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Document 52011IP0494

    Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. November 2011 zur Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (2011/2146(INI))

    ABl. C 153E vom 31.5.2013, p. 51–57 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    31.5.2013   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    CE 153/51


    Dienstag, 15. November 2011
    Beihilfevorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

    P7_TA(2011)0494

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. November 2011 zur Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (2011/2146(INI))

    2013/C 153 E/07

    Das Europäische Parlament,

    in Kenntnis der Artikel 14 und 106 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie des zu diesem Vertrag gehörenden Protokolls Nr. 26,

    in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 23. März 2011 über die Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (KOM(2011)0146),

    in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen vom 23. März 2011 zu der Anwendung der EU-Beihilfevorschriften auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse seit 2005 und zu den Ergebnissen der öffentlichen Konsultation (SEK(2011)0397),

    in Kenntnis der von der Kommission 2010 organisierten öffentlichen Konsultation zum Thema „Staatliche Beihilfen: Vorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“,

    in Kenntnis des Leitfadens vom 7. Dezember 2010 zur Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und den Binnenmarkt auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, insbesondere auf Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse (SEK(2010)1545),

    in Kenntnis der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (1),

    in Kenntnis der Entscheidung 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (2),

    in Kenntnis des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (3),

    in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 19. Januar 2001 über Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa (4),

    in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 26. September 1996 über Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa (5),

    in Kenntnis der Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 1. Juli 2011 zur Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (6),

    in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 15. Juni 2011 zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (7),

    in Kenntnis des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg gegen Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH (8),

    unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 5. Juli 2011 zu der Zukunft der Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse (9), vom 14. März 2007 zu den Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse in der Europäischen Union (10), vom 27 September 2006 zu dem Weißbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (11), vom 14. Januar 2004 zu dem Grünbuch über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (12), vom 13. November 2001 über die Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“ (13) und vom 17. Dezember 1997 zu der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“ (14),

    gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,

    in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie und des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (A7-0371/2011),

    A.

    in der Erwägung, dass Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) einen hohen Stellenwert innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, die Grundrechte sowie den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt fördern und somit eine entscheidende Bedeutung für die Bekämpfung von Ungleichheiten in der Gesellschaft und zunehmend auch für eine nachhaltige Entwicklung haben;

    B.

    in der Erwägung, dass die DAWI einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten leisten und damit nicht nur der Prävention und Überwindung von Wirtschaftskrisen, sondern auch dem gesamtwirtschaftlichen Wohlergehen dienen;

    C.

    in der Erwägung, dass die erfolgreiche Umsetzung der Strategie Europa 2020 durch die Bereitstellung von DAWI unterstützt wird und diese Dienste insbesondere in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und soziale Integration zur Verwirklichung der Wachstumsziele beitragen können, um am Ende das festgeschriebene hohe Maß an Produktivität, Beschäftigung und sozialem Zusammenhalt zu erzielen;

    D.

    in der Erwägung, dass kosteneffiziente Lösungen konkurrierender privater Unternehmen im Interesse der Bürger notwendig sind und vor dem Hintergrund der Haushaltslage von wesentlicher Bedeutung sind;

    E.

    in der Erwägung, dass es sich bei DAWI um Dienste handelt, die ohne staatlichen Eingriff nicht immer oder nicht auf angemessene Weise erbracht werden können;

    F.

    in der Erwägung, dass sozialen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (SDAI) eine wichtige Rolle bei der Sicherstellung der Grundrechte zukommt und sie wesentlich zur Chancengleichheit beitragen,

    G.

    in der Erwägung, dass die derzeitigen Rechtsvorschriften der EU eine Freistellung von der Notifizierungspflicht für Krankenhäuser und den sozialen Wohnungsbau vorsehen, d. h. DAWI, die soziale Grundbedürfnisse decken,

    H.

    in der Erwägung, dass mit den Artikeln 106 und 107 AEUV die Rechtsgrundlage für die Reform der Vorschriften über staatliche Beihilfen für DAWI geboten wird und Artikel 14 AEUV dem Europäischen Parlament und dem Rat ermöglicht, die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren der DAWI, insbesondere die wirtschaftlichen und finanziellen Grundsätze und Bedingungen, durch Verordnungen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren unbeschadet der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten festzulegen;

    I.

    in der Erwägung, dass mit dem Protokoll Nr. 26 des AEUV ein hohes Niveau der DAWI in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Erschwinglichkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte festgeschrieben und ihre wichtige Rolle ausdrücklich anerkannt wird;

    J.

    in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten und die staatlichen Behörden am besten in der Lage sind, angemessene Dienstleistungen für ihre Bürger zu erbringen, und dass es somit in ihrer Verantwortung liegt, den genauen Umfang und die Art und Weise der Bereitstellung von DAWI zu bestimmen; ferner in der Erwägung, dass in Artikel 1 des Protokolls Nr. 26 zum Vertrag von Lissabon ausdrücklich der weitreichende Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden bei der Verwaltung, der Erteilung von Aufträgen und der organisatorischen Gestaltung von DAWI anerkannt wird;

    K.

    in der Erwägung, dass Ausgleichszahlungen alle vom Staat oder aus staatlichen Mitteln in jedweder Form gewährte Vorteile umfassen,

    1.

    nimmt die Reformziele der Kommission zur Kenntnis und die Absicht, mehr Klarheit für die Anwendung der DAWI-Beihilfevorschriften unter Berücksichtigung der Vielfalt der DAWI schaffen zu wollen;

    2.

    fordert, dass die Kommission eine Klarstellung des Verhältnisses zwischen den Bestimmungen des Binnenmarktes und der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen vornimmt und dass sie die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips bei der Definition, Organisation und Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen sicherstellt;

    3.

    unterstreicht die Verbesserungen bei der Anwendung und der Verständlichkeit, die mit den 2005 ergriffenen Maßnahmen, dem sogenannten Altmark-Paket, erzielt werden konnten; weist darauf hin, dass die öffentlichen Konsultationen dennoch ergeben haben, dass die Rechtsinstrumente noch klarer, einfacher, verhältnismäßiger und wirksamer sein müssen;

    4.

    unterstreicht, dass das Ergebnis der öffentlichen Konsultation auch darauf hindeutet, dass neben dem Verwaltungsaufwand die Unsicherheiten und Missverständnisse insbesondere im Hinblick auf die Schlüsselkonzepte der DAWI-Beihilfevorschriften wie „Betrauungsakt“, „angemessene Rendite“, „Unternehmen“, „wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Dienstleistungen“ und „Binnenmarktrelevanz“ zur Nichtanwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf DAWI beigetragen haben könnten;

    5.

    begrüßt die Absicht der Kommission, weitere Klarstellungen zur Abgrenzung von nichtwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Tätigkeiten im Kontext der DAWI vorzunehmen, um insgesamt zu mehr Rechtsklarheit zu gelangen und Klagen beim Europäischen Gerichtshof sowie von der Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden; fordert die Kommission auf, weitere Klarstellungen zum vierten Kriterium zu liefern, das der Europäische Gerichtshof in dem Urteil in der Rechtssache Altmark festgelegt hat, und dafür Sorge zu tragen, dass die Methode der Berechnung eines angemessenen Gewinns deutlich genug ist und der Vielfalt der DAWI entspricht; fordert die Kommission deshalb auf, eine geschlossene Liste zu vermeiden; schlägt vor, dass sich die Kommission dabei nicht auf die bloße Wiedergabe der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes beschränken sollte, sondern anhand von maßgeblichen Kriterien Hilfestellung beim Verständnis und bei der Anwendung der verwendeten Konzepte leisten sollte; fordert die Kommission auf, genau darzulegen, was sie unter einer wirklichen DAWI versteht;

    6.

    ist besorgt über die zusätzlichen Auflagen, die die Kommission einführen will, um zu gewährleisten, dass die Entwicklung des Handels nicht in einem Ausmaß berührt wird, welches den Interessen der Union zuwiderläuft, und glaubt, dass diese Auflagen zu Rechtsunsicherheit führen werden;

    7.

    betont, dass der „Betrauungsakt“ eine Garantie für Transparenz ist, die es beizubehalten gilt, um mehr Sichtbarkeit für die Bürger zu ermöglichen, dass jedoch der Geltungsbereich für die Beauftragung (offizieller Akt der Beauftragung) ausgeweitet werden sollte, insbesondere durch die flexiblere Anwendung der Vorschriften; fordert, dass ein Projekt, zu dem ein „Zielvertrag” vorliegt, als zulässiger Betrauungsakt betrachtet wird;

    8.

    betont, dass die Reform der EU-Beihilfevorschriften nur unter Berücksichtigung der besonderen Funktion von DAWI und nur unter strikter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen kann, da die vorrangige Zuständigkeit für die Bereitstellung, Erbringung, Finanzierung und Organisation der DAWI gemäß dem Protokoll Nr. 26 zum AEUV den Mitgliedstaaten und ihren nationalen und kommunalen Behörden obliegt und sie diesbezüglich über einen weiten Ermessensspielraum und eine große Entscheidungsfreiheit verfügen;

    9.

    unterstreicht, dass bei der Überarbeitung der Bestimmungen besonderes Augenmerk darauf gelegt werden sollte, dass die verwendeten gemeinschaftlichen Konzepte und Begriffe klar auf das Wesen der öffentlichen Dienstleistungen und auf die Vielfalt der Organisationsformen und beteiligten Akteure zugeschnitten sind und dem tatsächlichen Risiko einer Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten Rechnung tragen;

    10.

    verweist auf die Besonderheit von DAWI auf regionaler und lokaler Ebene, die den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt nicht beeinträchtigt und bei denen ein vereinfachtes und transparentes Verfahren möglich sein sollte, das die Innovation sowie die Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) fördert;

    11.

    unterstützt das Konzept der Schwellenwerte für die Freistellung von der Notifizierungspflicht bei staatlichen Ausgleichszahlungen für DAWI und die damit einhergehende Verringerung des Verwaltungsaufwands; regt auf der Grundlage der durchgeführten Konsultation an, die Schwellenwerte, die die Anwendung der DAWI-Entscheidung bestimmen, zu erhöhen;

    12.

    betont, dass in Artikel 14 AEUV und in dem dem Vertrag von Lissabon beigefügten Protokoll Nr. 26 der spezifische Charakter der DAWI anerkannt wird, und erkennt in diesem Zusammenhang die besondere Rolle der nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften an; betont, dass die Reform der EU-Beihilfevorschriften für DAWI lediglich einen Teil der notwendigen Präzisierung der für DAWI geltenden Rechtsvorschriften im Wege eines in sich schlüssigen europäischen Rechtsrahmens darstellt; weist darauf hin, dass jedwedes Rechtsinstrument eine zufriedenstellende Rechtssicherheit gewährleisten muss; fordert die Kommission auf, bis Ende 2011 eine Mitteilung vorzulegen, in der Maßnahmen festgelegt werden, mit deren Hilfe gewährleistet wird, dass die DAWI und die SDAI über einen Rahmen verfügen, der ihnen die Erfüllung ihrer Aufgaben entsprechend der von ihr in der Binnenmarktakte eingegangenen Verpflichtung ermöglicht;

    13.

    unterstreicht, dass die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse betrauten Unternehmen gemäß Artikel 106 Absatz 2 AEUV den Bestimmungen über das Verbot und die Kontrolle staatlicher Beihilfen nur insoweit unterliegen, als die Anwendung solcher Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen von den nationalen, regionalen oder lokalen Behörden übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert; betont in diesem Zusammenhang, dass in Artikel 14 AEUV klar verfügt wird, dass die Union und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse und innerhalb des Anwendungsbereichs der Verträge dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können; fordert daher, dass bei der Reform der EU-Beihilfevorschriften beide Artikel berücksichtigt werden und sichergestellt ist, dass die für DAWI bereitgestellte Ausgleichszahlung keine übermäßigen Belastungen der öffentlichen Finanzen oder eine geringe Qualität der erbrachten Dienstleistungen mit sich bringt;

    14.

    ist der Ansicht, dass der in Kürze erscheinende Vorschlag der Kommission zu den Europa-2020-Projektanleihen ein wichtiger Aspekt der Entwicklung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in den Mitgliedstaaten sowie auf der Ebene der EU sein könnte und sollte; betont, dass die zu diesem Zweck eingerichteten Verfahren in einem Rahmen zur Förderfähigkeit der Projekte, der im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festzulegen ist, ausdrücklich geregelt werden sollten;

    15.

    hält es für äußerst wichtig, dass Ausgleichszahlungen für DAWI den Wettbewerb nicht verzerren oder andere, keine Ausgleichszahlungen erhaltende Unternehmen gefährden, die im gleichen Sektor oder auf denselben Märkten tätig sind;

    16.

    bekräftigt, dass der Zugang zu Ausgleichszahlungen für die Nettokosten der Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen zu den wirtschaftliche und finanzielle Bedingungen gehört, die für mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen betraute Unternehmen notwendig sind, damit sie die ihnen von den staatlichen Stellen zugewiesenen besonderen Aufgaben angemessen erfüllen können, was insbesondere in der gegenwärtigen Zeit der Krise der Fall ist, in der öffentliche Dienstleistungen eine wesentliche Rolle als automatischer Stabilisator und als Schutz für die am stärksten gefährdeten europäischen Bürger spielen und so zur Abmilderung der sozialen Folgen der Krise beitragen;

    17.

    möchte in diesem Zusammenhang betonen, dass die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen durch die Bündelung der Ressourcen ein großes Potenzial für eine zunehmende Effizienz beim Einsatz öffentlicher Ressourcen und der Modernisierung der öffentlichen Dienstleistungen als Reaktion auf die neuen Bedürfnisse der Bürger in den einzelnen Gebieten birgt; betont auch die Bedeutung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit;

    18.

    unterstreicht nachdrücklich, dass die öffentlichen Dienstleistungen von hoher Qualität und für alle Bevölkerungsschichten zugänglich sein müssen; sieht in diesem Zusammenhang mit Sorge die restriktive Haltung der Kommission, die staatliche Beihilfen für soziale Wohnungsbaugesellschaften nur dann als Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse (SDAI) einstuft, wenn die Leistungen ausschließlich benachteiligten Bürgern oder sozial schwachen Gruppen vorbehalten bleiben, da ein solch eingeschränktes Begriffsverständnis das vorrangige Ziel der sozialen Durchmischung und des universellen Zugangs konterkariert;

    19.

    ist der Auffassung, dass sich hochwertige Dienstleistungen auf die Menschenrechte der europäischen Bürger gründen und dass dieser an den Rechten orientierte Ansatz verstärkt werden sollte;

    20.

    verweist auf die beträchtlichen Investitionen, die zur Verbesserung der Infrastrukturen erforderlich sind, vor allem in den Regionen, in denen das größte Defizit an Infrastrukturen besteht, und insbesondere in den Bereichen Energie, Telekommunikation und öffentlicher Verkehr, um die Bereitstellung von künftiger intelligenter Energie oder von Breitbanddiensten zu ermöglichen;

    21.

    fordert die Kommission auf, bei den zu berücksichtigenden Kosten für Ausgleichszahlungen Investitionen in die Infrastruktur, die zum Funktionieren der DAWI erforderlich ist, einzubeziehen; erinnert die Kommission daran, dass die Bereitstellung von DAWI manchmal eher auf der Grundlage von langfristigen öffentlichen Investitionsbeihilfen erfolgt als auf der Grundlage jährlicher Ausgleichszahlungen;

    22.

    fordert die Kommission auf, bei der Aushandlung bilateraler Handelsabkommen die öffentliche Erbringung von DAWI und SDAI in Partnerländern zu akzeptieren;

    Vereinfachung/Verhältnismäßigkeit

    23.

    begrüßt die Absicht der Kommission, mithilfe eines stärker diversifizierten Ansatzes die Anwendung von Beihilfevorschriften derart zu vereinfachen, dass der Verwaltungsaufwand der Behörden und Dienstleistungserbringer in einem angemessenen Verhältnis zu den potenziellen Auswirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb im Binnenmarkt steht;

    24.

    fordert deshalb, dass die Vorschriften so gestaltet werden, dass gewährleistet ist, dass sie korrekt angewandt werden können und dass sie den staatlichen Stellen und den mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse betrauten Unternehmen keine übermäßige Belastung aufbürden, damit sie in der Lage sind, die ihnen zugewiesenen spezifischen Aufgaben uneingeschränkt zu erfüllen; fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, die Regeln verständlicher zu gestalten und die Verpflichtungen im Hinblick auf öffentliche Ausgleichszahlungen für DAWI vorab festzulegen, damit auf diese Weise eine größere Rechtssicherheit für staatliche Stellen und Dienstleistungserbringer erreicht wird;

    25.

    fordert die Kommission auf, als Teil der beabsichtigten Vereinfachung der Vorschriften über staatliche Beihilfen eine größere Flexibilität und Transparenz bei der Überwachung übermäßiger Ausgleichszahlungen herbeizuführen und insbesondere die Maßnahmen zur Vermeidung von Überkompensation zu verbessern; regt zu diesem Zweck an, dass die Kontrollen zur Ermittlung von übermäßigen Ausgleichszahlungen im Falle von mehrjährigen Verträgen nur am Ende des Vertragszeitraums und auf jeden Fall in regelmäßigen Abständen von nicht mehr als drei Jahren durchgeführt werden und dass transparente Kriterien für die Berechnung der Ausgleichszahlungen für DAWI festgelegt werden, da dies zu einer beträchtlichen Zeit- und Kostenersparnis sowohl für die Dienstleistungserbringer als auch für die staatlichen Stellen führen würde;

    26.

    fordert die Kommission auf, bei den staatlichen Stellen und Betreibern zu ermitteln, ob der Leitfaden vom 7. Dezember 2010 zur Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und den Binnenmarkt auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und insbesondere auf Sozialdienstleistungen effektiv seinen Zweck erfüllt; fordert die Kommission auf, erforderlichenfalls den staatlichen Behörden und Betreibern ein didaktisches Instrument zur Verfügung zu stellen, das ihnen Orientierung bei der ordnungsgemäßen Anwendung der Vorschriften gibt;

    27.

    fordert die Kommission auf, die Vorschriften für die Auftragsvergabe zu vereinfachen; fordert, dass eine Projektaufforderung in Verbindung mit einem Zielvertrag als Versorgungsauftrag gilt;

    Soziale Dienstleistungen

    28.

    fordert die Kommission auf, für SDAI, bei denen nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten auszugehen ist, eine bereichsspezifische De minimis-Regelung zu erarbeiten; schlägt deshalb vor, dass zu diesem Zweck für soziale Dienstleistungen dieses Typs geeignete, erhöhte Schwellenwerte vorgegeben werden;

    29.

    unterstützt das Festhalten an der bestehenden Ausnahmeregelung ohne Schwellen für Krankenhäuser und den sozialen Wohnungsbau; begrüßt die Ankündigung der Kommission, weitere Bereiche der SDAI von der Notifizierungspflicht ausnehmen zu wollen; fordert die Kommission auf, dafür Sorge zu tragen, dass Ausgleichszahlungen für sämtliche DAWI, die wesentliche soziale Bedürfnisse – wie sie von den Mitgliedstaaten festgelegt werden – erfüllen, z.B. die Betreuung von älteren Menschen und von Menschen mit Behinderungen, die Betreuung und die soziale Integration von verwundbaren Gruppen, die Kinder- und Jugendhilfe, die Gesundheitsversorgung und der Zugang zum Arbeitsmarkt von der Notifizierungspflicht ausgenommen werden;

    30.

    ist der Meinung, dass die besondere Aufgabe und der Charakter von SDAI geschützt und klar definiert werden sollten; fordert die Kommission deshalb auf, eine Bewertung der Frage vorzunehmen, welches der effektivste Weg zur Verwirklichung dieser Zielvorgabe wäre und, dabei der Möglichkeit sektorspezifischer Vorschriften Rechnung zu tragen;

    Lokale Dienstleistungen

    31.

    begrüßt die Absicht der Kommission, für staatliche Beihilfen an mit der Erbringung von DAWI betrauten Unternehmen eine De-minimis-Regelung einzuführen, sofern aufgrund des lokal begrenzten Tätigkeitsbereichs lediglich vernachlässigbare Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu erwarten sind und sichergestellt ist, dass der Ausgleich nur für das Funktionieren der betreffenden DAWI verwendet wird; ersucht die Kommission zu prüfen, ob auch DAWI im Kultur- und Bildungsbereich in eine bereichsspezifische Regelung einbezogen werden sollten;

    32.

    fordert die Kommission auf, angemessene Schwellenwerte für die De-minimis-Regelung für Ausgleichszahlungen an mit der Erbringung von DAWI betraute Unternehmen vorzuschlagen, um diese Dienstleistungen in einem vereinfachten Verfahren zu behandeln und den erheblichen Verwaltungsaufwand für diese Dienstleistungsanbieter ohne negative Effekte auf den Binnenmarkt erheblich zu reduzieren; schlägt diesbezüglich als möglichen Anhaltspunkt die kombinierten Indizes des Betrags der Ausgleichszahlung und des Umsatzes des von den kommunalen Behörden mit der Erbringung des Dienstes betrauten Unternehmens vor; ist außerdem der Ansicht, dass ein Schwellenwert einen Zeitraum von drei Haushaltsjahren angemessener sein könnte, um die erforderliche Flexibilität zu gewährleisten;

    33.

    weist darauf hin, dass die Erbringer von DAWI unterschiedlichen Status haben, wie Vereine, Stiftungen, Freiwilligen- und Gemeinschaftsorganisationen, gemeinnützige Organisationen oder soziale Unternehmen; verweist darauf, dass einige von ihnen lediglich auf lokaler Ebene arbeiten, keine gewerblichen Tätigkeiten ausüben und Gewinne aus Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vor Ort reinvestieren;

    Qualitäts- und Effizienzaspekte

    34.

    betont die besondere Bedeutung einer hohen Qualität von DAWI und die Notwendigkeit des universellen Zugangs zu ihnen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Zuständigkeit der Kommission nach den Wettbewerbsregeln des AEUV auf die Kontrolle von staatlichen Beihilfen für die Erbringung von DAWI beschränkt ist und diese keine Rechtsgrundlage für die Festlegung von Qualitäts- und Effizienzkriterien auf europäischer Ebene bieten; vertritt die Auffassung, dass die Festlegung von Qualität und Effizienz für DAWI unter gebührender Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips erfolgen sollte;

    *

    * *

    35.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission übermitteln.


    (1)  ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17.

    (2)  ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67.

    (3)  ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4.

    (4)  ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4.

    (5)  ABl. C 281 vom 26.9.1996, S. 3.

    (6)  ABl. C 259 vom 2.9.2011, S. 40.

    (7)  ABl. C 248 vom 25.8.2011, S. 149.

    (8)  Rechtssache C-280/00, Slg. 2004, I-07747.

    (9)  Angenommene Texte, P7_TA(2011)0319.

    (10)  ABl. C 301 E vom 13.12.2007, S. 140.

    (11)  ABl. C 306 E vom 15.12.2006, S. 277.

    (12)  ABl. C 92 E vom 16.4.2004, S. 294.

    (13)  ABl. C 140 E vom 13.6.2002, S. 153.

    (14)  ABl. C 14 vom 19.1.1998, S. 74.


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