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Document 52016AE4477

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen“ (COM(2016) 479 final — 2016/0230 (COD)) und zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 zwecks Schaffung einer krisenfesten Energieunion und Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen“ (COM(2016) 482 final — 2016/0231 (COD))

ABl. C 75 vom 10.3.2017, p. 103–108 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

10.3.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 75/103


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen“

(COM(2016) 479 final — 2016/0230 (COD))

und zu dem

„Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021-2030 zwecks Schaffung einer krisenfesten Energieunion und Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für die Überwachung von Treibhausgasemissionen sowie für die Berichterstattung über diese Emissionen und über andere klimaschutzrelevante Informationen“

(COM(2016) 482 final — 2016/0231 (COD))

(2017/C 075/17)

Berichterstatterin:

Tellervo KYLÄ-HARAKKA-RUONALA

Mitberichterstatter:

Mindaugas MACIULEVIČIUS

Befassung

Rat, 25.8.2016

Europäisches Parlament, 12.9.2016

Europäische Kommission, 20.7.2016

Rechtsgrundlage

Artikel 192 Absatz 1 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umwelt

Annahme in der Fachgruppe

24.11.2016

Verabschiedung auf der Plenartagung

14.12.2016

Plenartagung Nr.

521

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

210/0/2

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der EWSA begrüßt die planmäßige Vorlage von Vorschlägen seitens der Europäischen Kommission zur Umsetzung der Verpflichtung der EU, bis 2030 in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft den Klimagasausstoß zu reduzieren. Er hebt indes hervor, dass dabei gleichzeitig die langfristige globale Herausforderung der Eindämmung des Klimawandels berücksichtigt werden muss. Deshalb muss von Grund auf bewertet werden, ob die gegenwärtige klimapolitische Strategie der EU mit Blick auf die Anstrengungen auf globaler, EU- und nationaler Ebene geeignet ist, die Voraussetzungen für Klimaneutralität zu schaffen.

1.2.

Der EWSA schließt sich vorbehaltlos der Auffassung an, dass Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten im Wege der Lastenteilung Rechnung getragen werden muss, um Fairness und Kostenwirksamkeit zu gewährleisten. Um echte Kostenwirksamkeit auf faire Weise zu erreichen, sollten bei Berechnungen im Hinblick auf eine Lastenteilung beide Aspekte gleichzeitig in allen Mitgliedstaaten einbezogen und die Zielvorgaben so gewählt werden, dass für jedes Land die gleichen relativen Kosten entstehen. In Anbetracht der Unzulänglichkeiten bei der Lastenteilung erachtet der EWSA die Einführung und Weiterentwicklung von Flexibilitätsmechanismen als wichtig.

1.3.

Durch die Einbeziehung von Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen bis 2030 wird die EU-Klimapolitik um ein wichtiges neues Element erweitert. Nach Meinung des EWSA sollte diese Einbeziehung so gestaltet werden, dass langfristige Klimaneutralität gefördert wird. Eine nachhaltige Nutzung und eine aktive Bewirtschaftung biobasierter Rohstoffe, d. h. eine nachhaltige Bioökonomie einschl. einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und einer klimabewussten Nahrungsmittelproduktion, sind eine wesentliche Voraussetzung für diesen Wandel und sollten im Hinblick auf ein ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltiges Wachstum wohlüberlegt berücksichtigt werden.

1.4.

Die Rolle der Land- und Forstwirtschaft erfordert einen ganzheitlichen Ansatz im Rahmen der EU-Klimapolitik. Emissionssenkungen und Kohlenstoffspeicherung müssen ebenso berücksichtigt werden wie die Erfordernisse der Klimawandelanpassung und der Ernährungssicherheit. Durch das Übereinkommen von Paris ist die starke Verpflichtung geschaffen worden, dass die Erderwärmung „deutlich unter 2 oC über dem vorindustriellen Niveau gehalten wird und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 oC über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“ und „die Fähigkeit zur Anpassung an die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen erhöht und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen sowie eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung so gefördert wird, dass die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird“. Es ist daher wichtig, neben der Eindämmung des Klimawandels auch eine stärkere Klimaresilienz des Agrarsektors zu fördern.

1.5.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die wichtige Senkenfunktion und das Senkenpotenzial der Wälder und einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung sowie den damit verbundenen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Nutzen anzuerkennen.

1.6.

Die Bindung des Kohlenstoffs hängt nicht nur von der Ausdehnung von Waldflächen ab, sondern vor allem von der Förderung des Waldwachstums und reger Fotosynthese durch eine aktive Waldbewirtschaftung und der verstärkten Nutzung von Holzbiomasse zur Herstellung von Produkten und zur Energieerzeugung. Eine Begrenzung der Nutzung von Waldressourcen würde langfristig aufgrund von Alterung und damit einhergehenden verlangsamten Wachstums zu einer Beeinträchtigung der Senkenfunktion führen. Auch auf Kulturflächen und Grünland bedingt der Wachstums- und Erntezyklus der Pflanzen eine optimale Senkenleistung.

1.7.

Nach Meinung des EWSA ist es wichtig, die Emissionen und den Abbau von Treibhausgasen auf transparente Weise und anhand einheitlicher Indikatoren wissenschaftlich zu bewerten. Er fordert die Europäische Kommission auf, die Verbuchungsvorschriften in der Land- und Forstwirtschaft so zu konzipieren, dass darin die tatsächlichen Emissionen und Kohlenstoff-Speicherquoten zum Ausdruck kommen. Ferner müssen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Referenzwerte für Wälder im Einklang mit der erwarteten nachhaltigen Nutzung von Waldressourcen festlegen. Die EU sollte ferner ein präzises satellitengestützes Instrument für die globale Überwachung der Wälder entwickeln. Außerdem sollten geeignete Verbuchungsverfahren für die Kohlenstoffbindung durch nicht-holzige Pflanzen in landwirtschaftlich genutzten Böden entwickelt werden. Auch ist es wichtig, die Doppelanrechnung von unter LULUCF gemeldeten Emissionen im Zusammenhang mit der Nutzung von Biomasse in anderen Sektoren zu vermeiden.

1.8.

Der EWSA rät den Mitgliedstaaten, ehrgeizige nationale Bottom-up-Ansätze für den LULUCF-Sektor vorzulegen und die Zivilgesellschaft dabei auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene eng einzubeziehen.

1.9.

Der EWSA ist sich bewusst, dass eine erfolgreiche Umsetzung der ehrgeizigen Vorschläge umfangreiche Finanzmittel erfordert, und regt an, dass die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit der EIB zusätzlich zu den bestehenden Finanzierungsfazilitäten ein separates Finanzierungsinstrument auflegt, um die Verwirklichung dieser Ziele zu unterstützen. Ferner müssen durch intensive Forschung und Innovation neue Klimaschutzverfahren entwickelt und eingeführt werden.

2.   Einleitung

2.1.

Am 20. Juli 2016 legte die Europäische Kommission Vorschläge für eine Verordnung über Treibhausgasemissionsreduktionen seitens der Mitgliedstaaten im Zeitraum 2021-2030 (Lastenteilung 2030) sowie für eine Verordnung über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 vor. Gleichzeitig legte sie eine Strategie für emissionsarme Mobilität auf. In dieser Stellungnahme befasst der EWSA sich mit den beiden Verordnungsvorschlägen; die Mitteilung über die Strategie ist Gegenstand einer separaten Stellungnahme (TEN/609).

2.2.

Die Vorschläge stehen im Zusammenhang mit den Emissionsreduktionsverpflichtungen der EU im Umfang von mindestens 40 % bis 2030 im Vergleich zum Stand von 1990. Wie von der EU vereinbart erfordert das für 2030 gesetzte Ziel eine Emissionsreduktion von 43 % in den vom EU-Emissionshandelssystem (EHS) erfassten Sektoren und von 30 % in anderen, nicht unter das EHS fallenden Sektoren, jeweils gegenüber 2005. Rat und Europäisches Parlament sind mit der Überarbeitung der EHS-Richtlinie befasst. Der EWSA hat sich dazu in seiner Stellungnahme NAT/675 geäußert.

2.3.

Die vorgeschlagenen Verordnungen betreffen nicht unter das EHS fallende Sektoren, Tätigkeiten in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft sowie Landnutzung und Forstwirtschaft. Die Emissionsreduktionsziele der Mitgliedstaaten sind eine Folgemaßnahme der geltenden Lastenteilungsentscheidung in Verbindung mit den EU-Klimazielen bis 2020, während die Bereiche Landnutzung und Forstwirtschaft erstmals in den EU-Rahmen für die Klima- und Energiepolitik einbezogen werden. Bislang sind sie im Rahmen des Kyoto-Protokolls berücksichtigt worden.

2.4.

Im Einklang mit den vom Europäischen Rat angemahnten Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Kostenwirksamkeit schlägt die Europäische Kommission differenzierte nationale Emissionsreduktionsziele vor. Die Ziele der einzelnen Mitgliedstaaten für 2030 rangieren zwischen 0 % und 40 %. Für den Sektor Landnutzung und Forstwirtschaft schlägt die Kommission vor, dass die gemäß den en Anrechnungs-/Verbuchungsvorschriften erfassten Emissionen und ihr Abbau in Senken in jedem Mitgliedstaat ausgeglichen sein müssen.

2.5.

Die Kommission schlägt auch weiterhin Flexibilitätsmechanismen vor, die es ermöglichen, jährliche Emissionszuteilungen zwischen den Mitgliedstaaten und auch zeitlich zu übertragen. Ferner schlägt die Kommission neue Flexibilitätsregelungen vor, die im Rahmen der Lastenteilung einen gewissen Ausgleich mit EHS-Zertifikaten und LULUCF-Abbaueinheiten zulassen.

2.6.

Die vorgeschlagenen Verordnungen haben auch die Überwachung von und die Berichterstattung über Treibhausgasemissionen sowie Anrechnungs-/Verbuchungsvorschriften für Landnutzung und Forstwirtschaft zum Gegenstand.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA begrüßt generell die planmäßige Vorlage der Vorschläge seitens der Europäischen Kommission zur Umsetzung der Verpflichtung der EU, bis 2030 in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft den Klimagasausstoß zu reduzieren. Er hebt indes hervor, dass dabei gleichzeitig die langfristige globale Herausforderung der Eindämmung des Klimawandels berücksichtigt werden muss. Deshalb müssen die Strategien und Maßnahmen auf das langfristige Ziel der Klimaneutralität abgestimmt werden.

3.2.

In einer anderen Stellungnahme (NAT/690) rief der EWSA die EU jüngst auf, ihren positiven Einfluss auf das globale Klima („ökologischer Handabdruck“) zu vergrößern und sich nicht nur auf die Senkung ihrer Emissionen zu konzentrieren. Im Rahmen der Klimapolitik bis 2030 sollten Klimaschutzlösungen für Drittländer angeboten und gemeinsame Vorhaben mit Drittländern gefördert werden, zumal das Übereinkommen von Paris ein neues Instrument für die internationale Zusammenarbeit im Klimaschutz bietet.

3.3.

In der genannten Stellungnahme plädierte der EWSA ferner für eine effizientere „Klimaunion“ und in Verbindung damit für eine verstärkte Integration von Klimaschutzaspekten in die einschlägigen Binnenmarkt-Politikbereiche. Die Aufteilung des gemeinsamen Emissionsreduktionsziels in nationale Einzelziele könnten Fragmentierung und Auflösung Vorschub leisten. Der EWSA fordert deshalb die Europäische Kommission auf, mit Blick auf die EU-Klimapolitik nach 2030 auch Optionen und Möglichkeiten für einen kohärenteren gemeinschaftlichen Ansatz in den nicht unter das EHS fallenden Sektoren zu prüfen.

3.4.

Statt der Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten ist auch ein sektorbezogener Ansatz als klimapolitischer Pfad denkbar. Die Strategie für emissionsarme Mobilität gründet auf diesem Ansatz. Der EWSA hält es für wichtig, zwischen Binnenmarktaspekten und essentiell nationalen Aspekten zu unterscheiden. Generell ist ein sektorbezogener Ansatz besser für Binnenmarktfragen geeignet, während ein länderspezifischer Ansatz in Angelegenheiten wie bspw. der Bewirtschaftung einheimischer natürlicher Ressourcen angezeigt ist. Insbesondere trifft dies auf die Forstpolitik zu.

3.5.

Durch die Einbeziehung von Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft in den Rahmen bis 2030 wird die EU-Klimapolitik um ein wichtiges neues Element erweitert. Nach Meinung des EWSA sollte diese Einbeziehung so gestaltet werden, dass sie auf langfristige Klimaneutralität und nachhaltiges Wachstum und nicht nur auf kurz- und mittelfristige Maßnahmen abhebt.

3.6.

Die Notwendigkeit, die Emissionen zu senken und Kohlenstoffspeicher auszubauen, treibt die Nutzung von Biomasse als Rohstoff für verschiedene Arten von Bioerzeugnissen und als erneuerbarer Energieträger sowie die Nutzung nachhaltiger Bioenergie im Kontext der Dekarbonisierung des Verkehrs an. Eine nachhaltige Bioökonomie, d. h. die nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung biobasierter Rohstoffe, ist deshalb ein wesentliches Element des Wandels hin zu Klimaneutralität.

3.7.

Der Forstsektor kann einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der CO2-Emissionen, zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Förderung eines nachhaltigen Konsums leisten. Dank langfristiger Investitionen in die Waldbewirtschaftung mit dem Ziel, durch den Aufbau von Holzvorräten künftig eine nachhaltige Holzentnahme sicherzustellen, wachsen die Waldressourcen der EU an. Auch die zunehmende Nutzung von Biomasse macht künftig eine aktive Waldbewirtschaftung erforderlich.

3.8.

Der EWSA betont, dass die Klimaschutzpolitik der EU die Nutzung der Wälder nicht einschränken darf, sofern die Holzentnahme nicht den Holzzuwachs überschreitet und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sichergestellt ist. Eine kurzfristige Einschränkung der Waldnutzung würde langfristig die Senkenfunktion beeinträchtigen.

3.9.

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Klimawandel und Ernährungssicherheit, insbesondere auf globaler Ebene. Deshalb ist es wesentlich, dass beide Herausforderungen — Ernährungssicherheit und Eindämmung des Klimawandels — gleichzeitig angegangen werden. Die Begrenztheit der verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche und der Verstädterungsdruck sollten Auslöser für eine nachhaltige Produktivitätssteigerung sein, damit Europa seinen Teil zur Bewältigung der globalen Herausforderung der Ernährungssicherheit beitragen kann.

3.10.

Im Zusammenhang mit den Nettoemissionen im Agrarsektor erinnert der EWSA an den ebenso ehrgeizigen Vorschlag zu nationalen Emissionshöchstmengen (National Emission Ceilings, NEC) und mahnt, auf Stimmigkeit zu achten und im Zuge der Konzipierung und Umsetzung der verschiedenen Rechtsvorschriften Mehrfachbelastungen zu vermeiden.

4.   Besondere Bemerkungen zum Lastenteilungs-Vorschlag

4.1.

Die Europäische Kommission hat im Einklang mit der Forderung des Europäischen Rates in ihren Vorschlägen die Grundsätze der Fairness und der Kostenwirksamkeit berücksichtigt. Der EWSA schließt sich vorbehaltlos der Auffassung an, dass den Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden muss, um sowohl Fairness als auch Kostenwirksamkeit zu gewährleisten. Die Unterschiede beziehen sich auf die jeweiligen Gegebenheiten und Ausgangssituationen der Länder sowie auf ihre wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten für Emissionssenkungen.

4.2.

Der EWSA weist indes darauf hin, dass der vorgeschlagene Ansatz nicht die bestmögliche Wirkung auf EU-Ebene verspricht, da Fairness und Kostenwirksamkeit getrennt betrachtet werden. Um echte Kostenwirksamkeit auf faire Weise zu erreichen, sollten bei den Berechnungen beide Aspekte gleichzeitig und in allen Mitgliedstaaten einbezogen werden.

4.3.

Für die kostenwirksamste Lösung müsste für jedes Land die Kostenfunktion der Emissionssenkungsmaßnahmen aufgestellt und das jeweilige Ziel in Abhängigkeit von dem Punkt festgesetzt werden, wo die Grenzkosten gemessen am BIP gleich sind. Damit würde auch einer potenziellen Zuteilung von zu vielen Zertifikaten vorgebeugt. Eine weitere Möglichkeit wäre es, für jedes Land dasselbe relative Ziel vorzugeben und dann mit Hilfe von Flexibilitätsmechanismen die beste Lösung zu finden.

4.4.

Das Ergebnis der Lastenteilung ist schwierig zu überprüfen. Der EWSA betont daher die Bedeutung von Transparenz bei der Vorlage der den Berechnungen zugrunde liegenden Daten und Hypothesen sowie der angewandten Methoden.

4.5.

Im Interesse einer besseren Planbarkeit hält der EWSA es für wichtig, die möglichen Auswirkungen des Brexit auf die Lastenteilung zu berücksichtigen und sich darauf vorzubereiten. Norwegen und Island hingegen haben ihre Absicht bekundet, sich an der gemeinsamen Aktion der EU zu beteiligen, was sich ebenfalls auf die Umsetzung der Lastenteilung auswirken kann.

4.6.

In Anbetracht der unvermeidlichen Unzulänglichkeiten bei der Lastenteilung ist die Einführung von Flexibilitätsmechanismen und Vorschriften wichtig, um höchstmögliche Effizienz zu erzielen. Auch sollten neue Formen sektorübergreifender Flexibilität geprüft werden. Ferner wird ein effizientes transparentes System zur Überwachung der Auswirkungen der Flexibilitätsregelungen benötigt.

4.7.

Die Flexibilität, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, untereinander mit Emissionszuteilungen zu handeln und Emissionsreduktionsprojekte in anderen Mitgliedstaaten durchzuführen, fördert Kostenwirksamkeit wie auch Fairness. Auch die Möglichkeit einer zeitlichen Übertragung von Emissionszuteilungen ist notwendig und sollte weniger stark beschränkt werden, da Emissionssenkungen in der Praxis von einem Jahr zum nächsten nicht linear verlaufen.

4.8.

Die vorgeschlagene Option, Emissionszuteilungen im Rahmen des EHS zum Ausgleich von Emissionen in anderen Sektoren zu verwenden, ist in Anbetracht der angestrebten Optimierung der Emissionssenkungen zu begrüßen. Allerdings ist zu bedenken, dass das Löschen von Emissionszuteilungen in einem Land im Zuge des EU-weiten Emissionshandelssystems Auswirkungen auf andere Länder hat.

4.9.

Der EWSA begrüßt die Möglichkeit, den Kohlendioxidabbau und Emissionssenkungen in den LULUCF-Bereichen zum Ausgleich von Emissionen in anderen Bereichen gutzuschreiben. Die eventuelle Aufnahme der Waldbewirtschaftung in die Flexibilitätsmöglichkeiten sollte so gestaltet werden, dass nachhaltige Waldbewirtschaftung und Waldwachstum gefördert werden und die Nutzung von Waldressourcen als Rohstoff der Bioökonomie nicht beeinträchtigt wird.

5.   Besondere Bemerkungen zum LULUCF-Vorschlag

5.1.

Die Rolle der Land- und Forstwirtschaft erfordert einen ganzheitlichen Ansatz im Rahmen der EU-Klimapolitik. Neben Klimaschutzmaßnahmen müssen auch Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in der Land- und Forstwirtschaft ergriffen werden, die am stärksten von widrigen Witterungsverhältnissen betroffen sind. Deshalb sollte ein Klimaschutzpfad mit geringstmöglichen negativen Folgen für die Produktion gefördert werden. Wie im Kommissionsvorschlag dargelegt wird, ist es wichtig, die Position der EU im globalen Gefüge im Auge zu behalten und die Ergebnisse der globalen Bilanz des Übereinkommens von Paris zu berücksichtigen, insbesondere mit Blick auf Umweltintegrität und potenzielle Negativfolgen von Kohlenstoffverlagerung.

5.2.

Dem Pariser Übereinkommen zufolge sollte bis zur zweiten Hälfte des Jahrhunderts ein Ausgleich zwischen den anthropogenen Treibhausgasemissionen und dem Treibhausgasabbau durch Senken wie Wälder erreicht werden. Es ist daher außerordentlich wichtig, die Senkenfunktion der Wälder zu erhalten und die Sättigung alter Waldbestände als Kohlenstoffspeicher zu vermeiden.

5.3.

Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, die Nutzung von Holz als Rohstoff zur Herstellung von Produkten und die Ersetzung fossiler Brennstoffe durch Bioenergie sind wirksame Möglichkeiten zur Steuerung der Kohlenstoffbilanz. Um eine Gefährdung der Umweltintegrität zu vermeiden, sollte der Ausgleich von durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursachten Emissionen aus anderen Sektoren durch forstwirtschaftliche Senken nicht dazu führen, dass weniger Holz als Rohstoff für die Bioökonomie zur Verfügung steht.

5.4.

Die Bewirtschaftung von Wäldern als Kohlenstoffsenken ist nicht nur eine Frage der Ausdehnung der Waldflächen, sondern vor allem der Förderung des Waldwachstums durch eine aktive Waldbewirtschaftung und der verstärkten Nutzung von Holzerzeugnissen. Deshalb erachtet der EWSA es als wichtig, dass Holzprodukte im LULUCF-Vorschlag berücksichtigt werden; die Mitgliedstaaten sollten das Potenzial von Holzprodukten als Kohlenstoffspeicher und die damit verbundenen Gutschriften umfassend nutzen. Es sollte außerdem möglich sein, Emissionen aufgrund von Entwaldung durch eine Zunahme forstwirtschaftlicher Ressourcen infolge einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung auszugleichen.

5.5.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, die Verbuchungsvorschriften in der Waldbewirtschaftung eingehend zu überarbeiten, um das umfangreiche Klimaschutzpotenzial einer nachhaltigen Forstwirtschaft (1) zu nutzen. In den Verbuchungsvorschriften müssen die tatsächliche Waldwachstumsrate und Kohlenstoff-Speicherquote zum Ausdruck kommen, um die bisherigen Probleme einer fälschlichen Einstufung von Senken als Emissionsquellen zu vermeiden.

5.6.

Die vorgeschlagenen Verbuchungsvorschriften unter Berücksichtigung der Referenzwerte für Wälder sind komplizierter als zuvor und bieten keinen ausreichenden Anreiz zur Förderung des Waldzuwachses oder der Bioökonomie. Anstatt der Festlegung allzu detaillierter Kriterien schlägt der EWSA vor, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Referenzwerte für Wälder im Einklang mit der geplanten Nutzung der Waldressourcen festlegen und dabei sicherstellen sollten, dass die jährliche Holzentnahme langfristig nicht den jährlichen Holzzuwachs überschreitet.

5.7.

Der EWSA begrüßt den Hinweis der Europäischen Kommission, dass zur Vermeidung von Doppelanrechnungen die Nutzung von Biomasse im Energiesektor gemäß den Leitlinien des Weltklimarats als Nullemission anzusehen ist. Im Übrigen muss jede Art von Mehrfachanrechnung vermieden werden.

5.8.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, auf weltweit einheitliche Verbuchungsvorschriften für LUCLUF hinzuarbeiten. Um andere Länder mitzunehmen, sollten die Vorschriften so einfach wie möglich gehalten werden. Auf internationaler Ebene sollte die EU auch ihre eigenen Kompetenzen im Bereich der Inventarisierung und Überwachung von Waldbeständen einbringen und insbesondere ein zuverlässiges EU-Satellitensystem entwickeln, das aktuelle globale Daten liefern kann.

5.9.

Wie die Waldbewirtschaftung trägt auch eine aktive Bewirtschaftung von Anbauflächen und Grünland zur Bekämpfung des Klimawandels sowie zur globalen Ernährungssicherheit bei. Eine verbesserte Bewirtschaftung von Anbauflächen und Grünland, die eine Verbesserung der Bodenproduktivität sowie Ernte und Neuanpflanzung umfasst, fördert die Senkenleistung und sollte deshalb angemessen angerechnet werden. Hingegen würde eine Beschränkung der Biomasseproduktion langfristig zu verminderter Fotosynthese führen und dadurch den Abbau von Treibhausgasen aus der Atmosphäre beeinträchtigen. Es sollten die besonderen Eigenschaften von organischen Böden berücksichtigt und Möglichkeiten für ihre landwirtschaftliche Nutzung erhalten werden.

5.10.

Um das umfangreiche Potenzial der Bewirtschaftung von Anbauflächen und Grünland zur Steigerung der Senkenleistung der Böden auszuschöpfen und mögliche Leistungsverbesserungen zu messen, plädiert der EWSA für die Erforschung und Entwicklung von Verbuchungsvorschriften für Biomasse auf der Grundlage ein- und mehrjähriger nicht-holziger Pflanzen. Ein dynamisches Bodenbewirtschaftungskonzept, in dessen Mittelpunkt die Optimierung der Bodenfunktionen unter Berücksichtigung der lokalen Voraussetzungen steht, würde nicht nur dem Klima und der Umwelt zugutekommen, sondern auch zur wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit der Landwirtschaft, insbesondere der kleinen landwirtschaftlichen Familienbetriebe, beitragen.

5.11.

Insgesamt beruht die Erfolgsgeschichte von Paris auf einer basisorientierten Festlegung nationaler Zielvorgaben auf der Grundlage der Stärken und Chancen der einzelnen Staaten. Der EWSA ist sich auch der Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten im LULUCF-Sektor bewusst. Die Maßnahmen sollten daher im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip auf nationaler Ebene bedarfsgerecht festgelegt werden, und LULUCF sollte eine eigenständige Säule der Klimapolitik bilden.

5.12.

Der EWSA ermutigt die einzelnen Mitgliedstaaten, unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft und der Sozialpartner auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene ehrgeizige Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels im LULUCF-Sektor aufzulegen und gleichzeitig eine langfristige Vision für eine nachhaltige Landnutzung und Forstwirtschaft zu entwickeln.

5.13.

Zur Durchführung ehrgeiziger Maßnahmen werden umfangreiche Finanzmittel benötigt. Deshalb fordert der EWSA die Europäische Kommission auf, in Zusammenarbeit mit der EIB zusätzlich zu den bestehenden Finanzierungsfazilitäten ein separates Finanzierungsinstrument aufzulegen, um die Verwirklichung dieser Ziele zu unterstützen. Ferner herrscht ein klarer Bedarf an zusätzlichen Investitionen in die Erforschung und Entwicklung neuer Klimaschutzverfahren.

Brüssel, den 14. Dezember 2016

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Nabuurs et al. 2015. A new role for forests and the forest sector in the EU post-2020 climate targets.


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