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Document 52011AE0811

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse“ KOM(2010) 733 endg. — 2010/0353 (COD)

ABl. C 218 vom 23.7.2011, p. 114–117 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

23.7.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 218/114


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse“

KOM(2010) 733 endg. — 2010/0353 (COD)

2011/C 218/22

Berichterstatter: José María ESPUNY MOYANO

Das Europäische Parlament und der Rat beschlossen am 18. bzw. 27. Januar 2011, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 43 Absatz 2 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse

KOM(2010) 733 endg. — 2010/0353 (COD).

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 6. April 2011 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 471. Plenartagung am 4./5. Mai 2011 (Sitzung vom 5. Mai) mit 82 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt die Initiative der Europäischen Kommission, in dem Qualitätspaket alle europäischen Regelungen hinsichtlich der Qualität von Agrarerzeugnissen zusammenzufassen. Diese Initiative führt zu einer umfassenden, kohärenteren Qualitätspolitik und ist der erste Schritt zur Stärkung und Dynamisierung der europäischen Agrar- und Ernährungswirtschaft. Der EWSA misst der Verbesserung der Qualität europäischer Erzeugnisse und ihres Mehrwerts ebenso wie der Verbraucherinformation eine hohe Bedeutung bei. Hierzu bedarf es besserer Instrumente und Bestimmungen der EU.

1.2   Der EWSA befürwortet die bestehenden Qualitätsregelungen auf EU-Ebene (geschützte Ursprungsbezeichnung, geschützte geografische Angabe und garantiert traditionelle Spezialität), die er für hervorragende Initiativen zur Förderung der europäischen Erzeugnisse hält. Dass bestimmte Erzeugnisse diese Gütekennzeichnung tragen dürfen, bedeutet nach Ansicht des EWSA eine Aufwertung des Erzeugungsgebiets und der dortigen Landwirte und Produzenten und kommt auch dem Endverbraucher zugute. Außerdem stimmt der EWSA der Einschätzung der Kommission zu, dass diese Systeme einen Beitrag zur Politik der Entwicklung des ländlichen Raums leisten. Allerdings unterstreicht der EWSA, dass die Qualität der europäischen Erzeugnisse und ihre Produktionsweise nicht nur im Binnenmarkt, sondern auch und vor allem in der Außenwirtschaft anerkannt werden müssen und dass diese Qualität gefördert werden sollte. Er plädiert hierbei für strenge Maßstäbe bei der Anerkennung und der Kontrolle der Vermarktung von Agrarerzeugnissen auf allen Ebenen (1).

1.3   Der EWSA begrüßt die Beibehaltung der Unterscheidung zwischen der geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) und der geschützten geografischen Angabe (g.g.A.), wobei er die vorgeschlagenen Begriffsbestimmungen für weniger eindeutig als die der Verordnung Nr. 510/2006 hält. Des Weiteren wird in dem neuen Wortlaut leider nicht zwischen den drei Produktionsschritten (pflanzliche oder tierische Erzeugung – Verarbeitung – Verpackung) unterschieden, sondern lediglich auf den Schritt der Erzeugung Bezug genommen.

1.4   Bezüglich der Bedingungen für die Zertifizierung eines Produkts als garantiert traditionelle Spezialität ist der EWSA der Ansicht, dass der aus einer Tradition erwachsende Mehrwert eines bestimmten Produktes nicht nur auf seine geschichtliche Entwicklung zurückgehen sollte, wie es in dem Vorschlag vorgesehen ist, sondern auch auf andere Kriterien, wie die Eigenschaften der Zutaten, die Art der Erzeugung oder Verarbeitung, die lokale Kultur und weitere Merkmale und Kriterien. Außerdem werden die garantiert traditionellen Spezialitäten ständig weiterentwickelt, weshalb der EWSA sich gegen die Auffassung wendet, dass die Anzahl der Jahre das bestimmende Kriterium für die Einordnung eines Produkts in diese Kategorie sein sollte.

1.5   Der EWSA vertritt den Standpunkt, dass durch die Beschränkung der Regelung für garantiert traditionelle Spezialitäten allein auf die Eintragung mit Vorbehaltung des Namens nicht nur die Zahl der Eintragungen erheblich reduziert, sondern auch ein Instrument abgeschafft würde, durch das die Vielfalt und die Entscheidung für die Herstellung eines bestimmten Lebensmittels nach traditionellen Verfahren belohnt wird. Die Kommission sollte daher seiner Meinung nach bei Ablauf des Übergangszeitraums ein System vorschlagen, das die Beibehaltung der garantiert traditionellen Spezialitäten ermöglicht, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung ohne Vorbehaltung des Namens registriert wurden.

1.6   In Bezug auf die fakultativen Qualitätsangaben meint der EWSA, dass doch wieder erwogen werden sollte, Erzeugnisse aus Bergregionen einzubeziehen und anzuerkennen (2).

1.7   Der Qualitätsbegriff sollte zukünftig noch weiter gefasst werden, der Verbraucher sollte, wie heute schon bei Eiern möglich, besser zwischen unterschiedlichen Tierhaltungsformen unterscheiden können. Auch sollten suggestive Werbungen auf den Verpackungen (wie Bilder von weidenden Kühen oder Angaben wie „Alpenmilch“) mit dem Produktinhalt übereinstimmen. Der EWSA erwartet von der Kommission entsprechende konkrete Vorschläge.

1.8   Der EWSA ruft die Kommission auf, angemessene Folgemaßnahmen zur leichteren Einhaltung der technischen Anforderungen vorzuschlagen, die sich aus der Teilnahme an den Qualitätsregelungen der EU ergeben.

1.9   Hinsichtlich der zusätzlichen Regeln, die die Kommission als Ergänzung zu den Spezifikationen für die Vergabe einer g.U. oder einer g.g.A. sowie für fakultative Qualitätsangaben vorschlägt, stimmt der EWSA der Aussage zu, dass diese Regeln durch delegierte Rechtsakte aufgestellt werden müssen.

1.10   In Bezug auf die in den Vermarktungsnormen vorgesehene Angabe des Anbau- bzw. Herkunftsortes der pflanzlichen und tierischen Produkte fordert der EWSA, dass die Kosten-Nutzen-Analyse in den für jeden Fall vorgesehenen Folgenabschätzungen angegeben wird. Andererseits wird im Vorschlag für eine Verordnung betreffend die Information der Verbraucher gleichzeitig eine obligatorische Herkunftsangabe für bestimmte Agrarerzeugnisse geprüft; in den jüngsten einschlägigen Dokumenten wird die Notwendigkeit fallspezifischer Folgenabschätzungen erkannt. Der EWSA plädiert dafür, weiterhin daran zu arbeiten, dass die beiden Maßnahmenpakete zusammenpassen und untereinander stimmig sind, um mögliche Überlappungen auszuschließen.

1.11   Der EWSA unterstreicht die Bedeutung der Leitlinien für die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die Zutaten mit geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) enthalten, sowie der guten Praxis für freiwillige Zertifizierungssysteme und ruft zur Förderung ihrer Umsetzung auf.

2.   Wesentlicher Inhalt der Kommissionsmitteilung

2.1   Ziel des Qualitätspakets ist es, dass die EU-Rechtsvorschriften im Bereich der Qualität der Agrarerzeugnisse, aber auch die staatlichen und privaten Zertifizierungssysteme einfacher, transparenter und verständlicher werden, an Innovationen angepasst werden können und für die Erzeuger und die Verwaltungen mit weniger Aufwand verbunden sind.

2.2   2009 veröffentlichte die Kommission ihre Mitteilung über die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse (KOM(2009) 234), in der folgende strategische Leitlinien genannt wurden:

Verbesserung der Kommunikation zwischen Landwirten, Käufern und Verbrauchern hinsichtlich der Qualität von Agrarerzeugnissen;

bessere Stimmigkeit zwischen den Maßnahmen der Europäischen Union im Rahmen ihrer Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse und

Verringerung der Komplexität, um es den Landwirten, Herstellern und Verbrauchern zu erleichtern, die verschiedenen Regelungen und Etikettierungsangaben anzuwenden und zu verstehen.

2.3   Das Qualitätspaket umfasst:

2.3.1

einen Vorschlag für eine Verordnung, mit der die Verwaltung der Qualitätsregelungen dadurch vereinfacht wird, dass diese zu einem einzigen Rechtsinstrument zusammengefügt werden. Dadurch wird die Stimmigkeit zwischen den Einzelinstrumenten sichergestellt und werden die Regelungen für die Beteiligten verständlicher;

2.3.2

einen Vorschlag für eine Verordnung über die Vermarktungsnormen, durch die die Transparenz verbessert und die Verfahren vereinfacht werden sollen;

2.3.3

Leitlinien für eine gute Praxis bei der Entwicklung und Funktionsweise freiwilliger Zertifizierungssysteme für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel und

2.3.4

Leitlinien für die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die Zutaten mit geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) enthalten.

2.4   Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben

Durch den Vorschlag wird die Qualitätsregelung für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel aufrechterhalten und verstärkt, unbeschadet der Regelungen über geografische Angaben für Wein, aromatisierte Weine und Spirituosen. Außerdem werden die Fristen der Verfahren für die Eintragung verkürzt und gemeinsame Mindestvorschriften für amtliche Kontrollen festgelegt. Der Geltungsbereich der Verordnung bleibt erhalten (Erzeugnisse für den menschlichen Verzehr und andere Erzeugnisse).

2.5   Garantiert traditionelle Spezialitäten

Die Reservierungsregelung wird beibehalten, die Möglichkeit einer Eintragung ohne Namensreservierung jedoch gestrichen. Die Regelung der Eintragung wird vereinfacht und das Kriterium der Tradition wird auf 50 Jahre verlängert. Die Regelung wird auf Fertigmahlzeiten und Verarbeitungserzeugnisse beschränkt.

2.6   Fakultative Qualitätsangaben

Es wird vorgeschlagen, diese Angaben in die Verordnung aufzunehmen, um wertsteigernde Eigenschaften hervorzuheben und spezielle Vermarktungsnormen zu fördern (Freilandhaltung von Geflügel, Blütenhonig, kaltgepresstes Olivenöl aus erster Pressung), wobei sie an den Rechtsrahmen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union angepasst werden.

2.7   Vermarktungsregeln

Der Vorschlag sieht als allgemeine Regel vor, dass die Kommission die Vermarktungsnormen mittels delegierter Rechtsakte erlässt. In allen Sektoren wird eine Rechtsgrundlage für die obligatorische Angabe des Erzeugungsorts entsprechend den spezifischen Umständen jedes Sektors eingeführt. Dies wird – beginnend beim Sektor Milch – von Fall zu Fall untersucht.

2.8   Subsidiaritätsprinzip

Mit diesem Prinzip soll gewährleistet werden, dass wertsteigernde Namen und Angaben der Qualitätssysteme in allen Mitgliedstaaten der EU gleich gut geschützt sind, damit die Verbraucher nicht in die Irre geführt werden und der innereuropäische Handel nicht beeinträchtigt wird. Die wirksame und effiziente Festlegung der entsprechenden Rechte erfolgt auf EU-Ebene. Die Bearbeitung und Prüfung der Anträge hingegen kann auf nationaler Ebene vorgenommen werden, da dies effizienter und wirksamer ist.

2.9   Verhältnismäßigkeitsprinzip

Zur Gewährleistung der Glaubwürdigkeit der Qualitätsregelungen und der tatsächlichen Einhaltung ihrer Vorschriften müssen die Erzeuger sich verpflichten, deren Anforderungen zu erfüllen und die betreffenden Qualitätsversprechen zu halten, wobei sie das Recht haben, einem System ihrer Wahl beizutreten. Die Bedingungen für die Teilnahme und die Kontrollen sind der Garantie, durch die die entsprechende Qualität zugesichert wird, angemessen.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1   Mit dem Qualitätspaket wird erstmals eine umfassende Politik für unionsweite Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und wertsteigernde Qualitätsangaben sowie für Vermarktungsnormen festgelegt. Es umfasst außerdem zwei Leitlinien für freiwillige Zertifizierungssysteme und die Verwendung von g.U.- bzw. g.g.A.-Erzeugnissen als Zutaten. Der EWSA begrüßt die Anstrengungen der Kommission der letzten drei Jahre zur Schaffung dieses ehrgeizigen einheitlichen Systems ausgehend von den zahlreichen bestehenden Rechtstexten, die für jeden Sektor einzeln erarbeitet worden waren.

3.2   Die Kommission argumentiert, dass die Stärke der europäischen Lebensmittelproduktion in ihrer Vielfalt, im Know-how der Produzenten und in dem Land und in den Gegenden liegt, in denen sie ihre Produkte erzeugt. Der EWSA begrüßt diese Aussage und vertritt darüber hinaus die Meinung, dass die europäischen Qualitätsregelungen die Diversifizierung der Produktion fördern, einen Schutz vor missbräuchlicher Verwendung oder Nachahmung der Produkte bieten und für die Verbraucher von Nutzen sind, da diese mehr über die Eigenschaften und Merkmale der Produkte erfahren. Der EWSA schließt sich der Ansicht an, dass die verschiedenen Qualitätsregelungen hervorragende Initiativen zur Förderung der europäischen Produkte sind. Er mahnt jedoch, dass die Vorzüge dieser Produkte auch international anerkannt werden müssen. Wenn die europäische Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie erhalten und ausgebaut werden sollen, genügt es nicht, in stärkerem Maße das Bewusstsein für die europäische Qualität innerhalb des Binnenmarktes zu wecken, sondern dies muss auch auf außereuropäischen Märkten geschehen. In diesem Sinne unterstreicht der EWSA, dass das europäische Modell der Nahrungsmittelerzeugung verteidigt und Erzeugnisse aus der EU und aus Drittstaaten unter den gleichen Bedingungen hinsichtlich Qualität, Lebensmittelsicherheit, Umweltverträglichkeit und Tierschutz vermarktet werden müssen, wie es der Ratsvorsitz in seinen Schlussfolgerungen zur Mitteilung der Europäischen Kommission zur GAP bis 2020 bereits gefordert hat.

3.3   Die Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse werten die Region, in der sie produziert werden, auf und leisten einen Beitrag zur Erhaltung der Vielfalt und zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher und verarbeitender Tätigkeiten. Sie erleichtern daher die Verwirklichung der Ziele der Politik für die ländliche Entwicklung, die in der Mitteilung der Kommission zur GAP bis 2020 (KOM(2010) 672) genannt werden. Der EWSA begrüßt diese Kohärenz zwischen diesen beiden Maßnahmenpaketen und spricht sich dafür aus, die Verordnung über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse auch auf die Prioritäten anderer Politiken, wie der Europa-2020-Strategie (Wertschöpfung, Innovationsförderung, Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Schutz der Umwelt, ressourceneffiziente Produktion usw.), abzustimmen. Desgleichen fordert der EWSA, dass die Verordnung den Herausforderungen des Binnenmarktes Rechnung trägt (starkes, nachhaltiges und gerechtes Wachstum der Betriebe und besseres Funktionieren des Binnenmarktes) und im Einklang mit den Zielen der Politik zum Schutz und zur Information der Verbraucher, der Wettbewerbspolitik und der Binnenmarktpolitik steht.

3.4   Der EWSA hebt die Bedeutung der Leitlinien für die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die Zutaten mit geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) enthalten (ABl. C 341 vom 16.12.2010, S. 3), hervor und ruft dazu auf, die Umsetzung dieser Leitlinien zu fördern.

3.5   Der EWSA begrüßt ebenfalls den Vorschlag der Kommission zu Leitlinien für eine gute Praxis für freiwillige Zertifizierungssysteme (ABl. C 341 vom 16.12.2010, S. 5). In den letzten Jahren nahmen die Fälle von Agrarerzeugnissen zu, die nicht vorschriftsgemäß gekennzeichnet waren, weshalb ein Konzept für ethische, soziale und ökologische Anforderungen erstellt werden musste. Des Weiteren bedarf es – wie auch die Kommission feststellt – einer größeren Glaubwürdigkeit, Transparenz und Klarheit der Vereinbarungen in der Versorgungskette. Der EWSA hat die Kommission bereits aufgefordert, diese Leitlinien auszuarbeiten (3), und bittet dementsprechend alle Organisationen, die Zertifizierungssysteme für Agrarerzeugnisse handhaben, ihre Verfahren zu überprüfen, um den Leitlinien für eine gute Praxis bestmöglich zu entsprechen.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1   Geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) und geschützte geografische Angabe (g.g.A.)

4.1.1   Der EWSA begrüßt, dass die beiden Qualitätsregelungen beibehalten werden, bedauert jedoch, dass in dem neuen Definitionsvorschlag nicht mehr auf die drei Produktionsstufen (pflanzliche oder tierische Erzeugung – Verarbeitung – Verpackung) Bezug genommen wird.

4.1.2   Der EWSA wertschätzt den Beitrag dieser Agrarerzeugnisse zur Erhaltung der traditionellen Herstellungsformen und zum Umweltschutz, was nicht nur den Erzeugern und der Verarbeitungsindustrie, sondern auch den Verbrauchern zugutekommt. Die Anerkennung dieser Qualitätsregelungen leistet außerdem einen Beitrag zur ländlichen Entwicklung der entsprechenden Region, indem die Bevölkerung zum Verbleib ermuntert wird, ihre Lebensbedingungen und die Lebensqualität gesteigert, die Aussichten auf Arbeitsplätze verbessert und Möglichkeiten für unternehmerisches Handeln geschaffen werden, dies alles verbunden mit einer sinnvollen Nutzung der natürlichen Ressourcen.

4.1.3   Um eine g.U. oder eine g.g.A. führen zu dürfen, müssen die Erzeuger die Bedingungen der Produktspezifikation erfüllen. Um sicherzustellen, dass die Produktspezifikation sachdienliche und knapp formulierte Informationen enthält, kann die Kommission laut dem Vorschlag mittels delegierter Rechtsakte weitere Vorschriften zum Inhalt der Produktspezifikation festlegen. Bezüglich der geschützten geografischen Angaben ist der EWSA der Auffassung, dass auf dem Etikett angegeben werden muss, wenn der Erzeugungsort des verarbeiteten landwirtschaftlichen Erzeugnisses nicht mit dem Ursprungsort des verarbeiteten Lebensmittels übereinstimmt.

4.1.4   Der EWSA unterstützt und begrüßt es, dass es die Mitgliedstaaten sind, die mittels angemessener administrativer oder rechtlicher Schritte sowie auf Antrag einer Erzeugervereinigung einer widerrechtlichen Verwendung der g.U. oder g.g.A. zuvorkommen oder sie verhindern.

4.2   Garantiert traditionelle Spezialitäten

4.2.1   Der EWSA begrüßt, dass die Angabe „garantiert traditionelle Spezialität“ als Qualitätsregelung für bestimmte Erzeugnisse beibehalten wird, da es sich hierbei um die einzige Möglichkeit handelt, wie ein gemäß der Tradition eines Mitgliedstaates hergestelltes Erzeugnis entsprechend anerkannt werden kann.

4.2.2   Bezüglich der Bedingungen für die Zertifizierung eines Produkts als garantiert traditionelle Spezialität ist der EWSA der Ansicht, dass durch die Beschränkung der Regelung für garantiert traditionelle Spezialitäten auf Eintragungen mit Vorbehaltung des Namens nicht nur die Zahl der Eintragungen erheblich reduziert, sondern auch ein Instrument abgeschafft würde, durch das die Vielfalt und die Entscheidung für die Herstellung eines bestimmten Lebensmittels nach traditionellen Verfahren belohnt wird. Die Kommission sollte daher seiner Meinung nach bei Ablauf des Übergangszeitraums ein System vorschlagen, das die Beibehaltung der garantiert traditionellen Spezialitäten ermöglicht, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung ohne Vorbehaltung des Namens registriert wurden. Des Weiteren sollte der aus einer Tradition erwachsende Mehrwert eines bestimmten Produktes nicht nur auf seine geschichtliche Entwicklung zurückgehen, wie es in dem Vorschlag vorgesehen ist, sondern auch auf andere Kriterien, wie die Eigenschaften der Zutaten, die Art der Erzeugung oder Verarbeitung, die lokale Kultur und weitere Merkmale und Kriterien. Der EWSA schlägt daher vor, die Anzahl der Jahre nicht zum alleinigen Kriterium für die Einstufung eines Produkts als garantiert traditionelle Spezialität zu erheben.

4.3   Angaben und Zeichen der Qualitätsregelung und Rolle der Erzeuger

4.3.1   Der Verordnungsvorschlag sieht vor, dass Erzeugergemeinschaften einen Beitrag zur Gewährleistung der Qualität ihrer Erzeugnisse auf dem Markt leisten, Informations- und Werbemaßnahmen durchführen, die Übereinstimmung ihrer Produkte mit der Spezifikation sicherstellen und Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsweise der Regelungen ergreifen können. Der EWSA begrüßt und unterstützt diese Verbesserung der Regelung, mit der die Rolle der Erzeugergemeinschaften gestärkt und präzisiert wird, und befürwortet eine stärkere Einbeziehung dieser Gemeinschaften sowohl bei der Angebotssteuerung auf dem Markt als auch bei der Verwendung von g.U.- bzw. g.g.A.-Erzeugnissen als Zutaten. Diese Befugnis darf jedoch nicht zulasten der spezifischen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 in Bezug auf Erzeugerorganisationen und Branchenverbände gehen. Andererseits gibt der EWSA seiner Zufriedenheit darüber Ausdruck, dass die Wirtschaftsbeteiligten, die Erzeugnisse mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geschützter geografischer Angabe oder garantiert traditionelle Spezialitäten zubereiten, lagern und vermarkten, einer amtlichen Kontrolle unterliegen.

4.4   Weitere Angaben zur einer umfassenderen Qualitätspolitik

4.4.1   Der EWSA ist der Auffassung, dass zur „Qualität“ zukünftig auch konkretere Aussagen z.B. zu den Haltungsbedingungen der Tiere (Freilandhaltung, Strohhaltung etc.) gemacht werden sollten. Eine entsprechende Differenzierung erscheint sinnvoll, damit der Verbraucher zwischen unterschiedlichen Produktionsformen besser unterscheiden kann; dies erscheint auch zur Abgrenzung von industriellen Produktionsformen zu bäuerlichen Formen nötig. Als positives Beispiel ist hier die mittlerweile erfolgte Kennzeichnung bei Eiern zu erwähnen. Die Kommission wird gebeten, Vorschläge auch für andere Tierhaltungsbereiche zu erarbeiten.

4.4.2   Ferner sind heute noch Angaben auf Verpackungen möglich, die dem Verbraucher eine bestimmte Form von Qualität suggerieren, ohne dass diese tatsächlich im Produkt enthalten sein muss. So werden beispielsweise auf Milchverpackungen Bilder von weidenden Kühen gezeigt, ohne dass garantiert ist, dass die Milch von Freilandkühen stammt, oder es wird „Alpenmilch“ vermarktet, obwohl die Milch nicht aus dem Alpenraum, sondern z.B. aus Ungarn stammt. Ähnliches gilt für „Schwarzwälder Schinken“, wo quasi nur der Prozess des Räucherns in der Region stattfindet, nicht aber die Produktion des Fleisches. Der EWSA hält dies für eine Irreführung, es ist eine Vortäuschung einer nicht gegebenen Qualität und somit Verbrauchertäuschung. Er vermisst in den Vorschlägen der Kommission klare Aussagen, wie einer solchen Praxis Einhalt geboten werden soll.

4.5   Antrags- und Eintragungsverfahren

4.5.1   Die Kommission präsentiert Vorschläge zur Straffung der Eintragungsverfahren, die nach Einschätzung des EWSA einige Verbesserungen bewirken können. So ist der EWSA nicht damit einverstanden, dass die Anträge nicht mehr monatlich veröffentlicht werden müssen. Diese Veröffentlichung vereinfacht nämlich die Weiterverfolgung, insbesondere angesichts der Tatsache, dass der Zeitraum für Einsprüche auf nur zwei Monate begrenzt werden soll.

4.5.2   Damit gewährleistet ist, dass Gattungsbegriffe nicht als g.U. oder g.g.A. eingetragen werden können, hält es der EWSA jedoch für geboten, den Vorschlag durch eine angemessene Bewertung auf nationaler und europäischer Ebene zu untermauern.

Brüssel, den 5. Mai 2011

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Staffan NILSSON


(1)  ABl. C 18 vom 19.1.2011, S. 1-4„Stärkung des europäischen Modells der Nahrungsmittelerzeugung“ und ABl. C 18 vom 19.1.2011, S. 5-10„Das gemeinschaftliche Agrarmodell: Produktionsqualität und Verbraucherkommunikation als Elemente der Wettbewerbsfähigkeit“.

(2)  ABl. C 120 vom 16.5.2008, S. 47-48„Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft in Gebieten mit bestimmten naturbedingten Nachteilen“.

(3)  ABl. C 28 vom 3.2.2006, S. 72-81„Ethischer Handel und Verbrauchergarantiekonzepte“.


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