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Document 52010IP0492

Lage in Côte d'Ivoire Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zur Lage in Côte d’Ivoire

ABl. C 169E vom 15.6.2012, p. 126–129 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

15.6.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 169/126


Donnerstag, 16. Dezember 2010
Lage in Côte d'Ivoire

P7_TA(2010)0492

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zur Lage in Côte d’Ivoire

2012/C 169 E/13

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Côte d’Ivoire,

unter Hinweis auf die Wahlgesetzgebung von Côte d’Ivoire, insbesondere das Gesetz 2001-303 und die Verordnung 2008-133, insbesondere deren Artikel 64,

unter Hinweis auf den Zwischenbericht der Wahlbeobachtungsmission der Europäischen Union,

in Kenntnis des Kommuniqués des Vorsitzenden der Afrikanischen Union, der Erklärung des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union und des Abschlusskommuniqués der außerordentlichen Sitzung der in der Kommission der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (Ecowas) vertretenen Staats- und Regierungschefs, die am 7. Dezember 2010 in Abuja, Nigeria, stattfand,

in Kenntnis der Erklärung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU, die am 3. Dezember 2010 in Kinshasa angenommen wurde,

in Kenntnis der Erklärungen der HV/VP Catherine Ashton zum Wahlprozess, insbesondere vom 3. Dezember 2010 zu den Wahlergebnissen in Côte d’Ivoire und vom 1. Dezember 2010 zum zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl in Côte d’Ivoire,

in Kenntnis der Erklärung von Choi Young-jin, Sonderbeauftragter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Côte d’Ivoire, vom 3. Dezember 2010 zur Bestätigung der Ergebnisse des zweiten Wahlgangs der Präsidentschaftswahl vom 28. November 2010,

in Kenntnis der Erklärung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 8. Dezember 2010,

in Kenntnis der Schlussfolgerungen zu Côte d’Ivoire, die vom Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ der EU auf seiner 3058. Tagung am 13. Dezember 2010 angenommen wurden,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in Erwägung der Durchführung der Präsidentschaftswahl in Côte d’Ivoire und der schwerwiegenden politischen und institutionellen Krise, in die das Land nach dem zweiten Wahlgang vom 28. November 2010 geraten ist; in der Erwägung, dass der Wahlkampf für den zweiten Wahlgang durch eine angespannte Atmosphäre und Gewaltakte geprägt war, die Verletzte und mehrere Todesopfer zur Folge hatten,

B.

in der Erwägung, dass unabhängigen Beobachtungsberichten – insbesondere der Vereinten Nationen und der Europäischen Union – zufolge die Wahl, deren Organisation 400 Millionen Dollar gekostet hat, insgesamt zufriedenstellend verlaufen ist,

C.

in der Erwägung, dass die Unabhängige Wahlkommission (CEI) von Côte d’Ivoire den Sieg von Alassane Ouattara verkündete, dass der Verfassungsrat des Landes das Ergebnis jedoch mit der Behauptung, in einigen Gebieten sei es zu Wahlbetrug gekommen, annullierte und Laurent Gbagbo zum Gewinner erklärte,

D.

in der Erwägung, dass der Verfassungsrat gegenüber dem ivorischen Volk zu einer unparteiischen Anwendung der Gesetze verpflichtet ist und dass die Verfassung, das Gesetz 2001-303 und Artikel 64 der Verordnung aus dem Jahre 2008 ihm nur das Recht einräumen, Präsidentschaftswahlen zu annullieren, nicht aber die Möglichkeit, andere Ergebnisse als die der Unabhängigen Wahlkommission zu verkünden,

E.

in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen, die aufgrund von zwei Resolutionen der Vereinten Nationen, die im Anschluss an das Friedensabkommen von 2005 angenommen wurden, mit der Bestätigung der Ergebnisse beauftragt wurden, was in Afrika zum ersten Mal geschehen ist,

F.

in der Erwägung, dass der Sonderbeauftragte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen die Qualität des Wahlprozesses in Côte d’Ivoire bescheinigte und damit bestätigte, dass die von der Unabhängigen Wahlkommission bekannt gegebenen Ergebnisse den Willen der ivorischen Bürgerinnen und Bürger widerspiegelten, und Alassane Ouattara zum Wahlsieger erklärte,

G.

in der Erwägung, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse durch die Unabhängige Wahlkommission von Côte d’Ivoire begrüßte und seine Bereitschaft bekräftigte, geeignete Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die den Friedensprozess behindern, insbesondere die Arbeit der unabhängigen Wahlkommission, wie sie in Ziffer 6 der Resolution 1946 (2010) beschrieben ist,

H.

in der Erwägung, dass die einzige Quelle demokratischer Legitimität allgemeine Wahlen sind, deren Ergebnisse von den Vereinten Nationen bestätigt wurden,

I.

in der Erwägung, dass die Ecowas Laurent Gbagbo anlässlich ihres außerordentlichen Gipfeltreffens vom 7. Dezember 2010 aufgefordert hat, unverzüglich die Macht abzutreten, und die Teilnahme von Côte d’Ivoire an allen ihren Aktivitäten bis auf Weiteres ausgesetzt hat,

J.

in der Erwägung, dass der Präsident der Afrikanischen Union (AU), Bingu wa Mutharika, in seiner amtlichen Erklärung vom 8. Dezember 2010 die Auffassung vertreten hat, dass Laurent Gbagbo den vom Volk mit der Stimmabgabe zum Ausdruck gebrachten Willen respektieren und die Macht friedlich abtreten müsse, um ein weiteres Blutbad in Afrika zu vermeiden, und dass die AU an der Seite der Ecowas und der internationalen Beobachter stehe, die den Wahlsieg von Alassane Ouattara bestätigt haben,

K.

in der Erwägung, dass die Wirtschaftskreise besorgt sind, da die derzeitige Lage zu einer Verarmung des Landes und somit seiner Bevölkerung sowie von ganz Westafrika führen könnte, da auf Côte d’Ivoire 40 % des BIP der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion UEMOA entfallen,

L.

in der Erwägung, dass der scheidende Präsident die Verantwortung hat, einen friedlichen Übergang, der den für die Zukunft von Côte d’Ivoire unabdingbaren zivilen Frieden gewährleistet, zu ermöglichen, indem er sich zurückzieht und somit seinem Volk und der Region eine erneute harte Probe erspart,

1.

ist der Auffassung, dass die einzige Quelle demokratischer Legitimität allgemeine Wahlen sind, deren Ergebnisse von den Vereinten Nationen bestätigt wurden, und fordert Laurent Gbagbo daher auf, sich zurückzuziehen und die Macht an Alassane Ouattara abzutreten;

2.

fordert alle politischen und bewaffneten Kräfte von Côte d’Ivoire nachdrücklich auf, den Willen des Volkes zu achten, der seinen Niederschlag in den Ergebnissen der Wahl vom 28. November 2010 gefunden hat, wie sie von der Unabhängigen Wahlkommission bekannt gegeben und von dem Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen bestätigt wurden;

3.

bedauert die gewalttätigen Zusammenstöße, die der Bekanntgabe der Ergebnisse des zweiten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen vorangingen, und bringt seine tief empfundene Solidarität mit den Opfern und ihren Familien zum Ausdruck; bedauert auch die politische Obstruktion und die Versuche, die Mitglieder der unabhängigen Wahlkommission einzuschüchtern, was die Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse letztlich verzögert hat, wodurch der ordnungsgemäße Verlauf des demokratischen Wahlprozesses behindert wurde;

4.

bedauert zutiefst den Beschluss des ivorischen Verfassungsrates, dessen Mitglieder alle vom scheidenden Präsidenten ernannt wurden, die von der Wahlkommission verkündeten Ergebnisse entgegen den Gesetzesvorschriften, für deren Achtung er zu sorgen hatte, abzuändern, und ist der Ansicht, dass dieser Beschluss dem Willen des ivorischen Volkes, den es beim Urnengang zum Ausdruck gebracht hat, zuwiderläuft;

5.

unterstreicht, wie wichtig der Beschluss der Afrikanischen Union (AU) ist, jede Beteiligung von Côte d’Ivoire an den Tätigkeiten der Organisation auszusetzen, bis der demokratisch gewählte Präsident, Alassane Ouattara, seine Macht tatsächlich ausübt;

6.

begrüßt die Erklärungen mehrerer Akteure der internationalen Gemeinschaft, in denen die Unterstützung für den Wahlprozess in Côte d’Ivoire zum Ausdruck gebracht und Alassane Ouattara als der rechtmäßige Gewinner der Wahlen anerkannt wird;

7.

unterstützt nachdrücklich die Bemühungen der Afrikanischen Union und der Ecowas, Gewalt zu verhüten und zu gewährleisten, dass die rechtmäßige Regierung anerkannt wird;

8.

spricht dem Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, der mit der Bestätigung der Ergebnisse beauftragt wurde, sein uneingeschränktes Vertrauen aus;

9.

ist tief besorgt über die infolge der Wahlen im Land derzeit festgefahrene politische Lage sowie über die gemeldeten Gewaltakte, in die in einigen Fällen die ivorischen Sicherheitskräfte verwickelt waren; betont, dass die im Land vorherrschende Lage und die gemeldeten Gewaltakte genau beobachtet werden müssen;

10.

bedauert die Gewalt, zu der es gekommen ist, und erachtet den Schutz der Zivilbevölkerung als vorrangig; fordert alle Akteure in Côte d’Ivoire auf, jede Gefahr einer Eskalation der Gewalt abzuwenden und jede Konfrontation zu verhindern; fordert infolgedessen dazu auf, Maßnahmen zur Wiederherstellung der demokratischen Arbeitsweise der Institutionen im ausschließlichen Interesse des ivorischen Volkes und der Wahrung des Friedens zu treffen;

11.

begrüßt alle Vermittlungsbemühungen und fordert alle politischen Kräfte von Côte d’Ivoire auf, einen friedlichen Übergang aktiv zu unterstützen und somit eine Spaltung des Landes zu vermeiden;

12.

verurteilt nachdrücklich die Einschüchterungen, die sich gegen die Beobachter der Europäischen Union in Côte d’Ivoire richteten und aufgrund derer die Mission aus Sicherheitsgründen zurückgezogen werden musste;

13.

bedauert die Aussetzung der Tätigkeit der nicht von der Regierung kontrollierten Medien in Côte d’Ivoire; weist darauf hin, dass es von wesentlicher Bedeutung ist, dass das ivorische Volk uneingeschränkten Zugang zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Informationen in den Medien genießt, und fordert die ivorischen Staatsorgane eindringlich auf, unverzüglich den ausgewogenen Zugang zu den staatlichen Medien wiederherzustellen;

14.

unterstützt den Beschluss der EU, Sanktionen gegen Laurent Gbagbo zu verhängen, und begrüßt den Beschluss des Rates der EU, gezielte Maßnahmen gegen diejenigen zu ergreifen, die den Friedensprozess und die nationale Aussöhnung behindern, insbesondere diejenigen, die das Ergebnis des Wahlprozesses gefährden; fordert die HV/VP Catherine Ashton auf, so schnell wie möglich neue Initiativen vorzulegen, mit denen die demokratisch gewählten Staatsorgane in Côte d’Ivoire unterstützt werden;

15.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der HV/VP Catherine Ashton, dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Operation der Vereinten Nationen in Côte d’Ivoire (ONUCI), den Institutionen der Afrikanischen Union, der Ecowas, der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU und den EU-Mitgliedstaaten zu übermitteln.


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