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Document 52010IP0313

Langzeitpflege für ältere Menschen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. September 2010 zur Langzeitpflege von älteren Menschen

ABl. C 308E vom 20.10.2011, p. 79–81 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

20.10.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 308/79


Donnerstag, 9. September 2010
Langzeitpflege für ältere Menschen

P7_TA(2010)0313

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. September 2010 zur Langzeitpflege von älteren Menschen

2011/C 308 E/13

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Europäische Charta der Grundrechte,

unter Hinweis auf den Vorschlag für eine Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung (KOM(2008)0426),

gestützt auf die Anfrage an die Kommission vom 30. Juni 2010 betreffend die Langzeitpflege von älteren Menschen (O-0102/2010 – B7- 0457/2010),

gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

1.

fordert die Mitgliedstaaten auf, den demografischen Entwicklungen in den letzten Jahren, und insbesondere der Überalterung der Bevölkerung, die zu einer höheren Haushaltsbelastung und einer steigenden Nachfrage nach besseren Infrastrukturen für Gesundheits- und Sozialdienstleistungen geführt haben, Rechnung zu tragen; ermutigt die Mitgliedstaaten, gegen die soziale Ausgrenzung älterer Menschen und jegliche Diskriminierung aufgrund des Alters vorzugehen;

2.

erinnert die Mitgliedstaaten daran, dass die Gewährleistung des Zugangs zu angemessenen Gesundheits- und Pflegediensten ein grundlegendes Prinzip des europäischen Solidaritätsmodells ist;

3.

anerkennt die Bedeutung von Qualität und Kontinuität in der Pflege, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die Fachausbildung und Aus- und Weiterbildung sowie den Wiedereinstieg ins Berufsleben für alle, einschließlich ehrenamtlicher Pfleger und denen, die sich von Berufs wegen um die Langzeitpflege von älteren Menschen kümmern, zu verbessern, zu erleichtern und zu fördern; vertritt die Auffassung, dass eine solche Ausbildung auch dazu beitragen könnte, das Ansehen dieser wichtigen Arbeit aufzubessern; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, dringend die Fragen der geringen Bezahlung für Pflegedienste, des Mangels an Personal und der fehlenden oder unzureichenden Ausbildung anzugehen, da sie eine große Belastung für die Pflegeberufe sind; verweist auf den wichtigen Beitrag, den die Zivilgesellschaft, die Kirche und Wohltätigkeitsorganisationen bei der Bereitstellung von Pflege leisten;

4.

weist darauf hin, wie wichtig es ist, die E-Gesundheit weiterzuentwickeln, um die Produktivität und Effizienz der Pflege zu verbessern, und die Unterstützung für ehrenamtliche Pfleger und ältere Menschen selbst zu fördern;

5.

fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Bedürfnisse der ehrenamtlichen Pfleger, die einen bedeutenden Anteil an der Pflege von älteren Menschen haben, zu berücksichtigen und zur Unterstützung und Sicherung dieser Ressource konkrete Maßnahmen für Ausbildung, Gewährung von Auszeiten und die Vereinbarung von Berufs- und Familienleben zu ergreifen;

6.

verlangt, dass in allen Mitgliedstaaten der Schutz der Grundrechte von Menschen, die sich in langfristiger Pflege befinden, garantiert wird, und fordert deshalb die Mitgliedstaaten auf, die Einführung und Einhaltung von Qualitätskriterien für die bereitzustellenden Dienste wichtiger als bisher zu nehmen;

7.

fordert die Mitgliedstaaten auf, älteren Menschen in jeder erdenklichen Weise Unterstützung zukommen zu lassen, dass sie in ihrem eigenen Heim eigenständig leben können, und ihnen durch verschiedene Hilfsvorrichtungen ein besseres Zurechtkommen zu Hause zu ermöglichen, da dies die beste Alternative zu institutioneller Pflege darstellt;

8.

fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihrem innerstaatlichen Recht die Qualifikationsanforderungen an die Pflegepersonen, die in der Pflege älterer Menschen tätig sind, zu regeln und weiterführende Fortbildungssysteme zu konzipieren und anzuwenden, die dazu beitragen, das Ausbildungsniveau der in den Systemen zur Pflege älterer Menschen Beschäftigten zu heben und dadurch die Qualität der entsprechenden Dienste zu verbessern;

9.

stellt mit Bedauern fest, dass die Finanzierung und Bereitstellung fachmedizinischer Dienste in der Geriatrie in vielen Mitgliedstaaten über Jahre abgebaut wurden und anderes Fachpersonal in Bezug auf ältere Menschen nicht hinreichend geschult wurde; stellt fest, dass dies in vielen Fällen zu einer Verschlechterung der Pflege von älteren Menschen geführt hat, was zuweilen als unfaire Diskriminierung ihnen gegenüber betrachtet werden kann; fordert die Mitgliedstaaten auf, diese Situation im Auge zu behalten und erforderlichenfalls eine Mittelerhöhung vorzusehen;

10.

fordert die Mitgliedstaaten auf, der Schaffung von Einheiten für eine Palliativpflege zu Hause Vorrang einzuräumen;

11.

fordert die Kommission auf, über die in den einzelnen Mitgliedstaaten vorhandene Infrastruktur in Altenpflegeheimen, Altenpflegegemeinschaften und in Bezug auf die Altenpflege zu Hause Daten zu erfassen und einen zusammenfassenden Bericht zu erarbeiten;

12.

fordert Mindeststandards für alle Verträge im Pflegesektor, einschließlich Mindestlöhne;

13.

fordert die Kommission auf, verstärkt Untersuchungen darüber durchzuführen, wie viele ältere Menschen in Langzeitpflege an Mangelernährung und Dehydrierung sterben;

14.

fordert die Mitgliedstaaten auf, Informations- und Präventionsmaßnahmen zu entwickeln, die sich an ältere Menschen richten und insbesondere Fragen der Ernährung und der Verhütung von Dehydration betreffen;

15.

gibt zu bedenken, dass die Politik der Europäischen Union für ältere Menschen auf dem Grundsatz beruht, dass die Gesellschaft für alle da ist, und dass die Mitgliedstaaten zur Verwirklichung dieses Grundsatzes den Menschen in den einzelnen Altersstufen uneingeschränkte Möglichkeiten zur aktiven Beteiligung am gesellschaftlichen Leben – unabhängig vom Alter – gewährleisten müssen;

16.

befürwortet die Schaffung bzw. – in den Staaten, in denen sie bereits bestehen, – die Fortführung von Programmen zur sozialfürsorglichen und medizinischen Betreuung älterer Menschen zu Hause, wobei für deren Verwaltung die kommunalen und örtlichen Behörden im Bereich ihrer jeweiligen Zuständigkeiten verantwortlich sein sollen;

17.

fordert die Kommission auf, ein Grünbuch über die Misshandlung von älteren Menschen und die Gewährleistung der Sicherheit von älteren Menschen in ihren Gemeinschaften und in Pflegeheimen zu erstellen und dabei den Schwerpunkt auf die Patientenmobilität und die in den 27 Mitgliedsstaaten bereits bestehenden besten Vorgehensweisen zu legen;

18.

fordert die Kommission auf, eine Studie in Auftrag zu geben, um ein genaueres Bild über die wachsenden Anforderungen im Zusammenhang mit der Pflege älterer Menschen und Schätzungen über das voraussichtliche Fachangebot auf diesem Gebiet bis 2020 zu erhalten;

19.

fordert die Mitgliedstaaten auf, mithilfe der Methode der offenen Koordinierung Informationen, neue Ansätze und bewährte Vorgehensweisen über die Bereitstellung einer Langzeitpflege für ältere Menschen auszutauschen und insbesondere Maßnahmen und fachliche Mindestnormen zu erlassen, mit dem Ziel:

a)

Ungleichheiten in der Gesundheitsfürsorge zu verringern und die Sicherheit älterer Menschen in ihren Gemeinschaften und Pflegeheimen zu gewährleisten,

b)

gegen die Misshandlung von älteren Menschen vorzugehen,

c)

Personalstrategien zur Bekämpfung des Personalmangels aufzustellen und

d)

die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien voranzubringen, mit denen die Pflege älterer Menschen in der Familie erleichtert und die Selbständigkeit älterer Menschen gefördert wird;

20.

fordert die Kommission nachdrücklich auf, sich für die Sicherstellung einer angemessenen medizinischen Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger Europas ungeachtet deren finanzieller Möglichkeiten einzusetzen;

21.

fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, in Bezug auf die künftige Überalterung der Bevölkerung in der Europäischen Union auch bezüglich der Ausarbeitung von Regelungen zur nachhaltigen Finanzierung langfristiger Pflegesysteme allseitig zusammenzuarbeiten und dabei sicherzustellen, dass künftig dauerhafte Regelungen zur Finanzierung der Systeme für die Pflege im Alter vorhanden sind und dass Zugang zu den benötigten Pflegediensten besteht;

22.

fordert, dass mit Hilfe des Austausches bewährter Verfahren die wirksamsten Methoden gefunden werden, um die Beziehungen zwischen den Generationen auszubauen und dadurch die Beteiligung der Angehörigen an der Langzeitversorgung pflegebedürftiger älterer Menschen zu verstärken, wodurch – neben anderen Vorteilen – deren individuellen Bedürfnissen besser Rechnung getragen werden kann;

23.

fordert die Entwicklung einer umfassenden Strategie des aktiven Alterns mit dem Ziel, ältere Menschen an sozialen und kulturellen Aktivitäten zu beteiligen;

24.

fordert, dass – im Lichte der großen Zunahme der Zahl älterer Menschen – Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass sie gleichberechtigten Zugang zu Einrichtungen im Bereich der Sozialfürsorge haben;

25.

fordert die Mitgliedstaaten auf, integrierte Pflegesysteme aufzubauen, um die durch Pflege bedingte Belastung der Personen, die ältere Menschen und Menschen mit Behinderung betreuen, zu verringern, so dass diese Personen eine Beschäftigung aufnehmen können;

26.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.


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