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Document 52009DC0230

    Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und anden Ratüber den anaeroben biologischen Abbau gemäß Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über Detergenzien (Text von Bedeutung für den EWR)

    /* KOM/2009/0230 endg. */

    52009DC0230

    Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und anden Ratüber den anaeroben biologischen Abbau gemäß Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über Detergenzien (Text von Bedeutung für den EWR) /* KOM/2009/0230 endg. */


    [pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

    Brüssel, den 26.5.2009

    KOM(2009) 230 endgültig

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND AN DEN RAT

    über den anaeroben biologischen Abbau gemäß Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über Detergenzien (Text von Bedeutung für den EWR)

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND AN DEN RAT

    über den anaeroben biologischen Abbau gemäß Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über Detergenzien(Text von Bedeutung für den EWR)

    1. EINLEITUNG

    In Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 über Detergenzien[1] heißt es:

    „Bis zum 8. April 2009 überprüft die Kommission die Anwendung dieser Verordnung, wobei sie insbesondere die biologische Abbaubarkeit von Tensiden berücksichtigt, und führt eine Bewertung durch, unterbreitet einen diesbezüglichen Bericht und legt gegebenenfalls Legislativvorschläge zur Regelung folgender Punkte vor:

    anaerober biologischer Abbau,

    biologischer Abbau der wichtigsten organischen Inhaltsstoffe von Detergenzien, die nicht zu den Tensiden gehören .“

    Der vorliegende Bericht beschäftigt sich mit dem anaeroben biologischen Abbau von in Detergenzien verwendeten Tensiden, wobei besonderes Augenmerk dem linearen Alkylbenzolsulfonat (LAS) gilt, einem häufig verwendeten Tensid (vgl. Tabelle 1), das im anaeroben Milieu schwer biologisch abbaubar sein soll. Der Bericht geht auf die in der wissenschaftlichen Literatur beschriebenen Eigenschaften von LAS sowie auf Berichte über die Bewertung der Risiken bei der Verwendung von LAS in Detergenzien ein und gibt einen Überblick über die anaeroben Prüfmethoden.

    Anaerobe Milieus treten sowohl in der Natur, z. B. in Sedimenten von Oberflächengewässern, als auch im Klärschlamm auf, der bei der Abwasserreinigung anfällt. Der anaerobe biologische Abbau von Tensiden in Schlamm und Sedimenten erzeugt Methan, während beim biologischen Abbau im aeroben Milieu von Abwässern und Oberflächengewässern Kohlendioxid entsteht.

    Da die meisten Abwasserströme und Oberflächengewässer ein aerobes Milieu bieten, dürften Tenside, die vollständig aerob abbaubar sind, rasch abgebaut werden und eigentlich gar nicht erst in Bereiche gelangen, wo anaerobe Milieus vorherrschen. Aus diesem Grund ist in der Detergenzienverordnung die vollständige biologische Abbaubarkeit als Hauptkriterium für die Verwendung von Tensiden in Detergenzien festgelegt. Erfüllt ein Tensid nicht das Kriterium der vollständigen biologischen Abbaubarkeit, darf es nur in Ausnahmefällen verwendet werden, und selbst dann nur, wenn anhand einer Risikobewertung nachgewiesen werden kann, dass von dieser Verwendung keine Gefahr ausgeht. Eine derartige Ausnahmeregelung wird in Kürze gewährt werden.[2]

    Zwar hat kein Mitgliedstaat seit Einführung der Detergenzienverordnung irgendwelche ökologischen Bedenken wegen Tensiden vorgebracht, es wurde jedoch festgestellt, dass sich manche Tenside in Klärschlamm anreichern, bis dieser beispielsweise als Dünger in der Landwirtschaft entsorgt wird, wo die Stoffe wieder in ein aerobes Milieu gelangen und sich vollständig biologisch abbauen können.

    Sowohl der Verbleib und das Verhalten von Tensiden in der Umwelt als auch ihre Toxizität sollten geprüft werden, um die Wirksamkeit der geltenden Rechtsvorschriften bei der Kontrolle des Gesamtrisikos zu beurteilen. Die Kommission hat diese Aufgabe in zwei Phasen ausgeführt: als Erstes hat sie die vorhandene Wissensbasis ermittelt und bestehende Lücken festgestellt, und in der zweiten Phase hat sie diese Lücken geschlossen. Die erste Phase wurde 2005 abgeschlossen, die zweite Phase dauerte von 2006 bis 2009.

    2. ERMITTLUNG DER WISSENSBASIS

    2.1. Die Studie des Fraunhofer-Instituts

    Die Kommission (GD Unternehmen und Industrie) beauftragte im Jahr 2000 das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) mit einer Studie zur Bewertung der Umweltfolgen eines unvollständigen anaeroben biologischen Abbaus von in Detergenzien enthaltenen Tensiden in der EU. Der 2003 vorgelegte Bericht[3] enthielt unter anderem eine statistische Übersicht über Herstellung und Verbrauch von Detergenzien in Europa und einen Katalog von Empfehlungen zu Testverfahren und zu kostenwirksamen Maßnahmen im Hinblick auf die anaerobe biologische Abbaubarkeit von Tensiden.

    In Tabelle 1 sind die wichtigsten in Detergenzien verwendeten Tenside aufgelistet.

    Tabelle 1: Verbrauch und Erzeugung (in Tonnen) der wichtigsten in Detergenzien verwendeten Tensiden im Jahr 2007 in Westeuropa (Statistiken: CESIO, Januar 2009)

    Tensid | Erzeugung in Westeuropa | Verkauf in Westeuropa |

    LAS | 502 200 | 403 463 |

    Alkoholsulfate | 79 629 | 66 201 |

    Alkoholethersulfate | 449 685 | 397 448 |

    Alkansulfonate | 76 726 | 66 176 |

    Alkylphenolethoxylate | 31 602 | 24 892 |

    Fettalkoholethoxylate | 1 000 617 | 615 695 |

    sonstige Ethoxylate | 38 171 | 24 921 |

    Esterquats | 224 315 | 159 352 |

    Betaine | 76 134 | 67 557 |

    Das wichtigste Ergebnis des Fraunhofer-Berichts lautete:

    Tenside müssen schnell und vollständig aerob biologisch abbaubar sein, damit Umweltschäden verhindert werden.

    Die schwere anaerobe biologische Abbaubarkeit mancher Tenside (z. B. von LAS) kann unter Umständen dazu führen, dass Klärschlämme einen erheblichen Tensidgehalt aufweisen, vor allem nach der Behandlung in Kläranlagen, in denen mit anaerober Schlammstabilisierung gearbeitet wird. Wird der anaerob behandelte Schlamm als Dünger in der Landwirtschaft verwendet, sinkt die Tensidkonzentration in den mit Schlamm gedüngten Böden absehbar rasch, weil im Boden ein aerober biologischer Abbauprozess abläuft.

    In den Sedimenten wurde selbst nach mehreren Jahrzehnten keine Anreicherung von Tensiden beobachtet, die in aeroben Milieus leicht biologisch abbaubar sind. Dies scheint zu bestätigen, dass beim Abbau organischer Verbindungen der aerobe biologische Abbau die wichtigste Rolle spielt (nicht der anaerobe).

    2.2. Die Stellungnahme des SCHER: „Bewertung der Umweltrisiken von in aeroben Milieus nicht biologisch abbaubaren Tensiden in Detergenzien“

    Die Studie des Fraunhofer-Instituts wurde 2004 zusammen mit einschlägigen Berichten (z. B. dem Bericht der OECD über LAS[4]) dem Wissenschaftlichen Ausschuss „Gesundheits- und Umweltrisiken“ (SCHER) der Kommission zur Begutachtung der generellen wissenschaftlichen Qualität des Fraunhofer-Berichts und zur Einschätzung folgender besonderer Gesichtspunkte des anaeroben biologischen Abbaus vorgelegt:

    a) Art und Umfang der Umweltgefährdung, die derzeit von jenen in Detergenzien verwendeten Tensiden ausgeht, die in anaeroben Milieus nur schwer, in aeroben Milieus jedoch rasch und vollständig biologisch abbaubar sind;

    b) Auswirkungen auf die Umweltgefährdung durch in Detergenzien verwendete Tenside, wenn die derzeit vorgeschriebene rasche und vollständige biologische Abbaubarkeit von Tensiden in aeroben Milieus auch auf anaerobe Milieus ausgeweitet würde.

    Der SCHER kam in seiner im November 2005 veröffentlichten Stellungnahme[5] zu dem Ergebnis, dass die Qualität des Berichts des Fraunhofer-Instituts allgemein zu wünschen übrig ließ, da zu wenige und qualitativ nicht ganz zufriedenstellende Daten herangezogen wurden und sowohl die Analyse als auch die in der Wirkungsbewertung daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen einige Mängel aufwiesen. Der Umfang der Umweltgefährdung durch Tenside außer LAS konnte nicht bewertet werden, da der Fraunhofer-Bericht nicht genügend Informationen hierzu enthielt.

    Dennoch pflichtete der SCHER dem Hauptergebnis des Fraunhofer-Berichts bei, dass eine Vorschrift, nach der Tenside auch unter anaeroben Bedingungen leicht und vollständig biologisch abbaubar sein müssen, allein nicht als wirksame Umweltschutzmaßnahme gelten kann .

    Nachdem er alle verfügbaren Berichte zusammen geprüft hatte, äußerte sich der SCHER besorgt aufgrund:

    a) einer potenziellen Gefahr durch LAS in Klärschlamm bei bestimmten Anwendungen unter den schlimmsten angenommenen Umweltbedingungen (PEC/PNEC-Werte etwas über 1);

    b) der relativ hohen gemessenen Werte (0,5-1 g/kg) anderer Tenside in Klärschlamm, darunter auch einige Tenside, die im anaeroben Milieu biologisch abbaubar sind, wie z. B. Seifen, Alkoholethoxylate (AE) und Alkylphenolethoxylate (APE). Allerdings ließ sich das Risiko aufgrund der unzureichenden Informationslage nicht bewerten;

    c) der Tatsache, dass ein einziger Versuch nicht ausreicht, um die anaerobe biologische Abbaubarkeit zu bewerten. Eine Kombination mehrerer Versuche wäre sinnvoller.

    3. SCHLIEßUNG DER WISSENSLÜCKEN

    3.1. Die HERA-Berichte über LAS und AE aus dem Jahr 2007

    In Reaktion auf die Bedenken, die der SCHER 2005 in seinem Gutachten geäußert hatte, hat der Europäische Verband der Tensidhersteller (CESIO) zusätzliche Studien über die Bodentoxizität in Auftrag gegeben, die vom dänischen nationalen Umweltforschungsinstitut (NERI) durchgeführt wurden. Diese Forschungsergebnisse flossen in einen aktualisierten HERA-Bericht (HERA - Human and Environmental Risk Assessment : Bewertung der Gefahren für Mensch und Umwelt) über LAS[6] ein, der 2007 veröffentlicht wurde und folgenden Schluss enthielt: Die im PEC/PNEC-Verhältnis ausgedrückte Risikocharakterisierung lag für alle Umweltkompartimente unter 1, wenn man die jüngst gemeldeten PNEC-Werte berücksichtigt (~35 mg/kg gegenüber 4,6 mg/kg in früheren Bewertungen). Aus diesem Grund schloss der HERA-Bericht, dass es keine negativen Folgen gebe.

    In Bezug auf AE wurde im Mai 2007 ein HERA-Bericht[7] mit folgendem Ergebnis vorgelegt: Die Verwendung von AE in Waschmitteln und Haushaltsreinigern gibt keinen Anlass zu ökologischen Bedenken (insbesondere hinsichtlich Oberflächengewässern, Sedimenten, Kläranlagen und Böden).

    Es ist auch darauf hinzuweisen, dass beiden HERA-Berichten zufolge von der Verwendung von LAS und AE in Haushaltswasch- und Reinigungsmitteln keine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher ausgeht.

    Parallel dazu wurden zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse über LAS und den anaeroben biologischen Abbau von folgenden Forschern veröffentlicht: Temnik und Klapwijk (2004)[8], Krogh et al. (2007)[9], Jensen et al. (2007)[10], Schowanek (2007)[11] und Berna et al. (2007)[12].

    3.2. Erneute Stellungnahme des SCHER zum anaeroben biologischen Abbau von Tensiden

    Im März 2008 ersuchte die Kommission (GD Unternehmen und Industrie) den SCHER darum, die allgemeine wissenschaftliche Qualität der jüngsten HERA-Berichte zu LAS und AE zu bewerten und ihre Ergebnisse, insbesondere zu den Umweltrisiken, zu beurteilen.

    Darüber hinaus wurde der SCHER aufgefordert, anhand der wissenschaftlichen Beweislage die Hauptaussagen seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2005 über den Zusammenhang zwischen anaerobem biologischem Abbau von Tensiden und Umweltschutz zu bestätigen und auch die Frage der anaeroben Versuchsmethoden erneut zu prüfen.

    Im November 2008 veröffentlichte der SCHER seine Stellungnahme zum anaeroben biologischen Abbau von Tensiden und zum biologischen Abbau nichttensidischer organischer Inhaltsstoffe von Detergenzien.[13] Die Kernaussagen sind folgende:

    a) Alkoholethoxylate: Nach Einschätzung des SCHER sind die PEC/PNEC-Verhältnisse so niedrig (Oberflächengewässer: 0,041, Sedimente: 0,316, Kläranlage: 0,007 und Boden: 0,013), dass nicht davon auszugehen ist, dass etwaige nach wie vor bestehende Unklarheiten (beispielsweise war das Potenzial zum anaeroben biologischen Abbau der Homologe von AE unberücksichtigt geblieben) das wichtigste Ergebnis der HERA-Berichte (nämlich, dass keine Umweltgefährdung besteht) widerlegen.

    b) LAS: Der SCHER widersprach dem HERA-Argument, dass die Funktionen der Bodenmikroben mit der vorgeschlagenen PNEC erfasst seien, und war der Ansicht, dass eine eingehende Bewertung der Wirkungen von LAS auf die Mikrobenaktivität eine wesentliche Voraussetzung für die Ableitung einer belastbaren Boden-PNEC sei. Was die Toxizitätsdaten für die Wirkung von LAS auf Pflanzen betrifft, befand der SCHER, dass die vorgelegten Informationen nicht ausreichten, um den neu vorgeschlagenen PNEC-Wert von 35 mg/kg zu untermauern. Während der SCHER zwar den vorgeschlagenen PNEC-Werten für aquatische Organismen und Sedimente zustimmte, wies er allerdings mit Nachdruck darauf hin, dass der neu vorgeschlagene PNEC-Wert für den Boden (PNECBoden) nicht angemessen belegt sei und der frühere PNEC-Wert von 4,6 mg/kg für den Boden beibehalten werden sollte, sofern keine weitere Begründung angeführt werden könne. Der SCHER merkte an, dass den meisten Studien zufolge LAS unter anaeroben Laborversuchen und in anaeroben Fermentern von Anlagen zur Klärschlammbehandlung zwar schwer biologisch abbaubar sei, jüngste Umweltbeobachtungsdaten (Lara-Martin et al., 2007) würden jedoch zeigen, dass LAS in der Umwelt auch unter anaeroben Bedingungen eine signifikante Abbaubarkeit aufweise.

    Der SCHER folgert demnach, dass die Verwendung von AE und LAS in Haushaltswasch- und Reinigungsmitteln die menschliche Gesundheit nicht gefährdet.

    Da außerdem keine neuen Belege vorlagen, blieb der SCHER bei den Ergebnissen seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2005, wonach: a) nicht davon auszugehen ist, dass die geringe biologische Abbaubarkeit in anaeroben Milieus die Gefahrenlage für die Süßwasser-Ökosysteme grundlegend verändert, da die Elimination der Tenside in Kläranlagen wohl von ihrer aeroben biologischen Abbaubarkeit abhängt, b) die Vorschrift, dass eine leichte und vollständige biologische Abbaubarkeit unter anaeroben Bedingungen gegeben sein muss, allein nicht als wirkungsvolle Umweltschutzmaßnahme gelten kann.

    3.3. Überprüfung der anaeroben Versuchsmethoden

    In seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2008 überprüfte der SCHER auch die derzeit existierenden Screening- und Simulationsversuche zur Bestimmung der vollständigen anaeroben biologischen Abbaubarkeit von organischen Stoffen. Die potenzielle biologische Abbaubarkeit von organischen Verbindungen in anoxischen Milieus lässt sich mithilfe eines genormten Screening-Tests der anaeroben biologischen Abbaubarkeit (OECD 311) bewerten. Für eine Bewertung der Rate des biologischen Abbaus in anoxischen Umweltkompartimenten sollten jedoch spezielle Simulationstests zum Einsatz kommen, wie TG 307 (Umwandlung im Boden) und TG 308 (Umwandlung in aquatischen Sedimentsystemen). In den vergangenen Jahren hat die OECD verschiedene anaerobe Testmethoden untersucht und verabschiedet, um so die Lücke bei den Tests auf anaerobe biologische Abbaubarkeit zu schließen. Durch die OECD-Methoden 311 und 224, die 2006 beziehungsweise 2007 verabschiedet wurden, wurden bislang fehlende Screening-Testmethoden eingeführt, die zur Bewertung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit in anaeroben Fermentern und zur Bestimmung der Hemmung der Biogasproduktion durch chemische Stoffe dienen, die unlöslich sind und/oder an Schlamm und Sedimenten adsorbiert werden.

    Die TEGEWA, ein Herstellerverband der deutschen chemischen Industrie, hat kürzlich in einer Studie untersucht, ob sich die OECD-Methode 311 zur Untersuchung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit von Tensiden eignet (Schwarz et al., 2008).[14] Um die festgestellten Schwächen der Screening-Methodik bei der Bewertung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit und ihre problematische Reproduzierbarkeit bei der Prüfung von Tensiden zu beheben, schlugen 2008 Willing et al. eine abgeänderte Vorgehensweise zur Bewertung des anaeroben biologischen Abbaus vor.[15] Die Hauptunterschiede zur OECD-Standardmethode 311 bestehen darin, dass unverdünnter Schlamm als Versuchsmedium dient und eine zusätzliche nicht oberflächenaktive Kohlenstoffquelle beteiligt ist. Der SCHER merkt an, dass bisher zu wenige Daten mit Einsatz dieser geänderten Methode erarbeitet wurden; bevor diese validiert werden könne, müsse noch häufiger mit ihr gearbeitet werden.

    Alles in allem ist der SCHER der Auffassung, dass die bestehenden OECD-Methoden für den anaeroben biologischen Abbau sowie der derzeit in Prüfung befindliche Simulationstest eine zweckmäßige Methodik zur Bewertung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit von organischen Verbindungen darstellen. Da in den Laborversuchen jedoch strenge (methanogene) Bedingungen herrschen, können hemmende Effekte nicht ausgeschlossen werden, so dass man ein schwaches Ergebnis gemeinhin nicht als endgültigen Nachweis für eine geringe anaerobe Abbaubarkeit gelten lässt.

    4. KONSULTATION VON INTERESSENVERTRETERN

    Die Erkenntnisse aus den Berichten des Fraunhofer-Instituts und den HERA-Berichten sowie ihre Einschätzungen in den verschiedenen Stellungnahmen des SCHER wurden in mehreren Sitzungen der Arbeitsgruppe „Detergenzien“ (Februar und November 2006, November 2007, Juli 2008 und Februar 2009) diskutiert, die für die Umsetzung der Detergenzienverordnung zuständig ist. An diesen Sitzungen nahmen auch Vertreter der zuständigen Behörden aus den Mitgliedstaaten und der Industrieverbände teil, wie z. B. des AISE ( Association de la Savonnerie, de la Détergence et des Produits d’Entretien ), des CESIO ( Comité Européen des Agents de Surface et de leurs Intermédiares Organiques ) und ihrer Forschungspartnerschaft ERASM ( European Risk Assessment and Management ).

    Im Februar 2006 kam die Arbeitsgruppe „Detergenzien“ zu dem Schluss, dass es unverhältnismäßig wäre, aufgrund der Stellungnahme des SCHER von 2005 gesetzgeberisch tätig zu werden, da die Auswirkungen des anaeroben biologischen Abbaus auf die Umwelt bisher noch nicht vollständig abgeklärt werden konnten. Stattdessen sollte die Frage in größerer zeitlicher Nähe zum Berichterstattungstermin im April 2009 unter Berücksichtigung etwaiger neuer Informationen erneut geprüft werden. Im November 2006 unterrichtete die Industrie (CESIO/ERASM) die Arbeitsgruppe darüber, sie arbeite derzeit daran, den aktuellen Wissensstand über die Risikobewertung von LAS in anaeroben Schlämmen und Böden durch neue Bodentoxizitätsstudien zu verbessern, deren Ergebnisse in aktualisierte ERASM-Berichte (2006) und HERA-Berichte (2007) einfließen würden.

    In der Arbeitsgruppensitzung vom November 2007 präsentierten ERASM/CESIO neue Studien über die anaerobe biologische Abbaubarkeit von Tensiden. Es wurden neue, in internationalen Publikationen zu LAS erschienene Informationen über die Ökotoxizität im Boden und die Risikobewertung in Schlämmen vorgelegt, die bedeutende Folgen für die Risikobewertung hatten. ERASM betonte, dass nach der Revidierung der PNECBoden für LAS von 4,6 auf 35 mg/kg aufgrund neuer Ökotoxizitätsdaten das neue (um den Faktor 7 niedrigere) PEC/PNEC-Verhältnis eine erheblich geringere Umweltgefährdung durch LAS in anaeroben Schlämmen anzeige. ERASM unterstrich, es seien keine vorgeschriebenen Grenzwerte für LAS in Schlämmen erforderlich, da die neue deterministische und wahrscheinlichkeitsbasierte Risikobewertung bei allen in Schlämmen beobachteten Konzentrationen, Bodentypen und typischen Entsorgungsszenarios keine Gefährdung durch LAS ergeben habe.

    Ferner zog ERASM diese Schlussfolgerungen:

    - Nach den neuen Risikobewertungsberichten ist der Umweltschutz gewährleistet, sofern biologisch leicht abbaubare Tenside in Kläranlagen eine aerobe Behandlung erfahren, wie es in der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 vorgeschrieben ist. Die Detergenzien- und Tensidhersteller stimmen der Aussage des SCHER zu, wonach eine Vorschrift, nach der auch unter anaeroben Bedingungen eine leichte und vollständige biologische Abbaubarkeit gegeben sein muss, allein nicht als wirkungsvolle Umweltschutzmaßnahme gelten kann .

    - Es wurde kein Zusammenhang zwischen (dem Fehlen) der anaeroben biologischen Abbaubarkeit und Umweltproblemen berichtet. Damit eine Umweltgefährdung ausgeschlossen ist, bedarf es eines raschen aeroben biologischen Abbaus.

    Im Januar 2009 gaben CESIO/ERASM ihren Standpunkt zu der Stellungnahme[16] des SCHER aus dem Jahr 2008 bekannt. ERASM betonte, die Qualität der aktuellen Screening-Versuche für den anaeroben biologischen Abbau müsse verbessert werden, damit ihre Reproduzierbarkeit steige und weniger falsch negative Ergebnisse aufträten. ERASM erklärte, im Projekt der TEGEWA (das vom Wirtschaftsverband der deutschen Tensidhersteller finanziert wird) werde in diese Richtung gearbeitet, um die Versuchsbedingungen der Screening-Methode ECETOC/OECD 311 zu optimieren, und kündigte an, mit Ergebnissen sei in etwa 2 Jahren zu rechnen.

    ERASM schließt sich den Schlussfolgerungen des SCHER betreffend die Ergebnisse der Risikobewertung von LAS zu den Bodenkompartimenten nicht an. ERASM vertritt nach wie vor den Standpunkt, dass der PNEC-Wert von 35 mg/kg aus dem HERA-Bericht für die Auswirkung von LAS auf das Umweltkompartiment Boden zutreffend ist. Immerhin erkennt ERASM an, dass die vom SCHER aufgeworfene Frage, ob LAS die Eisenreduktion im Boden beeinflusst, in über längere Zeiträume angelegten Studien weiter untersucht werden sollte.

    Im Februar 2009 unterrichteten CESIO/ERASM die Kommission über ihre Initiative, weitere Forschungsarbeiten mit dem Ziel in Angriff zu nehmen:

    - eine bessere Methode zur Messung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit in Klärschlamm-Fermentern zu entwickeln

    - und den Abbau von LAS in Sedimenten zu bewerten und alle wissenschaftlichen Belege zu sichten, damit ein genauer PEC-Wert für LAS geschätzt werden kann.

    Die Hersteller werden die Ergebnisse ihrer Forschung in der kommenden Sitzung der Arbeitsgruppe „Detergenzien“ vorstellen, und der SCHER könnte, sofern erforderlich, um eine weitere Stellungnahme gebeten werden.

    5. ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

    Die Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um eine ausreichende Wissensbasis dafür aufzubauen, dass der anaerobe biologische Abbau von Tensiden, wie in Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 vorgeschrieben, überprüft werden kann.

    Die Ergebnisse einer von der Kommission 2003 bei einem externen Berater in Auftrag gegebenen Studie über den anaeroben biologischen Abbau wurden zusammen mit den Ergebnissen von Studien zur Risikobewertung der wichtigsten Tenside, die 2007 von der Industrie auf freiwilliger Basis durchgeführt worden waren, und mit ihrer Beurteilung durch den SCHER in zahlreichen Sitzungen der Kommissionsarbeitsgruppe „Detergenzien“ mit Delegierten der Mitgliedstaaten und der Wirtschaftsverbände diskutiert.

    Nach einer systematischen Bewertung der Risiken, die mit dem Auftreten nicht abbaubarer Tenside in verschiedenen anaeroben Kompartimenten verbunden sind, gelangte man zu dem Ergebnis, dass im Gegensatz zu den negativen Folgen, die bei Fehlen des aeroben Abbaus beobachtet wurden, von einem Ausbleiben des anaeroben Abbaus offenbar keine Gefährdung dieser Umweltkompartimente ausgeht. Es lässt sich somit schlussfolgern, dass die anaerobe biologische Abbaubarkeit nicht zusätzlich als ausschlaggebendes Kriterium für die Umweltverträglichkeit von Tensiden wie LAS verwendet werden sollte, die in aeroben Milieus leicht biologisch abbaubar sind.

    Was die kürzlich vorgelegten Daten über die Bodentoxizität von LAS angeht, die zu einem höheren PNECBoden führten (so dass das PEC/PNEC-Verhältnis kleiner und dadurch die voraussichtlichen Umweltschäden durch LAS in anaeroben Schlämmen und Böden verringert werden), so sollten diese besser belegt werden, wie es der SCHER 2008 in seiner Stellungnahme verlangt hatte.

    Damit betreffen die verbleibenden Bedenken eine mögliche Umwelttoxizität von Tensiden, und nicht ihre biologische Abbaubarkeit. Es gibt zurzeit jedoch keinerlei Belege, die gesetzgeberisches Handeln auf EU-Ebene, wie die Einführung eines vorgeschriebenen LAS-Grenzwerts in Klärschlamm, rechtfertigen würden.

    Durch die Informationsanforderungen in den Registrierungsdossiers nach der REACH-Verordnung ist sichergestellt, dass der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) umfassende Daten über die Auswirkungen der Inhaltsstoffe von Detergenzien, darunter auch Tenside, auf Gesundheit und Umwelt vorgelegt werden. Für Stoffe, die in Mengen von 1 000 Tonnen oder mehr im Jahr hergestellt oder eingeführt werden, müssen die Registrierungen bis Dezember 2010 erfolgt sein, und in den Stoffsicherheitsberichten, die Teil der Registrierungsdossiers sind, ist nachzuweisen, dass sie während ihres gesamten Lebenszyklus ohne Bedenken verwendet werden können. Damit müsste die Information für die Registrierung nach REACH ausreichen, um entscheiden zu können, ob aus Umweltschutzgründen zusätzlich zu den in der Detergenzienverordnung bereits enthaltenen weitere Beschränkungen für die Verwendung bestimmter Tenside in Detergenzienformulierungen erforderlich sind. In diesem Fall stellt das Beschränkungsverfahren nach REACH das geeignetste Instrument dar, um solche Beschränkungen einzuführen.

    6. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

    AE: | Alkoholethoxylate |

    AISE: | Association Internationale de la Savonnerie, de la Détergence et des Produits d’Entretien (Internationaler Verband der Seifen- und Waschmittelindustrie) |

    APE: | Alkylphenolethoxylate |

    CESIO: | Comité Européen des Agents de Surface et leurs Intermédiaires Organiques (Europäischer Verband für oberflächenaktive Substanzen und deren organische Zwischenprodukte) |

    ECETOC: | European Chemical Industry Ecology and Toxicology Centre (Europäisches Zentrum für Ökotoxikologie und Toxikologie von Chemikalien) |

    ERASM: | European Risk Assessment and Management (Risikobewertung und -management in Europa) |

    HERA: | Human & Environmental Risk Assessment on ingredients of European household cleaning products (Risikobewertung der Gefährdung von Mensch und Umwelt durch Bestandteile europäischer Haushaltsreinigungsmittel) |

    LAS: | lineare Alkylbenzolsulfonate |

    NERI: | National Environmental Research Institute (Nationales Institut für Umweltforschung, Dänemark) |

    OECD: | Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) |

    PEC: | Predicted Environmental Concentration (vorhergesagte Konzentration in der Umwelt) |

    PNEC: | Predicted No Effect Concentration (vorhergesagte Konzentration, bei der keine Wirkung auftritt) |

    REACH: | Registration Evaluation Authorisation of Chemicals (Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe) |

    SCHER: | Scientific Committee on Health and Environmental Risks (Wissenschaftlicher Ausschuss „Gesundheits- und Umweltrisiken“) |

    TEGEWA: | TExtilhilfsmittel, GErbstoffe und WAschrohstoffe (genauer: Verband der Hersteller von Textil-, Papier-, Leder- und Pelzhilfsmitteln, Tensiden, Komplexbildnern, antimikrobiellen Mitteln, Polymeren Flockungsmitteln, kosmetischen Rohstoffen und pharmazeutischen Hilfsstoffen oder verwandten Produkten) |

    UMSICHT: | Institut für Umwelt-Sicherheit und Energietechnik |

    WG: | Working Group (Arbeitsgruppe) |

    WWTP: | Wastewater Treatment Plant (Kläranlage) |

    [1] ABl. L 104 vom 8.4.2004, S. 1.

    [2] Diese Ausnahmeregelung betrifft das Tensid Dehypon G 2084 und seinen Einsatz in drei industriellen Anwendungen (Flaschenreinigung, Reinigung vor Ort und Reinigung von Metallflächen).

    [3] Der Bericht kann über folgende Internet-Adresse abgerufen werden: http://ec.europa.eu/enterprise/chemicals/legislation/detergents/studies/anaerobic.htm.

    [4] Der Bericht kann über folgende Internet-Adresse abgerufen werden: http://www.chem.unep.ch/irptc/sids/oecdsids/LAS.pdf.

    [5] Stellungnahme des SCHER: http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_scher/docs/scher_o_021.pdf.

    [6] Der HERA-Bericht kann abgerufen werden unter: http://www.heraproject.com/RiskAssessment.cfm?SUBID=4.

    [7] Der HERA-Bericht kann abgerufen werden unter: http://www.heraproject.com/RiskAssessment.cfm?SUBID=34.

    [8] „Fate of linear alkylbenzene sulfonate (LAS) in activated sludge plants“ (Verhalten von linearem Alkylbenzolsulfonat (LAS) in aktiviertem Klärschlamm), H. Temmink, B. Klapwijk, Water Research 38 (2004), S. 903–912.

    [9] „Risk assessment of linear alkylbenzene sulphonates, LAS, in agricultural soil revisited: Robust chronic toxicity tests for Folsomia candida (Collembola), Aporrectodea caliginosa (Oligochaeta) and Enchytraeus crypticus (Enchytraeidae)“ (Risikoneubewertung von linearen Alkylbenzolsulfonaten (LAS) in Agrarböden: Belastbare Prüfungen der chronischen Toxizität bei Folsomia candida (Collembola), Aporrectodea caliginosa (Oligochaeta) und Enchytraeus crypticus (Enchytraeidae)), P.H. Krogh et al., Chemosphere 69 (2007), S. 872–887.

    [10] „European risk assessment of LAS in agricultural soil revisited: Species sensitivity distribution and risk estimates“ (Europäische Risikoneubewertung von LAS in Agrarböden: Empfindlichkeitsverteilung unter den Tierarten und Risikoschätzungen), J. Jensen et al., Chemosphere 69 (2007), S. 880–892.

    [11] „Probabilistic risk assessment for linear alkylbenzene sulfonate (LAS) in sewage sludge used on agricultural soil“ (Wahrscheinlichkeitsbasierte Risikobewertung bei linearem Alkylbenzolsulfonat (LAS) in auf Agrarböden ausgebrachtem Klärschlamm), D. Schowanek, Regulatory Toxicology and Pharmacology 49 (2007), S. 245–259.

    [12] „Anaerobic biodegradation of surfactants-scientific review“ (Der anaerobe biologische Abbau von Tensiden: ein wissenschaftlicher Überblick), J.L Berna et al., Tens.Surf.Deterg. (2007), 44, S. 313–347.

    [13] Stellungnahme des SCHER:http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_scher/docs/scher_o_109.pdf.

    [14] Schwarz et al. (2008): „Methodology of Anaerobic Biodegradability of Surfactants“ (Methodologie der anaeroben biologischen Abbaubarkeit von Tensiden), 7thWorld Surfactants Congress , CESIO, Paris, Juni 2008.

    [15] Willing A. (2008): „A new approach for the assessment of the anaerobic biodegradability of surfactants“ (Ein neuer Weg zur Bewertung der anaeroben biologischen Abbaubarkeit von Tensiden), 7th World Surfactant Congress , CESIO, Paris, Juni 2008.

    [16] http://circa.europa.eu/Members/irc/enterprise/wgdet/library?l=/meetings/meeting_february_1/working_documents&vm=detailed&sb=Title.

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