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Document 52015XC0512(02)

    Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

    ABl. C 156 vom 12.5.2015, p. 19–23 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    12.5.2015   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 156/19


    Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel

    (2015/C 156/08)

    Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates Einspruch gegen den Antrag zu erheben (1).

    PRODUKTSPEZIFIKATION EINER GARANTIERT TRADITIONELLEN SPEZIALITÄT

    „HOLLANDSE MAATJESHARING“/„HOLLANDSE NIEUWE“/„HOLLÄNDISCHER MATJES“

    EG-Nummer: NL-TSG-0007-01178 — 06.11.2013

    1.   Einzutragende(r) Name(n)

    Beantragt wird die Eintragung der Namen: „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“.

    Der Eintragungsantrag bezieht sich zugleich auf den deutschsprachigen Namen „Holländischer Matjes“.

    2.   Art des Erzeugnisses

    Klasse 1.7: Fisch, Muscheln und Schalentiere, frisch und Erzeugnisse daraus

    3.   Gründe für die Eintragung

    3.1.   Es handelt sich um ein Erzeugnis, das

        eine Herstellungsart, Verarbeitungsart oder Zusammensetzung aufweist, die der traditionellen Praxis für jenes Erzeugnis oder Lebensmittel entspricht.

        aus traditionell verwendeten Rohstoffen oder Zutaten hergestellt ist.

    3.2.   Es handelt sich um einen Namen, der

        traditionell für das spezifische Erzeugnis verwendet worden ist.

        die traditionellen oder besonderen Merkmale des Erzeugnisses zum Ausdruck bringt.

    „Hollandse maatjesharing“ gilt als Sammelbegriff zum Schutz des in der Fangsaison vom 1. Mai bis 31. August gefangenen traditionellen Erzeugnisses. „Hollandse maatjesharing“/„Holländischer Matjes“ darf unter diesem Namen sowohl vor als auch nach dem 31. August, dem Ende der Fangsaison, verkauft werden.

    „Hollandse Nieuwe“ ist in den Niederlanden ein Begriff, eine alte traditionelle Bezeichnung, die ausschließlich für das traditionelle Erzeugnis verwendet werden darf, das vom 1. Mai bis 31. August des laufenden Kalenderjahres gefangen und verkauft wird.

    In den Bezeichnungen kommen die besonderen Merkmale des Erzeugnisses zum Ausdruck. Damit wird Matjeshering bezeichnet, der seit Jahrhunderten auf traditionelle holländische Weise gekehlt oder geköpft, anschließend in Salzlake eingelegt oder trocken gesalzen wird und nach der natürlichen enzymatischen Reifung zum Verzehr bereit ist. Der Begriff „maatjesharing“ (Matjeshering) verweist auf das biologische Stadium, in dem sich der in der Zeit vom 1. Mai bis 31. August des laufenden Kalenderjahres gefangene Hering befindet. Das Wort „maatje“ (Matjes) ist eine Verballhornung des niederländischen Wortes „maagdje“ (Jungfrau): Zum Fangzeitpunkt ist dieser Hering noch ohne erkennbaren Ansatz von Milch oder Rogen. Das Wort „maatjesharing“ an sich bezeichnet also lediglich den Rohstoff. „Hollandse“ verweist auf das damit verbundene traditionelle Herstellungsverfahren. Matjes lässt sich nämlich auch auf andere Weise verarbeiten.

    4.   Beschreibung

    4.1.   Beschreibung des Erzeugnisses, das den unter Ziffer 1 angegebenen Namen führt, unter anderem mit den wichtigsten physikalischen, chemischen, mikrobiologischen oder organoleptischen Eigenschaften, die die besonderen Merkmale des Erzeugnisses zum Ausdruck bringen (Artikel 7 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung)

    Als „Hollandse maatjesharing“ wird mindestens drei Jahre alter Hering (Clupea harengus) bezeichnet. Dieser Hering ist ein schlanker, recht kleiner Fisch mit einer kurzen Flosse am tiefblau gefärbten Rücken. Die Gräten des Herings sind weich. Zudem weist Matjeshering die folgenden Eigenschaften auf:

    kleine Geschlechtsorgane (3 bis 8 mm hoch),

    Milch und Rogen mit dem bloßen Auge nicht erkennbar,

    Ovarien hellrot, Testes rötlich-grau gefärbt,

    durchscheinend weiße Fettschicht,

    weißes Fleisch,

    im Geruch frisch, salzig und mehr oder weniger gereift,

    Fleisch von zarter und fetter Konsistenz,

    sahnig, mildsalzig und zart im Geschmack.

    Besondere Merkmale

    Der spezifische Charakter des „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ ergibt sich aus folgenden typischen Merkmalen dieses Erzeugnisses:

    spezifischer Charakter des verwendeten Rohstoffs Matjeshering,

    Kehlen oder Köpfen, Salzen und Reifen auf traditionelle holländische Weise.

    „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ verdankt seine besonderen Merkmale dem verwendeten Matjeshering in Kombination mit der traditionellen Verarbeitungsmethode.

    „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ unterscheidet sich vom „Bückling“, da Letzterer aus mit Milch oder Rogen angefülltem Vollhering hergestellt, anschließend geräuchert und gesalzen wird. Bückling wird in Salzlake eingelegt oder gesalzen und danach getrocknet. Anschließend wird der Hering bei einer Temperatur von höchstens 25 °C geräuchert. Für „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ hingegen wird der Hering nach dem Köpfen oder Kehlen gesalzen und tiefgefroren. Milch und Rogen des Bücklings gelten unter Kennern als wahre Gaumenfreude. Der für „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ verwendete Matjeshering lässt keinen wesentlichen Ansatz von Milch oder Rogen erkennen.

    „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ unterscheidet sich von einem „sauren Hering“ oder „Rollmops“ insofern, als Letzterer aus Ihlen (Hohlhering) hergestellt wird, die abgelaicht und zu mager sind, um zu „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ verarbeitet zu werden. Ein Rollmops ist ein gerollter, filetierter saurer Hering, der mit einer Gewürzgurke (einer kleinen sauren Gurke) und Zwiebeln gefüllt ist und von einem Stäbchen zusammengehalten wird.

    4.2.   Beschreibung der von den Erzeugern anzuwendenden Methode zur Herstellung des Erzeugnisses, das den unter Ziffer 1 angegebenen Namen führt, einschließlich gegebenenfalls der Art und der Merkmale der verwendeten Rohstoffe oder Zutaten und der Zubereitungsmethode des Erzeugnisses (Artikel 7 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung)

    „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“, wie in Ziffer 4.1. beschrieben, wird zu Beginn der Fangsaison (in den Monaten Mai bis August) gefangen und nach einer der folgenden Methoden hergestellt.

    Auswahl des Matjesherings

    Der fangfrische Hering wird auf die in Ziffer 4.1. genannten Merkmale geprüft. Anschließend wird kontrolliert, ob die Fettschicht durchscheinend weiß ist. Zur Prüfung der Färbung der Geschlechtsorgane muss der Hering aufgeschnitten werden.

    Liefert die Probe keine ausreichenden Hinweise für die Eignung des Matjesherings, wird der Hering einer anderen Bestimmung zugeführt.

    Verarbeitungsprozess

    Der gesamte Verarbeitungsprozess des Kehlens, Salzens und Reifens basiert auf traditioneller holländischer Rezeptur:

    Der fangfrische Matjeshering muss entweder auf See oder an Land gekehlt oder geköpft werden.

    Beim Kehlen werden die Kiemen und ein Teil der Innereien des Herings entfernt, nicht aber die Bauchspeicheldrüse. Das Kehlen läuft zwar zunehmend automatisiert ab, kann aber nach wie vor mit einem Spezialmesser vorgenommen werden. Der Fisch entblutet auf diese Weise gut, was für weißes Fischfleisch sorgt. Die Bauchspeicheldrüse bildet ein Verdauungsenzym. Dieses Enzym führt nach dem Tod des Herings zu einer Veränderung der Eiweiße in dem Fisch, wodurch die enzymatische Reifung einsetzt, die „Hollandse maatjesharing“ seine Einzigartigkeit in Geschmack, Geruch und Struktur verleiht. Das Reifen ist die autolytische Umwandlung des fetten Fischfleischs durch die Bauchspeicheldrüsenenzyme.

    Das Köpfen führt zu demselben Ergebnis. Dabei wird der Kopf vollständig abgetrennt, während beim Kehlen der Kopf am Hering verbleibt.

    Für den Reifeprozess haben sich beide Techniken gleichermaßen bewährt.

    Reifeprozess

    Der gekehlte oder geköpfte Hering reift in Salzlake, und zwar auf eine der folgenden Weisen:

    Über den Fisch wird Trockensalz geschaufelt, wodurch dem Fisch Feuchtigkeit und Blut entzogen werden und sich eine natürliche Salzlake bildet.

    Salz wird in Wasser zu einer Salzlake aufgelöst, in die der Matjeshering eingelegt wird. Als Salzlösung eignet sich auch Seewasser, dem zusätzliches Salz zugegeben wird.

    Für das verwendete Salz gelten keine besonderen Anforderungen. Mit dem Salzen beginnt der Reifeprozess. Zum Entstehen des Fertigerzeugnisses reifen die Matjesheringe je nach Größe, Gewicht und Fettgehalt entsprechend den Wünschen des Marktes 4 Stunden bis 4 Tage lang in mit Salzlake gefüllten Fässern, Eimern oder Bottichen, wobei ein großer Hering länger im Salzbad liegt als ein kleiner. Das Salz hemmt die Reifung, so dass „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ lange Zeit aufbewahrt werden kann, ohne an Charakter (Geschmack) zu verlieren.

    Es gibt drei verschiedene Verarbeitungsmethoden:

    1.

    Das Kehlen auf See, bei dem der Hering auf See gekehlt und in Salzlake eingelegt/gesalzen wird, damit der Reifeprozess sofort beginnen kann. Danach wird der Hering tiefgefroren.

    2.

    Das Kehlen an Land, bei dem der fangfrische Hering in Seewasser gekühlt und angelandet wird. Anschließend wird der Hering gekehlt/geköpft, in Salzlake eingelegt/gesalzen, gereift und tiefgefroren.

    3.

    Der Hering wird zunächst rundgefroren (ohne jegliche Verarbeitung oder Sortierung tiefgefroren) und später an Land zum Kehlen/Köpfen aufgetaut. Daran schließt sich das Einlegen in Salzlake oder das Trockensalzen an, worauf die Reifung einsetzt.

    Alle Methoden führen zu delikatem „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“.

    Die Verpflichtung zum Tiefgefrieren des Herings ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 853/2004.

    „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ kann sowohl filetiert als auch unfiletiert zum Kauf angeboten werden. „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ wird von Hand oder auch maschinell nach einem Reifeprozess zwischen 1 und 7 Tagen bei einer Temperatur von 0 bis 4 °C filetiert. Dieser Reifeprozess kann bei einem gekehlten Erzeugnis vor und/oder nach dem Tiefgefrieren stattfinden.

    Kontrolle

    Die Fischhändler nehmen die traditionelle Kontrolle von (gereiftem) „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ wie folgt vor:

    1.

    Riechen am „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ (zumeist im Eimer). Er muss im Geruch frisch und darf nicht verdorben, ranzig sein.

    2.

    Die Salzlake muss in Farbe und Klarheit einwandfrei sein. Bei der Prüfung der Salzlake müssen Salz und Reifung ohne Beanstandung sein und dürfen nicht verdorben schmecken.

    3.

    Fühlen am „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“. Dabei wird der Hering zwischen den Fingern hin- und herbewegt. Der Hering muss von fester Struktur sein und sich zugleich zart anfühlen.

    4.

    Ein bis zwei Exemplare werden vorsichtig aus dem Eimer geholt und durch Filetieren beurteilt. Der Mageninhalt ist auf Plankton zu untersuchen, der Fettspiegel unter der Haut ist zu beurteilen.

    Traditionell wird vor der Versteigerung des ersten Fässchens wohlweislich die Qualität des neuen Fangs überprüft. Gleichwohl nimmt auch noch jeder Fischhändler eine Beurteilung des von ihm gekauften „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ auf ebenjene Weise vor.

    Darüber hinaus wird stichprobenartig geprüft, ob

    1.

    der Name korrekt verwendet wird,

    2.

    das Fangdatum in den Monaten Mai bis August liegt,

    3.

    das Erzeugnis gekehlt/geköpft, gesalzen und gereift ist.

    4.3.   Beschreibung der wichtigsten Faktoren, die den traditionellen Charakter des Erzeugnisses ausmachen (Artikel 7 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung)

    Traditionelles Herstellungsverfahren

    Noch immer ist unter Historikern umstritten, ob Willem Beukelzoon aus Biervliet zu Recht die Ehre als Entdecker des Kehlens von Hering zuteilwird. Bei Wiaerda, einem Historiker, der ein Buch über Erfindungen und Erfinder verfasste, heißt es:

    „Der Brauch des Einsalzens von Hering und anderem Fisch wurde erst vor 300 Jahren von einem Fischer, Willem Beukelsen aus Biervliet, […] einer Stadt im festländischen Flandern, erfunden. Er kehlte den Hering und legte ihn in Tonnen in Salz ein, um ihn auf diese Weise zu lagern. Er starb im Jahr 1397. In seinem Wappen führte er zwei Kaakmesser. Er hinterließ einen großen Namen, wird doch sein Grab von den Einwohnern noch vorgezeigt. Kaiser Karl V., der dem Hering nicht abgeneigt war, […] hielt das Andenken an diesen Mann in Ehren, so dass er im Jahr 1556 mit seiner Schwester Maria, Königin von Ungarn, sowie der Königin von Frankreich nach Biervliet kam, sein Grab besuchte und seiner Seele Seligkeit wünschte“ (Wiaerda, Naauwkeurige Verhandelinge van de eerste Uytvindingen en Uytvinders, 1733)

    Ob Beukelzoon tatsächlich der Erfinder des Kehlens von Hering war oder ob es an mehreren Orten von verschiedenen Menschen unabhängig voneinander entdeckt wurde, ist hier nicht von Belang. Damals wusste man noch nicht um die enzymatischen Effekte und erkannte man im Grunde den Wert der Entdeckung nicht. Gekehlt wurde vormals vorwiegend an Land. (A. de Boer, W. Klootwijk, Haring en zijn maatjes, 2004)

    Die Vorherrschaft in der Heringsfischerei hatte im Mittelalter ursprünglich die dänische Region Schonen. Das Jahr 1384 markierte jedoch einen Wendepunkt in der Geschichte des Herings. Auf dem jährlichen Hansetag durften die Hansestädte holländischen Fischereischiffen keine Dienste mehr erbringen. Bedingt durch das Verbot verlagerte sich der Erfolg der Heringsfischerei nach „Holland“. Den holländischen Heringsfischern, die in Schonen ebenso wie in England nicht mehr willkommen waren, blieb nichts anderes, als den Hering an Bord auf hoher See zu verarbeiten. Die Holländer trieben auf diese Weise die Qualität, die letztendlich die des Schonenherings übertraf, zur Perfektion:

    „Da die Holländer aufgrund der Umstände gezwungen waren, den Hering sofort nach dem Fang an Bord auszunehmen und zu salzen, verbesserten sich Qualität und Haltbarkeit spürbar.“ (Stam, Haring een liefdesgeschiedenis, 2011)

    Stam hebt in seinem Buch die Bedeutung des Salzens hervor. „Salz hemmt das bakterielle Wachstum und war für die Haltbarkeit des Herings wesentlich bestimmend. Dank des Einsalzens konnten die Schiffe ohne Verderb des Erzeugnisses länger auf See bleiben. Letztlich macht das Kehlen ‚Hollandse maatjesharing‘/‚Hollandse Nieuwe‘/‚Holländischer Matjes‘ so einzigartig. Unter ‚kaak‘ (Kehle, Kiefer) sind auch die Kiemen zu verstehen, und ‚kaken‘ (kehlen) bedeutet, dass die Innereien herausgezogen werden. Das Besondere am Kehlen ist, dass die Innereien nicht vollständig entfernt werden, wie es beim ‚Ausnehmen‘ der Fall ist. Und darin liegt der entscheidende Unterschied: Für ‚Hollandse maatjesharing‘/‚Hollandse Nieuwe‘/‚Holländischer Matjes‘ ist Voraussetzung, dass die Bauchspeicheldrüse (auch Pankreas genannt) im Fisch belassen wird. Sie enthält Eiweiß abbauende Enzyme, die das Fischfleisch reifen lassen. Im Frühjahr steckt der Matjeshering voller Enzyme. Dank der Entdeckung des Kehlens in Verbindung mit dem Salzen konnten die Schiffe, die an Größe zunahmen, weiter entfernt gelegene Fanggründe aufsuchen. Dadurch konnten mehr Fische gefangen und angelandet werden. Die Erweiterung des Fanggebiets trug so zur Mehrung des Wohlstands bei.“ (Stam, 2011)

    Ihre Reputation in der Heringsfischerei verdankten die Holländer dem Übergang vom Kehlen an Land zum Kehlen auf See, der durch das Verbot von 1384 bedingt war. Nachdem die niederländischen Fischer in Schonen nicht mehr willkommen waren, kehlten sie den Hering auf See und salzten diesen in Fässern. Seegekehlter Hering entblutet nach dem Schlachten besser, was von wesentlichem Vorteil ist. Hering, der nach einiger Zeit an Land gekehlt wird, entblutet wegen des bereits geronnenen Blutes schlechter. Experten erkennen stets, ob ein Hering an Land oder auf See gekehlt wurde. Das Kehlen von Hering auf See leitete eine Wende in der Heringsfischerei ein und verhalf den Niederlanden zum Aufstieg. Ab 1450 entwickelte sich das Gewerbe zur „Buisenfischerei“, ab 1567 „Große Fischerei“ genannt, der großen gewerblichen Heringsfischerei (Stam, 2011). Bis 1857 lag das Monopol auf das Kehlen jahrzehntelang bei den drei Maasstädten Schiedam, Vlaardingen und Maassluis.

    Traditioneller Rohstoff

    Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde angesichts zurückgehender Bestände ein Fangverbot für Nordseehering erlassen. Großhändler aus den Niederlanden wichen darauf nach Dänemark aus. Im Skagerrak fischten die Dänen eine Heringsart, die mit dem Matjeshering aus der Nordsee durchaus vergleichbar war. Das Kehlen und Reifen war für die Dänen damals noch Neuland. Die Niederländer verarbeiteten den Hering in Jütland auf ihre eigene vertraute Weise. Nach 1983 war die Heringsfischerei in der Nordsee in begrenztem Maße wieder erlaubt. Dennoch bezogen und verarbeiteten die Niederländer weiterhin dänischen Hering, eben jenen Nordseehering, den ehemals so viele holländische Schiffe fischten. Jahre später weiteten niederländische Heringshändler ihren Aktionsradius auf Norwegen und in geringerem Maße auf Schottland aus. In den Niederlanden findet der „Vlaggetjesdag“ (Fähnchentag) statt, früher der Tag vor dem Auslaufen der Heringsflotte, heute wird die Ankunft des „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ gefeiert. Der „Vlaggetjesdag“ stand erstmals 1947 im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Das Auslaufen der Flotte war von symbolischer Bedeutung und stellte für die arme Bevölkerung einen Lichtblick dar. Die Ankunft des „Hollandse maatjesharing“/„Hollandse Nieuwe“/„Holländischer Matjes“ stand für bessere Zeiten, und der „Vlaggetjesdag“ hatte dafür Symbolcharakter.


    (1)  ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1.


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