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Document 52016SC0461

    ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG Begleitunterlage zum Vorschlag für eine VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Text von Bedeutung für den EWR und die Schweiz)

    SWD/2016/0461 final - 2016/0397 (COD)

    Straßburg, den 13.12.2016

    SWD(2016) 461 final

    ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

    ZUSAMMENFASSUNG DER FOLGENABSCHÄTZUNG

    Begleitunterlage zum

    Vorschlag für eine

    VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

    zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
    (Text von Bedeutung für den EWR und die Schweiz)

    {COM(2016) 815 final}
    {SWD(2016) 460 final}


    Zusammenfassung

    Folgenabschätzung der Initiative zur teilweisen Änderung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und der dazugehörigen Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009

    A. Handlungsbedarf

    Warum? Um welche Problematik geht es?

    Der Vorschlag betrifft die EU-Regeln zur Koordinierung der sozialen Sicherheit im Bereich von Pflege-, Arbeitslosen- und Familienleistungen sowie den Zugang nicht erwerbstätiger Bürger/innen zu bestimmten Sozialleistungen.

    Im Bereich der Pflegeleistungen gibt es drei Probleme: i) Es fehlt an Klarheit für die Bürger/innen und die Träger. ii) Der Rechtsrahmen ist nicht klar genug. iii) Es besteht die Gefahr des Leistungsverlusts oder von Doppelzahlungen. Daher funktioniert die grenzübergreifende Koordinierung von Pflegeleistungen nicht effizient. 1,8 Millionen Versicherte leben in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie krankenversichert sind. 45 000 von ihnen beziehen Sachleistungen und 35 000 Geldleistungen. Die Zahl der grenzübergreifenden Bezieher/innen von Pflegeleistungen wird bis 2020 um 11 % und bis 2030 um 28 % über dem Wert von 2013 liegen.

    Im Bereich der Arbeitslosenleistungen bestehen folgende Probleme: i) Die Mitgliedstaaten wenden die Zusammenrechnungsregeln uneinheitlich an. ii) Die Anzahl der Personen, die ihre Arbeitslosenleistung exportieren, ist gering. iii) Arbeitslose, die in einem anderen als dem Staat der letzten Erwerbstätigkeit wohnen (Grenzgänger/innen und andere grenzüberschreitend erwerbstätige Personen), werden unterschiedlich behandelt. iv) Die Erstattungsregeln sind unbefriedigend. Dies führt dazu, dass die Bearbeitung von Arbeitslosenleistungen ineffizient und die finanzielle Belastung ungleich verteilt ist und dass arbeitslose Personen bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt unter Umständen auf Hindernisse stoßen. Im Jahr 2014 gab es geschätzte 91 700 arbeitslose grenzüberschreitend erwerbstätige Personen, davon 53 800 Grenzgänger/innen; es wurden rund 25 000 Fälle von Zusammenrechnung und 27 300 Fälle von Leistungsexport gemeldet.

    Im Bereich der Sozialleistungen haben die jüngsten Urteile in den Rechtssachen C-140/12 Brey, C-133/13 Dano und C-308/14 Kommission gegen Vereinigtes Königreich klargestellt, dass die Mitgliedstaaten die Gleichbehandlung bei besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen und anderen Leistungen der sozialen Sicherheit für nicht erwerbstätige Bürger/innen in dem Umfang einschränken können, den die Freizügigkeitsrichtlinie erlaubt. In der Verordnung ist diese Rechtsprechung nicht berücksichtigt, weshalb es an Transparenz fehlt. 2014 gab es in der EU geschätzte 3,7 Millionen nicht erwerbstätige mobile Bürger/innen. Fast 80 % von ihnen leiten Rechte bzw. Ansprüche (Aufenthaltsrechte und/oder Leistungsansprüche) von erwerbstätigen Familienangehörigen ab und haben daher Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Familienangehörigen der jeweiligen nationalen Arbeitskräfte. Die übrigen 20 % leiden unter dem derzeitigen Mangel an Klarheit und Transparenz im Zusammenhang mit ihren Rechten, Leistungen im Aufnahmemitgliedstaat zu beantragen.

    Beim Export von Familienleistungen treten drei Probleme auf: i) Der komparative Kaufkraftwert der exportierten Familienleistungen wird als unfair wahrgenommen. ii) Es besteht das Risiko, dass die Regelungen die Anreize für Eltern verringern, erwerbstätig zu sein und sich die Kinderbetreuungspflichten zu teilen. iii) Vor allem bei der Gewährung bestimmter Arten von Leistungen, die auf abgeleiteten Ansprüchen beruhen, kommt es zu administrativen Schwierigkeiten. Dies stellt die Behörden vor Herausforderungen und hat potenziell negative Auswirkungen auf Familien, in denen der Mitgliedstaat der Erwerbstätigkeit eines oder beider Elternteile nicht mit dem Wohnstaat ihres Kindes identisch ist. 2013 wurde im Schnitt 1 % der Leistungen für Kinder exportiert, und zwar für 506 000 in einem anderen Mitgliedstaat lebende Kinder.

    Was soll mit dieser Initiative erreicht werden?

    Das übergeordnete Ziel ist eine Modernisierung der Regeln: Es soll Rechtsklarheit geschaffen, eine faire und ausgewogene Verteilung der finanziellen Belastung zwischen den Trägern der betroffenen Mitgliedstaaten erreicht sowie die Verwaltung vereinfacht und die Durchsetzbarkeit der Regeln gewährleistet werden.

    Einzelziele im Bereich der Pflegeleistungen:

    Einführung einer angemessenen, stabilen Regelung;

    gleichmäßige Verteilung der Lasten auf die Mitgliedstaaten;

    Rechtsklarheit und Transparenz für Bürger/innen, Träger und andere Interessenträger.

    Im Bereich der Arbeitslosenleistungen:

    einheitliche und konsistente Anwendung der Zusammenrechnungs- und Berechnungsregeln, die den Integrationsgrad einer Arbeitskraft im Mitgliedstaat widerspiegeln;

    Schutz mobiler EU-Arbeitskräfte bei der Suche nach und der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat;

    Förderung der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, u. a. durch eine einheitliche Regelung für Grenzgänger/innen und andere grenzüberschreitend erwerbstätige Personen im Hinblick darauf, in welchem Staat sie die Leistungen beantragen können;

    Aufteilung der finanziellen Belastung aufgrund von Arbeitslosenleistungen auf die Mitgliedstaaten, und zwar im Verhältnis zur Höhe der erhaltenen Beiträge oder Abgaben und ohne Erstattungsmechanismus;

    systematische und verwaltungstechnisch einfache Kooperations- und Kontrollmechanismen, um zu überprüfen, ob die arbeitslose Person, die in einem anderen als dem leistungspflichtigen Mitgliedstaat wohnt, ihre Rechte und Pflichten erfüllt.

    Im Bereich der Sozialleistungen:

    Rechtsklarheit und Transparenz bezüglich der Rechtsansprüche von Arbeitskräften, Arbeitssuchenden sowie nicht erwerbstätigen mobilen EU-Bürgerinnen und Bürgern, u. a. in der Frage, in welchem Ausmaß die Sozialversicherungsträger der Mitgliedstaaten den Gleichbehandlungsgrundsatz beim Zugang zu Sozialleistungen einschränken dürfen.

    Im Bereich der Familienleistungen:

    klare und transparente Verbindung zwischen dem Mitgliedstaat, der die Familienleistungen erbringt, und den Empfängerinnen und Empfängern;

    möglichst wenige Hindernisse oder Negativanreize für eine ununterbrochene Erwerbstätigkeit von Eltern;

    möglichst effiziente Bearbeitung von Familienleistungen. 

    Was ist der Mehrwert des Tätigwerdens auf EU-Ebene? 

    Eine wirksame und effiziente Koordinierung muss Veränderungen in den nationalen Systemen der sozialen Sicherheit sowie dem sozialen Wandel in den Mitgliedstaaten Rechnung tragen. Maßnahmen auf EU-Ebene sollen die einheitliche Auslegung und den Schutz der Rechte mobiler EU-Bürger/innen und ihrer Familienangehörigen gewährleisten; diese Zielsetzung könnten die Mitgliedstaaten allein nicht erreichen.

    B. Lösungen

    Welche gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmenoptionen wurden erwogen? Wird eine davon bevorzugt? Warum? 

    Für den Bereich der Pflegeleistungen wurden zwei Legislativoptionen (mit zwei Unteroptionen) erwogen:

    1.Der zuständige Mitgliedstaat erbringt die Geldleistungen bei Pflegebedürftigkeit und erstattet dem Wohnmitgliedstaat die Kosten für Sachleistungen (gemäß den bestehenden Grundsätzen für Krankenleistungen samt Erläuterungen).

    2.Der Wohnmitgliedstaat erbringt alle Pflegeleistungen und der zuständige Mitgliedstaat erstattet sie 2a) ohne Aufstockung durch den zuständigen Mitgliedstaat, 2b) mit Aufstockung.

    Drei Optionen wurden verworfen: 1) Einführung einer Schutzklausel; 2) der Wohnmitgliedstaat ist für die Erbringung sämtlicher Pflegeleistungen zuständig, ohne dass eine Erstattung erfolgt; 3) der zuständige Mitgliedstaat ist für die Erbringung sämtlicher Pflegeleistungen verantwortlich (Export).

    Um die stabile Anwendung der Regeln zu gewährleisten, wird Option 1 bevorzugt.

    Für den Bereich der Arbeitslosenleistungen wurden drei Legislativoptionen erwogen, um sicherzustellen, dass die Zusammenrechnungs- und Berechnungsregeln für Arbeitslosenleistungen einheitlich angewendet werden:

    1.Zusammenrechnung bereits ab nur einem Tag der Beschäftigung;

    2.Zusammenrechnung ab einem Zeitraum von a) einem oder b) drei Monaten der Beschäftigung;

    3.die Arbeitslosenleistungen werden nach a) einem oder b) drei Monaten der Beschäftigung im zuständigen Mitgliedstaat anhand von Referenzentgelten berechnet, die im Mitgliedstaaten der letzten Beschäftigung bezogen wurden;

    4.horizontale Option zur Anerkennung von Versicherungszeiten für die Zusammenrechnung.

    Die bevorzugte Option 2b wird mit der Verpflichtung des Mitgliedstaates der letzten Beschäftigung, Arbeitslosenleistungen in Fällen bereitzustellen, in denen diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, und mit der horizontalen Option kombiniert. Dadurch ist ein Mindestmaß an Integration im Aufnahmemitgliedstaat gewährleistet, bevor der Anspruch auf Arbeitslosenleistungen entsteht, sowie ein einheitlicher Ansatz seitens der Mitgliedstaaten. Darüber hinaus sind mobile Arbeitskräfte geschützt, wenn sie das Erfordernis dieses Zeitraums im Mitgliedstaat der letzten Erwerbstätigkeit nicht erfüllen.

    Für die Verlängerung des Mindestzeitraums für den Export von Arbeitslosenleistungen wurden zwei Legislativoptionen in Betracht gezogen:

    1.Verlängerung des Mindestzeitraums für den Export von Arbeitslosenleistungen von drei auf sechs Monate mit der Möglichkeit, die Leistung während der gesamten Anspruchszeit zu exportieren;

    2.Verlängerung des Zeitraums für den Export von Arbeitslosenleistungen auf die gesamte Anspruchszeit.

    Bevorzugt wird die erste Option, kombiniert mit einem gestärkten Kooperationsmechanismus zwischen Arbeitsverwaltungen, die die Aufgabe haben, die grenzüberschreitende Arbeitssuche zu unterstützen.

    In Bezug auf Arbeitslosenleistungen für Grenzgänger/innen und andere grenzüberschreitend erwerbstätige Personen wurden drei Legislativoptionen erwogen:

    1.Grenzgänger/innen können genau wie andere grenzüberschreitend erwerbstätige Personen wählen, wo sie Arbeitslosenleistungen beantragen.

    2.Der Mitgliedstaat der letzten Erwerbstätigkeit ist für die Zahlung der Arbeitslosenleistungen zuständig mit folgenden Unteroptionen: a) Grenzgänger/innen müssen sich bei der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates melden oder b) sie können wählen, ob sie sich bei der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates oder des Wohnstaates melden.

    3.Der Mitgliedstaat der letzten Erwerbstätigkeit ist für die Zahlung der Arbeitslosenleistungen zuständig, wenn der/die Grenzgänger/in mindestens 12 Monate dort gearbeitet hat, andernfalls geht die Zuständigkeit auf den Wohnmitgliedstaat über mit folgenden Unteroptionen: a) Grenzgänger/innen müssen sich bei der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates melden oder b) sie können wählen, ob sie sich bei der Arbeitsverwaltung des zuständigen Staates oder des Wohnstaates melden.

    Die bevorzugte Option 3a bietet den besten Kompromiss für eine ausgewogene und verwaltungstechnisch kosteneffiziente Lastenteilung.

    Im Bereich der Sozialleistungen wurden folgende Legislativoptionen (Änderung der Verordnung) erwogen: 1

    1.a) Nur die Sozialhilfe darf vom Gleichbehandlungsgrundsatz (Artikel 4) ausgenommen werden.

    b) Eine größere Zahl von steuerfinanzierten Leistungen darf vom Gleichbehandlungsgrundsatz (Artikel 4) ausgenommen werden.

    c) Für besondere beitragsunabhängige Geldleistungen laut Artikel 70 darf es eine präzise Ausnahmeregelung vom Gleichbehandlungsgrundsatz geben.

    2.Besondere beitragsunabhängige Geldleistungen, die laut der Verordnung 883/2004 ein existenzsicherndes Mindesteinkommen bieten, werden gestrichen.

    3.Es wurde auch ein nicht legislatives Vorgehen (Klärung der Regelungen im Rahmen einer Mitteilung) erwogen.

    Zur Erreichung der angestrebten Rechtsklarheit und Transparenz auf effizientestem und wirksamstem Wege wird eine Kombination aus Option 1a und 1b bevorzugt.

    Im Bereich der Familienleistungen wurden zwei Legislativoptionen – die die Verbindung zwischen der Höhe der erhaltenen Familienleistungen und den angefallenen Kosten betreffen – als Alternative zum Status quo erwogen:

    1.Die in den Wohnstaat des Kindes exportierten Familienleistungen werden an den Index gebunden und a) nach oben und unten oder b) nur nach unten angepasst.

    2.Für die Zahlung der Familienleistungen ist vorrangig der Wohnstaat zuständig.

    Die Option, bei der die Verpflichtung zum Export von Familienleistungen entfällt, wurde erwogen, jedoch aus rechtlichen Gründen verworfen.

    Zusätzlich wurde eine horizontale Legislativoption zur Koordinierung der Kindererziehungsbeihilfen erwogen. Dabei gibt es drei Varianten: a) individueller Anspruch auf einkommensabhängige Kindererziehungsbeihilfen, wobei der nachrangig zuständige Mitgliedstaat zwingend verpflichtet ist, von den Antikumulierungsregeln abzuweichen (d. h. die Leistung in voller Höhe zu zahlen); b) derselbe Ansatz wie bei a), aber für jede Form der Kindererziehungsbeihilfe (einkommensabhängiger Betrag und Pauschalbetrag) und c) derselbe Ansatz wie bei b), aber mit einer optionalen Ausnahme von den Antikumulierungsregeln (d. h. ein nachrangig zuständiger Mitgliedstaat kann die Leistung entweder in voller Höhe zahlen oder „aufstocken“, sofern seine Leistungen höher sind als die des vorrangig zuständigen Staates).

    Die bevorzugte Option besteht darin, den Status quo mit der horizontalen Option c zu kombinieren. Durch diese Kombination wird sichergestellt, dass der Mitgliedstaat der Erwerbstätigkeit, in dem ein Elternteil Steuern und Sozialabgaben zahlt, weiterhin vorrangig für Familienleistungen zuständig ist. Auf diese Weise sind die Familienangehörigen geschützt und das Kindeswohl gewährleistet. Die Einführung der horizontalen Option c ermöglicht es auch, die Work-Life-Balance während der Kindererziehungszeiten zu fördern, indem individuelle Rechte gestärkt und jene Mitgliedstaaten unterstützt werden, die ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis aktiv fördern, ohne dies zur Verpflichtung zu machen.

    Wer unterstützt welche Option? 

    In der Frage der Pflegeleistungen unterstützten acht Mitgliedstaaten 2 das Ausgangsszenario (Status quo); zwei sprachen sich gegen diese Option aus. Nichtregierungsorganisationen sowie Bürger/innen betonten auch das Anliegen, sozial schwache Menschen besser abzusichern. Option 1 fand die meiste Zustimmung unter den Mitgliedstaaten (16 sprachen sich dafür, keiner dagegen aus).

    Kein Mitgliedstaat sprach sich für Option 2 aus.

    In der Frage der Arbeitslosenleistungen gab es gemischte Reaktionen von den Mitgliedstaaten, von Fachleuten, Sozialpartnern und anderen Interessenträgern. Lediglich für die horizontale Option kam eine klare Mehrheit zustande. Die Mehrzahl der Einzelpersonen, die an der öffentlichen Konsultation teilnahmen, sprach sich für die Verlängerung des Exportzeitraums für Arbeitslosenleistungen und das Recht auf Wahlfreiheit für Grenzgänger/innen aus.

    In der Frage der Sozialleistungen unterstützten elf Mitgliedstaaten eine Änderung des Artikels 4 der Verordnung 883/2004, um Ausnahmen bei der Sozialhilfe zuzulassen. Zwei Mitgliedstaaten waren dafür, besondere beitragsunabhängige Geldleistungen aus der Verordnung zu streichen. Vier Mitgliedstaaten befürworteten die Bereitstellung von Verwaltungsleitlinien. Die Sozialpartner waren uneins: Einige waren dafür, die Systeme der sozialen Sicherheit stärker vor übermäßiger Beanspruchung zu schützen, andere betonten die möglicherweise negativen Auswirkungen auf sozial schwache Bürger/innen. Da diese Maßnahmen zur Kodifizierung der Rechtsprechung gehören, waren sie nicht Teil der öffentlichen Konsultation.

    In der Frage der Familienleistungen unterstützten 17 der 28 Mitgliedstaaten das Ausgangsszenario; Nichtregierungsorganisationen und die Sozialpartner der Arbeitnehmerseite sowie die Mehrheit der Teilnehmer/innen der öffentlichen Konsultation sprachen sich ebenfalls dafür aus. Die Optionen 1a und 1b erhielten wenig Zuspruch von den Mitgliedstaaten (vier waren für Option a und keiner für Option b). Option 2 wurde von 10 Mitgliedstaaten als erste oder zweite Wahl unterstützt, während die Meinungen der NRO, der Sozialpartner und im Rahmen der öffentlichen Konsultation auseinander gingen. Die horizontalen Optionen wurden als direkte Reaktion auf das Feedback von vier Mitgliedstaaten, dem Rat, dem Parlament, den Sozialpartnern, dem Beratenden Ausschuss für die Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie anderen Interessenträgern ausgearbeitet, die auf die Notwendigkeit stärkerer Flexibilisierung hinwiesen, um Eltern zu unterstützen. Da diese Optionen erst während des Konsultationsprozesses ausgearbeitet wurden, gab es lediglich eine informelle Konsultation dazu.

    C. Auswirkungen der bevorzugten Option

    Welche Vorteile hat die bevorzugte Option? 

    Pflegeleistungen

    Option 1 sorgt für mehr Rechtssicherheit, Transparenz und höhere Stabilität des Systems. Ein eigenes Kapitel zur Kategorisierung der Regeln für Pflegeleistungen wird für eine klare Abgrenzung gegenüber den Bestimmungen für Krankenleistungen und Sozialhilfeleistungen sorgen. Von dieser Klärung werden die Bürger/innen und die Träger profitieren. Die Durchführungskosten werden gering ausfallen, da das derzeitige System nicht komplett umgebaut wird. Aufgrund der Möglichkeit, Leistungen zu vergleichen, könnte diese Option die Zahl der strittigen Fälle zwischen Trägern reduzieren und so pro Fall Zeit und Geld sparen. Darüber hinaus entspricht diese Option der Zielsetzung, den Schutz pflegebedürftiger Personen zu stärken.

    Arbeitslosenleistungen

    Die bevorzugten Optionen sorgen für eine engere Verbindung zwischen den zuständigen Trägern und den Antragstellenden. Der Vorschlag für Grenzgänger/innen und die Gewährung eines längeren Exportzeitraums dürften die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt erleichtern und sich dadurch positiv auf mobile Arbeitskräfte auswirken. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Streichung des Erstattungsverfahrens insgesamt positiv auswirken wird. Die Verlängerung des Exportzeitraums wird die Chancen für die Integration in den Arbeitsmarkt erhöhen – ohne direkte wirtschaftliche Auswirkungen, da der Exportzeitraum nie länger ist als der zugrundeliegende Leistungsanspruch.

    Sozialleistungen

    Die bevorzugte Option wird die Rechte mobiler EU-Bürger/innen klären und es ihnen leichter machen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Sie könnte Regulierungskosten (für Streitbeilegung und Rechtsberatung) senken und die bestehenden Grenzen des jeweiligen Sozialsystems des Aufnahmemitgliedstaates deutlicher aufzeigen, ohne das Freizügigkeitsrecht der Bürger/innen einzuschränken.

    Familienleistungen

    Die Auswirkungen des Ausgangsszenarios sind neutral. Die horizontale Option c könnte erwerbstätige Eltern davon abhalten, die Kinderbetreuungspflichten zu teilen. Da Leistungen ausschließlich aufgrund eines individuellen Anspruchs gewährt werden dürfen, wird eine klare und transparente Verbindung zwischen dem Mitgliedstaat, der die Leistung erbringt, und der bzw. dem Begünstigten hergestellt. Darüber hinaus werden die Verfahren einfacher, wodurch den Behörden geringere Regulierungskosten entstehen und sich die Bearbeitungsfristen für Anträge verkürzen.

    Es werden keine Auswirkungen dieser Initiative auf Umweltfragen erwartet.

    Welche Kosten entstehen bei Umsetzung der bevorzugten Option? 

    Pflegeleistungen

    Die Durchführungskosten dürften gering sein und langfristig wird die Option den Mitgliedstaaten pro Fall Zeit und Kosten sparen.

    Arbeitslosenleistungen

    Die bevorzugte Option für die Zusammenrechnung von Zeiten und die Berechnung von Leistungen wird aller Voraussicht nach keine substanziellen Auswirkungen auf der Ausgabenseite haben. Von den derzeitigen Regelungen ausgehend ist mit geringen allgemeinen Einsparungen zu rechnen (29 Mio. EUR für die 23 Bericht erstattenden Mitgliedstaaten).

    Eine Verlängerung des Mindestzeitraums für den Export von Arbeitslosenleistungen von drei auf sechs Monate wird keine unmittelbaren wirtschaftlichen Auswirkungen haben, da der Exportzeitraum in keinem Fall den Zeitraum des zugrundeliegenden Anspruchs auf Arbeitslosenleistungen übersteigt.

    Die bevorzugte Option für Arbeitslosenleistungen für Grenzgänger/innen könnte zu einer leichten Erhöhung der Zahlungen insgesamt führen (442 Mio. EUR statt 416 Mio. EUR gemäß dem Ausgangsszenario).

    Sozialleistungen

    Da es um die Kodifizierung der bestehenden Rechtsprechung geht, sind keine signifikanten Kosten zu erwarten.

    Familienleistungen

    Die Auswirkungen des Ausgangsszenarios sind neutral. Die horizontale Option c könnte bedeuten, dass einige Eltern bestehende Ansprüche verlieren, die auf abgeleiteten Rechten fußen. Angesichts der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten das Erfordernis, abgeleitete Ansprüche in Bezug auf Kindererziehungsbeihilfen zu gewähren, nur in geringem Ausmaß erfüllen, dürften die Auswirkungen gering bleiben. Die horizontale Option könnte sich auch wirtschaftlich negativ auswirken, da nachrangig zuständige Mitgliedstaaten unter Umständen mehr Leistungen bezahlen müssen. Allerdings werden die Mitgliedstaaten wählen können, ob sie die Antikumulierungsregeln anwenden oder nicht, weshalb alle wirtschaftlichen Auswirkungen freiwillig in Kauf genommen werden. Der fakultative Charakter der Abweichung könnte die positive Wirkung dieser Änderung für erwerbstätige Eltern reduzieren.

    Es werden keine negativen Auswirkungen dieser Initiative auf Umweltfragen erwartet.

    Mit welchen Auswirkungen müssen Unternehmen, KMU und Kleinstunternehmen rechnen?

    Es werden keine direkten Auswirkungen auf Unternehmen, KMU und Kleinstunternehmen erwartet.

    Wird es spürbare Auswirkungen auf die nationalen Budgets und auf Behörden geben?

    Pflegeleistungen:

    Entfällt.

    Arbeitslosenleistungen:

    Entfällt.

    Sozialleistungen:

    Entfällt.

    Familienleistungen:

    Die horizontale Option c könnte einen Anstieg der Ausgaben beim nachrangig zuständigen Mitgliedstaat um durchschnittlich 60 % bewirken. Die Mitgliedstaaten werden jedoch die Wahl haben, ob sie die Antikumulierungsregeln anwenden oder nicht.

    Wird es andere spürbare Auswirkungen geben? 

    Pflegeleistungen

    Die neuen Regeln werden zu einer reibungsloseren Koordinierung von Pflegeleistungen und somit auch einen Beitrag zur Freizügigkeit und zur Aufenthaltsfreiheit leisten. Sie werden dafür sorgen, dass Bürger/innen mit Pflegebedarf bei der Ausübung ihres Rechts, sich innerhalb der EU frei zu bewegen, nicht benachteiligt werden.

    Sozialleistungen

    Die Option rückt die im EU-Recht bereits vorhandenen Schutzbestimmungen stärker ins Licht, mit denen verhindert werden soll, dass nicht erwerbstätige Unionsbürger/innen das Sozialsystem des Aufnahmemitgliedstaats nutzen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

    Arbeitslosenleistungen

    Die Verlängerung des Exportzeitraums wird es Arbeitssuchenden ermöglichen, den europäischen Arbeitsmarkt stärker zu nutzen.

    Familienleistungen

    Die horizontalen Optionen sorgen für einen besseren Schutz der Grundrechte im Hinblick auf die Rechte der Familie (Artikel 33 Absatz 2) zur Vereinbarung von Familien- und Berufsleben.

    D. Folgemaßnahmen

    Wann wird die Strategie überprüft?

    Die Kommission wird die Fortschritte bei der Durchführung der Überarbeitung fünf Jahre nach der Anwendung des überarbeiteten Rechtsrahmens evaluieren.

    (1)  Das EuGH-Urteil in der Rechtssache C-308/14 Kommission gegen Vereinigtes Königreich hat die Folgenabschätzung für alternative Optionen beeinflusst. Gemäß diesem Urteil können die Mitgliedstaaten den Zugang für nicht erwerbstätige Bürger/innen sowohl zu Sozialhilfe als auch zu Leistungen der sozialen Sicherheit davon abhängig machen, dass die Bedingungen der Freizügigkeitsrichtlinie erfüllt sind. Für Arbeitssuchende, deren Aufenthaltsrecht sich unmittelbar vom Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ableitet, stellt sich die Situation anders dar. Da dieser Bericht vom Ausschuss für Regulierungskontrolle vor dem erwähnten Urteil genehmigt wurde, haben die Autoren die Optionen und die Analyse ihrer Auswirkungen nicht substanziell überarbeitet; er spiegelt also diese differenzierte Behandlung nicht erwerbstätiger Bürger/innen und Arbeitssuchender nicht wider.
    (2)

    In der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit von den Mitgliedstaaten vertretene Auffassungen.

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