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Document 52010DC0301

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und die Europäische Zentralbank - Regulierung der Finanzdienstleistungen für nachhaltiges Wachstum

/* KOM/2010/0301 endg. */

52010DC0301

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und die Europäische Zentralbank regulierung der finanzdienstleistungen für nachhaltiges wachstum /* KOM/2010/0301 endg. */


[pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

Brüssel, den 2.6.2010

KOM(2010) 301 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

REGULIERUNG DER FINANZDIENSTLEISTUNGEN FÜR NACHHALTIGES WACHSTUM

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

REGULIERUNG DER FINANZDIENSTLEISTUNGEN FÜR NACHHALTIGES WACHSTUM (Text von Bedeutung für den EWR)

1. Fortsetzung der Reformen

Seit Beginn der Krise im Jahr 2008 haben die Kommission und die EU-Regierungen die erforderlichen Dringlichkeitsmaßnahmen zur Sicherung der Stabilität des Finanzsystems ergriffen, einschließlich erheblicher Kapitalspritzen aus öffentlichen Geldern für den Bankensektor und Begleitmaßnahmen, um zu gewährleisten, dass die Banken ihre Eigenkapitalposition konsolidieren.

Ein sichereres, solideres, transparenteres und verantwortlicheres Finanzsystem, das für die Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt arbeitet und in der Lage ist, die Realwirtschaft zu finanzieren, ist eine Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum. Es bildet die wesentliche Ergänzung zu den Anstrengungen, die Europa zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und Durchführung von Strukturreformen unternimmt und die zur Entstehung einer kraftvollen, dynamischen Wirtschaft beitragen werden. Die Strategie „Europa 2020“ sollte durch einen gesunden Finanzdienstleistungssektor dürfte untermauert werden, der gewährleistet, dass europäische Unternehmen und vor allem die KMU in Wachstum investieren und die Bürger Europas vertrauensvoll für die Zukunft planen können. Die Regulierung der Finanzdienstleistungen muss durch eine ehrgeizige Reformagenda für Wachstum auf derGrundlage des Binnenmarktes ergänzt werden

Über die unmittelbaren Maßnahmen hinaus hat die Kommission daran gearbeitet, eine umfassende Finanzreform abzuschließen, mit der kurzfristiges Denken, schlechtes Risikomanagement und mangelndes Verantwortungsbewusstsein bestimmter Akteure im Finanzsektor bekämpft und die zugrundeliegenden Schwächen des Aufsichts- und Regulierungsrahmens korrigiert werden sollen. Wesentliche Fortschritte wurden bereits erzielt, wobei Europa bei den internationalen Anstrengungen auf Ebene der G20 eine Führungsrolle übernahm.

Die jüngsten Marktturbulenzen haben bestätigt, dass die notwendigen Reformen zügig vollendet werden müssen, um Solidität und Stabilität des europäischen und des weltweiten Finanzsystems sicherzustellen.

Die kommenden sechs bis neun Monate werden entscheidend sein.

Daher wird die Kommission den Großteil der verbleibenden Vorschläge zur Regelungsreform bis Ende des Jahres dem Rat und dem Europäischen Parlament unterbreiten, wobei der letzte Vorschlag von heute an gerechnet in neun Monaten vorliegen wird: Gemäß den Grundsätzen einer besseren Rechtsetzung werden die Vorschläge nach Durchführung einer Konsultation der Beteiligten und von Folgenabschätzungen ausgearbeitet. Die kumulativen Auswirkungen der verschiedenen Maßnahmen auf den Finanzsektor und die Realwirtschaft müssen in vollem Umfang berücksichtigt werden. Diese Überlegungen werden in der Folgenabschätzung und bei der Justierung der einzelnen Maßnahmen in vollem Umfang berücksichtigt. In diesem Zusammenhang wird auch das Ergebnis der bereits laufenden Arbeiten des Financial Stability Board und des Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht zu den kumulativen Auswirkungen der Reform des Finanzsektors vollständige Berücksichtigung finden.

Die Kommission wird auf eine zügige Verabschiedung dieser Maßnahmen drängen, damit die Europäer ihr volles Vertrauen in die Solidität des Finanzsystems als einen der Grundpfeiler des Wachstums zurückgewinnen.

Die Europäische Union muss die Reformagenda bis Ende 2011 abschließen, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Sicherung der Finanzstabilität und den Anlegerschutz (indem sie vor allem auf die neuen Herausforderungen reagiert, die sich angesichts der jüngsten Marktentwicklungen stellen), sondern auch, um den Binnenmarkt zu erhalten und auszubauen und dem Druck entgegenzuwirken, protektionistische Maßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen.

Der EU hat bei der Ausgestaltung der internationalen Reaktion auf die Krise eine Führungsrolle übernommen. In den kommenden sechs Monaten sollen die G20 sich auf die Konturen einer neuen globalen Finanzarchitektur für systemrelevante Finanzinstitutionen, Maßnahmen für das Krisenmanagement und einen stärkeren Eigenkapitalrahmen einigen. Die EU ist entschlossen, diesen Prozess zu gestalten und sicherzustellen, dass die übrigen maßgeblichen Akteure sich der Herausforderung stellen.

Bereits verabschiedete Maßnahmen

Die Kommission hat rasch auf die Finanzkrise reagiert (siehe vollständiger Überblick über die getroffenen Maßnahmen in Anhang 2). Im November 2008 beauftragte sie eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Jacques de Larosière mit der Prüfung möglicher Verbesserungen bei Aufsicht und Regulierung. Angesichts der Situation 2008 wurden die Richtlinie über Einlagensicherungssysteme[1] und die Eigenkapitalrichtlinie[2] zügig überarbeitet. Eine Verordnung über Ratingagenturen[3] wurde angenommen und die Kommission legte zwei Empfehlungen zu Grundsätzen der Vergütungspolitik[4] vor. In einigen Bereichen hat die EU eine internationale Führungsrolle übernommen, beispielsweise durch die Vorschläge für einen Risikoausschuss auf Makroebene, der Risikowarnungen abgibt, Selbstbehalt bei der Verbriefung und eine Reform der Eigenkapitalanforderungen für das Handelsbuch. Die EU ist fest entschlossen, die Konvergenz der internationalen Rechnungslegungsstandards zu erreichen.

2. Die laufenden Arbeiten müssen abgeschlossen werden

Die Kommission hat rasch auf die Empfehlungen des de Larosière-Berichts reagiert und im Sommer 2009 innerhalb weniger Wochen eine Reihe wichtiger Legislativvorschläge vorgelegt. Mehrere dieser wesentlichen Kommissionsvorschläge müssen jedoch noch vom Rat und vom Europäischen Parlament gebilligt werden.

Zur Reform der Aufsichtsarchitektur hat die Kommission einen Europäisch en Ausschuss für Systemrisiken[5] vorgeschlagen, der sicherstellen wird, dass Systemrisiken auf Makroebene und makroökonomische Risiken früh genug erkannt werden, sowie ferner die Einrichtung von drei Europäisch e Aufsichtsbehörden[6] für Banken, Versicherungen und den Wertpapiermarkt, die eine verstärkte Aufsicht und die bessere Koordinierung der nationalen Aufsichtsbehörden untereinander gewährleisten werden.

Ein gut funktionierender Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen setzt strenge, effiziente und harmonisierte Regeln für alle Akteure voraus, in Verbindung mit einem wirksamen Aufsichtsrahmen, harten, abschreckenden Sanktionen und klaren Durchsetzungsmechanismen. Die vorgeschlagene neue Aufsichtsarchitektur wird das Fundament für eine bessere Zusammenarbeit und eine stärker harmonisierte, europäische Aufsicht bilden, die - gestützt auf einen ganzheitlichen Ansatz - auch makroökonomische Faktoren umfasst. Sobald sie ihre Arbeit aufgenommen haben, werden die neuen europäischen Aufsichtsbehörden an der Entwicklung technischer Standards mitwirken und ein Einheitliches Regelwerk schaffen.

Vor der Sommerpause muss dringend Einigkeit erzielt werden, damit die neuen Behörden 2011 ihre Arbeit aufnehmen können. Die Kommission arbeitet aktiv an einem Kompromiss zwischen Rat und Europäischem Parlament, der die Standpunkte beider Organe berücksichtigt und gleichzeitig gewährleistet, dass die neuen Behörden über die erforderlichen Befugnisse verfügen werden.

In Bezug auf Verwalter alternativer Investmentfonds (einschließlich Hedgefonds) wird in der vorgeschlagenen Richtlinie[7] ein umfassender und wirksamer Regulierungs- und Aufsichtsrahmen auf europäischer Ebene geschaffen, der robuste und harmonisierte Regulierungsstandards für alle Verwalter umfasst und die Transparenz für Anleger steigert. Eine Einigung muss bald erzielt werden, vor allem in Bezug auf die Behandlung von Verwaltern und Fonds in Drittländern, damit faire Wettbewerbsbedingungen gewahrt werden und gleichzeitig ein hohes Niveau beim Anlegerschutz gewährleistet wird.

Verbindliche Regeln für die Vergütung und verstärkte Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuchpositionen werden in Kraft treten, sobald über die dritte Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie (CRD III)[8] Einigkeit erzielt wurde. Die Handelsbuchvorschriften müssen auf globaler Ebene einheitlich umgesetzt werden. Zu diesem Zweck arbeitet die Kommission konstruktiv mit den maßgeblichen internationalen Partnern zusammen.

Die Kommission arbeitet aktiv mit den Mitgesetzgebern zusammen, um noch vor der Sommerpause eine Einigung über alle diese Dossiers zu erzielen.

3. Anstehende Vorschläge

Die Kommission wird in den kommenden Monaten ihr vollständiges Finanzreformprogramm abschließen, das sich auf vier Hauptgrundsätze stützt: größere Transparenz, effektive Aufsicht und Durchsetzung (wo bereits erhebliche Fortschritte erzielt wurden, s.o.), größere Krisenfestigkeit und Finanzmarktstabilität sowie mehr Verantwortungsbewusstsein und Verbraucherschutz. Diese Grundsätze sind untrennbar miteinander verknüpft und die grundlegenden Ziele der Reformen können nur erreicht werden, wenn diese Hauptgrundsätze gemeinsam in kohärenter Weise angegangen werden. Viele der nachstehend aufgeführten Vorschläge erfüllen Ziele, die für mehrere Grundsätze gelten.

In Anhang I sind sämtliche geplanten Maßnahmen mit dem voraussichtlichen Datum der Annahme aufgeführt.

1. Größere Transparenz

Transparenz ist im Hinblick auf gut funktionierende Märkte und das gegenseitige Vertrauen der Marktteilnehmer unverzichtbar. Mangelnde Transparenz in Bezug auf bestimmte Transaktionen, Produkte und Marktteilnehmer war ein Faktor, der zu der jüngsten Krise beitrug. Daher ist die Stärkung der Transparenz eines der übergeordneten Ziele der EU-Finanzreform. Ordnungsgemäße und zuverlässige Informationen für Aufsichtsbehörden, die Anlegergemeinschaft und die breite Öffentlichkeit über die Arbeitsweise der Finanzmärkte und die Verbindungen zwischen verschiedenen Akteuren sind ein wichtiges Mittel, ein stabileres und solideres Finanzsystem zu fördern, das weniger dazu neigt, kurzsichtig, übermäßig risikobereit und prozyklisch zu handeln.

Die erste Verordnung über Ratingagenturen [9] (CRA) wurde 2009 verabschiedet, um den größten Schwächen der Tätigkeit von Ratingagenturen abzuhelfen. Sowohl die Regulierungsbehörden als auch die Ratingagenturen bereiten sich auf die Umsetzung dieser Vorschriften bis 7. September 2010 vor. Mit der Verordnung werden die obligatorische Registrierung aller in der EU tätigen Ratingagenturen und eine Reihe strenger Anforderungen eingeführt, um sicher zu stellen, dass Ratingagenturen einer ordnungsgemäßen Aufsicht, die entsprechende Standards erfüllt, unterliegen und Interessenkonflikte verringert werden.

In Europa und international setzt sich die Überzeugung durch, dass die Mängel des derzeitigen Ratingverfahrens, die durch die Krise offen gelegt wurden, noch nicht in ausreichendem Maße behandelt wurden. Vor allem der mangelnde Wettbewerb in der Ratingbranche gibt Anlass zu Besorgnis. Ohne in dieser Phase einer bestimmten Option den Vorzug zu geben, prüft die Kommission strukturelle Lösungen, darunter auch den Bedarf an einer europäischen Ratingagentur oder einer stärkeren Beteiligung unabhängiger öffentlicher Einrichtungen an der Abgabe von Ratings.

Besondere Aufmerksamkeit muss den Staatsschulden gewidmet werden, um zu gewährleisten, dass geeignete Methoden zum Einsatz kommen. Auch die mangelnde Prüfung („due diligence“) durch Banken und andere Finanzinstitutionen sowie das Fehlen alternativer „Benchmarks“ für die Bewertung der Verlässlichkeit der Anlage müssen besondere Beachtung finden. Die aktuelle Regulierungsstruktur, bei der das Rating in die Finanzregulierung integriert ist, muss gründlich überprüft werden.

Die Kommission wird ihre Schlussfolgerungen zu diesen Themen im September vorlegen.

Im Sommer wird die Kommission Legislativvorschläge für ein bessere Arbeitsweise der Derivatemärkte unterbreiten. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für mehr Transparenz an einem wichtigen, aber derzeit noch recht undurchsichtigen Markt. Durch den Vorschlag werden die Finanzmarktinfrastruktur der EU gestärkt, die Standardisierung von Derivatekontrakten gefördert und zentrale Clearing-Stellen für Derivatekontrakte entwickelt, um das Risiko wesentlich zu verringern. Ferner sollen alle europäischen Aufsichtsbehörden Zugang zu den in Transaktionsregistern enthaltenen Informationen über alle Arten von Transaktionen erhalten.

Darüber hinaus wird die Kommission Verbesserungen der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID)[10] vorschlagen, um die Transparenz im vor- und nachbörslichen Handel zu stärken und mehr Derivate an organisierte Handelsplätze zu bringen.

2. Effektive Aufsicht und Durchsetzung

Die oben vorgeschlagene neue Aufsichtsarchitektur ist für eine verbesserte und effektivere Aufsicht unabdingbar. Die Aufsicht muss jedoch durch effektive Durchsetzungsmechanismen sichergestellt werden, erforderlichenfalls auch mit Sanktionen, um ein verantwortungsbewusstes Marktverhalten zu fördern und gegebenenfalls gegen unverantwortliche und übermäßige Spekulation vorzugehen.

Am 2. Juni hat die Kommission eine Überarbeitung der Verordnung über Ratingagenturen[11] vorgeschlagen, um eine zentrale EU-Aufsicht über Ratingagenturen einzuführen und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) die ausschließliche Aufsichtsbefugnis über in der EU registrierte Ratingagenturen zu übertragen.

Auch wenn die abschreckende Wirkung von Sanktionen für das gute Funktionieren eines jeden Sektors erforderlich ist, sind die Sanktionen im Finanzsektor weitgehend uneinheitlich, was zu divergierenden Vorgehensweisen der nationalen Aufsichtsbehörden führt. Die Kommission wird sich durch eine gründlichen Überprüfung der bestehenden Sanktionsbefugnisse und ihrer Anwendung in der Praxis mit diesem Thema befassen. Als ersten Schritt wird die Kommission eine Mitteilung über Sanktionen im Finanzdienstleistungssektor vorlegen, um die Konvergenz der Sanktionen für das gesamte Spektrum der Aufsichtstätigkeit zu fördern.

3. Größere Krisenfestigkeit und Stabilität des Finanzsektors

Zur Steigerung der Krisenfestigkeit und Stabilität ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der durch eine Reihe weiterer Maßnahmen ergänzt werden muss. Die größere Krisenfestigkeit beginnt mit höheren Eigenkapitalstandards und muss mit besseren Transparenzregeln sowie auch einer verstärkten Aufsicht und Durchsetzung verbunden sein. Zudem sind eine deutlich verbesserte Risikokultur und Corporate Governance auf allen Unternehmensebenen erforderlich. Das letzte Puzzleteil bildet schließlich ein vollständiges Instrumentarium für Krisenprävention und –management.

Nach intensiver Arbeit im Rahmen des Financial Stability Board (Rat für Finanzmarktstabilität, FSB), der G20 und des Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht wird die Kommission Änderungen der Eigenkapitalrichtlinie[12] (CRD IV) vorschlagen, um die Qualität und die Höhe des von Banken gehaltenen Eigenkapitals zu verbessern, Eigenkapitalpuffer einzuführen und sicherzustellen, dass in guten Zeiten Rücklagen aufgebaut werden, auf die in wirtschaftlich schlechten Zeiten zurückgegriffen werden kann. Die Richtlinie wird auch die übermäßige Fremdfinanzierung behandeln und effektive Liquiditätsregeln einführen. Auch der vorstehend genannte Legislativvorschlag für Derivate trägt zur Erhöhung der Krisenfestigkeit bei durch robuste Anforderungen an das zentrale Gegenpartei-Clearing („Central Counter-party Clearing“) von OTC-Derivaten.

Die jüngste Krise hat gezeigt, dass Krisenprävention in den Unternehmen selbst beginnen muss und aktivere bzw. verantwortlichere Aktionäre und Manager sowie verstärkte interne Kontrollsysteme erfordert[13].

Es braucht einen umfassenden Rahmen für das Krisenmanagement, wenn andere Verteidigungslinien versagen. Im Oktober wird die Kommission einen Aktionsplan zum Krisenmanagement veröffentlichen, dem Legislativvorschläge für ein vollständiges Instrumentarium zur Prävention von Bankausfällen bzw. zur Bankenrettung folgen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass die Behörden in der Lage sein werden, insolvente Finanzinstitutionen zu retten und gleichzeitig die Folgen von Konkursen für das Finanzsystem so gering wie möglich zu halten sowie den Schaden für die Wirtschaft und den Einsatz öffentlicher Mittel zu begrenzen. Am 14. Mai hat die Kommission eine Mitteilung über mögliche Formen eines Bankenrettungsfonds[14] vorgelegt.

Schließlich wird die Kommission ihre Arbeit im Hinblick auf die globale Konvergenz qualitativ hochwertiger internationaler Rechnungslegungsstandards fortsetzen, die den Grundstein für erhöhte Finanzmarktstabilität bilden.

4. Mehr Verantwortungsbewusstsein und Verbraucherschutz:

Eine wichtige Lektion der jüngsten Marktentwicklungen ist die Tatsache, dass das Vertrauen von Verbrauchern und Anlegern in die Finanzmärkte durch rigoroseres Vorgehen gegen die Akteure, die das System missbrauchen, wieder hergestellt werden muss. Der Rechtsrahmen muss die richtigen Anreize bieten, um übermäßig spekulatives und riskantes Verhalten einzuschränken und sicherzustellen, dass der Finanzdienstleistungssektor dem Interesse von Bürgern und Realwirtschaft dient.

Die Kommission wird basierend auf den Erkenntnissen einer derzeit laufenden eingehenden Untersuchung, die einen umfassenden Einblick in die Arbeitsweise der Finanzmärkte unter besonderer Berücksichtigung der Staatsanleihen gewährt, geeignete Maßnahmen zu Leerverkäufen und Kreditausfallversicherungen (CDS) ergreifen. Diese Maßnahmen werden auch die ungedeckten Leerverkäufe betreffen. Die Kommission wird Lösungen vorschlagen, die es der EU ermöglichen, in koordinierter Weise auf Ereignisse wie die übermäßige Nutzung des CDS-Marktes zu Spekulationszwecken zu reagieren. Dazu sollten Notbefugnisse für Regulierungsbehörden (die künftig von der ESMA koordiniert werden) zählen.

Im Rahmen der verstärkten Marktstabilität und –integrität?? wird die Marktmissbrauchsrichtlinie[15] geändert, um ihre Vorschriften über die regulierten Märkte hinaus auszuweiten und Derivate in ihren Anwendungsbereich einzubeziehen.

Als einen grundlegenden Schritt zur Wiederherstellung des Verbrauchervertrauens wird die Kommission eine Überarbeitung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme[16] auf der Grundlage des in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Berichts vorschlagen, damit eine weitere Harmonisierung der Vorschriften für den effektiven Einlegerschutz in der gesamten EU gewährleistet wird. Parallel dazu wird die Richtlinie über Anlegerentschädigungssysteme[17] überarbeitet , um den Anlegerschutz zu erhöhen. Im Versicherungssektor wird in einem Weißbuch über Einlagensicherung im Versicherungsbereich die Möglichkeit geprüft, europäische Regeln zum Schutz der Inhaber von Versicherungspolicen für den Fall einzuführen, dass ein Versicherungsunternehmen in Konkurs geht.

Ferner werden Legislativvorschläge zu Anlageprodukten für Kleinanleger vorgelegt, die dem Schutz der Verbraucherinteressen beim Verkauf dieser Produkte dienen. Als Reaktion auf den Madoff-Betrug, durch den offenbar wurde, dass Bedarf an einer Harmonisierung bestimmter Aspekte des Schutzes von OGAW-Anlegern besteht, wird die Kommission außerdem Änderungen der geltenden Rechtsvorschriften für OGAW-Verwahrstellen vorschlagen.

4. Schlussfolgerungen und nächste Schritte

Der rasche Abschluss des Reformprozesses im Finanzdienstleistungsbereich bildet einen Grundpfeiler des künftigen europäischen Wachstums und eine unverzichtbare Ergänzung der haushaltspolitischen Konsolidierung und der Strukturveränderungen. Bis zum nächsten Frühjahr wird die Kommission alle Elemente für eine grundlegende Verbesserung der Art und Weise vorschlagen, wie Europas Finanzmärkte reguliert und beaufsichtigt werden.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird sorgfältig abgestimmt, damit das neuerliche Wirtschaftswachstum in Europa nicht abgewürgt wird und prozyklische Effekte vermieden werden. Zu diesem Zweck werden angemessene Folgenabschätzungen durchgeführt. Die Koordinierung mit den wichtigsten internationalen Partnern der EU, von denen einige ebenfalls grundlegende Reformen durchführen, ist besonders wichtig. Internationale Konvergenz im Regulierungsbereich einschließlich der Rechnungslegungsvorschriften wird dazu beitragen, das Vertrauen in die Märkte zu verbessern, während Divergenzen die wirtschaftliche Erholung beeinträchtigen können. Den G20 kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu.

Die Kommission appelliert an ein starkes politisches Engagement des Rates und des Europäische Parlaments, damit der Einigung über Prioritäten, Zeitplan und Durchführung dieser Reformmaßnahmen oberste Priorität eingeräumt wird. Auch von der Finanzdienstleistungsindustrie erwartet die Kommission weiterhin einen aktiven und konstruktiven Beitrag zur Ausgestaltung der Reformen. Die letzte Rechtsvorschrift sollte bis spätestens Ende 2011 verabschiedet sein, damit sie bis Ende 2012 in nationales Recht umgesetzt werden kann.

ANHANG 1: VOLLSTÄNDIGES VERZEICHNIS DER INITIATIVEN MIT ZIELDATEN FÜR DIE ANNAHME DURCH DIE KOMMISSION UND KOMMISSIONSVORSCHLÄGE ZUR BILLIGUNG DURCH DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Initiativen | Annahme durch die Kommission | Politische Einigung |

Maßnahmen (vorgeschlagen, werden noch verhandelt): |

Richtlinie über die Verwaltung alternativer Investmentfonds | April 2009 | Sommer 2010 |

Dritte Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie (CRD III) | Juli 2009 | Sommer 2010 |

Bankenaufsichtspaket (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken und Europäische Aufsichtsbehörden) | September 2009 | Sommer 2010 |

Mitteilung über mögliche Formen eines Bankenrettungsfonds | Mai 2010 | entfällt |

Anstehende Vorschläge: |

OGAW - Durchführungsbestimmungen | Juni 2010 | Juni 2010 |

Revision der Verordnung über Ratingagenturen (Aufsicht über Ratingagenturen auf EU-Ebene) | Juni 2010 | bis Ende 2011 |

Grünbuch zur Corporate Governance in Finanzinstituten | Juni 2010 | bis Ende 2011 |

Einrichtung einer Gruppe von Finanzdienstleistungsnutzern | Sommer 2010 | entfällt |

Überarbeitung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme | Juli 2010 | bis Ende 2011 |

Weißbuch über Einlagensicherung im Versicherungsbereich | Juli 2010 | entfällt |

Überarbeitung der Richtlinie über Anlegerentschädigung | Juli 2010 | bis Ende 2011 |

Derivate – Gesetzliche Regelung der Marktinfrastruktur | Sommer 2010 | bis Ende 2011 |

Überarbeitung der Richtlinie über Finanzkonglomerate | Sommer 2010 | bis Ende 2011 |

Zweite „Omnibus“-Richtlinie zur Anpassung sektoraler Vorschriften an die Vorschläge zur Bankenaufsicht | Sommer 2010 | bis Ende 2010 |

Richtlinie über die Rechtssicherheit von Wertpapiergeschäften | September 2010 | bis Ende 2011 |

SEPA-Verordnung (Einheitlicher Europäischer Zahlungsverkehrsraum), die eine Frist für den Übergang zum SEPA setzt | September 2010 | bis Ende 2011 |

Mitteilung zu einem Rahmen für Krisenmanagement | Oktober 2010 | entfällt |

Maßnahmen zu Leerverkäufen/Kreditausfallversicherungen | Oktober 2010 | bis Ende 2011 |

Initiative für den Zugang zu einem Mindestmaß an grundlegenden Bankdienstleistungen | Oktober/November 2010 | bis Ende 2011 |

Mitteilung über Sanktionen im Finanzdienstleistungssektor | Dezember 2010 | entfällt |

Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie (CRD IV) | Dezember 2010 | bis Ende 2011 |

Überarbeitung der Marktmissbrauchsrichtlinie (Wertpapiere) | Dezember 2010 | bis Ende 2011 |

Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

OGAW – Verwahrstellen | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

Durchführungsmaßnahmen zur Solvency-II-Richtlinie (Eigenkapitalanforderungen für Versicherungsunternehmen) | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

Legislativvorschläge zu Anlageprodukten für Kleinanleger | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

Legislativvorschlag zum Krisenmanagement (einschließlich Bankrettungsfonds) | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

Überarbeitung der Richtlinie über die Versicherungsvermittlung | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

Weitere Änderungen der Verordnung über Ratingagenturen | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

Gesetzliche Regelung zur Corporate Governance | Frühjahr 2011 | bis Ende 2011 |

ANHANG 2: BISLANG VORGESCHAGENE /ANGENOMMENE MAßNAHMEN

Initiative | Annahme durch die Kommission | Status |

Solvency-II-Richtlinie (Eigenkapitalanforderungen für Versicherungsunternehmen) | Juli 2007 | Angenommen im Dezember 2009 |

Änderung der Richtlinien über Abrechnungswirksamkeit und Finanzsicherheit (Wertpapiere) | April 2008 | Angenommen im Mai 2009 |

Neufassung der OGAW-Richtlinie | Juli 2008 | Angenommen im Juli 2009 |

Zweite Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie für Banken – Änderung der Verbriefungsregeln, Risikolimits bei Großkrediten, Aufsichtskollegien, Liquiditätsrisikomanagement und Qualität des Eigenkapital | Oktober 2008 | Angenommen im Mai 2009 |

Änderung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme | Oktober 2008 | Angenommen im März 2009 |

Verordnung über Ratingagenturen | Oktober 2008 | Angenommen im September 2009 |

Mitteilung zu Grundsätzen der Vergütungspolitik | April 2009 | Nächste Schritte siehe Anhang 2 |

Verbraucherbildung Finanzkompetenz – Dolceta on-line Bildungsprogramm, neue Module | entfällt | Im April 2010 gestartet |

Mitteilung zu Anlageprodukten für Kleinanleger (PRIP) | April 2009 | Anstehende Legislativvorschläge |

Richtlinie über die Verwaltung alternativer Investmentfonds | April 2009 | Mitentscheidungsverfahren läuft |

Driite Überarbeitung der Eigenkapitalrichtlinie (Banken) – Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen, Offenlegung von Verbriefungsrisiken und Vergütungspolitik | Juli 2009 | Mitentscheidungsverfahren läuft |

Bankenaufsichtspaket (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken und Europäische Aufsichtsbehörden) | September 2009 | Mitentscheidungsverfahren läuft |

Änderungen zur Prospekt-Richtlinie (Wertpapiere) | September 2009 | Mitentscheidungsverfahren läuft |

Mitteilung zum Krisenmanagement im Bankensektor | Oktober 2009 | Weitere Mitteilung im Herbst 2010 und Legislativvorschlag im Frühjahr 2011 |

Mitteilung zu Derivaten | Juli & Oktober 2009 | Anstehender Legislativvorschlag |

[1] Richtlinie 1994/19/EG in der geänderten Fassung der Richtlinie 2009/14/EG.

[2] Richtlinie 2006/48/EG.

[3] Verordnung 1060/2009, ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1.

[4] K(2009) 3159 und K(2009) 3177, beide vom 30.4.2009.

[5] KOM(2009) 499 endg. vom 23.9.2009.

[6] Europäische Bankaufsichtsbehörde (KOM(2009) 501 endg.), Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (KOM(2009) 502 endg.), Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (KOM(2009) 503 endg.), alle vom 23.9.2009.

[7] KOM(2009) 207 endgültig.

[8] KOM(2009) 362.

[9] Verordnung 1060/2009, ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1.

[10] Richtlinie 2004/39/EG, (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1), geändert durch die Richtlinien 2006/31/EG, 2007/44/EG und 2008/10/EG.

[11] Verordnung 1060/2009, ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1.

[12] Richtlinie 2006/48/EG.

[13] Zu diesem Zweck nimmt die Kommission gleichzeitig mit dieser Mitteilung ein Grünbuch zur Corporate Governance in Finanzinstituten und zu Fragen der Vergütung an, durch das eine Konsultation zu einem breiten Spektrum von Fragen zur Corporate Governance eingeleitet wird.

[14] KOM(2010) 254.

[15] Richtlinie 2003/6/EG.

[16] Richtlinie 94/19/EG in der geänderten Fassung der Richtlinie 2009/14/EG.

[17] Richtlinie 1997/9/EG.

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