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Document 52014SC0401
COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT Assessment of the 2014 national reform programmes and stability programmes for the EURO AREA Accompanying the document Recommendation for a Council recommendation on the implementation of the broad guidelines for the economic policies of the Member States whose currency is the euro
ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN Assessment of the 2014 national reform programmes and stability programmes for the EURO AREA Begleitunterlage zur Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN Assessment of the 2014 national reform programmes and stability programmes for the EURO AREA Begleitunterlage zur Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
/* SWD/2014/0401 final */
ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN Assessment of the 2014 national reform programmes and stability programmes for the EURO AREA Begleitunterlage zur Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist /* SWD/2014/0401 final */
INHALTSVERZEICHNIS Zusammenfassung. 3 1............ Einleitung. 5 2............ Wirtschaftliche Herausforderungen und politische Agenda für das
Euro-Währungsgebiet 5 2.1......... Strukturreformpolitik. 5 2.2......... Haushaltspolitik. 12 2.3......... Politik im Finanzsektor 17 Zusammenfassung Untrügliche Anzeichen lassen derzeit auf eine anhaltende Erholung im
Euro-Währungsgebiet schließen. Auch wenn diese Erholung noch schwach ist,
gewinnt sie langsam an Boden und erfasst die gesamte EU. In den meisten
Mitgliedstaaten ist das Wachstum im letzten Jahr wieder positiv geworden, und
selbst die Aussichten in den anfälligeren Ländern haben sich verbessert. Das
reale BIP-Wachstum dürfte sich 2014 moderat fortsetzen, bevor es 2015 weiter an
Fahrt gewinnt. Die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt beginnen sich zu
verbessern, und die Arbeitslosigkeit dürfte – wenn auch nur ganz allmählich –
in den meisten Mitgliedstaaten weiter zurückgehen. Das aggregierte
haushaltspolitische Bild im Euro-Währungsgebiet erscheint in einem günstigeren
Licht, da die erheblichen Konsolidierungsanstrengungen, die in den letzten
Jahren unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen unternommen wurden, nun
Früchte tragen. Eine hohe öffentliche und private Verschuldung und der damit verbundene
Druck zum Verschuldungsabbau vor dem Hintergrund einer gedämpften Inflation,
geringe Möglichkeiten für produktive Investitionen im Rahmen eines noch anfälligen
und fragmentierten Finanzsystems und eine nicht hinnehmbare hohe
Arbeitslosigkeit sind eine „Altlast“ der Krise und stellen große
Herausforderungen dar, wenn es nun darum geht, von der ersten leichten Erholung
wieder auf den Pfad eines starken, nachhaltigen Wachstums und der Schaffung von
Arbeitsplätzen zu gelangen. Bei der Bewältigung dieser Herausforderungen stehen
die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets – angesichts der zwischen ihnen
bestehenden starken Verflechtungen und der möglichen hohen Spill-over-Effekte
– weiterhin in der besonderen Verantwortung, ehrgeizige und koordinierte
Maßnahmen in jenen Bereichen zu ergreifen, die für das gute Funktionieren der
WWU von besonderer Bedeutung sind. Sowohl die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets
als auch die EU-Institutionen haben bedeutende Fortschritte bei der Umsetzung
der Empfehlungen 2013 für das Euro-Währungsgebiet gemacht. Die
Mitgliedstaaten – und insbesondere die noch anfälligen Staaten – haben ihre
haushaltspolitische Konsolidierung und ihre Strukturreformen fortgesetzt,
während auf EU-Ebene wesentliche Schritte zur Vertiefung der WWU unternommen
wurden, vor allem auf dem Gebiet der Bankenunion und in Bezug auf die Anwendung
des verstärkten wirtschafts- und haushaltspolitischen Steuerungsrahmens.
Dennoch bleibt die Umsetzung spezifischer Empfehlungen für einzelne
Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und für das Euro-Währungsgebiet als
Ganzes unvollständig, und es bestehen weitere Herausforderungen. Die
Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets müssen noch in einer Vielzahl von
Bereichen ehrgeizige und koordinierte Maßnahmen ergreifen: ·
Strukturreformpolitik: Der
Abbau von Ungleichgewichten im Euro-Währungsgebiet ist im Gange, verläuft
allerdings asymmetrisch. Bei der Anpassung der Leistungsbilanzüberschüsse
wurden keinerlei Fortschritte erzielt. Beim Schuldenabbau im privaten Sektor
haben viele Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets noch einen langen Weg vor
sich. Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor hoch und in einigen Mitgliedstaaten
sogar auf unannehmbar hohem Niveau. Angesichts der starken Verflechtungen
innerhalb des Euro-Währungsgebiets sind nach wie vor ambitionierte
Strukturreformen erforderlich, um ein einwandfreies Funktionieren der WWU zu
gewährleisten, Konvergenz zu fördern und Risiken für die Stabilität, für das
künftige Wachstumspotenzial und für den sozialen Zusammenhalt weiter
einzudämmen, wobei es die potenziell beträchtlichen Spill-over-Effekte
derartiger Reformen zu berücksichtigen gilt. ·
Haushaltspolitik: Dank der
großen Anstrengungen in den vergangenen Jahren kann die Haushaltspolitik nun
ein langsameres Tempo anschlagen. Allerdings bedarf es weiterer Anstrengungen,
um das hohe Verschuldungsniveau in Richtung auf die mittelfristigen Ziele
zurückzuführen. Dabei ist es von ausschlaggebender Bedeutung, dass die
Anpassung so wachstumsfreundlich wie möglich erfolgt. Dies erfordert auch eine
wachstumsfreundlichere Kombination von ausgaben- und einnahmenseitigen
Maßnahmen sowie eine höhere Ausgabeneffizienz. Den Mitgliedstaaten des
Euro-Währungsgebiets kommt diesbezüglich eine besondere Verantwortung zu, da es
darum geht, einen angemessenen allgemeinen politischen Kurs für das
Euro-Währungsgebiet zu halten und die potenziell erheblichen Spill-over-Effekte
zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets im Hinblick auf die
Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu berücksichtigen. ·
Politik im Finanzsektor:
Der Zugang zu Finanzierungen bleibt insbesondere für KMU in vielen
Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets eine Herausforderung, die die
wirtschaftliche Erholung sowie das reibungslose Funktionieren der WWU zu
unterminieren droht. Die Risiken einer Finanzierungslücke für produktive
Investitionen sind nach wie vor akut und vor dem Hintergrund eines weiteren
Drucks zum Verschuldungsabbau und einer nach wie vor erheblichen
Marktfragmentierung zu sehen, die das reibungslose Funktionieren der WWU
behindert. Über die Schaffung der Bankenunion hinaus ist eine Reihe von
Initiativen für die langfristige Finanzierung der Wirtschaft erforderlich. Der
„Kreditkanal“ dürfte zudem durch eine weitere Sanierung der Bankbilanzen und
eine weitere Verstärkung der Eigenkapitalpolster – falls erforderlich –
wiederhergestellt werden. 1.
Einleitung Die seit dem zweiten Quartal 2013 anhaltende wirtschaftliche
Erholung des Euro-Währungsgebiets dürfte sich in allen Ländern fortsetzen und
an Schwung gewinnen. Gleichzeitig dürfte sich ein ausgewogeneres Verhältnis
zwischen den Wachstumstreibern einstellen. Nach Zeiten einer tiefen Finanzkrise
bleibt die Erholung typischerweise jedoch anfällig. Vor diesem Hintergrund
verändert sich die Art der Herausforderungen, mit denen das Euro-Währungsgebiet
konfrontiert ist. Noch vor einigen Jahren ging es in erster Linie darum,
angesichts alarmierender Defizite und einer rasch ansteigenden öffentlichen
Verschuldung die Glaubwürdigkeit der Haushalte wiederherzustellen, negative
Rückkopplungen zwischen den nationalen Haushalten und dem Bankensektor
aufzubrechen und die Probleme der Realwirtschaft zu lösen, die gekennzeichnet
war durch untragbare Leistungsbilanzdefizite, besorgniserregende
Wettbewerbsfähigkeitsverluste, eine steigende Privatverschuldung und hohe
Immobilienpreise. Dank ehrgeiziger politischer Maßnahmen auf Ebene der EU und
der Mitgliedstaaten hat das Euro-Währungsgebiet dieses Szenario hinter sich
gelassen. Die aktuellen Herausforderungen betreffen nun Probleme wie die
anhaltenden Auswirkungen des unumgänglichen Verschuldungsabbaus in vielen
Ländern auf das mittelfristige Wachstum sowie die unannehmbar hohe
Arbeitslosigkeit und Ungleichheit, die Tragfähigkeit der Verschuldung des
privaten und des öffentlichen Sektors vor dem Hintergrund einer „kompetitiven
Disinflation“ sowie das Erfordernis, Kredite für tragfähige Investitionen in
den anfälligen Volkswirtschaften im Rahmen eines sich erholenden Finanzsystems
zur Verfügung zu stellen. Diese Herausforderungen sollten nicht isoliert,
sondern als ein komplexes System interagierender wirtschaftlicher Variablen
gesehen werden, die die Bedeutung eines kohärenten und koordinierten Policy-Mix
aus nationalen Maßnahmen und Maßnahmen auf Ebene des Euro-Währungsgebiets
untermauern. Im folgenden Abschnitt wird die politische Agenda für das
Euro-Währungsgebiet mit Blick auf das reibungslose Funktionieren der WWU unter
besonderer Berücksichtigung der Themen Strukturreform, Haushaltspolitik und
Politik im Finanzsektor beleuchtet.
2.
Wirtschaftliche Herausforderungen und politische
Agenda für das Euro-Währungsgebiet
2.1.
Strukturreformpolitik Der Abbau von
Ungleichgewichten im Euro-Währungsgebiet ist im Gange und kommt gut voran. Eine signifikante Anpassung hat in den Peripherieländern des
Euro-Währungsgebiets stattgefunden, die vor Beginn der Finanzkrise hohe
Leistungsbilanzdefizite auswiesen. Zusammen genommen verzeichneten diese
anfälligen Länder im Jahr 2013 einen Überschuss von etwa 1,3 % ihres BIP,
der bis 2015 weiter auf 2,0 % ansteigen dürfte. Diese Anpassung ist zum
Großteil nicht konjunkturabhängig und wird somit bei einer Verbesserung der
gesamtwirtschaftlichen Situation auch nicht wieder zunichtegemacht werden.
Vorangetrieben wurde der Anpassungsprozess zum einen durch ein strukturell
bedingtes Nachlassen der Binnennachfrage und zum anderen – und dies in
zunehmendem Maße – durch eine verbesserte Exportleistung. Soweit die Anpassung
auf eine geringere Binnennachfrage in Kombination mit einem Rückgang des
Produktionspotenzials zurückzuführen ist, bringt sie erhebliche wirtschaftliche
und soziale Kosten mit sich. Angesichts der starken privaten und öffentlichen
Verschuldung in den betreffenden Ländern und der damit einhergehenden
Bremswirkung auf die Binnennachfrage wird das künftige Wachstum in hohem Maße
von den Ausfuhren abhängen, die zur Aufrechterhaltung solider
Außenhandelspositionen beitragen werden. Diesbezüglich haben die meisten
anfälligen Länder bereits erhebliche Fortschritte auf dem Weg zum Ausgleich der
vor der Krise aufgebauten Verluste bei der Kostenwettbewerbsfähigkeit gemacht. Angesichts der nach
wie vor von der Schulden-Altlast ausgehenden Bedrohung ist der Prozess des
Abbaus von Ungleichgewichten noch lange nicht abgeschlossen. Trotz einer Anpassung der Finanzströme ist der Bestand an Auslandsschulden
in den meisten anfälligen Ländern sehr hoch. Vor diesem Hintergrund ist an die
Stelle der traditionellen Dichotomie zwischen „Defizitländern“ und
„Überschussländern“ eine neue Dichotomie zwischen „Schuldnerländern“ und ihren
„Gläubigerländern“ im Euro-Währungsgebiet getreten. Die
Leistungsbilanzverbesserungen haben nicht zu einer proportionalen Verringerung
der Nettoauslandsverschuldung (NIIP im Verhältnis zum BIP) geführt, bedingt
durch das ausgesprochen schwache nominale Produktionswachstum und durch
mitunter beträchtliche negative Bewertungseffekte (soweit solche
Bewertungseffekte aus Werterhöhungen von Auslandsverbindlichkeiten, wie etwa
erhöhten Preisen von Inlandsbeteiligungen in ausländischem Besitz, resultieren,
können sie Ausdruck des Vertrauens der Märkte in die betreffenden
Volkswirtschaften sein). Schaubild 1 zeigt, dass die Länder des
Euro-Währungsgebiets mit sehr geringem Wachstum und/oder sehr niedriger
Inflation tatsächlich auch diejenigen mit den höchsten
Nettoauslandsverbindlichkeiten sind. Dadurch werden praktisch zwei der
wichtigsten Kanäle blockiert, die in der Vergangenheit von zentraler Bedeutung
für den Abbau von Schuldenüberhängen waren. Soll die außerordentlich hohe
Auslandsverschuldung auf ein tragfähigeres Niveau abgesenkt werden, müssen die
verbesserten Leistungsbilanzen somit künftig aufrechterhalten und in einigen
Fällen möglicherweise weiter optimiert werden. Zwar weisen inzwischen alle
anfälligen Länder eine Leistungsbilanz auf, die mit einer stabilen Entwicklung
ihrer Nettoauslandsverschuldung vereinbar ist, doch würde ein Abbau der
Nettoauslandsverschuldung in angemessenem Tempo mitunter noch höhere Handels-
und Leistungsbilanzüberschüsse erfordern. Zudem verläuft die
Anpassung asymmetrisch. Bei der Anpassung der Leistungsbilanzüberschüsse wurden
keinerlei Fortschritte erzielt. Als Folge dieser
Entwicklung war 2013 im Euro-Währungsgebiet als Ganzes ein
Leistungsbilanzüberschuss von etwa 2,2 % zu verzeichnen, und für 2014 und 2015
wird ein weiterer geringfügiger Anstieg auf 2,3 % prognostiziert (siehe
Schaubild 2). Risiken, die aus einem solchen Überschuss erwachsen, sind
zum einen der zunehmende Druck auf die Binnennachfrage und zum anderen die
Möglichkeit einer Aufwertung des Euro. Die Auswirkungen auf die
Auslandsnachfrage und auf die Anpassung der Preise und Kosten könnten die von
den Peripherieländern unternommenen Anstrengungen zur Wiederherstellung ihrer
Wettbewerbsfähigkeit unterminieren, und die Auswirkungen auf das verfügbare
Einkommen hätten eine Disinflation auf breiterer Front zur Folge. Schaubild 1: Auslandsverschuldung und nominales Wachstum || Schaubild 2: Geografische Aufschlüsselung der Leistungsbilanz des Euro-Währungsgebiets || Anmerkung: IT, LV, LU (2013 Q3), MT (2013 Q2), FR (2012 Q4); NIIP multipliziert mit (-1) Quelle: Eurostat, AMECO || Quelle: Eurostat Der steigende
Leistungsbilanzüberschuss im Euro-Währungsgebiet deutet auf eine schwache
aggregierte Binnennachfrage hin. Da sich die Zinssätze
der Null-Prozent-Untergrenze annähern, verfügt die Geldpolitik über einen nur
begrenzten oder gar keinen Spielraum, um die Nachfrage anzukurbeln. Auch die
Möglichkeiten der Haushaltspolitik sind in den meisten Ländern beschränkt. Da zudem
der Spielraum für eine Erhöhung der Binnennachfrage in den Peripherieländern
begrenzt ist, besteht der einzige Weg zur Schließung der Produktionslücke im
Euro-Währungsgebiet als Ganzes darin, die Binnennachfrage in den
Überschussländern zu erhöhen. Im Übrigen geht von der mangelnden
Binnennachfrage im Euro-Währungsgebiet als Ganzes ein Abwärtsdruck auf die
Preise aus. Im Umfeld einer niedrigen Inflation – mit einer Inflationsrate, die
unterhalb des von der EZB als „Preisstabilität“ definierten Niveaus von unter,
aber nahe 2 % liegt – wird es für die Peripherieländer noch schwieriger,
die nötigen Anpassungen in relativen Preisen zu bewerkstelligen. Aufgrund der
nominalen Rigiditäten kann eine dauerhaft sehr niedrige Inflation auch zu einem
Hindernis für die erforderlichen Anpassungen der Reallöhne werden, was
erhebliche Auswirkungen auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit hat. Eine
symmetrischere Anpassung im Euro-Währungsgebiet würde zum einen dafür sorgen,
dass sich der Anpassungsprozess insgesamt reibungsloser und weniger kostspielig
gestaltet, und zum anderen zur Verringerung des Gesamtüberschusses des
Euro-Währungsgebiets beitragen. Beim Schuldenabbau
im nichtfinanziellen privaten Sektor haben viele europäische Länder noch einen
langen Weg vor sich. In der hohen Auslandsverschuldung
der anfälligen Länder spiegelt sich die hohe Verschuldung der inländischen
Sektoren, und zwar sowohl des privaten als auch des öffentlichen Sektors wider.
Gegenwärtig werden Konsum und Investitionen insbesondere durch den auf dem
privaten Sektor – Privathaushalten wie Unternehmen – lastenden Druck zum
Schuldenabbau gebremst. Wie Abbildung 3 zu entnehmen ist, weisen einige
Länder des Euro-Währungsgebiets sehr hohe Schuldenstände aus. Vielfach war seit
Ausbruch der Krise keinerlei Rückgang zu verzeichnen. Vor allem im
Unternehmenssektor vollzog sich der Schuldenabbau äußerst langsam, und nur in
wenigen Ländern hat die Unternehmensverschuldung abgenommen. Selbst in Fällen,
in denen ein gewisser Schuldenabbau stattgefunden hat, entspricht der bisherige
Umfang der Anpassung, wie er sich an der Schuldenquote ablesen lässt, lediglich
einem begrenzten Anteil des vor der Krise festgestellten Anstiegs. Dies deutet
darauf hin, dass sich der Abbau der Verschuldung des privaten Sektors noch in
einem frühen Stadium befindet. Trotz des gedämpften Wachstums bei der Vergabe
neuer Kredite wirkte das schleppende oder gar negative BIP-Wachstum einem Abbau
der Verschuldungsquote entgegen. Schaubild 3: Verschuldung des privaten Sektors – Nichtfinanzunternehmen (links) und Privathaushalte (rechts) (in % des BIP) || Quelle: Eurostat. Anmerkung:
Konsolidierte Zahlen für Nichtfinanzunternehmen. Schulden umfassen Darlehen und
Wertpapiere, bei denen es sich nicht um Anteile handelt, unter Ausschluss von
Finanzderivaten. LU ist im Schaubild zur Verschuldung des privaten Sektors
nicht erfasst. Im Jahr 2013 betrug
die Arbeitslosenquote 12 %. Dies entspricht einer Zunahme um 0,7 Prozentpunkte
seit 2012. In einem Drittel der dem
Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten war ein starker Anstieg der
Arbeitslosenquoten zu verzeichnen, auch in einigen Ländern, in denen sie
ohnehin schon sehr hoch waren. Das Anpassungstempo ist nach wie vor
gering. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen steigt weiter an und lag im Jahr 2013
bei 50 % der Gesamtbeschäftigung. Damit erhöht sich das Risiko, dass die
Arbeitslosigkeit immer mehr zu einem strukturellen Problem wird. Die realen
Lohnstückkosten steigen langsamer in Ländern mit höheren Arbeitslosenquoten,
wodurch Arbeitsplatzverluste aufgefangen werden. Gleichzeitig ist dies Ausdruck
der Bemühungen, die zwischen den Ländern des Euro-Währungsgebiets bestehenden
Diskrepanzen bei der Arbeitslosigkeit einzudämmen. Nichtsdestoweniger besteht
nach wie vor das Risiko, dass die Arbeitslosigkeit künftig weniger stark auf
die Lohndynamik reagieren wird. Der Prozess der Ressourcenreallokation beginnt,
Wirkung zu zeitigen: Die Nominallöhne sind im Sektor der nicht handelbaren Güter
wesentlich stärker zurückgegangen als im Sektor der handelbaren Güter. Diese
Entwicklung deutet darauf hin, dass die derzeitigen Bedingungen eine
Verlagerung der Erwerbstätigkeit vom Sektor der nicht handelbaren Güter hin zum
Sektor der handelbaren Güter fördern. Diese Ressourcenreallokation und die
Arbeitskräftemobilität generell sind in der Tat von entscheidender Bedeutung
für eine nachhaltige Verbesserung der außenwirtschaftlichen Position von
Ländern, die im vergangenen Jahr weitgehend negative Nettoinvestitionspositionen
aufgebaut haben. Die soziale Lage im
Euro-Währungsgebiet hat sich in der Krise verschärft,
und fast alle sozialen Indikatoren haben sich im Jahr 2012 (d. h. bei
Zugrundelegung der Einkünfte im Jahr 2011) verschlechtert, mit Ausnahme des
Anteils der Menschen, die in Haushalten mit sehr geringer Erwerbsintensität
leben. Insbesondere für die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, die am
unmittelbarsten von den sich verschlechternden Arbeitsmarktbedingungen
betroffen ist, hat sich die Situation verschlimmert. Alle relevanten
Indikatoren liegen über dem Vorkrisenniveau: Die Armutsgefährdungsquote liegt
bei 17 %, die Quote der erheblichen materiellen Deprivation bei 7,6 %,
die Quote der Personen, die in Haushalten mit sehr geringer Erwerbsintensität
leben, bei 10,5 %, die Quote der Personen, die trotz Erwerbstätigkeit in
Armut leben, bei 10,6 % und die Armutslücke beträgt 23,4 %. In den
von der Krise am schwersten getroffenen Ländern ist seit 2010 ein steiler
Anstieg der erheblichen materiellen Deprivation festzustellen. Gleichzeitig
konnten aber eine Reihe von Mitgliedstaaten ihre Armutsindikatoren auf einem
stabilen Niveau halten. Die potenziellen Auswirkungen sozialer Entwicklungen
auf das langfristige Wachstum und die langfristige Tragfähigkeit der
öffentlichen Schulden sind vielfältig.[1]
So hat Armut durch den verminderten Zugang zu Bildungs- und Gesundheitsdiensten
Auswirkungen auf die Produktivität, und Ungleichheiten beeinflussen durch die
private Verschuldung und den Anstieg des Verbrauchs die Wachstumsdynamik. Hinzu
kommt, dass höhere Armuts- und Arbeitslosenquoten sich auf die
„Reformmüdigkeit“ auswirken können. Dadurch kann die im Euro-Währungsgebiet
erforderliche Erholung erheblich beeinträchtigt werden, was sich wiederum auf
die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in anfälligen Ländern
auswirken kann. Zur Eindämmung
dieser Bedrohungen für das ordnungsgemäße Funktionieren des
Euro-Währungsgebiets sind unbedingt ambitionierte Strukturreformen
erforderlich, die zu einer größeren Flexibilität der Wirtschaft führen. Strukturreformen können nicht nur zu einem dauerhaften Prozess des
Abbaus von Ungleichgewichten beitragen, sondern auch die negativen Auswirkungen
des Schuldenabbaus der Privathaushalte abmildern. Eine stärkere Anpassung der
Reallöhne hat eine behutsamere Reaktion der Beschäftigung und damit der realen
Wirtschaftsleistung zur Folge, und eine raschere Anpassung der Preise
ermöglicht auch eine raschere Anpassung des Realzinssatzes in Richtung auf ein
gleichgewichtiges Niveau. Reformen sind von entscheidender Bedeutung für die
Rückkehr zu einem nachhaltigen und inklusiven Wachstum und für die Förderung
der Beschäftigung, was wiederum zur Tragfähigkeit der privaten und öffentlichen
Verschuldung beiträgt und die Sozialschutzsysteme in Zeiten einer
Haushaltskonsolidierung schont. Angesichts der
starken Verflechtungen zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets
ist mit potenziell beträchtlichen Spill-over-Effekten bei der Durchführung von
Strukturreformen zu rechnen. Handel und
Wettbewerbsfähigkeit sind mit die wichtigsten Kanäle für Spill-over-Effekte.
Reformen der Produkt-, Dienstleistungs- und Arbeitsmärkte sowie bestimmte
Steuerreformen können sich auf Beschäftigung und Wachstum in den betreffenden
Mitgliedstaaten und damit auch auf die Nachfrage nach Waren und
Dienstleistungen aus anderen Mitgliedstaaten auswirken. Manche Reformen können
Spill-over-Effekte über die Finanzmärkte erzeugen, wenn sie die Fähigkeit des
betreffenden Mitgliedstaats erhöhen, externen Schocks standzuhalten, und für
den Fall, dass Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit seines Schuldenstands
aufkommen, das Risiko begrenzen, dass sich dies auf die Risikoaufschläge
auswirkt. Darüber hinaus können koordinierte Reformen in Bereichen, in denen in
den meisten oder in allen Ländern des Euro-Währungsgebiets Strukturreformen
erforderlich sind, dazu beitragen, die weitreichenderen Wohlfahrtseffekte
solcher Strukturreformen zu kommunizieren. Benchmarking, gegenseitiges Lernen
und der Austausch bewährter Verfahren können einen zusätzlichen Nutzen bringen. Die anfälligen
Mitgliedstaaten haben in jüngster Zeit beeindruckende Strukturreformen
vorangetrieben. Über das bereits Erreichte hinaus sind
jedoch weitere Fortschritte vonnöten, um Investitionsmöglichkeiten zu schaffen,
die dazu beitragen, Ressourcen stärker auf die Produktion handelbarer Güter und
Dienstleistungen zu verlagern, die externe Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern
und die Produktivität zu steigern. In den Kernmitgliedstaaten waren die
Reformanstrengungen bisher im Allgemeinen weniger ambitioniert. Geeignete
Reformen in den Kernländern und eine stärkere Symmetrie des Anpassungsprozesses
würden der Ankurbelung der Binnennachfrage sowohl in den Gläubigerländern als
auch im Euro-Währungsgebiet als Ganzes zugutekommen und die Anstrengungen zur
Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Steigerung des Wachstums in
der Peripherie fördern. Insbesondere Maßnahmen, die zu einem
Investitionsanstieg beitragen, sind von entscheidender Bedeutung, da sie
kurzfristig die Nachfrage und längerfristig das Potenzialwachstum erhöhen.
Produktmarktreformen, die auf eine Stärkung des Wettbewerbs im Sektor der nicht
handelbaren Güter abzielen, würden vor allem Investitionen forcieren und die
Entwicklung der betreffen Sektoren voranbringen. Generell waren die
Strukturreformmaßnahmen auf den Produktmärkten begrenzt. Lediglich sehr begrenzte Fortschritte sind bei der Umsetzung der
empfohlenen Maßnahmen im Dienstleistungssektor zu verzeichnen, einschließlich Reformen
zur Beseitigung ungerechtfertigter Beschränkungen des Berufszugangs und der
Berufsausübung sowie Reformen zum Abbau von Hindernissen für die Gründung von
Einzelhandelsunternehmen. Begrenzte Fortschritte wurden bei der Reform des
Unternehmensumfelds (Bürokratie, Vertragsdurchsetzung, Unternehmensgründung,
Unterstützung von KMU, Insolvenzverfahren, Zahlungsverzug) erzielt. Es wurden
verschiedene Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbsrahmens getroffen, doch
sollte in einigen Ländern noch mehr getan werden, um Unabhängigkeit und
Effizienz der Wettbewerbsbehörde zu stärken. Auch sind weitere Reformen in den
Bereichen Forschung und Entwicklung und Innovation sowie in den Netzindustrien,
insbesondere im Eisenbahnsektor, erforderlich. In vielen
Mitgliedstaaten besteht die Notwendigkeit einer Verbesserung der
Steuerstruktur, indem die Steuerbasis in stärkerem Maße vom Faktor Arbeit und
von den Unternehmensgewinnen hin zu weniger wachstumsschädlichen Steuern, wie
Verbrauchsteuern, Umweltsteuern und Grundsteuern, verlagert wird. Die Zusammensetzung der Steuern im
Euro-Währungsgebiet geht zu sehr zu Lasten des Faktors Arbeit. Der Steuerkeil
im Euro-Währungsgebiet beträgt 45 % und ist damit deutlich größer als in
nichteuropäischen OECD-Mitgliedstaaten (siehe Tabelle 1). Tabelle 1:
Durchschnittlicher Steuerkeil für Alleinstehende
ohne Kind bei 100 % des Durchschnittsverdienstes (in %) || 2013 || Veränderung 2013-2009 Euro-Währungsgebiet || 46,5 || -0,2 OECD-Durchschnitt || 35,9 || 0,7 Australien || 27,4 || 0,7 Kanada || 30,7 || 0,5 Japan || 31,6 || 2,5 Neuseeland || 16,9 || -1,2 Schweden || 42,9 || -0,3 USA || 31,3 || 1,3 Vereinigtes Königreich || 31,5 || -0,9 OECD (2010),
„Taxing Wages: Comparative tables", OECD Tax Statistics (Datenbank). Durchschnittlicher
Steuerkeil im Euro-Währungsgebiet, berechnet als gewichteter Durchschnitt der 15 Mitgliedstaaten
des Euro-Währungsgebiets, die OECD-Mitglied sind. Der Prozess der
Ressourcenallokation sollte durch flexible Arbeitsmärkte sowohl auf der Ebene
der Mitgliedstaaten als auch auf der Ebene des Euro-Währungsgebiets erleichtert
werden. In den vergangenen Jahren wurden in einigen
Ländern des Euro-Währungsgebiets Reformen zur Förderung der
Arbeitsmarktanpassung durchgeführt. Als Beispiele genannt seien Änderungen der
Definition des Begriffs der „fairen Kündigung“, Änderungen der Höhe von
Abfindungen oder Reformen zur Verbesserung der Ausstiegsflexibilität durch
Überarbeitung der Kündigungsvorschriften. Es wurden spezifische Maßnahmen zur
Förderung von Negativanreizen für den Abschluss befristeter und atypischer
Arbeitsverträge auf den Weg gebracht, um die Segmentierung des Arbeitsmarktes
zu verringern, die aber nichtsdestoweniger auch künftig eine erhebliche
Herausforderung für die Arbeitsmärkte darstellen wird. Ferner wurden in einigen
Ländern der Verwaltungsaufwand und die Reallokationsoptionen im Zusammenhang
mit Kündigungen verringert. Reformen der
Arbeitslosenversicherungssysteme sollten einen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben
fördern, indem insbesondere die Ausgestaltung der
Leistungen bei Arbeitslosigkeit während der Dauer der Arbeitslosigkeit
angepasst und in einigen Fällen stärker an Auflagen in Bezug auf die
Arbeitssuche geknüpft wird. Anreizfördernde Maßnahmen sind eine Absenkung des
maximalen Leistungsumfangs, eine Anpassung der Ausgestaltung der Leistungen
während der Dauer der Arbeitslosigkeit, eine Kürzung der Leistungsbezugsdauer
oder strengere Kriterien für eine Leistungsgewährung. Einige
Mitgliedstaaten haben ihre Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik verstärkt, vor allem durch eine gezieltere Unterstützung bei der Arbeitssuche
bei gleichzeitiger Verschärfung der Voraussetzungen für den Leistungsbezug.
Neben Aktivierungsmaßnahmen haben einige Länder im Rahmen ihrer Anstrengungen
zur Armutsbekämpfung auch eine Reform ihrer Sozialhilfesysteme auf den Weg
gebracht. 2.2.
Haushaltspolitik Das aggregierte haushaltspolitische Bild im Euro-Währungsgebiet hat sich
weiter verbessert: Die
erheblichen Konsolidierungsanstrengungen unter den wirtschaftlich schwierigen
Bedingungen der letzten Jahre zeigen nun vor dem Hintergrund eines sich
verbessernden wirtschaftlichen Umfelds erste positive Ergebnisse. So dürfte das
nominale Defizit 2014 im Euro-Währungsgebiet unter 3 % des BIP fallen –
zum ersten Mal seit 2009, wo es bei 2,5 % des BIP lag. Auch dürfte sich
die öffentliche Verschuldung im Euro-Währungsgebiet 2014 endlich stabilisieren,
wenn auch auf einem hohen Niveau von 96 % des BIP, womit dem stetigen
Anstieg der letzten Jahre ein Ende gesetzt wird. Folglich fallen sowohl die
Schulden- als auch die Defizitprognosen für das Euro-Währungsgebiet wesentlich
positiver als für andere große Volkswirtschaften wie z. B. die USA und
Japan aus. In der Frühjahrsprognose der Kommissionsdienststellen wird für 2014
von einem langsameren Tempo der Haushaltskonsolidierung als im Vorjahr
ausgegangen, und zwar von unter ¼ Prozentpunkten des BIP. Die haushaltspolitischen Erfolge sind anzuerkennen, aber die
Anstrengungen zur Erreichung tragfähiger Haushaltspositionen sollten nicht
nachlassen. Die
Konsolidierungsbemühungen der letzten Jahre waren erheblich und haben eine
Rückführung der Defizite bewirkt sowie der weiteren Verschuldung Einhalt
geboten. Die Wirtschaftsaussichten haben sich verbessert und die positiven
Prognosen für das Defizit und die Schuldenquote untermauert. Aus
Verfahrenssicht war diese Tendenz in den Mitgliedstaaten an der nachhaltigen
Korrektur der übermäßigen Defizite und der Einstellung von
Defizitverfahren ablesbar. Allerdings weisen immer noch viele Mitgliedstaaten
Defizite von über 3 % des Referenzwerts und ein Schuldenniveau von
über 60 % aus. Folglich müssen sie ihre Bemühungen fortsetzen, die
Defizite zu senken und die Schuldenquote wieder auf einen rückläufigen Pfad zu
bringen – im Einklang mit dem durch den überarbeiteten Stabilitäts- und Wachstumspakt
eingeführten Richtwert für den Schuldenabbau. Darüber hinaus haben viele
Mitgliedstaaten, die ihre übermäßigen Defizite korrigiert haben, nicht die in
den mittelfristigen Zielen definierten Haushaltspositionen erreicht. Die Fehler in den Jahren vor der Krise müssen vermieden werden. Eine der wichtigsten Neuerungen des
haushaltspolitischen Rahmens der EU, die mit dem „Six-Pack“ eingeführt wurden,
war die Stärkung der präventiven Komponente des Stabilitäts- und
Wachstumspakts. Damit wurde eine Lehre aus der Krise gezogen, da nämlich die
unzureichende Einhaltung der Bestimmungen dieser Komponente einer der
Hauptgründe für die hohen Haushaltsdefizite und den starken Schuldenanstieg in
der Krise war. Bereits die Analyse vor der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts
von 2005 hatte gezeigt, dass die Nichteinhaltung der Vorgaben der präventiven
Komponente eine der Hauptursachen der späteren haushaltspolitischen Probleme
war. Zur Behebung dieser Schwächen wurden mit dem „Six-Pack“ die Bewertung der
Einhaltung der mittelfristigen Ziele bzw. des Anpassungspfads geregelt und für
Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, die die Vorgaben nicht erfüllen,
Sanktionen eingeführt. Zur Untermauerung der Bedeutung strukturell
ausgeglichener Haushalte haben die Mitgliedstaaten zudem den Vertrag über
Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion
unterzeichnet, mit dem der Verpflichtung zur Einhaltung der mittelfristigen
Ziele in den nationalen Rechtsvorschriften auf Verfassungsebene oder gleichwertiger
Ebene Nachdruck verliehen wurde. Deshalb ist es von vorrangiger Bedeutung, dass
die Mitgliedstaaten die vollständige Einhaltung der Anforderungen der
präventiven Komponente gewährleisten. Die Verbesserung der
Wirtschaftsbedingungen sollte als Gelegenheit genutzt werden, Fortschritte auf
dem Anpassungspfad in Richtung auf die mittelfristigen Ziele zu machen und
Haushaltspolster aufzubauen, bevor sich die zyklischen Faktoren wieder in eine
andere Richtung entwickeln. Vor diesem Hintergrund stellt die strukturelle
Konsolidierungsanstrengung von unter ¼ Prozentpunkten des BIP im
Jahr 2014 eine insgesamt unzureichende Reaktion auf die
haushaltspolitischen Herausforderungen im Euro-Währungsgebiet dar. Dies gilt
vor allem angesichts der Tatsache, dass für Mitgliedstaaten, gegen die 2014
noch ein Defizitverfahren läuft, in den im Rahmen des Verfahrens
ausgesprochenen Empfehlungen für 2014 eine durchschnittliche strukturelle
Anstrengung von 1 % des BIP empfohlen wird, und für Mitgliedstaaten, die
der präventiven Komponente unterliegen, der Stabilitäts- und Wachstumspakt eine
strukturelle Anpassung des BIP in Höhe von 0,5 % in Richtung auf das
mittelfristige Ziel als Richtwert vorsieht. Bislang haben lediglich vier
Mitgliedstaaten das mittelfristige Ziel erreicht. Diese Schlussfolgerung sollte
jedoch relativiert werden, da der strukturelle Haushaltssaldo die zugrunde
liegende Haushaltsanstrengung aufgrund einer ungewöhnlich geringen Reaktion der
Einnahmen auf das Wirtschaftswachstum und des derzeit verhaltenen Wachstums des
Produktionspotenzials auf mittelfristige Sicht unterschätzen kann. Seit Einführung der „Europa 2020“-Strategie
hat die Kommission die Mitgliedstaaten wiederholt aufgefordert, bei der
Konsolidierung ihrer öffentlichen Haushalte wachstumsfördernden Politiken den
Vorrang zu geben. Wichtige
Bestandteile einer wachstumsfördernden Haushaltspolitik sind die
Differenzierung der haushaltspolitischen Konsolidierungsanstrengungen, die
langfristige Tragfähigkeit (auf beide Punkte wurde zuvor eingegangen), die
Zusammensetzung und Struktur von Einnahmen und Ausgaben sowie ein solider
haushaltspolitischer Rahmen. Die Gesamtqualität der Ausgaben ergibt sich aus der Kombination zweier
grundlegender Aspekte: i) der Zusammensetzung der Ausgaben und insbesondere des Gewichts der
wachstumsfreundlicheren Ausgabenkomponenten, und ii) der Ausgabeneffizienz,
d. h. des Maßes, in dem öffentliche Mittel gezielt für die Bereitstellung
von Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen eingesetzt werden. Was die Fokussierung auf bestimmte Ausgabenbereiche betrifft, die in der
Regel das Wachstum positiv beeinflussen sollten, sind die gemeinhin anvisierten
Ausgabekategorien öffentliche Investitionen, Bildung sowie Forschung und
Entwicklung (FuE). Die
jüngsten Trends bei der Zusammensetzung der Ausgaben im Euro-Währungsgebiet
seit dem Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise weisen auf einen allgemeinen
Anstieg der Sozialschutzausgaben hin, der von einem Rückgang in mehreren
anderen Bereichen wie der Bildung begleitet wird. Gleichzeitig ist eine weit
verbreitete Tendenz zu Kürzungen bei öffentlichen Investitionen zu beobachten,
die oftmals als einfaches Mittel zur Konsolidierung angesehen werden. So lagen
beispielsweise die durchschnittlichen Ausgaben für die Kapitalbildung im Euro-Währungsgebiet 2013 bei 2,1 %
des BIP und 4,3 % der Gesamtausgaben. Die Vergleichswerte für 2007 lagen
bei 2,6 % bzw. 5,7 % (siehe Tabelle 2). Tabelle 2: Öffentliche Investitionen
(Bruttoanlageinvestitionen/GCFC) in % des BIP und der Gesamtausgaben || GCFC (in % des BIP) || || || GCFC (in % der Gesamtausgaben) || || || 2007 || 2014 || Veränd. || 2007 || 2014 || Veränd. BE || 1,6 || 1,6 || 0,0 || 3,2 || 2,9 || -0,3 DE || 1,5 || 1,6 || 0,1 || 3,4 || 3,5 || 0,1 EE || 5,1 || 4,0 || -1,1 || 14,9 || 10,3 || -4,5 IE || 4,7 || 1,6 || -3,1 || 12,7 || 3,9 || -8,8 EL || 3,4 || 2,6 || -0,8 || 7,1 || 5,5 || -1,6 ES || 4,0 || 1,3 || -2,7 || 10,3 || 3,0 || -7,3 FR || 3,3 || 3,0 || -0,2 || 6,2 || 5,3 || -0,8 IT || 2,3 || 1,6 || -0,7 || 4,9 || 3,3 || -1,6 CY || 3,0 || 2,3 || -0,7 || 7,3 || 4,8 || -2,4 LV || 5,7 || 3,7 || -2,0 || 15,8 || 10,5 || -5,3 LU || 3,3 || 3,1 || -0,2 || 9,1 || 7,2 || -1,9 MT || 3,7 || 2,7 || -1,0 || 8,8 || 6,2 || -2,7 NL || 3,3 || 3,3 || 0,0 || 7,3 || 6,6 || -0,7 AT || 1,1 || 1,0 || -0,1 || 2,2 || 1,9 || -0,3 PT || 2,7 || 1,8 || -0,9 || 6,1 || 3,8 || -2,3 SI || 4,2 || 4,2 || 0,0 || 10,0 || 8,4 || -1,6 SK || 1,9 || 1,9 || 0,0 || 5,5 || 5,0 || -0,5 FI || 2,4 || 2,9 || 0,4 || 5,1 || 4,8 || -0,3 Euro-18 || 2,6 || 2,0 || -0,6 || 5,7 || 4,1 || -1,5 Quelle: Kommissionsdienststellen
(Ameco) Auch mit Blick auf die Ausgabeneffizienz besteht im Euro-Währungsgebiet
ein erheblicher Verbesserungsspielraum. Dies lässt sich am Beispiel der
Sozialschutzausgaben verdeutlichen. Aus Schaubild 2 geht die Korrelation
zwischen dem Abbau der Einkommensungleichheit und den Sozialschutzausgaben
hervor. Auch wenn die Verringerung der Ungleichheit nicht das einzige Ziel der
Sozialschutzausgaben ist, lässt das Schaubild darauf schließen, dass eine
Verbesserung der öffentlichen Finanzen ohne Verschärfung der
Einkommensungleichheit möglich ist, sofern Effizienzgewinne ausgemacht werden
können. Schaubild 1: Korrelation zwischen dem Abbau der Ungleichheit der
Markteinkommen und den Sozialschutzausgaben 2000-2011 Quelle: Eurostat und „Standardised
World Income Inequality Database“. Anmerkung: Der Abbau der Ungleichheit der Markteinkommen
entspricht dem prozentualen Unterschied zwischen dem Gini-Koeffizienten nach
Steuern und Transfers und dem Gini-Koeffizienten vor Steuern und Transfers. Was die haushaltspolitischen Rahmen angeht, so wurden in den letzten
Jahren im Euro-Währungsgebiet Fortschritte erzielt. Angespornt wurde diese Entwicklung durch die
Notwendigkeit, eine strengere Haushaltsdisziplin an den Tag zu legen. Auch
wurden die Anforderungen des europäischen haushaltspolitischen
Steuerungsrahmens verschärft, etwa mit Inkrafttreten der Richtlinie über
gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über
die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet[2] Anfang 2014 in der EU-28. Diese Tendenz hin zu einer verbesserten
haushaltspolitischen Steuerung ist insbesondere im Euro-Währungsgebiet
relevant, wo weitergehende Verpflichtungen zur Förderung der Haushaltsdisziplin
eingegangen wurden. 2013 wurde der Rahmen mit dem Inkrafttreten des „Two-Pack“[3] (siehe oben) und des „Fiskalpakts“[4], die für alle Mitgliedstaaten des
Euro-Währungsgebiets in vollem Umfang gelten, operationell. Was
die Einhaltung der neuen Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen
betrifft, so wird 2014 ein kritisches Jahr sein. Vorbehaltlich der Kombination neu festgelegter
legislativer Elemente (siehe oben) müssen die Mitgliedstaaten des
Euro-Währungsgebiets so bald wie möglich die Einhaltung sämtlicher inzwischen
geltender Rechtsvorschriften sicherstellen. Derzeit bewertet die Kommission die
Umsetzung der Richtlinie und des Fiskalpakts. In den kommenden Monaten sollten
die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets insbesondere die wirksame
Einführung und Funktionsweise von Haushaltsregeln, vor allem aber der
Bestimmungen zum strukturellen Haushaltssaldo, und ihre Überwachung durch
unabhängige Haushaltsorgane gewährleisten. Darüber hinaus ist die vollständige
Übernahme des gemeinsamen Haushaltszeitplans in nationales Recht
sicherzustellen, einschließlich Übersicht über die Haushaltsplanung und
mittelfristiger Finanzplanung, die auf Prognosen beruhen, welche von einer
unabhängigen Einrichtung erstellt oder unterstützt wurden. 2.3. Politik
im Finanzsektor Die Heterogenität bei den Kreditvergabebedingungen ist nach wie vor sehr
groß und steht im Widerspruch zur verminderten finanziellen Fragmentierung in
anderen Marktsegmenten wie
der Verschuldung der öffentlichen Hand und der Unternehmen. In der EZB-Umfrage
zum Kreditgeschäft der Banken (Bank Lending Survey) räumten Banken des
Euro-Währungsgebiets ein, dass das Nachlassen der Spannungen an den Märkten für
Staatsanleihen die Finanzierungsbedingungen für die Banken im Durchschnitt
verbessert habe. Hingegen hat sich die Entschärfung der
Staatsverschuldungskrise bisher kaum auf die Kreditstandards der Banken
ausgewirkt. Daraus ist zu schließen, dass die Banken die verbesserten
Finanzierungsbedingungen noch nicht in bessere Kreditkonditionen umsetzen. In
den letzten Monaten verharrten die Zinsen für Kredite an Unternehmen in
Kernländern wie Deutschland und Frankreich auf gleichem Niveau, während sie in
den anfälligsten Ländern wie Griechenland und Portugal leicht rückläufig waren.
Die Unterschiede zwischen den Kreditvergabezinsen für Unternehmen in Ländern
wie Italien oder Spanien und Deutschland haben sich jedoch noch nicht wirklich
verringert. Auch die Kreditströme bleiben verhalten. Die jüngsten Daten zur
Bankkreditvergabe belegen, dass die derzeit zu beobachtende wirtschaftliche
Erholung im Wesentlichen ohne Kreditvergabe erfolgt. Die Kreditströme an den
Privatsektor waren in den letzten Monaten rückläufig. Ein Grund dafür war das
nach wie vor äußerst schwache Kreditvergabevolumen an den Sektor der
nichtfinanziellen Unternehmen. Derlei Kreditbeschränkungen können die Erholung
vor allem in den anfälligen Ländern behindern und den Disinflationsdruck weiter
erhöhen. Die Schwäche
der Kreditvergabe an die Realwirtschaft wird durch Faktoren auf der Nachfrage-
und der Angebotsseite bedingt. Auf der Angebotsseite haben die
anhaltende Konjunkturschwäche zusammen mit Bilanz-Altlasten und weiteren
Korrekturen auf den Märkten für Wohn- und Gewerbeimmobilien in einigen Ländern
eine Erhöhung des Kreditrisikos zur Folge. Infolgedessen verschlechtert sich
die Kreditqualität und steigt die NPL-Quote (Quote der notleidenden Kredite)
der Banken im Euro-Währungsgebiet. Einigen Marktteilnehmern zufolge sind die
Probleme der Aktiva-Qualität zudem akuter als von einigen Banken angegeben, da
Banken Tilgungsstreckungen für Kreditnehmer mit geringer Kreditqualität
vornehmen. Dadurch kann wiederum die Kapazität der Banken zur Vergabe neuer
Darlehen an produktive Unternehmen eingeschränkt werden, da aufgrund des hohen
Anteils an notleidenden Krediten und Darlehen mit Tilgungsstreckung Kapital und
Finanzmittel gebunden werden. Die derzeitige Prüfung der Qualität der
Bankenaktiva durch die EZB sowie der anschließende EU-weite Stresstest dürften
bislang nicht ausgewiesene Verluste der Banken offenlegen und den Prozess der
erforderlichen Bilanzkorrekturen vorantreiben. Auf der anderen Seite belasten
der nach wie vor bestehende Schuldenüberhang des Privatsektors und der
Schuldenabbau, das schwache wirtschaftliche Umfeld und die schlechten
wirtschaftlichen Aussichten für das Euro-Währungsgebiet die Schuldendienstkapazität
der Kreditnehmer und die Kreditnachfrage. In einigen Mitgliedstaaten des
Euro-Währungsgebiets dämpfen die langsamen Fortschritte bei der
Umstrukturierung des Unternehmenssektors die Nachfrage nach neuen Krediten. Trotz des
relativ schwierigen wirtschaftlichen Umfelds haben die Banken des
Euro-Währungsgebiets ihre Eigenkapitalposition weiter ausgebaut. Infolgedessen
ist die harte Kernkapitalquote (Common Equity Tier 1- oder CET1-Quote nach
Basel III) der Großbanken des Euro-Währungsgebiets mit der ihrer
internationalen Wettbewerber weitgehend vergleichbar. Bis September 2013
erreichten zahlreiche Großbanken, die bereits die CET1-Quote nach
Basel III erfüllen, eine Quote von 9 % oder mehr. Trotz weiter
steigender Rückstellungen für Verluste aus dem Kreditgeschäft bleiben die
Eigenkapitalkoeffizienten bei den Banken des Euro-Währungsgebiets folglich
stabil bzw. steigen in vielen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets sogar
noch an. Dennoch verharren die Deckungsquoten in einigen Ländern auf relativ
niedrigem Niveau, da die Zunahme bei den notleidenden Krediten die Aufstockung
der Rückstellungen übersteigt. Die Verbesserung der Eigenkapitalquoten der
Banken des Euro-Währungsgebiets ist einer Kombination aus Kapitalerhöhungen und
einer Verringerung der risikogewichteten Aktiva geschuldet. Angesichts der
Unsicherheit der Finanzmarktteilnehmer bei der Berechnung risikogewichteter
Aktiva wird verstärkt auf einen einfachen Verschuldungskoeffizienten als
zusätzlichen Indikator für die Prüfung der Stärke des Finanzsektors
zurückgegriffen Bei Zugrundelegung dieser Messgröße sind die Fortschritte der
Banken des Euro-Währungsgebiets weniger ausgeprägt. Künftig könnte die finanzielle
Fragmentierung weiter abgebaut werden durch Fortschritte bei der Bekämpfung der
zugrunde liegenden Ursachen. Es
wurden bereits verschiedene politische Initiativen auf den Weg gebracht, um
dieses Problem wie auch das Problem der Schwäche des Bankensystems anzugehen.
Die Initiativen zur Bankenunion werden auch weiterhin zentrale Punkte auf der
politischen Agenda der EU bleiben. Mit der Bankenunion wird im
Euro-Währungsgebiet ein robusterer Finanzsektor geschaffen. Damit werden alle
Banken sicherer, in erster Linie durch Krisenprävention. Gleichzeitig wird das
Risiko der Befangenheit der Aufsicht gemindert, indem die Aufsicht im Rahmen
des einheitlichen Aufsichtsmechanismus zentralisiert wird. Haben Banken
Solvenz- oder Liquiditätsprobleme oder ist ihre Existenz bedroht, können die
Aufsichtsbehörden jetzt frühzeitig eingreifen, um die Probleme zu lösen. Werden
keine gangbaren Lösungen gefunden, ermöglicht ihnen der nunmehr geschaffene
Rechtsrahmen eine geordnete Abwicklung von in Schieflage geratenen Instituten. Mit der Übernahme der
Verantwortung für die Bankenaufsicht im Euro-Währungsgebiet hat die EZB für
signifikante Fortschritte gesorgt. Insbesondere nimmt
die EZB derzeit eine umfassende Bewertung der größten Banken im
Euro-Währungsgebiet vor (128 Kreditinstitute in 18 Mitgliedstaaten,
auf die etwa 85 % der gesamten Vermögenswerte der Banken im
Euro-Währungsgebiet entfallen). Die Bewertung soll abgeschlossen werden, bevor
die EZB ab November 2014 ihre Funktion als einheitliche Aufsichtsbehörde
übernehmen wird. Die Bewertungsarbeiten umfassen eine Risikobewertung für jede
Bank sowie eine Prüfung der Aktiva-Qualität, gefolgt von einem Stresstest, der
in enger Abstimmung mit der EBA in allen 28 EU-Mitgliedstaaten
durchgeführt wird. Die Arbeiten im Zusammenhang mit der Prüfung der
Aktiva-Qualität sind bereits in vollem Gange. Die Methodik wurde Ende März
veröffentlicht, und das Prüfverfahren wird voraussichtlich im Juli
abgeschlossen. Auch die Vorbereitungen für den Stresstest laufen bereits;
Szenarien und Methodik wurden am 29. April veröffentlicht. Die EBA und die
EZB haben in gegenseitiger Abstimmung die grundlegenden Parameter des
Stresstests bekanntgegeben. Unter anderem sind folgende Kapitalschwellen
vorgesehen: 8 % hartes Kernkapital für das Basisszenario und 5,5 %
hartes Kernkapital für das adverse Szenario. Anders als in der Vergangenheit
werden die Aufsichtsentscheidungen zum Umgang mit den Ergebnissen der
Stresstests und den Konsequenzen für die Geschäftsergebnisse der Banken nicht
von der EBA koordiniert. Stattdessen obliegt diese Aufgabe den zuständigen
Behörden, einschließlich der EZB. Es spricht einiges für die Glaubwürdigkeit
des Stresstests, insbesondere der Umstand, dass – bedingt durch die
vorausgegangene Prüfung der Aktiva-Qualität – die Ausgangssituation
zuverlässiger und nach strengeren Kriterien beurteilt wird. Hinzu kommen
weitere Faktoren wie i) die Ausweitung des Zeithorizonts von zwei auf drei
Jahre, ii) stärker harmonisierte Definitionen wichtiger Parameter wie der
notleidenden Kredite sowie iii) ein gemeinsamer Ansatz – ohne nationalen
Ermessensspielraum – für die Behandlung von Staatsanleihen. Auch der im Rahmen
des Tests gewährleistete Grad an Transparenz sowie der umfassende Charakter des
Tests dürften Institute und Marktteilnehmer beruhigen. Darüber hinaus dürften
es die ausgesprochen günstigen Marktbedingungen für die Banken leichter und
weniger kostspielig machen, ihre Eigenkapitalausstattung zu erhöhen oder
Vermögenswerte, die unter Umständen bei der Bewertung ungünstig behandelt
werden, zu besseren Konditionen zu veräußern. Der
einheitliche Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM) wurde
von den gesetzgebenden Organen im April 2014 verabschiedet. Der SRM wird für alle Banken im Euro-Währungsgebiet sowie für Banken
in anderen Mitgliedstaaten gelten, die sich für eine Teilnahme entscheiden. Die
Entscheidungsverfahren des einheitlichen Abwicklungsmechanismus wurden
sorgfältig austariert, so dass es möglich sein wird, über das Wochenende
Entscheidungen in Abwicklungsfällen zu treffen. Dem einheitlichen
Abwicklungsmechanismus, der sich auf einen starken Ausschuss für die
einheitliche Abwicklung stützt, gehören ständige Mitglieder sowie Vertreter der
Kommission, des Rates, der EZB und der nationalen Abwicklungsbehörden an. Wenn
eine im Euro-Währungsgebiet oder in einem an der Bankenunion teilnehmenden Mitgliedstaat
niedergelassene Bank abgewickelt werden muss, wird die EZB in der Regel den
Ausschuss für die einheitliche Abwicklung, die Kommission und die zuständigen
nationalen Abwicklungsbehörden unterrichten. Innerhalb der Bankenunion werden
die nationalen Abwicklungsfonds schrittweise zu einem einheitlichen
Abwicklungsfonds verschmolzen, an den alle Banken in den an der Bankenunion
teilnehmenden Ländern ab 2016 Beiträge entrichten werden und der bis 2024 mit 55 Mrd. EUR
ausgestattet sein wird. Mit der Verordnung über den einheitlichen
Abwicklungsmechanismus wird jedoch noch kein gemeinsamer
Letztsicherungsmechanismus („Backstop“) für den Fonds geschaffen. Dies wird in
den kommenden Jahren geschehen müssen. Der Zugang von KMU
zu Finanzierungen ist in vielen Mitgliedstaaten nach wie vor schwierig, wodurch
der Prozess der wirtschaftlichen Erholung gefährdet wird. Gleichzeitig besteht ein Investitionsbedarf im Bereich der Verkehrs-,
Energie- und Breitband-Infrastrukturnetze, der auf 1 Bio. EUR bis 2020
geschätzt wird. In Anbetracht des fortdauernden Drucks zum Schuldenabbau und
einer nach wie vor starken Marktfragmentierung besteht in Europa weiterhin die
akute Gefahr einer Finanzierungslücke. Über die Schaffung der Bankenunion hinaus
sind verschiedene Initiativen im Bereich der langfristigen Finanzierung der
Wirtschaft im Gange oder geplant. Es besteht ein
breiter Konsens darüber, dass eine Diversifizierung der Finanzierungsquellen
erforderlich ist, zumal in Europa ein Bankenintermediär-System vorherrscht. Die europäischen Kapitalmärkte sind relativ schwach entwickelt und
derzeit nicht in der Lage, die durch den Fremdkapitalabbau der Banken
entstehende Finanzierungslücke zu schließen. Es müssen jedoch noch verschiedene
Engpässe überwunden werden, damit die Kapitalmarktfinanzierung in Gang kommen
kann. Denkbar wäre eine Anpassung der für institutionelle Marktteilnehmer, wie
etwa Versicherungen, bestehenden Anreize für langfristige finanzielle
Engagements. Der Zugang von KMU zu den Kapitalmärkten wird derzeit durch Informationsasymmetrien
und das Fehlen eines liquiden Verbriefungsmarktes behindert. Zur Neubelebung
des Verbriefungsmarktes müsste zunächst einmal eine „Differenzierung“ zwischen
guten und schlechten Verbriefungen vorgenommen und anschließend der Aufsichtsrahmen
für gute Verbriefungen verbessert werden. Was den Markt für
Infrastrukturfinanzierungen betrifft, haben die Finanzmarktakteure bereits
häufiger darauf hingewiesen, dass der Mangel an Transparenz hinsichtlich der
geplanten Vorhaben ein Hindernis für besser vorhersehbare Finanzierungen
darstellt, so etwa bei öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP). Eine bessere
Verfügbarkeit von Informationen über nationale Infrastruktur- und
Investitionspläne und von nationalen Behörden geförderte Vorhaben könnte dazu
beitragen, das Interesse der Kapitalmärkte an Projekten in Europa zu wecken.
Schließlich werden Marktfinanzierungen noch durch verschiedene übergreifende
Faktoren erschwert, die die Corporate Governance, Fragen der Rechnungslegung
oder auch rechtliche Aspekte betreffen. Die Ende März 2014 von der Kommission
angenommene Mitteilung über die langfristige Finanzierung der europäischen
Wirtschaft enthält einen konkreten Aktionsplan. Einige der darin vorgesehenen
Maßnahmen zur Lösung dieser Probleme sollen bereits in diesem Jahr getroffen
werden. [1] Darvas, Z., und Wolff, G. (2014), „Europe's social problem and its
implication for economic growth“, Bruegel policy brief, issue 03. [2] Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an
die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten, Teil
des „Six-Pack“. [3] Verordnung (EU) Nr. 473/2013 über gemeinsame
Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die
Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite
der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet. [4] Der Fiskalpakt ist das haushaltspolitische Kapitel des
Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und
Währungsunion („Treaty on Stability, Coordination and Governance in the
Economic and Monetary Union“, TSCG).