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Document 52016XG0614(04)

Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Rolle des Jugendsektors bei einem integrierten und bereichsübergreifenden Ansatz zur Prävention und Bekämpfung der in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung junger Menschen

ABl. C 213 vom 14.6.2016, p. 1–5 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

14.6.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 213/1


Schlussfolgerungen des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten zur Rolle des Jugendsektors bei einem integrierten und bereichsübergreifenden Ansatz zur Prävention und Bekämpfung der in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung junger Menschen

(2016/C 213/01)

DER RAT UND DIE VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN

UNTER HINWEIS AUF

1.

den in der Anlage zu diesen Schlussfolgerungen dargelegten politischen Hintergrund dieser Thematik;

IN ANERKENNUNG FOLGENDER UMSTÄNDE:

2.

Junge Menschen stellen mit ihren Werten und Einstellungen, Fähigkeiten und Kompetenzen ein großes Potenzial für unsere Gesellschaften dar. Durch die ständigen Veränderungen und gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen erhalten gemeinsame demokratische Werte, die soziale Inklusion junger Menschen und bürgerschaftliches Engagement eine noch größere Bedeutung.

3.

Die jüngsten Terroranschläge in Belgien, Frankreich und Dänemark und ähnliche Gräueltaten in Europa in der Vergangenheit sowie die Zunahme von Hassreden und -verbrechen (1), Propaganda und gewaltbereiter Fremdenfeindlichkeit in Europa zeigen, dass dringend alle Sektoren der Gesellschaft, auch der Jugendsektor, einen Beitrag dazu leisten müssen, in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung zu bekämpfen (2) und die soziale Stabilität sowie ein positives und sicheres Umfeld für das Heranwachsen aufrechtzuerhalten.

4.

Während in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung auf mehreren Ebenen angegangen und bekämpft werden muss, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Bedrohung und die Gefahren, die sie für junge Menschen darstellt, durch frühe und wirksame Interventionsmaßnahmen unter Berücksichtigung der kulturellen Vielfalt der jungen Menschen erkannt, verhindert und bekämpft werden.

5.

Die Identitätsentwicklung kann durch zahlreiche Faktoren beeinflusst werden, wie z. B. vielfältige Probleme im familiären Hintergrund, Altersgenossen, Internet und soziale Medien, das politische Umfeld und die Stellung von Gruppen junger Menschen in der Gesellschaft, die oft mit Diskriminierung, Erniedrigung, Ausgrenzung, Ungerechtigkeit, Perspektivlosigkeit und einem Gefühl der Frustration konfrontiert sind, was zu in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung führen kann.

6.

Eltern, Geschwister, Altersgenossen und andere relevante Akteure (3) sind entscheidend für die Förderung einer positiven Identitätsentwicklung. Dazu können interkulturelles Bewusstsein und Respekt für andere, eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft, aber auch Aspekte von Spiritualität, Religion oder Glauben gehören, und sie umfasst die Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls, das als Gegengewicht zu den Informationen und extremistischen Ansichten, denen junge Menschen ausgesetzt sein können, erforderlich ist.

7.

Junge Menschen sollten zu Selbstreflexion ermutigt werden, zur Entwicklung von Empathie, zu kritischem Denken, zum Leben mit Herausforderungen und Unwägbarkeiten und zum Umgang mit Situationen und Gefühlen, die ihnen Unbehagen bereiten, damit sie widerstandsfähiger werden und konstruktive Beziehungen über soziale Gruppen hinweg führen können.

8.

Junge Menschen müssen ein Verständnis von Demokratie, Gleichheit, Achtung der Menschenwürde, Menschenrechten, Pluralismus und Vielfalt haben und ein Bewusstsein für diese Themen entwickeln sowie über Medien- und Informationskompetenz verfügen. Dies trägt zu kritischem Denken sowie zum Bewusstsein und zur Kenntnis darüber bei, wie Informationen verzerrt sein und von gewaltbereiten Extremistengruppen ausgenutzt werden können, um ihre Propaganda zu verbreiten.

9.

Maßnahmen zur Prävention von zu Gewaltbereitschaft führender Radikalisierung sollten nicht zur Stigmatisierung oder Diskriminierung von Gruppen junger Menschen oder zu Fremdenfeindlichkeit gegen solche Gruppen führen.

UNTER HERVORHEBUNG FOLGENDER ASPEKTE:

10.

Jugendarbeit ist eine Dienstleistung, eine Methode und ein Werkzeug, die zugänglich und auf die Erreichung der Zielgruppe ausgelegt sind und mit denen auf eine positive Identitätsentwicklung für alle jungen Menschen abgezielt wird; sie bietet ein nichtformales und informelles Umfeld für die Entwicklung von Werten, Fähigkeiten, Kompetenzen, Talenten und einer offenen Geisteshaltung und soll die jungen Menschen auch in die Lage versetzen, die Gefahren zu erkennen und zu bewältigen, denen sie ausgesetzt sein könnten, einschließlich in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung.

11.

Jugendarbeit zeichnet sich durch einen breiten und ganzheitlichen Ansatz, die aktive Einbeziehung junger Menschen und die Zusammenarbeit mit Einzelnen und mit Gruppen junger Menschen aus, damit Lösungen für ihre Fragen und Probleme gefunden werden. Auf diese Weise bietet Jugendarbeit ein sicheres Umfeld, in dem junge Menschen heranwachsen, eine Identität aufbauen, ein Zugehörigkeitsgefühl entfalten und positiven Einflüssen von Altersgenossen ausgesetzt sein können, und sie könnte negativen Druck von Altersgenossen, der zu in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung führt, verhindern.

12.

Der Jugendsektor kann, in Zusammenarbeit mit dem Bildungssektor und anderen relevanten Sektoren und Akteuren, eine entscheidende Rolle bei einem integrierten und bereichsübergreifenden Ansatz zur Bekämpfung der in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung — insbesondere in ihrer frühen Phase — spielen, indem er junge Menschen in ihrer Entwicklung und ihrem Handeln unterstützt, demokratische und pluralistische Grundsätze, Inklusion und bürgerschaftliches Engagement fördert und gegen negative Faktoren wie Diskriminierung und Perspektivlosigkeit angeht, die das Leben junger Menschen beeinflussen.

UNTER HINWEIS AUF FOLGENDES:

13.

Aufgrund der verschiedenen zu berücksichtigenden Elemente, der Komplexität von in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung und ihrer tief greifenden Auswirkungen auf die Gesellschaft ist ein integrierter und bereichsübergreifender Ansatz auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene erforderlich. Dieser Ansatz bezieht verschiedene Sektoren und Akteure mit ein, einschließlich der Jugendarbeit, jugendgeführter Organisation und Bildung.

14.

In einem integrierten und sektorübergreifenden Ansatz sollten Jugendpolitik und Jugendarbeit mit Schwerpunkt auf einem sicheren und inklusiven Umfeld, informellem und nichtformalem Lernen sowie Prävention an die Strategien, Werkzeuge und Tätigkeiten anderer einschlägiger Sektoren wie frühzeitige Erkennung, wirksame Intervention und Bekämpfung von in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung angeglichen werden. Auf diese Weise kann ein kohärenter, strukturierter Ansatz mit gegenseitiger Abstimmung und Unterstützung in Bezug auf junge Menschen, deren Altersgenossen, Familien und soziale Netze erreicht werden.

15.

Ein solcher Ansatz sollte auch bedeuten, dass je nach Grad der Radikalisierung unterschiedliche Strategien angewandt werden: von allgemeinen Präventionsstrategien (4) in den frühen Phasen der Radikalisierung bis zu einem gezielteren Ansatz, der auf spezifische Gruppen oder Einzelne ausgerichtet ist, bei denen eine in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung tatsächlich stattfindet. Damit wird die zentrale Rolle der Jugendarbeit als ein Teil des sektorübergreifenden Ansatzes ergänzt, die darin besteht, jungen Menschen dabei zu helfen, ihren Weg in der Gesellschaft zu finden und sie vor den Gefahren des gewaltbereiten Extremismus zu schützen.

FORDERN DIE MITGLIEDSTAATEN DAHER AUF, UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DES SUBSIDIARITÄTSPRINZIPS

16.

einen integrierten und sektorübergreifenden Ansatz auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene auszuarbeiten, um alle jungen Menschen zu erreichen, die anfällig für eine in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung sein könnten, und zwar durch

a)

die Förderung einer wirksamen und gut abgestimmten Zusammenarbeit zwischen dem Jugendsektor und dem Bildungssektor sowie anderen relevanten Sektoren und durch die Entwicklung gemeinsamer Instrumente und Maßnahmen und den Austausch bewährter Vorgehensweisen (5) im Umgang mit Fällen von in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung;

b)

Erforschung und Förderung der Rolle, die Jugendarbeit als Partner in Koalitionen und Netzwerken auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene spielen kann, um eine starke Basis zur Unterstützung der Entwicklung junger Menschen, einschließlich ihrer Widerstandsfähigkeit, und der Stärkung von Schutzfaktoren zu bilden;

17.

den Jugendsektor gegebenenfalls zu würdigen und zu stärken in Bezug auf

a)

seine Rolle bei der Unterstützung junger Menschen auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben und zu einem Platz in der Gesellschaft und bei der Schaffung eines sicheren und inklusiven Umfelds, in dem junge Menschen ihre Identität entwickeln können, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der Entwicklung ihrer spirituellen oder kulturellen und religiösen Identität;

b)

seine Rolle bei der Förderung demokratischer Werte und des bürgerschaftlichen Engagements durch die verschiedenen Formen der praktischen Jugendarbeit, bei der Förderung der Achtung der kulturellen Vielfalt durch einen interkulturellen, interreligiösen und generationsübergreifenden Dialog und beim Vorgehen gegen alle Arten von Diskriminierung;

c)

das Erreichen von Einzelnen und von Gruppen junger Menschen, bei denen die Gefahr einer in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung und einer Ausgrenzung aus der Gesellschaft besteht, und die Unterstützung und Einbeziehung junger Menschen in Peer-to-Peer-Tätigkeiten;

d)

das Erreichen junger Menschen im Hinblick auf die Untergrabung und Anfechtung bestehender gewaltbereiter extremistischer Ideologien und auf die Schaffung eines Gegengewichts dazu durch attraktive, gewaltfreie Alternativen über das Internet und die sozialen Medien (6);

e)

die Förderung der Aus- und Weiterbildung von Jugendarbeitern und die Ausweitung ihrer Kompetenzen, damit sie in der Lage sind, Fragen im Zusammenhang mit in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung zu erkennen sowie Propaganda, Rhetorik und Verhaltensweisen, die mit in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung in Zusammenhang stehen könnten, auszumachen und ihnen entgegenzuwirken;

f)

die Unterstützung junger Menschen beim Ausbau ihrer Medien- und Informationskompetenz und des kritischen Denkens mittels eines sektorübergreifenden Ansatzes, beispielsweise durch die Zusammenarbeit des Sektors Jugendarbeit mit Schulen oder lokalen Zentren, was dazu beitragen kann, die Anwerbung dieser jungen Menschen für gewalttätige Aktivitäten durch den Einfluss von Altersgenossen und durch soziale Medien zu verhindern;

g)

die Förderung des Engagements der Zivilgesellschaft;

h)

seine Fähigkeit zur Erfüllung seiner Rolle durch besseres Bewusstsein sowie aktuellere Kenntnisse und Instrumente sowie gute Zusammenarbeit mit einschlägigen Sektoren und Personen im Hinblick darauf, dass in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung bei jungen Menschen frühzeitig erkannt und verhindert wird;

i)

die Ermutigung und Unterstützung junger Menschen, sich an Freiwilligentätigkeit zu beteiligen, da dies eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer positiven Identität spielen und Empathie und verantwortungsvolles Denken fördern kann.

18.

bestehende nachhaltige Maßnahmen und Vorgehensweisen, die sich als erfolgreich erwiesen haben, beizubehalten und innovative und nachhaltige, gegebenenfalls auf junge Menschen zugeschnittene Maßnahmen und Verfahren in Aktivitäten auf lokaler Ebene, demokratischer Teilhabe, interkulturellem Lernen und Dialog, bürgerschaftlichem Engagement und einem positiven Erfahrungsaustausch unter Jugendlichen umzusetzen.

ERSUCHEN DAHER DIE MITGLIEDSTAATEN UND DIE KOMMISSION, INNERHALB IHRER JEWEILIGEN ZUSTÄNDIGKEITEN

19.

die Kooperation auf europäischer Ebene bei der Weitergabe von Wissen und bewährten Verfahren durch Zusammenarbeit im EU-Kontext zu intensivieren, unter anderem in der Expertengruppe für bürgerschaftliches Engagement und Prävention von Ausgrenzung und in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung, der Expertengruppe für Digitalisierung und dem Aufklärungsnetzwerk gegen Radikalisierung sowie mit einschlägigen Drittländern und dem Europarat (7) im Hinblick auf den Austausch von Wissen und bewährten Verfahren zur Prävention von in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung, einschließlich Nutzung von sozialen Medien, Gegendiskursen (8) und Jugendarbeit im Digitalbereich;

20.

Informationen und bewährte Verfahren auszutauschen und gegebenenfalls Leitlinien zur Errichtung von Koalitionen oder Netzwerken für einen integrierten und bereichsübergreifenden Ansatz zu erarbeiten, um zu lernen, wie eine wirksame, gut abgestimmte und kohärente Zusammenarbeit herbeigeführt wird, wobei die Vielfalt der kulturellen Rahmenbedingungen in der EU zu berücksichtigen ist;

21.

die Entwicklung eines Dialogs und wirksamer Gegendiskurse zur Unterstützung von Eltern, Geschwistern, Altersgenossen und anderen, die in Kontakt mit jungen Menschen stehen, bei denen die Gefahr einer in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung besteht, sowie die Bereitstellung von Informationen über bestehende Unterstützungssysteme und Beratungsmöglichkeiten zu fördern;

22.

gegebenenfalls Module zur Aus- und Weiterbildung von Jugendarbeitern als Grundlage für Unterrichtsmaterialien auszuarbeiten, die auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu verwenden sind, um zu gewährleisten, dass der Jugendarbeit in hinreichendem Maße aktuelle Kenntnisse, Sensibilisierungsmaßnahmen, Instrumente und Fähigkeiten im Hinblick auf Folgendes zur Verfügung stehen:

a)

alle Erscheinungsformen von in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung, Verständnis der Subkulturen sowie die spezifischen Interventionsmethoden zur Prävention von in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung in der Anfangsphase;

b)

Auslöser für in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung;

c)

die digitale Welt, einschließlich Internet und soziale Medien;

d)

Bekämpfung extremistischer Einflüsse im Internet und in sozialen Medien und Vorgehen gegen gewaltbereites extremistisches Gedankengut;

e)

Unterstützung junger Menschen bei der Entwicklung von kritischem Denken und der einschlägigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen, um die verschiedenen Quellen und Absichten hinter den angebotenen Informationen, einschließlich Propaganda und Hassreden, zu erkennen;

f)

Unterstützung von Altersgenossen, die jungen Menschen dabei helfen sollen, eine in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung zu vermeiden, indem sie eine positive Beeinflussung anbieten;

g)

Zusammenarbeit in bereichsübergreifenden Partnerschaften;

h)

Unterstützung der Entwicklung der Identität junger Menschen, der interkulturellen Kompetenzen und des Verständnisses demokratischer und pluralistischer Werte und bürgerschaftlichen Engagements;

23.

Peer-to-Peer-Seminare für Jugendarbeiter, Experten, politische Entscheidungsträger und Forscher zu fördern und zu unterstützen, um den Austausch von bewährten Vorgehensweisen und Informationen über die besten Ansätze zum Thema der in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung zu ermöglichen;

24.

die Ergebnisse weiterer Forschungsarbeiten zu in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung zu fördern, anzuregen, zu koordinieren, zu unterstützen und bereitzustellen, im Hinblick auf bessere Kenntnisse über Fragen wie Ausmaß, Ursprung, Schutzfaktoren, Ursachen und kognitive sowie emotionale Dynamik der in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung, damit die Mitgliedstaaten und die Europäische Union faktengestützte Strategien und Verfahren erarbeiten können;

ERSUCHEN DAHER DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION,

25.

für eine optimale Verbreitung der Ergebnisse der Expertengruppe für bürgerschaftliches Engagement und Prävention von Ausgrenzung und in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung zu sorgen, die nützliche Leitlinien für Jugendarbeiter und für Organisationen und Berufsangehörige im Bereich der Sozialarbeit in einem integrierten und auf Zusammenarbeit ausgerichteten Rahmen dafür bieten, wie junge Menschen, bei denen die Gefahr einer in Gewaltbereitschaft mündenden Radikalisierung besteht, erreicht werden können und wie mit ihnen gearbeitet werden kann;

26.

zu erwägen, wie bestehende EU-Programme wie Erasmus+, Kreatives Europa und „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ am besten genutzt werden können, um die soziale Inklusion junger Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zu fördern, und somit zur Prävention der Radikalisierung beizutragen und umfangreichere Kapazitäten in der Jugendarbeit, Zusammenarbeit mit dem Bildungssektor und anderen einschlägigen Sektoren zu diesem Thema sowie die Befähigung der jungen Menschen zur Mitwirkung zu gewährleisten.


(1)  Eurobarometer-Sonderumfrage Nr. 437 (2015) zu Diskriminierung in der EU im Jahr 2015.

Agentur für Grundrechte (2012): Hasskriminalität in der Europäischen Union sichtbar machen.

(2)  In Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung ist ein komplexes Konzept, das nicht einheitlich definiert ist. In diesem Kontext bezieht sich in Gewaltbereitschaft mündende Radikalisierung auf einen Prozess, in dem eine Person die Anwendung von Gewalt einschließlich gewalttätigen Extremismus und Terrorismus in Kauf nimmt, um politische, ideologische oder religiöse Ziele zu erreichen. Es sei angemerkt, dass Radikalisierung nicht zwangsläufig zu gewalttätigem Extremismus oder Terrorismus führen muss und radikale Äußerungen nicht per se problematisch sein müssen.

(3)  Z. B. Lehrer, Lehrkräfte an Hochschulen, Sozialarbeiter, Jugendbetreuer, Gesundheitsdienstleister, Freiwillige, Nachbarn, Trainer in Sportvereinen, religiöse und informelle Führer, Bedienstete lokaler Polizeidienststellen.

(4)  Allgemeine Präventionsstrategien sind so konzipiert, dass sie die gesamte Bevölkerung ohne Betrachtung individueller Risikofaktoren erreichen. Sie können beispielsweise auf alle jungen Menschen einer bestimmten Altersgruppe ausgerichtet sein. Das Ziel ist es, bei jungen Menschen ein gewisses Mindestmaß an Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten.

(5)  Z. B. die RAN-Datenbank bewährter Vorgehensweisen, das Jugend-Wiki, die EKCYP-Datenbank bewährter Vorgehensweisen.

(6)  Beispiele hierfür sind die Kampagne gegen Hassreden „No Hate Speech“, Jugendinformation sowie EYCA und ERYICA.

(7)  Z. B. im Rahmen der Kampagne gegen Hassreden „No Hate Speech Movement“.

(8)  Gegendiskurse sind Kommunikationstätigkeiten, mit denen — direkt oder indirekt — online oder offline auf sachlicherer Ebene gegen extremistisches Gedankengut vorgegangen wird, einschließlich Gegendarstellungen.


ANLAGE

Bei der Annahme dieser Schlussfolgerungen VERWEIST der Rat insbesondere auf Folgendes:

1.

die Tagung des Europäischen Rates vom 12. Februar 2015, auf der die Staats- und Regierungschefs einen umfassenden Ansatz forderten, einschließlich Initiativen in Bezug auf — unter anderem — gesellschaftliche Integration, die von großer Bedeutung für die Prävention von in Gewaltbereitschaft mündender Radikalisierung sind;

2.

die von den EU-Bildungsministern auf ihrem informellen Treffen vom 17. März 2015 in Paris angenommene Erklärung, in der Leitlinien für die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene erteilt werden. Dabei wurde hervorgehoben, wie wichtig die Bemühungen zur Prävention und Bekämpfung von Ausgrenzung, Intoleranz, Rassismus und Radikalisierung, zur Förderung des Bürgersinns junger Menschen und zur Gewährleistung von Chancengleichheit für alle sind;

3.

die Schlussfolgerungen des Rates vom 17. Juni 2015 zur erneuerten Strategie der inneren Sicherheit, in denen den spezifischen Fragen des Ausstiegs, der Resozialisierung und der Deradikalisierung/Bekämpfung der Radikalisierung Priorität eingeräumt wird;

4.

den derzeitigen EU-Arbeitsplan für die Jugend 2016-2018, in dem ein Schwerpunkt auf eine verbesserte soziale Inklusion aller jungen Menschen unter Berücksichtigung der zugrunde liegenden europäischen Werte und auf die Rolle der Jugendarbeit sowohl im nichtdigitalen als auch im digitalen Bereich gelegt wird;

5.

den gemeinsamen EU-Jugendbericht 2015 des Rates und der Kommission über die Umsetzung des erneuerten Rahmens für die jugendpolitische Zusammenarbeit in Europa (2010-2018), in dem betont wird, dass junge Menschen die Möglichkeit haben sollten, in inklusiven und pluralistischen Gesellschaften aufzuwachsen, deren Pfeiler die europäischen demokratischen Werte sind. In dem gemeinsamen EU-Jugendbericht wird ferner verdeutlicht, dass mehr und unterschiedlichere junge Menschen zur Mitwirkung befähigt werden müssen, insbesondere diejenigen, die von Ausgrenzung bedroht sind;

6.

die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und dem Europarat im Rahmen des Partnerschaftsabkommens;

7.

die Europäische Sicherheitsagenda vom 28. April 2015, in der die Kommission die Teilhabe junger Menschen als Schlüsselfaktor bei der Verhütung der Radikalisierung durch die Verbreitung europäischer Werte und die Förderung der sozialen Inklusion bezeichnet und in der auch auf das Aufklärungsnetzwerk gegen Radikalisierung (RAN) hingewiesen wird, eine EU-weite Dachorganisation, die den Austausch von Erfahrungen und Vorgehensweisen ermöglicht und die Früherkennung der Radikalisierung und die Entwicklung von präventiven Strategien und Deradikalisierungsprogrammen auf lokaler Ebene erleichtert;

8.

die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. November 2015 zur Prävention der Radikalisierung und Anwerbung europäischer Bürgerinnen und Bürger durch terroristische Organisationen;

9.

die Resolution 2250 (2015), die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 9. Dezember 2015 auf seiner 7573. Tagung angenommen hat und in der darauf hingewiesen wird, dass Jugendliche ferner eine wichtige Vorbildfunktion bei der Verhütung und Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus wahrnehmen können;

10.

den Aktionsplan des Ministerkomitees des Europarates (Brüssel, 19. Mai 2015) CM(2015)74 final zur Bekämpfung von gewaltbereitem Extremismus und zu Terrorismus führender Radikalisierung und den Aktionsplan der Vereinten Nationen zur Verhütung von gewaltbereitem Extremismus.


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