Schwellenwert und dürfte 2020 weiter auf rund 200 % des BIP ansteigen. Die Verschuldung der belgischen nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften ist sehr hoch, geht jedoch weitgehend auf grenzüberschreitende konzerninterne Kredite zurück, die mit geringeren Risiken verbunden sind. Die Verschuldung der privaten Haushalte, die in erster Linie auf Hypothekenschulden zurückzuführen ist, nahm 2019 aufgrund positiver Nettokreditflüsse weiter zu. Nachdem die Wohnungsbauinvestitionen im ersten Halbjahr 2020 aufgrund der Abriegelung und der Ausgangsbeschränkungen zurückgegangen waren, dürften sie in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen. Die Wohnimmobilienpreise sind im Jahr 2019 gestiegen, und es gibt Anzeichen für eine Überbewertung.

    ·Die Bankbilanzen wurden in den letzten Jahren verbessert, und die Eigenkapital- und Liquiditätsquoten sind nach wie vor angemessen. Der bereits hohe gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich zunehmen und 2020 um 20 Prozentpunkte auf fast 118 % des BIP ansteigen.

    ·Die günstigen makroökonomischen Bedingungen förderten die Schaffung von Arbeitsplätzen, und die Arbeitslosenquote ging – nachdem sie 2015 ihren Höchststand erreicht hatte – im Jahr 2019 weiter zurück. Diese rückläufige Entwicklung dürfte sich 2020 umkehren, und 2021 dürfte die Arbeitslosigkeit drastisch ansteigen. Die Quote der Nichterwerbstätigen ist nach wie vor hoch.

    Belgien wies zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte auf, wobei jedoch möglicherweise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Verschuldung entstehen könnten. Infolge der COVID-19-Krise sind sowohl der gesamtstaatliche Schuldenstand als auch die Verschuldung des privaten Sektors gestiegen und bedürfen weiterer Beobachtung. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

    BULGARIEN: Im Februar 2020 stellte die Kommission fest, dass in Bulgarien keine makroökonomischen Ungleichgewichte mehr bestanden. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt der Indikator für das Wachstum der nominalen Lohnstückkosten über dem indikativen Schwellenwert.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 3,7 % im Jahr 2019 auf -5,1 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 2,6 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,4 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Der Leistungsbilanzüberschuss hat sich 2019 vergrößert, dürfte aber 2020 aufgrund des drastischen Einbruchs der Tourismuseinnahmen etwas zurückgehen. Der negative NAVS, der überwiegend aus ausländischen Direktinvestitionen resultiert, verbesserte sich weiter und lag 2019 unter dem indikativen Schwellenwert, wobei auch in Zukunft mit weiteren Verbesserungen zu rechnen ist. Der Kostenwettbewerbsdruck dürfte angesichts der infolge der COVID-19-Krise verzeichneten Lohnzurückhaltung künftig sinken, wenngleich das Horten von Arbeitskräften 2020 für einen vorübergehenden Anstieg der Lohnstückkosten sorgte.

    ·Angesichts eines robusten nominalen BIP-Wachstums konnte der Schuldenabbau im Unternehmenssektor 2019 weiter vorangetrieben werden. Die Unternehmensverschuldung liegt unterhalb des aufsichtlichen, jedoch oberhalb des auf Fundamentaldaten basierenden Referenzwerts. Das Kreditwachstum nahm 2019 zu, dürfte sich aber 2020 wieder verlangsamen, während die Schuldenquote angesichts des Rückgangs des BIP steigt. Der Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise schwächte sich im Jahr 2019 bei gleichzeitig zunehmenden Hypothekarkrediten leicht ab, wobei es 2020 angesichts der COVID-19-Krise zu einer weiteren Verlangsamung kommen dürfte.

    ·Trotz der Auswirkungen der COVID-19-Krise auf den Haushalt dürfte der gesamtstaatliche Schuldenstand 2020 nach wie vor deutlich unter 30 % des BIP liegen. Der Finanzsektor zeichnet sich durch Rentabilität und eine gute Kapitalausstattung aus. Durch eine bessere Steuerung und Beaufsichtigung des Finanzsystems konnte dessen Stabilität gestärkt werden. Im Juli 2020 trat Bulgarien dem WKM II und der Bankenunion bei. Der Anteil der notleidenden Kredite ist rückläufig und belief sich im Jahr 2019 auf 6,5 %. Die Herausforderung wird künftig darin bestehen zu verhindern, dass es nach dem Auslaufen der in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu einem erheblichen Anstieg der notleidenden Kredite kommt.

    ·Die positive Arbeitsmarktentwicklung hielt 2019 weiter an und äußerte sich in einer Arbeitslosenquote von lediglich 4,2 %. Die COVID-19-Krise bewirkt eine Umkehrung dieser rückläufigen Tendenz, doch hat sich der Beschäftigungsverlust angesichts einer höheren Nichterwerbstätigkeit bislang nicht in vollem Umfang in einem drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit niedergeschlagen.

    Bulgarien wies zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, dafür jedoch ein relativ hohes, wenn auch rückläufiges Volumen an notleidenden Krediten und Unternehmensschulden auf. Infolge der COVID-19-Krise dürften die Schuldenquote der Unternehmen und die Zahl der notleidenden Kredite steigen. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

    TSCHECHIEN: In der letzten MIP-Runde wurden in Tschechien keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für das Wachstum der Lohnstückkosten und den Anstieg der Wohnimmobilienpreise über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2,3 % im Jahr 2019 auf -6,9 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,1 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,8 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die außenwirtschaftliche Position fällt mit einem geringen Leistungsbilanzdefizit im Jahr 2019 relativ solide aus. Die Exportkonzentration und die Integration in globale Wertschöpfungsketten sind nach wie vor hoch. Der NAVS verbesserte sich weiter, bleibt im Jahr 2019 jedoch mit rund -20 % des BIP negativ. Der NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallsrisiko hat sich ebenfalls verbessert und weist eine deutlich positive Nettovermögensposition auf.

    ·Das Wachstum der Lohnstückkosten verlangsamte sich 2019, blieb jedoch weiterhin hoch. Aufgrund der COVID-19-Krise dürfte es zu einer gewissen Lohnzurückhaltung kommen, wenngleich das Horten von Arbeitskräften den Prognosen zufolge im Jahr 2020 einen vorübergehenden Anstieg der Lohnstückkosten bewirken wird.

    ·Die Entwicklungen der Wohnimmobilienpreise und Hypothekarkredite müssen weiterhin überwacht werden. Im Laufe des Jahres 2019 beschleunigte sich der Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise, wobei zunehmend Anzeichen einer Überbewertung zu verzeichnen waren. Im Zeitraum 2020–2021 dürften die Wohnimmobilienpreise jedoch langsamer steigen. Die Nettokreditvergabe an private Haushalte blieb im Jahr 2019 positiv und das Wachstum der Hypothekarkredite stabil. Insgesamt wurde bei der Kreditvergabe in den letzten Jahren ein moderater Anstieg verzeichnet, der sich 2019 etwas verlangsamte; die Verschuldung des privaten Sektors fällt nach wie vor gering aus.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ging 2019 weiter zurück, dürfte sich jedoch infolge der COVID-19-Krise im Jahr 2020 auf etwa 40 % des BIP erhöhen und 2021 in etwa auf diesem Niveau bleiben. Der weitgehend in ausländischem Eigentum stehende Bankensektor verfügt über eine solide Kapitalausstattung und weist eines der höchsten Eigenkapitalniveaus in der EU auf.

    ·Der Arbeitsmarkt konnte sich 2019 aufgrund günstigerer gesamtwirtschaftlicher Bedingungen weiter verbessern, und die Arbeitslosenquote ging auf 2 % zurück. Infolge der COVID-19-Krise ist für die Jahre 2020 und 2021 mit einem leichten Anstieg der Arbeitslosenquote zu rechnen, wobei diese im Vergleich zum EU-Durchschnitt weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau bleiben wird.

    Tschechien wies zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte auf, wenngleich im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit und den Druck im Wohnimmobilienmarkt einige begrenzte Risiken bestanden. Der Kostendruck hat sich infolge der COVID-19-Krise verringert. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

    DÄNEMARK: In der letzten MIP-Runde wurden in Dänemark keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Leistungsbilanzsaldo und die Verschuldung des privaten Sektors über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2,8 % im Jahr 2019 auf -3,9 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,5 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,5 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe im Rahmen des MIP maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Bei der Leistungsbilanz wurde nach wie vor ein hoher Überschuss verzeichnet; dieser lag 2019 bei 8,9 % des BIP und dürfte 2020 auf rund 7 % zurückgehen. Mehrere in Folge erzielte Überschüsse haben zu einem stark positiven NAVS und im Zuge dessen zu einem positiven Nettoprimäreinkommen geführt, wodurch es wiederum zu einem höheren Leistungsbilanzüberschuss kam.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors blieb 2019 weitgehend stabil, wohingegen das Kreditwachstum zunahm. Trotz eines stetigen passiven Schuldenabbaus seit 2009 ist die Verschuldung der privaten Haushalte nach wie vor die höchste in der EU. Mit rund 110 % des BIP im Jahr 2019 liegt sie deutlich über dem auf Fundamentaldaten basierten und dem aufsichtlichen Schwellenwert und dürfte 2020 weiter ansteigen. Die Risiken, die von der Verschuldung der privaten Haushalte ausgehen, werden jedoch teilweise durch umfangreiche Vermögenswertbestände ausgeglichen. Die Nettokreditvergabe an private Haushalte blieb im Jahr 2019 positiv. Der Schuldenaufbau wurde weiterhin durch niedrige Finanzierungskosten und eine vorteilhafte steuerliche Behandlung begünstigt. Bei den realen Wohnimmobilienpreisen war nach wie vor ein moderates Wachstum zu verzeichnen, wobei Anzeichen für eine gewisse Überbewertung zu erkennen waren. Die Verschuldung der Unternehmen bleibt trotz des jüngsten Anstiegs insgesamt moderat.

    ·Die Arbeitslosenquote ist 2019 weiter auf 5 % zurückgegangen und dürfte infolge der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen nur geringfügig ansteigen. In nur wenigen Branchen herrscht nach wie vor ein Arbeitskräftemangel, sodass sich der Lohnauftrieb in Grenzen hält.

    ·Die Risiken im Zusammenhang mit dem Bankensektor und dem gesamtstaatlichen Schuldenstand sind nach wie vor moderat. Die Banken sind im Allgemeinen gut aufgestellt, um die Kreditvergabe an die Wirtschaft weiterhin zu gewährleisten. Infolge der Krise sowie der umfangreichen Rettungs- und Konjunkturpakete des Staates wird der gesamtstaatliche Schuldenstand im Jahr 2020 voraussichtlich um rund 10 Prozentpunkte auf 45 % des BIP ansteigen und damit weiterhin deutlich unter 60 % des BIP liegen. 

    In Dänemark bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenngleich die hohe Verschuldung der privaten Haushalte und die Entwicklungen auf dem Wohnimmobilienmarkt gewisse begrenzte Risiken mit sich brachten. Die Schuldenquote der privaten Haushalte dürfte infolge der COVID-19-Krise steigen. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

    DEUTSCHLAND: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Deutschland makroökonomische Ungleichgewichte fest, die insbesondere den hohen Leistungsbilanzüberschuss betreffen; dahinter steht eine gemessen an den Ersparnissen verhaltene Investitionstätigkeit im privaten und im öffentlichen Sektor. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt der Indikator für den Leistungsbilanzüberschuss über dem indikativen Schwellenwert.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf Investitionen, die Unterstützung der Erwerbseinkommen, das Unternehmensumfeld und Renten. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffen, die auf eine Förderung der öffentlichen Investitionen und die Unterstützung privater Investitionen abzielen; zudem wurde zugesichert, dass von einer höheren steuerlichen Belastung der Arbeit abgesehen wird.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 0,6 % im Jahr 2019 auf -5,6 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,5 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,7 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Der Leistungsbilanzüberschuss ging in den letzten Jahren allmählich zurück und belief sich im Jahr 2019 auf 7,1 % des BIP. Im Jahr 2020 hat der drastische Rückgang des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos einen deutlich geringeren Überschuss zur Folge, wenngleich der Finanzierungsüberschuss des privaten Sektors zunahm. Auch der Handelsbilanzüberschuss schrumpfte im Jahr 2020, da die Ausfuhren stärker zurückgingen als die Einfuhren. Mit der wirtschaftlichen Erholung dürfte auch der Leistungsbilanzüberschuss wieder leicht ansteigen.

    ·In den letzten Jahren sind die privaten und die öffentlichen Investitionen gestiegen, jedoch leicht unter dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets geblieben. Während sich der Aufwärtstrend bei den öffentlichen Investitionen im Jahr 2020 deutlich beschleunigte, wirkte sich die COVID-19-Krise deutlich negativ auf die privaten Investitionen aus.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand fiel 2019 unter den indikativen Scoreboard-Schwellenwert von 60 % des BIP, dürfte aber 2020 bei rund 71 % des BIP liegen. Das deutsche Bankensystem weist nach wie vor eine angemessene Kapitaldecke und einen sehr geringen Anteil an notleidenden Krediten auf. Allerdings ist die Rentabilität weiterhin gering, und die Zahl der notleidenden Kredite dürfte steigen.

    ·Die Lage am Arbeitsmarkt war vor der COVID-19-Krise historisch gut. Die Arbeitslosigkeit war niedrig und die Beschäftigung hoch. Für 2020 wird ein moderater Anstieg der Arbeitslosenquote und ein langsameres Lohnwachstum prognostiziert. Kurzarbeitsregelungen haben dazu beigetragen, den Anstieg der Arbeitslosigkeit zu begrenzen, und Einkommen unterstützt.

    Deutschland wies zu Beginn der COVID-19-Krise einen hohen inländischen Ersparnisüberschuss auf, der in erster Linie auf den Nettoersparnissen der privaten Haushalte und des Staates beruht. Infolge der COVID-19-Krise ist der Leistungsbilanzüberschuss erheblich zurückgegangen; gleichzeitig haben sich die öffentlichen Investitionen erhöht, während die privaten Investitionen geringer ausfielen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    ESTLAND: In der letzten MIP-Runde wurden in Estland keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den realen effektiven Wechselkurs und das Wachstum der nominalen Lohnstückkosten über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 5 % im Jahr 2019 auf -4,6 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,4 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,7 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen: 

    · Die externen Anfälligkeiten halten sich nach wie vor in Grenzen, da sich der NAVS – wenngleich negativ – allmählich verbesserte und den Prognosen zufolge auch 2020 weiter auf über -20 % des BIP steigen wird. Der Leistungsbilanzüberschuss belief sich im Jahr 2019 auf 2 % des BIP und dürfte 2020 auf knapp 3 % ansteigen.

    ·Das Wachstum der nominalen Lohnstückkosten wurde durch Faktoren im Zusammenhang mit dem knappen Arbeitskräfteangebot begünstigt und lag 2019 weiterhin bei über 5 %. Die Lohnzurückhaltung infolge der COVID-19-Krise dürfte zu einer Verlangsamung des Wachstums der Lohnstückkosten in den Jahren 2020 und 2021 führen. Der HVPI-basierte reale effektive Wechselkurs stieg 2019 weiter an, wenn auch in geringerem Tempo.

    ·Die Verschuldung der Unternehmen und der privaten Haushalte ist nach wie vor relativ niedrig. Die Schuldenquote des privaten Sektors sank im Jahr 2019 auf 98 % des BIP. Sie dürfte 2020 aufgrund des BIP-Rückgangs zwar leicht ansteigen, jedoch weiterhin relativ niedrig ausfallen.

    ·Im Bankensektor fiel der Anteil der notleidenden Kredite im Jahr 2019 noch niedrig aus, könnte jedoch infolge der COVID-19-Krise künftig steigen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte infolge der COVID-19-Krise höher ausfallen und auch 2021 weiter ansteigen; mit rund 20 % des BIP bleibt er jedoch auf dem niedrigsten Stand in der EU.

    ·Die Entwicklung am Arbeitsmarkt war zuletzt sehr gut, allerdings wird die COVID-19-Krise zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote von 4,4 % im Jahr 2019 auf 7,5 % im Jahr 2020 führen.

    In Estland bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, wenngleich die Dynamik im Zusammenhang mit der Kostenwettbewerbsfähigkeit gewisse begrenzte Risiken mit sich brachte. Die außenwirtschaftliche Position blieb in der COVID-19-Krise stabil und ging mit einem geringeren Lohnwachstum einher. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    IRLAND: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Irland makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere im Zusammenhang mit einer hohen gesamtstaatlichen sowie privaten Verschuldung und umfangreichen Nettoauslandsverbindlichkeiten. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus und die Verschuldung des privaten Sektors über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen und den Wohnimmobilienmarkt. Die im Jahr 2020 ergriffenen erforderlichen Maßnahmen zielten in erster Linie auf die Eindämmung der Pandemie ab.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 5,6 % im Jahr 2019 auf -2,3 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 2,9 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 2,7 % höher als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die externen Anfälligkeiten stellen nach wie vor ein Problem dar. Die sowohl in der Leistungsbilanz als auch beim NAVS verzeichneten Schwankungen sind aufgrund der Auswirkungen der Tätigkeiten multinationaler Unternehmen nur schwer zu beurteilen. Der äußerst volatile Leistungsbilanzsaldo fiel im Jahr 2019 deutlich negativ aus, während für 2020 ein erheblicher Überschuss und für 2021 ein nahezu ausgeglichener Saldo prognostiziert werden. Der NAVS insgesamt blieb 2019 weitgehend stabil.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors ist nach wie vor hoch, wenngleich die Schuldenquote 2019 auf 200 % gesunken ist. Die Verschuldung der privaten Haushalte fällt zwar gemessen am BIP gering aus, bleibt jedoch im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen hoch. Die Risiken im Zusammenhang mit der Unternehmensverschuldung lassen sich aufgrund der starken Präsenz multinationaler Unternehmen nur schwer beurteilen. Infolge der COVID-19-Krise müssen die Unternehmen angesichts geringerer Gewinne, eines aber weitgehend unveränderten Finanzierungsbedarfs womöglich vermehrt Schulden aufnehmen. Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise verlangsamte sich im Jahr 2019 deutlich und kam nahezu zum Erliegen, wobei die Erschwinglichkeit von Wohnraum nach wie vor Anlass zur Sorge gibt.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand fiel 2019 unter den Schwellenwert von 60 % des BIP, dürfte aber 2020 aufgrund der schweren Rezession und der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen in Reaktion auf die COVID-19-Krise wieder auf rund 63 % des BIP ansteigen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand fällt höher aus, wenn er anhand der Messgrößen für das Nationaleinkommen ermittelt wird: Gemessen am modifizierten Bruttonationaleinkommen lag er im Jahr 2019 bei 95 %.

    ·Die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors hat sich in den letzten zehn Jahren verbessert. Der Anteil der notleidenden Kredite ist stetig zurückgegangen, könnte aber nach dem Auslaufen der in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wieder steigen.

    ·Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich 2019 weiter verbessert. Die Arbeitslosenquote dürfte 2020 nur leicht auf 5,3 %, 2021 jedoch deutlicher auf 8,9 % ansteigen.

    Irland wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Auslandsverschuldung, dem gesamtstaatlichen Schuldenstand und der Verschuldung des privaten Sektors auf. Im Zuge der COVID-19-Krise werden Schuldenquoten und Arbeitslosigkeit steigen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden. 

    GRIECHENLAND: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Griechenland übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere im Zusammenhang mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand, dem hohen Anteil notleidender Kredite und dem unzureichenden Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte in Verbindung mit einer hohen, wenn auch rückläufigen Arbeitslosigkeit und einem geringen Potenzialwachstum. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus, den Anstieg der Wohnimmobilienpreise, den gesamtstaatlichen Schuldenstand und die Arbeitslosenquote über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen, den Arbeitsmarkt, das Unternehmensumfeld, notleidende Kredite und den Finanzsektor. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffen, und zwar in Bezug auf Insolvenz, Energiemärkte, Arbeitsmarktrecht, notleidende Kredite, öffentliche Investitionen, Privatisierung, E-Governance, allgemeine und berufliche Bildung und Unternehmensumfeld.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,9 % im Jahr 2019 auf -9 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 5 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 5,3 % geringer als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen: 

    · Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit gibt nach wie vor Anlass zur Sorge, da sich der NAVS infolge der COVID-19-Krise voraussichtlich weiter verschlechtern wird. Der NAVS lässt sich zu einem großen Teil durch die Verschuldung des Staates zu günstigen Bedingungen und mit langen Laufzeiten erklären. Das Leistungsbilanzdefizit ist 2019 zurückgegangen, dürfte aber in den Jahren 2020 und 2021 erheblich steigen, was unter anderem auf den schwächeren Tourismus zurückzuführen ist.

    ·Die Schuldenquote des privaten Sektors entwickelte sich im Jahr 2019 weiterhin rückläufig und blieb unter dem MIP-Schwellenwert. Nachdem die realen Wohnimmobilienpreise sich im vergangenen Jahrzehnt rückläufig entwickelt hatten, zogen sie 2019 wieder an. In Zukunft könnten die Preise infolge der COVID-19-Krise wieder nachgeben.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ging 2019 auf 180 % des BIP zurück, dürfte aber 2020 – infolge des BIP-Rückgangs und der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie – auf über 200 % des BIP ansteigen. Der Bankensektor ist nach wie vor durch einen großen Altbestand an notleidenden Krediten belastet.

    ·Die Arbeitslosigkeit ist weiterhin sehr hoch, und der verhaltene Rückgang wird durch die Krise unterbrochen.

    Griechenland wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem gesamtstaatlichen Schuldenstand, Altbeständen an notleidenden Krediten, dem Abbau außenwirtschaftlicher Ungleichgewichte, Arbeitslosigkeit und einem geringen Potenzialwachstum auf. Infolge der Krise dürften die Schuldenquoten, die Arbeitslosigkeit und die Zahl der notleidenden Kredite steigen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar festgestellten übermäßigen Ungleichgewichte für angezeigt, das Fortbestehen makroökonomischer Risiken eingehender zu überprüfen und die Fortschritte beim Abbau von übermäßigen Ungleichgewichten zu überwachen.

    SPANIEN: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Spanien makroökonomische Ungleichgewichte fest, die vor dem Hintergrund einer hohen Arbeitslosigkeit insbesondere die hohe gesamtstaatliche und private Verschuldung im In- und Ausland betrafen. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus, den gesamtstaatlichen Schuldenstand, die Arbeitslosenquote und die Erwerbsquote jenseits der indikativen Schwellenwerte.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen, den Arbeitsmarkt, das Bildungswesen und das Unternehmensumfeld. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffen, und zwar in Bezug auf allgemeine und berufliche Bildung und Innovation.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2 % im Jahr 2019 auf -12,4 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 5,4 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 6,1 % geringer als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die außenwirtschaftliche Position verbesserte sich im Jahr 2019, wobei sich der negative NAVS verringerte und der Leistungsbilanzüberschuss fortbestand. Allerdings fällt der NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallsrisiko (NAIOA) deutlich negativ aus. Der NAVS dürfte jedoch 2020 zurückgehen, während der Leistungsbilanzüberschuss trotz des schwachen Tourismus nach wie vor relativ hoch ausfallen dürfte.

    ·Die Verschuldung der Unternehmen und der privaten Haushalte entwickelte sich bis 2020 rückläufig, und die Schuldenquote des privaten Sektors ist 2019 unter den MIP-Schwellenwert gesunken. Die Kreditflüsse im privaten Sektor blieben 2019 verhalten. Die Verschuldung der privaten Haushalte liegt über dem auf Fundamentaldaten basierten und über dem aufsichtlichen Schwellenwert. Durch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit könnte sich die Rückzahlungsfähigkeit der privaten Haushalte in Zukunft verringern. Sowohl die Schuldenquote der Unternehmen als auch die der privaten Haushalte werden im Jahr 2020 voraussichtlich steigen, was in erster Linie auf den durch die COVID-19-Krise bedingten BIP-Rückgang zurückzuführen ist.

    ·Der bereits hohe gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte 2020 um rund 25 Prozentpunkte auf 120 % des BIP ansteigen und 2021 in etwa auf diesem Niveau bleiben.

    ·Die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors hat sich in den letzten zehn Jahren verbessert. Die Banken verfügen über eine hohe Liquidität und in den meisten Fällen über eine angemessene Kapitalausstattung, während die Rentabilität moderat ist. Der Anteil der notleidenden Kredite ist 2019 auf 3 % zurückgegangen, dürfte jedoch infolge der COVID-19-Krise wieder steigen.

    ·Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich 2019 weiter verbessert, wenngleich Arbeitslosigkeit und Arbeitsmarktsegmentierung weiterhin Anlass zur Sorge gaben. Die Arbeitslosenquote dürfte sich 2020 auf knapp 17 % erhöhen und 2021 leicht weiter ansteigen. Die Erwerbsquote entwickelte sich von 2016 bis 2019 leicht rückläufig, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass sich mehr Menschen in allgemeiner und beruflicher Bildung befanden. 

    Spanien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Auslandsverschuldung, der Verschuldung des privaten Sektors und dem gesamtstaatlichen Schuldenstand sowie mit der hohen Arbeitslosigkeit auf. Im Zuge der COVID-19-Krise sind Schuldenquoten und Arbeitslosigkeit gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    FRANKREICH: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Frankreich makroökonomische Ungleichgewichte von grenzüberschreitender Bedeutung fest, insbesondere im Zusammenhang mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und der schwachen Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund eines geringen Produktivitätswachstums. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für die Verschuldung des privaten Sektors und den gesamtstaatlichen Schuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen, die Arbeitsproduktivität und das Unternehmensumfeld. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffen, und zwar in Bezug auf die Verbesserung des Unternehmensumfelds und Forschung und Entwicklung.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,5 % im Jahr 2019 auf -9,4 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 5,8 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,9 % geringer als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die außenwirtschaftliche Position blieb bei einem geringen Leistungsbilanzdefizit und einem etwas negativeren NAVS im Jahr 2019 stabil.

    ·Die Schuldenquote des privaten Sektors stieg 2019 weiter an und erreichte 153 % des BIP; für 2020 wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet. Die Kreditvergabe an Unternehmen war 2019 hoch und dürfte noch weiter zunehmen, während die Unternehmen in einem Umfeld steigender Unternehmensgewinne, niedrigerer Dividenden, geringerer Investitionen und eines insgesamt niedrigen und weiter rückläufigen Niveaus notleidender Kredite weitere Liquiditätsreserven bildeten. Die Verschuldung der privaten Haushalte ist hoch und wird voraussichtlich weiter zunehmen. Bei den Wohnimmobilienpreisen sind geringfügige Anzeichen einer Überbewertung zu beobachten, während ihr Anstieg im Jahr 2019 insgesamt moderat ausfiel.

    ·Der in den letzten zehn Jahren erlittene Verlust an Wettbewerbsfähigkeit konnte nicht wieder aufgeholt werden. Trotz einer deutlich verlangsamten Arbeitsproduktivität hielt sich das Wachstum der Lohnstückkosten in Grenzen. Nach gewissen Zuwächsen in den Vorjahren gingen die Exportmarktanteile 2019 zurück.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand lag 2019 bei 98 % des BIP und blieb somit stabil. Er wird im Jahr 2020 – aufgrund des BIP-Rückgangs und des umfangreichen Haushaltspakets zur Abfederung der Auswirkungen der Krise – voraussichtlich auf etwa 116 % des BIP steigen. Der Bankensektor wies ein solides und weiter steigendes Eigenkapitalniveau sowie einen rückläufigen und insgesamt niedrigen Anteil notleidender Kredite auf, wenngleich seine Rentabilität – ähnlich wie in anderen Mitgliedstaaten – moderat ausfällt. Allerdings könnte die Zahl der Insolvenzen infolge der COVID-19-Krise steigen.

    ·Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich im Jahr 2019 verbessert, die Arbeitslosigkeit dürfte jedoch künftig leicht ansteigen.

    Frankreich wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Verschuldung und der Wettbewerbsfähigkeit auf. Im Zuge der COVID-19-Krise und der zur Stützung der Wirtschaft ergriffenen Maßnahmen stieg der gesamtstaatliche Schuldenstand an, während sich die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin relativ stabil entwickelte. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    KROATIEN: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Kroatien makroökonomische Ungleichgewichte fest, die vor dem Hintergrund eines geringen Potenzialwachstums insbesondere den hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand, die starke Verschuldung des privaten Sektors und die umfangreiche Auslandsverschuldung betrafen. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus, den Anstieg der Wohnimmobilienpreise und den gesamtstaatlichen Schuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen, den Arbeitsmarkt und das Unternehmensumfeld. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffen, die auf eine Verbesserung der Regierungsführung und des Verwaltungshandelns sowie einen Abbau des Verwaltungsaufwands und der finanziellen Belastungen für Unternehmen abzielen.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2,9 % im Jahr 2019 auf -9,6 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 5,7 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 2,5 % geringer als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit gibt nach wie vor Anlass zur Sorge, während sich der deutlich negative NAVS 2019 weiter verbesserte und der Leistungsbilanzüberschuss auf knapp 3 % des BIP anstieg. Durch den relativ hohen Anteil ausländischer Direktinvestitionen an den gesamten Auslandsverbindlichkeiten werden die Risiken für die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit gemindert. Der Leistungsbilanzsaldo dürfte 2020 negativ ausfallen, was vor allem auf den schwachen Tourismus zurückzuführen ist.

    ·Die Schuldenquote des privaten Sektors ging 2019 weiter zurück. Nach wie vor lautet ein Großteil der Schulden auf Fremdwährungen, was Wechselkursrisiken birgt.

    ·Der Anstieg der realen Wohnimmobilienpreise beschleunigte sich im Jahr 2019 auf über 8 %, was durch die schnellere Zunahme der Hypothekarkredite begünstigt wurde; gleichzeitig verringerte sich die Bewertungslücke. Infolge der COVID-19-Krise dürfte sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise jedoch verlangsamen.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ging 2019 weiter zurück, war jedoch mit 73 % des BIP nach wie vor relativ hoch. Angesichts des drastischen Wirtschaftsabschwungs und der infolge der COVID-19-Pandemie zur Stützung der Wirtschaft ergriffenen Maßnahmen wird für 2020 ein Anstieg um mehr als 15 Prozentpunkte prognostiziert.

    ·Der Bankensektor ist durch eine mäßige Rentabilität und eine relativ starke Kapitalausstattung gekennzeichnet. Er weist aber auch einen verhältnismäßig hohen – wenn auch rückläufigen – Bestand an notleidenden Krediten auf, der nach dem Auslaufen der in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zunehmen dürfte.

    ·Die Arbeitslosenquote erreichte 2019 einen historischen Tiefstand von 6,6 %, was mit einem starken Rückgang sowohl der Langzeit- als auch der Jugendarbeitslosigkeit einherging. Die Arbeitslosigkeit dürfte infolge der derzeitigen Krise allerdings zunehmen.

    Kroatien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem gesamtstaatlichen Schuldenstand, der Verschuldung des privaten Sektors und der Auslandsverschuldung sowie einem geringen Potenzialwachstum auf. Im Zuge der COVID-19-Krise dürften Schuldenquoten und Arbeitslosigkeit steigen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    ITALIEN: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Italien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte fest, die vor dem Hintergrund eines weiterhin hohen Bestands an notleidenden Krediten und einer hohen Arbeitslosigkeit insbesondere den hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und das anhaltend schwache Produktivitätswachstum betreffen. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den gesamtstaatlichen Schuldenstand und die Arbeitslosenquote über den indikativen Schwellenwerten. 

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen, den Arbeitsmarkt, das Unternehmensumfeld und den Finanzsektor. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffen, die auf eine verbesserte Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und die Unterstützung des ökologischen und digitalen Wandels abzielen.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 0,3 % im Jahr 2019 auf -9,9 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 4,1 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 4,1 % geringer als 2019 ausfallen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen: 

    · Die außenwirtschaftliche Position blieb bei einem nahezu ausgeglichenen NAVS und einem – trotz des schwachen Tourismus – auch im Jahr 2020 beträchtlichen Leistungsbilanzüberschuss stabil.

    ·Das aggregierte Produktivitätswachstum ist nach wie vor schleppend und dürfte sich mittelfristig nur geringfügig verbessern. Der Anstieg der Lohnstückkosten war 2019 schwach, und das Lohnwachstum dürfte sich 2020 verlangsamen.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand lag 2019 bei 135 % des BIP und blieb somit stabil. Angesichts der Reaktion auf die Pandemie und des Rückgangs der Wirtschaftstätigkeit dürfte er 2020 allerdings erheblich, nämlich um rund 25 Prozentpunkte ansteigen. Der Primärsaldo dürfte 2020 zum ersten Mal seit 2009 negativ ausfallen.

    ·Im Bankensektor setzte sich der deutliche Abbau der notleidenden Kredite fort, doch ist ihr Anteil mit knapp unter 7 % nach wie vor vergleichsweise hoch. Durch die in Reaktion auf die Pandemie gewährten Liquiditätsmaßnahmen verbesserte sich die im Jahr 2019 noch vergleichsweise schwache Kreditvergabe. Sollten einige der aufgrund der COVID-19-Pandemie ergriffenen Maßnahmen zu früh auslaufen, dürfte der Bestand an notleidenden Krediten steigen.

    ·Aufgrund des COVID-19-Schocks kehren sich die zuletzt verzeichneten Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt langsam um, und die Lage könnte sich nach dem Auslaufen der Sofortmaßnahmen weiter verschärfen. Der Arbeitslosenquote dürfte 2020 stabil bleiben und bei etwa 10 % liegen.

    Italien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten auf, die vor dem Hintergrund eines nach wie vor hohen Bestands an notleidenden Krediten und einer hohen Arbeitslosigkeit den hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und das schwache Produktivitätswachstum betrafen. Im Zuge der COVID-19-Krise sind die Schuldenquoten gestiegen, wohingegen sich die Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt und den Bankensektor – je nachdem, wie lange die Krise andauern wird und wann die Unterstützungsmaßnahmen auslaufen – erst mit einiger Verzögerung zeigen könnten. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar festgestellten übermäßigen Ungleichgewichte für angezeigt, das Fortbestehen makroökonomischer Risiken eingehender zu überprüfen und die Fortschritte beim Abbau von übermäßigen Ungleichgewichten zu überwachen.

    ZYPERN: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Zypern übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere im Zusammenhang mit einem sehr hohen, den Finanzsektor belastenden Anteil notleidender Kredite und hohen Beständen an privaten, öffentlichen und Auslandsschulden vor dem Hintergrund eines moderaten Potenzialwachstums. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für das Leistungsbilanzdefizit, den Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS), den Schuldenstand des privaten Sektors und den öffentlichen Schuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen, die Verschuldung des privaten Sektors, notleidende Kredite und das Unternehmensumfeld. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 weitere Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffenen, die das Justizsystem, die öffentliche Verwaltung, lokale Gebietskörperschaften und den Zugang zu Finanzmitteln betreffen.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 3,1 % im Jahr 2019 auf -6,2 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,7 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,7 % weniger als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Externe Anfälligkeiten bieten nach wie vor Anlass zur Sorge, da der NAVS trotz Verbesserungen im Jahr 2019 weiterhin deutlich im negativen Bereich liegt und zu einem Großteil die Tätigkeiten von Zweckgesellschaften widerspiegelt. Die Leistungsbilanz wies 2019 ein erhebliches Defizit von 6,3 % des BIP auf und dürfte sich 2020 durch den starken Rückgang des Tourismus rapide verschlechtern.

    ·Die Schuldenquote der Unternehmen sank 2019 weiter, blieb aber hoch. Der Schuldenabbau geschah bei nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften schneller als bei den privaten Haushalten. Die Verschuldung der privaten Haushalte betrug 2019 etwa 90 % des BIP und lag damit über dem aufsichtlichen Schwellenwert. Für 2020 wird aufgrund des Rückgangs beim nominalen BIP und der Schuldenmoratorien ein Anstieg der Schuldenquote des privaten Sektors erwartet. 2021 dürfte sich wieder eine abnehmende Tendenz einstellen.

    ·Während die gesamtstaatliche Schuldenquote 2019 zurückgegangen ist, wird sie 2020 angesichts der fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen, der zusätzlichen Ausgabe von Anleihen und des BIP-Rückgangs voraussichtlich um etwa 20 Prozentpunkte steigen und nahezu 113 % des BIP erreichen. Die Stabilität des Bankensektors hat sich in den letzten Jahren mit einer deutlichen Verringerung des Bestands notleidender Kredite im Zeitraum 2018-2019 verbessert. Angesichts der Veräußerung und Abschreibung von Vermögenswerten stiegt der Anteil notleidender Kredite 2020 nur begrenzt, könnte aber 2021 nach Auslaufen der Schuldenmoratorien stärker zunehmen.

    Zypern wies zu Beginn der COVID-19-Krise Schwachstellen auf, die vor dem Hintergrund eines moderaten Potenzialwachstums die Auslandsverschuldung, die Verschuldung des privaten Sektors, den gesamtstaatlichen Schuldenstand und den immer noch hohen Bestand notleidender Kredite betrafen. Mit der COVID-19-Krise hat sich das Leistungsbilanzdefizit verschlechtert und die Schuldenquoten sind gestiegen, während sich der Abbau von notleidenden Krediten durch die Banken verlangsamte. Insgesamt ist es nach Ansicht der Kommission, auch unter Berücksichtigung der im Februar festgestellten übermäßigen Ungleichgewichte, angebracht, das Fortbestehen makroökonomischer Risiken näher zu untersuchen und die Fortschritte beim Abbau der übermäßigen Ungleichgewichte zu überwachen.

    LETTLAND: In der letzten MIP-Runde wurden in Lettland keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus und das Wachstum der Lohnstückkosten über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2,1 % im Jahr 2019 auf -5,6 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 4,9 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,3 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Externe Anfälligkeiten bestehen nach wie vor, es wurden aber Verbesserungen erzielt. Die Leistungsbilanz war 2019 geringfügig negativ, aber der NAVS verbesserte sich – vor allem vor dem Hintergrund ausländischer Direktinvestitionen und des gesamtstaatlichen Schuldenstands – weiter rasch. Künftig dürfte sich der NAVS weiter verbessern und die Leistungsbilanz einen Überschuss aufweisen.

    ·Die Lohnstückkosten sind 2019, angetrieben durch ein deutliches Lohnwachstum, weiter relativ stark gestiegen. Für 2020 wird jedoch angesichts der Auswirkungen der COVID-19-Krise ein Nachlassen des Lohnwachstums prognostiziert. Gleichzeitig blieb der reale effektive Wechselkurs nach einer kräftigen Aufwertung im Vorjahr weitgehend unverändert. Die Exportmarktanteile sind zum ersten Mal seit vier Jahren zurückgegangen.

    ·Die Verschuldung der Unternehmen und der privaten Haushalte ist weiter moderat, dürfte aber durch den Rückgang des BIP infolge der COVID-19-Krise zunehmen. Nachdem die Kreditvergabe an Nichtfinanzunternehmen 2019 gestiegen ist, dürfte sie 2020 erheblich sinken. Bei den Preisen für Wohnimmobilien war 2019 erneut ein kräftiges Wachstum zu verzeichnen, das nur knapp unter dem Schwellenwert lag, sich aber infolge der COVID-19-Krise verlangsamen dürfte.

    ·Der Bankensektor war zu Beginn der Krise finanziell solide, und sowohl die Eigenkapital- als auch die Liquiditätsquote lag über dem EU-Durchschnitt. Der Bestand notleidender Kredite ist zwar gering, dürfte aber steigen, sobald die in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen auslaufen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand sank 2019 weiter auf etwa 37 % des BIP, dürfte 2020 aber aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie und des BIP-Rückgangs steigen.

    In Lettland bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, obwohl Dynamiken im Zusammenhang mit dem Arbeitskräfteangebot und der Kostenwettbewerbsfähigkeit gewisse begrenzte Risiken mit sich brachten. Infolge der COVID-19-Krise nehmen sowohl die Spannung am Arbeitsmarkt als auch der Lohndruck vorübergehend ab. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

    LITAUEN: In der letzten MIP-Runde wurden in Litauen keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt der Indikator für das Wachstum der Lohnstückkosten über dem indikativen Schwellenwert.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 4,3 % im Jahr 2019 auf -2,2 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 4,8 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die externen Anfälligkeiten hielten sich in Grenzen, da der NAVS zwar negativ war, sich bis 2019 aber schrittweise verbessert hatte. Der NAVS ergibt sich vor allem aus den Beständen ausländischer Direktinvestitionen und dürfte sich 2020 und 2021 weiter verbessern. Die gesteigerten Ausfuhren von Verkehrsdienstleistungen haben die Handelsbilanz beträchtlich verbessert, sodass der Leistungsbilanzüberschuss im Jahr 2019 auf über 3 % stieg und auch 2020 und 2021 erheblich sein dürfte. Die Exportmarktanteile sind weiterhin kontinuierlich gestiegen.

    ·Die nominalen Lohnstückkosten haben sich seit 2016 rasch erhöht, was auf die angespannte Lage am Arbeitsmarkt und einige regulatorische Änderungen wie den recht starken Anstieg der Mindestlöhne und der Löhne im öffentlichen Sektor zurückzuführen ist. Die COVID-19-Pandemie dürfte 2020 die Löhne im privaten Sektor drücken und das Wachstum der nominalen Lohnstückkosten bremsen.

    ·Der Bankensektor weist eine hohe Rentabilität und eine leicht über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets liegende Eigenkapitalquote auf. Der Bestand an notleidenden Krediten geht zurück und ist insgesamt niedrig. Der gesamtstaatliche Schuldenstand nahm 2019 weiter ab, dürfte sich 2020 angesichts der COVID-19-Krise aber auf etwa 47 % des BIP erhöhen und 2021 weiter steigen.

    ·Vor der COVID-19-Pandemie war die Lage am Arbeitsmarkt bei einer Arbeitslosenquote von 6,3 % positiv. Die Arbeitslosenquote dürfte 2020 allerdings auf 8,9 % steigen und 2021 wieder zurückgehen.

    In Litauen bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, obwohl Dynamiken im Zusammenhang mit der Kostenwettbewerbsfähigkeit gewisse begrenzte Risiken mit sich brachten. In der COVID-19-Krise blieb die außenwirtschaftliche Position stabil und der Lohndruck nahm ab. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    LUXEMBURG: In der letzten MIP-Runde wurden in Luxemburg keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für das Wachstum der Lohnstückkosten, den Anstieg der Wohnimmobilienpreise und den Schuldenstand des privaten Sektors über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2,3 % im Jahr 2019 auf -4,5 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,9 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,3 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Externe Anfälligkeiten bieten nur begrenzt Anlass zur Sorge. Die Leistungsbilanz weist einen stabilen Überschuss auf, und der Nettoauslandsvermögensstatus ist deutlich positiv. Die Lohnstückkosten sind 2019 vor dem Hintergrund eines angespannten Arbeitsmarktes weiter recht stark gestiegen. 2020 dürfte das Wachstum der Lohnstückkosten im Kontext einer Lohndämpfung aufgrund der COVID-19-Krise verhalten ausfallen.

    ·Die Schuldenquote des privaten Sektors fällt mit 319 % des BIP sehr hoch aus; in ihr schlägt sich vor allem die hohe Unternehmensverschuldung nieder, die 2019 bei 250 % des BIP lag. Allerdings ist dieser hohe Wert hauptsächlich Ausdruck von Luxemburgs Rolle als globales Finanzzentrum und von grenzüberschreitenden konzerninternen Kreditvergaben. Der Schuldenstand der privaten Haushalte stabilisierte sich 2019 bei 66 % des BIP und liegt damit deutlich sowohl unter dem auf Fundamentaldaten beruhenden als auch unter dem aufsichtlichen Referenzwert; gemessen am verfügbaren Einkommen fällt er allerdings höher aus. Der Bestand der Hypothekarkredite nahm 2019 um 8 % zu, dabei weist die Hälfte der ausstehenden Kredite variable Zinssätze auf, wenngleich dieser Anteil stark rückläufig ist. Die Schuldenquote der privaten Haushalte dürfte 2020, insbesondere wegen des Einbruchs des BIP, zunehmen.

    ·Die Wohnimmobilienpreise stiegen 2019 weiter stark an und weisen Anzeichen einer Überbewertung auf. Auch für den Zeitraum 2020-2021 wird mit keiner deutlichen Abschwächung des Anstiegs der Wohnimmobilienpreise gerechnet. Auf der Angebotsseite gab es 2019 einen Rückgang beim Wohnungsbau, der zum preistreibenden Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage beitrug.

    ·Der Bankensektor ist gut kapitalisiert und liquide und blieb rentabel, wobei die Rentabilität jedoch unter dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets lag. Der Bestand notleidender Kredite ist sehr niedrig. Dennoch ist angesichts der Entwicklung der Wohnimmobilienpreise in Verbindung mit der Exponierung der Banken gegenüber Hypothekarkrediten und einer hohen Verschuldung der privaten Haushalte eine weitere Überwachung notwendig. Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist niedrig und dürfte 2021 auf etwa 25 % des BIP steigen.

    In Luxemburg bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, allerdings sind mit dem Anstieg der Wohnimmobilienpreise und der Verschuldung der privaten Haushalte gewisse Risiken verbunden. Die COVID-19-Krise sorgt für eine vorübergehende Verringerung des Preis- und Kostendrucks. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    UNGARN: In der letzten MIP-Runde wurden in Ungarn keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus, den Anstieg der Wohnimmobilienpreise, den öffentlichen Schuldenstand und den Anstieg der Verbindlichkeiten des Finanzsektors über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 4,6 % im Jahr 2019 auf -6,4 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 4 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 6,2 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Externe Anfälligkeiten bleiben bestehen, da der NAVS 2019 trotz kontinuierlicher Verbesserungen mit -44 % jenseits des auf Fundamentaldaten beruhenden Referenzwertes lag. Der NAVS wird sich den Prognosen zufolge 2020 und 2021 weiter verbessern. Die offiziellen Reserven befanden sich Anfang 2020 nahe dem Stand, der als aufsichtlicher Mindestwert angesehen wird. Die Leistungsbilanz fiel 2019 leicht defizitär aus und dürfte bis 2022 geringfügig negativ bleiben. Das Wachstum der Exportmarktanteile beschleunigte sich trotz einer sich verschlechternden Kostenwettbewerbsfähigkeit. Der Forint erfuhr 2020 eine beträchtliche Abwertung, was auf eine höhere Wettbewerbsfähigkeit hoffen lässt, aber auch die Anfälligkeit gegenüber Stimmungsumschwüngen auf den globalen Finanzmärkten widerspiegelt.

    ·Die Wohnimmobilienpreise und Kreditflüsse sind 2019 stark gestiegen, sodass Bedenken hinsichtlich einer Überbewertung aufkamen. Die COVID-19-Krise dürfte eine gewisse Preiskorrektur zur Folge haben.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand entwickelte sich 2019 rückläufig und sank auf etwa 65 % des BIP. Er dürfte 2020 angesichts des Ausmaßes der Rezession und der in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen um nahezu 13 Prozentpunkte steigen. Der Bruttofinanzierungsbedarf ist aufgrund der Höhe der Schulden und ihrer relativ kurzen Laufzeit besonders hoch. Zudem ist sowohl der gesamtstaatliche Schuldenstand als auch die Unternehmensverschuldung mit einem Fremdwährungsrisiko behaftet. Gleichzeitig macht die Offenheit der Wirtschaft das Inlandsprodukt und den Haushaltssaldo für Währungsschwankungen anfällig. Ein gewisser Anteil an auf Fremdwährungen lautende Schulden kann zur Absicherung gegen diese Exponierung beitragen.

    ·Der Bankensektor weist eine hohe Rentabilität auf, jedoch ist die Kernkapitalquote niedriger als in den meisten anderen EU-Ländern. Ein umfassendes Zahlungsmoratorium für Darlehensnehmer schützt die Banken vorübergehend vor möglichen Ausfällen. Dennoch bleibt der Anteil notleidender Kredite mit 4,3 % im Jahr 2019 relativ hoch und könnte nach Auslaufen des Moratoriums noch steigen. Geschäftsbanken halten ein erhebliches Volumen an staatlichen Schuldtiteln (entsprechend etwa 20 % des BIP).

    Insgesamt deutet die wirtschaftliche Analyse auf Probleme im Zusammenhang mit Kostendruck, der Exportstruktur, dem gesamtstaatlichen Schuldenstand und dem Markt für Wohnimmobilien hin. Infolge der COVID-19-Krise dürften sich die Probleme im Zusammenhang mit Kostendruck weiter abschwächen, wohingegen die mit der Wechselwirkung zwischen staatlichem Finanzbedarf und Außenfinanzierung verbundenen Risiken anscheinend gestiegen sind. Allerdings sind die Ungleichgewichte bei den Bestandsgrößen – bei einer bloßen Betrachtung ihres Volumens – nicht besonders hoch. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    MALTA: In der letzten MIP-Runde wurden in Malta keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt kein Indikator über dem indikativen Schwellenwert.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 4,9 % im Jahr 2019 auf -7,3 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 2,6 % weniger als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die Leistungsbilanz weist einen hohen Überschuss auf, der aber wegen des Rückgangs des Tourismus bis 2021 auf einen annähernd ausgeglichenen Wert sinken dürfte. Im stark positiven Nettoauslandsvermögensstatus schlägt sich die Stellung Maltas als internationales Finanzzentrum nieder. Die Lohnstückkosten sind in den letzten Jahren relativ rasch gestiegen.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors nahm 2019 leicht zu und näherte sich, angetrieben von einer andauernden starken Ausweitung der Kreditvergabe, die umfangreiche Investitionen in den Wohnungsbau ermöglichte, dem Scoreboard-Schwellenwert. Die Tendenzen im Baugewerbe dürften sich, unterstützt von einer vorübergehenden Senkung der Grunderwerbssteuern in den Jahren 2020 und 2021, fortsetzen. Günstige Arbeitsmarktbedingungen trugen in Verbindung mit niedrigen Zinssätzen zu einer Verschuldung der privaten Haushalte bei, die einer Überwachung bedarf. Der kontinuierliche Anstieg der Wohnimmobilienpreise setzte sich 2019 fort, wobei einiges auf eine Überbewertung hindeutete. Für 2020 wird jedoch angesichts der Auswirkungen der COVID-19-Krise ein vorübergehendes Nachlassen des Preisanstiegs prognostiziert.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand folgte bis 2019 einer abnehmenden Tendenz, dürfte jedoch 2020 infolge des COVID-19-Ausbruchs auf 60 % des BIP steigen. Der Bankensektor verzeichnete 2019 geringere Verbindlichkeiten und einen stabilen Bestand an notleidenden Krediten, und die laufende Überarbeitung des Rechtsrahmens für Insolvenzen dürfte die Widerstandsfähigkeit des Sektors steigern. Dennoch ist angesichts zunehmenden Ausrichtung der Bankportfolios auf den Immobiliensektor eine aufmerksame Überwachung angezeigt.

    ·Die Arbeitslosenquote fiel 2019, und die Erwerbsquote stieg weiter. Die Arbeitslosenquote dürfte infolge der COVID-19-Krise allerdings zunehmen.

    In Malta bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, allerdings sind mit dem hohen Leistungsbilanzsaldo und dem relativ dynamischen Wachstum der Wohnimmobilienpreise begrenzte Risiken verbunden. Mit der COVID-19-Krise hat der inländische Druck etwas nachgelassen, und die außenwirtschaftliche Position blieb stabil. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

    NIEDERLANDE: Im Februar 2020 stellte die Kommission in den Niederlanden makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere im Zusammenhang mit einer hohen Verschuldung des privaten Sektors und einem beträchtlichen Leistungsbilanzüberschuss. Im aktualisierten Scoreboard liegen die Indikatoren für den Leistungsbilanzüberschuss und den Schuldenstand des privaten Sektors über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf Investitionen, das Einkommen der privaten Haushalte, Renten, die Verschuldung des privaten Sektors und den Markt für Wohnimmobilien. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 weitere Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffenen, die das Rentensystem, Wohnbauinvestitionen, die Verringerung der Verschuldungsanreize für private Haushalte und die Einrichtung der Invest-NL betreffen.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,7 % im Jahr 2019 auf -5,3 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 2,2 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,1 % weniger als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen: 

    · Der Leistungsbilanzüberschuss schrumpfte von 10,8 % des BIP im Jahr 2018 auf 9,9 % im Jahr 2019 und dürfte 2020 weiter moderat abnehmen. Infolge der COVID-19-Krise fiel der Sparüberhang des Sektors Staat auf einen deutlich negativen Wert, dies dürfte aber durch einen fortgesetzten Anstieg bei den Ersparnisüberschüssen der privaten Haushalte und der Unternehmen weitgehend ausgeglichen werden. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass der Leistungsbilanzüberschuss hoch bleibt und deutlich über den auf Fundamentaldaten beruhenden Referenzwerten liegt.

    ·Der Schuldenstand des privaten Sektors, der 2019 etwa 230 % des BIP betrug, war vor der COVID-19-Krise im Abnehmen begriffen. Die Verschuldung der Unternehmen geht hauptsächlich auf konzerninterne Verbindlichkeiten multinationaler Unternehmen zurück. Der Schuldenstand der privaten Haushalte, der sich 2019 auf 100 % des BIP belief, rührt in erster Linie von Steuervergünstigungen für Hypothekarkredite und dem ineffizienten Funktionieren des Mietwohnungsmarktes her. Die Schuldenquote der privaten Haushalte dürfte ab 2020 wieder zunehmen. Eine steigende Arbeitslosenquote könnte die Rückzahlungskapazitäten der privaten Haushalte in Zukunft verringern. Die Wohnimmobilienpreise stiegen 2019 um 4,8 %, und es gibt Anzeichen für eine Überbewertung.

    ·Das Bankensystem ist bei niedrigen Beständen an notleidenden Krediten gut kapitalisiert und rentabel. Der gesamtstaatliche Schuldenstand wird 2020 den Prognosen zufolge auf etwa 64 % des BIP steigen und könnte in den nachfolgenden Jahren weiter wachsen.

    ·Der Arbeitsmarkt war vor der Krise angespannt wie nie zuvor. Infolge der Krise dürften sich die Arbeitsmarktbedingungen jedoch deutlich verschlechtern und vor allem Personen mit einer weniger guten Arbeitsmarktposition beeinträchtigen.

    Die Niederlande wiesen zu Beginn der COVID-19-Krise einen hohen, seit Langem bestehenden inländischen Ersparnisüberschuss auf, der mit einer hohen Verschuldung des privaten Sektors einherging. Der Ersparnisüberschuss dürfte aufgrund der Krise etwas zurückgehen, aber auf hohem Niveau bleiben, während die Schuldenquoten im privaten Sektor steigen dürften. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    ÖSTERREICH: In der letzten MIP-Runde wurden in Österreich keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt der Indikator für den öffentlichen Schuldenstand über dem indikativen Schwellenwert.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,4 % im Jahr 2019 auf -7,1 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 4,1 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,6 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die externen Anfälligkeiten halten sich weiterhin in Grenzen. Der Leistungsbilanzüberschuss nahm 2019 zu und näherte sich dem Wert von 3 % des BIP, dürfte aber 2020 etwas schrumpfen. Der Anstieg der Lohnstückkosten nahm 2019 moderat zu, hält sich aber weiter in Grenzen. Für 2020 wird – auch weil die Tarifverhandlungen für wichtige wirtschaftliche Sektoren vor dem Ausbruch der Krise stattfanden – nur eine begrenzte Lohndämpfung vorausgesagt.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors setzte ihren Abwärtstrend fort, da die Schuldenquote der privaten Haushalte stabil blieb und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 2019 Schulden abbauten. Hauptsächlich wegen des BIP-Rückgangs infolge des COVID-19-Ausbruchs wird für 2020 jedoch für beide ein Anstieg erwartet. 2021 dürfte sich dies aufgrund der angenommenen wirtschaftlichen Erholung teilweise umkehren. 

    ·Die realen Wohnimmobilienpreise tendierten weiter nach oben; 2019 beschleunigte sich der Preisanstieg ein wenig und die Anzeichen für eine Überbewertung mehrten sich. Für 2021 wird jedoch eine gewisse Preiskorrektur erwartet. Diese Preissteigerungen sollten zwar beobachtet werden, aber der Preisanstieg ist anscheinend nicht kreditgetrieben.

    ·Der Bankensektor ist insgesamt gut aufgestellt, um zur Eindämmung der Krisenfolgen beizutragen. Die Quote notleidender Kredite fiel 2019 weiter auf knapp über 2 %. Vor dem Hintergrund des kräftigen Wirtschaftswachstums und der laufenden Veräußerung von Vermögenswerten verstaatlichter Finanzinstitute setzte auch der gesamtstaatliche Schuldenstand seinen Abwärtstrend fort. Aufgrund der Krise dürfte er 2020 jedoch auf etwa 84 % des BIP und somit um fast 14 Prozentpunkte gegenüber seinem Stand von 2019 steigen.

    ·Die günstigeren makroökonomischen Bedingungen haben zu einer weiteren Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt beigetragen, obwohl für 2020 eine Zunahme der Arbeitslosigkeit infolge der Krise prognostiziert wird.

    In Österreich bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, auch wenn im Zusammenhang mit dem Wohnimmobilienmarkt einige Anfälligkeiten vorhanden waren. Infolge der COVID-19-Krise schwächt sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise ab, während der gesamtstaatliche Schuldenstand zunimmt. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    POLEN: In der letzten MIP-Runde wurden in Polen keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus und das Wachstum der Wohnimmobilienpreise über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 4,5 % im Jahr 2019 auf -3,6 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,3 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 5 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die externen Anfälligkeiten hielten sich in Grenzen, da der NAVS zwar negativ war, sich bis 2019 aber schrittweise verbessert hatte. Überdies ergibt er sich hauptsächlich aus den Beständen ausländischer Direktinvestitionen, und bei einem beträchtlichen Teil des Zustroms an ausländischen Direktinvestitionen handelt es sich um reinvestierte Gewinne. Der NAVS wird sich den Prognosen zufolge 2020 geringfügig, nämlich auf 49 % des BIP, verbessern und 2021 weiter, wenn auch langsamer, ansteigen. Der Leistungsbilanzsaldo fiel 2019 positiv aus, und für 2020 und 2021 werden ebenfalls Überschüsse erwartet.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors liegt weiter unter den aufsichtlichen Schwellenwerten und nahm 2019 ab. Sie dürfte 2020 stabil bleiben.

    ·Der Anstieg der Wohnimmobilienpreise beschleunigte sich 2019 ebenso wie die Zunahme der Hypothekarkredite. Die Preissteigerung bei Wohnimmobilien erreichte 2019 fast 7 %, dürfte sich im Zeitraum 2020-2021 aber verlangsamen. Die Risiken halten sich weiter in Grenzen, und es deutet nur wenig auf eine Überbewertung hin.

    ·Der Bankensektor ist allgemein gut aufgestellt, um die Folgen der Krise zu mildern. Zudem sank der Anteil notleidender Kredite 2019 auf eine immer noch recht hohe Quote von etwa 6 % und könnte infolge der COVID-19-Krise zukünftig wieder steigen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand nahm 2019 weiter ab, dürfte 2020 aber wegen der Maßnahmen gegen die Pandemie und des BIP-Rückgangs um 11 Prozentpunkte zunehmen und nahezu 60 % des BIP erreichen.

    ·Günstige makroökonomische Entwicklungen sorgten das ganze Jahr 2019 hindurch für weitere Verbesserungen am Arbeitsmarkt und eine Arbeitslosigkeit auf historisch niedrigem Niveau. Die COVID-19-Krise wird jedoch im Zeitraum 2020-2021 voraussichtlich wieder zu einem Anstieg führen.

    In Polen bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, obwohl aufgrund eines negativen Nettoauslandsvermögensstatus begrenzte Risiken bestanden. Die außenwirtschaftliche Position blieb in der COVID-19-Krise stabil. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    PORTUGAL: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Portugal makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere im Zusammenhang mit dem hohen Bestand an Nettoauslandsverbindlichkeiten, der Verschuldung des privaten Sektors und dem gesamtstaatlichen Schuldenstand sowie dem hohen Anteil notleidender Kredite vor dem Hintergrund eines niedrigen Produktivitätswachstums. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus, das Wachstum der Wohnimmobilienpreise, den Schuldenstand des privaten Sektors und den öffentlichen Schuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf haushaltspolitische Strukturreformen, das Unternehmensumfeld und notleidende Kredite. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 weitere Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffenen, die Bildung und Kompetenzen, Digitalisierung und die Verwaltungsgerichtsbarkeit betreffen.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2,2 % im Jahr 2019 auf -9,3 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 5,4 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,1 % weniger als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen: 

    · Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit bleibt wegen des hohen Bestandes an Nettoauslandsverbindlichkeiten und der Beeinträchtigungen des Tourismus aus dem Ausland durch COVID-19 anfällig. Die Leistungsbilanz, die 2019 annähernd ausgeglichen war, dürfte sich 2020 leicht verschlechtern. Der NAVS dürfte 2020 weiter ins Minus rutschen, wenn auch relativ langsam.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors setzte ihren Abwärtstrend fort und sank 2019 auf knapp über 150 % des BIP, dürfte mit der COVID-19-Krise aber wieder steigen. Im Unternehmenssektor herrschen drängende Liquiditätsengpässe, und es werden Regelungen für Kreditgarantien eingeführt. Der Bestand an notleidenden Krediten war zu Beginn der COVID-19-Krise relativ hoch, wenn auch im stetigen Rückgang begriffen, und die Solvenzrisiken dürften steigen, sobald die Moratorien für die Rückzahlung von Krediten auslaufen. 2020 dürfte die bereits hohe Schuldenquote der privaten Haushalte durch den Rückgang des BIP steigen und die Sparrate der Haushalte erheblich zunehmen.

    ·Das reale Wachstum der Wohnimmobilienpreise lag bis 2019 vier Jahre in Folge über dem indikativen Schwellenwert und deutete zunehmend auf eine Überbewertung hin. Für den Zeitraum 2020-2021 wird jedoch angesichts einer geringeren Marktnachfrage und höherer Bauvolumina ein deutliches Nachlassen des Preiswachstums erwartet.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand ist trotz einer kontinuierlichen abnehmenden Tendenz hoch und lag 2019 bei 117 % des BIP. Für 2020 wird angesichts der Maßnahmen gegen die Pandemie und des BIP-Rückgangs jedoch ein Anstieg um 18 Prozentpunkte prognostiziert.

    Portugal wies zu Beginn der COVID-19-Krise Schwachstellen durch eine hohe Verschuldung vor dem Hintergrund eines langsamen Produktivitätswachstums auf. Im Zuge der COVID-19-Krise ist die Schuldenquote in allen Sektoren gestiegen. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    RUMÄNIEN: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Rumänien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere Verluste bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit, eine sich verschlechternde außenwirtschaftliche Position und ein wachsendes Leistungsbilanzdefizit vor dem Hintergrund einer expansiven Fiskalpolitik und eines unberechenbaren Unternehmensumfelds. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für das Leistungsbilanzdefizit, den Nettoauslandsvermögensstatus (NAVS) und das Wachstum der Lohnstückkosten über den indikativen Schwellenwerten.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 beziehen sich weitgehend auf finanzpolitische Maßnahmen, die finanzielle Stabilität, die Kostenwettbewerbsfähigkeit und das Unternehmensumfeld. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 weitere Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffenen, die insbesondere den Bankensektor und – in geringerem Maße – den Mechanismus zur Festlegung des Mindestlohns betreffen.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 4,2 % im Jahr 2019 auf -5,2 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,3 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 3,6 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die außenwirtschaftliche Tragfähigkeit bleibt eine Schwachstelle, wobei der negative NAVS sich 2019 nicht weiter verbessert, sondern sich bei etwa -44 % des BIP stabilisiert hat. Der NAVS dürfte 2020 etwa auf diesem Niveau bleiben. Das Leistungsbilanzdefizit verschlechterte sich 2019 auf nahezu 5 % des BIP und wird den Prognosen zufolge 2020 und 2021 weiterhin auf einem beträchtlichen Niveau liegen.

    ·Die nominalen Lohnstückkosten sind 2019 durch den angespannten Arbeitsmarkt weiter stark gestiegen. Der Kostenwettbewerbsdruck dürfte angesichts der infolge der COVID-19-Krise verzeichneten Lohnzurückhaltung künftig sinken, obwohl das Horten von Arbeitskräften 2020 den Anstieg der Lohnstückkosten zusätzlich beschleunigte.

    ·Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird 2020 den Prognosen zufolge um mehr als 11 Prozentpunkte, nämlich auf etwa 47 % des BIP steigen, was auf die Auswirkungen der Krise aber auch auf den bereits zuvor verzeichneten stetigen Anstieg der laufenden Ausgaben zurückzuführen ist. Der gesamtstaatliche Schuldenstand wird 2021 voraussichtlich weiter deutlich steigen. Überdies lautet ein relativ großer Teil davon auf Fremdwährungen und unterliegt somit Wechselkursrisiken. Die Unberechenbarkeit der Politik bot in den Jahren 2019 und 2020 weiter durchgängig Anlass zur Sorge; dies gilt insbesondere für die Rechtsvorschriften mit Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

    ·Die Rentabilität des Bankensektors liegt zwar erheblich über dem EU-Durchschnitt, geht aber seit 2019 zurück. Obwohl der Anteil notleidender Kredite Anfang 2020 unter 4 % sank und das Jahr hindurch moderat bleiben dürfte, könnte er angesichts der COVID-19-Krise steigen. Die Verschuldung des privaten Sektors blieb gering, dürfte sich 2020 aber in mäßigem Umfang erhöhen.

    Rumänien wies zu Beginn der COVID-19-Krise Schwachstellen im Zusammenhang mit der Auslandsverschuldung, dem gesamtstaatlichen Schuldenstand, der Kostenwettbewerbsfähigkeit und einem unberechenbaren Unternehmensumfeld auf. Im Zuge der COVID-19-Krise sind die Schuldenquoten deutlich gestiegen, und die Haushaltslage hat sich verschlechtert. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar dieses Jahres festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    SLOWENIEN: In der letzten MIP-Runde wurden in Slowenien keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt der Indikator für den öffentlichen Schuldenstand über dem indikativen Schwellenwert.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 3,2 % im Jahr 2019 auf -7,1 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 5,1 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,3 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen: 

    · Der Leistungsbilanzüberschuss blieb 2019 mit fast 6 % des BIP hoch. Der Überschuss spiegelt hohe Ersparnisse der privaten Haushalte wider. 2020 und 2021 dürfte der Überschuss schrittweise abnehmen. Die Investitionen lagen 2019 etwa auf dem Niveau des Vorjahres und blieben gemessen an historischen Durchschnittswerten niedrig. Der Nettoauslandsvermögensstatus ist moderat negativ. Der Anstieg der Lohnstückkosten beschleunigte sich im Jahr 2019.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand sank 2019 weiter auf etwa 66 % des BIP, dürfte 2020 aber aufgrund der Krisenreaktionsmaßnahmen und des Wirtschaftsabschwungs auf ungefähr 82 % des BIP steigen. Die voraussichtlichen Kosten der Bevölkerungsalterung belasten zudem weiter die mittel- und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors nahm 2019 weiter ab, während die Kreditflüsse an den privaten Sektor nach wie vor positiv ausfielen. Das Wachstum der Wohnimmobilienpreise sank 2019 unter den Schwellenwert und dürfte im Zeitraum 2020-2021 aufgrund der COVID-19-Krise weiter nachlassen. Der Bankensektor befand sich zu Beginn der Krise in einer relativ starken Position mit einem niedrigen Bestand an notleidenden Krediten und einer geringen Verschuldung, wodurch die Auswirkungen der Krise im Sektor eingedämmt werden dürften.

    ·Der Arbeitsmarkt verbesserte sich 2019 weiter, wobei die Erwerbsquote einen historischen Höchststand erreichte und die Arbeitslosigkeit sehr niedrig war. Für 2020 wird eine Verschlechterung der Lage erwartet.

    Slowenien befand sich zu Beginn der COVID-19-Krise in einer starken Position ohne makroökonomische Ungleichgewichte, obwohl die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und die Entwicklung der Wohnimmobilienpreise begrenzte Risiken mit sich brachten. Im Zuge der COVID-19-Krise dürfte der gesamtstaatliche Schuldenstand steigen, der kräftige Leistungsbilanzüberschuss aber bestehen bleiben. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    SLOWAKEI: In der letzten MIP-Runde wurden in der Slowakei keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Nettoauslandsvermögensstatus, das Wachstum der Lohnstückkosten und das Wachstum der Wohnimmobilienpreise über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 2,3 % im Jahr 2019 auf -7,5 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 4,7 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 0,6 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Externe Anfälligkeiten sind trotz Verbesserungen nach wie vor ein Problem. Die Exportkonzentration und die Integration in globale Wertschöpfungsketten bleibt hoch. Der NAVS wies 2019 mit -66 % zwar einen stark negativen Wert auf, verbesserte sich jedoch im Laufe des Jahres schrittweise. Er dürfte sich 2020 und 2021 verschlechtern. Die Risiken halten sich in Grenzen, da ein Großteil der Auslandsverbindlichkeiten auf ausländischen Direktinvestitionen beruht. Das Leistungsbilanzdefizit erhöhte sich 2019 und dürfte 2020 weiter zunehmen.

    ·Die Entwicklungen bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit verdienen Aufmerksamkeit, da die Lohnstückkosten seit 2017 stetig gestiegen sind, was vor dem Hintergrund eines zunehmend angespannten Arbeitsmarkts und einer stärkeren Konvergenz in Richtung des EU-Durchschnitts durch ein starkes Lohnwachstum begünstigt wurde. Der reale effektive Wechselkurs hat sich im Laufe der Jahre leicht erhöht. Der Kostenwettbewerbsdruck könnte in den Jahren 2020 und 2021 im Kontext der COVID-19-Krise und des gedrückten Lohnwachstums nachlassen.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors und insbesondere die Verschuldung der privaten Haushalte sind über mehrere Jahre gestiegen, ihr Wachstum verlangsamt sich jedoch. Die Verschuldung der privaten Haushalte liegt weiter unter dem aufsichtlichen, aber über dem auf Fundamentaldaten beruhenden Schwellenwert und auf einem hohen Niveau verglichen mit anderen EU-Ländern in der Region.

    ·Die Preise für Wohnimmobilien stiegen rasch, das Wachstum betrug 2019 über 6 %. Der Wohnimmobilienmarkt weist einige Anzeichen für eine Überbewertung auf und trägt zur zunehmenden Verschuldung der privaten Haushalte bei. Im Zeitraum 2020-2021 dürfte sich der Anstieg der Wohnimmobilienpreise jedoch verlangsamen. Dies wird auch durch makroprudenzielle Maßnahmen der Nationalbank und einen Rückgang der Realeinkommen im Jahr 2020 unterstützt.

    ·Der Bankensektor ist gut kapitalisiert und weist eine Rentabilität über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets auf. Der Anteil der notleidenden Kredite fiel in den letzten Jahren deutlich und liegt unter dem EU-Durchschnitt, aber die Schwierigkeiten bei der Kreditbedienung könnten angesichts der Krise wachsen. Durch die Auswirkungen der Krise wird sich die gesamtstaatliche Schuldenquote 2020 auf über 60 % des BIP erhöhen.

    In der Slowakei bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, allerdings bestanden begrenzte Risiken im Zusammenhang mit der außenwirtschaftlichen Tragfähigkeit, dem inländischen Preisdruck und der Abhängigkeit von der Automobilindustrie. Infolge der COVID-19-Krise hat der inländische Preisdruck nachgelassen, und die außenwirtschaftliche Position hat sich leicht verschlechtert. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.

    FINNLAND: In der letzten MIP-Runde wurde in Finnland kein makroökonomisches Ungleichgewicht festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt der Indikator für den Schuldenstand des privaten Sektors über dem indikativen Schwellenwert.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,1 % im Jahr 2019 auf -4,3 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 2,9 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 1,7 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Was die außenwirtschaftliche Position anbelangt, so verkleinerte sich das Leistungsbilanzdefizit, während der Nettoauslandsvermögensstatus positiv ausfiel. Das Leistungsbilanzdefizit dürfte sich jedoch 2020 durch den Einbruch bei der Auslandsnachfrage erhöhen. Die Exportmarktanteile stiegen im vierten Jahr in Folge, sodass sich die kumulierten Einbußen aus der Vergangenheit weiter verringerten. Die Lohnstückkosten stiegen, aber der reale effektive Wechselkurs sank und milderte die Risiken für die Kostenwettbewerbsfähigkeit.

    ·Sowohl die Schuldenquote der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften als auch jene der privaten Haushalte blieb hoch und stieg leicht auf 82 % bzw. 66 % des BIP. Durch die günstigen Kreditbedingungen und die niedrigen Zinssätze beschleunigte sich 2019 das Kreditwachstum. Während die Verschuldung der privaten Haushalte sowohl über dem aufsichtlichen als auch über dem auf Fundamentaldaten beruhenden Schwellenwert liegt, ist der Schuldendienst sehr niedrig, wobei jedoch fast alle neuen Hypothekarkredite variable Zinssätze aufweisen. Angesichts der Maßnahmen gegen COVID-19 und des BIP-Rückgangs wird für 2020 mit einem weiteren Anstieg der Verschuldung gerechnet.

    ·Der Finanzsektor ist weiter gut kapitalisiert, und die Risiken für die finanzielle Stabilität sind gering, wenngleich erhebliche grenzübergreifende Risikopositionen, insbesondere gegenüber anderen nordischen Ländern, bestehen, die auf die relativ hohe Abhängigkeit des Finanzsektors von Refinanzierungen am Wholesale-Markt sowie die Verlegung des Hauptsitzes einer wichtigen Bank der Region nach Finnland zurückzuführen sind. Die Krise könnte zu einem höheren Anteil an notleidenden Krediten führen, doch wird dieser den Prognosen zufolge weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau liegen. 

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand sank 2019 weiter unter den Schwellenwert, da das BIP immer noch schneller wuchs als die Verschuldung. Allerdings dürfte der gesamtstaatliche Schuldenstand aufgrund der tiefen Rezession und der fiskalpolitischen Reaktion der Regierung auf die Krise im Jahr 2020 um über 10 Prozentpunkte auf etwa 70 % des BIP steigen. 2021 dürfte der gesamtstaatliche Schuldenstand stabil bleiben.

    ·Die Lage am Arbeitsmarkt verbesserte sich 2019 mit sinkenden Arbeitslosen- und Langzeitarbeitslosenquoten weiter. Gegenwärtigen Prognosen zufolge wird die Arbeitslosenquote 2020 auf 7,9 % ansteigen und 2021 wieder leicht zurückgehen.

    Finnland wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Verschuldung des privaten Sektors auf. Im Zuge der COVID-19-Krise nimmt die Verschuldung des privaten Sektors zu, die Risiken bleiben jedoch begrenzt. Insgesamt sieht die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse im Rahmen des MIP.



    SCHWEDEN: Im Februar 2020 stellte die Kommission in Schweden makroökonomische Ungleichgewichte fest, insbesondere angesichts der überbewerteten Preise für Wohnimmobilien und des damit verbundenen fortgesetzten Anstiegs der Verschuldung der privaten Haushalte. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegt der Indikator für den Schuldenstand des privaten Sektors über dem indikativen Schwellenwert.

    Die für das Verfahren bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht relevanten länderspezifischen Empfehlungen aus dem Jahr 2019 beziehen sich weitgehend auf das Funktionieren des Wohnimmobilienmarktes und die Verschuldung des privaten Sektors. Neben den erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wurden 2020 weitere Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichgewichte getroffenen, die den Markt für Mietwohnungen betreffen.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,3 % im Jahr 2019 auf -3,4 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,3 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 2,8 % mehr als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen:

    · Die außenwirtschaftliche Position ist nach wie vor solide. Der Leistungsbilanzüberschuss stieg 2019 auf über 4 % des BIP, während der bereits positive NAVS deutlich zunahm. 2020 dürfte der Leistungsbilanzüberschuss ähnlich hoch liegen.

    ·Der konsolidierte Schuldenstand des privaten Sektors erreichte 2019 einen neuen Höchststand von 204 % des BIP, wobei sowohl die Verschuldung der nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften als auch die der privaten Haushalte über den aufsichtlichen Schwellenwerten liegen. Der Schuldenstand der privaten Haushalte stieg auf den Höchstwert von 89 % des BIP. Die Vergabe von Hypothekarkrediten an private Haushalte stieg in der ersten Hälfte des Jahres 2020 trotz des starken Rückgangs der Wirtschaftstätigkeit weiter. Eine steigende Arbeitslosenquote könnte die Rückzahlungskapazitäten der privaten Haushalte in Zukunft verringern.

    ·Bei den Preisen für Wohnimmobilien, die Ende 2017 gesunken waren, setzte ab 2018 wieder eine Aufwärtstendenz ein, die auch von der COVID-19-Krise kaum unterbrochen wurde. Die Preise für Wohnimmobilien sind insgesamt nach wie vor hoch, es bestehen Risiken einer Überbewertung. Die Wohnimmobilienpreise und die Verschuldung der privaten Haushalte werden durch die günstige steuerliche Behandlung von Wohneigentum, sehr niedrige Hypothekenzinsen, spezifische Merkmale des Hypothekenmarktes sowie das begrenzte Angebot in die Höhe getrieben.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte daher 2020 beträchtlich steigen und sich 2021 – immer noch deutlich unter dem Schwellenwert von 60 % des BIP – stabilisieren. Der Finanzsektor befand sich zu Beginn der Krise in einer soliden Ausgangsposition und profitierte von vorgezogenen Unterstützungsmaßnahmen, insbesondere der Währungsbehörden. In Reaktion auf die Krise wurde die makroprudenzielle Regulierung vorübergehend gelockert.

    ·Politische Unterstützungsmaßnahmen wie vorübergehende Fazilitäten für Arbeitslose trugen dazu bei, die Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt abzufedern. Dennoch dürfte die Arbeitslosigkeit 2020 auf 8,8 % steigen.

    Schweden wies zu Beginn der COVID-19-Krise Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem Wohnimmobilienmarkt und der Verschuldung des privaten Sektors auf. In der COVID-19-Krise bestehen die Anfälligkeiten im Zusammenhang mit der Verschuldung der privaten Haushalte, mit Hypothekarkrediten und den Wohnimmobilienpreisen fort. Insgesamt hält es die Kommission auch unter Berücksichtigung der im Februar festgestellten Ungleichgewichte für angezeigt, eingehender zu überprüfen, ob die Ungleichgewichte fortbestehen oder abgebaut werden.

    VEREINIGTES KÖNIGREICH: In der vergangenen MIP-Runde wurden im Vereinigten Königreich keine makroökonomischen Ungleichgewichte festgestellt. Im aktualisierten Scoreboard, das Zahlen bis 2019 enthält, liegen die Indikatoren für den Schuldenstand des privaten Sektors und den öffentlichen Schuldenstand über den indikativen Schwellenwerten.

    Das reale BIP-Wachstum dürfte infolge der COVID-19-Krise erheblich, nämlich von 1,3 % im Jahr 2019 auf -10,3 % im Jahr 2020, einbrechen. Für 2021 wird ein reales Wachstum von 3,3 % prognostiziert, sodass das nominale BIP 3,9 % weniger als 2019 betragen dürfte.

    Zusammenfassend lässt sich eine Reihe maßgeblicher Entwicklungen feststellen: 

    · Die externen Anfälligkeiten nahmen angesichts eines beträchtlichen Leistungsbilanzdefizits und eines sich verschlechternden Nettoauslandsvermögensstatus zu. Das Leistungsbilanzdefizit vergrößerte sich 2019 auf über 4 % des BIP und verursachte einen Außenfinanzierungsbedarf des Vereinigten Königreichs. Das Leistungsbilanzdefizit wird den Prognosen zufolge in den kommenden Jahren etwas schrumpfen. Der NAVS verschlechterte sich 2019 weiter auf -26 % des BIP und liegt nun erheblich unter dem angesichts der zugrundliegenden Fundamentaldaten zu erwartenden Schwellenwert, jedoch nach wie vor über dem aufsichtlichen Schwellenwert. Zukünftig wird sich der NAVS voraussichtlich etwa auf diesem Niveau stabilisieren.

    ·Die Verschuldung des privaten Sektors nahm 2019 leicht ab. Vor allem die hohe Verschuldung der privaten Haushalte, die weiter über dem aufsichtlichen Schwellenwert liegt, erfordert, insbesondere angesichts der zu erwartenden negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Haushaltseinkommen, eine Überwachung. Die realen Wohnimmobilienpreise sanken 2019 um 0,3 %. Während die Wohnimmobilienpreise 2020 durch staatliche Maßnahmen gestützt wurden, sind künftig weitere Anpassungen zu erwarten.

    ·Der gesamtstaatliche Schuldenstand liegt weiter über dem Schwellenwert und dürfte 2020 infolge der staatlichen Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemiefolgen und infolge des BIP-Rückgangs auf über 100 % des BIP anwachsen.

    ·Der Bankensektor ist weiterhin rentabel und gut kapitalisiert, und der Bestand notleidender Kredite ist sehr niedrig. Die Exponierung des Bankensenktors auf dem Markt für Gewerbeimmobilien und die Auswirkungen des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion Ende 2020 bergen jedoch Risiken.

    ·Der Arbeitsmarkt blieb 2019 bei einer hohen Beschäftigung und einem Rekordtief bei der Arbeitslosigkeit robust, dürfte jedoch 2020 durch die Pandemie stark beeinträchtigt werden.

    Im Vereinigten Königreich bestanden zu Beginn der COVID-19-Krise keine festgestellten makroökonomischen Ungleichgewichte, allerdings bringen Probleme im Zusammenhang mit der außenwirtschaftlichen Position und der Verschuldung des privaten Sektors begrenzte Risiken mit sich. Im Zuge der COVID-19-Krise dürften die Schuldenquoten steigen und die externen Anfälligkeiten bestehen bleiben. Insgesamt wird die Kommission keine weitere eingehende Analyse im Rahmen des MIP vornehmen.





    (1)

     Das Vereinigte Königreich ist am 31. Januar 2020 auf der Grundlage des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (im Folgenden „Austrittsabkommen“, ABl. C 384 I vom 12.11.2019, S. 1) aus der Europäischen Union ausgetreten; bis zum Ende des Übergangszeitraums am 31. Dezember 2020 ist das Unionsrecht weiterhin auf das Vereinigte Königreich und in dessen Hoheitsgebiet anwendbar.

    (2)

    In der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 heißt es ausdrücklich, dass bei der Analyse im Rahmen des WMB bei Bedarf auf andere relevante Daten zurückgegriffen wird (Artikel 3 Absatz 2). Die Scoreboard-Daten sind in den Tabellen 1 und 2 am Ende dieses Berichts enthalten. Diesem Bericht ist ein statistischer Anhang beigefügt.

    (3)

     Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021 (COM(2020) 575 final), zu finden unter:  https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_20_1658

    (4)

    Für Mitgliedstaaten mit festgestellten Ungleichgewichten ist das spezifische Monitoring eine gezielte Überwachung der politischen Fortschritte beim Abbau von Ungleichgewichten, die zur Überwachung im Rahmen des Europäischen Semesters hinzukommt. In den Vorjahren wurde es im Herbst durchgeführt.

    (5)

    Für Mitgliedstaaten, bei denen im Februar Ungleichgewichte oder übermäßige Ungleichgewichte festgestellt wurden, werden in den länderspezifischen Anmerkungen des diesjährigen WMB (Abschnitt 5) auch die jüngsten MIP-relevanten länderspezifischen Empfehlungen und die von den jeweiligen Ländern zu ihrer Umsetzung ergriffenen Maßnahmen zusammengefasst.

    (6)

    Siehe „Europäisches Semester 2020: Bewertung der Fortschritte bei den Strukturreformen, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 – COM(2020) 150 final vom 26.2.2020. Auch Bulgarien wurde im Februar einer eingehenden Überprüfung unterzogen, die jedoch keine Ungleichgewichte mehr ergab.

    (7)

    Die Wechselwirkung zwischen den öffentlichen Finanzen und dem Außenhandelssektor sollte auch im Rahmen der für Rumänien vorgesehenen eingehenden Überprüfung analysiert werden.

    (8)

    Siehe https://ec.europa.eu/info/files/policy-measures-against-spread-coronavirus_en . Siehe auch Internationaler Währungsfonds, Fiscal Monitor, Oktober 2020.

    (9)

    Siehe Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook, Kapitel 2, Oktober 2020.

    (10)

    Europäische Kommission, europäische Wirtschaftsprognosen, Herbst 2020, Institutional Paper 136, November 2020.

    (11)

     Das Vereinigte Königreich ist in den Abbildungen in den folgenden Abschnitten nicht enthalten, da sie die Durchführung des MIP im Jahr 2021 und damit nach Ende des Übergangszeitraums zum Gegenstand haben.

    (12)

    Siehe auch EZB, Financial Stability Review, Mai 2020, Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Annual Economic Report, Juni 2020, und Internationaler Währungsfonds, Global Financial Stability Report, April 2020, Aktualisierung Juni 2020 und Oktober 2020.

    (13)

    Der Kommissionsindikator der wirtschaftlichen Einschätzung liegt trotz der Erholung derzeit immer noch unter seinem seit der Erholung von 2013 verzeichneten Durchschnitt, während sich der wichtigste Aktienindex im Euro-Währungsgebiet wieder auf Werte erholt hat, die seinem Durchschnitt für denselben Zeitraum ab 2013 ungefähr entsprechen. Siehe auch Internationaler Währungsfonds, Global Financial Stability Report, Aktualisierung Juni 2020 und Oktober 2020.

    (14)

    Im Bericht „Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas vollenden“ von Jean-Claude Juncker, Donald Tusk, Jeroen Dijsselbloem, Mario Draghi und Martin Schulz vom 22. Juni 2015 wurde vorgeschlagen, Auswirkungen von Ungleichgewichten auf das Euro-Währungsgebiet stärker zu berücksichtigen. Die Bedeutung von Wechselwirkungen und systemischen Auswirkungen von Ungleichgewichten wurde in der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 anerkannt, in der Ungleichgewichte definiert werden als „alle Trends, die zu makroökonomischen Entwicklungen führen, die sich nachteilig auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschaft eines Mitgliedstaats oder der Wirtschafts- und Währungsunion oder der Union insgesamt auswirken oder potenziell auswirken könnten“. Die in diesem Bericht enthaltene Analyse geht einher mit der Bewertung in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen „Analyse der Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet“, einem Begleitdokument zu der Empfehlung der Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets.

    (15)

    Der in Abbildung 3 wiedergegebene Oxford Stringency Index ist ein Aggregat aus acht Eindämmungsmaßnahmen und einer Gesundheitskomponente. Siehe T. Hale et al. (2020), „Variation in government responses to COVID-19“. BSG, Working Paper 32 (Version 8.0), Blavatnik School of Government, University of Oxford, Oktober.

    (16)

    Bei Berücksichtigung des Umfangs des Lockdowns, der Qualität der Institutionen und der Abhängigkeit vom Tourismus erscheint die Staatsverschuldung in einem Querschnitt von Determinanten für das Ausmaß der COVID-19-bedingten Rezession nicht signifikant. Diese Feststellung stützt die Auffassung, dass die Maßnahmen der Währungsbehörden zur Stützung der Anleihenmärkte wirksam verhindert haben, dass die Spannungen an den Anleihenmärkten die Rezessionen verschärfen. Siehe A. Sapir, „Why has COVID-19 hit different European Union economies so differently?“, Policy Contribution Issue Nr. 18, September 2020.

    (17)

    Die hier genannten und verwendeten Zahlen für die Leistungsbilanz des Euro-Währungsgebiets beziehen sich auf den „bereinigten“ Leistungsbilanzsaldo des Euro-Währungsgebiets gegenüber der übrigen Welt (aus der Zahlungsbilanzstatistik für das Euro-Währungsgebiet), der mit den von den von den Mitgliedstaaten gemeldeten Leistungsbilanzen gegenüber Partnern außerhalb des Euro-Währungsgebiets (nach dem sogenannten „Gemeinschaftskonzept“) im Einklang steht. Diese Zahl kann aufgrund von Asymmetrien bei den Salden innerhalb des Euro-Währungsgebiets, die von den verschiedenen nationalen statistischen Ämtern gemeldet werden, von der Summe der Gesamt-Leistungsbilanzsalden der Mitgliedstaaten abweichen.

    (18)

    Der IWF (External Sector Report 2020) geht für das Euro-Währungsgebiet von einem Leistungsbilanz-Standard von etwa 1,4 % des BIP aus.

    (19)

     Die Summe der in Deutschland und den Niederlanden verzeichneten Überschüsse ist höher als der Überschuss des Euro-Währungsgebiets, da einige Mitgliedstaaten 2019 Defizite verzeichneten; siehe auch Fußnote 17.

    (20)

    Zu den Überlegungen zum Aufbau des WMB-Scoreboards und seiner Auslegung siehe Europäische Kommission (2016) „The Macroeconomic Imbalance Procedure. Rationale, Process, Application: A Compendium“, European Economy, Institutional Paper 039, November 2016.

    (21)

    Zur Methodik für die länderspezifischen aufsichtlichen NAVS-Schwellenwerte siehe Fußnote 25.

    (22)

    Leistungsbilanzen, die mit den Fundamentaldaten im Einklang stehen (Leistungsbilanz-Standard), werden mittels Reduced-Form-Regressionen ermittelt, die die wichtigsten Determinanten für den Saldo aus Ersparnissen und Investitionen erfassen, einschließlich fundamentaler Determinanten, politischer Faktoren und der globalen finanziellen Bedingungen. Zur Beschreibung der Methodik für die Berechnung der auf Fundamentaldaten basierenden Leistungsbilanz, die in diesem WMB verwendet wurde, siehe L. Coutinho et al. (2018), „Methodologies for the assessment of current account benchmarks“, European Economy, Diskussionspapier 86, 2018; die Methodik ist verwandt mit der von S. Phillips et al. (2013), „The External Balance Assessment (EBA) Methodology“, IWF-Arbeitspapier, 13/272.

    (23)

    Konjunkturbereinigte Leistungsbilanzsalden tragen den Auswirkungen des Konjunkturzyklus durch Anpassung um die inländische Produktionslücke und die der Handelspartner Rechnung, siehe M. Salto und A. Turrini (2010), „Comparing alternative methodologies for real exchange rate assessment“, European Economy, Diskussionspapier 427/2010.

    (24)

    Das hohe Defizit Irlands im Jahr 2019 ist auf einmalige Effekte im Zusammenhang mit der Tätigkeit multinationaler Unternehmen zurückzuführen. Wie groß die Lücke zwischen der tatsächlichen Leistungsbilanz und der Leistungsbilanz ist, die erforderlich wäre, um den NAVS zu stabilisieren, hängt maßgeblich davon ab, welcher Zeithorizont betrachtet wird. So würde z. B. bei einem Zeithorizont von 20 Jahren ein Leistungsbilanzüberschuss von 1,7 % des BIP benötigt, um Griechenlands NAVS oberhalb des aufsichtlichen NAVS-Schwellenwerts zu stabilisieren, während bei einem Zeithorizont von 10 Jahren ein Überschuss von 7,7 % des BIP erforderlich wäre.

    (25)

    Die gemäß den Fundamentaldaten zu erwartenden NAVS (NAVS-Standards) werden durch zeitliche Kumulation der Leistungsbilanz-Standards ermittelt (siehe auch Fußnote 22). Die aufsichtlichen NAVS-Schwellenwerte werden mit Blick auf die Maximierung der Eignung für die Vorhersage von Zahlungsbilanzkrisen unter Berücksichtigung der nach Pro-Kopf-Einkommen zusammengefassten länderspezifischen Informationen bestimmt. Zur Methodik für die Berechnung des NAVS nach Fundamentaldaten siehe A. Turrini und S. Zeugner (2019), „Benchmarks for Net International Investment Positions“, European Economy, Diskussionspapier 097/2019.

    (26)

     NAIOA ist ein Teilbereich des NAVS, der unter Abstraktion von dessen reinen Kapitalkomponenten, d. h. ADI-Kapital und -Beteiligungen („ADI“ steht für „ausländische Direktinvestitionen“), und von unternehmensinternen grenzüberschreitenden ADI-Schulden den NAVS ausschließlich Instrumenten ohne Ausfallsrisiko darstellt. Siehe auch Europäische Kommission, „Envisaged revision of selected auxiliary indicators of the MIP scoreboard“, technische Anmerkung; https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/economic-and-fiscal-policy-coordination/eu-economic-governance-monitoring-prevention-correction/macroeconomic-imbalance-procedure/scoreboard_en .

    (27)

    Die Verschlechterung des NAVS von Griechenland im Jahr 2019 hängt größtenteils mit negativen Bewertungseffekten zusammen.

    (28)

    Die 10 EU-Mitgliedstaaten, in denen es bereits vor dem COVID-Ausbruch Kurzarbeitsregelungen gab, passten ihre Regelungen in Anbetracht der COVID-Schocks entsprechend an. In anderen Ländern wurden ad hoc ähnliche Maßnahmen eingeführt (siehe auch Kasten 2 sowie Europäische Kommission (2020), Labour Market and Wage Developments in Europe 2020 (noch nicht veröffentlicht)). Zur Finanzierung solcher Regelung kann auf das von der Kommission bereitgestellte Instrument SURE zurückgegriffen werden.

    (29)

    In Ländern, in denen die Einkommensunterstützung nicht als Arbeitseinkommen, sondern als staatlicher Transfer eingestuft wird, erscheint der Rückgang der Löhne und Gehälter höher.

    (30)

    Im Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets war die Veränderung der Zahl der geleisteten Gesamtarbeitsstunden im ersten Halbjahr 2020 zu rund 75 % der Verringerung der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden zuzuschreiben und der verbleibende Teil der geringeren Beschäftigung. Siehe Wirtschaftsbericht der EZB, Ausgabe 6/2020.

    (31)

    Botelho V., A. Consolo und A. Dias da Silva (2020), Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Arbeitsmarkt im Euro-Währungsgebiet – eine vorläufige Einschätzung, Wirtschaftsbericht der EZB, Ausgabe 5/2020 , Europäische Zentralbank. OECD (2020), Policy Responses to Coronavirus (COVID-19) – Job retention schemes during the COVID-19 lockdown and beyond, 3. August 2020, https://www.oecd.org/coronavirus/policy-responses/job-retention-schemes-during-the-covid-19-lockdown-and-beyond-0853ba1d/#biblio-d1e2009 .

    (32)

    Wenngleich die Margenverengung verhindert, dass die Handelsbedingungen durch die Kostenwettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werden, sodass die Auswirkungen auf die Handelsströme in durch Produktdifferenzierung und Pricing-to-Market gekennzeichneten Wirtschaftszweigen begrenzt sind, würde eine anhaltende verringerte Rentabilität im Laufe der Zeit eine Kontraktion des Sektors der handelbaren Güter bewirken.

    (33)

    Die Methode zur Berechnung dieser fundamentaldatenbasierten Referenzwerte beruht auf dem am 15. Juni 2020 der EPC-Arbeitsgruppe LIME vorgelegten Vermerk mit dem Titel „Benchmarks for the assessment of real effective exchange rates“ (Benchmarks für die Bewertung der realen effektiven Wechselkurse).

    (34)

    Die Europäische Kommission hat in Zusammenarbeit mit der EPC-Arbeitsgruppe LIME länderspezifische Schulden-Referenzwerte entwickelt: Europäische Kommission, „Benchmarks for the assessment of private debt“, Vermerk für den Ausschuss für Wirtschaftspolitik (EPC), ARES(2017) 4970814, und J.-C. Bricongne, L. Coutinho, A. Turrini und S. Zeugner, „Is Private Debt Excessive?“, Open Economies Review, 3, 471-512, 2020. Auf Fundamentaldaten basierte Referenzwerte ermöglichen die Bewertung der privaten Verschuldung anhand von Werten, die sich durch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten erklären lassen und aus Regressionen abgeleitet werden, die die wichtigsten Determinanten des Kreditwachstums erfassen und einen bestimmten Ausgangsschuldenstand berücksichtigen. Die aufsichtlichen Schwellenwerte stellen den Schuldenstand dar, bei dessen Überschreitung die Wahrscheinlichkeit einer Bankenkrise relativ hoch ist; diese Werte beruhen auf der Maximierung der Eignung für die Vorhersage von Bankenkrisen durch Minimierung der Wahrscheinlichkeit von nicht angezeigten Krisen und Fehlalarmen unter Einbeziehung länderspezifischer Informationen über die Eigenkapitalausstattung der Banken, den gesamtstaatlichen Schuldenstand und den Stand der wirtschaftlichen Entwicklung.

    (35)

    EZB (2020): The euro area bank lending survey – Second quarter of 2020, Juli 2020.

    (36)

    Die Bewertungslücken bei den Wohnimmobilienpreisen werden unter Bezugnahme auf Referenzwerte berechnet, damit der Effekt der länderspezifischen Wohnimmobilienpreise erfasst werden kann. Die Bewertungslücken werden anhand der Abweichungen bei verschiedenen Referenzwerten ermittelt: i) Abweichung des Preis-Einkommen-Verhältnisses von seinem langfristigen Durchschnitt; ii) Abweichung des Preis-Miete-Verhältnisses von seinem langfristigen Durchschnitt; iii) Abweichung von regressionsbasierten Referenzwerten unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Eckdaten zu Angebot und Nachfrage (siehe N. Philiponnet und A. Turrini (2017), „Assessing House Price Developments in the EU“, Diskussionspapier der Europäischen Kommission 048, Mai 2017). Bei der Berechnung der regressionsbasierten Referenzwerte werden erklärende Konjunkturvariablen mittels HP-Filter aufbereitet, um ihre Volatilität zu begrenzen.

    (37)

    Schätzungen des Preisniveaus basieren auf Daten von Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen und Volkszählungen oder, falls keine verfügbar sind, auf Daten, die auf Websites von Immobilienmaklern veröffentlicht werden. Siehe J.C. Bricongne et al. (2019), „Assessing House Prices: Insights from ‚Houselev‘, a Dataset of Price Level Estimates“, European Economy, Diskussionspapier 101, Juli 2019.

    (38)

    Die vierteljährliche Entwicklung der deflationierten Wohnimmobilienpreise kann durch saisonale Faktoren beeinflusst sein. Dies gilt insbesondere für Rumänien aufgrund der Saisonabhängigkeit des verwendeten Deflators, des Deflators der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen für private Konsumausgaben. Aktuelle Daten auf der Grundlage des Index für Wohnimmobilienpreise (Valueguard HOX) deuten darauf hin, dass die nominalen Wohnimmobilienpreise in Schweden im September 2020 im Jahresvergleich um 8,9 % gestiegen sind.

    (39)

    Diese Schätzungen ergeben sich aus einer nach Regionen geschichteten Zufallsstichprobe für Häuser und Wohnungen mit einer Größe von maximal 600 qm. Die Daten sind der Immobilienplattform Idealista.com entnommen. Der ursprüngliche Stichprobenumfang betrug rund 1700-2000 Immobilien pro Land. Die Stichprobenzusammensetzung ist dynamisch, da einige Immobilien nicht mehr verfügbar sind und neue Immobilien hinzukommen. Von April bis September 2020 wurde der mediane Quadratmeterpreis beobachtet, wobei in den drei untersuchten Ländern ein deutlicher Abwärtstrend zu erkennen war.

    (40)

    Bei den Prognosen zur Wohnimmobilienpreisentwicklung handelt es sich um Prognosen der Kommissionsdienststellen, die im Rahmen eines Fehlerberichtigungsmodells erstellt wurden. Als erklärende Variablen wurden verwendet: Bevölkerung, verfügbares Einkommen, Wohnimmobilienbestand, langfristige Zinsen, Preisdeflator der privaten Konsumausgaben sowie Restbetrag aus dem geschätzten Kointegrationsverhältnis.

    (41)

    Im September 2019 gab der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) länderspezifische Empfehlungen bzw. Warnungen zu mittelfristigen Anfälligkeiten im Wohnimmobiliensektor für neun Mitgliedstaaten heraus: Empfehlungen für Belgien, Dänemark, Finnland, Luxemburg, die Niederlande und Schweden sowie Warnungen für Deutschland, Frankreich und Tschechien. Für alle Länder der erstgenannten Gruppe sowie Österreich hatte der ESRB im November 2016 Warnungen ausgesprochen. In der MIP-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 1176/2011) wird die Kommission aufgefordert, etwaigen Warnungen oder Empfehlungen des ESRB an Mitgliedstaaten, die Gegenstand einer eingehenden Überprüfung sind, Rechnung zu tragen.

    (42)

    „Notleidende Kredite“ (NPL) sind einer der Scoreboard-Hilfsindikatoren, definiert als der Bruttowert der gesamten notleidenden Kredite und Forderungen in Prozent des Bruttowerts der gesamten Kredite und Forderungen (Bruttobuchwert) für den Sektor „inländische Bankengruppen und eigenständige Banken, kontrollierte ausländische Tochterunternehmen und kontrollierte ausländische Zweigstellen, sämtliche Institute“. Die Werte sind in Tabelle 2.1 des Anhangs angegeben. Harmonisierte Daten zu den NPL-Quoten stehen erst seit 2014 zur Verfügung. Die Daten für 2008 und zum „Anstieg auf Höchstwert“ in Abbildung 29 beziehen sich deshalb auf den Anteil der notleidenden Schuldtitel (brutto) an den gesamten Schuldtiteln (brutto), der seit längerer Zeit durchgängig verfügbar ist und neben Krediten auch andere von Banken gehaltene Schuldtitel umfasst. Dieser Wert ist in der Regel etwas niedriger als die NPL-Quote, was vor allem auf den größeren Nenner zurückzuführen ist (der Bruttowert der gesamten Schuldtitel ist größer als der der gesamten Kredite). Der Unterschied zwischen den beiden Quoten beträgt gegenwärtig höchstens 4 Prozentpunkte (bei Griechenland) und bei den meisten Mitgliedstaaten weniger als 1 Prozentpunkt.

    (43)

    Angaben zu einem aktuellen Stresstest der EZB, bei dem der Eigenkapitalverlust für den Bankensektor des Euro-Währungsgebiets in Alternativszenarien geschätzt wird, sind abrufbar unter https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ssm.pr200728~7df9502348.en.html .

    (44)

    Quelle: EBA-Risikodashboard, Q2 2020.

    (45)

    Der NPL-Anteil im Euro-Währungsgebiet könnte zwischen Dezember 2019 und 2021 um 1,7 bis 2,3 Prozentpunkte steigen. In: Allianz Research, European Banks – Could Eur 300 bn of Additional NPLs Crunch the Recovery in Europe?, Juli 2020.

    (46)

    EZB, Financial Stability Review, Mai 2020. EBA, The EU Banking Sector: First Insight into the Covid-19 Impacts, Thematic Note EBA/REP/2020/17.

    (47)

     EIOPA (2020): Financial Stability Report, Juli 2020.

    (48)

     Gewichteter Durchschnitt der 25 Mitgliedstaaten, für die die Daten bis zum 23. Oktober 2020 vorlagen. Der Indikator Von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Personen (AROPE) umfasst den Anteil der Personen, die nach mindestens einem der drei folgenden sozialen Indikatoren besonders gefährdet sind: 1) Die Armutsgefährdungsquote (AROP) misst die monetäre Armut anhand der nationalen Einkommensverteilung; die Quote gibt an, welcher Anteil der Bevölkerung mit einem verfügbaren Äquivalenzeinkommen von weniger als 60 % des entsprechenden nationalen Medianeinkommens auskommen muss. 2) Die erhebliche materielle Deprivation wird anhand von Indikatoren im Zusammenhang mit einem Mangel an Ressourcen gemessen und gibt an, auf welchen Anteil der Bevölkerung mindestens vier von neun Merkmalen für Deprivation (d. h. die Unmöglichkeit, bestimmte Arten von Ausgaben zu bestreiten) zutreffen. 3) Als in Haushalten mit sehr niedriger Erwerbstätigkeit lebend gelten Personen zwischen 0 und 59 Jahren, die in Haushalten leben, in denen die Erwachsenen (18 bis 59 Jahre) im vorangegangenen Jahr weniger als 20 % ihres Erwerbspotenzials ausgeschöpft haben.

    (49)

    Europäische Kommission (2020), Labour Market and Wage Developments in Europe 2020 (im Erscheinen). Länder mit bestehenden Kurzarbeitsregelungen: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien.

    (50)

    Siehe Basso, G., et al. (2020), „The new hazardous jobs and worker reallocation“, OECD Social, Employment and Migration Working Papers, Nr. 247, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/400cf397-en.

    (51)

    Die Wechselwirkung zwischen den öffentlichen Finanzen und dem Außenhandelssektor sollte auch im Rahmen der für Rumänien vorgesehenen eingehenden Überprüfung analysiert werden.

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