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Document 52004AR0094

    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Modernisierung des Sozialschutzes für mehr und bessere Arbeitsplätze — Ein umfassender Ansatz, um dazu beizutragen, dass Arbeit sich lohnt“

    ABl. C 318 vom 22.12.2004, p. 12–14 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

    22.12.2004   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 318/12


    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Modernisierung des Sozialschutzes für mehr und bessere Arbeitsplätze — Ein umfassender Ansatz, um dazu beizutragen, dass Arbeit sich lohnt“

    (2004/C 318/03)

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN —

    Gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Modernisierung des Sozialschutzes für mehr und bessere Arbeitsplätze — Ein umfassender Ansatz, um dazu beizutragen, dass sich Arbeit lohnt“ (KOM(2003) 842 endg.),

    Aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 5. Januar 2004, den Ausschuss gemäß Arti- kel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu diesem Vorschlag zu ersuchen,

    Aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 26. September 2003, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu beauftragen,

    Gestützt auf seine Stellungnahme (CdR 15/2003 fin (1)) zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Fünf Jahre europäische Beschäftigungsstrategie — eine Bestandsaufnahme“ (KOM(2002) 416 endg.) und der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Zukunft der europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS) — Eine Strategie für Vollbeschäftigung und bessere Arbeitsplätze für alle“ (KOM(2003) 6 endg.),

    Gestützt auf seine Stellungnahme (CdR167/2002 fin (2)) zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Anzeiger über die Umsetzung der sozialpolitischen Agenda“,

    Gestützt auf den am 30. April 2004 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 94/2004 rev. 1) (Berichterstatter: Roberto PELLA, Präsident des Provinzialrats von Biella (Italien — EVP)) —

    verabschiedete auf seiner 55. Plenartagung am 16./17. Juni 2004 (Sitzung vom 16. Juni) folgende Stellungnahme:

    1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

    In Erwägung nachstehender Gründe:

    1.1

    Der Ausschuss der Regionen hat stets, auch in seinen jüngsten Stellungnahmen, den in Lissabon eingeleiteten Prozess befürwortet, bei dem die enge Verbindung zwischen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik anerkannt wurde.

    1.2

    Die Mitteilung der Kommission stellt einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg dar, der auf dem Lissabonner Gipfel zur Wahrung der sozialen Dimension in den EU-Politiken eingeschlagen wurde.

    1.3

    Im Kommissionsdokument kommt der Wille zum Ausdruck, die in der sozialpolitischen Agenda umrissenen Zielsetzungen weiter zu verfolgen. Der Ausschuss hat diese Agenda bereits befürwortet, nicht zuletzt im Rahmen des jährlichen Anzeigers über ihre Umsetzung.

    Der Ausschuss der Regionen

    1.4

    begrüßt die Vollständigkeit des Kommissionsdokuments, mit dem ein umfassender Ansatz für die behandelte Problematik geschaffen wurde.

    1.5

    begrüßt die Anstrengungen, die die Kommission unternommen hat, um die verschiedenen sozialpolitischen Aspekte anzugehen und Vorschläge, die auf die diversen Bereiche in all ihren Ausprägungen eingehen, sowie Maßnahmen auszuarbeiten, die auf der europäischen, nationalen, regionalen und lokalen Ebene ergriffen werden müssen, um allen europäischen Bürgern einen guten Lebensstandard zu gewährleisten.

    1.6

    ist, wie im Übrigen auch aus zahlreichen Kommissionsdokumenten hervorgeht, davon überzeugt, dass angemessenere Mittel bereitgestellt werden müssen, um das sehr große Beschäftigungspotenzial in Europa zu nutzen und zu konkretisieren.

    1.7

    anerkennt und betont den Mehrwert der Lebensqualität eines jeden Bürgers, der sich daraus ergibt, dass er die Möglichkeit hat, eine finanziell und professionell befriedigende Arbeit zu erhalten.

    1.8

    begrüßt insbesondere, dass der Sozialschutz in der Mitteilung nicht als Ersatz für die Fähigkeit eines Einzelnen, die Verantwortung für die eigene Lebensqualität zu übernehmen, sondern vielmehr als eine Unterstützung aufgefasst wird, die dem Einzelnen neues Selbstvertrauen einflößt und entsprechende soziale Bedingungen schafft, damit er in vollem Umfang die Rolle eines Europäers einnehmen und aus einem Zustand der Armut und sozialer Ausgrenzung ausbrechen kann.

    1.9

    bekräftigt in Übereinstimmung mit der Kommission die Notwendigkeit der Vorbeugung von Armut und sozialer Ausgrenzung der schwächsten Gesellschaftsgruppen mit Hilfe wirksamer Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen.

    1.10

    stimmt mit der Kommission darin überein, dass Dienstleistungen wie Betreuung und Sozialerziehung von Kindern, Pflege und Schutz von alten und behinderten Menschen usw. insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene ausschlaggebend sind, damit die europäischen Bürger einer befriedigenden Arbeit nachgehen können.

    1.11

    begrüßt insbesondere, dass die Notwendigkeit der Förderung der Altenpflege stärker in den Vordergrund gerückt wird. Ferner hält es der Ausschuss für angemessen hervorzuheben, dass die Altenpflege nicht nur als Betreuungsdienstleistung außerhalb der Familie verstanden werden darf. Vielmehr erscheint vor dem Hintergrund der Erfahrungen auf lokaler und regionaler Ebene die häusliche Pflege als die nützlichste und dem gemeinsamen Wohl der älteren Person und ihrer Familieangehörigen am meisten zuträgliche Pflege.

    1.12

    nimmt für das Fehlen von Daten über die Beitrittskandidaten zur Kenntnis. Dieses hängt damit zusammen, dass sich die Kommission bei der Erarbeitung der Mitteilung auf die eigens dafür entworfenen, auch an die Beitrittskandidaten übermittelten Fragebögen stützte, die Beitrittskandidaten jedoch keine erschöpfenden Antworten erteilten, so dass es nicht möglich war, sie in die Bewertung der verschiedenen Strategien zur Verbesserung der Beschäftigungslage einzubeziehen.

    2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

    Der Ausschuss der Regionen

    2.1

    ist der Auffassung, dass es sich bei den von der Kommission genannten Rehabilitationsmaßnahmen zur Erleichterung des Wiedereinstiegs in den Arbeitsmarkt für bedrohte soziale Gruppen, beispielsweise für Menschen mit Behinderungen, um vorwiegend soziale und nicht nur medizinische Maßnahmen handelt, wie dies die Kommission in ihrer Mitteilung nahe zu legen scheint. In der Tat ist in vielen Fällen der erschwerte Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht nur auf medizinische Ursachen, d. h. auf objektive körperliche Behinderungen zurückzuführen, sondern auch und insbesondere auf Gründe materieller, psychologischer, zwischenmenschlicher und sozialer Natur. Die Kommission sollte daher verstärkt, nicht nur in den Schlussfolgerungen, die Rolle hervorheben, die den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Durchführung von umfassenderen Betreuungs- und Sozialmaßnahmen in diesen Fällen zukommt. Selbstverständlich sind neben diesen Maßnahmen reine Rehabilitationsmaßnahmen im medizinischen Sinne des Wortes insbesondere auf staatlicher Ebene zu ergreifen.

    2.2

    erachtet es, wie bereits in anderen Stellungnahmen dargelegt, als notwendig, die im Bereich des Sozialschutzes vorgesehenen Maßnahmen zu rationalisieren und sie auf die Maßnahmen im Bereich der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik abzustimmen, wobei die Konsultierung und insbesondere die Einbeziehung der lokalen und regionalen Akteure, die die schwächsten Bevölkerungsgruppen am leichtesten erreichen können, stets sicherzustellen ist.

    2.3

    ersucht die Kommission, die Rolle nichtstaatlicher Organisationen verstärkt in den Vordergrund zu rücken. Diese werden in der Mitteilung nicht erwähnt, sind jedoch unerlässliche Partner der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Suche nach konkreten Antworten auf soziale Probleme, da sie den von der Ausgrenzung bedrohten Bürgern oft ermöglichen, mit der Arbeitswelt in Kontakt zu treten, oftmals über die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften.

    2.4

    empfiehlt der Kommission, die bereits im Zusammenhang mit der Modernisierung des Sozialschutzes erwähnten und vom Europäischen Rat von Lissabon als Ziele anerkannten Schlüsselbereiche wie in der jetzigen Mitteilung auch weiterhin zu berücksichtigen: Qualität der Arbeit, Sicherheit der Rentensysteme, soziale Integration, Gesundheitsschutz.

    2.5

    Im Lichte des von der Kommission am 18. Februar 2004 vorgelegten Dritten Berichts über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, wonach „bestimmte geographische oder naturbedingte Nachteile Entwicklungsprobleme verschärfen können. Dies gilt insbesondere für die EU-Regionen in äußerster Randlage, zahlreiche Inselgebiete […]“, sollte die Kommission Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Nachteile fördern bzw. ergreifen. Dazu gehören Bildungsmaßnahmen und Anreize für Inselregionen und EU-Gebiete in äußerster Randlage zur Modernisierung des Sozialschutzes, um mehr und bessere Arbeitsplätze für die Bewohner dieser Regionen zu schaffen, insbesondere für diejenigen, die bei der Arbeitssuche außerhalb ihres Heimatgebiets auf Schwierigkeiten stoßen.

    2.6

    bekräftigt seine Auffassung, dass ein bürgernahes, demokratischeres und transparenteres Europa eine stärkere Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sowie der Zivilgesellschaft, u. a. über nichtstaatliche Organisationen, an der Entwicklung, Realisierung und Bewertung der Wirtschafts-, Sozial- und Beschäftigungspolitiken erfordert.

    2.7

    bekräftigt auch in Bezug auf die jetzige Mitteilung, was er bereits in der Stellungnahme (CdR 15/2003) zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Fünf Jahre europäische Beschäftigungsstrategie — eine Bestandsaufnahme“ (KOM(2002) 416 endg.) und der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Die Zukunft der europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS) — Eine Strategie für Vollbeschäftigung und bessere Arbeitsplätze für alle“ (KOM(2003) 6 endg.) zum Ausdruck gebracht hat:

    Die lokalen und regionalen Akteure nehmen eine wichtige Aufgabe wahr: als Anbieter beschäftigungsfördernder Sozialleistungs-, Aus- und Weiterbildungsangebote, als Schöpfer der lokalen Arbeitsmärkte, als Entwickler neuer Beschäftigungsmöglichkeiten und als Arbeitgeber.

    Die Voraussetzungen für den Arbeitsmarktzugang von Jugendlichen, Frauen, Einwanderern und einer alternden Bevölkerung sowie die Förderung der Gleichstellung am Arbeitsmarkt werden von ihnen auf unterschiedliche Weise beeinflusst.

    Bei der Integration von Nichterwerbstätigen in den Arbeitsmarkt haben die lokalen und regionalen Akteure häufig eine zentrale Funktion.

    Ein hoher Beschäftigungsstand ist zentrales Ziel auch der regionalen Entwicklungspolitik und eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Versorgung mit Diensten.

    Die Partnerschaft zwischen den Akteuren des öffentlichen Dienstes, der Privat- und Sozialwirtschaft sowie nichtstaatlichen Organisationen ist für die Stärkung des sozialen Zusammenhalts, die Herausbildung neuen Sozialkapitals, die Gründung neuer Unternehmen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und somit auch die Bereitstellung eines attraktiven Arbeitsmarktes für diejenigen, denen die Erwerbslosigkeit droht, besonders wichtig.

    2.8

    fordert die Kommission auf, in Mitteilungen, die die Problematik der Notwendigkeit größerer Arbeitsflexibilisierung zum Gegenstand haben werden, stets hervorzuheben, dass es erforderlich ist, Arbeitnehmer, die neue Berufswege einschlagen wollen, zu unterstützen. Das Fehlen angemessener Sozialschutzmaßnahmen gefährdet auch die Arbeitsmarktflexibilisierung, die vor dem Hintergrund der heutigen Merkmale des Weltmarktes unerlässlich ist.

    2.9

    betont, dass eine wirtschaftliche Grundsicherung sowohl für Niedriglohnbezieher als auch für Arbeitnehmer mit mittlerer bzw. großer Verantwortung wichtig ist. Es bedarf außerdem einer Form von Unterstützung, die auf die Aus- und Weiterbildung und die Aufwertung ihrer beruflichen Fähigkeiten ausgerichtet ist.

    2.10

    weist darauf hin, dass Sozialschutzsysteme, insbesondere die wirtschaftlicher Art, die Arbeitgeber mit einbeziehen sollten. Die Arbeitgeber haben einen besseren Überblick über die jeweilige Situation und können somit gezieltere Maßnahmen zur Förderung des Wiedereinstiegs in das Berufsleben treffen. Für einen Arbeitnehmer mit Behinderung könnte der Arbeitgeber gegebenenfalls einen neuen geeigneten Arbeitsplatz in demselben oder in einem anderen Unternehmen finden.

    2.11

    empfiehlt, alle Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, damit sich die EU-Mitgliedstaaten, auch wenn sie im Bereich der Sozialpolitik über die volle gesetzgeberische Autonomie verfügen, der Bedeutung der von der Kommission in der Mitteilung vorgeschlagenen Leitlinien und der strategischen Rolle bewusst werden, die den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zukommt.

    Brüssel, den 16. Juni 2004

    Der Präsident

    des Ausschusses der Regionen

    Peter STRAUB


    (1)  ABl. C 244 vom 10.10.2003, S. 46.

    (2)  ABl. C 66 vom 19.3.2003, S. 1.


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